Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung II |
Dossiernummer: | B-478/2017 |
Datum: | 16.01.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Widerspruchssachen |
Schlagwörter : | Marke; Widerspruch; Zeichen; Marken; Widerspruchs; Urteil; BVGer; Vorinstanz; Verwechslungsgefahr; WILLI; Hinweise; Widerspruchsmarke; Verkehr; Verfügung; Verkehrskreise; Hinweisen; Recht; „Kamillosan/Kamillon“; Bundesverwaltungsgericht; SIGNI; Parteien; Gebrauch; Ähnlichkeit; Beurteilung; Dienstleistungen; Nichtgebrauch; Hinweisen;; „Kamillosan/Kamillon“;; SIGNIFOR |
Rechtsnorm: | Art. 48 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | 116 II 609; 119 II 473; 121 III 377; 121 III 378; 122 III 382; 122 III 385; 127 III 160; 128 III 445; 131 III 495; 133 III 347; 133 III 492; 135 II 359 |
Kommentar: | - |
Abteilung II B-478/2017
Besetzung Richter David Aschmann (Vorsitz),
Richter Marc Steiner, Richterin Vera Marantelli, Gerichtsschreiber Matthias Amann.
Parteien Novartis AG,
Postfach, 4002 Basel,
vertreten durch Rechtsanwältin Sibylle Zumsteg, Schneider Feldmann AG
Beethovenstrasse 49, Postfach 2792, 8022 Zürich, Beschwerdeführerin,
gegen
Am Haag 14, DE-82166 Gräfelfing,
vertreten durch Rechtsanwälte Matthias Städeli und/oder Fabio Versolatto, Rentsch Partner AG,
Bellerivestrasse 203, Postfach, 8034 Zürich, Beschwerdegegnerin,
Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Widerspruchsverfahren Nr. 14485,
CH 519'654 SIGNIFOR / IR 1'250'172 SIGNASOL.
Die internationale Registrierung IR 1'250'172 SIGNASOL wurde am 4. Juni 2015 in der Gazette des marques internationales 2015/21 veröffentlicht. Sie wird in der Schweiz u.a. für folgende Waren beansprucht:
5 Préparations pharmaceutiques; aliments et substances diététiques à usage médical; compléments alimentaires et nutritionnels à usage médical.
Am 28. September 2015 erhob die Beschwerdeführerin gegen die Schutzausdehnung beschränkt auf die vorgenannten Waren der Klasse 5 Widerspruch. Sie stützte den Widerspruch auf ihre Schweizer Marke CH 519'654 SIGNIFOR, die in der Klasse 5 für „Pharmazeutische Präparate“ eingetragen ist.
Mit Widerspruchsanwort vom 25. Februar 2016 erhob die Beschwerdegegnerin unter anderem die Einrede des Nichtgebrauchs.
Mit Replik vom 27. Juni 2016 beschränkte die Beschwerdeführerin ihren Widerspruch auf „Préparations pharmaceutiques“ in der Klasse 5 und machte unter anderem den Gebrauch der Marke geltend.
Am 25. August 2016 reichte die Beschwerdegegnerin eine Duplik ein.
Mit Verfügung vom 7. Dezember 2016 wies die Vorinstanz den Widerspruch ab. Die Widerspruchsgebühr wurde der Widersprechenden auferlegt und diese zur Leistung einer Parteientschädigung an die Widerspruchsgegnerin verpflichtet. In der Sache erachtete die Vorinstanz den Gebrauch der Widerspruchsmarke als glaubhaft gemacht. Doch verneinte sie eine Verwechslungsgefahr trotz Bejahung der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Gleichartigkeit der Waren.
Gegen diesen Entscheid der Vorinstanz hat die Widersprechende am
23. Januar 2017 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Widerspruch der Beschwerdeführerin sei gutzuheissen, unter Kostenund Entschädigungsfolge. Zur Begründung macht die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz habe die Verwechslungsgefahr
angesichts der Gleichartigkeit der Waren sowie der Ähnlichkeit von Klangund Schriftbild bei identischem Wortanfang und gleicher Zeichenund Silbenzahl zu Unrecht verneint.
Die Vorinstanz hat mit Eingabe vom 3. Februar 2017 auf Vernehmlassung verzichtet.
