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Bundesverwaltungsgericht Urteil BVGE 2018 III/2

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:BVGE 2018 III/2
Datum:29.03.2018
Leitsatz/Stichwort:Zölle
Schlagwörter : Gemeinnützig; Gemeinnützige; Person; Zollbefreiung; Bedürftig; Personen; Organisation; Bedürftige; Beschwerde; Vorinstanz; Tierschutz; Entscheid; Gespendet; Zollgesetz; Einfuhr; NetAP; Hilfswerke; Organisationen; Zollfrei; Beschwerdeführerin; MWSTG; Voraussetzung; Zweck; Gesetzlich; Destinata; Erwähnt; Ausland; Fragliche
Rechtsnorm: Art. 10 BV ; Art. 53 MWSTG ; Art. 56 DBG ; Art. 61a BV ; Art. 641a ZGB ; Art. 73 BV ;
Referenz BGE:143 IV 49; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
2018 III/2

Auszug aus dem Urteil der Abteilung I

i.S. Network for Animal Protection gegen Oberzolldirektion A-128/2017 vom 29. März 2018

Zollbefreiung für Warenlieferungen im Bereich des Tierschutzes. Gesetzesauslegung.
Art. 80 BV. Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG. Art. 2 Abs. 1 ZUG. Art. 3 Bst. j MWSTG. Art. 56 Bst. g DBG. Art. 17 Abs. 1 ZV.
Im geltenden Zollrecht sind nebst bedürftigen Personen und Hilfswerken auch gemeinnützige Organisationen als Empfängerkategorie für zollbefreite Warenlieferungen aufgeführt. Handelt es sich bei der Adressatin einer Warenspende um eine gemeinnützige Organisation, kann die Zollbefreiung nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Destinatärin der Spende eine bedürftige Person im Sinne von Art. 2 Abs. 1 ZUG ist. Der weite Begriff des gemeinnützigen Zwecks umfasst vielmehr auch den Tierschutz.
Exonération des droits de douane pour la livraison de marchandises dans le domaine de la protection des animaux. Interprétation de la loi.
Art. 80 Cst. Art. 8 al. 2 let. d LD. Art. 2 al. 1 LAS. Art. 3 let. j LTVA. Art. 56 let. g LIFD. Art. 17 al. 1 OD.
Outre les indigents et les œuvres d'entraide, le droit douanier actuel désigne également les organisations d'utilité publique dans la catégorie des destinataires de livraisons de marchandises exonérées de droits de douane. Si le don de marchandises est destiné à une telle organisation, l'exonération des droits de douane ne peut être subordonnée à la condition que le destinataire soit une personne dans le besoin au sens de l'art. 2 al. 1 LAS. Bien au contraire, au sens large, la notion de but d'utilité publique couvre également la protection des animaux.
Fornitura di merci in franchigia di dazio nel settore della protezione degli animali. Interpretazione della legge.
Art. 80 Cost. Art. 8 cpv. 2 lett. d LD. Art. 2 cpv. 1 LAS. Art. 3 lett. j LIVA. Art. 56 lett. g LIFD. Art. 17 cpv. 1 OD.
Oltre alle persone nel bisogno e alle opere assistenziali, il vigente diritto doganale annovera nella categoria dei destinatari di forniture di merci esenti da dazio anche le organizzazioni di utilità pubblica. Se la merce donata è destinata a una di queste organizzazioni, l'esenzione non può essere subordinata alla condizione che il destinatario sia una persona nel bisogno ai sensi dell'art. 2 cpv. 1 LAS. La definizione ampia dello scopo di pubblica utilità comprende invece anche la protezione degli animali.

Die Tierschutzorganisation Network for Animal Protection (NetAP, nachfolgend auch: Beschwerdeführerin) stellte bei der Zollkreisdirektion Schaffhausen (ZKD) mit E-Mails vom 4. und 5. Juli 2016 ein Gesuch um Abgabenbefreiung für Hilfsgüter unter Beilage einer entsprechenden Spendenbescheinigung. Die ZKD teilte ihr am 13. Juli 2016 mit, dass die fragliche Ware die Voraussetzungen für eine abgabebefreite Einfuhr nicht erfülle. Gleichentags informierte die NetAP die ZKD ausführlicher und bat sie um erneute Prüfung ihres Gesuchs. In der Folge verlangte die ZKD von der NetAP die Verfügung des kantonalen Steueramts über die Steuerbefreiung aufgrund gemeinnütziger Tätigkeit, welche ihr die NetAP umgehend zukommen liess.

