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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-3714/2018

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-3714/2018
Datum:24.07.2018
Leitsatz/Stichwort:Wegweisung und Wegweisungsvollzug (Beschwerde gegen Wiedererwägungsentscheid)
Schlagwörter : Beschwerde; Recht; Wiedererwägung; Verfügung; Beschwerdeführenden; Wegweisung; Wiedererwägungsgesuch; Bundes; Rechtsvertreter; Bundesverwaltungsgericht; Wegweisungsvollzug; Urteil; Abschreibung; Schweiz; Erfolgte; Begründung; Eingabe; Begründet; Abschreibungsbeschluss; Ersuchte; Gesuch; Russland; Akten; Wegweisungsvollzugs; Verfahren; Stehend; Vorinstanz; Entscheid
Rechtsnorm: Art. 35 VwVG ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 66 VwVG ; Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:136 II 177; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-3714/2018

U r t e i l  v o m  2 4.  J u l i  2 0 1 8

Besetzung Einzelrichterin Daniela Brüschweiler,

mit Zustimmung von Richter David R. Wenger; Gerichtsschreiberin Sandra Sturzenegger.

Parteien A. , geboren am ( ), und deren Kinder

  1. , geboren am ( ), C. , geboren am ( ), alle Russland,

    alle vertreten durch Klausfranz Rüst-Hehli, Beschwerdeführende,

    gegen

    Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

    Vorinstanz.

    Gegenstand Vollzug der Wegweisung

    (Beschwerde gegen Wiedererwägungsentscheid); Verfügung des SEM vom 21. Juni 2018 / N ( ).

    Sachverhalt:

    A.

    Die Beschwerdeführenden und ihr Ehemann respektive Vater (D. ) suchten erstmals am 26. April 2012 in der Schweiz um Asyl nach. Mit Verfügung vom 27. September 2012 lehnte das damalige Bundesamt für Migration (BFM) die Asylgesuche ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug an. Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde mit Urteil ( ) vom ( ) 2013 ab. Am ( ) 2013 kehrten die Beschwerdeführenden freiwillig nach Russland zurück.

    B.

    Am 3. August 2015 reisten die Beschwerdeführenden zusammen mit D. erneut in die Schweiz ein und suchten am 2. September 2015 zum zweiten Mal um Asyl nach. Mit Verfügung vom 9. Oktober 2015 lehnte das SEM die Asylgesuche wiederum ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug an. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil ( ) vom ( ) 2017 ab.

    C.

    Das SEM setzte den Beschwerdeführenden und D. daraufhin eine Ausreisefrist bis zum 26. Oktober 2017, welche sie ungenutzt verstreichen liessen.

    D.

    Der Beschwerdeführer B. gelangte mit einer als „Asylgesuch“ bezeichneten Eingabe vom 6. Februar 2018 an das SEM. Dieses nahm die Eingabe als Wiedererwägungsgesuch entgegen und trat darauf mit Verfügung vom 15. Februar 2018 nicht ein. Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil ( ) vom ( ) 2018 ab.

    E.

      1. Am 20. März 2018 reichten A. und D. beim SEM ein Wiedererwägungsgesuch (für ihre beinahe [ ] Tochter C. ) ein, und ersuchten um wiedererwägungsweise Feststellung der Unzulässigkeit, eventualiter der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in Abänderung der Verfügung vom 9. Oktober 2015. Gleichzeitig ersuchten sie um Anordnung eines Vollzugsstopps. Begründet wurde das Gesuch im Wesentlichen

        • unter Beilage eines Arztberichts vom 12. März 2018 - mit der (auf das

          Alter ihrer Tochter zurückzuführenden) Unaufschiebbarkeit eines chirurgischen Eingriffs ([ ]), der C. eine minimale ( ) verschaffen solle. Angesichts der bisherigen medizinischen Betreuung und ( ) sowie der unerlässlichen Folgemassnahmen nach erfolgtem chirurgischen Eingriff habe dieser im Sinne des Kindeswohls in der Schweiz zu erfolgen.

