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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-3509/2020

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts A-3509/2020

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-3509/2020
Datum:19.08.2021
Leitsatz/Stichwort:Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Schlagwörter : Vorinstanz; Bremszange; Kündigung; Bremszangen; Bundes; Arbeitsverhältnis; Messung; Beschwerdeführers; Messungen; Urteil; Messwert; BVGer; Arbeitsverhältnisse; Arbeitsverhältnisses; Arbeitgeber; Werte; Sachverhalt; Bundesverwaltungsgericht; Messwerte; Verfügung; Urteile; Stellung; Prüfung; Vertrauen; Verfehlungen; Kontrollen; Messung
Rechtsnorm: Art. 319 OR ;Art. 33 OR ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:130 III 28; 138 I 113
Kommentar:
Schweizer, Praxis Art. 319–362 OR, Art. 319; Art. 337 OR SR, 2012

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung I

A-3509/2020

U r t e i l v o m 1 9 . A u g u s t 2 0 2 1

Besetzung Richter Jürg Marcel Tiefenthal (Vorsitz),

Richterin Christine Ackermann, Richter Maurizio Greppi, Gerichtsschreiber Thomas Ritter.

Parteien X. ,

vertreten durch

Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV), Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Bundesbahnen SBB,

Vorinstanz,

Gegenstand Auflösung des Arbeitsverhältnisses; fristlose Kündigung.

Sachverhalt:

A.

X. , geboren am […], absolvierte in den Jahren […] bis […] eine Lehre als […] bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB (SBB AG). Vom […] bis […] war er als […] und seit dem […] als […] bei der SBB AG tätig. […].

B.

Am […] stellte sich heraus, dass X. an diesem Tag den Prozess der Prüfung von Bremszangen nicht korrekt ausführte, indem er Messwerte in das maschinelle Prüfsystem eintrug, ohne das vorgeschriebene Messwerkzeug […] zu verwenden.

Daraufhin nahm die SBB AG Sachverhaltsabklärungen hinsichtlich der Prüfung von Bremszangen vor. Am 19. Mai 2020 fand eine persönliche Befragung von X. statt. Weiter erfolgten Nachkontrollen der von ihm geprüften Bremszangen. Dabei wurden mehrere Bremszangen eruiert, welche nicht ordnungsgemäss funktionierten. Zudem wurden zahlreiche Messungen von Bremszangen, die X. durchgeführt hatte, nachgeprüft. Es ergab sich, dass bei einem hohen Anteil seiner Messungen exakt derselbe Messwert im Prüfsystem eingetragen war, während die Nachmessung abweichende Messergebnisse hervorbrachte.

C.

Mit Schreiben vom 2. Juni 2020 stellte die SBB AG X. in Aussicht, das Arbeitsverhältnis wegen eines wichtigen Grundes fristlos auflösen zu wollen. Gleichzeitig räumte die SBB AG ihm Gelegenheit ein, sich zur Untersuchung, zum Sachverhalt und zur vorgesehenen Kündigung zu äussern.

D.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2020 bezog X. Stellung und ersuchte seine Arbeitgeberin darum, von der fristlosen Kündigung abzusehen.

E.

Mit Verfügung vom 10. Juni 2020 löste die SBB AG das Arbeitsverhältnis mit X. fristlos auf. Sie begründete die fristlose Kündigung im Wesentlichen damit, dass das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nötige Vertrauen durch seine Verfehlungen bei der Prüfung von Bremszangen un-

wiederbringlich zerstört worden sei. Eine andere arbeitsrechtliche Massnahme sei aufgrund der Pflichtverletzungen und des dadurch eingetretenen Vertrauensverlusts nicht verhältnismässig.

F.

Mit Eingabe vom 9. Juli 2020 erhebt X. (nachfolgend: Beschwerdeführer) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragt, es sei festzustellen, dass die Verfügung vom 10. Juni 2020 unwirksam sei. Die SBB AG (nachfolgend: Vorinstanz) sei zu verpflichten, ihm eine Entschädigung in der Höhe eines Bruttojahreseinkommens zu entrichten. Er macht insbesondere geltend, dass die Vorinstanz die Reaktionsfrist für eine fristlose Kündigung nicht eingehalten habe und mit der ungenauen Messung von Bremszangen allein kein wichtiger Grund für die Kündigung vorliege.

G.

Die Vorinstanz beantragt mit Vernehmlassung vom 30. September 2020 die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde. Sie hält daran fest, dass ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung bestehe.

H.

Mit Eingaben vom 6. November 2020 und vom 11. Dezember 2020 reichen der Beschwerdeführer und die Vorinstanz weitere Stellungnahmen ein. Am

18. Januar 2021 nimmt der Beschwerdeführer erneut Stellung.

I.

Auf die weiteren Vorbringen der Parteien sowie die sich bei den Akten befindlichen Schriftstücke wird – soweit entscheidrelevant – im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Verfügungen des Arbeitgebers im Sinne von Art. 3 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG, SR 172.220.1) können mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Art. 36 Abs. 1 BPG und Ziff. 182 des Gesamtarbeitsvertrags der SBB vom 26. November 2018 [GAV SBB 2019, nachfolgend: GAV]).

