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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-5038/2020

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-5038/2020
Datum:23.11.2021
Leitsatz/Stichwort:Stempelabgaben
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführerin; Anlage; Fektenhändler; Anlageberater; Effektenhändler; Vermittlung; Recht; Vermittler; Recht; Urteil; Urkunde; Urkunden; Gewerbsmässig; Geschäft; Vermittlungstätigkeit; Vertrag; Sinne; Steuerbare; Umsatz; Verkauf; Schen; Umsatzabgabe; Steuerbaren; Auslegung; Person; Vorinstanz; Vermögens; Gewerbsmässige; Partei
Rechtsnorm: Art. 25 VwVG ; Art. 48 BGG ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:134 II 249; 134 V 1; 137 II 199; 138 IV 13; 140 II 248; 141 V 197; 143 II 350; 144 III 155; 146 I 105; 146 II 97; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s ve rw a l t u n g s g er i ch t

T r i b u n al a d m i n i s t r at i f f é d ér a l

T r i b u n al e a m m i n i s t ra t i vo f e d er a l e T r i b u n al a d m i n i s t r at i v f e d e ra l

Abteilung I A-5038/2020

U r t e i l v o m 2 3 . N o v e m b e r 2 0 2 1

Besetzung Richter Jürg Steiger (Vorsitz),

Richterin Marianne Ryter, Richter Keita Mutombo, Gerichtsschreiber Roger Gisclon.

Parteien A.

AG,

vertreten durch JP Steuer AG,

Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben,

Vorinstanz.

Gegenstand Umsatzabgabe; Effektenhändler.

Sachverhalt:

A.

Die A. AG (nachfolgend: Gesellschaft) wurde per (Datum) ins Handelsregister des Kantons (…) eingetragen. Seit ihrer Gründung besteht ihr Zweck unter anderem im Anbieten bzw. Erbringen von Dienstleistungen, insbesondere bei der Vermittlung von Unternehmen.

B.

Am 10. Juli 2017 verlangte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) im Zuge der Abklärung der Unterstellungspflicht der Gesellschaft als Effektenhändlerin im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b des Bundesgesetzes vom

27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG, SR 641.10) mit einem Fragebogen Auskunft über deren Tätigkeit. Nach verschiedenen Korrespondenzen zwischen der Gesellschaft und der ESTV verfügte diese am

15. Oktober 2018, dass die Gesellschaft ab dem 1. Januar 2012 als Effektenhändlerin (Vermittlerin) der Umsatzabgabepflicht unterstellt werde. In den Erwägungen dieser Verfügung hielt die ESTV zudem sinngemäss fest, dass die Erhebung der Umsatzabgabe für die Steuerperioden vor dem Jahr 2012 verjährt sei.

C.

Am 13. November 2018 erhob die Gesellschaft Einsprache gegen die Verfügung vom 15. Oktober 2018 und beantragte deren vollständige Aufhebung. Dies begründete sie hauptsächlich damit, dass sie entgegen dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG weder Anlageberatung noch Vermögensverwaltung betreibe. Zudem bestehe ihre Tätigkeit nicht ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil darin, den Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden zu vermitteln.

D.

Mit Einspracheentscheid vom 10. September 2020 wies die ESTV die Einsprache vom 13. November 2018 ab. Zudem stellte sie fest, dass die Gesellschaft mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 als Effektenhändlerin umsatzabgabepflichtig sei und dass die Gesellschaft ihr ab dem Jahr 2012 die anfallende Umsatzabgabe mittels amtlichem Formular 9 umgehend zu deklarieren und zuzüglich eines Verzugszinses von 5% – berechnet vom Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit bis zum Tag der Entrichtung – zu entrichten habe. Zur Begründung führte die ESTV im Wesentlichen aus, dass der Gesetzgeber den Begriff des gewerbsmässigen Vermittlers mit der Formulierung «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» nicht habe einschrän-

ken wollen. Im Übrigen entspreche die Tätigkeit der Gesellschaft derjenigen einer Anlageberaterin, wobei sich die Gesellschaft ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil dieser Tätigkeit widme. Letzteres könne der eingereichten Mandatsliste für die Jahre 2012 bis 2017 entnommen werden.

E.

Gegen diesen Einspracheentscheid der ESTV (nachfolgend auch: Vorinstanz) lässt die Gesellschaft (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am

9. Oktober 2020 Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht erheben und

beantragen, der Einspracheentscheid vom 10. September 2020 sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin nicht als Effektenhändlerin gemäss Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG zu qualifizieren sei und auch nicht in der Vergangenheit als solche zu qualifizieren gewesen sei (Beschwerdebegehren 1); dass die Beschwerdeführerin weder in der Vergangenheit, das heisst konkret ab 1. Januar 2012, umsatzabgabepflichtig gewesen sei noch aktuell umsatzabgabepflichtig sei (Beschwerdebegehren 2); und dass die Beschwerdeführerin kein Formular 9 einzureichen und kein Umsatzregister zu führen habe (Beschwerdebegehren 3); alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Vorinstanz.

F.

In ihrer Vernehmlassung vom 18. November 2020 schliesst die Vorinstanz auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, und verweist auf den Einspracheentscheid vom 10. September 2020.

G.

Mit Replik vom 3. Dezember 2020 hält die Beschwerdeführerin an ihren in der Beschwerde vom 9. Oktober 2020 gestellten Anträgen vollumfänglich fest.

Auf die detaillierten Vorbringen der Beschwerdeführerin und die Akten wird

– soweit sie für den Entscheid wesentlich sind – in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom

      20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG gegeben ist. Eine solche liegt hier nicht vor. Als anfechtbare Verfügungen gelten auch Einspracheentscheide der ESTV (Art. 5 Abs. 2 VwVG i.V.m. Art. 33 Bst. d VGG). Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

    2. Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin des angefochtenen Entscheids, mit welchem ihre Begehren abgewiesen wurden, grundsätzlich zur vorliegenden Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG).

      Gemäss Art. 25 Abs. 1 VwVG kann die in der Sache zuständige Behörde über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlich-rechtlicher Rechte oder Pflichten von Amtes wegen oder auf Begehren eine Feststellungsverfügung treffen. Eine von Amtes wegen erlassene Feststellungsverfügung setzt analog zu Art. 25 Abs. 2 VwVG ein öffentliches Feststellungsinteresse voraus (BGE 137 II 199 E. 6.5.1 und 130 V 388 E. 2.4). Vorliegend hat die ESTV mit Verfügung vom 15. Oktober 2018 von Amtes wegen den Bestand der Umsatzabgabepflicht ab dem 1. Januar 2012 festgestellt (vgl. Sachverhalt, Bst. B). Eine solche Feststellungsverfügung ist zulässig (vgl. auch: Art. 38 Bst. b StG). In der Folge wurde diese durch den Einspracheentscheid vom 10. September 2020 ersetzt (sog. Devolutiveffekt; vgl. MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, N. 2.7). Die Beschwerdeführerin verlangt mit ihren Feststellungsbegehren nichts anderes als die Reformation von Feststellungen der Vorinstanz. Hierfür ist ihr Feststellungsinteresse zu bejahen (vgl. dazu: Urteil des BGer 2C_364/2015 und 2C_425/2015 vom

      3. Februar 2017 E. 2.4). Somit ist auch die Beschwerde der Beschwerdeführerin, mit welcher sie sich gegen die Feststellung der Umsatzabgabepflicht ab dem 1. Januar 2012 wehrt, ohne Weiteres zulässig.

    3. Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist demnach einzutreten.

    4. Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Einspracheentscheid in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Unangemessenheit rügen (Art. 49 Bst. c VwVG).

Eine Verletzung von Art. 49 Bst. b VwVG liegt beispielsweise dann vor, wenn eine der Untersuchungsmaxime unterworfene Behörde den Sachverhalt nicht von Amtes wegen abgeklärt oder dies unrichtig bzw. nur unvollständig getan hat. Als unrichtig gilt die Sachverhaltsfeststellung, wenn der angefochtenen Verfügung ein falscher und aktenwidriger Sachverhalt zugrunde gelegt wurde oder entscheidrelevante Gesichtspunkte nicht geprüft oder Beweise falsch gewürdigt wurden. Als unvollständig gilt sie, wenn nicht über alle rechtserheblichen Umstände Beweis geführt wurde oder eine entscheidrelevante Tatsache zwar erhoben, jedoch nicht gewürdigt wurde und nicht in den Entscheid einfloss (statt vieler: Urteile des BVGer A-479/2021 vom 8. September 2021 E. 1.3 und A-5321/2013 vom 23. April

2014 E. 3.2.1 m.w.H.).

1.5

      1. Das Verfahren vor der ESTV wie auch jenes vor dem Bundesverwaltungsgericht werden von der Untersuchungsmaxime beherrscht. Danach muss die entscheidende Behörde den rechtlich relevanten Sachverhalt von sich aus abklären und darüber ordnungsgemäss Beweis führen (statt vieler: Urteile des BVGer A-416/2017 vom 2. Juli 2018 E. 2.3 und A-629/2010 vom 29. April 2011 E. 3.1; MICHAEL BEUSCH/SUSANNE RAAS, in: Zweifel/

        Beusch/Bauer-Balmelli [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Stempelabgaben [nachfolgend: Kommentar StG], 2. Aufl. 2019, Art. 39a N. 15).

