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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-1943/2015

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-1943/2015
Datum:12.06.2017
Leitsatz/Stichwort:Rentenanspruch
Schlagwörter : Waise; Waisen; Waisenrente; Beschwerde; Pflege; Anspruch; Kinder; Beschwerdeführer; Beschwerdeführerinnen; Rente; Kinderrente; Vater; Leibliche; Randziffer; Renten; Recht; Verfügung; Unterhalt; BVGer; Pflegekind; Invalidenrente; IVSTA; Verwaltung; Waisenrenten; Mutter; Leiblichen; Eltern; Bundesverwaltungsgericht; Pflegeverhältnis; Entgeltlich
Rechtsnorm: Art. 17 ATSG ; Art. 1a ATSG ; Art. 21 AHVG ; Art. 22 AHVG ; Art. 23 AHVG ; Art. 24b AHVG ; Art. 25 AHVG ; Art. 26 ATSG ; Art. 28b AHVG ; Art. 42 AHVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 60 ATSG ; Art. 62 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 85b AHVG ;
Referenz BGE:105 V 127; 121 II 473; 121 V 17; 122 V 125; 129 V 1; 131 V 164; 134 V 15; 140 V 458; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-1943/2015

U r t e i l  v o m  1 2.  J u n i  2 0 1 7

Besetzung Richter Daniel Stufetti (Vorsitz),

Richterin Franziska Schneider, Richter Beat Weber, Gerichtsschreiberin Karin Wagner.

Parteien 1. A. ,

2. B. ,

beide vertreten durch lic. iur. Susanne Schaffner-Hess, Rechtsanwältin und Notarin, Dornacherstrasse 10, Postfach, 4603 Olten,

Beschwerdeführerinnen,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA,

Avenue Edmond-Vaucher 18, Postfach 3100, 1211 Genf 2, Vorinstanz,

  1. C. (Mutter),

  2. Erben des D. (Vater) selig (verstorben am 8. April 2016), Hörmannsdorf 9, D-94104 Tittling, Deutschland Beigeladene.

Gegenstand Invalidenversicherung, Verrechnung der ordentlichen Kinderrente zur Invalidenrente des Vaters mit der Waisenrente der Kinder; Verfügung der IVSTA vom 25. Februar 2015.

Sachverhalt:

A.

A. , geboren 1993, und B. , geboren 1997 (im Folgenden:

Beschwerdeführerinnen), sind die leiblichen Kinder von D. (Vater

vgl. Dossier D.

act. 7) und C.

(Mutter, vgl. Dossier

  1. nachfolgend Vorakten 49/9). Nach der Scheidung ihrer Eltern lebten die Beschwerdeführerinnen bei ihrer Mutter (vgl. Vorakten 44/60). Diese heiratete im Januar 2002 E. (vgl. Vorakten 44/59), der sich fortan zusammen mit der Kindsmutter als Stiefvater um die Kinder kümmerte. Nach dem Tod des Stiefvaters am 1. März 2002 (vgl. Vorakten 44/57, 54/2) entrichtete die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau (im Folgenden: SVA Aargau) ab 1. April 2002 der Mutter eine Witwenund zwei Waisenrenten (vgl. Vorakten 44/30).

    B.

    Die IV-Stelle für Versicherte im Ausland (im Folgenden: IVSTA oder Vorinstanz) sprach mit Verfügung vom 8. Januar 2015 (vgl. Dossier D. act. 40/1) dem leiblichen Vater der Beschwerdeführerinnen eine ganze Invalidenrente zu.

    Mit Verfügung vom 25. Februar 2015, adressiert an den leiblichen Vater (vgl. BVGer act. 1/1, Vorakten 56), erkannte die IVSTA, die Mutter der Beschwerdeführerinnen habe Anspruch auf zwei ordentliche Kinderrenten zur Rente des Vaters. Zugleich wurden die ausbezahlten Waisenrenten von September 2014 bis Februar 2015 mit den ordentlichen Kinderrenten für dieselbe Zeit verrechnet, was einen Betrag zu Gunsten der IVSTA von Fr. 6'456.- ergab.

    Am 25. Februar 2015 informierte die Schweizerische Ausgleichkasse (im Folgenden: SAK) die Mutter über die Auszahlung einer Witwenrente ab

    1. März 2015. Waisenrenten wurden keine mehr aufgeführt (vgl. Vorakten 55).

      C.

      Gegen die Verfügung der IVSTA vom 25. Februar 2015 erhoben die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerinnen am 26. März 2015 (vgl. BVGer act. 1) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragten:

      1. Die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 25. Februar 2015 sei vollumfänglich aufzuheben.

      2. Den Beschwerdeführerinnen sei rückwirkend ab 1. September 2014 und bis auf weiteres je eine Waisenrente auszurichten.

      3. Eventualiter sei den Beschwerdeführerinnen der Erlass des gesamten mit Verfügung vom 25. Februar 2015 angeordneten Rückforderungsbetrages in der Höhe von Fr. 6'456.- zu gewähren.