Mit Beschwerdeantwort vom 3. März 2017 beantragt die Widerspruchsgegnerin die Abweisung der Beschwerde unter Kostenund Entschädigungsfolge. Sie macht geltend, die Vorinstanz habe insbesondere unter Berücksichtigung des Sinngehalts der Zeichenelemente sowie der erhöhten Aufmerksamkeit der massgebenden Verkehrskreise die Verwechslungsgefahr zu Recht verneint.
Die Durchführung einer mündlichen Parteiverhandlung ist von keiner Seite beantragt worden.
Auf weitere Vorbringen der Parteien wird, soweit erforderlich, im Rahmen der Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Vorinstanz in Widerspruchssachen zuständig (Art. 31, 32, 33 Bst. e VGG). Die Beschwerdeführerin hat als Widersprechende am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und in schützenswerten Interessen betroffen (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Die Beschwerde wurde fristund formgerecht erhoben (Art. 50 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 VwVG), der Kostenvorschuss innert Frist bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Eine ältere Marke ist geschützt, soweit sie im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen gebraucht wird, für die sie beansprucht wird (Art. 11 Abs. 1 des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 [MSchG, SR 232.11]). Hat der Inhaber seine Marke während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gebraucht, kann er sein Markenrecht
nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen (Art. 12 Abs. 1 MSchG). Der Widersprechende hat bei erhobener Einrede den Gebrauch der Widerspruchsmarke oder wichtige Gründe für den Nichtgebrauch glaubhaft zu machen (Art. 32 MSchG).
Vorliegend hat die Vorinstanz auf erhobene Nichtgebrauchseinrede hin den rechtserhaltenden Gebrauch der Widerspruchsmarke im Umfang des glaubhaft gemachten Vertriebs eines rezeptpflichtigen Arzneimittels gegen Beschwerden aufgrund eines erhöhten Cortisol-Spiegels (sog. CushingSyndrom) bejaht (angefochtene Verfügung, S. 3 ff.). Von den Parteien wird die vorinstanzliche Beurteilung in diesem Punkt nicht gerügt (vgl. Beschwerde, S. 4).
Der Inhaber einer älteren Marke kann Widerspruch gegen eine jüngere Markeneintragung erheben, wenn diese seiner Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen registriert ist, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt (Art. 3 Abs. 1 Bst. c i.V.m. Art. 31 Abs. 1 MSchG). An die Unterschiedlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je ähnlicher sich die Zeichen sind, und umgekehrt (BGE 128 III 445, E. 3.1 „Appenzeller“; 128 III 99, E. 2.c „Orfina“; 122 III 382, E. 3a „Kamillosan/Kammillon“; 121 II 377, E. 2a „Boss/Boks“). Dabei sind die Aufmerksamkeit der massgebenden Verkehrskreise und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen (BGE 121 III 378, E. 2.a „Boss/Boks“; Urteil des BVGer B-531/2013 vom 21. Oktober 2013, E. 2.1 „Gallo/Gallay [fig.]“, mit Hinweisen; CHRISTOPH WILLI, Kommentar zum Markenschutzgesetz, 2002, Art. 3 N. 20 ff., 111 ff.).
Die Gleichartigkeit von Waren und Dienstleistungen wird grundsätzlich anhand der Einträge im Markenregister beurteilt, sofern der sachliche Schutzbereich nicht zufolge Nichtgebrauchseinrede eingeschränkt ist (Urteil des BVGer B-531/2013 vom 21. Oktober 2013, E. 2.2 „Gallo/Gallay [fig.]“, mit Hinweisen; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 37; GALLUS JOLLER, in: Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], Kommentar zum Markenschutzgesetz,
2. Aufl. 2017, Art. 3 Rz. 235). Die Beurteilung erfolgt unter Berücksichtigung der marktspezifischen Wertschöpfungsketten, Vertriebskanäle und Vermarktungsmöglichkeiten (vgl. Urteil des BVGer B-2269/2011 vom 9. März 2012, E. 6.5.1 „Bonewelding [fig.]“; B-758/2007 vom 26. Juli 2007,
