Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-2385/2017 |
Datum: | 20.08.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Reisedokumente für ausländische Personen (Übriges) |
Schlagwörter : | Gericht; BVGer; Flüchtling; Reiseausweis; Massnahme; Sicherheit; Bundesverwaltungsgericht; Ausstellung; Entzug; Flüchtlinge; Schweiz; Verfügung; Reiseausweise; Vorinstanz; Reiseausweises; Parteivertreterin; Taten; Kantons; Urteil; Rechtsmittel; Behandlung; Vollzug; Sachverhalt; Anspruch; Person; Nötigung; Vollzugs; Vollzug; Reisedokuments |
Rechtsnorm: | Art. 10 StGB ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 56 StGB ;Art. 57 StGB ;Art. 57 VwVG ;Art. 59 AIG ;Art. 59 StGB ;Art. 62 AIG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung VI F-2385/2017
Besetzung Richterin Regula Schenker Senn (Vorsitz), Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Richter Andreas Trommer, Gerichtsschreiber Daniel Grimm.
Parteien A. ,
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Gerber, Beschwerdeführer,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Entzug des Reiseausweises für Flüchtlinge.
Der aus Eritrea stammende Beschwerdeführer (geb. […]) stellte am
10. Dezember 2009 ein Asylgesuch aus dem Ausland gemäss aArt. 20 AsylG (SR 142.31). Das damalige Bundesamt für Migration (BFM; heute: SEM) bewilligte ihm am 9. September 2010 die Einreise in die Schweiz zwecks Durchführung eines ordentlichen Asylverfahrens. Am 2. August 2010 reiste er in die Schweiz ein, wo er gleichentags um Asyl ersuchte. Mit Verfügung vom 17. August 2011 hielt die Vorinstanz fest, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 Abs. 1 und AsylG erfülle und gewährte ihm in der Schweiz Asyl (vgl. Akten des Migrationsdienstes des Kantons Bern [BE act.] pag. 35 – 37). Auf Gesuch hin wurde ihm am 11. April 2013 daraufhin ein bis zum 10. April 2018 gültiger Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt.
In der Zeit von Mai 2013 bis Februar 2015 geriet der Beschwerdeführer wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt. Die insgesamt 17 Verurteilungen erfolgten hauptsächlich wegen Widerhandlungen gegen das Personenbeförderungsgesetz, ausserdem dreimal wegen Diebstahls bzw. geringfügigen Diebstahls sowie je einmal wegen unrechtmässiger Aneignung, ausländerrechtlicher Verstösse und Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsgesetzgebung. Die Verfehlungen zogen jeweils Bussen zwischen Fr. 40.– und Fr. 400.– oder kurze Ersatzfreiheitsstrafen nach sich.
Am 24. Juli 2015 wurde der Beschwerdeführer vom Regionalgericht Bern-Mittelland wegen Raubes, sexueller Nötigung, mehrfachen Diebstahls, Nötigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs, sexueller Belästigung, fahrlässiger Störung des Eisenbahnverkehrs, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Tätlichkeit, mehrfachen geringfügigen Diebstahls, mehrfachen Widerhandlungen gegen das Eisenbahngesetz, Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfachen Widerhandlungen gegen das Personenbeförderungsgesetz, mehrfachen unanständigen Benehmens sowie Wegwerfens von Kleinabfällen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt, unter Anrechnung der Polizei-, Untersuchungsund Sicherungshaft sowie des vorzeitigen Massnahmenvollzugs von 445 Tagen. Mit gleichem Urteil sprach das Regionalgericht eine Übertretungsbusse von Fr. 2000. – aus und ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB an (BVGer act. 23).
Dieses Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Die stationäre Massnahme wurde vom 6. Mai 2015 bis 23. November 2015 in den Anstalten Thorberg vollzogen, danach überwies die Abteilung Strafund Massnahmenvollzug des Kantons Bern den Betroffenen in die Psychiatrische Klinik Königsfelden, wo er – mit Unterbrüchen – seither untergebracht war (BE act. pag. 188 – 196).
Am 26. August 2016 widerrief das SEM gestützt auf Art. 63 Abs. 2 AsylG das dem Beschwerdeführer gewährte Asyl (BE act. pag. 225 – 231). Gleichzeitig hielt das Staatssekretariat fest, der Asylwiderruf erstrecke sich nicht auf die Flüchtlingseigenschaft, weshalb er weiterhin dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) unterstehe. Dagegen legte der Betroffene am 28. September 2016 ein Rechtsmittel ein.