      4. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

Zur Begründung brachten die Beschwerdeführerinnen insbesondere vor, die IVSTA wende das Recht unrichtig an, denn die Beschwerdeführerinnen hätten noch immer Anspruch auf eine Waisenrente, weshalb eine Verrechnung derselben nicht zulässig sei und auch kein Rückforderungsgrund der IV ihnen gegenüber bestehe (vgl. Beschwerde S. 3). Der leibliche Vater der Beschwerdeführerinnen habe zu keinem Zeitpunkt seine Unterhaltsund Elternpflichten wahrgenommen. Hingegen habe sich der Stiefvater der Beschwerdeführerinnen um sie gekümmert, womit ein Pflegeverhältnis im Sinne von Art. 49 AHVV bestanden habe (vgl. Beschwerde S. 4, 5). Gemäss Art. 49 Abs. 3 AHVV erlösche der Anspruch auf eine Waisenrente nur, wenn der geleistete Unterhalt oder die Leistungen Dritter einen Viertel der massgebenden Unterhaltsund Erziehungskosten übersteigen würden, was vorliegend nicht der Fall sei (vgl. Beschwerde S. 6).

D.

In ihrer Vernehmlassung vom 5. Mai 2015 (vgl. BVGer act. 3) beantragte die IVSTA die Abweisung der Beschwerde und Bestätigung der angefochtenen Verfügung. Zur Begründung brachte sie vor, es bestehe aufgrund der Ausrichtung der Kinderrente kein unentgeltliches Pflegeverhältnis mehr, womit eine Waisenrente entfalle.

E.

Replikweise hielten die Beschwerdeführerinnen am 8. Juni 2015 (vgl. BVGer act. 5) an ihren Rechtsbegehren und deren Begründung fest und nahmen einlässlich zur Vernehmlassung der Vorinstanz Stellung.

F.

In ihrer Duplik vom 25. Juni 2015 (vgl. BVGer act. 7) hielt die IVSTA an ihrem Antrag auf Abweisung der Beschwerde und dessen Begründung fest.

G.

Am 7. Juli 2015 wurde der Schriftenwechsel geschlossen (vgl. BVGer act. 8).

H.

Mit Instruktionsverfügungen je datierend vom 20. Dezember 2016 (vgl. BVGer act. 9, 10) wurden die SVA und die SAK zu einer Stellungnahme

aufgefordert und die Mutter sowie der leibliche Vater der Beschwerdeführerinnen zum Verfahren beigeladen.

Die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerinnen teilte dem Bundesverwaltungsgericht am 21. Dezember 2016 mit, D. sei im April 2016 verstorben (vgl. BVGer act. 11). Die IVSTA orientierte das Bundesverwaltungsgericht am 13. März 2017 (vgl. BVGer act. 16) über das Schreiben des Nachlassgerichtes, Amtsgericht P. , vom 20. Januar 2017, wonach eine Ermittlung der Erben von Amts wegen unterblieben sei, da zum Nachlass, soweit bekannt, kein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht gehöre und nach den Umständen des Falles anzunehmen sei, dass ein die Beerdigungskosten übersteigender Nachlass nicht vorhanden oder der Nachlass überschuldet sei. Von allen bekannten, als Erben in Betracht kommenden Personen liege keine Ausschlagungserklärung vor. Die Ermittlung weiterer Erben sei mangels Aktivnachlasses unterblieben.

Die Instruktionsverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2016 wurde am 22. Dezember 2016 an die Adresse der Familie des verstorbenen D. zugestellt (vgl. BVGer act. 17), womit davon auszugehen ist, dass die Ehefrau von D. selig, Kenntnis von der Verfügung hatte, jedoch bis heute nicht darauf reagierte.

Die Mutter der Beschwerdeführerinnen verzichtete am 6. Januar 2017 auf eine Stellungnahme (vgl. BVGer act. 13).

Die SVA nahm mit Schreiben vom 10. Januar 2017 (vgl. BVGer act. 14) Stellung und führte aus, mit Schreiben vom 26. Januar 2015 habe die SAK die Abtretung des Rentendossiers von C. beantragt, mit der Begründung, dass der leibliche Vater der Kinder (A. und B. ), welcher seinen Wohnsitz in Deutschland habe, Anspruch auf eine IV-Rente habe. Der Kassenwechsel sei gestützt auf Rz. 2019 der Rentenwegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) erfolgt. Die letzte Rentenauszahlung durch die SVA sei im Februar 2015 erfolgt. Ab März 2015 sei somit die SAK für die Weiterausrichtung sämtlicher Rentenleistungen zuständig gewesen.

