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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-6026/2018

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts E-6026/2018

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-6026/2018
Datum:03.11.2020
Leitsatz/Stichwort:Nichteintreten auf Asylgesuch (kein Asylgesuch gemäss AsylG) und Wegweisung
Schlagwörter : Asylgesuch; Wegweisung; Vorinstanz; Familie; Verfügung; Schweiz; Recht; Wegweisungsvollzug; Beschwerdeführers; Behörde; Migration; Kantons; Partnerin; Kinder; Wegweisungsvollzugs; Verfahren; Migrationsamt; Aufenthaltsbewilligung; Rekurs; Behörden; Einheit; ändige
Rechtsnorm: Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 83 AIG ;Art. 83 BGG ;Art. 85 AIG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-6026/2018

U r t e i l v o m 3. N o v e m b e r 2 0 2 0

Besetzung Richter David R. Wenger (Vorsitz), Richterin Muriel Beck Kadima, Richter Lorenz Noli,

Gerichtsschreiberin Eliane Kohlbrenner.

Parteien A. , geboren am (…), Irak,

vertreten durch MLaw Nora Maria Riss, Freiplatzaktion Zürich, Rechtshilfe Asyl und Migration, (…),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch

(kein Asylgesuch gemäss AsylG) und Wegweisung; Verfügung des SEM vom 17. Oktober 2018 / N (…).

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer ersuchte am 16. Mai 2001 um Asyl in der Schweiz. Mit Verfügung vom 23. November 2001 lehnte die Vorinstanz das Asylgesuch des Beschwerdeführers ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz an, welche aber wegen Unzumutbarkeit zu Gunsten einer vorläufigen Aufnahme aufgeschoben wurde. Auf eine dagegen erhobene Beschwerde trat die damals zuständige Asylrekurskommission mit Urteil vom

27. Februar 2002 nicht ein.

B.

Am 17. August 2007 erteilte das Migrationsamt des Kantons B. dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung wegen Vorliegens eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalls. In der Folge wurde am

20. August 2007 das Erlöschen der vorläufigen Aufnahme festgestellt.

C.

Mit Verfügung vom 8. Juni 2016 lehnte das Migrationsamt des Kantons B. die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers ab. Ein dagegen erhobener Rekurs wies die Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion am 19. Juli 2017 ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons B. trat mit Verfügung vom 27. September 2017 auf die Beschwerde gegen den Rekursentscheid nicht ein.

D.

Am 23. November 2017 reichte der Beschwerdeführer ein Wiedererwägungsgesuch bei der Vorinstanz ein, in welchem er die vorläufige Aufnahme beantragte. Mit Schreiben vom 27. November 2017 teilte die Vorinstanz mit, die Wegweisung und deren Vollzug fielen in die Zuständigkeit der kantonalen Behörden, weshalb er das Wiedererwägungsgesuch bei der zuständigen kantonalen Behörde einreichen müsse.

E.

Am 14. Dezember 2017 reichte der Beschwerdeführer ein Wiedererwägungsgesuch beim Migrationsamt des Kantons B. ein. Mit Verfügung vom 27. Juni 2018 lehnte das Migrationsamt das Wiedererwägungsgesuch ab und wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass er sich illegal in der Schweiz aufhalte und die Schweiz unverzüglich zu verlassen habe.

F.

Am 14. August 2018 stellte der Beschwerdeführer ein zweites Asylgesuch. Anlässlich der Befragung zur Person vom 31. August 2018 und der Anhörung vom 1. Oktober 2018 führte er aus, im ersten Asylverfahren habe er einen falschen Namen angegeben und gefälschte Ausweispapiere einge-

reicht. Sein richtiger Name laute C.

und er stamme aus

D. . Er habe seit dem Jahr 2007 eine Partnerin in der Schweiz. Sie hätten zwei gemeinsame Kinder. Das ältere Kind sei (…) oder (…) Jahre alt, das jüngere (…) und (…) Monate. Vor einem Jahr hätten sie heiraten wollen, aber mangels Ausweisen sei dies nicht möglich gewesen. Sie würden in separaten Wohnungen leben, unter der Woche sei er aber fast täglich bei ihr. An den Wochenenden sei er jeweils im Ausgang und übernachte in der eigenen Wohnung. Er schaue oft zu seinen Kindern. Seine Partnerin sei wegen ihrer Krankheit auf ihn angewiesen. Er könne mit der Partnerin und den Kindern nicht zurück in den Irak. Ansonsten gebe es keine Gründe, die gegen eine Rückkehr in den Irak sprechen würden.