      Bei der angefochtenen Kündigung handelt es sich um eine Verfügung im Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), die von der SBB AG als Arbeitgeberin gemäss Art. 3 Abs. 1 Bst. d BPG erlassen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.

    2. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

    3. Der Beschwerdeführer ist als Adressat der angefochtenen Verfügung, mit welcher die Vorinstanz das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos aufgelöst hat, sowohl formell als auch materiell beschwert. Er ist deshalb zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG).

    4. Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 VwVG) ist demnach einzutreten.

2.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht überprüft die angefochtene Verfügung auf Rechtsverletzungen – einschliesslich unrichtiger oder unvollständiger Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens – sowie auf Angemessenheit hin (vgl. Art. 49 VwVG). Bei der Prüfung der Angemessenheit auferlegt es sich indes eine gewisse Zurückhaltung, soweit es um die Leistungsbeurteilung von Angestellten, um verwaltungsorganisatorische Fragen oder um Probleme der betriebsinternen Zusammenarbeit und des Vertrauensverhältnisses geht. In diesen Fällen weicht es im Zweifel nicht von der Auffassung der Vorinstanz ab und setzt sein eigenes Ermessen nicht an deren Stelle (vgl. statt vieler Urteil des BVGer A-5997/2017 vom 14. März 2019 E. 2).

    2. Das Bundesverwaltungsgericht würdigt die vorgelegten Beweismittel frei (Art. 40 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess [BZP, SR 273] i.V.m. Art. 19 VwVG). Der Beweis ist erbracht, wenn das Gericht gestützt auf die Beweiswürdigung nach objektiven Gesichtspunkten zur Überzeugung gelangt, dass sich der rechtserhebliche Sachverhalt verwirklicht hat. Absolute Gewissheit ist indes nicht erforderlich. Es genügt, wenn es an der behaupteten Tatsache keine ernsthaften Zweifel mehr hat oder allenfalls verbleibende Zweifel als leicht erscheinen (Urteile des BVGer A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 2.2, A-1399/2017 vom 13. Juni 2018 E. 2.2, je m. H.).

      Bleibt eine entscheidrelevante Tatsache unbewiesen, gilt im Bereich des öffentlichen Rechts grundsätzlich die Beweislastregel von Art. 8 ZGB als allgemeiner Rechtsgrundsatz. Demnach hat jene Partei die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen, die aus der unbewiesen gebliebenen Tatsache Rechte ableitet. Im Beschwerdeverfahren betreffend Kündigung trägt die kündigende Behörde daher die (objektive) Beweislast für das Vorliegen eines rechtsgenüglichen Kündigungsgrundes (zum Ganzen Urteile des BVGer A-1399/2017 vom 13. Juni 2018 E. 2.2, A-6031/2017 vom 3. April

      2019 E. 2.2 m. w. H.).

    3. Die Bestimmungen über das Dienstverhältnis des Bundespersonals gelten grundsätzlich auch für das Personal der Vorinstanz (Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom

20. März 1998 [SBBG, SR 742.31]; Art. 2 Abs. 1 Bst. d BPG). Ergänzend ist auf die (Ausführungs-)Bestimmungen des erlassenen GAV abzustellen. Dagegen ist die Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV, SR 172.220.111.3) auf das Personal der Vorinstanz – welche für ihren Bereich stattdessen mit den Personalverbänden den GAV abgeschlossen

hat – nicht anwendbar (statt vieler: Urteil des BVGer A5997/2017 vom

14. März 2019 E. 3).

3.

Streitig und zu prüfen ist vorliegend, ob ein wichtiger Grund besteht, der die Vorinstanz zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beschwerdeführer berechtigte.

    1. Nach Art. 10 Abs. 4 BPG und Ziff. 176 Abs. 1 GAV können die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen fristlos kündigen. Als wichtiger Grund gilt gemäss Ziff. 176 Abs. 2 GAV jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein der kündigenden Partei nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf. Die Voraussetzung zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses orientiert sich damit an den "wichtigen Gründen" gemäss Art. 337 Abs. 1 und 2 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220), der die fristlose Auflösung privatrechtlicher Arbeitsverhältnisse regelt. Um zu beurteilen, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, kann somit die zu Art. 337 OR entwickelte Rechtsprechung angemessen berücksichtigt werden. Den Besonderheiten des öffentlichen Dienstes ist dabei allerdings Rechnung zu tragen (Urteile des BVGer A-1508/2020 vom 9. September 2020 E. 4.1, A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 3.2, A-5997/2017 vom 14. März 2019

      E. 5.3).

      Eine fristlose Kündigung ohne vorgängige Verwarnung ist nur bei einem besonders schweren Fehlverhalten der angestellten Person gerechtfertigt. Dieses muss einerseits objektiv geeignet sein, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist; andererseits muss es sich auch tatsächlich so auf das Vertrauensverhältnis auswirken. Wiegen die Verfehlungen weniger schwer, ist die fristlose Kündigung wie im privaten Arbeitsrecht nur gerechtfertigt, wenn die Verfehlungen trotz Verwarnung wiederholt begangen werden (Urteile des BVGer A-1508/2020 vom 9. September 2020 E. 4.1, A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 3.2, A-615/2018 vom 22. Januar

