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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-1719/2019

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-1719/2019
Datum:03.12.2020
Leitsatz/Stichwort:Aufhebung vorläufige Aufnahme (Asyl)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Beschwerdeführers; Wegweisung; Lanka; Schweiz; Verfügung; Recht; Vorinstanz; Zumutbar; Vollzug; Wegweisungsvollzug; Akten; Identität; Aufhebung; Interesse; Heimatstaat; Sri-lankische; Sozial; Reichte; Ehefrau; Behörden; Situation; Auszugehen; Behandlung; Werden; Soziale; Worden; Wegweisungsvollzugs
Rechtsnorm: Art. 112 AIG ; Art. 118 AIG ; Art. 25 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; Art. 84 AIG ; Art. 96 AIG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-1719/2019

U r t e i l v o m 3 . D e z e m b e r 2 0 2 0

Besetzung Richter Markus König (Vorsitz), Richter David R. Wenger Richterin Deborah D'Aveni Gerichtsschreiber Nicholas Swain.

Parteien A. , geboren am (…), Sri Lanka, vertreten durch MLaw Olivia Eugster,

(…),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Aufhebung vorläufige Aufnahme (Asyl); Verfügung des SEM vom 13. März 2019 / N (…).

Sachverhalt:

I.

A.

Der Beschwerdeführer – ein aus B. , Northwest Province stammender Angehöriger der Ethnie der Ceylon Moors muslimischen Glaubens

  • stellte am 26. September 2012 unter der Identität C. , geboren (…), Sri Lanka, in der Schweiz ein Asylgesuch.

    B.

    Mit Verfügung vom 18. März 2015 stellte das SEM fest, er erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte sein Asylgesuch ab und verfügte die Wegweisung aus der Schweiz. Infolge Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs ordnete das SEM jedoch die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers an. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

    II.

    C.

    Im Rahmen einer polizeilichen Befragung vom 26. März 2018 gab der Beschwerdeführer an, gegenüber den Migrationsbehörden im Asylverfahren eine falsche Identität, nämlich diejenige seines verstorbenen Bruders, angegeben zu haben. Seine richtige Identität laute A. , geboren (…),

    D.

    Das Amt (…) des Kantons D. stellte mit Schreiben vom 12. April 2018 dem SEM den Bericht der Kantonspolizei E. betreffend die genannte Befragung sowie eine Geburtsurkunde des Beschwerdeführers inklusive Übersetzung zu und beantragte eine Änderung der Personalien des Beschwerdeführers im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS).

    E.

    Am 30. Mai 2018 ging beim SEM eine Identitätskarte des Beschwerdeführers inklusive Übersetzung ein.

    F.

    Mit Verfügung des SEM vom 14. November 2018 wurden die persönlichen

    Daten des Beschwerdeführers im ZEMIS gestützt auf die neu eingereichten Identitätsdokumente geändert. Seine Identität wurde neu folgendermassen erfasst: A. , geboren (…).

    III.

    G.

    Mit Verfügung vom 17. Dezember 2018 gewährte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör im Hinblick auf eine Aufhebung der vorläufigen Aufnahme.

    H.

      1. Mit Eingabe seiner damaligen Rechtsvertretung vom 24. Januar 2019 reichte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ein. In dieser wurde im Wesentlichen gerügt, die Vorinstanz habe nicht begründet, inwiefern die Gesamtumstände sich so grundlegend verändert hätten, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Aufnahme nicht mehr gegeben seien. Er habe korrekte Angaben zu seinen persönlichen und familiären Umständen gemacht und diese hätten sich nicht verändert. Er habe im Asylverfahren die Identität seines verstorbenen Bruders angegeben, weil er vom Schlepper dazu angehalten worden sei. Im Weiteren habe sich die allgemeine Lage in Sri Lanka und insbesondere in der Nordprovinz seit dem Ende des Bürgerkriegs nicht verbessert. Vielmehr sei die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen durch die sri-lankischen Behörden drastisch angestiegen. Schliesslich sei die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme unverhältnismässig im Sinne von Art. 96 AIG (SR 142.20) angesichts der Tatsache, dass er sich in der Schweiz in beruflicher, sozialer und sprachlicher Hinsicht hervorragend integriert habe.

      2. Zum Beleg seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer folgende Beweismittel ein: Bestätigung der Schule F. vom 9. Januar 2019, Bestätigungsschreiben einer privaten Sprachlehrerin vom 6. Januar 2019, Bewerbungsschreiben vom 25. Juli 2013, drei Unterstützungsschreiben von Bekannten, zwei Unterschriftenbögen von Mitarbeitenden beziehungsweise Bekannten des Beschwerdeführers zu dessen Unterstützung, Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2017 in Kopie, Zwischenzeugnis des Arbeitgebers vom 20. Dezember 2018, mehrere Lohnabrechnungen und ein Lohnblatt des Jahres 2018.

    I.