Der Beschwerdeführer reichte einen Nationalitätenausweis, eine Identitätskarte und einen Zivilregisterauszug lautend auf den Namen C. (alle im Original), einen Nationalitätenausweis und eine Identitätskarte lautend auf den alten Namen, einen alten und einen neuen AHV-Ausweis, eine Krankenkassenkarte, eine Postfinance-Karte, einen Schweizer Ausländerausweis B, Unterlagen betreffend Entzug der Aufenthaltsbewilligung, eine Bestätigung der irakischen Botschaft vom 3. Juni 2016 betreffend Antrag für einen irakischen Pass, einen Arztbericht vom 7. Juni 2018 betreffend

Partnerin, zwei Urteile des Bezirksgerichts E.

betreffend Vater-

schaft und Unterhalt der Kinder, Fotos der Kinder sowie einen Lagebericht zur irakischen Region Kurdistan vom 24. Februar 2015 ein.

G.

Mit Verfügung vom 17. Oktober 2018 (eröffnet am 18. Oktober 2018) trat die Vorinstanz auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug an.

H.

Mit Eingabe vom 22. Oktober 2017 (recte: 2018) erhob der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Er beantragt, es sei die Verfügung der Vorinstanz vom 17. Oktober 2018 aufzuheben. Es sei die Unzumutbarkeit beziehungsweise die Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und dem Beschwerdeführer sei die vorläufige

Aufnahme zu gewähren. Eventualiter sei auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers einzutreten und die Vorinstanz sei anzuweisen, sich mit den Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere im Lichte von Art. 44 AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 1 AuG (neu AIG), zu befassen. Es sei auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten und dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen. Es sei dem Beschwerdeführer eine unentgeltliche Rechtsbeiständin in der Person der unterzeichnenden Rechtsvertreterin zu bestellen.

I.

Mit Zwischenverfügung vom 5. November 2018 hiess der Instruktionsrichter die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und amtliche Verbeiständung gut, verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und gab der Vorinstanz Gelegenheit zur Einreichung einer Vernehmlassung.

J.

Am 20. November 2018 reichte die Vorinstanz eine Vernehmlassung ein.

K.

Mit Replik vom 3. Dezember 2018 nahm der Beschwerdeführer zur Vernehmlassung Stellung.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Am 1. März 2019 ist die Teilrevision (AS 2016 3101) des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) in Kraft getreten. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).

    2. Am 1. Januar 2019 wurde das Ausländergesetz vom 16. Dezember

2005 (AuG, SR 142.20) teilrevidiert (AS 2018 3171) und in Ausländerund Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Die vorliegend anzuwendenden Gesetzesartikel (Art. 83 Abs. 1–7 und Art. 84) sind unverändert vom AuG ins AIG übernommen worden.

2.

Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend –

endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG). Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (aArt. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).

3.

    1. Mit Beschwerde in Asylsachen kann die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich Missbrauch und Überschreiten des Ermessens) sowie die unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Kognition im Bereich des Ausländerrechts richtet sich nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

    2. Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es die Vorinstanz ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 31a Abs. 1–3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (BVGE 2011/9 E. 5).

4.

    1. Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid damit, wegen fehlender Asylgründe werde auf das Asylgesuch nicht eingetreten. Die Zulässigkeit und Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs seien im Hinblick auf den Schutz des Familienlebens (Art. 8 EMRK) bereits von den kantonalen Behörden geprüft worden. Offenbar habe der Beschwerdeführer ein Asylgesuch gestellt, um die kantonalen Bestimmungen und Entscheide zu umgehen und sich auf Art. 44 AsylG berufen zu können. Die kantonalen Behörden hätten sich bereits ausführlich mit der Zumutbarkeit und Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs befasst. Seither seien keine neuen Tatsachen entstanden, die eine erneute Prüfung nötig machen könnten. Zudem habe er ein missbräuchliches Asylgesuch gestellt. Das SEM sei somit nicht zuständig, Art. 8 EMRK im Rahmen der Zulässigkeit und die Zumutbarkeit zu prüfen. Der Wegweisungsvollzug sei möglich.

    2. Der Beschwerdeführer bringt vor, im Rahmen der Zumutbarkeit beziehungsweise der Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs sei Art. 44 AsylG

      i.V.m. Art. 83 Abs. 1 AuG bisher weder von den kantonalen noch von den nationalen Behörden geprüft worden. In EMARK 1995 Nr. 24 sei festgestellt worden, Art. 44 AsylG gehe über die Tragweite von Art. 8 EMRK hinaus und beinhalte, dass die vorläufige Aufnahme eines Familienmitglieds in der Regel auch zur vorläufigen Aufnahme dessen Familie führe. Die Vorinstanz habe sich bezüglich der Prüfung von Art. 8 EMRK für unzuständig

      erklärt. Er berufe sich vorliegend aber gar nicht auf Art. 8 EMRK, sondern auf Art. 44 AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 1 AsylG. Die Vorinstanz hätte daher die Bestimmungen prüfen oder das Gesuch an die zuständige Behörde weiterleiten sollen. Die Einheit der Familie habe er in den vorangegangenen Verfahren genügend dargelegt, weshalb ihm die vorläufige Aufnahme zu erteilen oder die Vorinstanz anzuweisen sei, die besagten Bestimmungen zu prüfen.