E. 5.1 „G-mode/Gmode“; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 39 ff.; JOLLER, a.a.O., Art. 3 N. 271 ff.).
Zur Beurteilung der Zeichenähnlichkeit der zu vergleichenden Marken ist grundsätzlich auf die Registrierung abzustellen (BGE 116 II 609, E. 2.c
„Fioretto“; EUGEN MARBACH, Markenrecht, in: Schweizerisches Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. III/1, 2. Aufl. 2009, Rz 204 ff.; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 58). Da zwei Zeichen meist nicht gleichzeitig wahrgenommen werden, ist der Gesamteindruck im Erinnerungsbild der Abnehmer zu prüfen (BGE 121 III 377, E. 2.a „Boss/Boks“; 119 II 476, E. 2.d „Radion/Radomat“; MARBACH, a.a.O., Rz 867; DAVID, a.a.O., Art. 3 N. 15). Dem Zeichenanfang sowie -ende kommen dabei in der Regel eine höhere Bedeutung zu, da sie besser im Gedächtnis haften bleiben (BGE 127 III 160, E. 2.b „Securitas/Securicall“; BGE 122 III 382, E. 5.a „Kamillosan/Kamillon“; Urteil des BVGer B-142/2009 vom 6. Mai 2009, E. 2.3 „Pulcino/Dolcino“; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 75 ff.). Für die Ähnlichkeit verbaler Zeichen sind der Wortklang, das Schriftbild und gegebenenfalls der Sinngehalt massgebend (BGE 127 III 160, E. 2.b/cc „Securitas/Securicall“; MARBACH, a.a.O., Rz 872 ff.; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 69 ff.). Den Wortklang prägen insbesondere das Silbenmass, die Aussprachekadenz und die Aufeinanderfolge der Vokale, während das Schriftbild vor allem durch die Wortlänge und durch die Eigenheiten der verwendeten Buchstaben gekennzeichnet wird (BGE 127 III 160, E. 2.b „Securitas/Securicall“; 122 III 382, E. 5.a „Kamillosan/Kamillon“; 121 III 377, E. 2.b „Boss/Boks“; WILLI, a.a.O., 73 ff./79 ff.). Bereits die Nähe auf einer dieser Beurteilungsebenen kann genügen, um auf Zeichenähnlichkeit zu schliessen. Andererseits kann die Ähnlichkeit auf einer Ebene durch Unterschiede auf einer anderen Ebene neutralisiert werden, so zum Beispiel ein ähnlicher Wortklang durch einen abweichenden Sinngehalt (Urteil des BVGer B-142/2009 vom 6. Mai 2009, E. 2.3
„Pulcino/Dolcino”, mit Hinweisen; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 69). Die Markenprüfung erfolgt gleichberechtigt in Bezug auf alle vier Landessprachen, wobei die Nähe in einer Sprache genügen kann, um die Zeichenähnlichkeit zu bejahen (BGE 131 III 495, E. 5 „Felsenkeller“; 128 III 447, E. 1.5 „Première“; Urteil des BVGer B-484/2013 vom 15. August 2014, E. 2.3
„Couronné“; vgl. WILLI, a.a.O., Art. 2 N. 15).
Eine Verwechslungsgefahr besteht, wenn aufgrund der Ähnlichkeit der Zeichen und der Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen Fehlzurechnungen zu befürchten sind, so dass die mit dem jüngeren Zeichen versehenen Waren und Dienstleistungen dem falschen Markeninhaber zugerechnet werden. Die Verwechslungsgefahr ist eine unmittelbare, wenn eines der zu vergleichenden Zeichen für das andere gehalten wird, und eine mittelbare, wenn die massgeblichen Verkehrskreise die Zeichen zwar aus-
einanderhalten, dahinter aber wirtschaftliche Zusammenhänge der Markeninhaber vermuten, die in Wirklichkeit nicht bestehen (Urteil des BVGer B-2296/2014 vom 29. Juni 2015, E. 3.5 „ysl [fig.]/sl skinny love [fig]“; B-531/2013 vom 21. Oktober 2013, E. 2.5 „Gallo/Gallay [fig.]“; JOLLER, a.a.O., Art. 3 N. 22 f.).