Während der Rechtshängigkeit des Beschwerdeverfahrens i.S. Asylwiderruf teilte das SEM dem Beschwerdeführer am 23. November 2016 mit, dass erwogen werde, ihm seinen Reiseausweis für Flüchtlinge zu entziehen und gewährte ihm hierzu das rechtliche Gehör (Akten der Vorinstanz [SEM act.] B10). Der Beschwerdeführer, neu mandatiert durch die Parteivertreterin, machte vom Äusserungsrecht am 16. Dezember 2016 Gebrauch (SEM act. B11).
Mit Verfügung vom 28. März 2017 entzog das SEM dem Beschwerdeführer den Reiseausweis für anerkannte Flüchtlinge. Mit dem Entzug verband es die Anordnung, das Dokument innert 30 Tagen ab Eröffnung der Vorinstanz zurückzugeben (SEM act. B14).
Mit Rechtsmitteleingabe an das Bundesverwaltungsgericht vom 24. April 2017 beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Verfügung (BVGer act. 1). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung (BVGer act. 2).
Das Rechtsmittel war mit einer Kopie des Dispositivs des Strafurteils vom
24. Juli 2015 und einem psychiatrischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern vom 30. Dezember 2014 ergänzt.
Mit Zwischenverfügung vom 2. Mai 2017 gab das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag auf Durchführung einer Parteibefragung nicht statt, räumte dem Beschwerdeführer jedoch die Möglichkeit ein, stattdessen eine entsprechende schriftliche Stellungnahme einzureichen (BVGer act. 4).
Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 teilte die Parteivertreterin mit, dass ihr Mandant auf eine schriftliche Stellungnahme verzichte (BVGer act. 5).
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 7. Juni 2017 verwies das Bundesverwaltungsgericht den Entscheid über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung auf einen späteren Zeitpunkt (BVGer act. 7).
Die Vorinstanz schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 23. Juni 2017 auf Abweisung der Beschwerde (BVGer act. 8).
Replikweise hält der Beschwerdeführer am 22. August 2017 am eingereichten Rechtsmittel, den Rechtsbegehren und deren Begründung fest (BVGer act. 12).
Der Replik lag ein Schreiben der Bewährungsund Vollzugsdienste des Kantons Bern vom 7. August 2017 betreffend Therapieverlauf bei.
Mit Urteil vom 15. März 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den Widerruf des Asyls erhobene Beschwerde ab (Urteil E-5956/2016, BE act. pag. 271 – 287).
Am 14. September 2018 verfügte der Migrationsdienst des Kantons Bern den Widerruf bzw. die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers und wies ihn aus der Schweiz weg. Anstelle des Vollzugs der Wegweisung beantragte die kantonale Migrationsbehörde beim SEM die Erteilung der vorläufigen Aufnahme (BE act. pag. 321 – 329). Wegen Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs wurde der Beschwerdeführer von der Vorinstanz am 5. November 2018 vorläufig aufgenommen.
Die unterzeichnende Richterin hat anfangs Dezember 2018 die Instruktion dieses Verfahrens übernommen, nachdem der ursprünglich zuständige Richter aus dem Gericht ausgetreten ist.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 11. Oktober 2019 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, den Sachverhalt zu aktualisieren und abschliessende Bemerkungen anzubringen (BVGer act. 17).
Unter Verweis auf ein ausstehendes Zusatzgutachten, welches die Bewährungsund Vollzugsdienste des Kantons Bern am 30. April 2019 in Auftrag gegeben hatten, ersuchte die Parteivertreterin am 7. November 2019 um Sistierung des Verfahrens (BVGer act. 20).
Mit Zwischenverfügung vom 20. November 2019 gab das Bundesverwaltungsgericht dem Sistierungsgesuch nicht statt (BVGer act. 21).
Am 21. April 2020 lud das Bundesverwaltungsgericht die Parteien gestützt auf Art. 57 Abs. 2 VwVG zu einem zweiten Schriftenwechsel ein (BVGer act. 24).
Darauf Bezug nehmend, äusserte sich die Vorinstanz im Rahmen der ergänzenden Vernehmlassung am 14. Mai 2020 ebenfalls zu Art. 28 FK (BVGer act. 25).
Die Parteivertreterin verzichtete mit Schreiben vom 15. Juni 2020 auf eine Stellungnahme und verwies auf ihre bisherigen Ausführungen (BVGer act. 27).
