Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | C-5452/2016 |
Datum: | 17.01.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Freiwillige Versicherung |
Schlagwörter : | Beitritt; Versicherung; Richt; Schweiz; Recht; Ausland; Beitritts; Vorinstanz; SAK-act; Einsprache; Bundesverwaltungsgericht; Schweizer; Frist; Entscheid; Parteien; Einspracheentscheid; Beitrittserklärung; Urteil; Verfahren; Zeitpunkt; Schweizerische; Ausgleichskasse; Folgenden:; Verfügung; Begründung; AHV/IV |
Rechtsnorm: | Art. 11 VwVG ;Art. 48 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 85b AHVG ; |
Referenz BGE: | 114 V 1; 121 V 69; 132 V 215 |
Kommentar: | - |
Abteilung III C-5452/2016
Besetzung Einzelrichter Michael Peterli, Gerichtsschreiberin Barbara Camenzind.
Parteien A. , (Israel),
Beschwerdeführerin,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Altersund Hinterlassenenversicherung, freiwillige Versicherung, (Einspracheentscheid vom 11. Oktober 2016)
Die am ( ) 1963 geborene schweizerische Staatsangehörige A. (im Folgenden: Gesuchstellerin oder Beschwerdeführerin) teilte der Schweizerischen Ausgleichskasse SAK (im Folgenden: SAK oder Vorinstanz) am 17. Februar 2016 per E-Mail mit, dass sie ein Jahr zuvor einen Antrag für die Berechnung ihrer zukünftigen Altersrente gestellt habe, sich nun für die Zukunft versichern und deshalb gerne der freiwilligen AHV beitreten wolle (Akten der Vorinstanz [im Folgenden: SAK-act.] 6). Ihre auf den
28. März 2016 datierte Beitrittserklärung ging am 4. April 2016 bei der SAK ein (SAK-act. 8). Nachdem die SAK die für die Behandlung des Gesuchs erforderlichen Abklärungen getroffen hatte, wies sie dieses mit Verfügung vom 27. Mai 2016 mit der Begründung ab, die Gesuchstellerin habe letztmals im Jahr 1983 AHV/IV Beiträge geleistet. Gemäss ihren eigenen Angaben hätte sie in den vergangenen fünf Jahren ihren Wohnsitz nicht in der Schweiz gehabt (SAK-act. 9 - 11, 14). Gegen diese Verfügung erhob die Gesuchstellerin am 20. Juni 2016 Einsprache (SAK-act. 15), welche von der Vorinstanz mit Einspracheentscheid vom 10. August 2016 abgewiesen wurde (SAK-act. 19).
Gegen den Einspracheentscheid vom 10. August 2016 erhob die Gesuchstellerin mit Eingabe vom 1. September 2016 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (act. 1) und machte geltend, sie wohne in Israel, besuche aber auch sehr oft die Schweiz. Ihre ganze Familie wohne in der Schweiz. Sie sei immer noch Schweizer Bürgerin und liesse sich gerne für die Zukunft versichern. Sie habe nie ein Schreiben aus der Schweiz erhalten und die Schweizerischen Gesetze für den freiwilligen Beitritt zur AHV nicht gekannt. Sie finde es nicht gerecht, einfach so abgewiesen zu werden und bitte um eine positive Nachricht.
Mit Vernehmlassung vom 11. Oktober 2016 (act. 4) schloss die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde, verwies zur Begründung auf den angefochtenen Einspracheentscheid und brachte ergänzend vor, die Gesuchstellerin führe beschwerdeweise weder neue Tatsachen auf, noch lege sie Belege bei, aufgrund derer eine Änderung der Entscheidgrundlagen möglich sei.
