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Bundesverwaltungsgericht Urteil F-1975/2018

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung VI
Dossiernummer:F-1975/2018
Datum:30.04.2020
Leitsatz/Stichwort:Familienzusammenführung (v.A.)
Schlagwörter : Beschwerde; Familie; Beschwerdeführer; Recht; Familiennachzug; Gesuch; Schweiz; Aufenthalt; Vorinstanz; Anwesenheit; Sozialhilfe; Person; Bundesverwaltungsgericht; Beschwerdeführers; Verfügung; Ehefrau; Integration; Kinder; Interesse; Zeitpunkt; Familiennachzugs; Ergänzungsleistungen; Rente; Gefestigt; Familienleben; Frist; Personen; Bezug
Rechtsnorm: Art. 33 AIG ; Art. 48 VwVG ; Art. 50 VwVG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; Art. 85 AIG ;
Referenz BGE:122 V 85; 129 II 497; 135 I 143; 136 V 24; 138 I 246; 139 I 330; 139 II 243; 143 I 21; 144 I 266; 144 II 1; 144 V 388; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

. B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung VI F-1975/2018

U r t e i l  v o m  30.  A p r i l  2 0 2 0

Besetzung Richterin Susanne Genner (Vorsitz), Richter Andreas Trommer,

Richter Daniele Cattaneo, Gerichtsschreiberin Maria Wende.

Parteien A. ,

vertreten durch Annemarie Muhr, Rechtsanwältin, Advokatur Muhr, Biberiststrasse 14H, Postfach 629, 4502 Solothurn,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Familiennachzug und Einbezug in die vorläufige Aufnahme zu Gunsten von B. (geb. 1982), C. (geb. 2002) und D. (geb. 2005)

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer (geb. [ ]), sri-lankischer Staatsangehöriger, ersuchte am ( ) 2009 in der Schweiz um Asyl. Mit Verfügung vom 16. Dezember 2009 lehnte die Vorinstanz (damals noch Bundesamt für Migration) das Gesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz an, schob den Vollzug jedoch infolge Unzumutbarkeit zu Gunsten einer vorläufigen Aufnahme auf.

B.

Am 19. Juli 2017 reichte der Beschwerdeführer bei der zuständigen kantonalen Migrationsbehörde ein Gesuch um Familiennachzug und Einbezug in die vorläufige Aufnahme zu Gunsten seiner Ehefrau B. (geb. 1982) und seiner beiden Kinder C. (geb. 2002) und D. (geb. 2005) ein. Die kantonale Behörde leitete das Gesuch an die Vorinstanz weiter und empfahl dessen Abweisung mit der Begründung, sowohl die Wohnals auch die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers würden den gesetzlichen Voraussetzungen nicht genügen. Zudem sei das Gesuch in Bezug auf seinen Sohn zu spät eingereicht worden.

C.

Am 5. Januar 2018 gewährte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zur Absicht, sein Gesuch abzuweisen. Von dieser Möglichkeit machte dieser mit Eingabe vom 5. Februar 2018 Gebrauch.

D.

Mit Verfügung vom 2. März 2018 wies die Vorinstanz das Gesuch des Beschwerdeführers um Familiennachzug und Einbezug in die vorläufige Aufnahme ab. Zur Begründung führte sie an, die Familie wäre im Falle eines Nachzugs auf Sozialhilfe angewiesen. Der Beschwerdeführer beziehe lediglich Krankentaggelder, welche für den Unterhalt einer vierköpfigen Familie nicht ausreichen und zudem ab dem 31. Dezember 2018 eingestellt würden. Aufgrund seines laufenden Anmeldungsverfahrens für eine hundertprozentige IV-Rente sei sein rascher Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt unwahrscheinlich. Eine allfällige IV-Rente würde zu diesem Zeitpunkt ein rein hypothetisches Einkommen darstellen. Auch sei, trotz der eingereichten Zusicherung für eine Anstellung im Kanton Zürich, nicht davon auszugehen, dass seine Ehefrau - als dem Kanton E. Zugewiesene - vom Kanton Zürich eine Arbeitsbewilligung erhalten werde, weshalb auch deren zu erzielendes Einkommen rein hypothetisch erscheine. Das Gesuch für den Sohn des Beschwerdeführers sei zu spät eingereicht worden

und es lägen keine wichtigen familiären Gründe vor, welche die Bewilligung des Gesuchs nach Ablauf der Nachzugsfrist rechtfertigen würden.

E.