Mit E-Mail vom 11. August 2016 erklärte die ZKD, ihren Entscheid nicht in Wiedererwägung zu ziehen, woraufhin die NetAP um eine entsprechende schriftliche Begründung ersuchte. Am 17. August 2016 verfügte die ZKD die Ablehnung des Gesuchs.

In der Folge reichte die NetAP bei der Oberzolldirektion (OZD, nachfolgend auch: Vorinstanz) mit Eingabe vom 31. August 2016 Beschwerde gegen die vorgenannte Verfügung der ZKD ein und beantragte deren Aufhebung und die Gewährung der Zollbefreiung für Ausland-Materiallieferungen. Die OZD wies diese Beschwerde mit Entscheid vom 15. Dezember 2016 ab.

Die Tierschutzorganisation NetAP erhebt mit Eingabe vom 6. Januar 2017 Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht und beantragt, der Entscheid der OZD vom 15. Dezember 2016 sei aufzuheben und es sei ihr die Abgabenbefreiung für Ausland-Materiallieferungen zu gewähren, unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

Mit Vernehmlassung vom 27. Februar 2017 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdeführerin und verweist im Grundsatz auf ihre Erwägungen im angefochtenen Entscheid.

Aus den Erwägungen:

  1. Waren, die ins schweizerische Zollgebiet verbracht werden, sind grundsätzlich zollpflichtig und müssen nach dem Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG, SR 631.0) sowie nach dem Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG, SR 632.10) veranlagt werden (Art. 7 ZG). Sie unterliegen zudem prinzipiell der Einfuhrsteuer nach Art. 50 ff. des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 (MWSTG, SR 641.20).

    Gewisse Waren sind jedoch gesetzlich zollbefreit (Art. 8 Abs. 1 ZG), während weitere vom Bundesrat für zollfrei erklärt werden können (Art. 8 Abs. 2 ZG). So kann der Bundesrat insbesondere Waren für gemeinnützige Organisationen, Hilfswerke oder bedürftige Personen für zollfrei erklären (Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG; diese sind sodann gemäss Art. 53 Abs. 1 Bst. d MWSTG auch mehrwertsteuerbefreit). Von dieser Kompetenz hat er mit Erlass von Art. 17 der Zollverordnung vom 1. November 2006 (ZV, SR 631.01) Gebrauch gemacht. Dessen Abs. 1 bestimmt, dass Waren, die für anerkannte gemeinnützige Organisationen und Hilfswerke oder bedürftige Personen nach Art. 2 Abs. 1 des Zuständigkeitsgesetzes vom 24. Juni 1977 (ZUG, SR 851.1) gespendet werden, zollfrei sind.

    1. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin als gemeinnützige Organisation zu qualifizieren ist unter Anlehnung an die sich in Art. 3 Bst. j MWSTG befindliche Legaldefinition, welche auf die materiellen Voraussetzungen von Art. 56 Bst. g des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) verweist. Die Befreiung von der Erhebung direkter Steuern durch die kantonale Steuerverwaltung wurde entsprechend belegt (vgl. Sachverhalt). Ebenfalls nachgewiesen und unbestritten ist, dass die fraglichen Waren gespendet wurden und das Gesuch um Zollbefreiung vor der Einfuhr bei der ZKD eingereicht wurde (vgl. Art. 17 Abs. 3 ZV).