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt gestützt auf die Schutzwirkung, welche der Widerspruchsmarke im Hinblick auf ihre Kennzeichnungskraft zukommt (BGE 122 III 382, E. 2.a „Kamillosan/Kamillon“; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 17 ff., 111 ff.; MARBACH, a.a.O., Rz 942 ff., 975 ff.). Die
Kennzeichnungskraft bezeichnet die Fähigkeit einer Marke, sich dem Publikum als Marke einzuprägen; in Abgrenzung von der abstrakt zu beurteilenden Unterscheidungskraft kann sich die Kennzeichnungskraft im Lauf der Zeit verändern, indem beispielsweise eine Marke durch Benutzung gestärkt oder durch Drittzeichen geschwächt wird (BGE 122 III 382, E. 2.a
„Kamillosan/Kamillon“; WILLI, a.a.O., Art. 1 N. 17 f., Art. 3 N. 111 ff.). Stark sind Marken, die entweder aufgrund ihres fantasiehaften Gehalts auffallen oder aber sich im Verkehr durchgesetzt haben (BGE 122 III 385, E. 2.a
„Kamillosan/Kamillon“, mit Hinweisen; Urteil des BVGer B-1136/2009 vom
9. Juli 2010, E. 3.3 „Pernaton/Pernadol“, mit Hinweisen; MARBACH, a.a.O., Rz 979). Für schwächere Marken ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich kleiner als für starke. Bei schwachen Marken genügen daher schon bescheidene Abweichungen, um eine hinreichende Unterscheidbarkeit zu schaffen (BGE 122 III 382, E. 2.a „Kamillosan/Kamillon“). Schwach sind insbesondere Marken, deren wesentliche Bestandteile sich eng an das Gemeingut anlehnen (BGE 122 III 382, E. 2.a „Kamillosan/Kamillon“; Urteil des BVGer B-5119/2014 vom 17. März 2016, E. 2.7 „Visudyne/Vivadin“; B-1136/2009 vom 9. Juli 2010, E. 7.2 „Pernaton/Pernadol“; B-2235/2008 vom 2. März 2010, E. 5.2 „Dermoxane/Dermasan“). Dazu gehören Sachbezeichnungen sowie Hinweise auf Eigenschaften wie die Bestimmung, den Verwendungszweck oder die Wirkungsweise der Waren oder Dienstleistungen, sofern sie von den Verkehrskreisen ohne besondere Denkarbeit oder Fantasieaufwand verstanden werden und sich nicht in blossen Anspielungen erschöpfen (BGE 135 II 359, E. 2.5.5 "akustische Marke"; Urteil des BVGer B-283/2012 vom 13. Dezember 2012, E. 4.1 "Noblewood"; B-5119/2014, E. 2.7 „Visudyne/Vivadin“).
Die massgeblichen Verkehrskreise sind ausgehend vom Warenverzeichnis der älteren Marke zu bestimmen, sofern der sachliche Schutzbereich nicht zufolge Nichtgebrauchseinrede eingeschränkt ist (Urteil des BVGer B-5119/2014 vom 17. März 2016, E. 4 „Visudyne/Vivadin“, mit Hinweisen;
RAPHAEL NUSSER, Die massgeblichen Verkehrskreise im schweizerischen Markenrecht, Bern 2015, S. 145; DAVID, a.a.O., Art. 3 N. 36). Eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine reduzierte Verwechslungsgefahr werden in der Regel angenommen, wenn sich eine Marke nur an Fachleute wendet, während bei Massenartikeln des täglichen Bedarfs mit einer geringeren Aufmerksamkeit der Verkehrskreise zu rechnen ist (BGE 133 III 347, E. 4.1
„Trapezförmiger Verpackungsbehälter [3D]“; 122 III 382, E. 3.a „Kamillosan/Kamillon“; Urteil des BVGer B-1398/2011 vom 25. September 2012,
E. 5.4 „Etavis/Estavis 1993“; DAVID, a.a.O., Art. 3 N. 14; JOLLER, a.a.O.,
Art. 3 N. 52; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 21). Bei Arzneimitteln ist zu differenzieren, ob es sich um rezeptpflichtige oder unter ärztlicher Kontrolle eingenommene Medikamente handelt oder um frei erhältliche (BGE 122 III 382,
E. 3.b „Kamillosan/Kamillon“; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 21).
Zunächst sind vorliegend die massgeblichen Verkehrskreise zu bestimmen. Die im Widerspruch stehenden Marken sind für pharmazeutische Präparate der Warenklasse 5 eingetragen. Aufgrund der erhobenen Nichtgebrauchseinrede ist die sachliche Schutzwirkung allerdings auf den rechtserhaltend glaubhaft gemachten Gebrauch beschränkt (E. 3.3). Dieser erschöpft sich vorliegend im Vertrieb pharmazeutischer Präparate zur Behandlung der Cushing-Krankheit (E. 2; angefochtene Verfügung, S. 6, Rz 21; vgl. Urteil des BVGer B-5871/2011 vom 4. März 2013, E. 2.3 „Gadovist/Gadogita“). Folglich bestehen die massgebenden Verkehrskreise primär aus medizinisch fachkundigen Abnehmern mit entsprechend erhöhter Aufmerksamkeit (E.3.3).
