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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-7184/2017

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-7184/2017
Datum:17.04.2018
Leitsatz/Stichwort:Aussenhandel
Schlagwörter : Bundes; Recht; Beschwerde; Güter; Vorinstanz; Beschwerdeführer; Beschwerdeführerin; Bundesverwaltungsgericht; Beweis; Endempfänger; Schweiz; Endempfängerin; Nationale; Ausfuhr; Entscheid; Ermessen; Verordnung; Verfügung; Verfahren; Sicherheit; Vorliegen; Wirtschaft; Gericht; Richtendienst; Offenen; Unbestimmte; Annahme; Repressionsmittel; Gesuch
Rechtsnorm: Art. 27 StGB ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:130 II 482; 133 I 149; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II B-7184/2017

U r t e i l  v o m  1 7.  A p r i l  2 0 1 8

Besetzung Richter Hans Urech (Vorsitz),

Richterin Maria Amgwerd, Richter Pietro Angeli-Busi, Gerichtsschreiber Reto Finger.

Parteien X. AG,

Beschwerdeführerin,

gegen

Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen, Exportkontrollen / Industrieprodukte, Holzikofenweg 36, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Ablehnungsverfügung für die Ausfuhr von Softwarelösungen in die Türkei.

Sachverhalt:

A.

Am 17. November 2017 stellte die X. AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) einen Antrag für die Ausfuhr von Gütern (Hardware und Software) zum Dekodieren, Aufzeichnen und Auswerten von Funkprotokollen an die Turkish National Intelligence Organization (nachfolgend: Endempfängerin) in die Türkei.

B.

Mit Verfügung vom 4. Dezember 2017 lehnte das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen, Exportkontrollen/Industrieprodukte (nachfolgend: Vorinstanz) das Ausfuhrgesuch gestützt auf Art. 6 Abs. 1 lit. a VIM (zitiert in E. 1.1) ab. Es bestehe Grund zur Annahme, die Güter würden als Repressionsmittel eingesetzt.

C.

Mit Eingabe vom 20. Dezember 2017 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Zur Begründung führte sie aus, die Vorinstanz habe das Gesuch aufgrund von Vermutungen und nicht von Beweisen abgewiesen. Auch habe sie das End-Use Certificate der Endempfängerin zu wenig berücksichtigt. Die Beweiswürdigung sei willkürlich erfolgt, die Abweisung des Gesuches erweise sich als unangemessen.

D.

Mit Zwischenverfügung vom 21. Dezember 2017 wurde der Beschwerdeführerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt. Nach Eingang des Vorschusses ersuchte das Bundesverwaltungsgericht mit Verfügung vom 10. Januar 2018 die Vorinstanz um Vernehmlassung.

E.

Mit Eingabe vom 16. Januar 2018 stellte die Vorinstanz den Antrag, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen. Der im Rahmen von Art. 27 Abs. 3 GKV (zitiert in E.1.1) angehörte Nachrichtendienst des Bundes (nachfolgend: NDB) habe das Gesuch kritisch beurteilt. Ergebnisse aus dem offenen wie auch nachrichtendienstlichen Informationsaufkommen würden darauf hindeuten, dass die Endempfängerin im Inund Ausland gegen politische Gegner vorgehe. Es bestehe deshalb ein Risiko von Repressionsmassnahmen gegen in der Schweiz lebende Personen.

F.

Mit Verfügung vom 17. Januar 2018 erhielt die Beschwerdeführerin Gelegenheit zu einer allfälligen Stellungnahme.

G.

Am 24. Januar 2018 machte die Beschwerdeführerin zusätzlich geltend, die fraglichen Güter seien nicht in der Lage, die Funkkommunikation von Mobiltelefonen (GSM, UMTS oder LTE) oder Internet (Kabel oder Wireless) zu überwachen. Auch eine Protokollierung der Teilnehmer (wie beispielsweise mit einem „IMSI-Catcher“) sei nicht möglich. Neben den Kommunikationsformen Mobiltelefonie, Festnetz und Internet gäbe es keine weiteren Formen, welche massentauglich und einsatzfähig seien. Damit sei die Einschätzung der Vorinstanz, die Güter könnten als Repressionsmittel gegen in der Schweiz lebende Personen eingesetzt werden, widerlegt.