      2. Mit Schreiben vom 24. März 2018 machten die Beschwerdeführenden und D. ergänzende Ausführungen.

      3. Mit Zwischenverfügung vom 27. März 2018 hielt das SEM fest, der Vollzug der Wegweisung werde nicht ausgesetzt, da mit dem Vorbringen der Unaufschiebbarkeit einer ( ) keine konkrete Gefährdung von C. in ihrem Heimatstaat geltend gemacht werde. Gleichzeitig forderte es die Beschwerdeführenden und D. auf, innert zwei Wochen ab erfolgter Ausreise eine Zustelladresse im Ausland bekannt zu geben, wobei im Unterlassungsfall das Interesse an einem Endentscheid über das Wiedererwägungsgesuch als erloschen zu betrachten und dieses als gegenstandslos geworden abzuschreiben sei. Nach Angabe des rubrizierten Rechtsvertreters wurde diese Zwischenverfügung den Beschwerdeführenden nicht eröffnet.

      4. Am ( ) 2018 wurden die Beschwerdeführenden und D. mittels Sonderflug nach Russland überstellt.

      5. Mit internem Abschreibungsbeschluss vom 20. April 2018 schrieb das SEM das Wiedererwägungsgesuch vom 20. März 2018 als gegenstandslos geworden ab, da die gewährte Frist zur Mitteilung einer Zustelladresse nicht eingehalten worden sei.

    F.

    Mit Eingabe vom 4. Mai 2018 ersuchte der rubrizierte Rechtsvertreter das SEM - unter Einreichung nicht datierter Vollmachten - um Bekanntgabe des Verfahrensstands im Wiedererwägungsverfahren von C. und um Akteneinsicht. Das SEM informierte den Rechtsvertreter mit Schreiben vom 15. Mai 2018 über den erfolgten Abschreibungsbeschluss und gewährte ihm teilweise Akteneinsicht.

    G.

    Mit Faxschreiben vom 17. Mai 2018 ersuchte der Rechtsvertreter um Einsicht in weitere Aktenstücke und um Feststellung der Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzuges sowie Erteilung eines Einreisevisums für C. und deren Familie.

    H.

    Der Rechtsvertreter wandte sich mit zwei Faxschreiben vom 26. Mai 2018 (Datum Eingangsstempel: 28. Mai 2018) wiederum an das SEM und ersuchte dieses (erneut) um umgehende Erteilung eines Einreisevisums für

und deren Familie zwecks Durchführung des Wiedererwä-

gungsverfahrens.

I.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2018 gewährte das SEM dem Rechtsvertreter Einsicht in weitere Aktenstücke.

J.

Mit Faxschreiben vom 12. Juni 2018 ersuchte der Rechtsvertreter weiterhin um Einsicht in mehrere Aktenstücke und beantragte erneut die Erteilung eines Einreisevisums für die Beschwerdeführenden (D. sei verschwunden) sowie die Ausfällung eines rechtsmittelfähigen Entscheides zum Wiedererwägungsgesuch.

K.

    1. Das SEM nahm die zuvor genannten Eingaben des Rechtsvertreters der Beschwerdeführenden (Bst. G, H und J vorstehend) als Wiedererwägungsgesuch entgegen und schrieb dieses mit „internem Abschreibungsbeschluss“ vom 21. Juni 2018 als gegenstandslos geworden ab.

    2. Zur Begründung führte es an, der Rechtsvertreter habe in seinen Eingaben um Wiedererwägung der rechtskräftigen Verfügung infolge Wegweisungshindernissen (insb. eine in Russland angeblich nicht vorhandene medizinische Behandlung für C. und eine angeblich widerrechtliche Rückschaffung der Beschwerdeführenden, insb. von C. , welche dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes [KRK, SR 0.107] widersprochen habe) ersucht. Dabei werde vom Rechtsvertreter verkannt, dass die Beschwerdeführenden nach der rechtkräftigen Verfügung nach Russland rückgeschafft worden seien und der Wegweisungsvollzug damit durch die Rückschaffung der Beschwerdeführenden in ihr Heimatland konsumiert worden sei. Das Anfechtungsobjekt - namentlich die Wegweisungsvollzugshindernisse - sei mit der Ausreise der Beschwerdeführenden aus der Schweiz und deren Rückkehr in ihr Heimatland weggefallen. Rein begriffslogisch sei ein Wegweisungsvollzugshindernis nur denkbar, wenn sich die Person in der Schweiz befinde, was vorliegend nicht gegeben sei. Ausserdem sei es in der Schweiz rechtlich nicht vorgesehen, dass ein Wiedererwägungsgesuch aus dem Heimatstaat