        Der Untersuchungsgrundsatz wird allerdings modifiziert durch die im Steuerrecht regelmässig gesetzlich vorgesehene Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen. Für die Stempelabgaben ist diese in Art. 35 StG geregelt, wonach der Abgabepflichtige der ESTV über alle Tatsachen, die für die Abgabepflicht oder für die Abgabebemessung von Bedeutung sein könnten, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft erteilen muss (vgl. BEUSCH/RAAS, Kommentar StG, Art. 39a N. 15).

      2. Ist der Sachverhalt unklar und daher zu beweisen, endet die Beweiswürdigung mit dem richterlichen Entscheid darüber, ob eine rechtserhebliche Tatsache als erwiesen zu gelten hat oder nicht. Der Beweis ist geleistet, wenn das Gericht gestützt auf die freie Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt ist, dass sich der rechtserhebliche Sachumstand verwirklicht hat. Gelangt die Entscheidinstanz nicht zum Ergebnis, dass sich der in Frage stehende Umstand verwirklicht hat, so fragt es sich, wer die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen hat (statt vieler: Urteile des BVGer A-1878/2014 vom 28. Januar 2015 E. 2.4 und A-629/2010 vom 29. April

2011 E. 3.2).

Gestützt auf die allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung trägt die Steuerbehörde die Beweislast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen und der Steuerpflichtige für die steueraufhebenden und

-mindernden Tatsachen (BGE 140 II 248 E. 3.5 und 121 II 257 E. 4c/aa;

Urteil des BGer 2C_16/2015 vom 6. August 2015 E. 2.5.4; Urteile des BVGer A-6214/2018 vom 20. April 2020 E. 1.6.2, A-7956/2015 vom

30. Juni 2016 E. 2.4 und A-1335/2014 vom 14. Dezember 2015 E. 2.3).

2.

    1. Der Bund erhebt Stempelabgaben unter anderem auf dem Umsatz gewisser inund ausländischer Urkunden (Art. 1 Abs. 1 Bst. b StG). Gegenstand dieser Umsatzabgabe ist die entgeltliche Übertragung von Eigentum an steuerbaren Urkunden, sofern eine der Vertragsparteien oder einer der Vermittler inländischer Effektenhändler ist (Art. 13 Abs. 1 StG).

      Damit die Umsatzabgabe geschuldet ist, müssen demnach folgende Elemente erfüllt sein: Eigentumsübertragung, Entgeltlichkeit, Übertragung von steuerbaren Urkunden sowie die Beteiligung eines inländischen Effektenhändlers, sei es als Vertragspartei oder als Vermittler (vgl. THOMAS JAUSSI/MARKUS PFIRTER, Die eidg. Stempelabgaben, 2. Aufl. 2017, S. 60; MARTIN BÜELER, Kommentar StG, Art. 13 N. 1).

    2. Als Effektenhändler gelten gemäss Art. 13 Abs. 3 StG unter anderem die Banken, die bankähnlichen Finanzgesellschaften im Sinne des Bankengesetzes vom 8. November 1934 (BankG, SR 952.0), die Schweizerische Nationalbank sowie die zentralen Gegenparteien im Sinne des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 2015 (FinfraG, SR 958.1) (Bst. a); die nicht unter Bst. a fallenden inländischen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften, inländischen Anstalten und

Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, deren Tätigkeit ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil darin besteht, (1) für Dritte den Handel mit steuerbaren Urkunden zu betreiben (Händler) oder (2) als Anlageberater oder Vermögensverwalter Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden zu vermitteln (Vermittler) (Bst. b); die nicht unter die Buchstaben a und b fallenden inländischen Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften sowie inländischen Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und der gebundenen Vorsorge, deren Aktiven nach Massgabe der letzten Bilanz zu mehr als 10 Millionen Franken aus steuerbaren Urkunden nach Abs. 2 bestehen (Bst. d).

2.3

      1. Die Abgabeforderung entsteht mit dem Abschluss des Geschäfts (Art. 15 Abs. 1 StG). Es ist Sache des Effektenhändlers, die auf dem Entgelt der übertragenen Urkunde berechnete Abgabe (1,5 Promille für inländische und 3 Promille für ausländische Urkunden) zu leisten (Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1 StG). Der Effektenhändler schuldet gemäss Art. 17 Abs. 2 StG (je) eine halbe Abgabe, (i) wenn er vermittelt: für jede Vertragspartei, die sich weder als registrierter Effektenhändler noch als von der Abgabe befreiter Anleger ausweist (Bst. a); (ii) wenn er Vertragspartei ist: für sich selbst und die Gegenpartei, die sich weder als registrierter Effektenhändler noch als von der Abgabe befreiter Anleger ausweist (Bst. b).

      2. Ein Effektenhändler gilt gemäss Art. 17 Abs. 3 StG als Vermittler, (i) wenn er mit seinem Auftraggeber zu den Originalbedingungen des mit der Gegenpartei abgeschlossenen Geschäfts abrechnet (Bst. a); (ii) lediglich Gelegenheit zum Geschäftsabschluss nachweist (Bst. b); (iii) die Urkunden am Tag ihres Erwerbs weiterveräussert (Bst. c).

    1. Das Umsatzabgaberecht kennt mehrere Vermittlerbegriffe. So sind die jeweils in Art. 13 Abs. 1 StG (E. 2.1), in Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG

      (E. 2.2) und in Art. 17 Abs. 3 StG (E. 2.3.2) verwendeten Vermittlerbegriffe inhaltlich nicht deckungsgleich, da sie verschiedene Zwecke verfolgen (Urteil des BGer 2C_638/2020 vom 25. Februar 2021 E. 3.2; Urteil des BGer vom 4. März 1985, veröffentlicht in: ASA 54, S. 599 ff., E. 1b betreffend das Verhältnis zwischen Art. 13 Abs. 1 und 17 StG).

      1. Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG definiert die Eigenschaft als Effektenhändler für eine bestimmte Gruppe von Personen näher. Demnach ist Ef-

        fektenhändler nur, wer gewerbsmässig als Anlageberater oder Vermögensverwalter den Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden vermittelt. Gemäss Gesetzestext muss nämlich die Tätigkeit ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil in der beschriebenen bestehen (Urteil des BVGer A-1480/2019 vom 9. Juni 2020 E. 2.6.1.1 [bestätigt mit Urteil 2C_638/2020 E. 3.2.1]).

        Gewerbsmässig handelt insbesondere, wer sich mit der Vermittlung von Wertpapiergeschäften befasst in der Absicht, sich aus dieser Tätigkeit eine Quelle dauernden Erwerbs zu verschaffen (Urteil des BVGer A-515/2007 vom 26. März 2010 E. 3.1.3 m.H.).

      2. In Art. 13 Abs. 1 StG geht es hingegen um die konkrete Handlung, die ein (bereits definierter) Effektenhändler ausführen muss, damit – soweit die weiteren Voraussetzungen im Sinne der E. 2.1 erfüllt sind – die Umsatzabgabe zu entrichten ist. Diese Tätigkeit kann auch einmalig sein (Urteil A-1480/2019 E. 2.6.1.2).

        Das Bundesgericht hat sich jüngst im Urteil 2C_638/2020 vom 25. Februar 2021 zur Auslegung des Vermittlerbegriffs gemäss Art. 13 Abs. 1 StG geäussert. Es hat gestützt auf das Mäklervertragsrecht (vgl. Art. 412–418 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 [OR, SR 220]) festgehalten, dass ein Effektenhändler – wie ein Nachweismäkler – als erster die Gelegenheit zum Vertragsabschluss nachweisen oder – wie ein Vermittlungsmäkler – im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf die Abschlussbereitschaft der anderen Vertragspartei einwirken und damit eine kausale Ursache für den Vertragsabschluss setzen müsse, damit er zu einem Vermittler im Sinne von Art. 13 Abs. 1 StG werde (Urteil 2C_638/2020 E. 3.4 und 3.9). Des Weiteren hielt es an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach es unerheblich sei, ob der Effektenhändler als Kommissionär, Agent, Makler oder Beauftragter tätig werde, wobei diese Formulierung insoweit zu präzisieren sei, als der Effektenhändler, der ein Geschäft als Kommissionär in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung abschliesse, dieses Geschäft formellzivilrechtlich gesehen nicht vermittle, sondern Vertragspartei desselben sei und deshalb im Rahmen von Art. 13 Abs. 1 StG Vertragspartei und nicht Vermittler sei, obschon ihn Art. 17 Abs. 3 Bst. a und c StG unter gewissen Voraussetzungen für den Zweck der Bestimmung des Abgabepflichtigen als Vermittler qualifiziere (Urteil 2C_638/2020 E. 3.5.2 mit Verweis auf Urteil des BGer vom 4. März 1985, veröffentlicht in: ASA 54, S. 599 ff., E. 1b; vgl. auch: Urteil A-515/2007 E. 3.1.1). Ebenso sei unerheblich, ob zwi-

        schen dem Vermittler und einer Vertragspartei ein Mäkleroder ein sonstiges Vertragsverhältnis bestehe, in welcher rechtlichen Beziehung Vermittler und Vertragsparteien zueinanderstehen oder ob eine Vertragspartei dem Vermittler bei Geschäftsabschluss ein Entgelt schulde (Urteil 2C_638/2020 E. 3.5.2).

      3. Schliesslich umschreibt Art. 17 StG den Kreis derjenigen Personen, welche die Umsatzabgabe abzuliefern haben, wenn der Tatbestand von Art. 13 Abs. 1 StG erfüllt ist.