H.

Mit Verfügung vom 25. Januar 2018 erhielt die Vorinstanz ihrerseits Gelegenheit zur Stellungnahme.

I.

Mit Eingabe vom 26. Januar 2018 wies die Vorinstanz erneut darauf hin, dass die fraglichen Güter von der Bewilligungspflicht gemäss Art. 3 VIM bzw. Art. 3 GKV erfasst seien. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin beziehe sich die VIM nicht nur auf die Standards GSM, UMTS und LTE, sondern auch auf die Standards FSM-R, GRPS, IMT-2000, PMR (Professional Mobile Radio), Inmarsat, Iridium, Thuraya, VSAT und ACES, was im Übrigen mit Schreiben vom 19. Mai 2015 auch der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden sei.

J.

Auf die Vorbringen der Parteien ist, soweit erforderlich, nachfolgend einzugehen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Das Bundesverwaltungsgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und ob auf eine Beschwerde einzutreten ist (vgl. BVGE 2007/6 E. 1, m.H.).

    1. Die angefochtene Verfügung stützt sich auf die Verordnung des Bundesrates über die Ausfuhr und Vermittlung von Gütern zur Internetund Mobilfunküberwachung vom 13. Mai 2015 (VIM, SR 946.202.3). Gemäss Art. 12 dieser Verordnung in Verbindung mit Art. 12 des Bundesgesetzes über die Kontrolle zivil und militärisch verwendbarer Güter, besonderer militärischer Güter sowie strategischer Güter vom 13. Dezember 1996 (GKG, SR 946.202) und Art. 44 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) unterliegen die Verfügungen der Vorinstanz der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

    2. Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32) Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ist eine Vorinstanz gemäss Art. 33 Bst. d VGG, weshalb vorliegend keine Ausnahme der Zuständigkeit auszumachen ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.

    3. Zur Beschwerde ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG).

    4. Die Beschwerde wurde fristund formgerecht eingereicht (vgl. Art. 30 BöB und Art. 52 Abs. 1 VwVG) und der Kostenvorschuss wurde fristgerecht bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG).

2.

Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bestimmt sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit VIM (SR 946.202.3), GKG (SR 946.202) und das VGG (SR 173.32) nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG). Gemäss Art. 49 lit a bis c VwVG kann vor Bundesverwaltungsgericht insbesondere die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich die Überschreitung oder der Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und die Unangemessenheit gerügt werden.

3.

Die Schweiz koordiniert ihre Handelskontrollen für Dual-Use Güter auf internationaler Ebene mit den Partnerstaaten des Chemiewaffenübereinkommens (CWÜ, SR 0.515.08) sowie im Rahmen von vier internationalen Exportkontrollregimen: Die Australiengruppe (AG), die Gruppe der Nuklearlieferländer, das Raketentechnologieregime und die Vereinbarung von Wassenaar (Erläuternder Bericht zur Anpassung des Güterkontrollgesetzes GKG vom 22. November 2017, < https://www.admin.ch/ch/d/gg /pc/ documents/2909/GKG_Gueter-zur-Internet-und-Mobilfunkueberwachung_ Erl.-Bericht_de.pdf>, abgerufen am 14. März 2018). Die konkreten Kriterien für die Ablehnung der Ausfuhr von Gütern sind durch die einzelnen Partnerstaaten in den jeweils nationalen Gesetzgebungen geregelt. In der Schweiz geschieht dies im GKG (SR 946.202) sowie in der dazugehörigen Verordnung vom 3. Juni 2016 (GKV, SR 946.202.1).