(Ausland) gestellt werden könne. Des Weiteren sei die Begründung dieses zweiten Wiedererwägungsgesuchs dieselbe wie diejenige des abgeschriebenen ersten Wiedererwägungsgesuchs vom 20. März 2018, somit im Sinne von Art. 111b Abs. 4 AsylG (SR 142.31) wiederholt gleich begründet. Die Begründung decke sich auch mit den Vorbringen in den vorhergehenden Asylund Beschwerdeverfahren, welche durch das SEM und das Bundesverwaltungsgericht in den bisherigen Entscheiden entsprechend gewürdigt worden seien. Aus diesen Gründen sei das Wiedererwägungsgesuch wiederholt gleich begründet und als rechtlich gegenstandslos anzusehen.

L.

Mit Faxschreiben vom 21. Juni 2018 (Datum Eingangsstempel: 22. Juni 2018) gelangte der Rechtsvertreter erneut an das SEM.

M.

Mit Eingabe vom 25. Juni 2018 (Datum persönliche Abgabe: 27. Juni 2018) reichte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführenden beim Bundesverwaltungsgericht eine als Rechtsverweigerungsbeschwerde bezeichnete Eingabe ein und beantragte, es sei festzustellen, dass das SEM zu Unrecht das Wiedererwägungsgesuch vom 20. März 2018 nicht behandle, und die Vorinstanz sei anzuweisen, das genannte Gesuch unverzüglich an die Hand zu nehmen, insbesondere innert anzusetzender Frist über die beantragte vorsorgliche Massnahme zu befinden. Ferner sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und insbesondere von einem Kostenvorschuss abzusehen. Auf die Beschwerdebegründung, in welcher auch auf die Ausführungen im „internen Abschreibungsbeschluss“ vom 21. Juni 2018 Bezug genommen wird (vgl. ebenda Ziff. II.1), und die eingereichten Beweismittel wird - soweit für den Entscheid wesentlich - in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

N.

Mit Faxschreiben vom 23. Juli 2018 ersuchte der Rechtsvertreter um zügige Behandlung der Rechtsverweigerungsbeschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den

Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Nachdem gemäss Lehre und Praxis Wiedererwägungsentscheide grundsätzlich wie die ursprüngliche Verfügung auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg weitergezogen werden können, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig, soweit sie sich gegen einen Wiedererwägungsentscheid richtet. Es entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - so auch vorliegend - endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer anfechtbaren Verfügung kann, wie gegen die Verfügung selbst, Beschwerde geführt werden (Art. 46a VwVG; vgl. ferner BVGE 2008/15 E. 3.1.1; MARKUS MÜLLER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, Rz. 3 zu Art. 46a).

1.2

      1. Der (sinngemäss angefochtene) Entscheid des SEM vom 21. Juni 2018 wurde von diesem als „interner Abschreibungsbeschluss“ bezeichnet und enthält keine Rechtsmittelbelehrung (vgl. Art. 35 Abs. 1 VwVG). Dies gibt Anlass zur Prüfung, ob es sich bei diesem Entscheid um eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG und mithin um ein taugliches Anfechtungsobjekt handelt. Danach bestimmt sich sodann auch der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens (vgl. FELIX UHLMANN, in: Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, Art. 5 Rz. 4).