Mit Beschluss der Regionalgerichts Bern-Mittelland vom 3. Juli 2020 wurde das Gesuch um Fortführung der stationären therapeutischen Massnahme abgewiesen, worauf der Beschwerdeführer von der kantonalen Strafvollzugbehörde per 23. Juli 2020 aus dem Strafvollzug entlassen wurde (BVGer act. 28).
Auf den weiteren Akteninhalt – einschliesslich der beigezogenen Akten des
Migrationsdienstes des Kantons Bern – wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Verfügungen der Vorinstanz, welche die Ausstellung und den Entzug von Reisedokumenten für ausländische Personen betreffen, sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 31 ff. VGG
i.V.m. Art. 5 VwVG). Dieses entscheidet in der vorliegenden Materie endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 6 BGG).
Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).
Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Verfahrensgegenstand bildet der am
28. März 2017 verfügte Entzug des ihm ausgestellten Reiseausweises für anerkannte Flüchtlinge. Der in Anwendung von Art. 59 des Ausländerund Integrationsgesetzes (AIG, SR 142.20) entzogene Reiseausweis ist am
10. April 2018 abgelaufen. Der Beschwerdeführer hat jedoch jederzeit die Möglichkeit, ein neues Gesuch um Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge einzureichen. Da sowohl die Prüfung eines Gesuches als auch der Entzug eines solchen Reisedokuments auf der Grundlage von Art. 59 AIG erfolgt, ist von einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse auszugehen. Im dargelegten Rahmen ist auf das fristund formgerecht eingereichte Rechtsmittel einzutreten (vgl. Art. 50 und 52 VwVG).
Die Ausstellung bzw. Verweigerung von Reisedokumenten an schriftenlose ausländische Personen hat ihre gesetzliche Grundlage in Art. 59 AIG. Dieser ist inhaltlich identisch mit Art. 59 des Ausländergesetzes (AuG), welches auf den 1. Januar 2019 hin eine namentliche und inhaltliche Anpassung erfuhr. Diese Norm, wie auch die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen vom 14. November 2012 (RDV, SR 143.5), werden in der aktuell gültigen Fassung zitiert.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann vorliegend die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie die Unangemessenheit gerügt werden (vgl. Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG nicht an die Begründung der Begehren gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgeblich ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).
Den in der Beschwerdeschrift vom 24. April 2017 gestellten Beweisantrag auf eine Parteibefragung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 2. Mai 2017 abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhielt indes Gelegenheit, hierzu eine schriftliche Stellungnahme einzureichen, worauf er ausdrücklich verzichtete (siehe Sachverhalt Bst. G). Der entscheidwesentliche Sachverhalt ist, wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird, denn hinreichend erstellt.
Das schweizerische Ausländerrecht kennt verschiedene Kategorien von Reisedokumenten für schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer (vgl. Auflistung unter Art. 1 RDV). Deren Erteilung liegt bei gegebenen Voraussetzungen teils im Ermessen des SEM (Art. 59 Abs. 1 AIG), teils beruht sie auf einem Anspruch (Art. 59 Abs. 2 AIG). Einen Anspruch haben ausländische Personen, welche die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der FK erfüllen (Art. 59 Abs. 2 Bst. a AIG), von der Schweiz als Staatenlose anerkannt sind (Art. 59 Abs. 2 Bst. b AIG) oder schriftenlos sind und eine Niederlassungsbewilligung besitzen (Art. 59 Abs. 2 Bst. c AIG). Für eine schriftenlose ausländische Person mit Flüchtlingsstatus in der Schweiz sieht die RDV den
«Reiseausweis für Flüchtlinge» vor (Art. 3 Abs. 1 Bst. a RDV). Keinen Anspruch auf ein Reisepapier hat gemäss Art. 59 Abs. 3 AIG, wer erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährdet. Die Bestimmung nennt weitere, hier nicht zu erörternde Ausschlussgründe.