        Zum einen wird ein Effektenhändler als Vermittler im Sinne von Art. 17 Abs. 3 Bst. b StG abgabepflichtig, wenn «er lediglich Gelegenheit zum Geschäftsabschluss nachweist» (E. 2.3.2). Dabei knüpft dieser Vermittlungsbegriff (alleine) an die für eine Nachweismäkelei typische Leistung an, wobei diese Norm – aufgrund der fehlenden Anknüpfung an Tätigkeiten, die einen intensiveren Beitrag an das Gelingen einer Transaktion leisten – keine abschliessende Definition der Vermittlertätigkeit darstellt (Urteil 2C_638/2020 E. 3.2.3 f.).

        Zum anderen löst ein Effektenhändler, der steuerbare Urkunden in eigenem Namen erwirbt, zwar im Rahmen von Art. 13 Abs. 1 StG die Umsatzabgabe bereits als Vertragspartei und nicht (nur) als Vermittler aus. Für die Bestimmung der abgabepflichtigen Person wird er jedoch nicht als Vertragspartei, sondern wie ein Vermittler behandelt, wenn eine der Konstellationen von Art. 17 Abs. 3 Bst. a oder c StG erfüllt ist (vgl. dazu: E. 2.3.2). Weil der Effektenhändler als Vermittler die Umsatzabgabe nur schuldet, wenn sich die Vertragsparteien nicht als Effektenhändler oder befreite Anleger ausweisen (vgl. dazu: E. 2.3.1), verhindert die Regelung von Art. 17 Abs. 3 Bst. a und c StG Mehrfachbelastungen bei Kettenübertragungen mit mehreren Effektenhändlern (zum Ganzen: Urteil 2C_638/2020 E. 3.2.2 m.w.H.).

      4. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass das Kreisschreiben Nr. 12 der ESTV vom 10. März 2011 «Umsatzabgabe» keine Definition des Vermittlerbegriffs enthält. Soweit eine Definition ansatzweise enthalten ist, lehnt sich diese an Art. 17 Abs. 3 StG an (z.B. Rz. 50 des Kreisschreibens).

    2. Die Umsatzabgabe ist eine Rechtsverkehrssteuer auf dem Abschluss von Verträgen betreffend die entgeltliche Übertragung von steuerbaren Urkunden. Besteuert wird die Übertragung des Eigentums und nicht etwa wie

bei der Grundstückgewinnsteuer der Gewinn, den der Veräusserer aus dem Geschäft erzielt. Für die Festsetzung der Umsatzabgabe ist gemäss Art. 27 Abs. 1 StG der wirkliche Inhalt der Urkunden oder Rechtsvorgänge massgebend. Dem formalen Charakter der Stempelabgaben entsprechend ist grundsätzlich die rechtliche Gestaltung des zu beurteilenden Geschäfts massgebend und nicht dessen wirtschaftlicher Zweck (zum Ganzen: BGE 143 II 350 E. 2.2 f.; Urteile des BGer 2C_638/2020 vom 25. Februar 2021

E. 3.1 und 2C_996/2015 vom 7. März 2017 E. 2.2; Urteile des BVGer A-2777/2016 vom 4. Juli 2017 E. 2.3.1 und A-7065/2013 vom 11. September 2014 E. 3.4).

3.

Vorab ist auf die Rüge der Beschwerdeführerin einzugehen, wonach die Vorinstanz den rechtserheblichen Sachverhalt fehlerhaft und unvollständig ermittelt habe.

    1. Die Beschwerdeführerin macht diesbezüglich geltend, dass sich die Vorinstanz im angefochtenen Einspracheentscheid auf formelle Kriterien wie den im Handelsregister eingetragenen Zweck, die Bezeichnung der Verträge und die Inhalte der Webseite etc. berufen habe. Damit habe die Vorinstanz sich auf formelle Kriterien versteift und es unterlassen, den wirklichen, materiell massgebenden Sachverhalt abzuklären.

    2. Die ESTV hat in Anwendung der Untersuchungsmaxime den für sie relevanten Sachverhalt festzustellen und einen Entscheid zu fällen (E. 1.5.1). Dies tat sie, wie dem angefochtenen Einspracheentscheid entnommen werden kann, hauptsächlich gestützt auf die Zweckumschreibung der Beschwerdeführerin im Handelsregister und auf diverse, von der Beschwerdeführerin eingereichte Unterlagen. Letztere umfassen eine Mandatsliste der Jahre 2012 bis 2017, zwei Musterverträge und stichprobeartig eingeforderte, tatsächlich abgeschlossene Verträge. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin umfassend Gelegenheit zur Stellungnahme (bspw. für eine Ergänzung oder Richtigstellung des Sachverhalts) eingeräumt. Auf dieser Grundlage kam die ESTV unter Anwendung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (E. 1.5.2) zum Schluss, dass sämtliche erforderlichen Informationen für die Beurteilung, ob die Beschwerdeführerin Effektenhändlerin sei, vorliegen würden. Mit anderen Worten erachtete die ESTV den Sachverhalt als genügend erstellt. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Dass auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts sämtliche erforderlichen Informationen zum Sachverhalt vorliegen, wird nachfolgend zu zeigen sein.

Im Übrigen ist aktenkundig, dass die ESTV mit Schreiben vom 15. November 2017 bei der Beschwerdeführerin eine Inspektion vor Ort zwecks Kontrolle der Umsatzabgabe gemäss Art. 37 StG angekündigt hatte. Die Beschwerdeführerin antwortete am 21. November 2017 auf dieses Schreiben der ESTV, dass sie eine Kontrolle der Umsatzabgabe mit Blick auf ihr am

14. November 2017 eingereichtes (fälschlicherweise als «Einsprache» bezeichnetes) Schreiben nicht als angebracht erachte. Vor diesem Hintergrund kann der Vorinstanz nicht ernsthaft vorgeworfen werden, dass sie sich nicht weiter mit dem materiell massgebenden Sachverhalt habe auseinandersetzen wollen.

4.

Im vorliegenden Fall ist streitig und zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin Vermittlerin im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG und deshalb als Effektenhändlerin zu qualifizieren ist. Demgegenüber ist mit Blick auf die Voraussetzungen dieser Rechtsnorm (E. 2.2) unbestritten und ergibt sich aus den Akten, dass die Beschwerdeführerin eine nicht unter Art. 13 Abs. 3 Bst. a StG fallende inländische juristische Person ist.

    1. Die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin kann wie folgt umschrieben werden: Die Beschwerdeführerin führt verkaufsinteressierte Unternehmensinhaber durch den gesamten Verkaufsprozess und sorgt für die Verkaufsabwicklung. Dabei werden eine attraktive Unternehmenspräsentation, bereinigte Geschäftsabschlüsse sowie ein Vermarktungskonzept ausgearbeitet. Kunden erhalten Zugang zu ihrer Käuferdatenbank sowie zu ihrer Onlineplattform. Konkret schliesst die Beschwerdeführerin mit ihren Kunden einen «Auftrag Verkauf» ab. In diesem wird Folgendes festgehalten: «Der Auftragnehmer [die Beschwerdeführerin] sucht für den Auftraggeber als Makler für die Gesellschaft einen Käufer/Investor/Kapitalgeber/Mieter […] zum besten marktgängigen Preis. Sämtliche ökonomischen Entscheide im Zusammenhang mit dem Verkauf liegen beim Auftraggeber […].» Das Honorar besteht jeweils aus einer Entschädigung für den Initialaufwand sowie insbesondere aus einem prozentualen Anteil am erzielten Verkaufspreis. Der Vertrag verbietet es dem Kunden, ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin Direktgespräche mit Kaufinteressenten zu führen.

    2. Als Erstes bestreitet die Beschwerdeführerin, dass sie als Vermittlerin im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG tätig sei.

4.2.1

        1. Zur Begründung verweist die Beschwerdeführerin auf Art. 17 Abs. 3 Bst. b StG, wonach Vermittler sei, wer Gelegenheit zum Geschäftsabschluss nachweise. Dies könne vorliegend zumindest in Frage gestellt werden, da sie für ihre Tätigkeit unter Umständen auch dann ein Honorar erhalte, wenn eine Transaktion nicht abgeschlossen werde.

        2. Im angefochtenen Einspracheentscheid äussert sich die Vorinstanz dahingehend, dass die Beschwerdeführerin deshalb als Vermittlerin handle, weil sie am Abschluss eines Geschäftes zwischen zwei Drittparteien kausal mitwirke, das heisst den tatsächlichen Erfolg des Austausches der übereinstimmenden Willenserklärung wissentlich verursache oder mitverursache.

      1. Nach Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG ist Effektenhändler nur, wer – unter Vorbehalt der übrigen, dort genannten Voraussetzungen – als Anlageberater oder Vermögensverwalter Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden vermittelt (vgl. auch: E. 2.2 und 2.4.1).

