Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | C-3661/2017 |
Datum: | 07.01.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Rentenanspruch |
Schlagwörter : | Vorakten; Beschwerde; Fähigkeit; Beschwerdeführer; Gutachten; Arbeit; Observation; Hüft; Recht; IV-Stelle; Bericht; Akten; Diagnose; Vorinstanz; Arbeitsfähigkeit; Medizinische; Recht; Hüfte; Rechte; Stellung; Diagnosen; Psychiatrische; Medizinischen; Rechten; Beurteilung; Begutachtung; Implantation; Behandlung; Behandelnde |
Rechtsnorm: | Art. 14 StGB ; Art. 43 ATSG ; Art. 48 BGG ; Art. 48 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 61 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | 121 V 362; 125 V 351; 130 V 253; 131 V 164; 132 V 215; 134 V 231; 135 V 465; 137 I 327; 137 V 210; 143 I 377; 143 V 446; ; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Abteilung III C-3661/2017
Besetzung Richter Daniel Stufetti (Vorsitz),
Richterin Caroline Gehring, Richter Michael Peterli, Gerichtsschreiberin Anna Wildt.
vertreten durch lic. iur. Simon Näscher, Rechtsanwalt, Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Invalidenversicherung, Anspruch auf eine Invalidenrente, Verfügung IVSTA vom 6. Juni 2017.
Der am ( ) 1969 geborene Schweizer Bürger A. (nachfolgend: Versicherter) lebt heute in Österreich. Von 1987 bis 2004 leistete er Beiträge an die schweizerische Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (AHV/IV), zuletzt in seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler für die Firma B. (Vorakten 9).
Im Jahr 1989 zog er sich links einen Kreuzbandriss zu, der operativ versorgt wurde, die Behandlung dieses Gesundheitsschadens wies einen protrahierten Verlauf auf (Vorakten 20). Am 1. Dezember 2005 meldete sich der Versicherte wegen Knieschmerzen links bei der IV-Stelle C. (nachfolgend IV-Stelle) zum Bezug von Leistungen an (Vorakten 1). Die IV-Stelle nahm medizinische und erwerbliche Abklärungen vor und zog die Akten der Schweizerischen Unfallversicherung (SUVA) bei (Vorakten, Band 3). Nach mehreren operativen Eingriffen und dem Einsatz einer Knieprothese sowie eines Kniescheibenersatzes sowie dem Auftreten von zusätzlichen Rückenschmerzen verlagerte sich die gesundheitliche Problematik zunehmend in den psychischen Bereich (Vorakten 77).
Die am 7. Juli 2008 zugesprochenen beruflichen Massnahmen hob die IV-Stelle mit Verfügung vom 3. November 2008 rückwirkend per 19. August 2008 wieder auf, mit der Begründung, die gesundheitliche Situation mit Knieund Rückenschmerzen sowie die Einnahme von starken Medika-
menten verhindere eine Teilnahme an den beruflichen Massnahmen (Vorakten 67).
In der Folge holte die IV-Stelle beim D. ein polydisziplinäres Gutachten ein. Die Experten diagnostizierten ein chronisches Schmerzsyndrom in Bezug auf das linke Knie sowie ein lumboradikuläres Syndrom, ein depressives Syndrom - gegenwärtig mittelschwere bis schwere Episode mit somatischem Syndrom - und eine akzentuierte, neurotisch narzisstische und histrionische Persönlichkeit. Sie schätzten die Arbeitsunfähigkeit auf 80% und setzten den Beginn mit November 2005 fest (vgl. Gutachten vom 20. Dezember 2011, Vorakten 101). In der Stellungnahme vom 4. Januar 2012 empfahl der RAD, sich auf das Gutachten abzustützen und die Einhaltung entsprechender Auflagen zu verfügen (Vorakten 103). Wegen der depressiven Symptomatik bestehe angestammt und adaptiert eine Arbeitsfähigkeit von 20%. Zu deren Verbesserung seien die laufende Psychotherapie beziehungsweise psychiatrische Behandlung fortzuführen. Es
sei sicherzustellen, dass ein therapeutischer Blutspiegel von z.B. Venlafaxin bestehe.
Am 26. Januar 2012 wies die IV-Stelle den Versicherten unter Hinweis auf die Schadensminderungspflicht an, bestimmte Auflagen zu erfüllen (Vorakten 105). Am 10. Dezember 2012 leitete sie ein Mahnund Bedenkzeitverfahren ein (Vorakten 121). Auf der Grundlage der eingereichten Arztberichte und Stellungnahmen des RAD forderte sie den Versicherten auf, die Anweisungen und Behandlungsvorschläge des Psychiaters umzusetzen (stationäre Therapie, Aktivierungstherapie, Opiatentzugsbehandlung, regelmässige ambulante Behandlung, Medikamentenbezug durch den Psychiater). Es sei monatlich eine Blutspiegelbestimmung vorzunehmen. Mit Schreiben vom 17. April 2013 orientierte der Versicherte die IV-Stelle über die Erfüllung der Auflagen (Vorakten 128). Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 anerkannte die IV-Stelle die Bemühungen des Versicherten (Vorakten 132). Nach einer fünfwöchigen stationären Therapie in einer psychiatrischen Klinik empfahl der RAD mit Stellungnahme vom 8. April 2014 auf der Grundlage des Austrittsberichts der Klinik von einer 80%igen Arbeitsunfähigkeit auszugehen (Vorakten 154).
Am 30. Juni 2014 beauftragte die IV-Stelle das E. , ein Gutachten in den Fachdisziplinen Innere Medizin, Rheumatologie und Psychiatrie zu erstellen, das den Vorgaben der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entspreche (vgl. Vorakten 161; Gutachten vom 9. Oktober 2014, Vorakten 166).
Aufgrund eines anonymen Hinweises vom 21. August 2014 (Vorakten
164) und wegen Diskrepanzen in den Angaben des Versicherten, die sich aus dem E. -Gutachten vom 9. Oktober 2014 ergaben (vgl. Stellungnahme der IV-Ärztin vom 2. Dezember 2014, Vorakten 172), beauftragte die Vorinstanz am 4. respektive am 12. Dezember 2014 die Firma F. GmbH mit einer Überwachung des Versicherten (Vorakten 177). Die Firma führte daraufhin Überwachungshandlungen durch und erstellte einen Bericht sowie Videoaufzeichnungen (Vorakten 191). Am 10. März 2015 konfrontierte die Vorinstanz den Versicherten mit den Ergebnissen der Observation (Vorakten 198).
Am 25. August 2015 gab der Versicherte eine neue Wohnadresse in Österreich bekannt (Vorakten 223).
In der Folge wurde der Versicherte dreimal an der rechten Hüfte operiert (Entfernung eines Chondrosarkoms im rechten Schenkelhals und Hüftimplantat rechts am 6. November 2015, Vorakten 258; Entfernung des Implantats aufgrund eines Infekts der Hüfte am 25. Januar 2016 und Reimplantation am 24. Februar 2016, Vorakten 268).
Am 18. August 2016 gab die IV-Stelle eine Begutachtung in den Bereichen der Rheumatologie und der Psychiatrie in Auftrag und stimmte später einer neuropsychologischen Testung zu. In dem psychiatrischen Teilgutachten vom 23. Januar 2017 wurde dem Versicherten aus psychiatrischer Sicht eine Dysthymie diagnostiziert, welche die Arbeitsfähigkeit nicht beeinflusse. Aufgrund der Diagnosen im rheumatologisch-orthopädischen Gutachten schätzten die Experten im bidisziplinären Konsens die Arbeitsfähigkeit auf 75% in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Versicherungsmakler. Bei einem täglichen 8-Stunden Pensum bestehe ein erhöhter Pausenbedarf von zwei Stunden, die zu den üblichen Pausen wie einer halbstündigen Mittagspause hinzukämen. Bis von Seiten der rechten Hüfte auf eine Vollbelastung übergegangen werden dürfe, sei vorübergehend höchstens eine überwiegend sitzende, wechselbelastende Tätigkeit während eines Halbtags mit einer üblichen Pause pro Halbtag möglich (Vorakten 300303). Zu dieser Einschätzung nahm die IV-Ärztin Dr. G. am 15. Februar 2017 Stellung (Vorakten 304).
Nachdem die SUVA dem Versicherten ab 1. Juni 2012 eine Rente bei einem IV-Grad von 46 % zugesprochen hatte (SUVA-Akten 13), reduzierte sie den IV-Grad mit Verfügung vom 20. Juli 2017 rückwirkend ab 1. Oktober 2016 auf 25% (SUVA-Akten 14).
Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens (Vorakten 308, 309) verfügte die Vorinstanz am 6. Juni 2017, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Invalidenrente habe. Zwar habe sich seit der IVAnmeldung ein wechselhafter Verlauf der gesundheitlichen Situation gezeigt, bei dem insbesondere nach operativen Eingriffen von vorübergehenden Phasen vollständiger Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei. Doch sei nicht mit dem notwenigen Beweisgrad nachgewiesen, dass der Versicherte während mindestens eines Jahres in rentenbegründendem Mass arbeitsunfähig gewesen sei.
Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer am 27. Juni 2017 (Datum: Poststempel) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und
beantragte sinngemäss, die Verfügung vom 6. Juni 2017 sei aufzuheben und es sei ihm bei einem IV-Grad von 70% eine ganze Rente zuzusprechen (BVGer act. 1). Der Beschwerde liegen die Kopie seines Behindertenpasses, ein undatiertes Sachverständigengutachten (Begutachtungszeitpunkt 20. Februar 2017) und vier Arztberichte bei. Mit Eingabe vom 17. Juli 2017 gelangten im Weiteren ein Bescheid des österreichischen Arbeitsmarktservices vom 13. Juli 2017 und ein Bescheid der österreichischen Pensionsversicherung vom 4. Juli 2017 zu den Akten (BVGer act. 4).
Am 25. Juli 2017 bezahlte der Beschwerdeführer den auf Fr. 800.- angesetzten Kostenvorschuss durch Überweisung von Fr. 812.34 bei der Gerichtskasse ein (BVGer act. 2, 5). Am 27. Juli 2017 bezahlte er zusätzlich Fr. 20.- bei der Gerichtskasse ein (BVGer act. 10).
In ihrer Vernehmlassung vom 14. September 2017 hielt die IVSTA an der angefochtenen Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde (BVGer act. 11).
In der Replik vom 20. November 2017 hielt der neu mandatierte Anwalt des Beschwerdeführers an den Beschwerdebegehren fest und beantragte, sämtliche Hinweise auf die erfolgte Observation sowie das entsprechende Gutachten aus den Akten zu weisen (BVGer act. 15).
Mit Duplik vom 10. Januar 2018 hielt die Vorinstanz an ihren Anträgen fest (BVGer act. 17).
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die eingereichten Unterlagen wird - soweit für die Entscheidfindung erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig (Art. 31, 32 und 33 Bst. d VGG; Art. 69 Abs. 1 Bst. b IVG [SR 831.20]). Der Beschwerdeführer ist als Adressat der angefochtenen Verfügung durch diese besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Abänderung, weshalb er zur Erhebung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 59 ATSG [SR 830.1]; Art. 48 Abs. 1 VwVG). Nachdem auch der Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet wurde, ist auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten (Art. 60 ATSG; Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
Anfechtungsobjekt und damit Begrenzung des Streitgegenstandes des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1) bildet die Verfügung vom 6. Juni 2017, mit der die Vorinstanz das Leistungsbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen hat. Streitig und vom Bundesverwaltungsgericht zu prüfen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine schweizerische Invalidenrente.
In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 143 V 446 E. 3.3; 139 V 335 E. 6.2; 138 V 475 E.
3.1). Deshalb finden die Vorschriften Anwendung, die spätestens beim Erlass der Verfügung vom 6. Juni 2017 in Kraft standen; weiter aber auch Vorschriften, die zu jenem Zeitpunkt bereits ausser Kraft getreten waren, die aber für die Beurteilung allenfalls früher entstandener Leistungsansprüche von Belang sind. Der neue Art. 43a ATSG (in Kraft seit 1. Oktober 2019) kommt vorliegend nicht zur Anwendung (vgl. E. 7.2 hiernach).
Das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verwaltungsverfügung (hier: 6. Juni 2017) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 132 V 215 E. 3.1.1). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein (BGE 121 V 362 E. 1b).
Der Beschwerdeführer ist Schweizer Staatsangehöriger und wohnt in Österreich. Damit gelangen das Freizügigkeitsabkommen vom 21. Juni 1999
(FZA, SR 0.142.112.681) und die Regelwerke der Gemeinschaft zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gemäss Anhang II des FZA, insbesondere die für die Schweiz am 1. April 2012 in Kraft getretenen Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 (SR 0.831.109.268.1) und Nr. 987/2009 (SR
0.831.109.268.11), zur Anwendung. Seit dem 1. Januar 2015 sind auch die durch die Verordnungen (EU) Nr. 1244/2010, Nr. 465/2012 und Nr. 1224/2012 erfolgten Änderungen in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten anwendbar. Das Vorliegen einer anspruchserheblichen Invalidität beurteilt sich indes auch im Anwendungsbereich des FZA und der Koordinierungsvorschriften nach schweizerischem Recht (vgl. BGE 130 V 253 E. 2.4; Urteil des BGer 9C_573/2012 vom 16. Januar 2013 E. 4).
Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Die Invalidität kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein (Art. 4 Abs. 1 IVG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG). Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten. Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt (Art. 6 ATSG).
Anspruch auf eine Invalidenrente haben gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG Versicherte, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wiederherstellen, erhalten oder verbessern können (Bst. a), während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind (Bst. b) und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind (Bst. c).
Bei der Beurteilung der Arbeits(un)fähigkeit stützen sich die Verwaltung und - im Beschwerdefall - das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Ärztliche Aufgabe ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Expertinnen und Experten begründet sind (BGE 134 V 231
E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Eine begutachtende medizinische Fachperson muss über die notwendigen fachlichen Qualifikationen verfügen (Urteil des BGer 9C_555/2017 vom 22. November 2017 E. 3.1 mit Hinweisen).
Zwar gilt für das gesamte Verwaltungsund Verwaltungsgerichtsverfahren der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, doch hat die Rechtsprechung in Bezug auf bestimmte Formen medizinischer Berichte und Gutachten Richtlinien für die Beweiswürdigung aufgestellt (vgl. BGE 125 V 351
E. 3b). So kommt den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Gutachten von externen Spezialärzten, welche aufgrund eingehender Beobachtungen und Untersuchungen sowie nach Einsicht in die Akten Bericht erstatten und bei der Erörterung der Befunde zu schlüssigen Ergebnissen gelangen, bei der Beweiswürdigung volle Beweiskraft zu, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (vgl. BGE 137 V 210 E. 2.2.2, BGE 135 V 465 E. 4.4, BGE 125 V 351 E. 3b/bb).
Berichte behandelnder Ärzte sind aufgrund deren auftragsrechtlichen Vertrauensstellung zum Patienten mit Vorbehalt zu würdigen. Dies gilt für den allgemein praktizierenden Hausarzt wie den behandelnden Spezialarzt (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 655/05 vom 20. März 2006 E. 5.4 m.H. auf BGE 125 V 351 E. 3b/cc). Allerdings dürfen auch die potentiellen Stärken der Berichte behandelnder Ärzte nicht vergessen werden, namentlich wenn sie wichtige - und nicht rein subjektiver ärztlicher Interpretation entspringende - Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (Urteil des BGer 9C_24/2008 vom 27. Mai 2008 E. 2.3.2 m.H.). Den Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärzte kommt ebenfalls Beweiswert zu, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen. Die Tatsache allein, dass der befragte Arzt in einem Anstellungsverhältnis
zum Versicherungsträger steht, lässt nicht schon auf mangelnde Objektivität und auf Befangenheit schliessen. Es bedarf vielmehr besonderer Umstände, welche das Misstrauen in die Unparteilichkeit der Beurteilung objektiv als begründet erscheinen lassen (BGE 135 V 465 E. 4.4 m.H. auf 125 V 351 E. 3b/ee).
Eine direkte Leistungszusprache einzig gestützt auf die Angaben der behandelnden Ärztinnen und Ärzte (z.B. Hausärzte oder Spezialärztinnen) kommt im Beschwerdeverfahren kaum in Frage, zumal deren Berichte in der Regel nicht die materiellen Anforderungen an ein Gutachten erfüllen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte stehen in einem auftragsrechtlichen Verhältnis zur versicherten Person und haben sich in erster Linie auf die Behandlung zu konzentrieren. Bei der Würdigung ihrer Berichte hat das Gericht sowohl dem Unterschied zwischen Behandlungsund Begutachtungsauftrag wie auch der Erfahrungstatsache, dass Hausärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung im Zweifelsfall eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen, Rechnung zu tragen (BGE 135 V 465 E. 4.5). Der Umstand allein, dass eine Einschätzung von der Hausärztin oder dem Hausarzt stammt, darf jedoch nicht dazu führen, sie als von vornherein unbeachtlich einzustufen. Die einen längeren Zeitraum abdeckende und umfassende Betreuung durch behandelnde Ärztinnen und Ärzte bringt oft wertvolle Erkenntnisse hervor (Urteil des BGer 8C_278/2011 vom 26. Juli 2011 E. 5.3). Ihre Berichte können insbesondere geeignet sein, die Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit von versicherungsinternen medizinischen Stellungnahmen in Zweifel zu ziehen (BGE 135 V 465 E. 4.5).
Hingegen lässt es die unterschiedliche Natur von Behandlungsauftrag des therapeutisch tätigen (Fach-)Arztes einerseits und Begutachtungsauftrag des amtlich bestellten fachmedizinischen Experten andererseits nicht zu, ein Administrativoder Gerichtsgutachten stets in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden Ärzte zu anderslautenden Einschätzungen gelangen oder an vorgängig geäusserten abweichenden Auffassungen festhalten (SVR 2017 IV Nr. 49 [9C_338/2016] E. 5.5; Urteil des BGer 9C_654/2015 vom 10. August 2016
4.4; vgl. auch Urteil des BGer 9C_175/2018 vom 16. April 2018 E. 3.3.1). Anders verhält es sich, wenn die behandelnden Ärzte objektiv feststellbare Gesichtspunkte vorbringen, welche im Rahmen der Begutachtung unerkannt (oder ungewürdigt) geblieben und geeignet sind, zu einer abweichenden Beurteilung zu führen (SVR 2017 IV Nr. 49 [9C_338/2016] E. 5.5;
SVR 2008 IV Nr. 15 [I 514/06] E. 2.1.1; Urteile des BGer 9C_793/2016 vom 3. März 2017 E. 4.1.2; 9C_353/2015 vom 24. November 2015 E. 4.1).