Die Beschwerdeführerin liess sich innert Frist nicht vernehmen.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien sowie die eingereichten Akten ist
soweit für die Entscheidfindung erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig (vgl. Art. 85bis Abs. 1 AHVG [SR 831.10] sowie Art. 31, 32 und 33 Bst. d VGG [SR 173.32]). Das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht richtet sich grundsätzlich nach dem VwVG (vgl. Art. 37 VGG). Vorbehalten bleiben gemäss Art. 3 Bst. dbis VwVG die besonderen Bestimmungen des ATSG (SR 830.1).
Als Adressatin des die Einsprache abweisenden Entscheides ist die Beschwerdeführerin von der angefochtenen Verfügung berührt und sie hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (vgl. Art. 59 ATSG, Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die fristgerecht eingereichte und auch den formellen Anforderungen entsprechende Beschwerde (vgl. Art. 38 ff. und Art. 60 ATSG, Art. 11 und Art. 52 VwVG) ist deshalb einzutreten.
Die Beschwerdeführenden können im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes sowie Unangemessenheit des Entscheides rügen (Art. 49 VwVG).
Das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verwaltungsverfügung eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 132 V 215 E. 3.1.1). Da in materieller Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben, ist auf die im Zeitpunkt des Beitrittsgesuchs (März 2016) geltende Rechtslage abzustellen (vgl. Urteile des BVGer C-
6140/2013 vom 3. November 2014 E. 2.2 und C-6632/2013 vom 13. No-
vember 2015 E. 2.1).
Vorliegend ist strittig und vom Bundesverwaltungsgericht zu prüfen, ob die Vorinstanz das Beitrittsgesuch der Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen hat.
Der freiwilligen Versicherung beitreten können Schweizer Bürgerinnen und Bürger sowie Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA, die nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder der EFTA leben, falls sie unmittelbar vorher während mindestens fünf aufeinander folgenden Jahren obligatorisch versichert waren (Art. 2 Abs. 1 AHVG).
Art. 2 Abs. 6 AHVG beauftragt den Bundesrat ergänzende Vorschriften über die freiwillige Versicherung zu erlassen und - unter anderem - die Frist und die Modalitäten des Beitritts zu regeln. Diesem Auftrag ist der Bundesrat mit dem Erlass der Verordnung vom 26. Mai 1961 über die freiwillige Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (VFV, SR 831.111) nachgekommen.
Die Durchführung der freiwilligen Versicherung obliegt der SAK und der IV-Stelle für Versicherte im Ausland (Art. 2 VFV). Die Auslandsvertretungen unterstützen gemäss Art. 3 VFV die Durchführung der freiwilligen Versicherung. Bei Bedarf vermitteln sie zwischen den Versicherten und der SAK und können namentlich für die Erfüllung folgender Aufgaben ihres Konsularbezirks herangezogen werden: Information über die freiwillige Versicherung (Bst. a), Entgegennahme der Beitrittserklärung und Weiterleitung an die Ausgleichskasse (Bst. b), etc. (vgl. auch Bst. c-e).
Die Beitrittserklärung muss gemäss Art. 8 Abs. 1 VFV schriftlich bei der SAK oder subsidiär bei der zuständigen Auslandsvertretung innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens aus der obligatorischen Versicherung eingereicht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist ein Beitritt zur freiwilligen Versicherung nicht mehr möglich.
Liegen ausserordentliche Verhältnisse vor, die nicht vom Antragsteller zu vertreten sind, kann die SAK auf Gesuch in Einzelfällen die Frist zur Abgabe der Beitrittserklärung um längstens ein Jahr erstrecken. Die Gewährung oder die Ablehnung ist durch eine Kassenverfügung zu treffen (Art. 11 VFV).