    Mit Verfügung vom 13. März 2019 verfügte das SEM, die mit Verfügung vom 18. März 2015 angeordnete vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers werde aufgehoben. Die auf den Namen C. , geboren (…), lautende Geburtsurkunde werde eingezogen.

    J.

    Mit Eingabe vom 10. April 2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die vorinstanzliche Verfügung und beantragte, diese sei aufzuheben und es sei ihm weiterhin die vorläufige Aufnahme wegen Unzumutbarkeit und Unverhältnismässigkeit des Wegweisungsvollzugs zu gewähren; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung, um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und um Beiordnung seiner Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Stützung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer nebst Kopien von bereits mit seiner früheren Stellungnahme eingereichten Dokumenten (Arbeitsvertrag, Zwischenzeugnis, Lohnblatt, Unterstützungsschreiben, Bestätigung Sprachkurs) die Fotografie einer Scheidungsurkunde inklusive Übersetzung und das Protokoll der polizeilichen Einvernahme vom 26. Februar 2018 zu den Akten.

    K.

    Mit Zwischenverfügung vom 17. April 2019 forderte der Instruktionsrichter den Beschwerdeführer auf, innert Frist das beigelegte Formular "Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege" ausgefüllt inklusive Beweismittel einzureichen und stellte fest, über die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung werde zu einem späteren Zeitpunkt befunden. Auf die Erhebung eines Kostenvorschusses wurde vorderhand verzichtet. Ferner wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die in Aussicht gestellten Beweismittel inklusive Übersetzungen nachzureichen.

    L.

    Mit Eingabe seiner Rechtsvertretung vom 18. April 2019 reichte der Beschwerdeführer einen aktuellen Strafregisterauszug ein.

    Am 30. April 2019 wurde das ausgefüllte Gesuchsformular mit den entsprechenden Beweismitteln eingereicht.

    Mit Eingabe vom 29. Mai 2019 reichte der Beschwerdeführer eine beglaubigte Kopie der Scheidungsurkunde inklusive englischer und deutscher Übersetzungen nach.

    Am 4. Juni 2019 wurde der sri-lankische Reisepass des Beschwerdeführers ins Recht gelegt.

    M.

    Mit Instruktionsverfügung vom 5. Juni 2019 wies der Instruktionsrichter die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG, um unentgeltliche Verbeiständung gemäss aArt. 110a Abs. 1 Bst. a AsylG sowie um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses ab. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, innert Frist einen Kostenvorschuss zu leisten.

    Der einverlangte Kostenvorschuss wurde am 15. Juni 2019 fristgerecht einbezahlt.

    N.

    Mit Instruktionsverfügung vom 21. Juni 2019 wurde die Vorinstanz zur Vernehmlassung eingeladen.

    In ihrer Vernehmlassung vom 8. Juli 2019 hielt sie an ihrer Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

    O.

    Der Beschwerdeführer machte mit Eingabe seiner Rechtsvertretung vom

    25. Juli 2019 von dem ihm (mit Instruktionsverfügung vom 10. Juli 2019) gewährten Recht zur Replik Gebrauch und hielt seinerseits an den in der Beschwerde gestellten Anträgen und Ausführungen fest.

    Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

    1.

    Am 1. Januar 2019 wurde das Ausländergesetz vom 16. Dezember 2005 (AuG) teilrevidiert (AS 2018 3171) und in Ausländerund Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Die vorliegend anzuwendenden Gesetzesartikel (Art. 83 Abs. 1–4 und Art. 84 Abs. 1 und 2) sind unverändert vom AuG ins AIG übernommen worden.

    2.

      1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet im Bereich der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme endgültig (Art. 84 Abs. 2 AIG, Art. 83 Bst. c Ziff. 3 BGG).

      2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

      3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 112 Abs. 1 AIG

        i.V.m. Art. 37 VGG; Art. 48 Abs. 1, Art. 50 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG).

      4. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

    3.

      1. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG).

      2. Das SEM überprüft nach erfolgter Anordnung einer vorläufigen Aufnahme periodisch, ob die Voraussetzungen dafür noch gegeben sind (Art. 84 Abs. 1 AIG). Gemäss Art. 84 Abs. 2 AIG hebt es die vorläufige Aufnahme auf und ordnet den Vollzug der Wegweisung an, wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, das heisst, wenn der Vollzug der

        rechtskräftig angeordneten Wegweisung zulässig und es der ausländischen Person möglich und zumutbar ist, sich in ihren Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat zu begeben (Art. 83 Abs. 2–4 AIG).

      3. Bei der Beurteilung des Vorliegens von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).

      4. Die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme muss verhältnismässig sein (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 Abs. 1 AIG). Bei der Ermessensausübung im Sinn von Art. 96 Abs. 1 AIG sind die öffentlichen Interessen und die persönlichen Verhältnisse sowie der Grad der Integration der Ausländerinnen und Ausländer zu berücksichtigen.

    4.