Die Vorinstanz stützte sich bei ihrer Auffassung, dass keine rentenbegründende Invalidität vorliege, massgeblich auf die bidisziplinäre Expertise, die sich aus dem psychiatrischen Teil-Gutachten vom 23. Januar 2017 von Dr. H. samt neuropsychologischer Beurteilung vom 16. Dezember 2016 und dem rheumatologisch-orthopädisches Gutachten von Dr. I. vom 27. Januar 2017 zusammensetzt (Vorakten 300, 301 und 303). Die genannten Gutachten sowie die versicherungsinterne Stellungnahme der IV-Ärztin Dr. G. vom 15. Februar 2017 (Vorakten 304) berücksichtigten die Ermittlungsund Observationsberichte vom 19. Februar 2015 (Vorakten 191). Zur Observation führte die Vorinstanz vernehmlassungsweise an, der Beschwerdeführer sei weder einer systematischen noch einer ständigen Überwachung ausgesetzt gewesen, sondern habe einen relativ geringen Eingriff in seine Grundrechte erlitten. Die Zweifel an den behaupteten invalidisierenden Leiden hätten einen hinreichenden Anfangsverdacht und ein erhebliches Interesse der IV ergeben, unrechtmässige Leistungsbezüge abzuwenden. Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Bericht des J. vom 23. Juni 2017, in welchem ein Zustand nach Diskusprolaps LWS 4/5 dokumentiert sei, vermöge am Ergebnis nichts zu ändern, da die Rückenproblematik im rheumatologisch-orthopädischen Gutachten hinreichend berücksichtigt worden sei. Das ebenfalls eingereichte österreichische Sachverständigengutachten des Allgemeinmediziners Dr. K. vom 20. Februar 2017 sei aufgrund der Facharztrichtung und mangels Übertragbarkeit auf das System in der Schweiz nicht geeignet, das bidisziplinäre Gutachten in Zweifel zu ziehen. Da bereits in der Vergangenheit ein Verdacht auf Aggravation bestanden habe, vermöchten auch die mittlerweile intensive psychiatrische Therapie (stationärer Aufenthalt in der Erwachsenenpsychiatrie J. vom 3. April 2017 bis zum 23. Juni 2017) und die Einschätzung der behandelnden Ärzte am vorliegenden Beweisergebnis nichts zu ändern. Der Beschwerdeführer blicke zwar auf eine lange und oft sicherlich schmerzhafte Krankengeschichte zurück, doch sei nicht rechtsgenüglich erstellt, dass er in seiner angestammten Tätigkeit in der Versicherungsbranche kein rentenausschliessendes Einkommen mehr erzielen könne.
Hiergegen macht der Beschwerdeführer geltend, in Österreich habe man einen IV-Grad von 70% festgestellt, weshalb dieser auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen sei. Er sei aufgrund schwerer Depressionen fast zwölf Wochen lang stationär behandelt worden. In der Schweiz habe er keinen Scheinwohnsitz gehabt, da er dort Steuern bezahle. Unter Medikamentenund Alkoholeinfluss habe er damals weniger Schmerzen verspürt, nunmehr habe er sich in eine Entzugsklinik begeben. Die Klinik, in der er den Entzug gemacht habe, wie auch eine Rehalklinik in Deutschland, hätten ihm schwere Depressionen attestiert. Die IV habe zudem die Rückenproblematik übersehen. Replikweise führte er aus, die Observationsergebnisse seien samt dem darauf basierenden bidisziplinären Gutachten aus den Akten zu weisen (BVGer act. 15). Die Observation habe nicht im öffentlichen Raum, sondern an seiner Wohnadresse beziehungsweise an der Wohnadresse seiner Ehefrau stattgefunden und gründe auf einem lediglich behaupteten anonymen Hinweis. Das widerrechtlich gesammelte Material sei sohin nicht verwertbar. Vielmehr sei auf das Gutachten des D. vom 20. Dezember 2011 abzustellen. Jenes stünde im Widerspruch zu den Ergebnissen des bidisziplinären Gutachtens vom
23. Januar 2017. Letzteres sei auch nicht mit den Berichten der behandelnden Ärzte und nicht mit dem Bericht von Dr. L. vom 31. März 2016 in Einklang zu bringen. Aufgrund der grossen Widersprüche zwischen den Berichten der behandelnden Ärzte und dem bidisziplinären Gutachten vom Januar 2017 sei ein neutrales Gutachten einzuholen. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer begebe sich nur in psychiatrische Behandlung, um die Ärzte von seinen Leiden zu überzeugen, sei absurd, da die IV-Stelle nach Vorliegen des (D. ) Gutachtens vom 20. Dezember 2011 gerade derartige Therapien im Sinne einer Schadensminderungspflicht verlangt habe.
In den folgenden Erwägungen ist zunächst die strittige Verwertbarkeit der Observationsergebnisse zu prüfen (E. 7), danach ist auf die Beurteilung der medizinischen Akten einzugehen (E. 8 und 9).
Im Dezember 2014 erteilte die IV-Stelle der Firma F. einen Auftrag zu Ermittlungen (Vorakten 177). Die Observationsunterlagen bestehen aus einem schriftlichen Ermittlungsbericht vom 19. Februar 2015 einschliesslich der Observationsberichte und zweier Fotodokumentationen sowie zweier DVDs mit tonlosen Videoaufnahmen. Aus den Observationsberichten ergibt sich, dass zunächst die Suche nach dem Versicherten im Zeitraum vom 19. Dezember 2014 bis zum 16. Januar 2015 in der Schweiz erfolglos verlaufen ist (Vorakten 191). Auf mündlichen Auftrag der IV-Stelle hin führte die Firma F. sodann von 16. bis 18. Januar 2015 vier
Kontrollen an der Wohnadresse der Ehefrau in ( ) durch (vgl. Aktennotiz vom 9. Januar 2015, Vorakten 180). Am 18. Januar 2015 beobachtete der Observant, wie der Versicherte vor dem Haus aus einem Wagen stieg und zur Haustüre ging. Dies wurde auf Seite 10 in der Fotodokumentation der Observationsunterlagen bildlich festgehalten (Vorakten 191, letzte Seite). Am 26. Januar 2015 stellte die IV-Stelle ein Gesuch an die Grenzwacht, ihr die Grenzübertritte des Versicherten zu melden. Nach einer Mitteilung der Grenzwacht vom 9. Februar 2015 nahm die Firma F. auf Ersuchen der IV-Stelle am Grenzübgergang ( ) videotechnische Aufzeichnungen vor. Die Observation dauerte laut Ermittlungsbericht insgesamt zweieinhalb Stunden.
Bei den Akten liegen auch zwei DVDs mit Videoaufzeichnungen. Die erste datiert vom 9. Februar 2015 und trägt die Aufschrift «Observation», die zweite stammt vom 10. März 2015, mit der Aufschrift «Xy. ».
Die kurze Videosequenz auf der DVD mit dem Titel «Xy. » vom
10. März 2015 wurde im Innenbereich eines Gebäudes (Gang) aufgezeichnet. Gezeigt werden mehrere Personen, die dem Gang entlanggehen beziehungsweise dort stehen.
Bei der Aufzeichnung vom 9. Februar 2015 handelt sich um einen Zusammenschnitt mehrerer Szenen. In der ersten hantierten der Beschwerdeführer und ein Beamter des Grenzwachtkorps (GWK) mit Kisten im Kofferraum eines Vans. Dabei hob der Beschwerdeführer den rechten Fuss an und stemmte sich unter Belastung seines linken Beins gegen eine Kiste, um diese in den Kofferraum zurückzuschieben. In einer weiteren Szene ging der Beschwerdeführer leicht hinkend zu einem Wagen des GWK. In einer weiteren Szene sieht man ihn leicht hinkend zu einem Gebäude gehen. In der nächsten Aufnahme sieht man, wie der Beschwerdeführer ohne Beeinträchtigung eine Strasse entlanggeht. Nach drei Minuten überquerte er diese an einer Ampel und legte den letzten Meter im Laufschritt zurück. Danach ging er vor einer Hauseinfahrt wartend hin und her und telefonierte. Dabei stieg er mit dem rechten Fuss unter Belastung des linken Beins prüfend in den Schnee. In einer weiteren Szene sieht man ihn bei Belastung des linken Beines stark hinkend eine befahrene Strasse entlanggehen, das deutliche Hinken liess nach kurzer Zeit wieder nach.