    1. Im Dezember 2013 einigten sich die Wassenaar-Partnerstaaten, auch Güter zur Internetund Mobilfunküberwachung der Exportkontrolle zu unterstellen. Der Bundesrat erliess daraufhin am 13. Mai 2015 die VIM, eine verfassungsunmittelbare Verordnung, welche bis zum 12. Mai 2019 befristet ist. Die Verordnung soll nun durch eine Revision in das GKG integriert werden. Die Frist zur Vernehmlassung lief bis zum 1. März 2018.

    2. Für die Bewilligungspflicht der vorliegenden Güter verweist die Vorinstanz auf ihr Informationsschreiben vom 19. März 2015 und die Einschätzungen der nach Art. 8 VIM bzw. Art. 27 und 28 GKV beigezogen Bundesstellen.

Die von der Exportkontrolle umfassten Güter werden in den jeweiligen Anhängen der GKV und der VIM erfasst. Die Güter selbst weisen folgende Exportkontrollnummern (EKN) auf:

„EKN 5D001.a

Datenverarbeitungsprogramme („Software“), wie folgt: „Software“, besonders entwickelt oder geändert für die „Entwicklung“, „Herstellung“ oder „Verwendung“ von in Nummer erfassten Einrichtungen, Funktionen oder Leistungsmerkmalen.“

4.

In materieller Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin, die Abweisung des Exportgesuches sei unangemessen. Es gäbe nicht ausreichend Grund zur Annahme, dass die Güter im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. a VIM als Repressionsmittel gegen in der Schweiz lebende Personen eingesetzt würden.

    1. Die Vorinstanz widerspricht dieser Darstellung. Insgesamt habe der beigezogene Nachrichtendienst des Bundes (nachfolgend: NDB) das vorliegende Gesuch hinsichtlich der Endempfängerin, des Zwischenhändlers, des Missbrauchspotentials der Güter sowie der Situation der in der Schweiz lebenden Personen aus dem Endbestimmungsland kritisch beurteilt.

    2. Die Ausfuhr von Gütern und Softwareprodukten, welche zur Internetund Mobilfunküberwachung genutzt werden können, unterliegen gemäss Art. 3 VIM der Bewilligungspflicht durch das SECO, sofern es sich um Güter handelt, welche im Anhang der Verordnung gelistet sind. Gemäss Art. 8 VIM in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und 3 GKV entscheidet das SECO im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen des eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten, des Eidgenössischen Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport und des eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation sowie nach Anhörung des NDB. Eine Bewilligung des Exportgesuches ist dann zu verweigern, wenn „Grund zur Annahme“ besteht, dass das auszuführende Gut oder Immaterialgut von der Endempfängerin als Repressionsmittel verwendet wird (Art. 6 Abs. 1 lit. a und b VIM) oder wenn Verweigerungsgründe nach Art. 6 GKG oder Art. 6 GKV vorliegen (Art. 6 Abs. 2 VIM).

    3. Das Verwaltungsrecht kennt viele offen formulierte Rechtssätze mit verhältnismässig geringer Bestimmtheit, weshalb zuweilen auch von offenen Normen im Verwaltungsrecht gesprochen wird, welche den Verwaltungen Handlungsspielräume vermitteln (TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, S. 213 Rz. 1). Nach klassischer Verwaltungsrechtslehre bilden dabei das Ermessen und der unbestimmte Gesetzesbegriff zwei Unterkategorien des offenen Rechtssatzes. Für die Praxis kann die Unterscheidung eine grosse Bedeutung für den Rechtsschutz vor Verwaltungsgerichten haben. Den kantonalen Verwaltungsgerichten und dem Bundesgericht steht in der Regel nur eine Rechtskontrolle im Rahmen der Auslegung von unbestimmten Gesetzesbegriffen zu, nicht aber die Prüfung der Ermessenanwendung (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 446a). Die Unterscheidung ist vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Kognitionsbefugnis nach Art. 49 lit. c VwVG in dieser Hinsicht von geringerer Bedeutung und gerät auch sonst zunehmend in die Kritik. Nach der neueren Rechtslehre räumen alle offenen Normen den Verwaltungen ein gewisses Ermessen ein (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 446a).