Das SEM vertritt in der angefochtenen Verfügung die Auffassung, dass der Beschwerdeführer sowohl erheblich als auch wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz verstossen habe. Beim Raub und der sexuellen Nötigung handle es sich um Verbrechen gemäss Art. 10 Abs. 2 StGB. Die beiden verübten Verbrechen beinhalteten einen Übergriff auf die körperliche, sexuelle und psychische Integrität von Drittpersonen und würden daher besonders schwer wiegen. Hinzu komme einer Reihe weiterer Delikte, welche in ihrer Gesamtheit auf eine gewisse Renitenz des Betroffenen schliessen liessen. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass er auch in Zukunft eine fortdauernde Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Die Schlussfolgerung der Rechtsvertreterin, wonach die psychische Krankheit des Beschwerdeführers und seine negativen Erlebnisse auf der Flucht zur Ausübung dieser Taten beigetragen hätten, vermöge nichts an der Tatsache zu ändern, dass er hierzulande wiederholt schwere Straftaten begangen habe. Trotz der ihm attestierten schwergradig verminderten Schuldfähigkeit sei er denn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Der von der Parteivertreterin angerufene Art. 62 Abs. 2 AIG beziehe sich derweil auf andere Sachverhalte (Entzug von Bewilligungen) und könne nicht herangezogen werden. Die in der fraglichen Norm erwähnte Landesverweisung gelange im Übrigen nur bei Straftaten zur Anwendung, welche nach dem
1. Oktober 2016 begangen worden seien. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge seien zusammenfassend nicht mehr erfüllt (SEM act. B14).
In der Vernehmlassung vom 23. Juni 2017 hebt die Vorinstanz hervor, dass der Entzug des Reiseausweises keine zusätzliche Sanktion der Straftaten bedeute, sondern die Verhinderung deliktischer Tätigkeit, vor allem auch im Ausland, bezwecke. Es sei nicht ihre Aufgabe, die Schuldfähigkeit des der verurteilten Person oder die Schwere der begangenen Taten neu zu beurteilen (BVGer act. 8). In der ergänzenden Vernehmlassung vom
14. Mai 2020 verweist das SEM schliesslich darauf, dass der Ausstellung von Reisepapieren auch gemäss Art. 28 FK keine zwingenden Gründe der Staatssicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen dürften (BVGer act. 25).
Entzug eines Reisedokuments gelte es die konkreten Taten und die Gesamtumstände des Einzelfalles zu beachten. In seinem Fall betreffe dies einerseits die negativen Erlebnisse, welche er in seinem Herkunftsland und auf der Flucht erlebt habe, andererseits sei er psychisch krank. Hinzu komme, dass sich einige seiner zwölf Geschwister und damit ein wichtiger Teil seines sozialen Netzes in der Schweiz befänden. Dem gerichtlich angeordneten psychiatrischen Gutachten vom 30. Dezember 2014 könne entnommen werden, dass bei ihm zum Zeitpunkt der Begehung der Taten eine schwere paranoide Schizophrenie vorgelegen habe, welche zumindest ursächlich, wenn nicht sogar Auslöser für die verübten Taten gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass insbesondere der Cannabisund Alkoholkonsum bei einigen Delikten auch eine Rolle gespielt habe. Das Gutachten habe bei ihm denn eine schwergradig verminderte Schuldfähigkeit festgestellt. Dieser Einschätzung habe sich das Regionalgericht Bern-Mitteland im Urteil vom 24. Juli 2015 angeschlossen und seine psychische Erkrankung mitberücksichtigt. Im Rahmen der Behandlung, welche in der stationären Massnahme durchgeführt worden sei, so der Beschwerdeführer weiter, habe sich sein Zustand stabilisiert und die psychische Erkrankung habe unter der Medikation zeitweilig remittiert. Mit der Behandlung der Erkrankung, welche immer noch Auswirkungen zeitige, lasse sich die Gefahr neuer Taten zumindest vermindern. Zu den Taten lasse sich ausserdem bemerken, dass die Tatfolgen selbst bei den schwereren Delikten von moderater Gravität gewesen seien. So sei das Opfer bei der sexuellen Nötigung äusserlich nicht verletzt worden und auch der Raub habe keine besonders schweren Auswirkungen gehabt. Obgleich das Kriterium eines Verbrechens formal erfüllt sei, erscheine es fraglich, ob tatsächlich ein erheblicher Verstoss gegen die Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 59 Abs. 3 AIG vorliege. Seiner Ansicht nach mangle es an der dafür notwendigen Intensität der Delikte und aufgrund der konkreten Umstände an der besonderen Verwerflichkeit des Handelns. Dank der Behandlung der psychischen Erkrankung bestehe begründete Hoffnung, die Gefahr weiterer Taten deutlich senken zu können. Das SEM habe den Entzug des Reisedokuments daher zu Unrecht angeordnet.