Im Grundsatzurteil BGE 143 I 377 hat das Bundesgericht - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR - entschieden, dass Art. 59
Abs. 5 IVG (welche Bestimmung den IV-Stellen «zur Bekämpfung des ungerechtfertigten Leistungsbezugs» den Beizug von Spezialisten erlaubt) für den Bereich der Invalidenversicherung keine ausreichende gesetzliche Grundlage begründe, welche die Observation umfassend klar und detailliert regeln würde (vgl. jedoch nunmehr den mit Volksabstimmung vom 18. November 2018 eingeführten Art. 43a ATSG, in Kraft seit 1. Oktober 2019). Folglich fehle es in der Invalidenversicherung - gleichermassen wie im Unfallversicherungsrecht - an einer genügenden gesetzlichen Grundlage, welche die verdeckte Überwachung umfassend klar und detailliert regle. An der in BGE 137 I 327 publizierten Rechtsprechung könne daher nicht weiter festgehalten werden. Obwohl Art. 59 Abs. 5 IVG keine ausreichende gesetzliche Grundlage für Observationen in der Invalidenversicherung darstellte, bejahte das Bundesgericht die Verwertbarkeit von rechtswidrig erlangtem Observationsmaterial mit Blick auf das überwiegende öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Versicherungsmissbrauchs, vorausgesetzt dass die versicherte Person nur im öffentlichen Raum überwacht und nicht beeinflusst, die Observation aufgrund ausgewiesener Zweifel eingeleitet und die versicherte Person keiner systematischen oder ständigen Überwachung ausgesetzt wurde (vgl. BGE 143 I 377 E. 5.1.2; BGer 8C_239/2008 vom 17. Dezember 2009 E. 6.3 und 6.4; 8C_192/2017 vom
25. August 2017 E. 5.4.3.2 und E. 5.4.3.3 sowie 9C_385/2017 vom 21. Au-
gust 2017 E. 3.2 und E. 3.3).
Demnach ist bei Observationen dann von einem absoluten Verwertungsverbot auszugehen, wenn es sich um Beweismaterial handelt, das im nicht öffentlich frei einsehbaren Raum zusammengetragen wurde (BGE 143 I 377 E. 5.1.3, BGer 8C_837/2018 vom 15. Mai 2019 E. 8).
In Bezug auf den Antrag des Beschwerdeführers, die Observationsergebnisse seien aus den Akten zu weisen, ist Folgendes festzuhalten:
Die IV-Stelle hat die Observation auf der Grundlage ausgewiesener Zweifel über die Leistungsfähigkeit des Versicherten eingeleitet. Diese beruhten - entgegen der Vorbringen des Beschwerdeführers - nicht allein auf einem anonymen Hinweis, sondern auch auf den Diskrepanzen in seinen Angaben, die sich aus den polydisziplinären Gutachten ergeben haben. So hat der Beschwerdeführer anlässlich der psychiatrischen Begutachtung im E. widersprüchliche Angaben zum Tagesablauf und zum sozialen Rückzug gemacht. Die IV-Ärztin hat daraufhin in der Stellungnahme vom
2. Dezember 2014 nachvollziehbare Zweifel am dargestellten Ausmass der
Beschwerden festgehalten (Vorakten 172, vgl. E. 8.10 hiernach). Die Einleitung der Observation im Rahmen des Abklärungsverfahrens ist daher nicht zu beanstanden.
Zur DVD «Xy. », aufgenommen in einem Gang innerhalb eines Gebäudes ( ), ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil C-1167/2016 vom 23. Januar 2018 E. 6.6.3.3 entschieden hat, dass Beobachtungen und Aufnahmen im Wartebereich einer IV-Stelle, selbst wenn diese im Einvernehmen mit der IV-Stelle entstehen, einem absoluten Verwertungsverbot unterliegen. Da die Videoaufzeichnung
«Xy. » vom 10. März 2015 nicht in einem öffentlichen oder öffentlich frei einsehbaren Raum stattgefunden hat, besteht bezüglich des Datenträgers «Xy. » ein absolutes Verwertungsverbot. Die DVD mit dem Titel «Xy. » ist daher aus den Akten zu weisen.
Der Beschwerdeführer rügt im Weiteren, die Observationen an seiner Wohnadresse und am Wohnort seiner Ehefrau. Diese hätten nicht im öffentlichen Raum stattgefunden, weshalb das gesammelte Material aus dem Recht zu weisen sei. Nach Durchsicht der Akten kommt das Gericht zum Schluss, dass sich die ergebnislosen Kontrollen an der Wohnadresse des Beschwerdeführers in der Schweiz auf den öffentlichen Raum beschränkten, nämlich auf die Beobachtung des Hauses an zwei Tagen für die Dauer von fünf bis sechs Stunden, wobei der Versicherte jeweils nicht angetroffen werden konnte und die Observation abgebrochen werden musste. Es liegt unter diesem Gesichtspunkt nach der Rechtsprechung kein absolutes Verwertungsverbot vor. Im Weiteren zeigt die Dokumentation den Beschwerdeführer am Wohnort der Ehefrau vor einer Haustüre, die sich in einem öffentlich einsehbaren Bereich befindet. Die dabei entstandenen Bilder zeigen sohin unbeeinflusste Handlungen des Versicherten im öffentlichen Raum, es liegt kein absolutes Verwertungsverbot vor. Der Versicherte war dabei weder einer systematischen noch einer ständigen Überwachung ausgesetzt und erlitt in dieser Hinsicht einen relativ geringen Eingriff in seine grundrechtliche Position. Diesen Aspekten ist das erhebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung des Versicherungsmissbrauchs gegenüberzustellen (vgl. BGE 143 I 377 E. 5.1.2, BGer 8C_239/2008 vom 17. Dezember 2009 E. 6.4).
Im Observationsbericht und in den Aufzeichnungen vom 9. Februar 2015 (Vorakten 191, Observationsberichte von Seiten 3 - 6, Bilder der Fotodokumentation Seiten 1 bis 9 und DVD) dokumentierte die Firma
Handlungen des Versicherten, die im öffentlichen Raum wahrnehmbar waren. Nach der ergebnislosen Suche nach dem Versicherten im Zeitraum vom 19. Dezember 2014 bis zum 10. Januar 2015 sowie nach den erfolglosen fünfbis sechsstündigen Beobachtungen seiner Wohnadresse vom 13. und vom 16. Januar 2015, hatte die Firma F. am 9. Februar 2015 eine Observation samt videotechnischer Aufzeichnung in der Dauer von insgesamt zweieinhalb Stunden vorgenommen.
Um dies zu ermöglichen, hat die IV-Stelle am 23. Januar 2015 beim Grenzwachtkorps (GWK) ein Gesuch um Automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV) eingereicht (Vorakten 183). Begründend führte sie an, es bestehe der dringende Verdacht auf Betrug (Art. 146 StGB
i.V.m. Art. 22 StGB) zum Nachteil der IV, weshalb das GWK eine diskrete Kontrolle mittels Anhaltung vornehmen und die IV-Stelle unverzüglich informieren solle, um weiterer Anordnungen seitens der IV-Stelle entgegenzunehmen. Der Observateur berichtete, dass der Versicherte von den Beamten des GWK Anordnungen erhielt: «In der Folge wurde er angewiesen, eine der grossen Schachteln herauszunehmen, wobei ihm aufgrund der Schwere der Schachtel und damit sie auf der einen Seite nicht zu Boden knallte, von einem Beamten geholfen wurde. Daraufhin schob (der Versicherte) die Schachtel ins Fahrzeug zurück und musste sich wieder in die Räumlichkeiten des Zollamtes begeben. Nach einiger Zeit verliess er erneut das Zollamt und wurde von zwei Beamten des Grenzwachtkorps mit deren Fahrzeug zum Polizeiposten gebracht. Sein Fahrzeug musste er beim Zollamt zurücklassen» (Vorakten 191, Ermittlungsbericht S. 4 f. und Observationsbericht S. 3 ff.). Die Hälfte des Bildmaterials der Observation vom 9. Februar 2015 zeigt den Beschwerdeführer im Beisein von Beamten beim Ausund Einladen, Gehen, Treppensteigen zum Polizeiposten, usw. (Vorakten 191).