    4. Anders als im Strafrecht oder auch im verwaltungsrechtlichen Nebenstrafrecht ist aber davon auszugehen, dass unbestimmte Rechtsbegriffe, wie beispielsweise „Grund zur Annahme“, im Exportkontrollrecht mit dem Legalitätsprinzip zu vereinbaren sind (FRANK TH. PETERMANN, Legalitätsprinzip bezüglich unbestimmter Rechtsbegriffe im Exportkontrollrecht - ein explosives Gemisch, in: Sicherheit & Recht, 1/2026, S. 36 ff).

    5. Unabhängig von der uneingeschränkten Kognitionsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts kommt der Vorinstanz aber ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Zunächst gilt dies, soweit sie unbestimmte Gesetzesbegriffe anzuwenden hat. Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe der Gerichte, derartige unbestimmte Gesetzesbegriffe im Einzelfall auszulegen und zu konkretisieren. Wenn aber die Gesetzesauslegung ergibt, dass der Gesetzgeber mit der offenen Normierung der Entscheidbehörde eine zu respektierende Entscheidungsbefugnis einräumen wollte, darf und muss das Gericht seine Kognition entsprechend einschränken. Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid auf einen Bericht des NDB vom 27. Dezember 2017. Als Fachorgane verfügen sowohl die Vorinstanz wie auch der NDB in dem Bereich über besondere Kompetenzen. Dies rechtfertigt eine gewisse Zurückhaltung des Bundesverwaltungsgerichts wenigstens insoweit, als die Vorinstanz unbestimmte Gesetzesbegriffe auszulegen und anzuwenden hat. Es befreit das Bundesverwaltungsgericht aber nicht davon, die Rechtsanwendung unter Beachtung dieser Zurückhaltung auf ihre Vereinbarkeit mit Bundesrecht zu überprüfen. Sodann amtet die Vorinstanz in einem höchst technischen Bereich, in dem Fachkenntnisse zur Aufzeichnung und Dekodierung von Radiowellen notwendig sind. Ihr steht dabei ein eigentliches Ermessen in technischen Fragen zu. Im Rahmen dieses "technischen Ermessens" darf der verfügenden Behörde bei der Beurteilung von ausgesprochenen Fachfragen ein gewisser Ermessensund Beurteilungsspielraum belassen werden, soweit sie die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und die erforderlichen Abklärungen sorgfältig und umfassend durchgeführt hat (vgl. BVGE 2009/35 E. 4, HÄFELIN/MÜLLER/ UHLMANN, a.a.O., Rz. 446d).

    6. Zum Umfang der von den Fachorganen vorzunehmenden Prüfung nach Art. 6 Abs. 1 VIM oder Art. 6 Abs. 2 VIM in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 lit. c GKV machen die jeweiligen Verordnungen selbst keine Angaben.

      1. Aus den Materialien wird klar, dass die Prüfung einzelfallweise erfolgen soll (ERWIN ARJUN BOLLIGER, Compliance in der Exportkontrolle - die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen, Europa Institut Zürich, Band/Nr. 167,

        S. 7 ff.). Ein Exportgesuch soll fundiert und differenziert beurteilt werden, so dass einerseits der missbräuchliche Gebrauch durch die Endempfänger verhindert werden kann und andererseits Reputationsrisiken für die Schweiz und ihre Wirtschaftsakteure minimiert werden können (Erläuternder Bericht zur Anpassung des GKG vom 22. November 2017, a.a.O.,

        S. 4). In der ursprünglichen Botschaft zum GKG vom 22. Februar 1995 listet der Gesetzgeber unter Ziff. 214 konkrete Gründe für die Bewilligungsverweigerung von Exportgesuchen für zivil und militärisch verwendbare Güter auf (BBl 1995 1337). Eine Bewilligung sei dann zu verweigern, wenn sie internationalen Abkommen widerspreche oder wenn die beantragte Tätigkeit den Zielen völkerrechtlich nicht verbindlicher internationaler Kontrollmassnahmen widerspreche, die von der Schweiz unterstützt würden. Bei der Prüfung von Ausfuhrgesuchen sei insbesondere auf Informationen über heikle Endempfänger und Zwischenhändler abzustellen, die im Rahmen von internationalen Kontrollgremien ausgetauscht würden.