Mit Rechtsmitteleingabe an das Bundesverwaltungsgericht vom 4. April 2018 beantragte der Beschwerdeführer, damals vertreten durch MLaw Cora Dubach, die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Gutheissung seines Gesuchs um Familiennachzug bzw. Einbezug in die vorläufige Aufnahme. In formeller Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege inklusive amtliche Rechtsverbeiständung und Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, die Ablehnung des Gesuchs um Familiennachzug verletze Art. 8 EMRK. Ferner sei er ohne eigenes Verschulden nicht im Stande, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Sein Gesundheitszustand - attestierte vollständige Arbeitsunfähigkeit

  • erlaube es ihm nicht, seine berufliche Integration voranzubringen. Er habe einen Antrag auf Invalidenrente gestellt. Dennoch bemühe er sich um eine Stelle. Er sei von der Sozialhilfe unabhängig und werde es auch nach Ablauf seiner Rahmenfrist zum Bezug von Krankentaggeldern am

    31. Dezember 2018 bleiben, sofern er eine IV-Rente erhalten werde. Mit dem zukünftigen Einkommen seiner Ehefrau, welches entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht lediglich ein hypothetisches sei, würde ein Überschuss im Budget resultieren, weshalb keine Gefahr einer Sozialhilfeabhängigkeit vorliege. Die reguläre Frist für den Nachzug seines ältesten Sohnes sei zwar abgelaufen, jedoch entspreche der Nachzug der Gesamtfamilie dem Kindeswohl.

    F.

    Die Vorinstanz beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 9. Mai 2018 die Abweisung der Beschwerde und führte mit Verweis auf die Rechtsprechung an, die Ablehnung eines Gesuchs um Familiennachzug stelle keine Verletzung von Art. 8 EMRK dar. Ferner habe der Beschwerdeführer nicht konkret dargelegt, wodurch seine Gesundheit beeinträchtigt sei. Auch liege kein Arztzeugnis vor, welches seine vollständige Arbeitsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit attestieren würde. Es stehe ihm frei, nach einem rechtskräftigen Entscheid bezüglich IV-Rente erneut ein Gesuch um Familiennachzug zu stellen.

    G.

    Am 17. Mai 2018 teilte Frau Rechtsanwältin Annemarie Muhr dem Bundesverwaltungsgericht mit, der Beschwerdeführer habe sie mit der Wahrung seiner Interessen im laufenden Verfahren beauftragt. Mit Verfügung vom

    29. Mai 2018 hiess das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gut und setzte die neu mandatierte Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin ein.

    H.

    In seiner Replik vom 10. September 2018 hielt der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest und führte im Wesentlichen aus, er befinde sich seit neuneinhalb Jahren in der Schweiz, wovon knapp neun Jahre mit geregeltem Aufenthalt. Entsprechend sei seine Anwesenheit als Realität anzunehmen, weshalb er sich auf Art. 8 EMRK berufen könne. Gestützt auf diese Bestimmung sei es nicht zulässig, den Familiennachzug zu verweigern, nur weil ein Kriterium des nationalen Rechts - die Sozialhilfeunabhängigkeit - nicht erfüllt sei. Seit dem 14. Juni 2016 sei ihm gar nicht erlaubt gewesen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, sei er ab diesem Zeitpunkt doch immer wieder zu 100% krankgeschrieben gewesen. Andernfalls hätte er seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt und eine langfristige Arbeitsunfähigkeit in sämtlichen Berufsfeldern riskiert. Würde er nach Erhalt des IV-Entscheids ein neues Gesuch um Familiennachzug stellen, würde die Vorinstanz dieses möglicherweise infolge verpasster Nachzugsfristen in Bezug auf alle Familienangehörigen abweisen.

    Als Beweismittel reichte der Beschwerdeführer insbesondere ein Gutachten des F. vom 31. Dezember 2017 ein, in welchem unter anderem ein [Lungenerkrankung] und ein schweres Asthma bronchiale diagnostiziert wurden.

    I.

    In ihrer Duplik vom 17. Oktober 2018 hielt die Vorinstanz an ihrem Antrag auf Abweisung der Beschwerde und dessen Begründung fest. Sie führte insbesondere an, der Beschwerdeführer habe sich für die Zeit, in welcher er nicht krangeschrieben gewesen sei, nur ungenügend um eine Integration in den Arbeitsmarkt bemüht.

    J.

    Mit seiner Triplik vom 17. Dezember 2018 reichte der Beschwerdeführer einen Vorbescheid der IV-Stelle G. vom 9. November 2018 ein,

    mit welchem ihm ab dem 1. Juni 2017 eine halbe Rente und ab dem 1. November 2017 eine Viertelrente in Aussicht gestellt wurde. Er wies darauf hin, dass in seiner Einkommenssituation eine allfällige Ausrichtung von Ergänzungsleistungen berücksichtigt werden müsse. Zudem gehe aus den beigelegten Nachweisen seiner Arbeitsbemühungen in den Monaten Juni bis Oktober 2018 hervor, dass er entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht untätig gewesen sei. Seit 2011 sei er nahezu immer einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Erst seit er krankgeschrieben sei, sei er erwerbslos.

    K.