Das GWK betreibt das AFV-System auf der Basis von Art. 108 des Zollgesetzes (SR 631.0) und der Verordnung über den Einsatz von Bildaufnahme-, Bildaufzeichnungsund anderen Überwachungsgeräten durch die Eidgenössische Zollverwaltung (SR 631.053). Im Rahmen der Amtshilfe hat die Kantonspolizei die Möglichkeit, Fahndungsgesuche an das GWK zu stellen (vgl. Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Kanton C. und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vertreten durch das Finanzdepartement über die Zusammenarbeit zwischen der Kantonspolizei C. und dem Grenzwachtkorps bzw. der Eidgenössischen Zollverwaltung [nachfolgend: Verwaltungsvereinbarung] und die Delegations matrix kantonaler Aufgaben, https://www.ezv.admin.ch/ezv/de/home/dokumentation/rechtsgrundlagen/verwaltungsvereinbarungen-mit-kantonen.html#35113058 8, abgerufen am 6. Dezember 2019). Dem AFV-Gesuchformular ist zu entnehmen, dass ein Verbrechen, Vergehen oder eine vermisste Person Voraussetzung für die Fahndungsanfrage und die Unterschrift eines Polizei-Offiziers erforderlich ist (Vorakten 183). Im vorliegenden Fall wurde das Gesuch mit unleserlicher Unterschrift i.V. (in Vertretung) des Prozessleiters Bekämpfung Versicherungsmissbrauch der kantonalen IV-Stelle unterschrieben und nicht von einem Offizier der Kantonspolizei. In der Delegationsmatrix der Eidgenössischen Zollverwaltung sind im Weiteren folgende Aufgabenbereiche des Kantons C. aufgelistet: Vollzug gemäss Auftrag Fahndungstreffer, Migration, Fälschungen, Betäubungsmittel, Waffen, Strassenverkehr, Grenzpolizeiliche Aufgaben, Schifffahrtspolizei, Jagd & Fischerei. Keiner dieser Aufgabenbereiche obliegt der kantonalen IV-Stelle. Dem AFV-Gesuch der IV-Stelle sowie dem anschliessenden Erteilen von Anordnungen an das Grenzwachtkorps fehlt die rechtliche Grundlage. Es ist auch nicht weiter dokumentiert, welche Massnahmen das Grenzwachtkorps auf Anordnung der IV-Stelle gesetzt hat. Aus dem Observationsbericht geht hervor, dass der Versicherte die Anweisungen der Beamten des Grenzwachtkorps ausführte und dabei gefilmt wurde (Vorakten 191, S. 4 und 5). Aufgrund des AFV-Gesuchs und der anschliessenden Videoaufzeichnung im Rahmen der Observation ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das dokumentierte Verhalten des Versicherten nicht unbeeinflusste Handlungen zeigt, sondern Handlungen, welche ihm von uniformierten Beamten des Grenzwachtkorps nach verdeckter Anordnung der IV-Stelle aufgetragen wurden. Observiert werden dürfen aber nur unbeeinflusste Handlungen, weshalb es im vorliegenden Fall an einer Voraussetzung für die Verwertbarkeit des Observationsmaterials fehlt (vgl. E. 7.2 hiervor).
Nach dem Gesagten dokumentierte die Firma F. im Observationsbericht und in den Aufzeichnungen vom 9. Februar 2015 beeinflusste Handlungen des Versicherten. Daher ist der Ermittlungsbericht vom
19. Februar 2015 einschliesslich der Observationsberichte samt Fotodokumentation und der Videoaufnahme vom 9. Februar 2015 nicht in die medizinischen Abklärungen und die Beweiswürdigung mit einzubeziehen (vgl. BGE 143 I 377 E. 5.1.2). Weiterhin berücksichtigt werden kann hingegen die letzte Seite des Berichts, welche die Bilder an der Wohnadresse der Ehefrau zeigt (vgl. BGer 8C_239/2008 vom 17. Dezember 2009 E. 6.4).
Aus den im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung des Rentenanspruchs eingeholten medizinischen Akten ergibt sich im Wesentlichen Folgendes:
Nach einer Kreuzbandplastik im Jahr 1989 sind mehrere chirurgische Eingriffe am linken Knie und die Ausbildung einer Pangonarthorse dokumentiert, die mit Implantation einer Knietotalprothese (2006) und einem Kniescheibenersatz (2007) behandelt wurde (vgl. statt vieler: Berichte der behandelnden Orthopäden und Chirurgen, Dr. M. vom 30. März 2006 sowie Spital N. , Orthopädische Chirurgie, vom 20. November 2006 und vom 13. Juni 2007 [Vorakten 19, 28 und 32]; Berichte der Orthopädie, Klinik O. im Zeitraum vom 13. September 2007 bis zum 13. Mai 2008 [Vorakten 35, 38, 43, 46, 47]). Zu den chronifizierten Kniegelenksbeschwerden trat eine Rückenschmerzproblematik hinzu. Aus den Unterlagen geht hervor, dass der Beschwerdeführer mit einer OpioidTherapie, physiotherapeutischen Massnahmen und psychotherapeutischer Unterstützung behandelt wurde (vgl. Schmerzzentrum Spital P. vom 8. September und 28. Oktober 2008, Vorakten 60 und 70). Das psychosomatische Konsilium der Rehaklinik Q. vom 26. November 2008 ergab ein dysphorisch-depressives Zustandsbild mit histrionischer Schmerzverarbeitung und erheblichem Opioidkonsum (ICD 10 F32.1, F11.1); aufgrund der psychischen Problematik bestehe volle Arbeitsunfähigkeit (vgl. Kurzbericht und Austrittsbericht der Rehaklinik Q. vom 1. und 2. Dezember 2008, Vorakten 77). Es folgten mehrere Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken, mit den Diagnosen depressive Störung, Schmerzverarbeitungsstörung und akzentuierte Persönlichkeitszüge (vgl. E. 8.4 hiernach). Zwischen 6. November 2015 und 25. März 2016 wurde der Beschwerdeführer infolge eines Chondrosarkoms Grad I und aufgrund von Komplikationen (Infekt) insgesamt dreimal operiert (vgl.
E. 8.5 hiernach).
Neben den bereits erwähnten, in den Akten dokumentierten Kniebeschwerden (vgl. E. 8.2 hiervor) liegt zur geltend gemachten Rückenproblematik primär folgender spezialärztlicher Behandlungsbericht bei den Akten:
Kurzaustrittsbericht, Spital R. , vom 22. Dezember 2012 (Vorakten 129), mit den Diagnosen
Lumboischialgie mit subjektiver Kraftminderung und Sensibilitätsstörung in beiden Beinen, MRT-BWS und LWS kleiner medianer Bandscheibenprolaps L5/S1 mit Kontakt zu Nervenwurzel S1, keine Kompression des Duralsacks
St. n. 16 Knieoperationen links o Beginnende Coxarthrose rechts o Allergische Rhinitis
Infektion der linken Hand
Explizit zur psychischen Problematik liegen folgende Unterlagen vor:
Der behandelnde Psychiater, Dr. S. , hielt im Bericht vom
1. Oktober 2012 eine rezidivierende depressive Störung, mittelgradige Episode, eine Schmerzverarbeitungsstörung bei Z.n. nach mehreren Eingriffen sowie akzentuierte Persönlichkeitszüge fest (Vorakten 112, 129)
Diverse psychotherapeutische Behandlungsbestätigungen und Abklärungen betreffend Auflagen (Vorakten 116, 129 - 131)
Berichte über Aufenthalte in der psychiatrischen Klinik T. :
Aufenthalt vom 19. August bis 23. September 2013 (Vorakten 137, Austrittsbericht), Diagnosen: mittelgradige depressive Episode, ohne somatisches Syndrom (F32.10), Störungen durch Opioide, Abhängigkeitssyndrom, ärztlich kontrollierte Abgabe (F11.22), V. a. somatoforme Schmerzstörung (F45.4)
Aufenthalt vom 29. April bis zum 11. Juni 2015 (Vorakten 210, 263) nach Zuweisung durch den Hausarzt aufgrund von zunehmenden depressiven Symptomen und täglichem Alkoholkonsum: neben den bereits genannten psychiatrischen Diagnosen wird neu eine Störung durch Alkohol, schädlicher Gebrauch, festgehalten (F10.1); im Weiteren Auflistung der somatischen Diagnosen, darunter BS Prolaps mit Nervenwurzelirritation, Binnenschädigungen des Kniegelenks, sonstige sekundäre Koxarthrose
Aufenthalt vom 2. September bis zum 27. Oktober 2015 im Krankenhaus U. , ( ), achtwöchige Entwöhnungstherapie,
Entlassungsdiagnosen: Alkoholabhängigkeitssyndrom, F10.2; mittelgradige depressive Episode, F32.10; Störungen durch Opioide, Abhängigkeitssyndrom, ärztlich kontrollierte Abgabe, F11.22; V.a. anhaltende somatoforme Schmerzstörung, F45.4; Bandscheibenprolaps, L5 S1 mit Nervenwurzelirritation S1, M54.47; St.p. Implantation einer Knie-TEP 2006 bei Gonarthrose mit Chondropatie Grad 3 bis 4; Z.n. Retopatellarersatz 12/07; Z.n. Arthroskopie mit Teilmeniskektomie und Mikrofrakturierung med. Patellagleitlager 1/05; Z.n. vorderer Kreuznandplastik mit Lig. Patellae und Teilmeniskektomie 3/90 bei Reruptur vorderes Kreuzband; St. p. Augmentationsplastik bei vorderem Kreuzband 3/89; Tabakabhängigkeit F17.2 (Vorakten 263)
Psychologische Diagnostik, Beratung und Behandlung bei Aufenthalt vom 28. November bis 19. Dezember 2015 in den Kliniken V. (Vorakten 258)
Aufenthalte vom 10. - 25. August und vom 6. Oktober bis zum 28.