Sodann ist die Gleichartigkeit der Waren zu prüfen. Die Marken sind für
„pharmazeutische Präparate“ in der Warenklasse 5 registriert. Die Vorinstanz hat den rechtserhaltenden Gebrauch im Umfang des Vertriebs eines rezeptpflichtigen Medikaments gegen das sogenannte Cushing-Syndrom als glaubhaft beurteilt (E. 2; angefochtene Verfügung, S. 6, Rz 20). Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelten pharmazeutische Präparate - ungeachtet ihres Indikationsbereichs, ihrer Darreichungsform oder einer allfälligen Rezeptpflicht - grundsätzlich als gleichartig, da bezüglich Vertriebskanälen, Herstellungsstätten, Know-how und medizinischem Verwendungszweck Übereinstimmung besteht (Urteile B-5119/2014 vom 17. März 2016, E. 5.2 „Visudyne/Vivadin“, mit Hinweisen; B-6770/2007 vom 9. Juni 2008, E. 5 "Nasacort/Vasocor"; B-953/2013 vom 15. Oktober 2013, E. 4 "Cizello/Scielo"). Die Vorinstanz ist daher in
casu zu Recht von der Gleichartigkeit der Waren ausgegangen (angefochtene Verfügung, S. 6).
Die Zeichenähnlichkeit ist nach dem Gesagten anhand des Wortklangs, des Schriftbilds und des Sinngehalts zu beurteilen (E. 3.2).
Bei den Vergleichszeichen handelt es sich um reine Wortmarken. Die Widerspruchsmarke SIGNIFOR und die angefochtene Marke SIGNASOL bestehen aus jeweils drei Wortsilben mit insgesamt acht Buchstaben, wobei jeweils die Anfangssilben (SIG) identisch sind, die Mittelsilben (NI bzw. NA) mit demselben Konsonanten beginnen und die Schlusssilben (FOR bzw. SOL) den gleichen Mittelvokal aufweisen. Die Vokalfolgen lauten: I - I - O bzw. I - A -O. In Bezug auf Wortklang und Schriftbild ist daher von einer erheblichen Nähe der Vergleichszeichen auszugehen.
Weder SIGNIFOR noch SIGNASOL kommt als Einheit unmittelbar ein Sinngehalt zu. Weist ein Zeichen als Einheit keinen direkt erkennbaren Sinngehalt auf, wird der Abnehmer versuchen, sich aus den Bestandteilen des Zeichens einen Sinn zu erschliessen, bevor er von einem reinen Fantasiezeichen ausgeht (Urteil des BVGer B-626/2015 vom 9. Juni 2016,
E. 5.3.5 „Kalisan/Kalisil“, mit Hinweisen). Bei den Vergleichszeichen handelt es sich vorliegend um Komposita aus den Bedeutungselementen SIGNI bzw. SIGNA am Wortanfang sowie einem weiteren Bedeutungselement am Wortende, wobei im einleitenden Bestandteil das im Deutschen geläufige „Signum“ anklingt, das beispielsweise auch dem Wort „Signal“ zugrunde liegt und sich vom lateinischen Wort für „Zeichen“ herleitet; eine Entsprechung findet sich im französischen „signe“ sowie im italienischen
„segno“. Die Widerspruchsmarke endet auf FOR, was an das französische
„fort“ und das italienische „forte“ (lat. fors) denken lässt und entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (Beschwerde, S. 7) über geläufige Lehnwörter auch im deutschen Sprachraum ohne Weiteres mit „Kraft“ und
„Stärke“ in Verbindung gebracht wird (vgl. z.B. im baugeschichtlichen Kontext „Fort“ und „Fortifikation“, in der Musik das italienische „forte“ sowie in militärischen Bezeichnungen das englische „force“).