Im Übrigen, so die Parteivertreterin abschliessend, erweise sich besagter Eingriff als nicht geeignet, um einen erneuten Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland zu verhindern. Der Beschwerdeführer könne erst bei erfolgreich verlaufener Behandlung und positiver Legalprognose aus der stationären Massnahme entlassen werden. Auch die Kriterien der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit seien
nicht gegeben, weswegen der Entzug des Reisedokuments aufgrund seiner gesamten Situation als unverhältnismässig zu beurteilen sei.
Verfahrensgegenstand bildet der Entzug eines «Reiseausweises für Flüchtlinge», der dem schriftenlosen Beschwerdeführer gestützt auf Art. 3 Abs. 1 Bst. a RDV ausgestellt worden war. Sowohl die Vorinstanz als auch die Parteivertreterin berufen sich in ihrer Argumentation hauptsächlich bzw. ausschliesslich auf Art. 59 Abs. 3 AIG. Ist wie vorliegend der Rechtsanspruch eines Flüchtlings streitig, muss die genannte Bestimmung – in Anlehnung an die FK – aber völkerrechtskonform ausgelegt werden.
Aus dem Sachverhalt geht hervor, dass das damalige BFM den Beschwerdeführer am 17. August 2011 in Anwendung von Art. 3 AsylG als Flüchtling anerkannt hat (BE act. pag. 35 – 37). Der Flüchtlingsbegriff gemäss Art. 3 AsylG stimmt inhaltlich mit demjenigen von Art. 1 A Ziff. 2 FK überein (vgl. dazu BVGE 2008/34 E. 5.1 m.H.). Weil der Beschwerdeführer straffällig geworden war, wurde ihm zwar mit Verfügung vom 26. August 2016 gestützt auf Art. 63 Abs. 2 AsylG das Asyl widerrufen. Die Flüchtlingseigenschaft wurde dadurch jedoch nicht tangiert, was in der fraglichen, inzwischen rechtskräftigen Verfügung ausdrücklich festgehalten wurde (BE act. pag. 225 – 231). Gemäss Art. 28 Ziff. 1 FK stellen die vertragsschliessenden Staaten den Flüchtlingen, welche sich rechtmässig auf ihrem Gebiet aufhalten, Reiseausweise aus, die ihnen Reisen ausserhalb dieses Gebietes gestatten. Dementsprechend hat der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge.
Der Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises steht nach Art. 28 Ziff. 1 FK indes unter dem Vorbehalt, dass «keine zwingenden Gründe der Staatssicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen». Gemäss dem dieser Konventionsbestimmung nachgebildeten Art. 59 Abs. 3 AIG besteht, wie angetönt (siehe E. 5 hiervor), kein Anspruch auf Ausstellung von Reisepapieren bei einem erheblichen oder wiederholten Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland oder einer entsprechenden Gefährdung sowie bei einer Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz. Die ratio legis des Vorbehalts der FK sowie folglich von Art. 59 Abs. 3 AIG besteht darin, einem Vertragsstaat die Möglichkeit offenzuhalten, einem Flüchtling die Ausstellung eines Reiseausweises zu verweigern, wenn Anlass zur Befürchtung besteht, dass der Ausweis, um dessen Ausstellung ersucht wird, zu Zwecken verwendet werden könnte, für welche er offensichtlich nicht vorgesehen
sein kann. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Ausstellung namentlich dann verweigert werden kann, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Ausweis für deliktische Tätigkeit benutzt werden könnte. Analoges gilt im Fall eines Entzugs des Ausweises. Daraus ergibt sich, dass der Anspruchsvorbehalt von Art. 59 Abs. 3 AIG mit der FK vereinbar ist (zum Ganzen vgl. BVGE 2009/26 E. 4 m.H.). Im Einzelfall ist dies unter Berücksichtigung der infrage stehenden Interessen abzuwägen (vgl. MARC SPESCHA, in: Kommentar Migrationsrecht, 5. Aufl. 2019, Art. 59 AIG, Rz. 6).