        1. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Vermittlungstätigkeit (gemäss Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG) letztmals im Urteil A-515/2007 vom

          26. März 2010 beleuchtet. Dort hat es mit Blick auf den Anlageberater unter

          anderem erwogen, dass dem Stempelsteuergesetz ein weiter Begriff der Vermittlung zugrunde liege. Massgebend sei, dass kausal am Abschluss eines Wertpapiergeschäfts mitgewirkt werde, das heisst, dass der tatsächliche Erfolg des Austauschs der übereinstimmenden Willenserklärungen wissentlich verursacht oder mitverursacht werde. Beschränke sich aber die Tätigkeit eines Anlageberaters auf eine reine Beratertätigkeit, das heisst, würde dieser lediglich unverbindlich auf die Möglichkeiten von Käufen und Verkäufen hinweisen, ohne sich dabei direkt an den entsprechenden Geschäftsabschlüssen zu beteiligen, könne darin kein kausaler Beitrag zum Umsatz steuerbarer Urkunden liegen (zum Ganzen: Urteil A-515/2007

          E. 3.1.1 m.w.H.). In der dort zu beurteilenden Fallkonstellation bejahte das Bundesverwaltungsgericht eine Vermittlungstätigkeit, weil aufgrund von Vollmachten Investitionsentscheide unterbreitet worden seien, die konkrete Käufe und Verkäufe von Wertpapieren zur Folge gehabt hätten (Urteil A-515/2007 E. 3.1.2).

        2. Das Bundesgericht hat sich im Urteil 2C_638/2020 vom 25. Februar 2021 zur Auslegung des Vermittlerbegriffs gemäss Art. 13 Abs. 1 StG

          geäussert und dabei für die Auslegung der Vermittlungstätigkeit (einschliesslich des Kausalzusammenhangs zwischen dieser Tätigkeit und dem Geschäftsabschluss) auf das Mäklervertragsrecht zurückgegriffen (Urteil 2C_638/2020 E. 3.5.2; vgl. auch vorangehend: E. 2.4.2). Demnach vermittelt, wer – wie ein Nachweismäkler – als erster die Gelegenheit zum Vertragsabschluss nachweist oder – wie ein Vermittlungsmäkler – im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf die Abschlussbereitschaft der anderen Vertragspartei einwirkt und damit eine kausale Ursache für den Vertragsabschluss setzt (E. 2.4.2).

        3. Es stellt sich vorab die Frage, ob die bundesgerichtliche Auslegung der Vermittlungstätigkeit im Sinne von Art. 13 Abs. 1 StG auch für die Vermittlungstätigkeit im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG einschlägig ist. Dies ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund folgender Überlegung zu bejahen: Zweck der erstgenannten Rechtsnorm ist die Umschreibung einer konkreten Handlung – hier interessierend: die Vermittlungstätigkeit –, die ein (bereits definierter) Effektenhändler im Zusammenhang mit einem Geschäftsabschluss ausführen muss, damit die Umsatzabgabe für diesen Geschäftsabschluss zu entrichten ist (E. 2.4.2). Hingegen will die zweitgenannte Rechtsnorm die Eigenschaft als Effektenhändler für eine bestimmte Gruppe von Personen näher definieren. Diese Rechtsnorm sieht unter anderem vor, dass die Vermittlungstätigkeit gewerbsmässig ausgeübt werden muss, damit der Vermittler Effektenhändler ist (E. 2.4.1). Nach dieser Leseart knüpft der Vermittlerbegriff im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG an die Vermittlungstätigkeit gemäss Art. 13 Abs. 1 StG an und ergänzt diese um weitere subjektive Kriterien wie unter anderem die Gewerbsmässigkeit.

Nachdem im Ergebnis die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Vermittlungstätigkeit im Sinne von Art. 13 Abs. 1 StG auch für die Vermittlungstätigkeit im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG anwendbar ist, stellt sich als Zweites die Frage, ob dieser aktuellen Rechtsprechung ein im Vergleich zur bisherigen Rechtsprechung zu Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG (E. 4.2.2.1) engeres Verständnis der Vermittlungstätigkeit zugrunde liegt. Während dies eine Stimme in der Literatur bejaht (vgl. STEFAN OESTERHELT, Aus der Rechtsprechung im Jahr 2020/2021 [Teil 1], in: IFF Forum für Steuerrecht [FStR] 3/2021 S. 259 ff., S. 265 f., wonach die neue bundesgerichtliche Rechtsprechung von einem zivilrechtlich geprägten, engeren Begriff der Vermittlungstätigkeit ausgehe), scheint das Bundesgericht selbst eher von einer Präzisierung dahingehend auszugehen, dass für die

Beurteilung der Kausalität die wirtschaftlichen Interessen des (potenziellen) Vermittlers keine Rolle spielen würden (vgl. Urteil 2C_638/2020

E. 3.5.2 und 3.6.3). Dabei hat das Bundesgericht ausdrücklich bestätigt, dass die rechtliche Beziehung zwischen Vermittler und Vertragsparteien irrelevant sei, mithin auch kein Mäklervertrag im zivilrechtlichen Sinne vorliegen müsse (Urteil 2C_638/2020 E. 3.2.4 und 3.5.2).

      1. Nach dem Gesagten ist nachfolgend zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin im Sinne der E. 4.2.2.2 f. als Vermittlerin tätig ist.

        1. Aus dem in den Akten liegenden Vertrag «Auftrag Verkauf» wird klar ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin – bzw. die für sie handelnden Organe und Hilfspersonen (Arbeitnehmer) – für die Unternehmen ihrer Kunden einen Käufer sucht (E. 4.1). Der Verkaufsprozess beinhaltet denn auch die Erstellung der Verkaufsdokumentation, die Kontaktaufnahme mit Kaufinteressenten sowie die Organisation von Interessentengesprächen durch die Beschwerdeführerin. Zudem unterstützt sie ihre Kunden in der Verhandlung der Kaufverträge. Da sich die Kunden dazu verpflichten, keine Direktgespräche mit Kaufinteressenten ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin zu führen, kann davon ausgegangen werden, dass sie die Kaufverträge jeweils selbst verhandelt oder sich zumindest massgeblich an den Verhandlungen der Kaufverträge beteiligt. Die Tätigkeiten der Beschwerdeführerin verdichten sich zu einem Gesamtbild, das den Schluss zulässt, dass sie wie ein Vermittlungsmäkler im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf die Abschlussbereitschaft der anderen Vertragspartei einwirkt und damit eine kausale Ursache für den Vertragsabschluss setzt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerdeführerin im genannten Vertrag selbst ausdrücklich als Maklerin bezeichnet und in ihrer Beschwerde vom 9. Oktober 2020 einräumt, dass von einer Vermittlungstätigkeit «im weitesten Sinne» ausgegangen werden könne. Demnach entspricht ihr faktisches Handeln dem im Handelsregister aufgeführten Gesellschaftszweck, der unter anderem explizit die Vermittlung erwähnt (vgl. Sachverhalt, Bst. A).

        2. Das von der Beschwerdeführerin dagegen vorgebrachte Argument, es sei höchst fraglich, ob sie einer Vermittlungstätigkeit gemäss Art. 17 Abs. 3 Bst. b StG nachgehe, zumal sie für ihre Tätigkeit unter Umständen auch dann ein Honorar erhalte, wenn eine Transaktion nicht abgeschlossen werde, vermag indes nicht zu überzeugen. Zum einen stellt diese Rechtsnorm keine abschliessende Definition der Tätigkeit des Vermittlers auf, weshalb sich die Beschwerdeführerin nicht auf deren engen Wortlaut

          berufen kann (E. 2.4.3). Zum anderen ist für das Vorliegen einer Vermittlungstätigkeit irrelevant, ob eine Vertragspartei dem Vermittler bei Geschäftsabschluss ein Entgelt schuldet (E. 2.4.2). In der Konsequenz kann die im Vertrag vereinbarte Honorarregelung nichts zur Qualifikation der Tätigkeit als Vermittlungstätigkeit beitragen. Die Frage der Honorarregelung wird erst bei der Prüfung der Gewerbsmässigkeit der Vermittlungstätigkeit relevant (vgl. nachfolgend: E. 4.3.1).

      2. Als erstes Zwischenfazit ist somit festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin als Vermittlerin im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG tätig ist.

4.3 Als Zweites moniert die Beschwerdeführerin sinngemäss, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einer gewerbsmässigen Vermittlungstätigkeit ausgegangen.

4.3.1

        1. In dieser Hinsicht verweist die Beschwerdeführerin auf Art. 13 Abs. 3 Bst. b StG, wonach ihre Tätigkeit «ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil» in der Vermittlungstätigkeit bestehen müsse, damit sie als Effektenhändlerin gelten könne. Die Vermittlungstätigkeit dürfe nicht vernachlässigbar sein, sondern müsse Teil der statutarischen bzw. gesellschaftsvertraglichen oder faktischen Geschäftstätigkeit sein. Von ihren Tätigkeiten würden sich nur die Vermarktung und allenfalls das öffentliche Präsentieren der anonymisierten Verkaufsdokumentation der Vermittlung zurechnen lassen, was zeitlich etwa die Hälfte ihrer Tätigkeit ausmache. Darin seien jedoch auch nicht steuerbare Vermittlungen wie diejenigen von Asset Deals enthalten. Schliesslich führt die Beschwerdeführerin aus, dass der Fokus der angebotenen Dienstleistungen auf der Organisation des Verkaufs eines Betriebs bzw. eines Unternehmens im Sinne einer Nachfolgeregelung liege, weshalb die eigentliche Vermittlung nicht als wesentlich bezeichnet werden könne.