      2019 E. 5.2.1).

    2. Dem Arbeitgeber kommt beim Entscheid, ob ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt, ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Er hat aber den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten und diejenige Massnahme zu wählen, die angemessen ist bzw. genügt. Als strengste ihm zur Verfügung stehende Massnahme darf er die fristlose Kündigung nur in Ausnahmefällen als letztes Mittel ("ultima ratio") aussprechen. Er hat dabei unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des konkreten Falls zu prüfen, ob sie gerechtfertigt ist (Urteile des BVGer A-1508/2020 vom 9. September 2020 E. 4.2, A-6031/2017 vom 3. April

      2019 E. 3.2, A-3148/2017 vom 3. August 2018 E. 7.1.2).

    3. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung kann insbesondere in einer schweren Verletzung der in Art. 20 Abs. 1 BPG und Ziff. 36 GAV verankerten Treuepflicht liegen, also der Pflicht der Angestellten, die berechtigten Interessen ihres Arbeitgebers wie auch des Bundes zu wahren (sog. "doppelte Loyalität"). Der Umfang der Treuepflicht ist beschränkt und sie besteht nur so weit, als es um die Erreichung und Sicherung des Arbeitserfolges geht, also soweit ein genügender Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis besteht. Sie hängt daher stark von Funktion und Aufgabe des Arbeitnehmers und den betrieblichen Verhältnissen ab und ist für jedes Arbeitsverhältnis gesondert aufgrund der Umstände und Interessenlage des konkreten Falls zu bestimmen (Urteile des BVGer A-6031/2017 vom 3. April 2019 E. 3.3, A-3148/2017 vom 3. August 2018 E. 7.1.3, A-4389/2016

vom 21. September 2016 E. 5.5.2).

Die Treuepflicht verbietet unter anderem gewisse das Arbeitsverhältnis oder die Interessen des Arbeitgebers störende Aktivitäten. Zu unterlassen sind insbesondere strafbare oder sonstige rechtswidrige Handlungen, die

das Arbeitsverhältnis beeinträchtigen (etwa Veruntreuungen oder Diebstähle) sowie Fehlinformationen, z.B. unwahre Angaben in Arbeitsund Reiserapporten (Urteile des BVGer A-4312/2016 vom 23. Februar 2017 E. 5.5.3, A-403/2016 vom 29. August 2016 E. 3.5, A-7515/2014 vom

29. Juni 2016 E. 4.5).

Als schwere Verletzungen der Treuepflicht qualifizierte das Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der konkreten Fallumstände z.B. die missbräuchliche Verwendung von Mitarbeitervergünstigungen (Urteil des BVGer A-1508/2020 vom 9. September 2020 E. 6), die manipulierte bzw. unwahre Erfassung der Arbeitszeit (Urteil des BVGer A-403/2016 vom 29. August 2016 E. 5) oder eine Tätlichkeit gegenüber einem Mitarbeiter (Urteil des BVGer A-656/2016 vom 14. September 2016 E. 6). Auch durch Fälschung von Arbeitsergebnissen oder Arbeitsrapporten kann die Treuepflicht schwer verletzt werden (vgl. STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag

- Praxiskommentar zu Art. 319–362 OR, 7. Aufl. 2012, Art. 337 Rz. 5, Art. 321a Rz. 7 m. Verw. auf das Jahrbuch des Schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 1990, S. 257).

3.4

      1. Vorliegend begründet die Vorinstanz die schwere Verletzung der Treuepflicht damit, dass der Beschwerdeführer bei der Prüfung der Bremszangen Messwerte im Wissen um die Gefährdung der Sicherheit absichtlich manipuliert bzw. nicht korrekt in die Prüfmaschine eingetragen habe. Durch seine Arbeitsweise habe er den Eisenbahnbetrieb sowie die Sicherheit der Kundschaft auf das Gröbste gefährdet. Aufgrund der daher notwendigen Nachkontrollen der von ihm geprüften Bremszangen habe er kostenintensive Folgen für das Unternehmen bewirkt. Erschwerend komme hinzu, dass er sich nach dem Vorfall vom […] (Bst. B) bei seinem Gruppenleiter erkundigt habe, wer ihn «verpfiffen» habe.

      2. Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, der einzige erwiesene und unbestrittene Vorwurf bestehe in der ungenauen Prüfmessung von Bremszangen, welche die Vorinstanz zudem genehmigt habe. Der Kausalzusammenhang zwischen der vorwerfbaren Handlung und den festgestellten Schäden an den Bremszangen sei nicht erwiesen. Hinzu komme, dass die Ungenauigkeit der Messungen auf eine ungenügende Ausbildung und Instruktion zurückzuführen sei, was allein die Vorinstanz zu verantworten habe.