      1. Zur Begründung ihrer Verfügung führte die Vorinstanz aus, die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers sei angeordnet worden, weil im Rahmen der Befragungen aufgefallen sei, dass dieser über eine psychisch äusserst instabile Persönlichkeitsstruktur verfüge. Derzeit sei er jedoch in einem Vollzeitpensum arbeitstätig. Es würden sich keine psychischen Auffälligkeiten zeigen. Demnach sei davon auszugehen, dass das ursprüngliche Vollzugshindernis weggefallen und die vorläufige Aufnahme deshalb zu überprüfen sei. Der Wegweisungsvollzug nach Sri Lanka sei grundsätzlich zulässig. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf das flüchtlingsrechtliche Rückschiebungsverbot berufen, und es würden sich aus den Akten keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ihm im Heimatstaat mit beachtliche Wahrscheinlichkeit eine durch Art. 3 EMRK verbotene Strafe oder Behandlung drohe. Betreffend die Ausführungen in der Stellungnahme des Beschwerdeführers zur allgemeinen Situation in Sri Lanka sei festzustellen, dass seine Asylvorbringen in der unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Verfügung vom 18. März 2015 als unglaubhaft qualifiziert worden seien und festgestellt worden sei, dass keine begründete Furcht vor einer asylbeachtlichen Verfolgung bestehe. An dieser Einschätzung habe sich seit Erlass des Asylentscheids nichts geändert. Auch die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Sri Lanka sei grundsätzlich zu bejahen, da dort keine Situation allgemeiner Gewalt vorliege. Wie erwähnt seien die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben; andere Wegweisungshindernisse seien nicht aktenkundig und vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht worden.

        Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit sei vorab festzustellen, dass angesichts des Wegfalls von Wegweisungshindernissen die Anforderungen an die Begründung für eine Aufrechterhaltung der vorläufigen Aufnahme sehr hoch seien. In Bezug auf die privaten Interessen des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen, dass er sich seit sechseinhalb Jahren in der Schweiz aufhalte (womit eine gewisse Integration verbunden sei), seit zwei Jahren beim gleichen Arbeitgeber erwerbstätig sei und einen Deutschkurs besuche. Der mit Unterstützungsschreiben geltend gemachten sozialen Integration sei gegenüberzustellen, dass er nur die Namen von zwei seiner Mitarbeiter habe nennen können. Ferner verfüge er in der Schweiz über keine Verwandten. Eine vertiefte soziale beziehungsweise familiäre Verankerung des Beschwerdeführers in der Schweiz sei nicht ersichtlich. Er habe die prägenden Jahre der Jugend und Adoleszenz im Heimatstaat verbracht und könne somit in ein ihm bekanntes Umfeld zurückkehren. Seine Ehefrau und sein Sohn würden sich weiterhin in Sri Lanka aufhalten. Im Übrigen müsse darauf hingewiesen werden, dass angesichts seiner unglaubhaften Asylvorbringen und der eingestandenen Falschangaben betreffend seine Identität die allgemeine Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers beeinträchtigt sei. Weitere private Interessen, welche für seinen Verbleib in der Schweiz sprechen würden, seien ebenso wenig ersichtlich wie Nachteile, welche ihm oder seiner Familie bei einer Aufhebung der vorläufigen Aufnahme drohen würden. Insgesamt überwiege das öffentlich Interesse an einer Wegweisung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz. Zusammenfassend erweise sich die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme und Anordnung des Wegweisungsvollzugs als zulässig, zumutbar und möglich.

      2. Der Beschwerdeführer führte zur Begründung seiner Beschwerde aus, es könne nicht alleine aus dem Umstand, dass er voll erwerbstätig sei, auf eine gute psychische Gesundheit geschlossen werden. Seit Erhalt der angefochtenen Verfügung gehe es ihm sehr schlecht und er mache sich grosse Sorgen um seine Zukunft. Er gehöre der muslimischen Minderheit in Sri Lanka an, die wegen ihrer Religionszugehörigkeit bedroht sei. Es komme regelmässig zu Gewaltausbrüchen, die durch extremistische buddhistische Organisationen angeführt würden. Im Weiteren habe er sich am (…) 2018 von seiner Ehefrau scheiden lassen, nachdem ihn ein Nachbar aus Sri Lanka telefonisch darüber informiert habe, dass sie eine aussereheliche Beziehung mit ihm unterhalte. Die Brüder seiner früheren Ehefrau hätten ihm für den Fall, dass er nach Sri Lanka zurückkehre, körperliche Gewalt angedroht und zudem angekündigt, ihn bei den Sicherheitskräften als Anhänger der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) anschwärzen zu