        2. Die Vorinstanz führt im angefochtenen Einspracheentscheid aus, die Gewerbsmässigkeit sei im vorliegenden Fall zu bejahen, da die Beschwerdeführerin mit ihrer Vermittlungstätigkeit beabsichtige, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, und sie diese Tätigkeit selbständig und fortgesetzt ausübe mit der Absicht, sich aus dieser Tätigkeit eine dauernde Erwerbsquelle zu verschaffen. Zudem erfülle die Vermittlungstätigkeit der Beschwerdeführerin die erforderliche qualitative und quantitative Wesentlichkeit, was sich insbesondere aus der Mandatsliste ergebe. Letztere zeige,

dass die Beschwerdeführerin überwiegend den Verkauf von juristischen Personen und nicht von Personengesellschaften vermittelt habe. Diese Tätigkeit bilde unbestrittenermassen ihre Haupttätigkeit. Schliesslich sei das Argument der Beschwerdeführerin, sie erbringe ihre Dienstleistungen nur dem Unternehmensverkäufer, nicht stichhaltig.

      1. Wie bereits ausgeführt, ist nur derjenige Effektenhändler, der gewerbsmässig als Anlageberater oder Vermögensverwalter den Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden vermittelt. Gemäss Gesetzestext muss nämlich die Tätigkeit ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil in der beschriebenen bestehen. Gewerbsmässig handelt insbesondere, wer sich mit der Vermittlung von Wertpapiergeschäften befasst in der Absicht, sich aus dieser Tätigkeit eine Quelle dauernden Erwerbs zu verschaffen (E. 2.4.1).

        1. Die von der Beschwerdeführerin ausgeübte Geschäftstätigkeit zielt unbestritten auf den Verkauf von Unternehmen ab (E. 4.1). Dies zeigt sich namentlich darin, dass ihre Tätigkeit – abgesehen vom Initialaufwand – grundsätzlich nur im Falle eines erfolgreichen Verkaufs entschädigt wird (sog. Erfolgshonorar). Steht der erfolgreiche Abschluss der Unternehmensverkäufe im Rahmen der Tätigkeit der Beschwerdeführerin derart im Vordergrund, kann die Wesentlichkeit der Vermittlungstätigkeit nicht bereits deshalb verneint werden, weil sie zusätzlich reine Beratungsleistungen (im Sinne der E. 4.2.2.1) erbringt, auch wenn diese (angeblich) in zeitlicher Hinsicht überwiegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beratungsdienstleistungen Teil des gesamten Verkaufsprozesses sind. Demnach dürfen sie auch nicht als eigenständige Tätigkeit in Abgrenzung zur Vermittlungstätigkeit in der Wesentlichkeitsbeurteilung berücksichtigt werden. Nach dem Gesagten kann dem Argument der Beschwerdeführerin, wonach ihre Geschäftstätigkeit überwiegend Beratungstätigkeiten und nicht die eigentliche Vermittlungstätigkeit umfassen würde, nicht gefolgt werden. Im Übrigen handelt es sich bei der Beratungstätigkeit der Beschwerdeführerin ohnehin nicht um reine Beratungstätigkeit im Sinne der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, da sich die Beschwerdeführerin zweifellos an den entsprechenden Geschäftsabschlüssen beteiligt

          (E. 4.2.3.1).

        2. Des Weiteren ergibt sich aus der aktenkundigen Mandatsliste der Beschwerdeführerin, dass die von ihr vermittelten Unternehmensverkäufe überwiegend durch eine Übertragung von steuerbaren Urkunden zustande kamen. Dementsprechend handelt es sich bei den in den Jahren 2012 bis

          2017 vermittelten Unternehmen – wie die Vorinstanz zu Recht ausführt – überwiegend um juristische Personen. Der Anteil der vermittelten juristischen Personen betrug jeweils zwischen 77,9% (Jahr 2015) und 90,5% (Jahr 2017). Wenn die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, dass auch bei juristischen Personen ein Verkauf ohne Übertragung von steuerbaren Urkunden (Asset Deal) möglich sei, ist ihr im Prinzip zuzustimmen. Jedoch haben die von der Vorinstanz stichprobeartig eingeforderten Verträge gezeigt, dass in 17 von 22 Fällen ein Share Deal vermittelt wurde. Bloss in fünf Fällen war ein Asset Deal Vertragsgegenstand. Demnach erachtet es das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung der freien Beweiswürdigung

          (E. 1.5.2) als erwiesen, dass die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin zumindest zu einem wesentlichen Teil darin besteht, den Verkauf von steuerbaren Urkunden zu vermitteln. Dass die Beschwerdeführerin – ein gewinnorientiertes Unternehmen – die besagte Tätigkeit damit auch gewerbsmässig ausübt, versteht sich von selbst.

      2. Als zweites Zwischenfazit ist damit festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin ihre Vermittlungstätigkeit gewerbsmässig ausübt.

4.4 Als Drittes beanstandet die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe sie fälschlicherweise als Anlageberaterin qualifiziert.

4.4.1

        1. Diesbezüglich führt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass die Qualifikation als Anlageberaterin ein konstitutives Element von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG sei. Das Bundesgericht habe sich in zivilrechtlicher Hinsicht mit dem Begriff des Anlageberaters auseinandergesetzt und diesen insbesondere vom Vermögensverwalter abgegrenzt. Ebenso sei dieser Begriff im Bundesgesetz vom 15. Juni 2018 über die Finanzdienstleistungen (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG, SR 950.1) definiert. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, die Definition im Finanzdienstleistungsgesetz sowie der allgemeine Sprachgebrauch impliziere, dass unter der Anlageberatung in einem weiten Kontext die «Abgabe von Empfehlungen zur Anlage von Finanzmitteln» zu verstehen sei. Diese Dienstleistungen würden in der Regel durch eine Bank erbracht. Es gebe jedoch weitere «bankennahe» Anbieter, welche ähnliche Dienstleistungen (das heisst Beratung bei der Anlage von Vermögenswerten) anbieten würden. Zudem scheine es, dass ein Anlageberater seine Kunden über einen längeren Zeitraum begleiten würde. Demgegenüber betreibe sie ein «typisches Merger & Acquisitions (M&A)-Geschäft». Dem Verkäufer werde nicht eine bestimmte Anlage empfohlen, er werde vielmehr beim Verkauf seiner

          Gesellschaft – einem einmaligen Vorgang – unterstützt. Es finde somit gerade der umgekehrte Vorgang einer klassischen Anlageberatung statt. Weiter beziehe sich ihre Tätigkeit nicht auf einen Anlageentscheid ihrer Kunden, sondern diene letztlich dazu, den bereits gefassten Entscheid für einen Unternehmensverkauf umzusetzen. Im Ergebnis «vermittle» sie zwar die steuerbaren Urkunden, jedoch nicht als Anlageberaterin. Weil die Vorinstanz im angefochtenen Einspracheentscheid für die Auslegung des Anlageberaterbegriffs einzig auf die Vermittlungstätigkeit abgestellt habe, liege aus ihrer Sicht ein unzulässiger Umkehrschluss vor. Eine solche extensive Auslegung widerspreche ferner dem abgaberechtlichen Legalitätsprinzip.

        2. Die Vorinstanz entgegnet, dass die Formulierung «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» auf die Teilrevision des Stempelabgabengesetzes vom 4. Oktober 1991 zurückgehe. Vor der Teilrevision seien neben den professionellen Händlern auch gewerbsmässige Vermittler Effektenhändler gewesen. Bei der Teilrevision sei der umsatzabgabebefreite Handelsbestand gemäss Art. 14 Abs. 3 StG eingeführt worden, was eine Abgrenzung des Händlers zum Vermittler erforderlich gemacht habe. Dies sei durch die Formulierung «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» geschehen. Im Ergebnis liege dem angefochtenen Einspracheentscheid keine extensive Auslegung des Begriffs des Anlageberaters zugrunde. Vielmehr würde eine enge Umschreibung dieses Begriffs dem Grundsystem der Umsatzabgabe zuwiderlaufen. Schliesslich hält die Vorinstanz an der Qualifikation der Beschwerdeführerin als Anlageberaterin fest.

      1. Vorliegend stellt sich zunächst die Frage, wie die in Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG enthaltene Formulierung «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» zu verstehen ist.

        1. Die Konkretisierung einer Norm im Hinblick auf einzelne Lebenssachverhalte als Teil der Gesetzesanwendung geschieht durch Auslegung. Deren Ziel ist die Ermittlung des Sinngehaltes der Bestimmung. Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut, wobei bei Erlassen des Bundesrechts die Fassungen in den drei Amtssprachen gleichwertig sind (vgl. zur Gleichwertigkeit Art. 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt [PublG, SR 170.512] sowie BGE 134 V 1 E. 6.1). Ist der Wortlaut nicht ganz klar bzw. bestehen Gründe für die Annahme, er gebe nicht den wahren Sinn der Vorschrift wieder, muss unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente nach der wahren Tragweite gesucht werden. Diesfalls ist namentlich

          auf die Entstehungsgeschichte der Norm (historische Auslegung), auf ihren Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (systematische Auslegung), abzustellen. Das Bundesgericht hat sich dabei stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen (statt vieler: BGE 141 V 197 E. 5.2, 140 II 289 E. 3.2 ff., 138 III 359 E. 6.2, 134 II 249 E. 2.3; Urteil des BVGer

          A-3824/2016 vom 14. Juni 2017 E. 2.4.2). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung sollen alle jene Methoden kombiniert werden, die für den konkreten Fall im Hinblick auf ein vernünftiges und praktikables Ergebnis am meisten Überzeugungskraft haben (statt vieler: BGE 134 II 249 E. 2.3; BVGE 2007/41 E. 4.2; Urteil des BVGer A-2937/2017 vom 30. Januar 2018 E. 2.5).