    3. Die Vorinstanz führt in der Vernehmlassung aus, das Verwaltungsge-

      richt B.

      habe den Beschwerdeführer in der Verfügung vom

      27. September 2017 lediglich darauf hingewiesen, er könne sich nicht auf Art. 44 AsylG berufen, da er sich nicht im Asylverfahren befinde. Dies sei nicht als Aufforderung zu verstehen, ein Asylgesuch zu stellen. Der Beschwerdeführer habe dies jedoch als Anlass genommen, ein Asylgesuch einzureichen, um sich auf den besagten Artikel berufen zu können. Sein Handeln sei somit rechtsmissbräuchlich gewesen, da er das Asylgesuch nicht gestellt habe, um Schutz im Sinne des Asylgesetzes zu beantragen. Eine Prüfung möglicher Wegweisungsvollzugshindernisse führe zum gleichen Schluss wie in den vorangegangenen Entscheiden, da der Beschwerdeführer anlässlich der Anhörung gesagt habe, seit der Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons B. habe sich nichts an seiner persönlichen Lage geändert. Anzumerken sei, dass der Beschwerdeführer und seine Partnerin nicht im selben Haushalt lebten, obwohl sie seit über zehn Jahren in einer Partnerschaft seien, und der Beschwerdeführer keine Obhut über die Kinder habe.

    4. Der Beschwerdeführer gibt in der Replik ergänzend an, die Einreichung des Asylgesuchs sei nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Art. 44 AsylG sei durch das Bundesrecht geschützt, weswegen ihm eine Berufung darauf nicht vorgehalten werden könne. Vielmehr sei ihm bisher eine Prüfung von Art. 44 AsylG verweigert worden, weshalb ihm keine andere Möglichkeit geblieben sei, als ein Asylgesuch zu stellen. Die Wohnung der Partnerin sei zu klein für alle. Er sei aber jeden Tag dort und kümmere sich um die Kinder und seine Partnerin. Die familiäre Gemeinschaft sei in den Akten dokumentiert.

5.

    1. Als Asylgesuch gilt gemäss Art. 18 AsylG jede Äusserung, mit der eine Person zu erkennen gibt, dass sie die Schweiz um Schutz vor Verfolgung nachsucht. Dabei ist der Praxis entsprechend von einem weiten Verfol-

      gungsbegriff auszugehen, der neben den in Art. 3 AsylG genannten Gründen auch Wegweisungshindernisse im Sinne von Art. 44 AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 2-4 AIG umfasst, sofern diese von Menschenhand geschaffen wurden (Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2003 Nr. 18). Sind die Voraussetzungen von Art. 18 AsylG nicht erfüllt, wird auf ein Gesuch in Anwendung von Art. 31a Abs. 3 AsylG nicht eingetreten.

    2. Im vorinstanzlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, nur deshalb ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt zu haben, weil er bei seiner in der Schweiz lebende Partnerin und den Kindern bleiben wolle. Aus diesen Ausführungen ergeben sich keinerlei Hinweise auf eine Verfolgung. Die Vorinstanz ist somit gestützt auf Art. 31a Abs. 3 AsylG zu Recht nicht auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers eingetreten.

6.

    1. Gemäss Art. 44 AsylG verfügt das SEM in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an, wenn es das Asylgesuch ablehnt oder nicht darauf eintritt; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie.

    2. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen (Art. 32 Abs. 1 AsylV 1; SR 142.31). Die Wegweisung wurde zu Recht angeordnet. Nachfolgend ist deshalb zu prüfen, ob ein Wegweisungsvollzug des Beschwerdeführers in den Irak gegen das Prinzip der Einheit der Familie gemäss Art. 44 AsylG verstösst respektive, ob sich der Beschwerdeführer auf diese Bestimmung berufen kann.