    wollen. Er habe demnach in seinem Heimatstaat kein soziales Netz mehr, auf das er zurückgreifen könnte. Aufgrund seines mehrjährigen Aufenthalts in der Schweiz pflege er kaum mehr Kontakte mit seinem früheren Umfeld in Sri Lanka. Die Scheidungsurkunde sowie deren Übersetzung seien durch seine Schwester organisiert und ihm zugestellt worden. Die Vorinstanz habe es unterlassen, entscheidrelevante Umstände abzuklären, namentlich ob die sri-lankischen Behörden ihm hinreichenden Schutz gegen Gewalttaten gegenüber Muslimen bieten würden. Zudem sei seine familiäre und gesundheitliche Situation nicht eingehend geprüft worden. Daher sei die Sache eventualiter zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Den Ausführungen der Vorinstanz betreffend die Verhältnismässigkeit sei in mehrfacher Hinsicht zu widersprechen. Es sei zu beachten, dass die gegen ihn wegen Täuschung der Behörden und Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgesprochene Strafe gemessen am möglichen Strafrahmen sehr milde ausgefallen sei. Er habe die Behörden nur über seine Identität getäuscht. Alle anderen Angaben hätten der Wahrheit entsprochen. Zudem habe er die Identitätstäuschung selber gemeldet. Er habe in der Folge vollumfänglich mit den Behörden kooperiert. Ansonsten habe er sich strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen. Im Weiteren sei er hervorragend in seinem Schweizer Umfeld integriert. Er arbeite seit zwei Jahren beim selben Arbeitgeber und besuche Privatlektionen, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Darüber hinaus habe er mehrere Freundschaften geschlossen. Nachbarn würden von seiner Gastfreundschaft berichten. Während der polizeilichen Einvernahme habe er diejenigen beiden Mitarbeitenden namentlich genannt, mit welchen er am engsten zusammenarbeite. Die übrigen 17 Personen, welche das eingereichte Unterstützungsschreiben unterzeichnet hätten, würden nicht direkt mit ihm zusammenarbeiten. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass er sich während dieser Befragung in einer Stresssituation befunden habe. Demnach würden seine privaten Interessen die öffentlichen Interessen überwiegen.

    4.3

        1. In ihrer Vernehmlassung stellte die Vorinstanz in Bezug auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Ehescheidung fest, diese sei dem SEM aus unklaren Gründen nicht angezeigt worden, und in der Stellungnahme vom 24. Januar 2019 seien Geldüberweisungen an die Ehefrau erwähnt worden. Ein Widerspruch sei darin zu erblicken, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, er habe sich scheiden lassen, während in der Scheidungsurkunde vermerkt sei, die Scheidung sei durch seine Ehefrau

          verlangt worden. Es handle sich darüber hinaus bei diesem Dokument nur um eine Kopie, deren Echtheit nicht überprüft werden könne. Bei den angeblichen Drohungen durch Angehörige seiner Ex-Ehefrau handle es sich um eine unbelegte Parteibehauptung. Diese erschienen zudem weltfremd und seien daher überaus unglaubhaft. Da der Beschwerdeführer keine Verbindungen zu den LTTE habe glaubhaft machen können, sei als ausgeschlossen zu erachten, das eine allfällige Denunziation als LTTE-Mitglied bei der Polizei durch die Brüder seiner Ehefrau zu einer Verfolgung führen könnte. Private Konflikte könnten ohnehin nicht zur Annahme der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs führen. Der Beschwerdeführer habe sich an die zuständige Polizeibehörde zu wenden. Ferner könne angesichts seines Alters bei seiner Einreise in die Schweiz davon ausgegangen werden, dass er ein soziales Netz aus Freunden und Bekannten habe, und es sei ihm zuzumuten, diese wieder zu aktivieren. Angesichts seiner geringen Deutschkenntnisse sei davon auszugehen, dass er in der Schweiz vor allem in der sri-lankischen Diaspora verkehre und somit weiterhin in der heimatlichen Kultur verankert sei. Die sechseinhalb Jahre dauernde Abwesenheit habe nicht zu einer grundlegenden Entwurzelung geführt. Als gesundem und erwerbsfähigem Mann sei es ihm auch zuzumuten, sich wirtschaftlich erneut im Heimatstaat zu integrieren. Betreffend die Situation der muslimischen Minderheit in Sri Lanka sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer keinen Bezug zu den Anschlägen vom 21. April 2019 aufweise. Eine bloss abstrakte Angst vor verschärften behördlichen Massnahmen vermöge die Anforderungen an eine begründete Verfolgungsfurcht nicht zu erfüllen. Zwar sei infolge der Anschläge mit einer verstärkten Kontrolle der muslimischen Gemeinschaft in Sri Lanka zu rechnen, jedoch fehlten Anzeichen dafür, dass diese in ihrer Gesamtheit verfolgt werde. Im Übrigen sei eine Verankerung des Beschwerdeführers in einer bestimmten Moschee nicht belegt. Es bestehe demnach kein Grund zur Annahme, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Sri Lanka mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt wäre, die eine Unzulässigkeit oder Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs begründen würden. Der vom Staatspräsidenten Sirisena ausgerufene Notstand vermöge an der Einschätzung nichts zu ändern, dass in Sri Lanka keine Situation allgemeiner Unruhe herrsche, die zu einer Gefährdung aller Rückkehrer unabhängig von deren individuellem Hintergrund führen würde.