        2. Der deutsche Wortlaut der genannten Rechtsnorm lautet wie folgt:

          «Effektenhändler sind die nicht unter Buchstabe a fallenden inländischen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften, inländischen Anstalten und Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, deren Tätigkeit ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil darin besteht, als Anlageberater oder Vermögensverwalter Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden zu vermitteln (Vermittler)».

          Der deutsche Wortlaut «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» impliziert, dass die gewerbsmässige Vermittlungstätigkeit in der Eigenschaft als Anlageberater oder Vermögensverwalter ausgeübt werden muss, damit die entsprechende Person als Effektenhändlerin zu qualifizieren ist (vgl. Duden Online Wörterbuch, Stichwort «als», www.duden.de/rechtschrei- bung/als_in_ Vergleichen, abgerufen am 14. Oktober 2021, wonach das Wort «als» die nähere Erläuterung eines Bezugswortes [hier: die Vermittlungstätigkeit] einleitet). Im Umkehrschluss wären diejenigen Personen, die – ohne Anlageberater oder Vermögensverwalter zu sein – (bloss) eine gewerbsmässige Vermittlungstätigkeit ausüben, keine Effektenhändler. Somit ist nachfolgend die Frage zu beantworten, was unter einem Anlageberater zu verstehen ist. Weil vorliegend unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin keine Vermögensverwalterin ist, erübrigt sich eine Auslegung des letztgenannten Begriffes. Nachfolgend ist deshalb lediglich auf den Begriff des Anlageberaters einzugehen.

        3. Das Wort «Anlageberater» setzt sich aus den zwei Wörtern «Anlage» und «Berater» zusammen. Demnach wäre Anlageberater, wer bezüglich Anlagen berät. Dass mit dem Begriff «Anlagen» im vorliegenden Kontext Geschäfte mit steuerbaren Urkunden im Sinne von Art. 13 Abs. 2

          StG gemeint sind, lässt sich aus dem Umstand schliessen, dass sich die Formulierung «als Anlageberater» auf die Vermittlungstätigkeit («Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden zu vermitteln») bezieht und diese näher erläutert (E. 4.4.2.2). Somit ergibt der deutsche Wortlaut, dass derjenige Anlageberater im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG ist, der bezüglich Geschäften mit steuerbaren Urkunden berät. Der französische und italienische Wortlaut («en tant que conseiller en placement»; «come consulenti in investimenti») führen zum gleichen Ergebnis.

          Diese Auslegung ist – wie die Vorinstanz im angefochtenen Einspracheentscheid zutreffend ausführt – zumindest insofern im Einklang mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Anlageberatungsvertrag, als auch dort die Beratungsdienstleistung bezüglich Anlagen im Zentrum steht. Gemäss dieser Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit Sorgfaltspflichtverletzungen von Banken ergangen ist, zeichnet sich die Anlageberatung (in Abgrenzung zur reinen Konto-/Depot-Beziehung) nämlich dadurch aus, dass der Kunde die Anlageentscheide zwar selber trifft, die Bank ihm jedoch dabei beratend zur Seite steht (BGE 144 III 155

          E. 2.1.1; Urteile des BGer 4A_519/2020 vom 15. Februar 2021 E. 4.1 und 4A_54/2017 vom 29. Januar 2018 E. 5.1.3 je m.w.H.; vgl. auch:

          P. CHRISTOPH GUTZWILLER, Rechtsfragen der Vermögensverwaltung, 2008,

          S. 27 ff. und 52 ff.).

          Nach dem Gesagten ist im Ergebnis festzuhalten, dass nach dem grammatikalischen Element der Begriff des Anlageberaters weit auszulegen ist. Demnach ist derjenige als Anlageberater zu qualifizieren, der bezüglich Geschäften mit steuerbaren Urkunden berät. Im Folgenden ist unter Berücksichtigung der übrigen Auslegungselemente zu untersuchen, ob diese weite Auslegung dem wahren Sinn der Norm entspricht oder ob diese eine engere Auslegung des Begriffs des Anlageberaters nahelegen (E. 4.4.2.1).

        4. Um die Entstehungsgeschichte der eingangs genannten Rechtsnorm näher zu beleuchten, soll zunächst ihre alte Fassung betrachtet werden. Im Stempelabgabengesetz in der Fassung bis 31. März 1993 lautete aArt. 13 Abs. 3 Bst. a StG (AS 1974 11, 17) wie folgt: «Effektenhändler sind natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die gewerbsmässig den Anund Verkauf von Urkunden im Sinne von Absatz 2 für eigene oder fremde Rechnung betreiben». Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung konnte auch Effektenhändler sein, wer bloss gewerbsmässig vermittelt, ohne gleichzeitig im eigenen Namen an Kaufgeschäften beteiligt zu sein (Urteil des BGer vom 4. März 1985, veröffentlicht in: ASA

          54, S. 599 ff., E. 1c mit Verweis auf PAUL AMSTUTZ/ERNST WYSS, Das eidgenössische Stempelsteuerrecht, 1930, S. 126 und Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 16. Mai 1917 betreffend den Erlass eines Ausführungsgesetzes zu Art. 41bis der Bundesverfassung [Bundesgesetz über die Stempelabgaben] [nachfolgend: Botschaft aStG], BBl 1917 III 83, 119).

          Mit der Teilrevision vom 4. Oktober 1991 wurde unter anderem der umsatzabgabebefreite Handelsbestand eingeführt (vgl. Art. 14 Abs. 3 StG, welcher auf die gewerbsmässigen Effektenhändler gemäss Art. 13 Abs. 3 Bst. a und b Ziff. 1 StG verweist). Dabei beabsichtigte der Gesetzgeber, dass nur die eigentlichen Händler, nicht aber die gewerbsmässigen Vermittler und die übrigen Effektenhändler in den Genuss dieser neuen Befreiung kommen sollten. Der Gesetzgeber sah nämlich die Gefahr, dass abgabepflichtige Holdingund Industriegesellschaften sich als «gewerbsmässige» Händler bezeichnen, um auf diesem Wege eine Freistellung von der Umsatzabgabe zu erwirken, obwohl sich ihre Geschäfte auf die nach der Rechtsprechung nicht als gewerbsmässig geltende Verwaltung des eigenen Vermögens beschränken. Aus diesem Grund und mit Blick auf die Rechtssicherheit wurde der Effektenhändlerbegriff dahingehend konkretisiert, dass unter Bst. a (von Art. 13 Abs. 3 StG) die Banken und die bankähnlichen Finanzgesellschaften erwähnt sind, während Bst. b neu die (nicht unter Bst. a fallenden) gewerbsmässigen Händler und Vermittler aufzählt (zum Ganzen: Botschaft vom 5. Juni 1989 zur Neuordnung der Bundesfinanzen und zur Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben [nachfolgend: Botschaft Teilrevision 1991], BBl 1989 III 1, 69 f.; vgl. auch: HANS-JOACHIM JAEGER/CHRISTOPHE ADANK, in: Kommentar StG,

          Art. 13 N. 61). Dabei wurde in der Botschaft ausdrücklich festgehalten, dass die in Bst. a und b verwendeten Formulierungen (nur) der Konkretisierung des bisher geltenden Rechts dienen würden und dass der Kreis der Personen, welche wegen der Ausübung einer gewerbsmässigen Tätigkeit abgabepflichtig seien, folglich nicht ausgedehnt werde (Botschaft Teilrevision 1991, BBl 1989 III 1, 70).

          Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zeigt die Entstehungsgeschichte auf, dass der Gesetzgeber mit der Teilrevision vom 4. Oktober 1991 die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach gewerbsmässige Vermittler ebenfalls Effektenhändler gemäss aArt. 13 Abs. 3 Bst. a StG seien, in das Stempelabgabengesetz integrieren wollte. Dies ergibt sich auch aus dem in der Botschaft enthaltenen Hinweis auf das entsprechende

          Bundesgerichtsurteil. Obwohl der Wortlaut des im Gesetz verankerten Effektenhändlerbegriffs ausgedehnt wurde, stellt die Botschaft klar, dass damit in materieller Hinsicht keine Ausdehnung des abgabepflichtigen Personenkreises einhergehe, mithin die bestehende Rechtslage unverändert weiter gelte. Vor diesem Hintergrund ist offensichtlich, dass der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Verankerung des gewerbsmässigen Vermittlers erst recht keine Einschränkung des abgabepflichtigen Personenkreises beabsichtigt haben kann. Insofern überrascht es nicht, dass die Botschaft lediglich zu einer möglichen Ausdehnung des Effektenhändlerbegriffs Stellung nimmt (und eine solche verneint).

          In Bezug auf die konkrete Bedeutung der Formulierung «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» äussert sich die Botschaft nicht. Allerdings ist aus dem Kontext ersichtlich, dass sich die Notwendigkeit einer präziseren Definition des gewerbsmässigen Händlers im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. a und b Ziff. 1 StG – neben dem allgemeinen Interesse der Rechtssicherheit – aufgrund der Einführung des umsatzabgabebefreiten Handelsbestands ergab. Damit war gleichzeitig eine präzisere Definition des gewerbsmässigen Vermittlers notwendig, um diesen vom gewerbsmässigen Händler abzugrenzen (und in der Folge vom umsatzabgabebefreiten Handelsbestand auszuschliessen). Daraus lässt sich ableiten, dass die Formulierung «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» vor allem der Abgrenzung des Vermittlers vom Händler dient (vgl. auch: Urteil 2C_638/2020

          E. 3.2.1). Da sowohl der gewerbsmässige Vermittler als auch der gewerbsmässige Händler grundsätzlich Effektenhändler sind, kann die erwähnte Formulierung nach diesem Verständnis nicht dazu verwendet werden, den Effektenhändlerbegriff einschränkend auszulegen. In Bezug auf die historische Auslegung des Begriffs des Anlageberaters bedeutet dies in der Konsequenz, dass dieser ebenfalls nicht einschränkend, sondern – in Übereinstimmung mit dem grammatikalischen Element (E. 4.4.2.3) – vielmehr weit auszulegen ist.