Die SAK liess sich im vorliegenden Verfahren nicht vernehmen. Hingegen äusserte sich die IVSTA dahingehend (vgl. BVGer act. 15), dass die Waisenrenten in der Mitteilung vom 25. Februar 2015 an C. nicht mehr erwähnt worden seien, weil kein entsprechender Anspruch mehr bestanden habe (dieser sei gemäss Art. 25 Abs. 3 AHVG i.V.m. Art. 49 Abs. 3

AHVV erloschen), und mit Verfügung vom gleichen Datum, von welcher eine Kopie an C. gegangen sei, seien die die Waisenrenten ab 1. September 2014 ersetzenden Kinderrenten zur IV-Rente des leiblichen Vaters verfügt worden. Da der Waisenrentenanspruch von Gesetzes wegen erloschen sei (Art. 25 Abs. 3 AHVG i.V.m. Art. 49 Abs. 3 AHVV), sei keine Aufhebungsverfügung erlassen worden.

Die SAK äusserte sich im Verfahren C-1469/2017 am 11. Mai 2017 und hielt fest, der Ausgang des Verfahrens C-1943/2015 könne auf das Verfahren C-1469/2017 Einfluss haben, da gemäss Rz. 3305 der Rentenwegleitung (RWL) der Tod des leiblichen Vaters keinen Anspruch auf eine Waisenrente begründe, wenn das Kind in Pflege genommen worden sei und es wegen des Todes eines Pflegeelternteils bereits eine Waisenrente beziehe. Sollte das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren C-1943/2015 also zum Schluss kommen, dass die Waisenrenten der Beschwerdeführerinnen nicht hätten durch eine Kinderrente der IV ersetzt werden dürfen, müsse geprüft werden, ob den Beschwerdeführerinnen nicht weiterhin Waisenrenten basierend auf den AHV-Beiträgen von E. ausgerichtet werden müssten.

I.

Auf die weiteren Vorbringen der Parteien sowie die eingereichten Akten ist

  • soweit für die Entscheidung erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.

    Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

    1.

      1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) in Verbindung mit Art. 33 Bst. d VGG und Art. 69 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG, SR 831.20) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden von Personen im Ausland gegen Verfügungen der schweizerischen IVStelle für Versicherte im Ausland (IVSTA). Es liegt keine Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist somit zur Beurteilung der Beschwerde zuständig.

      2. Nach Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das

        Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), soweit das VGG nichts anderes bestimmt. Indes findet das Verwaltungsverfahrensgesetz aufgrund von Art. 3 Bst. dbis VwVG keine Anwendung in Sozialversicherungssachen, soweit das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1) anwendbar ist. Nach Art. 1 Abs. 1 IVG sind die Bestimmungen des ATSG auf die Invalidenversicherung (Art. 1a - 26bis ATSG und 28 - 70 ATSG) anwendbar, soweit das IVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.

      3. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen materiellen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben und weil ferner die Gerichte im Bereiche der Sozialversicherung bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes (hier: Entscheid vom 25. Februar 2015) eingetretenen Sachverhalt abstellen (vgl. BGE 129 V 1 E. 1.2 mit Hinweisen), sind die Bestimmungen anwendbar, die im Verfügungszeitpunkt Geltung hatten und in diesem Entscheid zitiert werden.

      4. Die Beschwerdeführenden können im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie die Unangemessenheit des Entscheids rügen (vgl. Art. 49 VwVG).

      5. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht an die Begründung der Begehren der Parteien gebunden (vgl. Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage, Bern 1983, S. 212; THOMAS HÄBERLI, in: Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, Rz. 48 zu Art. 62).

    2.

      1. Anfechtungsobjekt ist vorliegend die Verfügung der IVSTA vom

        25. Februar 2015 (vgl. Vorakten 56), mit welcher dem Vater der Beschwerdeführerinnen zwei Kinderrenten zugesprochen und diese mit den ausgerichteten Waisenrenten verrechnet wurden.

      2. Nach ständiger Rechtsprechung sind im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen und zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 131 V 164 E. 2.1).

      3. Nicht zum Anfechtungsund Streitgegenstand gehört im vorliegenden Fall die Frage des Erlasses des Rückforderungsbetrages, da die IVSTA über einen solchen noch nicht entschieden hat. Auf das Eventualbegehren der Beschwerdeführerinnen ist daher nicht einzutreten.

    3.

      1. Die Beschwerdeführerinnen sind nicht Verfügungsadressatinnen der Verfügung der Vorinstanz vom 25. Februar 2015. Jedoch sind sie durch die Verfügung berührt, da im Ergebnis die Waisenrente, auf welche sie selber einen Anspruch haben (vgl. BGE 134 V 15 E. 2.3.3), durch eine tiefere Kinderrente ersetzt wurde. Sie haben somit ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung, so dass sie im Sinne von Art. 59 ATSG beschwerdelegitimiert sind.

