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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-5467/2017

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-5467/2017
Datum:14.02.2018
Leitsatz/Stichwort:Gebühren
Schlagwörter : Überwachung; Anbieterin; Beschwerde; Dienst; Lycamobile; Gebühr; BÜPF; Swisscom; Verfügung; Ausland; Vorinstanz; Verfahren; Gebühren; Rechnung; Entschädigung; Beschwerdeführer; Anbieterinnen; Verfügungen; VÜPF; Partei; Fernmeldeverkehr; Recht; Staatsanwalt; Rufnummer; Beauftragt; Adressierungselement; Kopfschaltung; Bundesverwaltungsgericht; Technisch; Staatsanwaltschaft
Rechtsnorm: Art. 269 StPO ; Art. 27 StPO ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 VwVG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:131 V 222; 131 V 59; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Entscheid bestätigt durch BGer mit Urteil vom 12.05.2020 (2C_274/2018)

Abteilung I

A-5467/2017, A-5471/2017, A-5472/2017

U r t e i l  v o m  1 4.  F e b r u a r  2 0 1 8

Besetzung Richterin Kathrin Dietrich (Vorsitz),

Richter Jürg Steiger, Richter Christoph Bandli, Gerichtsschreiberin Laura Bucher.

Parteien Kanton Bern, 3000 Bern,

handelnd durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Generalstaatsanwaltschaft, Frau A. Schultz Aschenberger, Maulbeerstrasse 10, Postfach, 3001 Bern, Beschwerdeführer,

gegen

Dienst Überwachung Postund Fernmeldeverkehr (ÜPF),

Fellerstrasse 15, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Gebühr für Überwachung einer Rufnummer mit Auslandbezug.

Sachverhalt:

A.

Im Zusammenhang mit drei unterschiedlichen Strafverfahren beauftragte die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) am 3. Juli, 27. Juli und 28. Juli 2017 das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement (EJPD), Informatik Service Center ISC-EJPD, Dienst Überwachung Postund Fernmeldeverkehr (nachfolgend: Dienst ÜPF) mit der Echtzeitüberwachung von drei Telefonnummern der Fernmeldedienstanbieterin (nachfolgend: FDA) Lycamobile, inklusive Überwachung mit Auslandsbezug (sog. Kopfschaltung) für jeweils drei Monate.

B.

Der Dienst ÜPF teilte den zuständigen Staatsanwälten jeweils nach Auftragseingang mit, Lycamobile sei nicht in der Lage, Kopfschaltungen durchzuführen, weshalb die Swisscom damit beauftragt werden müsse, was zu einer Verdoppelung der Kosten führen würde.

C.

Die zuständigen Staatsanwälte teilten dem Dienst ÜPF mit, dass sie an den Überwachungsmassnahmen festhalten würden. In einem Fall hielt der Staatsanwalt mündlich und schriftlich fest, dass er nicht bereit sei, die Folgen von technischen Hindernissen bei den FDA mit höheren Kosten zu tragen. Im Folgenden wurden Lycamobile mit den Echtzeitüberwachungen und die Swisscom mit den Überwachungen mit Auslandbezug (Kopfschaltungen) beauftragt.

D.

Am 14. und 15. August 2017 stellte der Dienst ÜPF der Staatsanwaltschaft drei Rechnungen über Fr. 5‘060.- für Fernmeldedienstleistungen. Die Rechnungen umfassen jeweils die beiden Aufträge an Lycamobile und an die Swisscom mit Gebühren über Fr. 2‘530.- pro Auftrag.

E.

Mit Schreiben vom 15. und 25. August 2017 teilte die Staatsanwaltschaft dem Dienst ÜPF mit, dass man mit den Rechnungen vom 14. und 15. August 2017 nicht einverstanden sei. Obwohl jeweils lediglich eine Überwachungsmassnahme eines Adressierungselements angeordnet worden sei, werde die Gebühr doppelt in Rechnung gestellt. Die Staatsanwaltschaft verlangte die Korrektur der Rechnungen oder bei Festhalten am doppelten Rechnungsbetrag den Erlass von anfechtbaren Verfügungen.

F.

Mit Verfügungen vom 7. September 2017 verfügte der Dienst ÜPF, dass die Beträge von Fr. 5'060.- binnen 30 Tagen vollständig zu bezahlen seien. Wenn eine FDA nicht in der Lage sei, die Überwachung auszuführen und dadurch eine andere FDA damit beauftragt werden müsse, würde keine spezielle gesetzliche Regelung für das Aufteilen der Gebühren vorliegen. Deshalb seien jeweils zwei Pauschalgebühren geschuldet.