      2. In Umsetzung der Wassenaar-Vereinbarung nahm die Europäische Union konkrete Kriterien für eine Exportbewilligung in ihre Dual-Use Verordnung auf. Gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 werden Überlegungen der nationalen Aussenund Sicherheitspolitik bei der Entscheidung über eine Exportbewilligung beigezogen, einschliesslich der Aspekte des gemeinsamen Standpunktes 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008:

„1.

Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, insbesondere der vom VN-Sicherheitsrat oder der Europäischen Union verhängten Sanktionen, der Übereinkünfte zur Nichtverbreitung und anderen Themen sowie sonstiger internationaler Verpflichtungen.

2.

Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch das Endbestimmungsland.

3.

Innere Lage im Endbestimmungsland als Ergebnis von Spannungen oder bewaffneten Konflikten.

4.

Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in einer Region.

5.

Nationale Sicherheit der Mitgliedstaaten und der Gebiete, deren Aussenbeziehungen in die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates fallen, sowie nationale Sicherheit befreundeter und verbündeter Länder.

6.

Verhalten des Käuferlandes gegenüber der internationalen Gemeinschaft, unter besonderer Berücksichtigung seiner Haltung zum Terrorismus, der Art der von ihm eingegangenen Bündnisse und der Einhaltung des Völkerrechts.

7.

Risiko der Abzweigung von Militärtechnologie oder Militärgütern im Käuferland oder der Wiederausfuhr von Militärgütern unter unerwünschten Bedingungen.

8.

Vereinbarkeit der Ausfuhr von Militärtechnologie oder Militärgütern mit der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Empfängerlandes, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Staaten bei der Erfüllung ihrer legitimen Sicherheitsund Verteidigungsbedürfnisse möglichst wenige Arbeitskräfte und wirtschaftliche Ressourcen für die Rüstung einsetzen sollten.“

    1. Die Vorinstanz verweist zur Begründung ihrer Ablehnungsverfügung auch auf den Amtsbericht des NDB vom 27. Dezember 2017. Bei der Endempfängerin handle es sich um den türkischen Geheimdienst. Als Zwischenhändler werde die Firma ASELSAN erwähnt. ASELSAN sei die grösste türkische Rüstungsfirma, deren Produktepalette insbesondere auch Kommunikationsgeräte, Verteidigungsund Radarsysteme sowie Überwachungssysteme umfasse. Gemäss dem End-Use Certificate der Endempfängerin sollten die Güter für ein „National Security Communication ESM System“ eingesetzt werden. Der Begriff ESM stamme aus der elektronischen Kriegsführung und stehe für die passive Nutzung des elektromagnetischen Spektrums, um Informationen über gegnerische Gruppierungen zu gewinnen. Nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 habe die türkische Regierung den Notstand nach Art. 119 und 120 ihrer Verfassung ausgerufen. Es gebe Erkenntnisse aus dem offenen wie auch nachrichtendienstlichen Informationsaufkommen, die darauf hindeuten würden, dass die Endempfängerin auch gegen politische Gegner im Ausland vorgehe. In diesem Zusammenhang habe die Schweizerische Bundesanwaltschaft im März 2017 mit Ermächtigung des Bundesrates auch eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf politischen Nachrichtendienst gemäss Art. 272 StGB eingeleitet. Da die Endempfängerin Verfügungsgewalt über das Gesamtsystem der elektronischen Aufklärung der Türkei habe und der begründete Verdacht bestehe, dass sie auch gegen in der Schweiz lebende Personen nachrichtendienstlich vorgehe, bestehe Grund zur Annahme, die fraglichen Güter würden als Repressionsmittel eingesetzt.