3.5

      1. Wie sich aus den Akten ergibt, beinhaltet die Prüfung der Bremszangen eine Kontrolle, ob die Nachstellung der Bremszange ordnungsgemäss funktioniert. Ist dies nicht der Fall, nimmt die Bremskraft während der Abnützung der Bremsbeläge kontinuierlich ab. Sind die Bremsbeläge soweit abgeschliffen, dass die Zange automatisch nachstellen müsste und erfolgt dies nicht, wird nur noch ein Bruchteil der Bremskraft an der betroffenen Wagenachse wirksam. Im Fall einer Notbremse könnte der Zug daher nicht schnell genug gebremst werden. Vor der Inbetriebnahme des Zuges erfolgt zwar eine Kontrolle der Bremskraft. Das Funktionieren des Nachstellens kann dabei jedoch nicht hinreichend geprüft werden, da möglich ist, dass die Bremskraft in diesem Zeitpunkt noch ausreicht und der Defekt somit nicht bemerkt wird. Hinzu kommt laut Vorinstanz, dass moderne Triebzüge hauptsächlich elektronisch bremsen und die Bremszangen nur noch zum Anhalten am Perron und zur Notbremsung benutzt werden, weshalb eine Reduktion der Bremskraft im täglichen Betrieb kaum auffällt.

        Die vorliegend betroffenen Messungen, mit denen der Beschwerdeführer betraut war, bestehen unter anderem darin, den Nachsteller der Bremszange mit geeignetem Werkzeug vollständig zusammenzuziehen, damit die Bremszange maximal geöffnet ist. In diesem Zustand wird die Öffnung der Bremszange manuell gemessen. Gibt die prüfende Person diesen Wert in das Programm ein, schliesst das Prüfprogramm die Bremszange mehrmals maschinell. Anschliessend misst sie erneut und trägt den entsprechenden Wert ebenfalls ein. Daraus ergibt sich in der Folge ein Differenzwert. Liegt dieser innerhalb des Toleranzbereichs, wird das Prüfprogramm fortgesetzt. Ansonsten kann der nächste Arbeitsvorgang nicht erfolgen und die Bremszange wird zur Nachmessung bzw. zur Analyse des Defekts zurückgewiesen (vgl. zum Prüfablauf: Vorakten, act. 8.7 [mit Abbildungen der Messschritte]; act. 8.9, S. 3 f.).

      2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Prüftätigkeit des Beschwerdeführers für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs und des Betriebs der Vorinstanz in hohem Mass relevant ist.

3.6

      1. Die Vorinstanz hat im Rahmen ihrer Sachverhaltsabklärungen zahlreiche (mehrere hundert) Bremszangen überprüft, die vom Beschwerde-

        führer seit […] vermessen worden waren. Sie hat die von ihm im Prüfprogramm eingetragenen Messwerte eruiert und den durch Nachmessung tatsächlich ermittelten Werten gegenübergestellt. Aus der Analyse vom

        20. Mai 2020 geht hervor, dass bei 80 % von 95 geprüften Messungen des Zangentyps 716-26-60 aufgrund der Einträge des Beschwerdeführers exakt derselbe Messwert (Differenzwert) von 5.5 mm resultierte. Es handelt sich dabei um den Minimalwert, der für die Fortsetzung des maschinellen Prüfprozesses mindestens erforderlich ist. Die Nachmessungen ergaben hingegen durchwegs abweichende Werte und, für die verschiedenen Bremszangen, grösstenteils unterschiedliche Messergebnisse. Weiter verglich die Vorinstanz die Werte des Beschwerdeführers mit 165 Messungen anderer Mitarbeiter, die im Jahr 2014 nach dem Zufallsprinzip erhoben wurden. Deren Messergebnisse zeigten, wie aus der grafischen Darstellung des Vergleichs ersichtlich ist, weitgehend unterschiedliche Werte und eine klar erkennbare Verteilung über eine Bandbreite von 5.6 bis 11.5 mm.

        Die als Beschwerde-Beilage 4 eingereichte Auswertung der Nachprüfung ergab für weitere Messungen in hoher Zahl, dass der Beschwerdeführer mehrheitlich denselben Messwert von 5.5 mm (nebst einigen Werten von 8 und 10 mm) generierte und dieser sich von den tatsächlichen Werten erheblich unterscheidet. Es fehlt die übliche Verteilung. In einigen Fällen wiesen die Messungen des Beschwerdeführers den Wert von 5.5 mm sogar für Bremszangen aus, deren Nachstellung überhaupt nicht funktionierte und für welche der Wert von 1 mm nachgemessen wurde.

      2. Unter diesen Umständen bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Feststellung der Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer – über mehrere Monate – eine Vielzahl von Messwerten absichtlich manipuliert und den vorgeschriebenen Prüfungsablauf dadurch bewusst missachtet hat. Hingegen erscheint nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer die Bremszangen lediglich ungenau gemessen hat, wie er geltend macht. Auch für «nur» unsorgfältige Messungen oder solche mit ungeeignetem Messwerkzeug

        (z.B. Metermass statt Schieblehre) kann vernünftigerweise ausgeschlossen werden, dass sie in der überprüften Anzahl weitgehend denselben Wert ergeben hätten, zumal die effektiv nachgemessenen Werte eine erhebliche Verteilung aufweisen. Es ist daher mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die identischen Messergebnisse durch die gezielte Eingabe passender (fingierter) Werte in das System entstanden sind.