        5. Die Umsatzabgabe ist eine Rechtsverkehrssteuer auf dem Abschluss von Verträgen betreffend die entgeltliche Übertragung von steuerbaren Urkunden (E. 2.5). Dabei werden nicht sämtliche Vertragsabschlüsse der Umsatzabgabe unterstellt, sondern bloss jene, an denen ein inländischer Effektenhändler beteiligt ist (E. 2.1). Dieser wird denn auch abgabepflichtig (Art. 17 Abs. 1 StG; vgl. auch: E. 2.3.1 und 2.4.3). Die Begrenzung der Umsatzabgabe auf Vertragsabschlüsse mit Beteiligung eines Effektenhändlers war ursprünglich praktisch bedingt (ausführlich: Urteil

          2C_638/2020 E. 3.7.2). So hielt der Bundesrat bei der Einführung der Umsatzabgabe fest, dass diese Begrenzung bezwecke, die Kontrolle des Abgabebezugs zu sichern (Botschaft aStG, BBl 1917 III 83, 119). Im Zuge der Teilrevision vom 22. Dezember 1927 präzisierte er, dass die direkten Umsätze zwischen Privaten eigentlich auch steuerwürdig wären, diese aber nicht kontrollierbar seien (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 28. Mai 1926 über den Erlass eines Bundesgesetzes betreffend die Abänderung der Bundesgesetze vom 4. Oktober 1917 über die Stempelabgaben und vom 25. Juni 1921 betreffend die Stempelabgabe auf Coupons [nachfolgend: Botschaft Teilrevision 1927], BBl 1926 I 727, 743 f.). Dass der Gesetzgeber in der Folge den Effektenhändlerbegriff auf gewisse Private – die nicht-professionellen «übrigen Effektenhändler» – ausgedehnt hat (vgl. Art. 13 Abs. 3 Bst. d StG), sei an dieser Stelle nur am Rande erwähnt.

          Der Umsatzabgabe liegt somit – soweit hier interessierend – folgende Wertung zugrunde: Grundsätzlich wären sämtliche entgeltlichen Übertragungen von steuerbaren Urkunden steuerwürdig, aber die Erhebung der Umsatzabgabe bei Übertragungen, an denen kein Effektenhändler beteiligt ist, ist nicht praktikabel. Diese Wertung führt zur logischen Schlussfolgerung, dass es nicht im Sinne des Gesetzgebers wäre, den Effektenhändlerbegriff ohne zwingende Gründe einschränkend auszulegen, insbesondere in Fällen, in welchen die Erhebung der Umsatzabgabe bzw. die Kontrolle des Abgabebezugs ohne Weiteres praktikabel wäre. Dies muss in der Konsequenz auch für die Auslegung des Begriffs des Anlageberaters gelten.

          Der Gesetzgeber geht (teilweise implizit) davon aus, dass bei gewerbsmässig abgeschlossenen oder vermittelten Geschäften die Praktikabilität der Abgabenerhebung bzw. die Kontrolle des Abgabenbezugs gegeben ist (vgl. Botschaft aStG, BBl 1917 III 83, 119; Botschaft Teilrevision 1927, BBl 1926 I 727, 743 f.). Insofern legt das teleologische Element nahe, dass

          • falls eine gewerbsmässige Vermittlungstätigkeit gegeben ist – der Begriff des Anlageberaters nicht eng ausgelegt werden darf.

        6. Eine systematische Betrachtung zeigt, dass der Begriff «Anlageberatung» ebenfalls im Finanzdienstleistungsgesetz enthalten ist. Dort wird Anlageberatung definiert als «die Erteilung von persönlichen Empfehlungen, die sich auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen» (Art. 3 Bst. c Ziff. 4 FIDLEG). Diese Definition enthält insofern eine gewisse Einschränkung, als die Beratung auf die persönlichen Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnitten sein muss (vgl. DAVID JOST, Der Anlegerschutz

          im Finanzdienstleistungsgeschäft, 2018, S. 51; SANDRO ABEGGLEN/LÉONIE LUTERBACHER, Transaktionsbezogene vs. portfoliobezogene Anlageberatung unter FIDLEG: keine einfache Abgrenzung, in: SZW 2018 S. 462 ff.,

          S. 463). Somit bestätigt das systematische Element grundsätzlich die in

          E. 4.4.2.3 dargelegte, weite Auslegung des Begriffs des Anlageberaters im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG. Ob dieser, wie derjenige im Finanzdienstleistungsgesetz, Beratung erbringen muss, die auf die persönlichen Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnitten ist, kann vorliegend offenbleiben. Wie nachfolgend zu zeigen ist, würde die Beschwerdeführerin auch diese etwas engere Definition des Anlageberaters ohne Weiteres erfüllen (vgl. nachfolgend: E. 4.4.3).

        7. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass auch die übrigen Auslegungselemente die weite Auslegung des Begriffs des Anlageberaters stützen. Demnach ist Anlageberater, wer bezüglich Geschäften mit steuerbaren Urkunden berät.

Daran können auch die diversen Einwände der Beschwerdeführerin nichts ändern:

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, dass Art. 13 Abs. 3 Bst. b StG für bankähnliche Institutionen eingeführt worden sei. Demnach müsse eine Person eine «Bankennähe» aufweisen, damit sie als Anlageberaterin zu qualifizieren sei. Mit diesem Einwand vernachlässigt die Beschwerdeführerin, dass der Gesetzgeber gerade mit Art. 13 Abs. 3 Bst. b StG diejenigen Personen bezeichnet hat, die – gemäss seiner Auffassung – ähnlich wie die Banken eine besonders enge Beziehung zum Handel mit steuerbaren Urkunden pflegen (in diesem Sinne ist wohl auch die von ihr angeführte Literaturstelle zu verstehen: HANS PETER HOCHREUTENER, Die Eidgenössischen Stempelabgaben und die Verrechnungssteuer, 2013, S. 215

N. 1259). Somit verbleibt für zusätzliche Kriterien wie die «Bankennähe» keinen Raum. Zudem ist die nicht weiter substantiierte Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach auch die Entstehungsgeschichte ihren Einwand stütze, für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, zumal die obigen Ausführungen das Gegenteil nahelegen (E. 4.4.2.4).

Des Weiteren vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass ein Anlageberater seine Kunden über einen längeren Zeitraum begleiten müsse. Diese Ansicht entspricht aber weder der zivilrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Anlageberatungsvertrag (explizit: Urteil 4A_519/2020 E. 4.3, wonach auch «punktuelle Anlageberatungsverträge»

möglich seien) noch der Legaldefinition im Finanzdienstleistungsgesetz (VOGEL/HEIZ/LUTHIGER, FIDLEG/FINIG Kommentar, 2020, Art. 3 N. 86).

Die Beschwerdeführerin weist mit Blick auf die Botschaft Teilrevision 1991 (BBl 1989 III 1) ferner darauf hin, dass der Gesetzgeber den Kreis der abgabepflichtigen Personen mit den Begriffen «Anlageberater» und «Vermögensverwalter» bewusst eingeschränkt habe. Sie leitet diese Erkenntnis von der Tatsache ab, dass der Gesetzgeber beim gewerbsmässigen Händler ausschliesslich auf die Handelstätigkeit abstelle und auf ein zusätzliches Kriterium wie «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» verzichtet habe. Dieser Argumentation ist mit Blick auf die Entstehungsgeschichte entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Teilrevision vom 4. Oktober 1991 den Kreis der abgabepflichtigen Personen gerade nicht einschränken wollte (E. 4.4.2.4). Im Übrigen kann aus dem Umstand, dass beim gewerbsmässigen Händler kein zusätzliches Kriterium wie «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» zu finden ist, keine Erkenntnis für die Auslegung des Begriffs des Anlageberaters (oder Vermögensverwalters) gewonnen werden.