      2. Verfügungen sind Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten (Bst. a), die Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten (Bst. b), oder die Abweisung von oder das Nichteintreten auf entsprechende Begehren (Bst. c) zum Gegenstand haben (Art. 5 Abs. 1 VwVG). Schriftliche Verfügungen sind, auch wenn die Behörde sie in Briefform eröffnet, als solche zu bezeichnen, hinreichend zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (Art. 35 Abs. 1 VwVG). Die Behörde kann auf die Begründung und die Rechtsmittelbelehrung verzichten, wenn sie den Begehren der Parteien voll entspricht und keine Partei eine Begründung verlangt (Art. 35 Abs. 3 VwVG). Massgebend für die Frage, ob eine anfechtbare Verfügung vorliegt, ist nicht ihre Bezeichnung, sondern ihr tatsächlicher rechtlicher Gehalt (vgl. etwa Urteil des BGer 2C_721/2012 vom

        27. Mai 2013 E. 1.3 m.w.H.). Aus einer mangelhaften Eröffnung - darunter

        fallen zum Beispiel die unrichtige Bezeichnung und eine fehlende Rechtsmittelbelehrung - darf den Parteien kein Nachteil erwachsen (Art. 38 VwVG).

      3. Das SEM hat die Eingaben der Beschwerdeführenden vom 17. und

        26. Mai 2018 sowie vom 12. Juni 2018 als neues Wiedererwägungsgesuch entgegen genommen und dieses mit „internem Abschreibungsbeschluss“ vom 21. Juni 2018 unter Bezugnahme auf Art. 111b Abs. 4 AsylG (formlos) abgeschrieben. Eine formlose Abschreibung gemäss Art. 111b Abs. 4 AsylG fällt nicht unter den Verfügungsbegriff im Sinne von Art. 5 VwVG und ist grundsätzlich nicht beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (vgl. BVGE 2015/28 E. 3; vgl. auch BVGE 2016/17 E. 4.3 [betreffend die formlose Abschreibung gemäss Art. 111c Abs. 2 AsylG]).

        Das SEM hat den Abschreibungsbeschluss indes in erster Linie mit dem Wegfall des Anfechtungsobjektes infolge Ausreise der Beschwerdeführenden begründet. Lediglich als weitere Begründung hielt es fest, dass das Wiedererwägungsgesuch als wiederholt gleich begründet anzusehen sei, wobei sich die Frage stellt, ob angesichts der erfolgten Ausschaffung der Beschwerdeführenden in ihren Heimatstaat und dem angeblichen Verschwinden von D. nach der Rückkehr (vgl. Bst. J. vorstehend) das Wiedererwägungsgesuch tatsächlich als gleich begründet betrachtet werden kann. Diese Frage kann allerdings offen gelassen werden, da die Vorinstanz mit ihrer hauptsächlichen Begründung implizit zum Ausdruck bringt, dass sie es wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung ablehnte, das Wiedererwägungsgesuch der Beschwerdeführenden materiell zu prüfen, mithin darauf einzutreten. Unbesehen der falschen Bezeichnung und namentlich der fehlenden Rechtsmittelbelehrung ist der „interne Abschreibungsbeschluss“ vom 21. Juni 2018 daher als Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Bst. c VwVG zu qualifizieren.

      4. Es bleibt festzuhalten, dass angesichts der Eröffnung eines neuen Wiedererwägungsverfahrens, welches - nach dem vorstehend Ausgeführten - mit einem Nichteintretensentscheid und damit einer anfechtbaren Verfügung abgeschlossen wurde, keine Rechtsverweigerung durch das SEM ersichtlich ist. Auf die entsprechenden Anträge in der Rechtsmitteleingabe vom 25. Juni 2018 ist daher mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten (vgl. BVGE 2016/17 E. 3.3). Da die Rechtsmitteleingabe der Beschwerdeführenden - wie bereits erwähnt - auch auf die Verfügung des SEM vom 21. Juni 2018 und insbesondere auf die vorinstanzliche Argu-

mentation zum Wegfall des Anfechtungsobjektes infolge Ausreise der Beschwerdeführenden Bezug nimmt, ist sie als Beschwerde gegen diese Verfügung entgegen zu nehmen.