      3. Demnach führten, abweichend von der Sichtweise des Beschwerdeführers, nicht ungenaue Prüfmessungen bzw. schlechte Leistungen zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Er beruft sich in diesem Zusammenhang auf die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach eine mangelhafte Arbeitsleistung grundsätzlich keine sofortige Kündigung des Arbeitsvertrags rechtfertigt. Anders kann es sich etwa verhalten, wenn sie auf grobes Verschulden zurückzuführen ist (Urteile des BGer 4C.329/1998 vom 23. Dezember 1998 E. 2b, in: JAR 1999, S. 271,

4C.180/2004 vom 16. August 2004 E. 2.1, 4A_570/2009 vom 7. Mai 2010

E. 6.1). Es mag sein, dass nicht korrekte Messleistungen allein die Vorinstanz kaum zur fristlosen Kündigung berechtigt hätten. Vorliegend besteht der ausschlaggebende Grund für die fristlose Kündigung jedoch darin, dass der Beschwerdeführer seine Arbeitsergebnisse – ohne eine eigentliche Messung durchzuführen – manipuliert bzw. das Prüfprogramm der Vorinstanz fehlgeleitet hat, sodass die Messwerte innerhalb des Toleranzbereichs lagen und die Fortsetzung des Prozesses erlaubten. Für diese Verletzung der Treuepflicht fällt eine sofortige Auflösung des Arbeitsvertrags durchaus in Betracht, sofern sie als schwerwiegend zu qualifizieren ist bzw. die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Vorinstanz als unzumutbar erscheinen lässt.

3.7

      1. Für eine schwerwiegende Pflichtverletzung spricht insbesondere, dass der Beschwerdeführer seine Arbeitgeberin mit den manipulierten Messergebnissen über einen erheblichen Zeitraum willentlich getäuscht hat und sie glauben liess, die Messungen gemäss dem vorgegebenen Prüfprozess durchgeführt zu haben. Dadurch blieben ihr die realen Werte verborgen. Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass die Vorinstanz sich fortan auf seine Angaben bzw. Arbeitsergebnisse nicht mehr verlassen konnte und entsprechend das für die weitere Zusammenarbeit notwendige Vertrauen nicht mehr vorhanden war.

      2. Besonderes Gewicht verleiht den Verfehlungen des Beschwerdeführers, dass er sie im Rahmen einer sicherheitsrelevanten Tätigkeit begangen hat (E. 3.5). Bei der Befragung vom 19. Mai 2020 hat er zu Protokoll gegeben, es sei ihm bewusst, dass sein Fehlverhalten eine Gefährdung des Betriebs der Vorinstanz auslösen könne. Durch die Manipulation der Messwerte hat er demnach die Sicherheitsund Schadensrisiken, die mit defekten Bremszangen der Züge einhergehen können, in Kauf genommen. Zudem hat er unstrittig umfangreiche Nachkontrollen von (teilweise bereits

        an Fahrzeugen eingebauten) Bremszangen verursacht, die aus Sicherheitsgründen erforderlich wurden. Er hat somit bewusst und in gravierender Weise gegen die Interessen seiner Arbeitgeberin gehandelt.

        Sein Einwand, die Ungenauigkeit liege mit den vielfach weniger als 3 mm abweichenden Werten im vertretbaren und ungefährlichen Bereich, wirkt sich mit Blick auf die relevante Grössenordnung nicht zu seinen Gunsten aus. Zum einen entscheiden bei jeder Messung Millimeter darüber, ob der zur Vermeidung von Sicherheitsrisiken erforderliche Toleranzwert erreicht wird oder nicht. Zudem andern kann die Manipulation der Ergebnisse ohne vorgeschriebene Messung bewirken, dass jegliche und somit auch sicherheitsgefährdende Werte unerkannt bleiben.

      3. Der Beschwerdeführer sieht sich ferner dadurch entlastet, dass die Vorinstanz seine Arbeitsergebnisse genehmigt habe. Zwar trifft wie ausgeführt zu, dass das Prüfprogramm die Messungen maschinell «genehmigt» bzw. den Vorgang fortsetzt, wenn der resultierte Messwert über der erforderlichen Schwelle liegt. Das pflichtwidrige Verhalten des Beschwerdeführers bestand indessen gerade darin, dass er bewusst den dafür nötigen Minimalwert als Messergebnis bewirkte und dadurch die Wirksamkeit des maschinellen Prüfprozesses aushebelte, sodass keine Nachmessung erforderlich wurde. Da der Prüfprozess zudem Schritt für Schritt nach detaillierten maschinellen Vorgaben abläuft, bestand für die Vorgesetzten kein Anlass, alle Ergebnisse des Beschwerdeführers im erwähnten Millimeterbereich systematisch nachzumessen, zumal er zu den Messleistungen grundsätzlich in der Lage war. Nach dem Prüfvorgang wurden laut Vorinstanz lediglich noch Sichtkontrollen (Vier-Augen-Prinzip) vorgenommen. Dass der Beschwerdeführer in diesem Sinn unter einer gewissen Beobachtung stand, lässt die Schwere der Pflichtverletzung im konkreten Fall nicht entfallen und führt– angesichts der von absichtlichen Manipulationen geprägten Arbeitsweise – nicht zur Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung.