November 2016 im Krankenhaus W. , Erwachsenenpsychiatrie (Vorakten 280 und 294)
Zum Hüftleiden liegen folgende Berichte der behandelnden Ärzte bei den Akten:
MRT rechte Hüfte, Befund vom 15. September 2015 (Vorakten 243)
Bericht der Nuklearmedizin vom 24. September 2015 und Röntgenbefund vom 8. Oktober 2015, Krankenhaus X. (Vorakten 244 - 246)
Stationärer Aufenthalt von 5. bis 19. November 2015 im Krankenhaus X. , Implantation Hüft-TEP rechts nach en-bloc-Resektion des Hüftkopfes und Schenkelhalses rechts bei Verdacht auf low-grade-Chondrosarkom des Schenkelhalses (Vorakten 260, 263)
Aufenthalt vom 28. November bis 19. Dezember 2015 in den Kliniken V. (Vorakten 258), Diagnosen: C40.2 Implantation Hüft TEP rechts vom 6.11., F32.9 Depression, F45.41 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren
Stationäre Behandlung vom 20. Januar bis 7. Februar 2016 im Krankenhaus X. , nach Hüftpunktion vom 20. Januar folgte am 25. Januar 2016 die Explantation der Totalendoprothese Hüfte rechts und Implantation eines Spacers am Hüftgelenk; Bericht vom
8. Februar 2016, mit den Diagnosen: low-grade Infekt Hüfte rechts bei Z. n. Hüft-TEP rechts am 6.11.15 (Chondrosarkom Grad I, Schenkelhals in toto reseziert), Mikrobiologie: Staph. Lugdunensis (Vorakten 259)
Stationärer Aufenthalt in der Rehaklinik Y. vom 6. März bis
27. März 2016 nach Reimplantation der H-TEP rechts (Vorakten 263)
Bericht vom 26. April 2016, Krankenhaus X. , Diagnosen:
Z.n. Hüfprothesen-Implantation rechts bei in toto Resektion eines Chondrosarkoms Grad I im rechten Schenkelhals, Z. n. Low-gradeInfekt der rechten Hüfte, mit Ausbau, Spacer-Implantation sowie Reimplantation am 24. Februar 2016; Verlaufskontrolle vom 13. Ap-
ril 2016 (Vorakten 268)
Verlaufskontrollen, Krankenhaus X. , Bericht vom 25. Mai 2016 und Befund Nuklearmedizin vom 30. Mai 2016 (Vorakten 263,
276)
Zusätzlich liegen folgende hausärztliche Berichte vor:
Diverse Berichte des Hausarztes Dr. Z. von 16. Dezember 2005 bis 30. April 2012 (Vorakten 14, 33, 37, 49, 68, 99, 109, 110)
Berichte des Hausarztes Dr. Aa. vom 5. Februar und vom
19. März 2013 (Vorakten 129)
Berichte des Hausarztes Dr. L. (Vorakten 241)
vom 28. Oktober 2015
Laborbefunde vom 15. Februar, 14. März und 11. April 2012 (Vorak-
ten 113)
Im Weiteren liegen vier Gutachten bei den Akten, wobei drei von der Vorinstanz eingeholt wurden (vgl. E. 8.8 - 8.11 hiernach) und ein weiteres vom Beschwerdeführer mit der Beschwerdeschrift vorgelegt wurde (E. 8.13).
Zwischen 6. und 8. September 2011 führten Experten des D. aus den Bereichen Allgemeine Medizin, Rheumatologie und Psychiatrie eine polydisziplinäre Begutachtung des Beschwerdeführers durch. In der Konsensbeurteilung vom 20. Dezember 2011 (Vorakten 101) hielten sie folgende Diagnosen fest:
Mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:
Chronisches Schmerzsyndrom linkes Knie
Status nach Implantation einer Knietotalprothese links am 19.10.2006 bei Gonarthrose
Status nach Retropatellarersatzprothese Knie links am 5.12.2007 o Status nach mehreren Eingriffen am linken Knie 1989 bis 2005 bei o Luxation des vorderen Kreuzbandes/Meniskusläsion
Lumboradikuläres Syndrom links
Im MRI LWS nachgewiesene mediolateral linksbetonte Discushernie L5/S1
Depressive Störung, gegenwärtig mittelschwere bis schwere Episode mit somatischem Syndrom
Akzentuierte neurotisch narzisstische und histrionische Persönlichkeits-
züge
Ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit
Psoriasis vulgaris
Die Gutachter befanden, der Versicherte sei aufgrund des linken Kniegelenkes in der Stehund Gehfähigkeit eindrücklich eingeschränkt. Hinzu kämen die Einschränkungen wegen des depressiven Leidens, beziehungsweise der Schmerzfehlverarbeitung, so dass die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auf 80% zu schätzen sei, der Beginn der Arbeitsunfähigkeit sei mit November 2005 festzulegen. Bezüglich des Knieleidens seien keine neuen Massnahmen vorzuschlagen, die laufende Psychotherapie/psychiatrische Behandlung solle aber auf unbestimmte Zeit weitergeführt werden. Die Blutspiegelbestimmung von Venlafaxin ergebe einen Wert weit unter dem therapeutischen Spiegel.
Die Fachärzte des E. hielten im polydisziplinären Gutachten vom 9. Oktober 2014 (Vorakten 166) aus den Bereichen der Allgemeinen Medizin, der Rheumatologie und Psychiatrie folgende Diagnosen fest:
Mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:
Chronisches ausgeprägtes Schmerzsyndrom am linken Kniegelenk mit Funktionseinschränkung und Muskelatrophie bei
Status nach Ruptur des vorderen Kreuzbandes links und Meniskusläsion 1989 mit anschliessend mehreren Kniegelenksoperationen, zuletzt Implantation einer Knietotalprothese am 19.10.2006 und Implantation einer Retropatellarersatzprothese links am 5.12.2007 (ICD 10 M 17.5)
Verdacht auf diskogene Kreuzschmerzen
Diskushernie LWK5/S1 und Chondrose LWK4/5 gmeäss MRI der LWS vom 23.8.2008 (ICD 10 M 54.5)
Mittelschwere depressive Störung (ICD 10 F 32.1)
Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit
Verdacht auf coxogene Leistenschmerzen rechts
o altersentsprechend normaler Röntgenbefund des rechten Hüftgelenkes am 22.1.2014 (ausser bekanntem Hämangiom am lateralen Schenkelhals rechts)
Klinische Hinweise auf eine Schmerzfehlverarbeitung
Akzentuierte Persönlichkeit (ICD 10 F73.1)
Aus rein rheumatologischer Sicht müsse aufgrund der ausgeprägten Schmerzhaftigkeit mit den deutlichen funktionellen Einschränkungen am linken Kniegelenk und der weiterbestehenden Atrophie im Sinne der permanenten Schonung und den zusätzlichen Kreuzschmerzen, die einen somatischen Kern haben dürften, eine vollständige Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit attestiert werden, die mit häufigen Aussendiensten verbunden gewesen sei. In einer adaptierten Tätigkeit mit selbstständigen Arbeiten könne aufgrund des klinischen Bildes trotzdem kaum mit einer höheren theoretischen Arbeitsfähigkeit als etwa 20% gerechnet werden, wobei zusätzlich von einer Leistungseinschränkung ausgegangen werden müsse. Diese Beurteilung versuche die klinischen Hinweise auf eine zusätzliche Schmerzfehlverarbeitung auszuklammern, trotzdem müsse aufgrund der klinischen Befunde speziell am linken Kniegelenk auch aus somatischer Sicht von einer hochgradigen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden.
Die psychiatrische Evaluation habe ergeben, dass der Versicherte aufgrund der depressiven Störung vermindert belastbar sei und längere Erholungsphasen benötige. Eine klar strukturierte Tätigkeit ohne Übernahme von Verantwortung und ohne Zeitdruck sei halbtags möglich, weshalb bei einer adaptierten Tätigkeit von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Diese Einschränkung bestehe seit der Beurteilung durch die Rehaklinik
Q.
im November 2008, wo ein ähnlicher Zustand beschrieben
werde. Der Medikamentenspiegel ergebe therapeutische Werte.
Gesamtmedizinisch sei festzuhalten, dass die ursprünglich ausgeübte selbständige Tätigkeit nicht mehr zumutbar sei. Auch in einer adaptierten selbständigen Tätigkeit bestehe eine Arbeitsunfähigkeit von 80%.
Die Aussagekraft der medizinischen Akten wurden vom RAD und von der IV-Ärztin Dr. G. über 20mal beurteilt. Zunächst schätzte der RAD die Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Gutachtens des D. vom Jahr 2011 auf 80% und empfahl Therapieauflagen. In der Stellungnahme vom 8. April 2014 kam der RAD zum Schluss, der Versicherte habe den Auflagen entsprochen, es habe sich jedoch keine Besserung der Arbeitsfähigkeit gezeigt. Es sei von einer Arbeitsunfähigkeit von 80% ab November 2005 auszugehen (vgl. Sachverhalt Bst. A.c und A.d; Vorakten 103, 128 und 154). Aufgrund der gesamten Umstände erachtete die IV-Stelle in der Folge die Einholung eines erneuten polydisziplinären Gutachtens beim
E.