G.

Gegen diese Verfügungen erhebt der Kanton Bern, handelnd durch die Staatsanwaltschaft (nachfolgend: Beschwerdeführer), am 22. September 2017 jeweils Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (Verfahren A-5467/2017, A-5471/2017 und A-5472/2017). Er beantragt, die Verfügungen vom 7. September 2017 seien abzuändern und die Rechnungsbeträge seien auf die einfache Gebühr von Fr. 2‘530.- festzusetzen. Zur Begründung führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, die doppelte Kostenauflage sei nicht gesetzeskonform. Seien an der zu überwachenden Fernmeldedienstleistung mehrere FDA beteiligt, so habe der Dienst jener FDA den Auftrag zu erteilen, die für die Verwaltung der Nummer zuständig sei oder die Überwachung mit dem geringsten technischen Aufwand vollziehen könne.

H.

Mit Vernehmlassungen vom 18. Dezember 2017 schliesst die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerden.

I.

Mit Stellungnahmen vom 11. Januar 2018 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest und macht ergänzende Ausführungen.

J.

Auf die weitergehenden Ausführungen der Parteien und die sich bei den Akten befindlichen Schriftstücke wird - soweit entscheidrelevant - in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Grundsätzlich bildet jeder vorinstanzliche Entscheid bzw. jede Verfügung ein selbständiges Anfechtungsobjekt und ist deshalb einzeln anzufechten und vom Gericht zu beurteilen. Es ist gerechtfertigt, von diesem Grundsatz abzuweichen, wenn die einzelnen Sachverhalte in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen und sich in allen Fällen gleiche oder ähnliche Rechtsfragen stellen (vgl. BGE 131 V 59 E. 1, 128 V 124 E. 1). Die Frage der Vereinigung von Verfahren steht im Ermessen des Gerichts. Sie hängt mit dem Grundsatz der Prozessökonomie zusammen, wonach ein Verfahren im Interesse aller Beteiligten möglichst einfach, rasch und zweckmässig zum Abschluss gebracht werden soll (vgl. BGE 131 V 222 E. 1, 128 V 124 E. 1; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer]

      A-6390/2016 vom 14. September 2017 E. 1.1 und A-6671/2015 vom 9. August 2016 E. 1.2; zum Ganzen: MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, Rz. 3.17).

      Die Rechtsschriften in den Verfahren A-5467/2017, A-5471/2017 und A-5472/2017 sind identisch. Die in diesen Verfahren angefochtenen Verfügungen der Vorinstanz beziehen sich auf gleichgelagerte Sachverhalte und betreffen die gleiche Rechtsfrage. Es rechtfertigt sich deshalb aus prozessökonomischen Gründen, die drei Verfahren zu vereinigen und über die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu befinden.

    2. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom

      20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), sofern eine Vorinstanz im Sinne von Art. 33 VGG entschieden hat und keine Ausnahme nach Art. 32 VGG gegeben ist.

      Die angefochtenen Verfügungen sind zulässige Anfechtungsobjekte und stammen von einer Behörde im Sinne von Art. 33 Bst. d VGG; eine Ausnahme im erwähnten Sinn liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist somit für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerden zuständig (vgl. auch Art. 32 der Verordnung vom 31. Oktober 2001 über die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs [VÜPF, SR 780.11], der für den Rechtsschutz auf die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege verweist). Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet

      sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes vorsieht (Art. 37 VGG).

    3. Zur Beschwerde ist nach Art. 48 Abs. 1 VwVG berechtigt, wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Bst. a), durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (Bst. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Bst. c).

      Der Beschwerdeführer hat an den vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als Adressat der angefochtenen Verfügungen, worin er zur Bezahlung von Gebühren verpflichtet wird, sowohl formell als auch materiell beschwert, weshalb er zu den Beschwerden legitimiert ist.

    4. Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichten Beschwerden (vgl. Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 VwVG) ist daher einzutreten.

2.

Das Bundesverwaltungsgericht überprüft die angefochtenen Verfügungen auf Rechtsverletzungen, einschliesslich unrichtiger oder unvollständiger Feststellung des rechterheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens (Art. 49 Bst. a und b VwVG). Zudem prüft es die Verfügungen auf Angemessenheit hin (Art. 49 Bst. c VwVG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an und ist an die Begründung der Parteien nicht gebunden (Art. 62 Abs. 4 VwVG).