      2. Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 60 Abs. 1 ATSG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist daher im Rahmen des Anfechtungsund Streitgegenstandes einzutreten.

    4.

      1. Männer und Frauen, denen eine Invalidenrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente der Altersund Hinterlassenenversicherung beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente (vgl. Art. 35 Abs. 1 IVG). Die Kinderrente wird wie die Rente ausbezahlt, zu der sie gehört. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die zweckgemässe Verwendung (vgl. Art. 20 ATSG) und abweichende zivilrichterliche Anordnungen. Der Bundesrat kann die Auszahlung für Sonderfälle in Abweichung von Art. 20 ATSG regeln, namentlich für Kinder aus getrennter oder geschiedener Ehe (vgl. Art. 35 Abs. 4 IVG). Die Kinderrente ist eine akzessorische Leistung zur Hauptrente. Anspruchsberechtigt ist deshalb der rentenberechtigte Versicherte (vgl. BGE 134 V 15 E. 2.3.3).

      2. Anspruch auf eine Waisenrente haben Kinder, deren Vater oder Mutter gestorben ist (vgl. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 AHVG). Gemäss Art. 25 Abs. 3 AHVG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 der Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Altersund Hinterlassenenversicherung (AHVV, SR 831.101) haben Pflegekinder beim Tod der Pflegeeltern Anspruch auf eine Waisenrente nach Art. 25 AHVG, wenn sie unentgeltlich zu dauernder Pflege und Erziehung aufgenommen worden sind. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die von Dritter Seite erbrachten Leistungen weniger als einen Viertel der Ansätze der Kinderunterhaltskosten ausmachen (vgl. BGE 122 V 125). Der Anspruch entsteht nicht, wenn das Pflegekind zum Zeitpunkt des Todes der Pflegeeltern bereits eine ordentliche Waisenrente nach Art. 25 AHVG bezieht (vgl. Art. 49 Abs. 2 AHVV). Der Anspruch erlischt, wenn das Pflegekind zu einem Elternteil zurückkehrt oder von diesem unterhalten wird (vgl. Art. 49 Abs. 3 AHVV). Weiter erlischt der Anspruch mit der Vollendung des

        18. Altersjahres oder mit dem Tod der Waise (vgl. Art. 25 Abs. 4 AHVG). Für Kinder, die noch in Ausbildung sind, dauert der Rentenanspruch bis zu deren Abschluss, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr.

      3. Das Stiefkind, das im Haushalt des Stiefvaters oder der Stiefmutter lebt, ist einem Pflegekind gleichgestellt, wenn der Stiefelternteil unentgeltlich für seinen Unterhalt aufgekommen ist (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG, heute: Sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] H 123/02 vom 24. Februar 2003 E. 1 mit Hinweisen, Urteil EVG B 14/04 vom 19. September 2005 E. 1.3).

      4. Nach der Rechtsprechung zu Art. 49 AHVV gilt als Pflegekind im Sinne dieser Bestimmung ein Kind, das sich in der Pflegefamilie tatsächlich der Lage eines ehelichen Kindes erfreut und dessen Pflegeeltern die Verantwortung für Unterhalt und Erziehung wie gegenüber einem eigenen Kind wahrnehmen. Das sozialversicherungsrechtlich wesentliche Element des Pflegekindverhältnisses liegt in der tatsächlichen Übertragung der Lasten und Aufgaben auf die Pflegeeltern, die gewöhnlich den leiblichen Eltern zufallen; auf den Grund dieser Übertragung kommt es nicht an. Welche Aufgaben und Verpflichtungen den Pflegeeltern, namentlich in finanzieller Hinsicht, zufallen, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt vielmehr von der gesamten Ausgestaltung des fraglichen Verhältnisses ab. Die Pflegekindschaft erscheint in zahlreichen Formen, die sich in Zweck, Dauer, Beschaffenheit der aufnehmenden Stelle (Familie, Heim, Anstalt), in der finanziellen Ausgestaltung und den rechtlichen Grundlagen (freiwillige Unterbringung, behördliche Anordnung) unterscheiden (vgl. Urteil des BGer

        9C_406/2007 E. 4.2; Urteil des EVG H 123/02 vom 24. Februar 2003 E. 2 mit Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung).