für angezeigt, wobei Fragen zur Schmerzüberwindung, Be-
handlungsfrequenz und Medikamenteneinnahme zu stellen seien (vgl. Vorakten 155). Nach Vorliegen des E. -Gutachtens und nach einem anonymen Hinweis, der Versicherte bewege sich normal, Gehstöcke benütze er nur bei Arztbesuchen und Spitalaufenthalten, nahm die IV-Ärztin Dr. G. am 2. Dezember 2014 erneut zum medizinischen Dossier Stellung (Vorakten 172): Bei oberflächlicher Betrachtung der Aktenlage würden Funktionsdefizite und die persistierenden Schmerzen wie auch eine damit zusammenhängende depressive Stimmungslage nach mehreren operativen Eingriffen am Kniegelenk als plausibel erscheinen. Bei genauerer Betrachtung zeigten sich aber Diskrepanzen in den Aussagen des Versicherten zur Lebenssituation und zu den geltend gemachten massiven Einschränkungen. Es stelle sich die Frage, ob somatisch tatsächlich so ausgeprägte funktionelle Einschränkungen vorlägen, wie vom Versicherten angegeben. Im psychiatrischen Teilgutachten weise der Experte auf Widersprüche und eine aggravatorische Haltung hin, weshalb fraglich sei, ob die depressive Störung weiterhin höhergradig und mit relevanten Einschränkungen der Arbeitsunfähigkeit verbunden sei. Nach Eingang des Ermittlungsberichts vom 19. Februar 2015 nahm die IV-Ärztin am 24. Februar 2015 zum Observationsmaterial Stellung (Vorakten 196). Die Aufnahmen vom Grenzübergang zeigten einen recht aktiven Versicherten und liessen weder hinsichtlich der Mimik noch der Bewegungsabläufe auf invalidisierende Schmerzen schliessen. Die Bewegungsabläufe seien beim Ausund Einladen von Material flüssig, auch mit einer Last, die er in gebückter Haltung vom Boden aufhebe. Das Wiederaufrichten sei harmonisch. Das Gangbild sei bis auf diskrete Bewegungseinschränkungen des linken Beines, welche im Rahmen der postoperativen Veränderungen gut erklärbar
seien, normal. Dies auch initial an der Grenze, erst beim Gang zur Polizeiwache hinke er leicht, steige aber die Treppenstufen wechselbeinig hoch. Das demonstrative Verhalten mit situationsabhängigem Hinken werde später deutlich, nachdem das Hinken, teilweise stark ausgeprägt, an bestimmten Stellen einsetze und dann wieder nicht mehr zu beobachten sei. Das Hinken trete nicht belastungsabhängig sondern gezielt auf. Er benütze keine Gehhilfe. Insgesamt zeigten sich keine Anhaltspunkte für eine höhergradige Depression, invalidisierende Schmerzen und Einschränkungen vonseiten des operierten Kniegelenks, der Hüfte oder der Lendenwirbelsäule.
In der Folge veranlasste die IV-Stelle eine bidisziplinäre Begutachtung in den Fachbereichen der Rheumatologie (Dr. I. , Physikalische Medizin und Rehabilitation) und der Psychiatrie (Dr. H. , Psychiatrie und Psychotherapie). Sie stellte den Experten das Observationsmaterial zur Verfügung. Aus deren Konsensbeurteilung vom 23. Januar 2017 (Vorakten 303/63) ergeben sich folgende Diagnosen:
Mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:
Beklagte Ruhe-, Bewegungsund belastungsabhängige Schmerzen der Hüfte rechts bei/mit:
St. n. Hüftprothesen-Implantation rechts bei in toto-Resektion eines Chondrosarkoms Grad I im rechten Schenkelhals am 6.11.2015 (Resektion in sano)
St. n. low grade-Infekt der rechten Hüfte mit Ausbau, Spacer-Implantation sowie Re-Implantation am 24.2.2016 (Bericht Landeskrankenhaus 26.4.2016)
St. n. initialer Knieverletzung am 22.2.1989 mit mehreren nachfolgenden Knieoperationen, u.a. St. n. Patellaprothesen-Implantation, bezugsweise Operation Ende 2007; aktenanamnestisch insgesamt zwölf Knieoperationen
St. n. Implantation einer Knie-TEP links 19.6.2006 bei Gonarthrose und St. n. Voroperationen
Beklagtes lumbospondylogenes Schmerzsyndrom des gesamten linken Beins bei/mit
Aktenanamnestisch beschriebener, im MRI nachgewiesener media-lateral linksbetonter Diskushernie auf Höhe L5/S1
Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:
Arterielle Hypertonie unklarer Ätiologie
Aktenanamnestisch Psoriasis vulgaris
Anamnestisch Hypercholesterinämie (Hyperlipidämie)
Dysthymie (ICD 10 F34.1)
Zur Arbeitsfähigkeit hielten die Gutachter fest, sobald von Seiten der rechten Hüfte auf eine Vollbelastung übergegangen werden könne, sei der Versicherte für eine körperlich leichte, wechselbelastende Tätigkeit (Verhältnis Sitzen zu Gehen und Stehen 50:50) aus interdisziplinärer Sicht ganztags mit vermehrten Pausen von zwei Stunden bezogen auf einen Achtstundentag als arbeitsfähig zu erachten. Die bisherige Tätigkeit als Versicherungsagent würde einer solchen zumutbaren Arbeitstätigkeit entsprechen und sei für acht Stunden Präsenz mit zwei Stunden vermehrten Pausen, zusätzlich zu den üblichen Pausen pro Halbtag und einer Mittagszeit von einer halben Stunde, als zumutbar zu erachten.
Auf die Frage nach medizinischen Gründen, die einer sofortigen beruflichen Eingliederung entgegenstünden, führten die Gutachter aus, bis von Seiten der rechten Hüfte auf eine Vollbelastung übergegangen werden dürfe, sei vorübergehend höchstens eine überwiegend sitzende, wechselbelastende Tätigkeit während eines Halbtags mit einer üblichen Pause pro Halbtag möglich.
In ihrer Stellungnahme vom 15. Februar 2017 (Vorakten 304) hielt die IV-Ärztin Dr. G. , Fachärztin für Neurologie (vgl. Ärzteverzeichnis www.doctorfmh.ch, abgerufen am 21. Oktober 2019), fest, das Gutachten erweise sich in der Ableitung der Diagnosen und der sich daraus ergebenden Rückschlüsse auf die Arbeitsfähigkeit als widerspruchsfrei, schlüssig und nachvollziehbar. Die psychiatrische Diagnose einer Dysthymie sei ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit, lediglich die rheumatologisch-orthopädischen Diagnosen betreffend das Hüft-, Knieund Rückenleiden seien relevant. Aus psychiatrischer Sicht seien die Diagnosekriterien für eine depressive Episode nicht erfüllt, es bestünden Widersprüche, Inkonsistenzen und deutliche Hinweise auf eine Aggravation. Auch hätten die Observationsergebnisse laut Gutachter aufgezeigt, dass für eine Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung die über Jahre unverändert geklagten Einschränkungen nicht in dem Ausmass vorliegen würden. Die Rheumatologin habe nachvollziehbar festgehalten, dass eine abschliessende Funktionsbeurteilung aufgrund der nicht vollständig durchführbaren klinischen Untersuchung und der diskrepanten Angaben schwierig sei. Sie habe darauf hingewiesen, dass bereits aus der SUVA-Akte entnommen werden könne, dass bezüglich der Knieproblematik die subjektiv erheblichen Funktionseinschränkungen schlecht mit dem objektivierbaren Ausmass korrelierten. Es habe schon damals keine medizinische Notwendigkeit bestanden, zwei
Gehstöcke zu benützen. Auch wenn im Gutachten des D. 2011 ein radikuläres Syndrom S1 infolge der radiologisch festgestellten Diskushernie diagnostiziert worden sei, habe die aktuelle Gutachterin (auch aus neurologischer Sicht der IV-Ärztin zu Recht) betont, dass diese Diagnose bei nicht prüfbarem Lasège nicht gestellt werden könne. Weitere Diskrepanzen zwischen den Angaben des Versicherten und seinem Verhalten seien auch in Hinblick auf das E. -Gutachten erkennbar. In diesem Gutachten wurde der Versicherte trotz der bei der psychiatrischen Begutachtung beschriebenen Inkonsistenzen vor allem noch aus rheumatologischer Sicht als zu 80% arbeitsunfähig eingeschätzt. Der Versicherte, der angegeben habe, kein Auto lenken zu können, sei (später) in alkoholisiertem Zustand als Lenker angezeigt worden. Auch anlässlich eines Grenzübertritts hätten sich im von ihm gelenkten Fahrzeug keine Gehhilfen gefunden. Auch bezüglich des geltend gemachten Hüftleidens divergierten die Angaben des Versicherten mit den Beurteilungen der behandelnden Orthopäden vor allem in Bezug auf die erlaubte Belastung, das Bewegungsausmass und das Tragen der Orthese. Die bei der klinischen Untersuchung demonstrierte stark eingeschränkte Flexion der rechten Hüfte habe sich bei Spontanbewegungen (Anund Auskleiden) nicht gezeigt. Aufgrund der geschilderten Verdeutlichungstendenzen könne eine deutlich geringere Einschränkung angenommen werden, als vom Versicherten geltend gemacht worden sei. Gemäss der bidisziplinären Konsensbeurteilung sei der Versicherte für körperlich leichte wechselbelastende, 1/3 gehend, 2/3 sitzende Tätigkeiten einsetzbar und es sei ihm die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Versicherungsmakler zumutbar.