      Die Vorinstanz kommt in den Erwägungen des angefochtenen Entscheids jedoch zum Schluss, dass die Zollbefreiung nur für Waren gelte, welche für Not leidende Personen als Endempfänger gespendet würden. Als bedürftig gelte, wer für seinen Lebensunterhalt nicht hinreichend oder nicht

      rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen könne (Art. 17 Abs. 1 ZV

      i.V.m. Art. 2 Abs. 1 ZUG). Die Haltung von Haustieren gehöre nicht zu diesem Grundbedarf. Sie stützt diese Ansicht auf Art. 16 Abs. 1 der Verordnung vom 10. Juli 1926 zum Zollgesetz (aZV, AS 1973 651; aufgehoben per 1. Mai 2007), nach dessen Wortlaut die Spenden explizit an Personen zu leisten seien und Tiere nicht erwähnt würden. Mit der Zollgesetzrevision sei keine Praxisänderung verbunden worden. Da in verschiedenen Bereichen international weitgehende Übereinstimmung über die als zollfrei zu erklärenden Waren bestünde, worauf das Gesetz allgemein mit der Wendung « auf Grund internationaler Gepflogenheiten » hinweise, zieht sie weiter die deutsche Zollbefreiungsverordnung zu Rate, gemäss welcher eindeutig nur Personen als Endempfänger gälten.

      Die Beschwerdeführerin bemängelt die vorinstanzliche Auslegung von Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 ZV. Sie macht geltend, die Vorinstanz vermische die in vorgenannten Bestimmungen erwähnten Adressaten fälschlicherweise beziehungsweise verwende den gesetzlichen Begriff der bedürftigen Person als Oberbegriff und schaffe so unzulässigerweise eine kumulativ zu erfüllende Voraussetzung für eine Abgabenbefreiung.

      Nachfolgend ist demnach in Auslegung von Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 ZV zu ermitteln, ob die Beschwerdeführerin für die strittigen Güter - von den Parteien als « Ausland-Materiallieferungen » bezeichnet - Anspruch auf Zollbefreiung hat.

    2. Das Gesetz ist nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 143 IV 49 E. 1.4.1 m.H., zitiert in Urteil des BVGer A-6377/2016 vom 14. Februar 2018 E. 2.3.1).

      1. Für zollfrei erklären kann der Bundesrat nach Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG Waren für gemeinnützige Organisationen, Hilfswerke oder bedürftige Personen, während Art. 17 Abs. 1 ZV in diesem Zusammenhang ausführt, dass Waren, die für anerkannte gemeinnützige Organisationen und Hilfswerke oder bedürftige Personen nach Art. 2 Abs. 1 ZUG gespendet werden, zollbefreit sind (vgl. auch E. 3).

        Die Konjunktion « und » verbindet nebenordnend einzelne Wörter, Satzteile und Sätze, kennzeichnet also eine Aufzählung, während « oder » mehrere Möglichkeiten, die zur Wahl stehen, verbindet (Brockhaus Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl. 2011, S. 1088 und 1532; Duden,

        Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2007, S. 1227 und 1757, je Stichworte « und » sowie « oder »).

        Die konkrete Verwendung dieser Bindewörter durch den Gesetzund Verordnungsgeber weist darauf hin, dass es sich bei den strittigen Begriffen der gemeinnützigen Organisation und der bedürftigen Person um zwei unterschiedliche, gleichgeordnete und alternative Kategorien von Empfängern handelt. Dies bedeutet, dass der seitens der Vorinstanz zur Entscheidbegründung herangezogene Begriff der bedürftigen Person nach Art. 2 Abs. 1 ZUG nicht im Sinne einer kumulativen Voraussetzung zur Gewährung einer Zollbefreiung zu verwenden ist. Sofern also zu bejahen ist, dass es sich bei der Adressatin der Warenspende um eine gemeinnützige Organisation handelt, kann es nicht zusätzlich von Bedeutung sein, ob die Destinatärin der Spende eine bedürftige Person im Sinne von Art. 2 Abs. 1 ZUG und damit eine natürliche Person ist. Schliesslich soll nach dem Willen des Gesetzgebers zum einen die Einfuhr von Gütern an bedürftige natürliche Personen, zum anderen jedoch auch diejenige an juristische Personen, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, erleichtert werden.

      2. Eine andere Interpretation würde dem Zweck der Zollbefreiung nach Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG zuwiderlaufen beziehungsweise diese zweckwidrig einschränken, wie nachfolgend aufgezeigt wird.