3.

    1. Gemäss Art. 269 der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO, SR 312.0) kann die Staatsanwaltschaft den Fernmeldeverkehr überwachen lassen, wenn der dringende Verdacht besteht, dass eine Straftat nach Art. 269 Abs. 2 StPO begangen wurde. Es ist eine Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht notwendig (Art. 272 StPO). Gemäss Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs vom 6. Oktober 2000 (BÜPF, SR 780.1) prüft der Dienst ÜPF die angeordneten Massnahmen und leitet die entsprechenden Schritte für die Überwachung ein. Die Einzelheiten betreffend Überwachung der Telefondienste sind in Art. 15 ff. VÜPF geregelt. Es wird zwischen Echtzeit-Überwachung und rückwirkender Überwachung unterschieden. Im vorliegenden Fall wurden als Echtzeit-Überwachung die laufende Übertragung der Nutzinformationen (Art. 16 Bst. a VÜPF), die

      Standortidentifikation (Art. 16 Bst. b VÜPF) und die Teilnehmeridentifikation (Art. 16 Bst. c VÜPF) angeordnet (vgl. zum Ganzen THOMAS HANSJAKOB, Kommentar zum Bundesgesetz und zur Verordnung über die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs, 2. Aufl. 2006, Art. 16 VÜPF Rz. 1 ff.). Die Überwachung wurde gemäss Art. 16b VÜPF inklusive Auslandsbezug angeordnet. Eine Überwachung hat Auslandsbezug, wenn der Fernmeldeverkehr von und zu einem internationalen Adressierungselement im Ausland, einem schweizerischen Adressierungselement im Ausland oder einem ausländischen Adressierungselement in der Schweiz betroffen ist. Dies gilt unabhängig davon, welchem Netzwerk das Adressierungselement zugehörig ist. Das heisst, dass gemäss Art. 16b VÜPF von der Überwachung jedes Adressierungselement umfasst ist, unabhängig vom Standort, der Landeskennzahl der Rufnummer und der Netzzugehörigkeit (Art. 16b VÜPF; vgl. dazu Erläuterungen zur Änderung der Verordnung über die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs [VÜPF] sowie zur Änderung der Verordnung über die Gebühren und Entschädigungen für die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs [GebV-ÜPF] vom 26. Oktober 2011, S. 6).

    2. Gemäss Art. 16 BÜPF gehen die für eine Überwachung notwendigen Einrichtungen zu Lasten der Anbieterinnen von Postund Fernmeldediensten. Diese erhalten von der anordnenden Behörde für Aufwendungen eine angemessene Entschädigung für die Kosten der einzelnen Überwachung (Abs. 1). Die Entschädigungen und die Gebühren für die Dienstleistungen des Dienstes setzt der Bundesrat fest (Abs. 2). Gestützt darauf erliess der Bundesrat die Verordnung vom 7. April 2004 über die Gebühren und Entschädigungen für die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs (GebV-ÜPF, SR 780.115.1). Diese unterscheidet zwischen den Gebühren für die Dienstleistungen der Vorinstanz und den Entschädigungen an die FDA und setzt für jeden Überwachungstyp eine pauschale Gesamtgebühr und den darin enthaltenen Anteil der Entschädigung fest. In Bezug auf die Echtzeitüberwachung nach Art. 16 Bst. a, b und c VÜPF sieht Art. 2 Abschnitt A GebV-ÜPF eine Gebühr von Fr. 2‘530.- pro Adressierungselement/Rufnummer vor. Die Entschädigung an die FDA liegt bei Fr. 1‘330.-. Gemäss Art. 1 Abs. 2bis GebV-ÜPF gilt pro überwachtes Adressierungselement der einfache Ansatz der Gebühren, unabhängig davon, wo sich das entsprechende Endgerät befindet. Nach Art. 5 Abs. 1 GebV-ÜPF stellt der Dienst der anordnenden Behörde nach Abschluss der einzelnen Überwachung Rechnung für die von ihm sowie von den Postund Fernmeldedienstanbieterinnen erbrachten Dienstleistungen. Soweit die GebV-ÜPF keine

besondere Regelung enthält, gelten nach Art. 5b GebV-ÜPF die Bestimmungen der AllgGebV.

4.