      4. Aus den genannten Gründen war das Fehlverhalten des Beschwerdeführers objektiv geeignet, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage tiefgreifend zu erschüttern, sodass es der Vorinstanz nicht mehr zuzumuten war, den Arbeitsvertrag bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.

      5. Nichts Gegenteiliges ergibt sich aus der Rüge des Beschwerdeführers, es sei kein Kausalzusammenhang zwischen seinem Prüfverhalten und den allenfalls erst später bei der Lagerung oder beim Transport der

        Bremszangen verursachten Schäden nachgewiesen. Die Pflichtverletzung durch Manipulation der Messwerte unter bewusster Inkaufnahme der Sicherheitsund Schadensrisiken wiegt hinreichend schwer, um sich vertrauenszerstörend auszuwirken. Der Eintritt tatsächlicher Schäden war darüber hinaus für die fristlose Auflösung des Arbeitsvertrags nicht erforderlich. Ausserdem wurden die aufwändigen und kostenintensiven Nachkontrollen der Bremszangen aufgrund der Verfehlungen des Beschwerdeführers unabhängig davon notwendig, ob dadurch tatsächlich Defekte an Zangen entstanden waren.

      6. Soweit der Beschwerdeführer die fehlerhaften Messwerte auf eine fehlende Ausbildung und unzureichende Instruktion durch die Vorinstanz zurückführen will, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Insbesondere lässt sich weder durch eine sachgerechte Ausbildung noch durch sorgfältige Instruktion verhindern, dass Messresultate absichtlich manipuliert und die von der Prüfmaschine detailliert vorgegebenen Arbeitsabläufe bewusst umgangen werden. Aufgrund dieses Verhaltens des Beschwerdeführers erscheint auch seine Darstellung nicht glaubhaft, er habe die Messungen so ausgeführt, wie es ihm gezeigt worden sei. Ferner fällt in Betracht, dass der Beschwerdeführer die Prüfmessung korrekt ausführte, während er von seinem Vorgesetzten direkt beaufsichtigt und beobachtet wurde (vgl. E. 4.4). Unter den Aspekten der Ausbildung und Instruktion vermag er sich somit nicht zu entlasten.

      7. Zusammenfassend ergibt sich, dass die streitige Kündigung in objektiver Hinsicht gerechtfertigt war.

4.

Weiter zu prüfen ist, ob das Fehlverhalten des Beschwerdeführers das Vertrauen der Vorinstanz tatsächlich im erforderlichen Ausmass erschütterte (vgl. E. 3.1).

    1. Der Beschwerdeführer rügt in dieser Hinsicht, die fristlose Kündigung sei nicht gerechtfertigt, weil die Vorinstanz die erforderliche Reaktionsfrist nach der Entdeckung der Unregelmässigkeiten nicht eingehalten habe. Bereits am 20. Februar 2020 habe sie eine entsprechende Meldung erhalten, die sie zu einer Untersuchung veranlasst habe. Selbst wenn man annehme, die Vorinstanz habe erst am 15. Mai 2020 aufgrund der zweiten Unregelmässigkeitsmeldung Kenntnis von der Sachlage erlangt, betrage die Zeitspanne bis zur Gewährung des rechtlichen Gehörs am 2. Juni 2020

      12 Arbeitstage. Sie sei somit zu lang, um daraus die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung abzuleiten.

    2. Die Vorinstanz führt hingegen aus, die Kündigung sei angesichts der notwendigen Sachverhaltsermittlungen, einschliesslich der Befragung des Beschwerdeführers und der Nachkontrollen von Bremszangen, rechtzeitig erfolgt. Sie habe die Abklärungen den Umständen entsprechend beförderlich vorgenommen. Nachdem sie Ende Mai 2020 hinreichende Kenntnis von der Sachlage erlangt habe, seien die arbeitsrechtlichen Massnahmen rasch angeordnet worden.

    3. Rechtsprechung und Lehre verlangen in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber die fristlose Kündigung umgehend ausspricht. Andernfalls wird angenommen, die Fortführung des Arbeitsverhältnisses sei für ihn zumutbar (statt vieler: Urteil des BVGer A-7515/2014 vom 29. Juni 2016