    Es folgten weitere Schriftenwechsel (Quadruplik vom 30. Januar 2019, Quintuplik vom 7. März 2019 und Sextuplik vom 8. April 2019), in deren Rahmen der Beschwerdeführer weitere Beweismittel, insbesondere ein Schreiben der H. vom 25. Februar 2019, mit welchem seiner Ehefrau eine Anstellung zugesichert wurde, einreichte.

    L.

    Mit Schreiben vom 13. Januar 2020 teilte der Beschwerdeführer mit, im Jahr 2019 mittels eines von der Vorinstanz ausgestellten Rückreisevisums nach Sri Lanka gereist zu sein. Seine Ehefrau sei nun im vierten Monat schwanger. Er reichte unter anderem einen Vorbescheid der IV-Stelle das Kantons E. ein, mit welchem ihm ab dem 1. April 2019 eine halbe Rente und ab dem 1. August 2019 eine ganze Rente in Aussicht gestellt wurde.

    M.

    In ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 2020 hielt die Vorinstanz fest, die effektive Höhe der IV-Rente sei zwar noch unbekannt, jedoch könne als erstellt erachtet werden, dass diese für den Unterhalt eines mehrköpfigen Haushaltes nicht genügen werde und die Differenz durch Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen gedeckt werden müsste. In diesem Zusammenhang sei die per 1. Januar 2019 in Kraft getretene Bestimmung von Art. 85 Abs. 7 Bst. e AIG zu beachten, gemäss welcher der Bezug von Ergänzungsleistungen der Bewilligung eines Gesuchs um Familiennachzug entgegenstehe. Ferner sei von einer baldigen Erwerbstätigkeit der Ehefrau aufgrund der Schwangerschaft nicht mehr auszugehen. Aus dem Schreiben der IVStelle G. gehe hervor, dass der Beschwerdeführer bis Mai 2019 zumindest partiell immer erwerbsfähig gewesen sei. Dies untermauere, dass er nur ungenügende Anstrengungen gezeigt habe, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

    N.

    Mit Schreiben vom 9. April 2020 reichte die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers ihre Kostennote zu den Akten.

    O.

    Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

    Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

    1.

      1. Verfügungen des SEM betreffend Familiennachzug im Sinne von Art. 85 Abs. 7 AuG (SR 142.20, seit 1. Januar 2019: AIG; vgl. dazu

        E. 3 hiernach) sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 112 Abs. 1 AuG i.V.m. Art. 31 ff. VGG).

      2. Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

      3. Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

      4. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Sache endgültig (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 3 BGG).

    2.

    Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheids (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.; 2011/43 E. 6.1).

    3.

      1. Am 1. Januar 2019 hat das Ausländergesetz (AuG) eine Teilrevision und Namensänderung erfahren (Änderung vom 16. Dezember 2016, AS 2018 317 1). Es heisst nunmehr «Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration» vom 16. Dezember 2005 (AIG). Ebenfalls mit Wirkung ab 1. Januar 2019 ist die Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 (VZAE; SR 142.201) revidiert worden (Änderung vom 15. August 2018, AS 201 8

        317 3).

        Der für die Behandlung der Streitsache einschlägige Art. 85 Abs. 7 AuG wurde im Rahmen dieser Revision ergänzt: Als zusätzliche Voraussetzungen für den Familiennachzug statuiert Art. 85 Abs. 7 Bst. d AIG, dass Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von vorläufig aufgenommenen Personen nachgezogen werden können, wenn sie sich in der am Wohnort gesprochenen Landessprache verständigen können. Gemäss Art. 85 Abs. 7 Bst. e AIG wird neu vorausgesetzt, dass die nachziehende Person keine jährlichen Ergänzungsleistungen nach dem ELG (SR 831.30) bezieht oder wegen des Familiennachzugs beziehen könnte. Daraus erhellt, dass die Regelung für den Familiennachzug vorläufig aufgenommener Personen im Rahmen der erwähnten Revision eine Verschärfung erfahren hat.

      2. Fehlt - wie vorliegend - eine gesetzliche Übergangsregelung, muss aufgrund allgemeiner Grundsätze über das anwendbare Recht entschieden werden. Die Grundregel für die Anwendung von materiellrechtlichen Bestimmungen in intertemporalrechtlichen Konstellationen besagt, dass diejenigen Rechtssätze massgeblich sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts Geltung haben (BGE 144 V 388 E. 3; 144 II 326 E. 2.1.1; 139 II 263 E. 6; 130 V 445 E. 1.2.1; 130 V 329