      5. Das Eidgenössische Versicherungsgericht (heute Bundesgericht) hatte einen Fall zu beurteilen (EVGE 1968 S. 105 vom 22. April 1968), bei welchem die leibliche Mutter ihre Tochter bei ihrem Onkel in Pflege gegeben hatte. Die Mutter erhielt eine einfache Invalidenrente nebst einer Zusatzrente für ihre Tochter. Einige Monate später erhielt der Onkel der Mutter eine Ehepaar-Altersrente nebst einer Doppelkinderrente. Es stellte sich die Frage, ob die Kinderrente zur Invalidenrente der Mutter oder die Zusatzrente zur Altersrente des Onkels zurückzubezahlen war. Das Eidgenössische Versicherungsgericht erwog (E. 3), die Kumulation von Renten gemäss AHVG und IVG werde überall dort ausgeschlossen, wo das Gesetz das Zusammentreffen solcher Leistungen ausdrücklich regle (Art. 21 Abs. 1 und 2 AHVG, Art. 22 Abs. 3 AHVG, Art. 23 Abs. 3 AHVG, Art. 24bis AHVG,

        Art. 25 Abs. 2 AHVG, Art. 28bis AHVG, Art. 42 Abs. 1 und 4 AHVG, Art. 49

        Abs. 2 AHVV, Art. 30 Abs. 1 IVG und Art. 43 IVG). Bezüglich der Frage, welche Zusatzrente zu gewähren sei, führe die Auslegung des Gesetzes zu keinem positiven Ergebnis. Wohl kenne Art. 43 IVG für die Witwen und Waisen die Priorität der IV-Renten vor den AHV-Renten. Dem Gesetz lasse sich jedoch nicht entnehmen, ob die Zusatzrenten dem gleichen Prinzip zu folgen hätten. Art. 49 Abs. 2 AHVV (Anmerkung des Bundesverwaltungsgerichts: in der Fassung vom 1. Januar 1951, welche am 22. April 1968 in Kraft war) führe ebenfalls nicht zum Ziel, denn als der Bundesrat Art. 49 Abs. 2 AHVV erlassen habe, habe es noch keine Zusatzrenten gegeben. Es bestehe in dieser Beziehung eine Lücke (E. 4). Anknüpfungspunkt für die lückenfüllende Regel könne weder die Rentenhöhe noch die Reihenfolge der Entstehung beider potentieller Ansprüche auf Zusatzrenten sein. Diese Kriterien seien allzu aleatorischer Natur. Hingegen ergebe sich aus dem Wesen von Rente und Zusatzrente eine befriedigende Lösung. Die Rente solle grundsätzlich das infolge Invalidität, Alter oder Tod weggefallene Einkommen wenigstens bis zu einem gewissen Grade ersetzen. Sie diene dem Lebensunterhalt des Bezügers. Die Kinderzusatzrente insbesondere sei ausschliesslich für den Unterhalt und die Erziehung des betroffenen Kindes bestimmt. Diesen Zweck könne sie nur erfüllen, wenn sie demjenigen Rentenberechtigten gewährt werde, der für das Kind sorge. Alsdann seien für die Rentenhöhe grundsätzlich die Beiträge dessen massgebend, der für das Kind aufkomme, so dass die Rente mit dem Lebensstandard der Familie in der das Kind aufwachse, im Einklang stehe (E. 5). Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Zusatzrente zur Altersrente des Pflegevaters weiterhin auszurichten sei (E. 6).

      6. In einem anderen Fall hatte das Bundesgericht zu beurteilen (BGE 105 V 127), ob der Anspruch einer Witwe für den Monat, in welchem sie einen invaliden Mann heiratete, durch die Zusatzrente zur Invalidenrente des invaliden Mannes abgelöst wurde. Es bestätigte seine Rechtsprechung, wonach die Kumulation von Renten gemäss AHVG und IVG ausgeschlossen ist und erwog in Analogie zu EVGE 1968 S. 108, für die gleiche Person bestehe nicht gleichzeitig ein Anspruch auf eine Witwenrente und eine Zusatzrente zu einer Invalidenrente (E. 1). Die Gutheissung des einen Anspruchs habe automatisch die Verneinung des anderen Anspruchs zur Folge (E. 2a). Weil die Kumulation einer Witwenrente und einer Zusatzrente zu einer Invalidenrente für die gleiche Person ausgeschlossen sei, bleibe zu prüfen, welche der beiden Renten auszurichten sei. Das Gesetz gebe auf diese Frage keine Antwort. Nach Art. 24bis AHVG und Art. 43 Abs. 1 IVG bestehe zwar für Witwen und Waisen grundsätzlich die Priorität der Invalidenrenten vor den AHV-Renten. Bei diesen Bestimmungen gehe es aber um das Zusammentreffen des Anspruchs auf die Witwen-/Waisenrente mit einer Invalidenrente derselben Person. Da das Gesetz diese sich unvermeidlich stellende Rechtsfrage nicht beantworte, liege eine echte Lücke vor, die der Richter auszufüllen habe (E. 3). Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Witwenrente Vorrang vor der Zusatzrente zur Invalidenrente des Ehemannes habe (E. 4).

    5.