    1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Überwachung des Fernmeldeverkehrs sei vor der Aufnahme des Kundenbetriebs eines Fernmeldedienstes sicherzustellen. Der Umstand, dass Lycamobile die Überwachung nicht sicherstellen könne, dürfe nicht dazu führen, dass der Beschwerdeführer die doppelt in Rechnung gestellte Pauschalgebühr zu bezahlen habe. Aufgrund von technischen Hindernissen werde die Überwachung im Ausland nicht von Lycamobile, sondern von Swisscom geleistet. Der Dienst ÜPF hätte die Swisscom mit der Überwachung beauftragen sollen, welche die Daten bei Lycamobile hätte erhältlich machen sollen. Die Entschädigung sei an Swisscom zu leisten, die Aufteilung zwischen der Swisscom und Lycamobile sei eine rein zivilrechtliche Angelegenheit. Pro überwachtes Adressierungselement gelte der einfache Gebührenansatz, unabhängig davon, wo sich das Endgerät befinde. Deshalb dürfe den Strafverfolgungsbehörden die Pauschalgebühr nur einfach in Rechnung gestellt werden.

    2. Dem hält die Vorinstanz entgegen, jede FDA müsse in der Lage sein, die Überwachung auszuführen oder ausführen zu lassen. Für den Fall, dass sich eine FDA nicht an diese Verpflichtung halte und deshalb eine andere FDA beauftragt werden müsse, gebe es keine spezielle Regelung für die Gebührenaufteilung. Der Dienst ÜPF verfüge über keine Aufsichtsoder Strafkompetenzen, um bei Weigerung einer FDA dagegen vorgehen zu können. Könne die Echtzeitüberwachung einer Rufnummer im Inland und eine Kopfschaltung nicht durch einen Überwachungsauftrag an ein und dieselbe FDA erreicht werden, so habe der Dienst ÜPF zwei FDA zu beauftragen. Es lägen deshalb zwei verschiedene Überwachungsmassnahmen vor, für welche zwei Pauschalgebühren geschuldet seien.

    3. Sind an der zu überwachenden Fernmeldedienstleistung mehrere Anbieterinnen beteiligt, so erteilt der Dienst derjenigen Anbieterin den Überwachungsauftrag, die für die Verwaltung der Nummer zuständig ist oder die Überwachung mit dem geringsten technischen Aufwand vollziehen kann. Alle beteiligten Anbieterinnen sind verpflichtet, ihre Daten der beauftragten Anbieterin zu liefern. Die Entschädigung wird an die beauftragte Anbieterin entrichtet. Die Aufteilung unter den Beteiligten ist Sache der Anbieterinnen (Art. 15 Abs. 2 BÜPF). Art. 15 Abs. 2 BÜPF regelt das Problem,

      dass in vielen Fällen eine Telefonnummer zwar von einer bestimmten Anbieterin an den Kunden vergeben wird, diese Anbieterin aber mit anderen Anbieterinnen Verträge hat, die es dem Kunden ermöglicht, auch deren Netze zu benützen. Vor Inkrafttreten dieser Bestimmung mussten beide Netze überwacht werden und die Gebühren fielen doppelt an. Nun genügt es, eine Anbieterin mit der Überwachung zu beauftragen und die Gespräche, die über das Netz einer anderen Anbieterin geführt wurden, werden von dieser an die beauftrage Anbieterin und dann an den Dienst ÜPF weitergleitet (HANSJAKOB, a.a.O., Art. 15 BÜPF Rz. 7; vgl. zum Ganzen Urteil des BVGer A-5625 vom 20. Dezember 2017 E. 7.4). Art. 15 Abs. 2 BÜPF wurde erst in der parlamentarischen Beratung auf Empfehlung des zuständigen Departements in der Kommission eingeführt, um die Pflichten der FDA zu regeln, wenn mehrere Anbieterinnen beteiligt sind (AB 2000 S 406 Votum Marty). Seit Verabschiedung der Botschaft würden immer mehr Roaming-Verträge abgeschlossen, bei denen zwei oder mehr Anbieterinnen sich gegenseitig die festen Einrichtungen zur Verfügung stellen, was die internationale Verwendung von Mobiltelefonen ermöglicht habe. Diese Bestimmung soll insbesondere auch die Überwachung bei internationalen Verhältnissen ermöglichen, weil die Auftragserteilung an die FDA schwierig sei, wenn man nicht wisse, welche Anbieterin welche Leistung im internen Verhältnis erbringe (AB 2000 S 406 Votum Metzler).