Überdies widerspricht eine weite Auslegung des Begriffs des Anlageberaters nicht dem abgaberechtlichen Legalitätsprinzip wie die Beschwerdeführerin behauptet. Gemäss Art. 127 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) bedarf die Erhebung öffentlich-rechtlicher Abgaben grundsätzlich eines rechtssatzmässigen und formell-gesetzlichen Fundaments (Erfordernis der Normstufe) und hat das Gesetz die grundlegenden Bestimmungen über den Kreis der Abgabepflichtigen (Abgabesubjekt), den Gegenstand (Abgabeobjekt) und die Bemessung der Abgabe (Bemessungsgrundlage und

-tarif) festzulegen (Erfordernis der Normdichte) (zum Ganzen statt vieler: BGE 146 II 97 E. 2.2.4, 145 I 52 E. 5.2.1 und 142 II 182 E. 2.2.1 f.). Nach

der Rechtsprechung darf das Gebot nach Bestimmtheit rechtlicher Normen

indes nicht in absoluter Weise verstanden werden. Der Gesetzgeber kann nicht darauf verzichten, allgemeine und mehr oder minder vage Begriffe zu verwenden, deren Auslegung und Anwendung der Praxis überlassen werden muss (BGE 138 IV 13 E. 4.1, 131 II 271 E. 6.1 und 109 IA 273 E. 4d

m.w.H.; vgl. auch: KLAUS A. VALLENDER/RENÉ WIEDERKEHR, in: Ehrenzeller/

Schindler/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, Art. 127 N. 7; PETER LOCHER, Das Legalitätsprinzip im Steuerrecht, in: ASA 60 S. 1 ff., S. 6 f.). Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht des abgaberechtlichen Legalitätsprinzips nicht zu beanstanden, dass der in Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG – einem

Gesetz im formellen Sinn – enthaltene Begriff des Anlageberaters auslegungsbedürftig ist. Darüber hinaus liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keine extensive Gesetzesauslegung vor, wenn der Begriff des Anlageberaters weit verstanden wird; zumal bereits der Wortlaut eine entsprechende Auslegung nahelegt (E. 4.4.2.3). Somit kann von einem unzulässigen Eingriff in die rechtspolitische Kompetenz des Gesetzgebers nicht die Rede sein.

Schliesslich ist noch auf den Vorwurf der Beschwerdeführerin einzugehen, die Vorinstanz habe im angefochtenen Einspracheentscheid den Begriff des Anlageberaters nicht ausgelegt, sondern bloss mit der gewerbsmässigen Vermittlung gleichgesetzt. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, könnten vor allem die Entstehungsgeschichte, aber auch der Sinn und Zweck der Norm darauf hindeuten, dass der Formulierung «als Anlageberater oder Vermögensverwalter» keine eigenständige Bedeutung für die Frage zukommt, ob eine gewerbsmässig vermittelnde Person Effektenhändler ist (vgl. insbesondere: E. 4.4.2.4). Diese Interpretation würde nahelegen, dass es sich bei der genannten Formulierung um eine beispielhafte Aufzählung einer gewerbsmässigen Vermittlungstätigkeit zum Zwecke der Abgrenzung zum gewerbsmässigen Händler handelt. Ob dies zutrifft, kann an dieser Stelle aber offenbleiben, da die Beschwerdeführerin – wie nachfolgend in E. 4.4.3 aufzuzeigen sein wird – ohnehin als Anlageberaterin zu qualifizieren ist.

      1. Nach dem Gesagten ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin eine Anlageberaterin im Sinne der E. 4.4.2 ist. Dies trifft zu, wenn sie bezüglich Geschäften mit steuerbaren Urkunden berät.

        Es ist aktenkundig, dass die Beschwerdeführerin diverse Beratungsdienstleistungen erbringt, die Teil des gesamten Verkaufsprozesses sind (E. 4.3.2.1). Darunter fällt insbesondere die persönliche, auf die Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnittene Beratung beim Erstellen von Verkaufsdokumentationen, bei der Vermarktung, bei der Due Diligence, in der Verhandlung sowie bei der Redaktion des Kaufvertrags (vgl. auch: E. 4.1). Dies wird im Übrigen von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Zudem kann dem Mustervertrag entnommen werden, dass sie ihrem Auftraggeber erste Informationen über die (von ihr gefundenen) Interessenten im Sinne einer Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stellt. Ihr Leitfaden für Verkäufer (www.[...], abgerufen am 14. Oktober 2021) führt zu diesem Schritt Folgendes aus: «Wir werden Ihnen alle Angebote präsentieren, die für Ihr Unternehmen abgegeben wurden und alle Vorund Nachteile mit

        Ihnen abwägen». Damit liegt im Ergebnis auch in dieser Hinsicht eine persönliche Beratungsdienstleistung vor.

        Ebenfalls ergibt sich aus den Akten, dass sich diese Beratungsdienstleistungen auf Geschäfte mit steuerbaren Urkunden beziehen. So berät die Beschwerdeführerin überwiegend Verkäufe von juristischen Personen mittels Share Deal (E. 4.3.2.2). Dabei ist unerheblich, dass sich die Beratungstätigkeiten ausschliesslich auf den Verkauf von steuerbaren Urkunden beziehen. Wie bereits dargelegt, ist der Begriff des Anlageberaters weit auszulegen, so dass Beratung bezüglich Geschäften mit steuerbaren Urkunden grundsätzlich genügt (E. 4.4.2). Insbesondere ist nicht erforderlich, dass zusätzlich Beratungstätigkeiten ausgeübt werden müssen, die sich auf den Kauf von steuerbaren Urkunden beziehen. Im Übrigen ist diese Schlussfolgerung auch im Einklang mit der bisherigen bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach der Vermittler im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG (gewerbsmässig) Wertpapiergeschäfte vermittelt (Urteil A-515/2007 E. 3.1.3; vgl. auch: E. 4.2.2.1). Ebenso spricht das Bundesgericht in diesem Zusammenhang bloss von «Vermittlung steuerbarer Urkunden» (Urteil 2C_638/2020 E. 3.2.1; Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht).

        Ebenfalls ist für die Qualifikation als Anlageberater unerheblich, wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, ihre Auftraggeber würden mit dem Ziel zur Desinvestition auf sie zukommen und dabei den Verkaufsentscheid bereits gefasst haben. Zwar trifft es wohl zu, dass die Auftraggeber den Entscheid, dass sie ihr Unternehmen verkaufen wollen, bereits gefällt haben. Jedoch wird dieser Verkaufsentscheid durch die Beschwerdeführerin entscheidend konkretisiert, indem sie namentlich die Gegenpartei bzw. potenzielle Käufer sucht und sich an den Verhandlungen über die Verkaufsmodalitäten (Kaufpreis etc.) beteiligt (E. 4.1 und 4.2.3.1).

      2. Als drittes Zwischenfazit ist demnach festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin auch Anlageberaterin im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG – und damit Effektenhändlerin – ist.

    1. Schliesslich ist auf das verbleibende Argument der Beschwerdeführerin einzugehen, wonach ihr nicht bekannt sei, dass «andere M&A-Unternehmen» gestützt auf Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG als Effektenhändlerinnen erfasst worden seien. Demnach handle es sich vorliegend um einen nicht begründeten Einzelfall, der auch dem Gebot der rechtsgleichen Behandlung widerspreche.

      Nachdem die Rechtmässigkeit der Qualifikation der Beschwerdeführerin als Effektenhändlerin bejaht wurde (E. 4.2–4.4), verlangt sie mit obigem Vorbringen sinngemäss eine Gleichbehandlung im Unrecht. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung geht der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung in der Regel der Rücksicht auf die gleichmässige Rechtsanwendung vor. Der Umstand, dass das Gesetz in anderen Fällen nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, gibt den Bürgern grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Ausnahmsweise und unter strengen Bedingungen wird jedoch im Rahmen des verfassungsmässig verbürgten Gleichheitssatzes ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht anerkannt (Art. 8 Abs. 1 BV; eingehend hierzu: PIERRE TSCHANNEN, Gleichheit im Unrecht: Gerichtsstrafe im Grundrechtskleid, in: ZBI 112/2011 S. 57 ff.). Die Gleichbehandlung im Unrecht setzt voraus, dass die zu beurteilenden Fälle in den tatbestandserheblichen Sachverhaltselementen übereinstimmen und dieselbe Behörde in ständiger Praxis vom Gesetz abweicht (zum Ganzen statt vieler: BGE 146 I 105 E. 5.3.1, 139 II 49 E. 7.1, 136 I 65 E. 5.6 und 123 II 248

      E. 3c).

      Im vorliegenden Fall sind die strengen Voraussetzungen für eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht erfüllt. Zum einen unterlässt es die Beschwerdeführerin, substantiiert vorzutragen, inwiefern ihr Fall mit den Fällen «anderer M&A-Unternehmen» in den tatbestandserheblichen Sachverhaltselementen übereinstimmt. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine rechtswidrige Praxis der Vorinstanz vorliegen soll. Da bei den Stempelabgaben das Selbstveranlagungsprinzip gilt (vgl. Art. 34 StG), kann der Abgabepflichtige nicht geltend machen, der Fiskus habe sein (unkorrektes oder fehlerhaftes) Verhalten stillschweigend geduldet, selbst wenn die ESTV dessen Betrieb während längerer Zeit nicht an Ort und Stelle geprüft hat (Urteile des BVGer A-2777/2016 vom 4. Juli 2017 E. 2.3.2 und A-515/2007 vom 26. März 2010 E. 3.1.5 m.w.H.). Entsprechend ist der Schluss der Beschwerdeführerin, wonach die Vorinstanz (angebliche) Nichtanmeldungen von abgabepflichtigen Konkurrentinnen stillschweigend dulde, unzulässig.

    2. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz die Beschwerdeführerin zu Recht als Effektenhändlerin im Sinne von Art. 13 Abs. 3 Bst. b Ziff. 2 StG qualifiziert. Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen.

5.

Abschliessend bleibt über die Kostenund Entschädigungsfolgen des Beschwerdeverfahrens zu befinden.

    1. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 5'000.– der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG und Art. 1–4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu entnehmen.

    2. Die unterliegende Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario und Art. 7 Abs. 1 VGKE e contrario). Als Bundesbehörde steht eine solche auch der Vorinstanz nicht zu (Art. 7 Abs. 3 VGKE).

Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten in Höhe von 5'000.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der im gleichen Umfang einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Begleichung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Jürg Steiger Roger Gisclon

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:

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