      E. 6.2.1 m. H.). Wenngleich bei der Anwendung von Art. 10 Abs. 4 BPG und Ziff. 176 Abs. 1 GAV die zivilrechtliche Rechtsprechung zu Art. 337 OR berücksichtigt werden kann (E. 3.1), lässt sich die Praxis, welche eine fristlose Kündigung grundsätzlich nur innert einer Zeitspanne von einigen wenigen Arbeitstagen erlaubt (vgl. BGE 130 III 28 E. 4.4), nicht ohne Weiteres auf öffentlich-rechtliche Anstellungsverhältnisse übertragen. Aufgrund der Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens rechtfertigt es sich, dem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber eine längere Reaktionsfrist zuzugestehen als im Privatrecht. Im öffentlichen Personalrecht ergeht die Kündigung in der Regel in Form einer schriftlich begründeten Verfügung (Art. 34 Abs. 1 BPG; Ziff. 176 Abs. 4 GAV). Dieser geht häufig eine Untersuchung voraus, besonders, wenn Verdachtsmomente zu erhärten bzw. zu widerlegen sind. Zudem ist dem Angestellten vor der Kündigungsverfügung das rechtliche Gehör einzuräumen. Hinzu kommen die speziellen Verfahrensabläufe innerhalb der Verwaltung, die es häufig nicht erlauben, unverzüglich über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden, etwa, wenn die Entscheidung nicht von einer einzelnen Person getroffen werden kann (zum Ganzen: Urteile des BGer 8C_204/2020 vom 17. August 2020 E. 4.2.2 ff. und 8C_465/2018 vom 6. Mai 2019 E. 5.2, je m. H.).

      Die Reaktionsfrist läuft zudem nicht, solange der Arbeitgeber keine genügend sichere Kenntnis der Umstände hat und noch Abklärungen vornehmen muss. Dies muss er zwar beförderlich tun, doch darf er sich die nötige Zeit nehmen, um die Abklärungen sorgfältig tätigen zu können (Urteile des BVGer A-7515/2014 vom 29. Juni 2016 E. 6.2 und A-4389/2016 vom 21. September 2016 E. 7.2, je m. H.; vgl. BGE 138 I 113 E. 6.5).

    4. Die Vorinstanz weist zutreffend darauf hin, dass der relevante Sachverhalt nicht bereits im Februar 2020 von Anfang an feststand. Zwar trifft, wie sie einräumt, zu, dass der Vorgesetzte des Beschwerdeführers am

      20. Februar 2020 von der Meldung anderer Mitarbeiter erfuhr, wonach der Beschwerdeführer den Prüfvorgang nicht immer korrekt ausführe. Ob sich dieser Verdacht bestätigen würde und von welcher Art und Tragweite allfällige Verfehlungen waren, war jedoch noch nicht klar.

      Aufgrund der genannten Meldung nahm der Vorgesetzte unstrittig Kontrollen am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers vor. Dabei wurden keine Unregelmässigkeiten festgestellt. Der Beschwerdeführer hielt sich während der Aufsicht des Vorgesetzten an die Prozessabläufe und führte diese laut der Vorinstanz korrekt aus. Die dabei durchgeführten Messungen zeigten keine auffälligen Ergebnisse. Da sich der Vorwurf nicht bestätigte, sah der Vorgesetzte keinen Anlass, weitergehende Abklärungen durchzuführen. Ihm blieb somit unbekannt, worin die Verfehlungen tatsächlich bestanden.

      Am 14. Mai 2020 erhielt der Vorgesetzte eine weitere Meldung, dass der Beschwerdeführer die Bremszangen nicht korrekt prüfe. Am Folgetag entfernte er vom Arbeitsplatz des Beschwerdeführers die zur exakten Messung notwendige Schieblehre (Messgerät), um die korrekte Ausführung des Prüfvorgangs zu kontrollieren. Unstrittig nahm der Beschwerdeführer am 15. Mai 2020 die Prüfung dennoch – ohne Schieblehre – vor, trug einen ungefähren Wert in das Prüfsystem ein und führte die Prüfung zu Ende. Die Bremszange wurde später bereit für den Versand am entsprechenden Ort gefunden. Nach Abschluss des Prozesses meldete sich der Beschwerdeführer beim Vorgesetzten und erkundigte sich nach der Schieblehre, worauf dieser ihn nicht mehr weiterarbeiten liess.

      Es ist nachvollziehbar, dass die Vorinstanz aufgrund dieses (einzelnen) Vorfalls zunächst nähere Untersuchungen zur Ermittlung des Sachverhalts vornahm, um Ausmass und Schwere der Verfehlungen des Beschwerdeführers sowie dessen Verschulden näher zu prüfen. Sie verfügte in diesem Zeitpunkt noch über kein hinreichendes Bild der fehlerhaften Messungen und davon, auf welche (manipulierende) Weise sowie in welcher Häufigkeit diese zustande gekommen waren. Die Vorinstanz nahm in der Folge umgehend Abklärungen vor, die sie nicht grundlos ruhen liess oder zu wenig beförderlich vorantrieb. Vielmehr war eine Untersuchung der eingetragenen Messwerte und der vom Beschwerdeführer geprüften Bremszangen erforderlich, um dem Verdacht nachzugehen, dass er Werte manipuliert

      haben könnte. Diese gestaltete sich, wie die Vorinstanz einleuchtend darlegt, aufwändig, zumal sie die Bremszangen, teils an verschiedenen Orten gelagert, teils bereits eingebaut, zunächst erhältlich machen musste.