    2. Die Vorinstanz hat im Rahmen von fundierten und differenzierten Abklärungen das Missbrauchspotential der fraglichen Güter dargelegt. Weiter wurden Abklärungen zur Endempfängerin, dem Zwischenhändler und der Situation der in der Schweiz lebenden Personen aus dem Endbestimmungsland vorgenommen. Dazu kamen Erkenntnisse aus dem offenen und nachrichtendienstlichen Informationsaufkommen. Die von der Vorinstanz vorgenomme Einschätzung, wonach Grund zur Annahme bestehe, die zu exportierenden Güter würden als Repressionsmittel verwendet, ist somit in rechtskonformer Ausübung ihres Ermessens erfolgt. Die entsprechende Rüge der Beschwerdeführerin ist abzuweisen.

5.

Weiter rügt die Beschwerdeführerin sinngemäss, die Vorinstanz habe die Abweisung des Gesuches auf Vermutungen gestützt, ohne entsprechende Beweise vorzulegen. Die von ihr vorgenommene Beweiswürdigung verstosse gegen das Willkürverbot.

    1. Die Vorinstanz hält dem entgegen, die Beurteilung von Gesuchen erfolge fallweise und stütze sich auf die jeweils zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen und Erkenntnisse. Ein Verstoss gegen das Willkürverbot sei nicht zu erkennen.

    2. Im Verwaltungsverfahren gilt in der Bundesverwaltungsrechtspflege der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 40 BZP [SR 273]). Die Rechtsprechung ist dabei nicht an bestimmte starre Beweisregeln gebunden, die genau vorschreiben, wie ein gültiger Beweis zustande kommt und welcher Beweiswert die einzelnen Beweismittel im Verhältnis zueinander haben (BGE 130 II 482 E. 3.2 m.H.). Soweit im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine Verletzung des Willkürverbots gerügt wird, ist festzustellen, dass gemäss Lehre und Rechtsprechung Willkür nur dann vorliegt, wenn ein Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, indem eine Norm oder ein unumstrittener Rechtsgrundsatz klar verletzt wird oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (vgl. MÜLLER/SCHÄFER , Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl., 2008, S.11; BGE 133 I 149 E. 3.1 m.w.H.).

    3. Ziff. 4.8 hiervor erhellt, dass der vorinstanzliche Entscheid auch aufgrund der vorliegenden Beweismittel in rechtskonformer Ausübung des Ermessens im Sinne von Art. 49 lit. c VwVG erfolgt ist, weshalb er de lege lata nicht offensichtlich unhaltbar sein kann. Soweit die Beschwerdeführerin mit ihrer Rüge den Standpunkt vertreten sollte, die Abweisung eines

Exportgesuches nach Art. 6 VIM sei nur dann zulässig, wenn Beweise für bereits erfolgte Repressionshandlungen vorliegen würden, ist auf die präventive Intention des Gesetzgebers und den entsprechend anders lautenden Gesetzestext von Art. 6 Abs. 1 VIM zu verweisen (Ziff. 4.4 ff. hiervor, Erläuternder Bericht zur Anpassung des GKG vom 22. November 2017, a.a.O., S. 4).

6.

Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist daher abzuweisen.

7.

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG sowie Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Diese werden auf Fr. 1'500.- festgelegt; der einbezahlte Kostenvorschuss in gleicher Höhe ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden. Der unterliegenden Beschwerdeführerin ist keine Umtriebsentschädigung zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs. 1 VGKE).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 1'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt; der einbezahlte Kostenvorschuss in gleicher Höhe wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Es wird keine Umtriebsentschädigung ausgesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. ELIC Geschäft Nr. 8015015; Gerichtsurkunde)

  • das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, Bundeshaus Ost, 3003 Bern (Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Hans Urech Reto Finger

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 25. April 2018

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