      1. Die Beschwerdeführerinnen brachten in ihrer Beschwerde vom

        26. März 2015 (vgl. BVGer act. 1) vor, sie hätten weiterhin Anspruch auf Waisenrenten, denn ihr leiblicher Vater habe zu keinem Zeitpunkt Elternpflichten wahrgenommen und habe auch nie Unterhalt für sie bezahlt. Sie hätten stets bei ihrer Mutter gelebt. Sie hätten ihren Vater noch nie bzw. zuletzt mit fünf Jahren gesehen. Sie seien nie zu ihrem leiblichen Vater zurückgekehrt. Hingegen habe sich ihr Stiefvater E. um sie gekümmert. Zu ihm habe ein auf Dauer begründetes und unentgeltliches Pflegeverhältnis bestanden. So hätten sie auch seinen Nachnamen angenommen. Aufgrund des bestandenen Pflegeverhältnisses seien den beiden Be- schwerdeführerinnen nach dem Hinschied von E. gestützt auf Art. 25 Abs. 3 AHVG i.V.m. Art. 49 Abs. 1 AHVV eine Waisenrente ausgerichtet worden. Diese hätten sie bis anhin erhalten, da sie sich noch in Ausbildung befinden würden. Ihr Vater zahle nach wie vor keinen Unterhalt und die von der Invalidenversicherung ausgerichtete Kinderrente reiche nicht aus, um den Anspruch auf eine Waisenrente nach Art. 49 Abs. 3 AHVV erlöschen zu lassen, denn diese betrage weniger als einen Viertel der massgebenden

        Unterhaltsund Erziehungskosten. Gemäss Art. 28bis AHVG werde in Fällen, in denen eine Waise gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Waisenrente und eine Rente gemäss IVG erfülle, die höhere Rente ausbezahlt, was vorliegend die Waisenrente sei, womit diese weiterhin auszurichten sei.

      2. Die Vorinstanz hielt in ihrer Vernehmlassung vom 5. Mai 2015 (vgl. BVGer act. 3) dagegen, nach Art. 49 Abs. 3 AHVV erlösche der Anspruch auf Waisenrente, wenn das Kind von einem leiblichen Elternteil unterhalten werde. Zudem verwies sie auf Randziffer 3317 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) über die Renten in der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (RWL) vom

        1. Januar 2003, Version 9, Stand am 1. Januar 2015, wonach das Pflegekind nicht schon eine Kinderrente der AHV oder IV für das Kind beziehen darf. Dem Wortlaut nach gelte dies jedenfalls, wenn der Anspruch auf Waisenrente aufgrund des Todes eines Pflegeelternteils erst entstehe, wenn die Kinderrente der IV bereits bezogen werde. Würde allerdings die Nichtentstehung des Waisenrentenanspruchs auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen eine Kinderrente bereits ausbezahlt worden sei, würde dadurch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Es bestehe kein sachlicher Grund, der es rechtfertige, die beiden im Kern gleichgelagerten Fälle allein aufgrund des späteren Zeitpunkts der Anspruchsentstehung anders zu beurteilen. So sei auch die zum 1. Januar 2015 neu eingefügte Randziffer 3310 zu verstehen, wonach Kinderrenten, die durch einen leiblichen Elternteil ausgelöst würden, als Sozialversicherungsrenten von dritter Seite zu verstehen seien. Wenn solche bezogen würden, oder aufgrund eines bestehenden Anspruchs bezogen werden könnten, sei das Pflegeverhältnis als entgeltlich zu qualifizieren.

      3. Die Beschwerdeführerinnen liessen am 8. Juni 2015 replikweise geltend machen (vgl. BVGer act. 5), die von der Vorinstanz vorgebrachten Randziffern 3310.1 und 3317 der RWL würden sich ausschliesslich auf die Entstehung des Anspruchs auf eine Waisenrente beziehen. Die Entstehung des Anspruchs stehe vorliegend aber nicht zur Diskussion, sondern einzig dessen Erlöschen. Das Erlöschen des Anspruchs auf eine Waisenrente werde in den Randziffern 3327ff. geregelt. In diesen Randziffern werde zurecht nirgends festgehalten, dass der Anspruch auf eine Waisenrente erlösche, wenn ein Anspruch auf eine andere Sozialversicherungsleistung entstehe. Randziffer 3329 halte einzig fest, dass der Anspruch auf eine Waisenrente mit Ablauf des Monats erlösche, in welchem ein rentenberechtigtes Pflegekind die Hausgemeinschaft verlasse oder zu seinen Eltern zurückkehre oder von diesen Unterhaltsleistungen erhalte. Ein automatisches Erlöschen bei Entstehung des Anspruchs auf eine andere Sozialversicherungsrente werde jedoch mit keiner Silbe erwähnt. Ausschlaggebend sei einzig, ob der geleistete Unterhaltsbeitrag mehr als einen Viertel der massgeblichen Unterhaltskosten decke. Sei dies der Fall, erlösche der Anspruch auf eine Waisenrente. Sei dies nicht der Fall, bleibe der Anspruch auf eine Waisenrente bestehen. Die gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Anspruch des Pflegekindes auf eine Waisenrente seien abschliessend. Andere als die in Art. 25 AHVG i.V.m. Art. 49 Abs. 3 AHVV genannten Sachverhalte könnten entsprechend nicht zum Erlöschen des Anspruchs auf eine Waisenrente führen. Es bestehe keine Lücke, welche durch Auslegung zu füllen sei.