Im vom Beschwerdeführer mit Beschwerde vom 27. Juni 2017 vorgelegten Sachverständigengutachten (BVGer act. 1) hielt Dr. K. aufgrund der Begutachtung vom 20. Februar 2017 folgende Diagnosen fest:
Z.n. Chondrosarkom rechte Hüfte 2015, Resektion in toto (50%)
Depressive Störung mit psychotischen Symptomen, Z.n. stationärem Aufenthalt im Oktober 2016, aktuell keine zufriedenstellende Symptomverbesserung unter der laufenden medikamentösen Therapie, wöchentliche Sitzungen beim Psychiater sind notwendig (50%)
Z.n. Knie TEP links 2006, erhebliches Bewegungsdefizit mit dauerhaften Schmerzen bei Belastung, Krücke ist nötig, eingeschränkte Gehstrecke (40%)
Z.n. Hüft-Reimplantation rechts am 24. Februar 2016 bei Z.n. Low-GradeInfekt der rechten Hüfte bei Z.n. Hüft-TEP rechts November 2015 nach Resektion eines Chondrosarkoms der rechten Hüfte, Bewegungseinschränkung, Orthese bei längerer Gehstrecke nötig, eingeschränkte Gehstrecke (30%)
Chronische Lumbalgie, Z.n. Discusprolaps LWS 4/5 mit Parästhesien UEX bds., dauerhafte Schmerzen, Dauertherapie nötig (30%)
Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, dass beim Beschwerdeführer keine anspruchsrelevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorliegt, beziehungsweise ob sich der medizinische Sacherhalt als genügend abgeklärt erweist.
Im D. -Gutachten vom 20. Dezember 2011 und im E. - Gutachten vom 9. Oktober 2014 setzten sich die Experten eingehend mit der Entwicklung des Gesundheitszustandes seit November 2005 auseinander. Die einzelnen Teilgutachten beruhten auf allseitigen Untersuchungen, berücksichtigen die geklagten Beschwerden des Versicherten und wurden in Kenntnis der medizinischen Vorakten abgegeben. Wie zunächst die Stellungnahmen des RAD zum D. -Gutachten und die IV-interne Stellungnahme von Dr. G. zum E. -Gutachten nahelegten, erschienen die Darlegungen der medizinischen Zusammenhänge und die jeweils vorgenommene Beurteilung des Gesundheitszustands sowie der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auf den ersten Blick schlüssig sowie nachvollziehbar begründet. Für die Beweiskraft der beiden Gutachten wäre massgeblich, dass die Funktionseinschränkungen ausreichend und überzeugend dargelegt wurden. Dies ist nicht der Fall und zwar aufgrund der überzeugenden ärztlichen Einschätzung der IV-Ärztin betreffend die im medizinischen Dossier enthaltenen Hinweise auf eine Aggravation (vgl. Bericht vom 2. Dezember 2014, Vorakten 172). Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer sich nach Erstellung der beiden Gutachten wegen der Hüftbeschwerden wiederum mehreren Operationen unterziehen musste, die in den Gutachten noch nicht berücksichtigt werden konnten. Daher kann vorliegend in der Feststellung der Schwere und Ausprägung des Gesundheitsschadens nicht auf die Ergebnisse in den Gutachten des D. und des E. abgestellt werden (vgl. E. 5.4 hiervor).
Nach dem Gesagten ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - die Vornahme einer erneuten Beurteilung des Gesundheitszustands und Einschätzung der Arbeitsfähigkeit nicht zu beanstanden.
Die Beurteilung der Sache kann jedoch nicht auf der bidisziplinären Begutachtung von Dr. H. und Dr. I. sowie den Stellungnahmen der IV-Ärztin beruhen, welche die Observationsergebnisse berücksichtigen. Alle entsprechenden Stellungnahmen der IV-Ärztin (mit und ab der Stellungnahme vom 24. Februar 2015, Vorakten 196) sowie das bidisziplinäre Gutachten (Vorakten 300 - 303) sind aus dem Recht zu weisen. Aus dem Recht zu weisen ist im Weiteren auch die Konfrontation des Beschwerdeführers mit den Observationsergebnissen (Vorakten 198).
In der angefochtenen Verfügung blieben im Weiteren relevante Befunde und Diagnosen vollkommen unerwähnt. Die Vorinstanz hat die Chronologie, die sich aus dem medizinischen Dossier erschliesst (vgl. E. 8.4 und E. 8.5 hiervor), völlig ausser Acht gelassen. Sie ging davon aus, es sei trotz wechselhaften Verlaufs nicht genügend nachgewiesen, dass der Versicherte für die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähig gewesen sei. Demgegenüber liegt aber der bereits erwähnte Bericht des Krankenhauses U. im Recht, wonach der Beschwerdeführer sich dort von
2. September bis 27. Oktober 2015 wegen eines Entzugs aufgehalten habe. Unmittelbar danach hat er sich einer Hüftoperation unterzogen (stationärer Aufenthalt vom 5. bis 19. November 2015), daran anschliessend befand er sich für mehrere Wochen in den Kliniken V. und wurde nach Hüftpunktion vom 20. Januar 2016 erneut zweimal an der Hüfte operiert. Darauf folgte ein weiterer stationärer Aufenthalt in einer Rehaklinik (bis zum 27. März 2016). Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Sachverständigengutachten (Begutachtungszeitpunkt Februar 2017) weist auf ein zu 50% eingeschränktes Funktionsniveau wegen der rechten Hüfte hin. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich dabei um beachtliche Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer mehr als ein Jahr in IV-relevanter Weise arbeitsunfähig gewesen sein könnte. Da es die Vorinstanz unterlassen hat, den Sachverhalt in der Frage des Entzugs, der Belastbarkeit der Hüfte und der Remission vollständig abzuklären, bestehen erhebliche Unklarheiten betreffend den vorliegenden Gesundheitsschaden und die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit. Auf die versicherungsinterne Einschätzung kann mit Blick auf das Gesagte folglich nicht abgestellt werden und die Vorinstanz hätte weitere Abklärungen vornehmen müssen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorinstanzlichen Verfahren infolge unvollständiger Feststellung des rechtserheblichen medizinischen Sachverhalts (vgl. Art. 43 ff. ATSG und Art. 12 VwVG) entscheidwesentliche Aspekte vollständig ungeklärt geblieben sind. Da sich aus den medizinischen Akten somit kein lückenloses und einheitliches Bild der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit ergibt, hätte sich die Vorinstanz nicht ohne Weiteres auf den Bericht der IV-Ärztin abstützen dürfen. Die Vorinstanz ist im Weiteren gehalten, den Bericht des Krankenhauses U. in eine psychiatrische Begutachtung einfliessen zu lassen, um sich zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit äussern zu können.
Da somit keine sämtliche Leiden umfassende Untersuchung und allseitige Einschätzung der medizinischen Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers vorgenommen wurde, steht einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu weiteren Abklärungen nichts entgegen (vgl. BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4). Von der Einholung eines Gerichtsgutachtens oder Erhebung anderer Beweismassnahmen ist daher abzusehen. Die Beschwerde ist folglich insoweit gutzuheissen, als die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen ist. Die Vorinstanz ist anzuweisen unter Berücksichtigung der aktenkundiger Arztberichte sowie Beizug weiterer verfügbarer medizinischer Unterlagen - mit Ausnahme sämtlicher Dokumente, die auf die unverwertbaren Observationsergebnisse Bezug nehmen - eine fachärztliche, bidisziplinäre Begutachtung des Gesundheitsschadens sowie von dessen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit vorzunehmen. Je nach Diagnosestellung (Abhängigkeitssyndrom) wird auch allenfalls die neue Rechtsprechung des Bundesgerichts zu berücksichtigen sein (vgl. BGer 8C_245/2019 vom 16. September 2019), damit eine schlüssige Beurteilung im Lichte der massgeblichen Rechtsprechung möglich sein wird. Anschliessend hat die Vorinstanz neu zu verfügen (vgl. Art. 61 Abs. 1 VwVG).
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig (Art. 69 Abs. 1bis i.V.m. Art. 69 Abs. 2 IVG), wobei die Verfahrenskosten grundsätzlich der unterliegenden Partei auferlegt werden.
Dem obsiegenden Beschwerdeführer sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen, weshalb ihm der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 832.34 nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zurückzuerstatten ist. Der Vorinstanz
sind ebenfalls keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 2 VwVG).
Der obsiegenden Beschwerdeführer hat die Beschwerde ohne anwaltliche Vertretung erhoben, weshalb ihm hierfür keine unverhältnismässig hohen Kosten entstanden sind. Für die Einreichung der fünfseitigen Replik durch seinen Rechtsanwalt ist ihm hingegen eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 7 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Da keine Kostennote eingereicht wurde, ist die Entschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (vgl. Art. 14 Abs. 2 VGKE). Unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs, des gebotenen und aktenkundigen Aufwands, der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des vorliegend zu beurteilenden Verfahrens sowie in Anbetracht der in vergleichbaren Fällen gesprochenen Entschädigungen erscheint eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 2’800.- (inkl. Auslagen, ohne Mehrwertsteuer, vgl. Art. 1 Abs. 2 Bst. a MWSTG [SR 641.20] i.V.m. Art. 8 Abs. 1 MWSTG und Art. 9
Abs. 1 Bst. c VGKE) angemessen.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird insoweit gutgeheissen, als die angefochtene Verfügung vom 6. Juni 2017 aufgehoben wird und die Sache im Sinne der Erwägungen zur weiteren Abklärung und anschliessenden Neuverfügung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der vom Beschwerdeführer geleistete Kostenvorschuss von Fr. 832.34 wird ihm nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.
Dem Beschwerdeführer wird zu Lasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2’800.- zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde; Beilage: Formular Zahladresse)
die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Einschreiben)
das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Daniel Stufetti Anna Wildt
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG gegeben sind. Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
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