        Auch wenn die direkten Steuern, welche im Inland erhoben werden, nicht mit der Einfuhrsteuer, welche bei Grenzübertritt der Ware erhoben wird, gleichzusetzen sind, erscheint es mit Bezug auf letzteren Aspekt des gemeinnützigen Zwecks sachgerecht, mit der Vorinstanz mangels entsprechender Definition im Zollrecht auf die Gesetzgebung zur Einfuhrsteuer abzustellen, welche diesbezüglich in materiellrechtlicher Hinsicht auf die Regelung betreffend die direkten Steuern verweist (vgl. Art. 3 Bst. j MWSTG und E. 3.1). Demnach gilt eine Organisation als gemeinnützig

        im Sinne des MWSTG, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, welche gemäss Art. 56 Bst. g DBG für die direkte Bundessteuer gelten: Die betreffende juristische Person muss also öffentliche oder gemeinnützige, nichtunternehmerische Zwecke verfolgen. Darunter sind gemäss der einschlägigen Botschaft auch die Förderung der beruflichen Ausbildung oder die Erfüllung von wohltätigen und kulturellen Aufgaben sowie solchen des Umweltschutzes zu verstehen (Botschaft vom 25. Mai 1983 zu Bundesgesetzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden sowie über die direkte Bundessteuer BBl 1983 III 1 ff., 109). Grundlegend für eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit ist die Verfolgung des Allgemeininteresses. Als im Gemeinwohl liegend erscheint dabei neben der Förderung der Menschenrechte auch der Heimat-, Naturund Tierschutz (vgl. in diesem Sinne etwa Kreisschreiben Nr. 12 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 8. Juli 1994 zu Art. 56 Bst. g DBG, Ziff. II/3 Bst. a, S. 2, nachfolgend: Kreisschreiben). Ob eine bestimmte Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit liegt, beurteilt sich nach der jeweils massgebenden Volksauffassung, wobei die verfassungsrechtlich und gesetzlich verankerten rechtsethischen Prinzipien wichtige Erkenntnisquellen bilden (Kreisschreiben, Ziff. II/3 Bst. a, S. 3). Die Verfassung bezeichnet eine Vielfalt von förderungswürdigen Zielen, darunter auch den Tierschutz (Art. 80 BV; allgemein zu solchen Zielen vgl. z.B. Art. 41 BV betreffend Sozialziele, Art. 61a ff. BV betreffend Ziele im Bereich der Bildung, Forschung und Kultur, Art. 73-80 BV betreffend Umwelt-, Natur-, Heimatund Tierschutz und Art. 108 BV betreffend Wohnbau- und Wohneigentumsförderung).

        Die Einfuhr von zur Verfolgung gemeinnütziger Zwecke gespendeter Waren würde bei konsequenter Anwendung der vorinstanzlichen Begründung nicht mehr zollbefreit sein, wenn davon nicht letztlich bedürftige Personen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 ZUG profitieren würden. Dies würde sowohl dem Zweck des fraglichen Gesetzesartikels als auch der Verfassung entgegenstehen, indem es den Kreis der Destinatäre und damit letztlich den soeben skizzierten, vielseitigen Begriff des gemeinnützigen Zwecks unnötig einschränken würde.

      3. Daran ändert auch die historisch untermauerte Argumentation der Vorinstanz nichts, wonach der mit « Geschenke für Bedürftige und Geschädigte; ( ) » betitelte Art. 16 aZV, welcher in Wiederholung des Wortlauts von Art. 14 Ziff. 11 des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 (aZG, AS 42 287; aufgehoben per 1. Mai 2007) in Abs. 1 Waren, die vom Ausland her Bedürftigen oder durch aussergewöhnliche Ereignisse Geschädigten

        oder Hilfswerken für solche Personen gespendet werden, für zollfrei erklärt, Tiere unerwähnt lasse.