      4. Die Vorinstanz duplizierte am 25. Juni 2015 (vgl. BVGer act. 7), die Erlöschensvoraussetzungen nach Art. 49 Abs. 3 AHVV müssten notwendigerweise spiegelbildlich zu den Entstehungsvoraussetzungen verstanden werden. Wenn die Unentgeltlichkeit im Rechtssinne entfalle, erlösche somit der Anspruch auf die Waisenrente für Pflegekinder. Dieses Auslegungsergebnis entspreche auch dem in Art. 17 Abs. 2 ATSG für alle Sozialversicherungszweige verankerten allgemeinen Rechtssatz, wonach der Wegfall der tatsächlichen Voraussetzungen für die Zusprache einer Leistung zum Wegfall des Anspruchs auf die entsprechende Leistung führe.

    6.

      1. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung setzt das Erlöschen des Pflegeverhältnisses im Sinne von Art. 49 Abs. 3 AHVV einen effektiven Übergang der Unterhaltsund Erziehungspflichten von den Pflegeeltern auf die leiblichen Eltern voraus (vgl. BGE 140 V 458 E. 5).

      2. Die Beschwerdeführerinnen gaben an, sie hätten ihren Vater noch nie bzw. mit 5 Jahren zuletzt gesehen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der leibliche Vater Erziehungspflichten wahrgenommen hat, was auch aus den Fragebögen vom Mai 2008, Mai 2007, Mai 2006, Mai 2005, April 2004 (vgl. Vorakten 52/6, 44/15, 44/21, 44/23, 44/29) ersichtlich ist, vielmehr war sein Aufenthaltsort zeitweise nicht bekannt (vgl. Vorakten 46). Später war sein Aufenthaltsort (Deutschland) zwar bekannt, jedoch kann aufgrund der Akten und der Aussagen der Beschwerdeführerinnen nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beziehung der Beschwerdeführerinnen zu ihrem leiblichen Vater geändert hat und sie Kontakt zu ihm hatten. Mittlerweile ist der Vater verstorben.

      3. Gemäss den Akten nahm der leibliche Vater auch keine Unterhaltspflichten wahr, insbesondere mussten die Alimente auf dem betreibungsrechtlichen Weg geltend gemacht werden (vgl. Vorakten 45/1, 45/4, 45/5, 45/20, 45/22, 46/3, 46/18). Gemäss Aussage der Beschwerdeführerinnen bezahlte der leibliche Vater auch im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung keine Alimente (vgl. Beschwerde S. 4, 5).

      4. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Vater weder Unterhaltsnoch Betreuungspflichten wahrnahm. Hingegen ist vorliegend unbestritten, dass der verstorbene Stiefvater bis zu seinem Tod Unterhaltsund Betreuungspflichten wahrgenommen hat und ein Pflegeverhältnis bestand, welches zur Ausrichtung von Waisenrenten führte. Ein Übergang der Unterhaltsund Erziehungsplichten von den Pflegeeltern (Stiefvater und Mutter) auf den leiblichen Vater fand nicht statt. Der Anspruch der Beschwerdeführerinnen auf eine Waisenrente ist somit, entgegen der Ansicht der Vorinstanz, nicht gestützt auf Art. 49 Abs. 3 AHVV erloschen.

    7.