    3. Dem Grundsatz nach gebietet die "Einheit der Familie" im Sinne von Art. 44 AsylG, dass Familienmitglieder nicht voneinander getrennt werden, sondern faktisch zusammenleben können, und dass der Familie nach Möglichkeit ein einheitlicher Rechtsstatus eingeräumt wird. Dementsprechend beinhaltet die genannte Bestimmung, dass die vorläufige Aufnahme des einen Familienmitglieds regelmässig zur vorläufigen Aufnahme der ganzen Familie führt. Aus dem Wortlaut von Art. 44 AsylG, wonach bei der Wegweisung der Grundsatz der Familieneinheit "zu berücksichtigen" ist, lässt sich aber auch ableiten, dass vom dargelegten Prinzip – im Fall der vorläufigen Aufnahme des einen Familienmitglieds sei die ganze Familie aufzunehmen – im begründeten Einzelfall abgewichen werden kann (vgl. EMARK 1995 Nr. 24 E. 7, 10 und 11). Auf den Grundsatz der Einheit

      der Familie kann sich beispielsweise praxisgemäss nicht berufen, wer hierzulande ein augenfällig unbegründetes Asylgesuch gestellt hat, um über Art. 44 AsylG in die vorläufige Aufnahme seiner Familienmitglieder aufgenommen zu werden. So ist ein entsprechendes Verhalten insofern rechtsmissbräuchlich als dadurch die gesetzlichen Bestimmungen des Ausländerrechts (Art. 85 Abs. 7 AIG) mittels Asylgesuchstellung in der Schweiz umgangen werden sollen (vgl. Urteile des BVGer E-6059/2017 vom 7. November 2017 E. 5.2; E-3112/2016 vom 17. August 2016 E. 4).

    4. Das erste Asylgesuch des Beschwerdeführers wurde am 23. November 2001 abgewiesen. Mit Verfügung vom 8. Juni 2016 lehnte das Migrationsamt des Kantons B. die Verlängerung der am 17. August 2007 erteilten Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers ab. Ein dagegen erhobener Rekurs wurde von der Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion abgewiesen. Das Verwaltungsgericht des Kantons B. trat mit Verfügung vom 27. September 2017 auf die Beschwerde gegen den Rekursentscheid nicht ein. In der Begründung führte es aus, der Beschwerdeführer habe sich in seiner Eingabe mit der Begründung der Vorinstanz in keiner Weise auseinandergesetzt. Er habe sich auf Ausführungen zur vorläufigen Aufnahme gemäss Art. 44 AsylG beschränkt. Art. 44 AsylG sei vorliegend nicht anwendbar, da sich der Beschwerdeführer nicht im Asylverfahren befinde. Nachdem am 27. Juni 2018 auch ein Wiedererwägungsgesuch des Beschwerdeführers vom Migrationsamt des Kantons B. abgelehnt wurde, stellte er kurze Zeit später, am 14. August 2018, ein zweites Asylgesuch. Er gab von Anfang an zu, keine Asylgründe zu haben und das Asylgesuch nur gestellt zu haben, damit im Rahmen des Wegweisungsvollzugs Art. 44 AsylG geprüft werde. Er hat das Asylgesuch damit erst gestellt, als die Rechtsmittel gegen die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung erschöpft waren. Es handelt sich folglich offensichtlich um einen Versuch, die ausländerrechtlichen Gesetzesbestimmungen und die im ausländerrechtlichen Verfahren ergangenen Entscheide zu umgehen. Die Einreichung des zweiten Asylgesuchs durch den Beschwerdeführer erweist sich als rechtsmissbräuchlich. Die Vorinstanz hat das Vorliegen etwaiger Ansprüche aus dem Grundsatz der Einheit der Familie im Sinne von Art. 44 AsylG zu Recht nicht geprüft. Unter diesen Umständen sind auch die Zulässigkeit, Zumutbarkeit und Möglichkeit des Wegweisungsvollzugs nicht mehr zu prüfen, zumal die kantonalen Behörden im ausländerrechtlichen Verfahren bereits mehrmals den Wegweisungsvollzug geprüft und rechtskräftig angeordnet haben. Im Übrigen wären neue Wegweisungsvollzugshindernisse von den kantonalen Behörden zu prüfen.

7.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.

8.

    1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 1–3 des Reglements vom

      21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Mit Zwischenverfügung vom

      5. November 2018 hiess der Instruktionsrichter indes die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Beiordnung einer amtlichen Rechtsbeiständin gut. Dem Beschwerdeführer sind deshalb trotz Unterliegens keine Verfahrenskosten aufzuerlegen, zumal den Akten nicht zu entnehmen ist, dass er nicht mehr bedürftig wäre.

    2. Die amtliche Rechtsbeiständin der Beschwerdeführerin hat keine Honorarnote eingereicht. Der Aufwand lässt sich allerdings aufgrund der Akten zuverlässig abschätzen (Art. 14 Abs. 2 VGKE). In Anwendung der massgeblichen Bemessungsfaktoren (vgl. Art. 8–11 VGKE) ist das Honorar für MLaw Nora Maria Riss auf Fr. 900.– (inkl. Auslagen) festzusetzen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Der amtlichen Rechtsbeiständin wird zulasten der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 900.– entrichtet.

4.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

David R. Wenger Eliane Kohlbrenner

Versand:

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