Die angefochtene Marke endet auf SOL. Nach Auffassung der Vorinstanz weckt die Endung Assoziationen zu einem Lösungsmittel (angefochtene Verfügung, S. 7), was von der Beschwerdeführerin bestritten wird (Beschwerde, S. 7). Für die vorinstanzliche Beurteilung in diesem Punkt liesse sich nebst dem relevanten medizinischen Kontext sowie dem chemischen
Begriff „Sol“, der fachsprachlich eine „kolloide Lösung“ bezeichnet (Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 26. Aufl. 2013), auch das im deutschen Sprachraum geläufige „Sole“ für „Salzlösung“ (vgl. „Solebad“) sowie das lateinische Wort „solutio“ für „Lösung“ anführen, welches im französischen
„solution“ und im italienischen „soluzione“ erhalten ist. Zwar bezeichnet
„sol“ im Französischen auch den Boden, im Lateinischen überdies die Sonne; dennoch ist zumindest für den deutschsprachigen Medikamentenmarkt unter Berücksichtigung der primär medizinisch fachkundigen Abnehmer von einem prägnanten Bedeutungsinhalt im Sinne eines Hinweises auf eine Lösung bzw. ein Lösungsmittel auszugehen.
Insgesamt stimmen die Vergleichszeichen damit auf semantischer Ebene im ersten Bestandteil überein, während sie im zweiten Bestandteil voneinander abweichen. Angesichts der inhaltlichen Übereinstimmung des Wortstamms sowie der Nähe von Wortklang und Schriftbild der Zeichen ist indes nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz trotz der semantischen Abweichung des Wortendes insgesamt von einer Ähnlichkeit der Zeichen ausgegangen ist (angefochtene Verfügung, S. 6 f.).
Die Frage der Verwechslungsgefahr zwischen mehrsilbigen Wortmarken, die beide für Pharmazeutika registriert sind, hat die Rechtsprechung wiederholt beschäftigt. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr wurde in der Praxis bejaht, wenn die Marken sich entweder nur in ihrer Endoder nur in ihrer Mittelsilbe voneinander unterscheiden (vgl. BVGer, B-4070/2007, E. 5.1 „Levane/Levact“, mit Hinweisen). Umgekehrt wurde erwogen, dass gewöhnlich eine fehlende Verwechslungsgefahr indiziert sei, wenn dreioder mehrsilbige Wortmarken in nur einer Silbe übereinstimmen (BGE 119 II 473, E. 2.d „Radion/Radomat“). Der vorliegende Fall lässt sich nicht ohne weiteres unter die genannten Kriterien subsumieren, da sowohl die Mittelals auch die Endsilben der strittigen Zeichen teilweise voneinander abweichen, während umgekehrt nebst der identischen Anfangssilbe auch bezüglich der beiden weiteren Silben eine teilweise Übereinstimmung besteht. Im Ergebnis ist die Ausgangslage in Bezug auf die Vergleichszeichen SIGNIFOR/SIGNASOL aber vergleichbar mit dem Fall
„Dermoxane/Dermasan“, in welchem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 2. März 2010 die Verwechslungsgefahr verneinte (B-2235/2008, E. 6.5).
Im Übrigen stellt die Widerspruchsmarke SIGNIFOR nach dem Gesagten eine Zusammensetzung der Bedeutungseinheiten SIGNI und FOR dar,
welche sowohl im Deutschen als auch im Französischen und Italienischen ohne besonderen Aufwand an Fantasie mit „Zeichen“ und „Kraft“ in Verbindung gebracht werden. Solche eng an den Sprachgebrauch angelehnte Wortzusammensetzungen sind für Marken pharmazeutischer Präparate der Warenklasse 5 durchaus verbreitet; dies gilt um so mehr für Komposita mit der Endung FOR (vgl. „Algifor“, „Lithiofor“, „Mucafor“, „Pulmofor“,
„Vifor“: Beschwerdeantwort, Rz 26, Beil. 2 - 6). Die Vorinstanz ist daher zu Recht von einer insgesamt durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen (angefochtene Verfügung, S. 8). Auch im Hinblick auf den glaubhaft gemachten beschränkten Gebrauch der Widerspruchsmarke ist nicht von einer starken Kennzeichnungskraft auszugehen.