        Nach geltendem Recht haben nämlich als zusätzliche Empfängerkategorie auch die gemeinnützigen Organisationen Eingang in die gesetzlichen Grundlagen zur Zollbefreiung gefunden (vgl. E. 3 und 3.2.1). Dementsprechend trägt Art. 17 ZV abweichend von Art. 16 aZV den Titel « Für anerkannte gemeinnützige Organisationen und Hilfswerke oder bedürftige Personen gespendete Waren ». Art. 14 Ziff. 11 aZG und Art. 16 Abs. 1 aZV wurden demnach nicht bloss umstrukturiert und -nummeriert, sondern auch inhaltlich ergänzt, und insofern ist eine Änderung der rechtlichen Grundlagen erfolgt. Damit wurde auch der - im Vergleich zu den Zeitpunkten des Erlasses der Zollgesetzgebung (1925/26) und der Inkraftsetzung der vorgenannten, mittlerweile seit mehr als zehn Jahren nicht mehr geltenden, vorgenannten Artikel (1973) - veränderten Volksauffassung Rechnung getragen. Dieses gerade auch im Zusammenhang mit der vorliegenden Frage erweiterte rechtsethische Bewusstsein findet nicht nur in der Verfassung (vgl. E. 3.2.2), sondern auch in einer umfassenden Tierschutzgesetzgebung Ausdruck. So bezweckt das Tierschutzgesetz vom

        16. Dezember 2005 (TSchG, SR 455), die Würde und das Wohlergehen von Tieren zu schützen (Art. 1; vgl. auch Art. 641a Abs. 1 ZGB, welcher anlässlich der Änderung vom 4. Oktober 2002 [Grundsatzartikel Tiere] per

        1. April 2003 in Kraft gesetzt wurde und wonach Tiere in zivilrechtlicher Hinsicht nicht mehr als Sachen gelten).

        Die seitens der Vorinstanz zitierte Passage aus der Botschaft des Bundesrats zum neuen Zollgesetz, wonach mit dem Erlass von Art. 8 ZG keine Praxisänderung verbunden sei, bezieht sich auf die Gesetzessystematik der absoluten und relativen Zollbefreiungsgründe als solche (vgl. dazu Art. 8 Abs. 1 und 2 ZG; E. 3 sowie ausführlich HEINZ SCHREIER, in: Kommentar zum Zollgesetz, 2009, Art. 8 N. 3 ff.), welche beibehalten wurde. Es wurde auf den Erlass einer Generalklausel verzichtet zugunsten einer Regelung, die zwar auf Gesetzesstufe genügend konkret ausfällt, aber dennoch dem Verordnungsgeber Raum für Ergänzung lässt (vgl. Botschaft vom 15. Dezember 2003 über ein neues Zollgesetz, BBl 2004 567 ff., 596 zu Art. 8 ZG). Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass sich der von der Vorinstanz erwähnte Abschnitt aus der Botschaft, wonach international weitgehend Übereinstimmung über die als zollfrei zu erklärenden Waren besteht, was sich in der gesetzlichen Formulierung « auf Grund internationaler Gepflogenheiten » zeige (vgl. BBl 2004 567 ff., 596), einzig auf Art. 8 Abs. 2

        Bst. a ZG bezieht und somit im vorliegenden Zusammenhang nicht bedeutsam ist. Damit erübrigen sich Ausführungen zu ausländischen Gesetzgebungen im Bereich der Zollbefreiung, insbesondere auch solche zur deutschen Zollbefreiungsverordnung, auf welche die Vorinstanz hinweist (vgl. E. 3.1).

    3. Dass die fraglichen Waren gespendet wurden und es sich bei der Beschwerdeführerin um eine anerkannte gemeinnützige Organisation handelt, ist - wie erwähnt - unbestritten (vgl. E. 3.1 und auch die rechtskräftige Verfügung des kantonalen Steueramts Zürich vom 30. September 2008 über die Steuerbefreiung aufgrund gemeinnütziger Tätigkeit, welche in Anwendung von § 61 Bst. g des Steuergesetzes des Kantons Zürich vom

8. Juni 1997 [StG, LS 631.1] und Art. 56 Bst. g DBG ergangen ist).

Damit sind unter Hinweis auf die vorangehenden Ausführungen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zollbefreiung nach Art. 8 Abs. 2 Bst. d ZG in Verbindung mit Art. 17 ZV erfüllt und die Beschwerde ist vollumfänglich gutzuheissen. Der vorinstanzliche Entscheid ist aufzuheben und der Beschwerdeführerin ist mit Bezug auf die fraglichen Waren die Zollbefreiung für Ausland-Materiallieferungen im Sinne der Erwägungen zu gewähren.

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