Aufgrund dessen kann das öffentliche Interesse an der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zur Verweigerung eines Reisedokuments oder zu dessen Entzug führen. Voraussetzung dafür ist, dass der Verhältnismässigkeitsgrundsatz gewahrt wird (siehe SPESCHA, a.a.O., Art. 59 AIG, Rz. 6). Tritt nach Ausstellung des Reisedokuments eine Situation ein, die unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Ausstellung eines solchen verbietet, ist das Dokument nach den Grundsätzen der Anpassung von Dauerverfügungen an einen veränderten Sachverhalt zu entziehen. Die entsprechende Rechtsgrundlage findet sich in Art. 22 Abs. 1 Bst. a RDV, weil in einer solchen Situation die ausländische Person die Voraussetzungen für die Ausstellung des Reisedokuments nicht mehr erfüllt (siehe auch BVGE 2018 VII/2 E. 6.2).
Dass der Beschwerdeführer gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat, lässt sich nicht in Abrede stellen (zum Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vgl. Art. 77a Abs. 1 Bst. a der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201], inhaltlich identisch mit Art. 80 Abs. 1 VZAE in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung). Der in Art. 59 Abs. 3 AIG genannte Anspruchsvorbehalt verlangt jedoch erhebliche oder wiederholte Verletzungen bzw. eine entsprechend ernsthafte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die weitaus gravierendsten Straftaten liegen dem Urteil des Regionalgerichts Bern-Mitteland vom 24. Juli 2015 zu Grunde (im Einzelnen siehe Sachverhalt Bst. B.b). Für die geringfügigeren Delikte genügt der Verweis auf die Auflistung im Urteil E-5956/2016 i.S. Asylwiderruf (BE act. pag. 271 – 287). Vier der Delikte, für welche der Beschwerdeführer im fraglichen Urteil für schuldig befunden wurde (Raub, sexuelle Nötigung, zwei Diebstähle), betreffen Straftatbestände, die als Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB ausgestaltet sind. Die Tatbestände des Raubes und der sexuellen Nötigung unterliegen der abstrakten Strafandrohung einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Hinzu kommt
eine grosse Anzahl weiterer, geringfügigerer Straftaten. Aufgrund der Verletzung hochwertiger Rechtsgüter (körperliche und sexuelle Integrität, Freiheit, Leib und Leben) sowie der kontinuierlichen Delinquenz über mehrere Jahre hinweg ist sowohl von erheblichen als auch wiederholten Verstössen gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung auszugehen.
Die Versuche der Parteivertreterin, die schwersten Straftaten ihres Mandanten zu relativieren, erweisen sich als unbehelflich. Insbesondere der Argumentation, bei der sexuellen Nötigung habe das Opfer keine äusseren Verletzungen davongetragen und der Raub habe keine besonders schweren Auswirkungen gezeitigt, kann nicht gefolgt werden. So offenbart nur schon der Umstand, dass der Beschwerdeführer das Opfer bei dem von ihm am 6. Januar 2014 begangenen Raub mit einem Kabel gewürgt hat, ein beachtliches Gefährdungspotenzial (vgl. Rapport der Kantonspolizei Bern vom 6. Januar 2014 zu vorläufiger Festnahme mit dazugehörigem Anzeigerapport vom 7. Januar 2014, BE act. pag. 61 – 65). Abgesehen davon wird verkannt, dass die Auswirkungen bei Opfern einer sexuellen Nötigung oder eines Raubes ebenso sehr psychischer Natur sein können. Daran ändern die wiederholten Hinweise auf die psychische Erkrankung des Beschwerdeführers nichts. Das der Beschwerdeschrift beigelegte psychiatrische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern vom 30. Dezember 2014 (siehe BVGer 1, Beilage 1) hat das Regionalgericht Bern-Mittelland im Rahmen der Strafzumessung und der Anordnung einer stationären Massnahme, wie die Rechtsvertreterin selber einräumt, bereits mitberücksichtigt. Trotz der dem Betroffenen in diesem Gutachten attestierten schweren Einschränkung der Schuldfähigkeit verurteilte ihn das Strafgericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Dieses Strafmass berechtigt zweifelsohne zur Annahme erheblicher und wiederholter Verstösse gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bzw. einer Gefährdung derselben. Zu ergänzen wäre, dass selbst das angebliche soziale Netz in der Schweiz (laut Rechtsmitteleingabe «einige seiner zwölf Geschwister») den Beschwerdeführer damals nicht an fortgesetzter Delinquenz hinderte.