      Angesichts des Aufwands für die Nachforschungen und des Zeitraums, auf den sich die zu prüfenden Messungen des Beschwerdeführers ausdehnten, verging ab dem 15. Mai 2020 nicht ungerechtfertigt viel Zeit für die Sachverhaltsabklärung, bis er am 19. Mai 2020 befragt wurde und am

      20. Mai 2020 die erste Analyse für einen geprüften Teil der Bremszangen schriftlich vorlag. Erst im Zuge dieser Analyse wurde erstmals bekannt, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Zangentyps 716-26-60 seit Oktober 2019 80 % von 95 Messungen stets mit demselben Wert manipuliert hatte und die Nachstellung einer Bremszange überhaupt nicht funktionierte. Erst in dieser Phase begann sich zudem die zeitliche und quantitative Dimension der Verfehlungen zu offenbaren. In den nachfolgenden Tagen wurden – auch über das Wochenende vom 23. und 24. Mai 2020 – zusätzliche Nachkontrollen durchgeführt. Bis Ende Mai wurden, wie die Vorinstanz schlüssig darlegt und u.a. aus der Kontrollliste vom 25. Mai 2020 hervorgeht, weitere fehlerhafte Messungen und Bremszangen entdeckt, die den Prüfprozess passiert hatten, obwohl die Nachstellung nicht funktionierte. Diese weitergehenden Erkenntnisse erhärteten den Verdacht der Manipulation. Im Übrigen hat die Vorinstanz laut ihren Ausführungen noch bis im September 2020 Fahrzeuge überprüft, bei denen die vom Beschwerdeführer freigegebenen Bremszangen bereits eingebaut waren.

    5. Aufgrund des dargelegten Ablaufs hat die Vorinstanz erst mit der Analyse vom 20. Mai 2020 sowie den Ergebnissen der Nachkontrollen in den Folgetagen (gegen Ende Mai) genügend sichere Kenntnis von den ausschlaggebenden Tatsachen für die Kündigung, insbesondere von der Manipulation der Messwerte und ihrem Ausmass, erlangt. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte die Reaktionszeit zu laufen beginnen und war die Vorinstanz in der Lage, über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu befinden.

    6. Die anschliessende Zeitspanne bis zur Kündigung vom 10. Juni 2020 ist in erster Linie auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs und darauf zurückzuführen, dass die Kündigung in der Form der Verfügung und schriftlich begründet zu ergehen hatte. Zwischen dem Zeitpunkt, in dem die Vorinstanz gemäss ihrer Sachverhaltsermittlung über ein hinreichendes Bild der Vorgänge verfügte, und der am 2. Juni 2020 gewährten Gelegenheit zur Stellungnahme, vergingen relativ wenige Arbeitstage. Aus dieser

      Zeitdauer lässt sich, anders als gerügt, nicht ableiten, dass die weitere Zusammenarbeit für die Vorinstanz in subjektiver Hinsicht zumutbar war.

    7. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers trifft somit nicht zu, dass die Vorinstanz trotz Kenntnis der Sachlage zu lange mit der Kündigung zugewartet und dadurch die Zumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht hat.

5.

    1. Unter Würdigung sämtlicher Umstände ergibt sich demnach, dass der Beschwerdeführer schwerwiegend gegen die Treuepflicht verstossen hat, wodurch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Vorinstanz unzumutbar geworden ist. Eine Verwarnung war aufgrund des absichtlichen Fehlverhaltens, der bewussten Gefährdung der Sicherheit und dem entsprechend grundlegenden Vertrauensverlust auch nicht als Ausdruck des Verhältnismässigkeitsprinzips geboten.

    2. Zusammenfassend erweist sich die fristlose Entlassung als gerechtfertigt. Die angefochtene Verfügung ist somit rechtmässig und zu bestätigen. Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen und dem Beschwerdeführer keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 34b Abs. 1 Bst. a BPG; Ziff. 183 Abs. 1 Bst. a GAV).

6.

Das Beschwerdeverfahren ist in personalrechtlichen Angelegenheiten unabhängig vom Verfahrensausgang grundsätzlich kostenlos (vgl. Art. 34 Abs. 2 BPG). Es sind daher keine Verfahrenskosten zu erheben.

7.

Die obsiegende Vorinstanz hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. Art. 7 Abs. 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Dem unterliegenden Beschwerdeführer steht ebenfalls keine solche Entschädigung zu (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs. 1 VGKE).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Jürg Marcel Tiefenthal Thomas Ritter

Rechtsmittelbelehrung:

Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet der öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnisse können beim Bundesgericht angefochten werden, sofern es um eine vermögensrechtliche Angelegenheit geht, bei welcher der Streitwert mindestens Fr. 15'000.– beträgt oder bei der sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (vgl. Art. 85 Abs. 1 Bst. b und Abs. 2 BGG). Bei einer nicht vermögensrechtlichen Angelegenheit ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Gleichstellung der Geschlechter betrifft (vgl. Art. 83 Bst. g BGG).

Steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen, kann sie innert 30 Tagen nach Eröffnung dieses Entscheids beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, erhoben werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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