Die Beschwerdeführerin hat nach ihren eigenen Angaben im Jahr 1990 ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt (vgl. SAK-act. 8) und ist damit aus der obligatorischen Versicherung ausgeschieden. Mit E-Mail vom 17. Februar 2016 erkundigte sie sich erstmals bei der SAK nach den Möglichkeiten einer Weiterversicherung (SAK-act. 6). Schliesslich reichte sie mit Datum vom 28. März 2016 ihr Beitrittsgesuch ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist gemäss Art. 8 Abs. 1 VFV bereits seit mehr als einem Jahr abgelaufen (E. 3.2.2). Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin gemäss den Eintragungen des IK-Auszugs, welche von ihr nicht bestritten werden, lediglich von 1981 bis 1983 Beiträge an die AHV/IV geleistet (SAK-act. 4, S. 2), sodass ebenfalls die Voraussetzung der obligatorischen Mindestversicherungszeit von fünf aufeinanderfolgenden Jahren nicht erfüllt war (E. 3.1). Ein Beitritt zur freiwilligen Versicherung war demnach nicht möglich.
Die Beschwerdeführerin führt beschwerdeweise mit Hinweis auf ihre Staatsbürgerschaft und den Wohnsitz ihrer Familie in der Schweiz aus, sie habe nie ein Schreiben aus der Schweiz erhalten und kenne die Gesetze für die freiwillige Versicherung nicht. Die Beschwerdeführerin macht somit sinngemäss geltend, die zuständigen Behörden hätten sie über den freiwilligen Beitritt zur AHV aufklären müssen und seien aufgrund dieser Unterlassung ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen.
Nach der Rechtsprechung sind die schweizerischen Auslandsvertretungen zwar befugt, aber nicht verpflichtet, die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer über die Beitrittsmöglichkeiten und die Auswirkungen der freiwilligen Versicherung zu orientieren (BGE 121 V 69 mit Hinweis; Urteile BGer [bzw. vormals EVG] H 216/03 vom 6. April 2004 E. 6; H 322/01 vom 9. August 2002 E. 3.2). Aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin keine Kenntnisse der schweizerischen Gesetzgebung zur freiwilligen Versicherung hat, kann sie deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten.
Es liegt primär an der versicherten Person, sich vor einem Auslandaufenthalt bei den zuständigen Stellen zu erkundigen, was vorzukehren ist (vgl. bspw. Themen ABC Auslandaufenthalt / Auswanderung des eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten [EDA], abrufbar unter < https://www.eda.admin.ch > Leben im Ausland > Auslandaufenthalt > [aufgerufen am 22.12.2017]; Merkblätter der Informationsstelle AHV/IV < https://www.ahv-iv.ch > Merkblätter & Formulare > Merkblätter > International > [aufgerufen am 22.12.2017]). Nach der Rechtsprechung gehört denn auch mangelndes Wissen eines Versicherten um seine
Rechte und Pflichten nicht zu jenen Verhältnissen, die es erlauben, die Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung gemäss Art. 11 VFV zu verlängern (BGE 114 V 1 E. 4.1b; Urteil BGer H 228/00 vom 7. März 2001 E. 3; vgl. auch Urteil C-6140/2013 E. 4.4.1). Demzufolge liegen keine ausserordentliche Verhältnisse vor, aufgrund welcher die Erstreckung der Frist zur Abgabe der Beitrittserklärung möglich war (E. 3.2.3).
3.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz das Gesuch um Beitritt in die freiwillige Versicherung zu Recht abgewiesen hat. Der angefochtene Einspracheentscheid vom 10. August 2016 erweist sich gestützt auf die obigen Erwägungen als rechtens, weshalb die Beschwerde offensichtlich unbegründet und im einzelrichterlichen Verfahren gemäss Art. 23 Abs. 2 VGG in Verbindung mit Art. 85bis Abs. 3 AHVG vollumfänglich abzuweisen und die angefochtene Einspracheverfügung zu bestätigen ist.
Das Beschwerdeverfahren ist für die Parteien kostenlos (Art. 85bis Abs. 2 AHVG), sodass keine Verfahrenskosten zu erheben sind. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 und 2 VwVG).
(Dispositiv: nächste Seite)
Die Beschwerde vom 1. September 2016 wird abgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Einschreiben mit Rückschein)
die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Einschreiben)
das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:
Michael Peterli Barbara Camenzind
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.