    4. Voraussetzung für die Anwendung von Art. 15 Abs. 2 BÜPF ist, dass an der zu überwachenden Fernmeldedienstleistung mehrere Anbieterinnen beteiligt sind. Anknüpfungspunkt ist die Dienstleistung, nicht die Überwachung. Wer in der Schweiz ein ausländisches Mobiltelefon betreibt, kann allenfalls auf mehreren Mobilnetzen in der Schweiz telefonieren. Dies ist jedoch kein Anwendungsfall von Art. 15 Abs. 2 BÜPF, weil das einzelne Gespräch jeweils nur über eine Anbieterin geführt wird. In solchen Fällen muss bei allen Anbieterinnen eine separate Überwachung geschaltet und bezahlt werden (HANSJAKOB, a.a.O., Art. 15 BÜPF Rz. 9).

    5. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass Lycamobile für in der Schweiz angebotene Mobilfunk-Dienstleistungen das Netz der Swisscom nutzt. Wenn nun wie vorliegend eine von der FDA Lycamobile vergebene Nummer überwacht werden soll, sind an der überwachten Fernmeldedienstleistung - mindestens solange sich das überwachte Mobiltelefon in der Schweiz befindet - mehrere Anbieterinnen, nämlich Lycamobile (als Vertragspartnerin des Kunden, dessen Rufnummer überwacht wird) und die Swisscom (welche das Netz zur Verfügung stellt), beteiligt. Folglich liegt

      für die vorliegende Echtzeit-Überwachung in der Schweiz ein Anwendungsfall von Art. 15 Abs. 2 BÜPF vor.

      Daran ist für die Auslandsüberwachung anzuknüpfen. Sinn und Zweck von Art. 15 Abs. 2 BÜPF ist nämlich, dass die Kosten für die Überwachung nicht doppelt anfallen, wenn mehrere FDA beteiligt sind (vgl. E. 4.1). Dies muss folglich auch für die Überwachung mit Auslandsbezug gelten, wenn diese ebenfalls angeordnet wurde (vgl. auch Art. 1 Abs. 2bis GebV-ÜPF). Mit Art. 15 Abs. 2 BÜPF soll die Überwachung in Fällen, wo mehrere FDA beteiligt sind, nämlich insgesamt vereinfacht bzw. überhaupt ermöglicht werden. Gemäss den nicht bestrittenen Aussagen der Vorinstanz befinden sich die Netzwerkelemente von Lycamobile im Ausland und Lycamobile weigert sich unter Berufung auf das Territorialitätsprinzip, eine von den Schweizer Behörden angeordnete Kopfschaltung auf ihrer Infrastruktur im Ausland durchzuführen. Wenn nun wie im vorliegenden Fall eine FDA nicht in der Lage ist, eine Überwachung im Ausland durchzuführen, ist in Anwendung von Art. 15 Abs. 2 BÜPF der Auftrag an die mitbeteiligte FDA zu erteilen.

    6. Liegt ein Anwendungsfall von Art. 15 Abs. 2 BÜPF vor, wird der Überwachungsauftrag primär derjenigen FDA erteilt, die für die Verwaltung der Nummer zuständig ist. Weil diejenige Anbieterin, welche die Kundenbeziehung aufbaut, auch dafür zu sorgen hat, dass die Überwachung durchgeführt werden kann, wird auf die Verwaltung abgestellt und nicht darauf, wer die erforderlichen Daten liefern kann (HANSJAKOB, a.a.O., Art. 15 Rz. 10). In zweiter Linie und vor allem dann, wenn zu keiner der beteiligten Anbieterinnen eine Abonnementsbeziehung besteht, wird die Anbieterin beauftragt, welche die Überwachung mit dem geringsten technischen Aufwand vollziehen kann. Das ist die Anbieterin, bei der der grösste Teil der Daten anfällt (HANSJAKOB, a.a.O., Art. 15 Rz. 11). Die Entschädigung erfolgt gemäss Art. 15 Abs. 2 an die beauftragte Anbieterin. Es erfolgt somit nur eine Auszahlung. Die Aufteilung unter den Beteiligten ist Sache der Anbieterinnen und eine rein zivilrechtliche Angelegenheit (HANSJAKOB, a.a.O., Art. 15 BÜPF Rz. 13).

      Im vorliegenden Fall ist Lycamobile für die Verwaltung der zu überwachenden Nummer zuständig. Bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 2 BÜPF macht die Auftragserteilung an Lycamobile jedoch keinen Sinn, weil sie die Überwachung mit Auslandsbezug nicht durchführen kann bzw. will. Deshalb ist es angezeigt, den Auftrag an diejenige FDA zu erteilen, welche die Überwachung mit dem geringsten technischen Aufwand vollziehen kann.