Der Beschwerdeführer befand sich seit dem 6. Mai 2015 in einer stationären therapeutischen Massnahme. Diese durchlief er in verschiedenen Institutionen. Eine therapeutische (sichernde) Massnahme zur Behandlung einer diagnostizierten Persönlichkeitsstörung im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB, welche grundsätzlich vor der Strafe vollzogen wird (Art. 57 Abs. 2 StGB, vgl. Ziff. 1 al. 4 des Urteils vom 24. Juli 2015), ordnet das Strafgericht an, wenn eine Strafe allein nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten
zu begegnen, wenn ein Behandlungsbedürfnis besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert und die Voraussetzungen von Art. 59 StGB erfüllt sind (Art. 56 Abs. 1 StGB). Nur schon wegen dieser stationären Massnahme steht einem Entzug des Reiseausweises nichts entgegen.
Zur Entwicklung des psychischen Zustandes ihres Mandanten äusserte sich die Parteivertreterin dahingehend, seine diesbezügliche Verfassung habe sich stabilisiert und die psychische Erkrankung teilweise nachgelassen. In der Replik vom 22. August 2027 fügte sie an, der Beschwerdeführer habe in der Zwischenzeit einen grossen Teil des Weges zur vollständigen Genesung hinter sich gebracht. In diesem Zusammenhang reichte sie ein Schreiben der Bewährungsund Vollzugsdienste des Kantons Bern vom 7. August 2017 ein. Darin ist zwar von einer Stabilisierung und deutlich verbesserten Behandelbarkeit des Insassen die Rede, was entsprechende Vollzugslockerungen erlaube (BVGer act. 12, Beilage 1). Die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers aus der stationären Massnahme wurde von der gleichen Behörde am 1. September 2017, wegen noch fehlender Krankheitsund Behandlungseinsicht, allerdings verweigert (BE act. pag. 260 – 266).
Der seitherige Verlauf des Massnahmenvollzugs spricht ebenfalls für eine nach wie vor nicht unerhebliche Rückfallgefahr. So attestierten ihm die Bewährungsund Vollzugsdienste des Kantons Bern in einer Verfügung vom
14. August 2018 betreffend Verweigerung der bedingten Entlassung wiederum fehlende Krankheitsund Behandlungseinsicht. Bei einem Wegfall der Strukturen sei von einem unverändert hohen Rückfallrisiko auszugehen. Bis dahin befand sich der Betroffene ununterbrochen auf einer geschlossenen Station (BE act. pag. 309 – 316). Wohl ordnete die zuständige Behörde am 22. Februar 2019 die Verlegung in eine offene Institution an (BE act. pag. 354 – 359), schon am 2. Juli 2019 erfolgte indes die Rückverlegung in den geschlossenen Vollzug. Der entsprechenden Verfügung der Bewährungsund Vollzugsdienste des Kantons Bern zufolge haben sich seit der Verlegung des Beschwerdeführers in den offenen Vollzug immer wieder Krisen abgezeichnet. So habe er von der Vollzugsbehörde am
10. April 2019 schriftlich verwarnt werden müssen, nachdem es wiederholt zu konfliktbehafteten Situationen (Arbeitsverweigerungen, schwierige Gespräche, widersprüchliche Äusserungen, Nichteinhalten von Abmachungen im Alltagsgeschehen) gekommen sei. Was den weiteren Massnahmenvollzug angehe, sei er überhaupt nicht mehr zu motivieren. Am letzten Juniwochenende 2019 habe sich zudem ein kritischer Vorfall zugetragen.
Der Beschwerdeführer habe damals viel Alkohol konsumiert und gegenüber einem Mitinsassen Morddrohungen ausgesprochen. Gesamthaft zeige sich eine prekäre Situation. Bereits zum Zeitpunkt der Straftaten habe der Alkoholkonsum im Vordergrund gestanden. Es sei davon auszugehen, dass sich die Legalprognose umgehend verschlechtere, sobald er Alkohol (oder andere Substanzen) zu sich nehme (vgl. BE act. pag. 363 – 368 sowie ergänzend Beilage 1 zu BVGer act. 20). Seither ist nichts zu den Akten hinzugekommen, was den Beschwerdeführer zu entlasten vermöchte. Im Gegenteil wurde er am 23. Juli 2020 bedingt aus der stationären Massnahme entlassen. Laut dem entsprechenden Beschluss des Regionalgerichts Bern-Mittelland vom 3. Juli 2020 erfolgte dieser Schritt, weil die Fortführung der Massnahme – insbesondere aufgrund des unklaren Zusammenhangs zwischen psychischer Störung und Anlasstaten, des bisherigen Behandlungsverlaufs und da auch nach weiteren Jahren Behandlung eine bedingte Entlassung voraussichtlich nicht zu erreichen sein werde – nicht erfolgversprechend erscheine (BVGer act. 28).