        E. 2.3; MEYER/ARNOLD, Intertemporales Recht, in: ZSR 124/2005 I S. 115 ff., hier S. 127 f.). Daraus ergibt sich, dass die Streitsache auf jeder Rechtsmittelstufe gestützt auf die gleiche Rechtsgrundlage zu überprüfen ist (BGE 136 V 24 E. 4.3). Rechtsänderungen, die nach dem Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verfügung eintreten, haben somit grundsätzlich keine Auswirkung auf das Beschwerdeverfahren (BVGE 2013/20 E. 3.2.5). Von dieser Regel gibt es gemäss dem Bundesgericht zwei Ausnahmen: Erstens, wenn zwingende Gründe für die sofortige Anwendung des neuen Rechts sprechen (vgl. BGE 139 II 243 E. 11.1; 135 II 384 E. 2.3). Zweitens ist eine Ausnahme von der genannten Regel gerechtfertigt, wenn eine auf altes Recht gestützte Verfügung nach neuem Recht sofort widerrufen werden könnte bzw. wenn sofort ein neues Gesuch eingereicht werden könnte, das

        nach neuem Recht beurteilt würde (vgl. BGE 129 II 497 E. 5.3.3; BGE 122 V 85 E. 3). Die zweite Ausnahme ist jedoch nur anwendbar, wenn das neue Recht günstiger oder zumindest nicht ungünstiger ist als das alte (vgl. zum Ganzen TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., S. 202 Rz. 20).

      3. Die angefochtene Verfügung erging am 2. März 2018 und damit vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts. Wie aufgezeigt (vgl. E. 3.1) ist dieses weniger günstig als das alte Recht. Es bleibt zu prüfen, ob ein vorherrschendes öffentliches Interesse für die unmittelbare Anwendung der neuen Bestimmungen sprechen könnte. In Bezug auf Art. 85 Abs. 7 Bst. d AIG ist dies ohne Weiteres zu verneinen, wenngleich es wünschenswert ist, dass nachzuziehende Angehörige sich sprachlich möglichst schnell integrieren (vgl. in diesem Zusammenhang auch den neuen Art. 74a VZAE). Was den Bezug von Ergänzungsleistungen betrifft, besteht zweifellos ein öffentliches Interesse daran, dass diese Leistungen mit Bedacht ausgerichtet werden, da sie die öffentliche Hand belasten. Indessen ist dieses Interesse nicht derart stark, dass es die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben fliessende Grundregel, wonach die Streitsache über alle Instanzen gestützt auf die gleiche Rechtsgrundlage zu behandeln ist (vgl. E. 3.2), umzustossen vermöchte. Dies umso weniger, als nur ein Bruchteil der jährlichen Ergänzungsleistungen an Drittstaatsangehörige ausgerichtet wird (2013 waren es 11 %, vgl. Zusatzbotschaft zur Änderung des Ausländergesetzes vom 4. März 2016, BBl 2016 2821 2828). Folglich kommen vorliegend das AuG und die VZAE in ihrer bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung zur Anwendung (vgl. auch Urteile F-2860/2018 vom 5. Dezember 2019

    E. 2.1; F-611/2017 vom 22. Februar 2019 E. 2.3). Sofern sich die anwendbaren Bestimmungen geändert haben, wird die alte Bezeichnung des Gesetzes verwendet.

    4.

    Gemäss Art. 85 Abs. 7 AuG können Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von in der Schweiz vorläufig aufgenommenen Personen und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen frühestens drei Jahre nach Anordnung der vorläufigen Aufnahme nachgezogen und in diese eingeschlossen werden. Voraussetzung dafür ist, dass sie zusammenwohnen (Bst. a), dass eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist (Bst. b) und dass die Familie nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist (Bst. c). Diese Bestimmung wird in materieller Hinsicht in Art. 74 VZAE konkretisiert. Gemäss dessen Abs. 3 ist ein Familiennachzugsgesuch innerhalb von fünf Jahren zu stellen, sobald die zeitlichen Voraussetzungen gemäss Art. 85 Abs. 7 AuG erfüllt sind; geht es um den Nachzug von Kindern über 12 Jahren, muss das Gesuch innerhalb von 12 Monaten nach diesem Zeitpunkt eingereicht werden. Ein nachträglicher Familiennachzug ist nur aus wichtigen familiären Gründen möglich (Art. 74 Abs. 4 VZAE).

    5.

    Strittig ist vorliegend, ob die Familie des Beschwerdeführers bei einer Bewilligung des Familiennachzugs auf Sozialhilfe angewiesen wäre. Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, die IV-Rente würde für den Unterhalt eines mehrköpfigen Haushaltes nicht genügen und die Familie des Beschwerdeführers wäre entweder auf Sozialhilfe oder auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Gemäss dem neuen Art. 85 Abs. 7 Bst. e AIG würde der Bezug von Ergänzungsleistungen der Gutheissung eines Gesuchs um Familiennachzug entgegenstehen.