1.3 Die Beschwerdeführenden sind als Verfügungsadressaten zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die formgerecht eingereichte Beschwerde, die im Übrigen trotz fehlender Rechtsmittelbelehrung fristgerecht erfolgte, ist - unter Vorbehalt der vorstehenden Erwägung - einzutreten (Art. 108 Abs. 2 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.

Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das SEM ablehnt, ein Gesuch materiell zu prüfen, ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Gesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2011/9 E. 5).

4.

Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich vorliegend um eine solche, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).

Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

5.

    1. Das Wiedererwägungsverfahren ist im Asylrecht spezialgesetzlich geregelt (vgl. Art. 111b ff. AsylG). Ein entsprechendes Gesuch ist dem SEM innert 30 Tagen nach Entdeckung des Wiedererwägungsgrundes schriftlich und begründet einzureichen; im Übrigen richtet sich das Verfahren nach den revisionsrechtlichen Bestimmungen von Art. 66-68 VwVG (Art. 111b Abs. 1 AsylG).

      Das Wiedererwägungsgesuch bezweckt primär die Änderung einer ursprünglich fehlerfreien Verfügung an eine nachträglich eingetretene erhebliche Veränderung der Sachlage (vgl. BVGE 2014/39 E. 4.5 m.w.H.). Die Wiedererwägung ist nicht beliebig zulässig. Sie darf insbesondere nicht dazu dienen, die Rechtskraft von Verwaltungsentscheiden immer wieder infrage zu stellen oder die Fristen für die Ergreifung von Rechtsmitteln zu umgehen (vgl. BGE 136 II 177 E. 2. 1 sowie Urteil des BVGer E-1532/2014 vom 8. Mai 2014).

    2. Die frühere Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) hat in ihrem Urteil vom 19. April 2000 (EMARK 2000 Nr. 24) im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen einen Wiedererwägungsentscheid, dessen Gegenstand sich auf die Frage des Wegweisungsvollzuges beschränkte, festgehalten, dass grundsätzlich das aktuelle Rechtsschutzinteresse entfalle, nachdem die Wegweisung bereits vollzogen sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, beim Institut der vorläufigen Aufnahme handle es sich nicht um einen selbstständigen Rechtsoder Aufenthaltsstatus, sondern um eine Ersatzmassnahme an Stelle eines undurchführbaren (unzulässigen, unzumutbaren oder unmöglichen) Wegweisungsvollzuges. Sei demgegenüber eine verfügte Wegweisung bereits vollzogen worden, könnten sich Fragen betreffend allfälliger Ersatzmassnahmen für diesen - bereits erfolgten - Vollzug nicht mehr stellen (a.a.O. E. 2b). Verneint man somit die Zulässigkeit des Rechtsmittels mit Hinweis auf eine fehlende Prozessvoraussetzung, kann es konsequenterweise auch keinen Sinn machen, ein Wiedererwägungsgesuch nach vollzogener Wegweisung vor erster Instanz zuzulassen (vgl. Urteil des BVGer D-6505/2014 vom 30. Januar 2015 E. 7.4.2).

6.

    1. Vorliegend ist zunächst festzustellen, dass die am 28. März 2018 erfolgte Ausschaffung der Beschwerdeführenden in ihr Heimatland rechtmässig erfolgte. So stützte sich diese auf die rechtskräftige und vollstreckbare Verfügung vom 9. Oktober 2015. Das am 20. März 2018 bei der Vorinstanz anhängig gemachte Wiedererwägungsgesuch für C. ändert nichts an dieser Einschätzung, zumal die Einreichung eines Wiedererwägungsgesuches den Vollzug nicht hemmt (vgl. Art. 111b Abs. 3 Satz 1 AsylG). Das SEM - als zuständige Behörde - setzte den Vollzug sodann mit Zwischenverfügung vom 27. März 2018 nicht aus respektive stellte die aufschiebende Wirkung nicht her (vgl. Art. 111b Abs. 3 Satz 2 AsylG). Dass diese Zwischenverfügung den Beschwerdeführenden angeblich nicht eröffnet worden sein soll, ist zwar - bei Wahrunterstellung dieses Vorbringens, für welches keine Beweismittel zu den Akten gereicht wurden - nicht ideal, ändert aber nichts an den soeben gemachten Feststellungen.