Gegen den verfügten Ausweisentzug spricht in den Augen der Parteivertreterin ferner das Gebot der Verhältnismässigkeit. Dass die angefochtene Verfügung geeignet ist, die Gefahr künftiger Verstösse gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Inoder Ausland zu bannen, wurde eben dargetan. Sie ist, obwohl sich der Beschwerdeführer bis vor kurzem im Massnahmenvollzug befand, auch erforderlich. Es besteht bei der nun erfolgten bedingten Entlassung die reelle Gefahr der Begehung weiterer Delikte. Eine mildere Massnahme für den angestrebten Erfolg ist nicht ersichtlich. Mit der aktuellen Entwicklung (siehe E. E. 8.4 weiter oben) hat sich die beschriebene Gefahr noch akzentuiert. Die mit dem Ausweisentzug verbundenen Einschränkungen hat er aufgrund der mehrfachen Verstösse gegen hochwertige Rechtsgüter in Kauf zu nehmen. Hervorzuheben gilt es an dieser Stelle nochmals, dass der Entzug des Reiseausweises bzw. die Verweigerung eines neuen Reisepapiers sich nicht als zusätzliche Sanktion von Straftaten charakterisiert, sondern die Verhinderung weiterer Straftaten bezweckt. Aufgrund dieser Darlegungen durfte das SEM dem Beschwerdeführer den Reiseausweis für Flüchtlinge, im Einklang mit der mitzuberücksichtigenden FK, demzufolge entziehen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Voraussetzungen, um dem Beschwerdeführer den Reiseausweis für Flüchtlinge zu entziehen, erfüllt sind und er aufgrund von Art. 59 Abs. 3 AIG auch keinen Anspruch auf Ausstellung eines neuen Reisedokuments hat.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung im Lichte von Art. 49 VwVG nicht zu beanstanden ist. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang würde der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 1, Art. 2 und Art. 3 Bst. b des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320]). Mit der Rechtsmitteleingabe vom 24. April 2017 ersuchte er jedoch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 65 Abs. 1 und 2 VwVG). In der verfahrensleitenden Anordnung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juni 2017 wurde der Entscheid darüber auf einen späteren Zeitpunkt verschoben (BVGer act. 7), weshalb dies nun nachzuholen ist.
Gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG kann eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Begehren nicht als aussichtslos erscheinen, auf Gesuch hin von der Bezahlung von Verfahrenskosten befreit werden. Ist es zur Wahrung der Rechte der Partei notwendig, wird ihr eine Anwältin oder ein Anwalt bestellt (Art. 65 Abs. 2 VwVG).
Die Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1 VwVG sind erfüllt, weil das eingereichte Rechtsmittel nicht als aussichtslos im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bezeichnet werden kann (so fehlt in der angefochtenen Verfügung der völkerrechtliche Bezug von Art. 59 AIG) und die prozessuale Bedürftigkeit des Betroffenen aktenmässig erstellt ist (vgl. BVGer act. 6). Auch die Notwendigkeit der Vertretung ist im Falle des nicht rechtskundigen Beschwerdeführers mit Blick auf die sich hier stellenden Rechtsfragen zu bejahen. Die Parteivertreterin hat keine Kostennote eingereicht, weshalb das Honorar aufgrund der Akten festzusetzen ist (Art. 14 Abs. 2 in fine VGKE). In Berücksichtigung der massgebenden Bemessungsfaktoren (Art. 12 i.V.m. Art. 8 ff. VGKE) ist das amtliche Honorar auf Fr. 2'500.– (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuerzuschlag) festzusetzen, welches zulasten der Gerichtskasse geht. Gelangt der Beschwerdeführer später zu hinreichenden Mitteln, so hat er dem Gericht das amtliche Honorar zu vergüten (Art. 65 Abs. 4 VwVG).
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Dem Beschwerdeführer wird für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwältin Claudia Gerber als amtliche Anwältin eingesetzt.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
Rechtsanwältin Claudia Gerber wird zulasten der Gerichtskasse ein Honorar von Fr. 2'500.– zugesprochen.
Gelangt der Beschwerdeführer später zu hinreichenden Mitteln, hat er dem Gericht das Honorar zu vergüten.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Einschreiben; Beilage: Formular Zahladresse)
die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. […] retour)
Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:
Regula Schenker Senn Daniel Grimm
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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