        2. Es treffe zwar zu, dass von der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers nicht automatisch auf einen guten Gesundheitszustand geschlossen werden könne. Jedoch obliege es dem Beschwerdeführer im Rahmen der

    Mitwirkungspflicht, gesundheitliche Probleme nachzuweisen, die ein Vollzugshindernis darstellen könnten. Aus der Angabe in der Beschwerdeeingabe, es gehe ihm seit Erhalt der angefochtenen Verfügung schlecht, könne geschlossen werden, dass er bis zu diesem Zeitpunkt keine gesundheitlichen Probleme gehabt habe. Ein Arztbericht sei nicht eingereicht worden. Demnach sei die behauptete gesundheitliche Beeinträchtigung nicht bewiesen. Blosse Zukunftssorgen vermöchten nicht zur Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs zu führen. Der Vorwurf, das SEM habe entscheidrelevante Umstände nicht abgeklärt, werde zurückgewiesen. Die gerügten Elemente hätten aufgrund der ungenügenden Mitwirkung des Beschwerdeführers beziehungsweise der Verheimlichung von Tatsachen in der angefochtenen Verfügung nicht berücksichtigt werden können.

    4.4 In seiner Replik führte der Beschwerdeführer aus, eine Geldüberweisung an seine Ehefrau habe er nicht in der Stellungnahme vom 24. Januar 2019, sondern im Rahmen der polizeilichen Einvernahme vom 26. Februar 2018 erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt sei er noch verheiratet gewesen und habe nichts von der Untreue seiner Ehefrau gewusst. Die Angabe, es liege nur eine Kopie der Scheidungsurkunde vor, sei falsch. Dieses Dokument sei im Original beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht worden. Die unterschiedlichen Angaben dazu, wer die Scheidung veranlasst habe, seien plausibel erklärbar. Es sei davon auszugehen, dass seine Ehefrau sich dazu entschieden habe, sich scheiden zu lassen, um den wahren Trennungsgrund zu verheimlichen. Dadurch werde auch verständlich, dass ihre Familie ihn nun bedrohe. Er habe die Ehescheidung zuvor den schweizerischen Behörden nicht gemeldet, weil er mit seinem Leben in Sri Lanka abgeschlossen und die Wichtigkeit dieser Information nicht erkannt habe. Seine langsamen Fortschritte beim Erlernen der deutschen Sprache seien auf eine Lernschwäche zurückzuführen. Der Vorhalt, er verkehre vorwiegend in der sri-lankischen Diaspora, sei haltlos.

    Aus Länderberichten sei ersichtlich, dass die Situation der Muslime in Sri Lanka nach den Anschlägen vom Ostersonntag 2019 prekär sei. Bei Angriffen gegen diese Minderheit greife die Polizei nicht oder nur ungenügend ein. Es sei unverhältnismässig, ihn in ein Land wegzuweisen, in welchem er aufgrund seiner Religion verstärkt unter Druck geraten werde.

    5.

      1. Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).

        So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).

        Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

      2. Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulement nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Heimatstaat ist demnach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.

      3. Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. Urteil des EGMR Saadi gegen Italien 28. Februar 2008, Grosse Kammer 37201/06, §§ 124– 127 m.w.H.). Die allgemeine Menschenrechtssituation in Sri Lanka lässt den Wegweisungsvollzug nach Auffassung des Gerichts nicht als unzulässig erscheinen (vgl. den als Referenzurteil publizierten Entscheid BVGer

        E-1866/2015 vom 15. Juli 2016 E. 12.2). Auch der EGMR hat sich mit der Gefährdungssituation im Hinblick auf eine EMRK-widrige Behandlung namentlich für Tamilen, die aus einem europäischen Land nach Sri Lanka zurückkehren müssen, wiederholt befasst (vgl. EGMR, R.J. gegen Frankreich, Urteil vom 19. September 2013, Beschwerde Nr. 10466/11; E.G. gegen Grossbritannien, a.a.O.; T.N. gegen Dänemark, Urteil vom 20. Januar 2011, Beschwerde Nr. 20594/08; P.K. gegen Dänemark, Urteil vom

        20. Januar 2011, Beschwerde Nr. 54705/08; Rechtsprechung zuletzt bestätigt in J.G. gegen Polen, Entscheidung vom 11. Juli 2017, Beschwerde Nr. 44114/14). Dabei unterstreicht der Gerichtshof, dass nicht in genereller Weise davon auszugehen sei, zurückkehrenden sri-lankischen Asylsuchenden drohe eine unmenschliche Behandlung. Vielmehr müsse eine Risikoeinschätzung im Einzelfall vorgenommen werden. Den Akten lassen sich keine stichhaltigen Hinweise dafür entnehmen, dass diese Beurteilung nicht mehr zutreffend wäre, und es kann praxisgemäss davon ausgegangen werden, dass diese auch für die Situation der Minderheit der Ceylon Moors analog anwendbar ist (vgl. z.B. Urteile des BVGer D-5063/2019 vom 10. Oktober 2019 E. 10.2, D-1100/2015 vom 7. November 2018 E. 7.3

        oder D-2159/2017 vom 25. September 2018 E. 7.2.2).