Zu beachten ist schliesslich, dass dem Zeichenanfang in der Gesamtwahrnehmung in der Regel eine erhöhte Bedeutung zukommt; die identischen Anfangssilben (SIG) der Vergleichszeichen sprechen mithin für die Nähe der beiden Marken. Umgekehrt hat indes auch das Wortende in der Gesamtwahrnehmung besonderes Gewicht (s.o., E. 3.2). Vorliegend evozieren die Schlusssilben FOR bzw. SOL divergierende Bedeutungsinhalte (s.o., E. 6). Zwar handelt es sich bei der Endung FOR nicht um ein besonders kennzeichnungskräftiges Zeichenelement, doch gilt dies in gleichem Masse auch für die Anfangssilbe SIG. Hinzu kommen die Unterschiede in den Mittelsilben NI bzw. NA, welche den im Streit liegenden Marken aufgrund der jeweils unterschiedlichen Vokale ein voneinander abweichendes Klangbild verleihen (geschlossenes I versus offenes A; Lautwiederholung versus Lautwechsel).
Sowohl akustisch als auch semantisch ist daher von einer nicht unerheblich voneinander abweichenden Gesamtwirkung der beiden Marken auszugehen und eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die erhöhte Aufmerksamkeit der massgebenden Verkehrskreise (s.o., E. 4) sowie den eingeschränkten Schutzbereich der eher durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke (s.o. E. 7.2) zu verneinen. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr wiederum ist nicht erkennbar; ein gemeinsamer Wortstamm ist praxisgemäss nur dann ein Indiz für eine mittelbare Verwechselbarkeit, wenn das diversifizierte Angebot einer Stammmarke erwartet wird (Urteil des BVGer B-2235/2008 vom 2. März 2010, E. 6.5
„Dermoxane/Dermasan“, mit Hinweisen), was vorliegend nicht der Fall ist (und auch nicht behauptet wird). Die Beschwerde ist daher abzuweisen, die vorinstanzliche Abweisung des Widerspruchs zu bestätigen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Die Gerichtsgebühr ist nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und der finanziellen Lage der Parteien festzulegen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist dafür ein Streitwert zu veranschlagen (Art. 4 VGKE), wobei dafür im Widerspruchsbeschwerdeverfahren das Interesse der Widersprechenden an der Löschung bzw. der Widerspruchsgegnerin am Bestand der angefochtenen Marke zu veranschlagen ist. Bei eher unbedeutenden Zeichen ist praxisgemäss ein Streitwert zwischen Fr. 50‘000.- und Fr. 100‘000.- anzunehmen (BGE 133 III 492, E. 3.3). Von diesem Erfahrungswert ist auch vorliegend auszugehen. Nach dem Gesagten rechtfertigt es sich, die Verfahrenskosten insgesamt auf Fr. 4‘500.- (inkl. Auslagen) festzulegen.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 VGKE). Das Gericht setzt die Entschädigung anhand der eingereichten Kostennote fest; fehlt eine detaillierte Abrechnung, wird aufgrund der Akten entschieden (Art. 14 VGKE). Im vorliegenden Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdegegnerin ihren Aufwand mit Fr. 3‘500.- beziffert, freilich ohne eine Honorarnote einzureichen (Beschwerdeantwort, Rz. 6). Angesichts des begrenzten Umfangs und der durchschnittlichen Komplexität der Streitsache, unter Berücksichtigung der im Streit liegenden Interessen und der Schriftlichkeit des Verfahrens sowie in Würdigung vergleichbarer Fälle erscheint eine Parteientschädigung im Betrag von insgesamt Fr. 3‘000.- (inkl. Auslagen) als angemessen.
Gegen dieses Urteil steht keine Beschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 73 BGG). Es wird mit Eröffnung rechtskräftig.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 4‘500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit ihrem Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.
Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet, der Beschwerdegegnerin für das Beschwerdeverfahren eine Entschädigung von Fr. 3‘000.- zu bezahlen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beilage: Beschwerdebeilagen)
die Beschwerdegegnerin (Einschreiben; Beilage: Beschwerdeantwortbeilagen)
die Vorinstanz (Ref-Nr. 14485; Einschreiben; Beilagen: Vorakten)
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
David Aschmann Matthias Amann
Versand: 18. Januar 2018
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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