    Wie bereits ausgeführt (E. 3), sind vorliegend die Bestimmungen des alten Rechts anwendbar, weshalb die Neuerung, wonach der Bezug von Ergänzungsleistungen der Gutheissung eines Gesuchs um Familiennachzug entgegensteht (Art. 85 Abs. 7 Bst. e AIG), nicht zum Tragen kommt. Hingegen ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass bei einem Nachzug der Familie des Beschwerdeführers zurzeit von deren Sozialhilfeabhängigkeit auszugehen wäre. Wie sich aus der im Rahmen des Gesuchs des Beschwerdeführers um Ausstellung eines Rückreisevisums eingereichten Verfügung der Gemeinde I. vom 17. Juni 2019 ergibt, ist der Beschwerdeführer seit dem 1. Juli 2019 auf Sozialhilfe im Umfang von monatlich CHF

    924.75 angewiesen. Es bestehen keine Hinweise, wonach sich an dieser Sachlage seit diesem Zeitpunkt etwas geändert hätte. Mit dem Nachzug seiner Ehefrau und seiner bald drei Kinder würden zusätzliche Kosten anfallen. Aufgrund der Schwangerschaft seiner Ehefrau ist nicht davon auszugehen, dass sie in absehbarer Zeit einer Erwerbstätigkeit wird nachgehen können. Entsprechend erübrigt es sich, auf die eingereichten Anstellungsbestätigungen einzugehen. Auch ist anzunehmen, dass (auch) eine ganze IV-Rente (deren Höhe zurzeit noch unbekannt ist), sollte eine solche dem Beschwerdeführer tatsächlich zugesprochen werden, nicht ausreichen wird, um eine fünfköpfige Familie zu ernähren. Eine allfällige zukünftige Ausrichtung von Ergänzungsleistungen stellt zum heutigen Zeitpunkt lediglich eine Hypothese dar und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Zum heutigen Zeitpunkt verfügt der Beschwerdeführer jedenfalls nicht über eine eigene Einkommensquelle. Es ist demzufolge auch in Zukunft von einer weiter bestehenden Sozialhilfeabhängigkeit auszugehen, wobei

    sich die Bezüge bei einer Bewilligung des Familiennachzugs markant erhöhen würden. Die Voraussetzung, wonach die Familie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein darf, ist damit nicht erfüllt. Dies führt grundsätzlich zur Abweisung des Gesuchs um Familiennachzug (Art. 85 Abs. 7 Bst. c AuG).

    6.

    Es stellt sich die Frage, ob - wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht

  • gestützt auf Art. 8 EMRK ein Anspruch auf Familiennachzug besteht und ob gegebenenfalls die Verweigerung des Familiennachzugs vor dieser Bestimmung standhält. Die Vorinstanz vertritt die Ansicht, dass sich der Beschwerdeführer nicht auf Art. 8 EMRK berufen kann. Als vorläufig Aufgenommener ohne Flüchtlingseigenschaft und ohne besonders intensive private Bindungen bestehe für ihn kein faktisches Aufenthaltsrecht in der Schweiz.

      1. Art. 8 Ziff. 1 EMRK garantiert den Schutz des Familienlebens, welches in erster Linie die Kernfamilie, das heisst die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern, umfasst (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.2 und 129 II 11 E. 2). Die Garantie kann verletzt sein, wenn einer ausländischen Person, deren Familienangehörige in der Schweiz weilen, die Anwesenheit untersagt und damit das Familienleben vereitelt wird. Das in Art. 8 EMRK beziehungsweise Art. 13 BV geschützte Recht ist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts berührt, wenn eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt wird, ohne dass es dieser möglich beziehungsweise zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 II 1 E. 6.1; 143 I 21 E. 5.1; 139 I 330 E. 2.1). Von einer gefestigten Anwesenheitsberechtigung wird bei Vorliegen des Schweizer Bürgerrechts, einer Niederlassungsbewilligung oder einer Aufenthaltsbewilligung, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht, ausgegangen (BGE 135 I 143 E. 1.3.1; 130 II 281 E. 3.1). In der jüngeren Rechtsprechung wird der Begriff des gefestigten Anwesenheitsrechts auf weitere Personenkategorien ausgeweitet. So hat das Bundesgericht in Bezug auf Flüchtlinge mit Asylstatus ein gefestigtes Anwesenheitsrecht und damit eine Berufung auf Art. 8 EMRK bejaht (BGE 139 I 330 E. 1.2 und E. 3.1). Das Bundesverwaltungsgericht hat in bestimmten Konstellationen vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen (welche ebenfalls den Schutz des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [Flüchtlingskonvention, SR 0.142.30] geniessen) ein «faktisches Anwesenheitsrecht» in der Schweiz zuerkannt, da sie in der Regel nicht nur vorübergehend, sondern langfristig nicht mehr in ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (BVGE 2017 VII/4