      4. Es ergeben sich aus den Akten keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Sri Lanka mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Massnahmen zu befürchten hätte, die über einen "Background Check" (Befragung und Überprüfung von Tätigkeiten im Inund Ausland) hinausgehen würden, oder dass er persönlich gefährdet wäre.

      5. Der Vollzug erweist sich damit als zulässig.

    6.

      1. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.

      2. Der bewaffnete Konflikt zwischen der sri-lankischen Regierung und den LTTE ist im Mai 2009 zu Ende gegangen. Gemäss konstanter Rechtsprechung hat sich die Lage in Sri Lanka substanziell verbessert und der Wegweisungsvollzug ist grundsätzlich als zumutbar zu qualifizieren, wenn das Vorliegen der individuellen Zumutbarkeitskriterien (insbesondere Existenz

        eines tragfähigen familiären oder sozialen Beziehungsnetzes sowie Aussichten auf eine gesicherte Einkommensund Wohnsituation) bejaht werden kann (vgl. BVGE 2011/24 E. 13.3). An dieser Einschätzung vermögen auch die jüngsten Entwicklungen in Sri Lanka seit den Terroranschlägen vom April 2019 und der von der sri-lankischen Regierung daraufhin verhängte Ausnahmezustand nichts zu ändern. Es ist zwar nicht auszuschliessen, dass Muslime namentlich nach den gewalttätigen Angriffen in Negombo, Colombo und in Batticaloa im Jahr 2019 stärker unter Beobachtung und Kontrolle stehen. Von einer durch die sri-lankischen Behörden oder durch Dritte ausgehenden konkreten Gefahr für alle Angehörige der muslimischen Minderheit ist angesichts der aktuellen Situation nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht auszugehen. Vielmehr gilt der sri-lankische Staat – entgegen der auf Beschwerdeebene vertretenen Auffassung

  • auch gegenüber Minderheiten wie der muslimischen und tamilischen Bevölkerung als grundsätzlich schutzwillig und schutzfähig. Zum heutigen Zeitpunkt besteht kein Grund zur Annahme, dass seit dem Machtwechsel in Sri Lanka nach den Präsidentschaftswahlen vom 16. November 2019 ganze Bevölkerungsgruppen kollektiv einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wären (vgl. Urteile des BVGer E-6891/2017 vom 14. September 2020 E. 10.2, m.w.H.; D-5063/2019 vom 10. Oktober 2019 E. 6.2; E-1575/2020

vom 19. Mai 2020 E. 7.3 und ausführlich E-557/2017 vom 17. Juli 2019

E. 6.3).

    1. In Bezug auf individuelle Wegweisungshindernisse ist Folgendes festzustellen:

      1. Die Vorinstanz qualifizierte in ihrer ursprünglichen Verfügung vom

        18. März 2015 den Wegweisungsvollzug des Beschwerdeführers vorab aus medizinischen Gründen als unzumutbar. Es wurde festgestellt, dass er eine äusserst labile Persönlichkeitsstruktur aufweise, welche sich insbesondere darin äusserte, dass er während der Zweitanhörung vom 26. September 2015 zweimal dekompensierte und diese schliesslich aufgrund seines emotionalen Zustands abgebrochen werden musste (vgl. Akten SEM Protokoll Zweitanhörung A12/11, insbesondere S. 2 und S. 7 f.; Schreiben der HEKS Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende vom 18. November 2014, A17/3).

      2. Gründe ausschliesslich medizinischer Natur lassen den Wegweisungsvollzug im Allgemeinen nicht als unzumutbar erscheinen, es sei denn, die erforderliche Behandlung sei wesentlich und im Heimatland nicht erhältlich. Entsprechen die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland

        nicht dem medizinischen Standard in der Schweiz, bewirkt dies allein noch nicht die Unzumutbarkeit des Vollzugs. Von einer solchen Unzumutbarkeit ist erst dann auszugehen, wenn die ungenügende Möglichkeit der Weiterbehandlung eine drastische und lebensbedrohende Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach sich ziehen würde (vgl. BVGE 2011/50 E. 8.3 S. 1003 f., BVGE 2009/2 E. 9.3.2 S. 21).