      Im Übrigen hätte das SEM das Wiedererwägungsgesuch vom 20. März 2018 auch formlos abschreiben können, zumal dieses - wie sich aus den vorinstanzlichen Ausführungen in der Verfügung vom 21. Juni 2018 ergibt

      • als wiederholt gleich begründet im Sinne von Art. 111b Abs. 4 AsylG zu erachten ist. So wurde die ( ) bei C. , mit welcher der angesichts ihres Alters „unaufschiebbare“ chirurgische Eingriff im Zusammenhang steht, schon vor dem Urteil ( ) vom ( ) 2013 diagnostiziert (vgl. ebenda

      E. 7.7 f.) und insbesondere auch im Urteil ( ) vom ( ) 2017, mit welchem die Verfügung vom 9. Oktober 2015 rechtskräftig wurde, berücksichtigt. In diesem Urteil wurde auch festgehalten, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten in Russland vorhanden sind und das Kindeswohl einer Wegweisung nicht entgegenstehe (vgl. ebenda E. 6.2.3 und 6.3.3 ff.). Insofern zielt die in der Rechtsmitteleingabe geäusserte Kritik an der Zwischenverfügung des SEM vom 27. März 2018 (vgl. Ziff. I.6 und II.1) ins Leere.

    2. Das nach erfolgter Ausschaffung eingereichte Wiedererwägungsgesuch der Beschwerdeführenden beschlägt ausschliesslich Fragen des Wegweisungsvollzuges und hat letztlich den Sinn, die Verfügung vom

      9. Oktober 2015 bezüglich des Wegweisungsvollzugs abzuändern. Sofern darin überhaupt eine nachträglich eingetretene erhebliche Veränderung der Sachlage geltend gemacht wird - die Kritik am Vorgehen der „Asylinstanzen“, der zuständigen KESB (Kindesund Erwachsenenschutzbehörde) und des ( ) stellt keine solche dar - und damit grundsätzlich ein Anspruch auf Wiedererwägung bestehen würde, ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass für eine derartige Wiedererwägung angesichts der vollzogenen Wegweisung kein aktuelles Rechtsschutzinteresse besteht. In diesem Sinne hat das SEM zu Recht festgehalten, dass rein begriffslogisch ein Wegweisungsvollzugshindernis nur denkbar sei, wenn sich die Person in der Schweiz befinde, was vorliegend nicht gegeben sei. Es ist mithin auch nicht ersichtlich, inwiefern die „Unzulässigkeit“ des Wegweisungsvollzugs - wie in der Beschwerde vorgebracht - im Nachhinein vom Ausland aus geltend gemacht werden können müsste.

    3. Nach dem Gesagten fehlt es dem Wiedererwägungsgesuch der Beschwerdeführenden vom 17. und 26. Mai 2018 sowie vom 12. Juni 2018 an einer Prozessvoraussetzung, weshalb das SEM dieses (im Ergebnis)

zu Recht nicht materiell geprüft hat. Die weiteren Beschwerdevorbringen sind nicht geeignet, eine Änderung dieser Einschätzung zu bewirken, weshalb nicht darauf einzugehen ist.

7.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

8.

    1. Mit dem vorliegenden Entscheid in der Hauptsache ist das Gesuch um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses gegenstandslos geworden.

    2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten in der Höhe von Fr. 1500.- grundsätzlich den Beschwerdeführenden aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) Aus verwaltungsökonomischen Gründen und in Anwendung von Art. 6 Bst. b VGKE ist indes auf die Erhebung von Verfahrenskosten zu verzichten. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird damit gegenstandslos.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:

Daniela Brüschweiler Sandra Sturzenegger

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