    7. Bei der zu beurteilenden Streitsache ist nicht ersichtlich, weshalb die Swisscom die gesamte Überwachung (Echtzeitüberwachung inkl. Auslandsbezug) nicht hätte vollziehen können. Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass die benötigten Daten der Überwachung in der erforderlichen Qualität geliefert wurden. Die Vorinstanz macht zwar sinngemäss geltend, die Echtzeitüberwachung der Rufnummer im Inland und die Kopfschaltung hätten nicht durch einen Überwachungsauftrag an dieselbe FDA erreicht werden können (Vernehmlassungen, Ziff. II. 5). Sie begründet dies jedoch nicht näher. Die Vorinstanz bringt lediglich vor, die Swisscom könne die Überwachung einer Rufnummer von Lycamobile nur im Netz der Swisscom sicherstellen. Eine Kopfschaltung einer Rufnummer von Lycamobile bei Lycamobile sei technisch nicht dasselbe wie eine Kopfschaltung einer Rufnummer von Lycamobile bei der Swisscom. Aus dieser Argumentation wird nicht ersichtlich, weshalb es technisch nicht möglich sein sollte, dass die Swisscom - allenfalls unter dem gemäss Art. 15 Abs. 2 BÜPF vorgesehenen entsprechenden Beizug von Lycamobile - den gesamten Überwachungsauftrag für die Echtzeitüberwachung sowie die Kopfschaltung ausgeführt hätte.

    8. Die Vorinstanz hätte in Anwendung von Art. 15 Abs. 2 BÜPF den Überwachungsauftrag für die Echtzeitüberwachung inkl. Auslandsbezug folglich allein der Swisscom erteilen sollen. Der Dienst ÜPF hätte nur einen Überwachungsauftrag auslösen dürfen. Die Swisscom hätte die allenfalls erforderlichen Daten bei Lycamobile einholen und sich mit Lycamobile direkt über die interne Kostenteilung einigen sollen. Daran ändert auch die vorgängige Information des Dienstes ÜPF an den Beschwerdeführer, dass zwei Aufträge zu erteilen seien und die Gebühren doppelt anfallen würden, nichts. Diese Information kann das Fehlen einer genügenden gesetzlichen Grundlage für die in Rechnung gestellten Gebühren nicht ersetzen, womit insbesondere auch keine konsensuale Grundlage für die doppelte Gebührenerhebung vorliegt (vgl. Urteil des BVGer A-5625/2016 vom 20. Dezember 2017 E. 6.6.5). Daraus ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer die Gebühr zu Unrecht doppelt in Rechnung gestellt wurde.

5.

Bei diesem Ergebnis sind die Beschwerden gutzuheissen. Die angefochtenen Verfügungen sind aufzuheben und die Rechnungsbeträge sind auf die einfache Gebühr von Fr. 2‘530.- festzusetzen.

6.

    1. Die Verfahrenskosten hat in der Regel die unterliegende Partei zu tragen. Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt (Art. 63 Abs. 2 VwVG). Der Vorinstanz als Bundesbehörde sind trotz ihres Unterliegens deshalb keine Verfahrenskosten aufzuerlegen. Der Beschwerdeführer hat als obsiegende Partei keine Verfahrenskosten zu tragen. Er hält die Kostenvorschüsse zurückerstattet.

    2. Der obsiegenden Partei ist von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen Kosten zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Die Entschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere Auslagen der Partei (vgl. Art. 8 ff. VGKE). Keine Entschädigung ist geschuldet, wenn der Vertreter in einem Arbeitsverhältnis zur Partei steht (Art. 9 Abs. 2 VGKE). Folglich ist dem obsiegenden Beschwerdeführer keine Parteientschädigung zuzusprechen.

(Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite.)

1.

Die Verfahren A-5467/2017, A-5471/2017 und A-5472/2017 werden vereinigt.

2.

Die Beschwerden werden gutgeheissen. Die Verfügungen der Vorinstanz vom 7. September 2017 werden aufgehoben und die Rechnungsbeträge auf die einfache Gebühr von je Fr. 2‘530.- festgelegt.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Die von den Beschwerdeführern geleisteten Kostenvorschüsse in der Höhe von insgesamt Fr. 3‘000.- werden nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.

4.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. 213284; Gerichtsurkunde)

  • das Generalsekretariat EJPD (Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Kathrin Dietrich Laura Bucher

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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