        E. 6.3 und E. 6.4). Auf den Schutz des Privatund Familienlebens können sich in Ausnahmesituationen auch Personen berufen, deren Anwesenheit rechtlich nicht geregelt ist beziehungsweise die kein gefestigtes Aufenthaltsrecht im Sinn der zitierten Rechtsprechung haben, deren Anwesenheit in der Schweiz jedoch faktisch als Realität hingenommen wird beziehungsweise aus objektiven Gründen hingenommen werden muss (vgl. BGE 138 I 246 E. 3.3.1 mit Verweis auf die Urteile des EGMR Jeunesse gegen Niederlande vom 3. Oktober 2014 [Nr. 12738/10] § 103 ff. m.w.H., Agraw gegen Schweiz vom 29. Juli 2010 [Nr. 3295/06] § 44 ff. und Mengesha Kimfe gegen Schweiz vom 29. Juli 2010 [Nr. 24404/05] § 61 ff.). Diese Rechtsprechung wird in Ausnahmefällen auch auf vorläufig aufgenommene Personen ohne Flüchtlingseigenschaft angewendet, wobei in der Regel ein mehrjähriger Aufenthalt vorausgesetzt wird (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts F-1251/2020 vom 30. März 2020 E. 6.2.2 und E. 6.2.3 [Aufenthaltsdauer viereinhalb Jahre; faktisch gefestigtes Anwesenheitsrecht verneint]; F-7054/2016 vom 17. Dezember 2018 E. 5.8 ff. [Aufenthaltsdauer sieben Jahre; faktisch gefestigtes Anwesenheitsrecht bejaht]).

      2. Im Unterschied zu einer Aufenthaltsbewilligung, welche gemäss Art. 33 Abs. 3 AIG verlängert werden kann, wenn keine Widerrufsgründe vorliegen (was von der betroffenen Person abhängt), handelt es sich bei der vorläufigen Aufnahme lediglich um eine Ersatzmassnahme für eine nicht vollziehbare Wegweisung (Art. 83 Abs. 1 AIG). Auch bei einer langen Aufenthaltsdauer - mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK liegt die Grenze bei rund zehn Jahren (vgl. BGE 144 I 266

        E. 3.9) - besteht das Anwesenheitsrecht de iure nur auf Zusehen hin. Wenngleich de facto eine Wegweisung umso unwahrscheinlicher erscheint, je länger der Aufenthalt andauert (vgl. auch den Bericht des Bundesrates «Vorläufige Aufnahme und Schutzbedürftigkeit: Analyse und Handlungsoptionen» vom 12. Oktober 2016 (www.sem.admin.ch> Publikationen & Service > Allgemeine Berichte, abgerufen am 15. April 2020), kann die vorläufige Aufnahme jederzeit widerrufen werden (wobei dies nicht zwingend von der betroffenen Person abhängt). Der Status von vorläufig aufgenommenen Personen ohne Flüchtlingseigenschaft erscheint daher noch fragiler als jener von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen und von Personen, welche «lediglich» im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung sind. Ein faktisch gefestigtes Anwesenheitsrecht kann folglich - eine lange Anwesenheitsdauer von rund zehn Jahren in der Schweiz vorausgesetzt - nur angenommen werden, wenn bis zu einem gewissen Grad Gewähr besteht, dass die vorläufige Aufnahme in absehbarer Zukunft nicht widerrufen wird.

      3. Als vorläufig Aufgenommener ohne Flüchtlingseigenschaft verfügt der Beschwerdeführer gemäss Rechtsprechung nicht über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht. Er hält sich jedoch seit über elf Jahren in der Schweiz auf, während derer sein Ausweis F immer wieder verlängert wurde. Ob dies auch in Zukunft der Fall sein wird, erscheint nicht gesichert, hat sich doch der Beschwerdeführer im Spätsommer 2019 für einen Monat nach Sri Lanka begeben. Die Frage, ob der Schutzbereich von Art. 8 EMRK eröffnet ist, kann jedoch offen bleiben, da sich - wie nachfolgend darzulegen ist - der Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens (welcher aufgrund der Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Ehefrau und seinen Kindern zweifellos vorliegt) gestützt auf Art. 8 Ziff. 2 EMRK als gerechtfertigt erweist.