      3. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz kann aufgrund der vorliegenden Aktenlage davon ausgegangen werden, dass derzeit keine diesen Kriterien entsprechenden medizinischen Wegweisungshindernisse vorliegen. Zwar kann – wie in der Beschwerdeschrift zu Recht eingewendet wurde – nicht allein schon aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer einer Erwerbstätigkeit nachgeht, gefolgert werden, dass seine psychische Verfassung gut ist. Dieser Umstand kann aber durchaus als Indiz für einen verbesserten Gesundheitszustand bewertet werden. Den Akten lassen sich zudem weitere Anhaltspunkte entnehmen, welche diese Einschätzung untermauern. So wird im Zwischenzeugnis seines Arbeitgebers namentlich die Belastbarkeit des Beschwerdeführers betont. Die eingereichten Unterschriftenlisten von Arbeitskollegen und -kolleginnen sowie Referenzschreiben von Bekannten des Beschwerdeführers belegen, dass er gute soziale Kontakte zu seinem Umfeld pflegt, wobei in den Schreiben auf die offene, positive und fröhliche Art des Beschwerdeführers hingewiesen wird. Diese Rückmeldungen legen eine gute und gefestigte psychische Verfassung des Beschwerdeführers nahe. Stichhaltige Einwände, die auf etwas Anderes hindeuten würden, lassen sich den Eingaben des Beschwerdeführers nicht entnehmen. In der Beschwerdeeingabe wurde zwar vorgebracht, es gehe ihm seit Erhalt der angefochtenen Verfügung "sehr schlecht", jedoch wurden hierzu keine näheren Angaben gemacht. Es darf ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der rechtlich verbeiständete Beschwerdeführer relevante Gesundheitsprobleme oder eine entsprechende medizinische Behandlung geltend gemacht und entsprechenden Beweismittel eingereicht hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen.

      4. Insgesamt bestehen demnach hinreichende Gründe für die Annahme, dass im heutigen Zeitpunkt nicht mehr davon auszugehen ist, dass im Falle eines Wegweisungsvollzugs nach Sri Lanka mit einer relevanten Verschlechterung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers zu rechnen wäre.

      5. Im Weiteren vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er verfüge in seinem Heimatstaat über kein soziales Netz mehr, nicht zu überzeugen: Angesichts der zu den Akten gereichten Scheidungsurkunde, an deren Echtheit keine begründeten Zweifel bestehen, ist zwar davon auszugehen, dass seine Ehe aufgelöst worden ist. Die Darstellung, er werde von den Brüdern seiner früheren Ehefrau bedroht, erscheint aber als unglaubhaft, vermochte er doch keinen plausiblen Grund hierfür anzugeben. Zweifel an den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Bezugspersonen rechtfertigen sich auch deshalb, weil er mehrfach widersprüchliche und teilweise unwahre Angaben zu seiner Identität und seinem familiären Umfeld gemacht hat. Namentlich ist darauf hinzuweisen, dass er im Asylverfahren zu Protokoll gab, keine Geschwister zu haben und ein Einzelkind gewesen zu sein (vgl. insbesondere Protokoll BzP A4/11 S. 5). Dies bestätigte er in seiner Stellungnahme vom 24. Januar 2019 zur beabsichtigten Aufhebung der vorläufigen Aufnahme gegenüber dem SEM nochmals ausdrücklich (vgl. Aktenstück D7/27 S. 2: "[…] der Beschwerdeführer hat keine lebenden Geschwister […] mehr"). Bereits die ursprüngliche Aussage lässt sich kaum vereinbaren mit seinem späteren Eingeständnis, das Asylgesuch unter der Identität eines (verstorbenen) Bruders gestellt zu haben. Vor allem aber gab der Beschwerdeführer im hier zu behandelnden Rechtsmittel an, seine Schwester habe ihm die Scheidungsurkunde sowie deren Übersetzung zugestellt (vgl. Beschwerdeeingabe vom 10. April 2019, S. 4). Demnach rechtfertigen sich Zweifel am Vorbringen des Beschwerdeführers, er verfüge in Sri Lanka über kein soziales Netz mehr, auf dessen Unterstützung er zurückgreifen könnte. Zumindest dürfte er mit Unterstützung durch die erwähnte Schwester rechnen können.

      6. Ohnehin ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Asylverfahren in den Anhörungen zu Protokoll gegeben hatte, er sei in seinem Heimatstaat als Händler und Makler tätig gewesen und habe ein gutes Einkommen erzielt (vgl. namentlich Protokoll erste Anhörung A10/19 S. 5 F37 und S. 11 F102 f.). Auch in der Schweiz geht er einer Erwerbstätigkeit nach, und er ist in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbständig zu gewährleisten. Unter diesen Umständen kann davon ausgegangen werden, dass es ihm möglich sein wird, im Heimatstaat seine wirtschaftliche Existenz auch ohne namhafte Unterstützung durch ein soziales Netz sicherzustellen.

    2. Nach dem Gesagten erweist sich der Vollzug der Wegweisung auch als zumutbar.

7.

Nachdem der Beschwerdeführer, der einen im Jahr (…) ausgestellten srilankischen Reisepass zu den Akten gereicht hat, nicht geltend macht der Vollzug seiner Wegweisung sei unmöglich im Sinne von Art. 83 Abs. 2 AIG, ist zusammenfassend festzustellen, dass im heutigen Zeitpunkt keine relevanten Vollzugshindernisse bestehen.

8.

    1. In einem kürzlich ergangenen Grundsatzentscheid hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass bei der Beurteilung einer Aufhebung einer vorläufigen Aufnahme gemäss Art. 84 Abs. 2 AIG das Verhältnismässigkeitsprinzip, das einen allgemeinen Grundsatz staatlichen Handelns bildet (Art. 5 Abs. 2 BV), zu beachten ist (vgl. Grundsatzurteil E-3822/2019 vom 28. Oktober 2020 E. 7–11).

    2. Es bleibt somit zu prüfen, ob sich die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme – wie vom SEM in der angefochtenen Verfügung vertreten – auch als verhältnismässig erweist. Im Rahmen der vorzunehmenden Verhältnismässigkeitsprüfung sind im Sinne von Art. 96 AIG die privaten Interessen der vorläufig aufgenommenen Person an einem Verbleib in der Schweiz und das Interesse des Staates an der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme und des Vollzugs der Wegweisung gegeneinander abzuwägen (vgl. dazu BVGE 2007/32); dabei ist keine schematische Betrachtungsweise vorzunehmen, sondern auf die gesamten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Zu berücksichtigen sind Faktoren wie die Dauer der Anwesenheit in der Schweiz, der Grad der Integration, die familiäre Situation, die noch zum Heimatstaat bestehenden Verbindungen, bei Straffälligkeit die Schwere begangener Delikte beziehungsweise die Art der verletzten Rechtsgüter, das Verschulden des Betroffenen und das Verhalten des Ausländers in dieser Periode (vgl. Urteil E-3822/2019 E. 10.4).

8.3

      1. Der Beschwerdeführer hält sich seit 2012 in der Schweiz auf. Aus den Akten ergibt sich, dass er hier seit 2017 erwerbstätig und nicht fürsorgeabhängig ist. Zudem besucht er Deutschkurse, und die eingereichten Referenzschreiben lassen darauf schliessen, dass er an seinem Wohnort gute Kontakte zu einem einheimischen Bekanntenkreis pflegt. Dem Vorhalt der Vorinstanz, dass er in der Schweiz vor allem in der sri-lankischen Diaspora verkehre, kann bei dieser Aktenlage nicht gefolgt werden. Mit Ausnahme einer ihm durch die Staatsanwaltschaft des Kantons D. auferlegten bedingten Geldstrafe ([…] Tagessätze zu Fr. […]) und einer

        Busse in der Höhe von Fr. (…) wegen Täuschung der Behörden aufgrund der Falschangaben im Asylverfahren zu seiner Identität (Art. 118 Abs. 1 AIG) ist der Beschwerdeführer bisher in der Schweiz nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten (vgl. Strafregisterauszug vom 28. November 2018, Akten SEM D1/1). Demnach sind ernsthafte Bemühungen des Beschwerdeführers erkennbar, sich wirtschaftlich und sozial in der Schweiz zu integrieren.

      2. Andererseits ist aber festzustellen, dass er im Alter von (…) Jahren in die Schweiz einreiste, mithin den grössten Teil seines Lebens im Heimatstaat verbracht hat. Es ist nicht davon auszugehen, dass durch den achtjährigen Aufenthalt in der Schweiz eine Entwurzelung vom Heimatstaat stattgefunden hat, die eine Reintegration in Sri Lanka erheblich erschweren würde. Zudem verfügt er in der Schweiz über keine Familienangehörigen oder Verwandten, während in Sri Lanka sein (…)-jähriges Kind und weitere Verwandte (Mutter, Schwester) leben. Insgesamt ist somit vergleichsweise nicht von einer besonders starken Verwurzelung des Beschwerdeführers in der Schweiz auszugehen.

      3. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer zur Begründung seines Asylverfahrens nicht nur Sachverhaltselemente geltend gemacht hat, die sich als unglaubhaft erwiesen haben, sondern die schweizerischen Behörden – aus letztlich nicht nachvollziehbaren Gründen – durch die Vorspiegelung einer falschen Identität getäuscht hat. Dieses rechtsmissbräuchliche Verhalten ist bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses am Vollzug seiner rechtskräftig angeordneten Wegweisung gebührend zu berücksichtigen, zumal der Beschwerdeführer den Eindruck erweckt, gegenüber den Asylbehörden mit Bezug auf seine persönlichen Verhältnisse weiterhin nicht mit offenen Karten zu spielen (vgl. oben E. 6.3.5).

8.4 Unter Berücksichtigung der geschilderten Umstände gelangt das Gericht zum Schluss, dass das private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz insgesamt das öffentliche Interesse am Vollzug der Wegweisung nicht überwiegt. Die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme erweist sich damit auch als verhältnismässig.

9.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist abzuweisen.

10.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 750.– festzusetzen (Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Der in gleicher Höhe von ihm geleistete Kostenvorschuss ist zur Bezahlung dieser Kosten zu verwenden.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 750.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der in gleicher Höhe von ihm geleistete Kostenvorschuss wird zur Bezahlung dieser Kosten verwendet.

3.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Markus König Nicholas Swain

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