      4. Die Europäische Menschenrechtskonvention verschafft keinen absoluten Anspruch auf Einreise und Aufenthalt, respektive auf Wahl des für das Familienleben am geeignetsten erscheinenden Orts, oder auf einen besonderen Aufenthaltstitel. Vielmehr erweist sich eine aufenthaltsbeendende oder -verweigernde, im Schutzund Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK liegende Massnahme als zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinn von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht und zu dessen Realisierung in einer demokratischen Gesellschaft «notwendig» erscheint (vgl. BGE 143 I 21 E. 5.1; 135 I 153 E. 2.1). In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch die Immigration betreffen, hängt der Umfang der Pflicht, ausländische Familienmitglieder auf dem Staatsgebiet zu dulden oder ihren Aufenthalt ermöglichen zu müssen, jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Es wird eine Gesamtbetrachtung verlangt, bei welcher der Grad der konkreten Beeinträchtigung des Familienlebens, der Umstand, ob und wieweit dieses in zumutbarer Weise im Heimatstaat oder allenfalls in einem Drittstaat gelebt werden kann sowie die Natur der Bindungen zum und im Aufenthaltsstaat ins Gewicht fallen, wobei zu prüfen ist, ob eine gute, auch wirtschaftliche, Integration vorliegt (vgl. zum Letzteren BGE 144 I 266 E. 3.7). Von wesentlicher Bedeutung ist zudem, ob Gründe der Migrationsregulierung (z.B. illegaler Aufenthalt), andere Motive zum Schutz der öffentlichen Ordnung (z.B. Kriminalität) oder solche des wirtschaftlichen Wohlergehens des Landes (z.B. Sozialhilfeabhängigkeit) der Bewilligung entgegenstehen. Von besonderem Gewicht erscheint schliesslich, ob die betroffenen Personen aufgrund ihres migrationsrechtlichen Status vernünftigerweise davon ausgehen durften, ihr Familienleben künftig im Konventionsstaat pflegen zu können. Ist dies nicht der Fall, bedarf es besonderer beziehungsweise aussergewöhnlicher Umstände («exceptional circumstances»), damit Art. 8 EMRK den einzelnen Staat

        verpflichten kann, die Anwesenheit von Familienangehörigen zu dulden (vgl. zum Ganzen statt vieler BGE 139 I 330 E. 2.2 f. sowie Urteile des EGMR Jeunesse § 100 ff. m.w.H., Tanda-Muzinga gegen Frankreich vom

        10. Juli 2014 [Nr. 2260/10] § 64 ff., Biraga und andere gegen Schweden vom 3. April 2012 [Nr. 1722/10] § 49 ff., Darren Omoregie und andere gegen Norwegen vom 31. Juli 2008 [Nr. 265/07] § 57 sowie Konstatinov gegen Niederlande vom 26. April 2007 [Nr. 16351/03] § 48). Soweit Kinder betroffen sind, ist dem Kindeswohl im Sinne einer Leitmaxime eine gewichtige Bedeutung zuzumessen, wobei auch wiederum die einzelfallspezifischen Umstände, namentlich das Alter, die Situation im Heimatstaat und die Abhängigkeit von den Eltern, massgeblich sind. Der Umstand allein, dass das Kind in einem Staat eine bessere Ausganglage hat, reicht selbstredend nicht aus (vgl. statt vieler die Urteile des EGMR El Ghatet gegen Schweiz vom 8. November 2016 [Nr. 56971/10] § 46 f., Jeunesse § 73 ff.,

        § 109 sowie Nunez gegen Norwegen vom 28. Juni 2011 [Nr. 55597/09]

        § 78 ff., § 84, je m.w.H. insb. zum Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes [KRK, SR 0.107]).

      5. Der Beschwerdeführer ist im ( ) 2009 in die Schweiz eingereist und hat seine Ehefrau und seine beiden Kinder im Heimatland zurückgelassen. Mit seiner Ausreise aus Sri Lanka, welche angesichts des rechtskräftigen negativen Asylentscheids als freiwillig zu betrachten ist, musste er unweigerlich eine langfristige Trennung von seiner Familie in Kauf nehmen, da er mit der Gewährung eines uneingeschränkten Familiennachzugs nicht rechnen konnte (vgl. z.B. Urteil des EGMR Konstatinov § 48 f.). Wie bereits dargelegt, ist er im heutigen Zeitpunkt sozialhilfeabhängig und es ist davon auszugehen, dass sich diese Abhängigkeit bei einer Gutheissung des Gesuchs verschärfen würde. Dies begründet ein erhebliches öffentliches Interesse an der Verweigerung des Familiennachzugs. Das geltend gemachte private Interesse am Zusammenleben mit der Familie in der Schweiz ist nachvollziehbar; es liegen jedoch keine besonderen Umstände vor, die das gewichtige öffentliche Interesse zu überwiegen vermöchten. Der Beschwerdeführer ist in der Schweiz kaum integriert, weshalb sein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung durch das Migrationsamt des Kantons E. am 22. Mai 2015 abgewiesen wurde. In den Jahren von 2011 bis 2017 ging er zwar immer wieder einer Arbeitstätigkeit nach, die meisten Anstellungsverhältnisse wurde jedoch nach wenigen Monaten entweder von ihm selbst oder vom Arbeitgeber beendet, davon eines aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse (vgl. die Erwägungen in der Verfügung des Migrationsamtes des Kantons E. vom 22. Mai 2015). Einzig für ein ( ) in Basel war er während fast fünf Jahren tätig. Zu

        seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass die Schwierigkeiten in der wirtschaftlichen Integration nur teilweise ihm selbst zuzuschreiben sind, leidet er doch an einer schweren Asthma-Erkrankung, durch welche er in seiner Arbeitsfähigkeit stark eingeschränkt ist. Vor diesem Hintergrund ist seine schwache wirtschaftliche Integration zu relativieren. Diese stellt jedoch nur einen Teilaspekt der Integration dar. Auch in denjenigen Bereichen, welche durch seine Erkrankung nicht oder kaum tangiert sind, ist keine nennenswerte Integration zu erkennen. So konnte er sich beispielsweise auch nach neun Jahren in der Schweiz nicht auf Deutsch verständigen (vgl. bspw. den Schlussbericht der J. vom 3. Oktober 2018), was seiner wirtschaftlichen Integration im Weg gestanden hat. Anhaltspunkte, wonach er in der Zwischenzeit Anstrengungen unternommen hätte, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern, sind den Akten nicht zu entnehmen. Eine erwähnenswerte soziale Integration wird vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Insgesamt ist somit, auch unter Berücksichtigung seiner Erkrankung, von einer geringen Integration in der Schweiz auszugehen. Im Hinblick auf das Kindeswohl gilt es festzuhalten, dass die beiden Kinder des Beschwerdeführers dieses Jahr 15 und 18 Jahre alt werden. Sie haben ihr ganzes Leben in Sri Lanka verbracht und haben dort ihr soziales Umfeld. Ein Umzug in die Schweiz in diesem Alter käme einer Entwurzelung gleich. Das Kindeswohl vermag damit ebenfalls nicht zu einer anderen Einschätzung zu führen.

      6. Zusammenfassend besteht im vorliegenden Fall aufgrund der Sozialhilfeabhängigkeit des Beschwerdeführers ein gewichtiges öffentliches Interesse an einer Verweigerung des Familiennachzugs. Die geltend gemachten privaten Interessen sind - insbesondere was die Ehefrau und das dritte Kind betrifft - nachvollziehbar, vermögen das erhebliche öffentliche Interesse jedoch nicht aufzuwiegen. Die Verweigerung des Familiennachzugs hält gegebenenfalls vor Art. 8 Ziff. 2 EMRK stand beziehungsweise ist verhältnismässig im Sinn von Art. 96 Abs. 1 AuG. Dem Beschwerdeführer steht es frei, sollte sich seine finanzielle Situation verbessern, auch nach Ablauf der Nachzugsfristen ein neues Gesuch um Familiennachzug zu stellen (Art. 73 Abs. 3 VZAE).

      7. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich Ausführungen zum Gesuch für den Sohn des Beschwerdeführers, welches nach Ablauf der Nachzugsfristen eingereicht wurde (vgl. E. 4 in fine).

    7.

    Nach dem Gesagten erweist sich die Abweisung des Familiennachzugsgesuchs gestützt auf Art. 85 Abs. 7 AuG als rechtmässig (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.

    8.

    Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Angesichts der Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung nach Art. 65 Abs. 1 VwVG ist auf die Erhebung von Verfahrenskosten zu verzichten.

    9.

    Die mit Verfügung vom 29. Mai 2018 eingesetzte amtliche Rechtsbeiständin reichte eine Kostennote in der Höhe von insgesamt Fr. 5’594.12 (24 Stunden à Fr. 200.- plus Fr. 277.50 Auslagen und Fr. 399.95 Mehrwertsteuer) ein. Wenn auch vorliegend ein umfangreicher Schriftenwechsel stattgefunden hat und dadurch von einem überdurchschnittlich hohen Zeitaufwand auszugehen ist, erscheint der geltend gemachte Aufwand überhöht, zumal die Beschwerde zum Zeitpunkt der Einsetzung der Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin bereits von ihrer Vorgängerin eingereicht worden war. Insbesondere erachtet das Gericht den geltend gemachten Aufwand von sieben Stunden für das Verfassen der Replik als zu hoch. Eine Kürzung um zwei Stunden erscheint angemessen. Unter Berücksichtigung der massgebenden Bemessungsfaktoren (Art. 9-13 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und der Entschädigungspraxis in vergleichbaren Fällen ist der Vertretungsaufwand auf Fr. 5’163.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen. Diesen Betrag hat der Beschwerdeführer der Gerichtskasse zurückzuerstatten, sofern er später zu hinreichenden Mitteln gelangt (vgl. Art. 65 Abs. 4 VwVG).

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird abgewiesen.

    2.

    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

    3.

    Das Honorar der amtlichen Rechtsbeiständin wird auf Fr. 5'163.- festgesetzt und durch die Gerichtskasse vergütet.

    4.

    Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Einschreiben)

  • die Vorinstanz (Akten-Nr. N [ ] retour)

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Susanne Genner Maria Wende

Versand:

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