    7.1 Gemäss der vorne (vgl. E. 4.5 und 4.6 hiervor) dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Kumulation von Renten der AHV und der IV ausgeschlossen (EVGE 1968 S. 105 E. 3, BGE 105 V 127 E. 1). Folglich besteht entweder ein Anspruch auf eine Waisenrente wegen des Hinschieds des Stiefvaters oder eine Kinderrente zur Invalidenrente des leiblichen Vaters. Für die Frage, ob eine Kinderrente oder eine Waisenrente auszurichten ist, enthält Art. 49 Abs. 3 AHVV, der Art. 49 Abs. 2 aAHVV (in der Fassung vom 1. Januar 1951, welche am 22. April 1968 in Kraft war) entspricht, keine Antwort (vgl. hierzu E. 4.5 hiervor). Nach Art. 24b AHVG und Art. 43 IVG besteht zwar für Witwen und Waisen grundsätzlich die Priorität der IV-Rente vor der AHV-Rente, jedoch geht es hierbei um das Zusammentreffen des Anspruchs auf die Witwen/Waisenrente mit einer IVRente derselben Person (vgl. E. 4.6 hiervor). Wie die Beschwerdeführerinnen zurecht vorgebracht haben, bestimmt Art. 28bis AHVG, dass beim Zusammentreffen einer Waisenrente mit anderen Renten, die höhere Rente auszurichten ist. Art. 28bis AHVG verbietet insbesondere die Kumulation der Waisenrente mit der entsprechenden Zusatzrente der Eltern, denen eine Altersoder eine Invalidenrente zusteht (vgl. EVGE 1968 S. 108 E. 3). Vorliegend geht es jedoch nicht um das Zusammentreffen einer Waisenrente wegen des Tods eines Elternteils mit einer Kinderrente zur Invalidenrente des anderen Elternteils, sondern um das Zusammentreffen einer Waisenrente wegen des Hinschieds des Stiefvaters aus einem Pflegeverhältnis mit einer Kinderrente zur Invalidenrente des leiblichen Vaters. Art. 28bis

    AHVG gibt betreffend Pflegekinder keine Antwort auf die Frage, ob die Waisenrente oder die Kinderrente auszurichten ist. Dem Gesetz ist keine Regelung zu entnehmen. Es bleibt zu prüfen, ob die Verwaltungspraxis (RWL) eine sachgerechte Lösung bereithält (vgl. E. 7.2 hiernach).

    7.2

        1. Bei der RWL handelt es sich um eine sogenannte Verwaltungsverordnung (vgl. Urteile des BVGer C-957/2013 vom 30. Mai 2013 und C- 6519/2014 vom 19. August 2016), also um eine allgemeine Dienstanweisung generell-abstrakter Natur (vgl. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 123 ff.). Verwaltungsverordnungen dienen der Schaffung einer einheitlichen Verwaltungspraxis und sollen den Beamten die Rechtsanwendung erleichtern. Die rechtsanwendenden Behörden haben sich an Verwaltungsverordnungen zu halten, soweit sie den richtig verstandenen Sinn des Gesetzes wiedergeben. Die in Verwaltungsverordnungen vorgenommene Auslegung des Gesetzes unterliegt der richterlichen Nachprüfung. Der Richter soll Verwaltungsverordnungen bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen (vgl. BGE 121 II 473 E. 2b, mit weiteren Hinweisen, HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, N. 87). Verwaltungsverordnungen sind folglich für das Bundesverwaltungsgericht nicht verbindlich, können aber als Auslegungshilfe beigezogen werden, sofern sie durch ausreichende rechtssatzmässige Regelungen gedeckt sind (vgl. Urteil des BVGer C-6147/2014 vom 30. März 2017 E. 2.3).

        2. In der RWL wird unter dem Titel „Waisenrente“, Untertitel „im Allgemeinen“, in Randziffer 3305 festgehalten, der Tod des Vaters oder der Mutter begründe keinen Anspruch, wenn das Kind in Pflege genommen worden sei und es wegen des Todes eines Pflegeelternteils bereits eine Waisenrente beziehe oder die Pflegeeltern für das Kind schon eine Kinderrente der AHV oder IV beziehen würden. Randziffer 3305 betrifft zwar die Waisenrente, da jedoch Art. 35 Abs. 1 IVG vorsieht, dass Männer und Frauen, denen eine Invalidenrente zusteht, für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente der AHV beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente haben, gelten für die Zusprache einer Kinderrente sinngemäss dieselben Voraussetzungen wie für eine Waisenrente. Konsequenterweise wird unter dem Titel „Kinderrente der IV und der AHV“, Untertitel „Rentenanspruch“ in Randziffer 3340 festgelegt, dass Eltern, die Kinder in Pflege gegeben haben, für diese Kinder nur dann Kinderrenten beanspruchen

          können, wenn die Kinder keine Waisenrente wegen des Todes der Pflegeeltern und die Pflegeeltern für sie keine Kinderrenten beanspruchen können.

        3. Unter dem Titel „Waisenrente“, Untertitel „Pflegekinder“ steht in Randziffer 3317, dass das Pflegekind nicht schon wegen des Todes der Eltern eine Waisenrente und kein Elternteil schon eine Kinderrente der AHV oder der IV für das Kind beziehen darf. Im vorliegenden Fall starb der Stiefvater der Beschwerdeführerinnen, bevor der IV-Rentenanspruch ihres leiblichen Vaters entstanden ist. Randziffer 3317 ist vorliegend somit, wie die Beschwerdeführerinnen zurecht vorbrachten, nicht einschlägig.

        4. Seitens der Parteien wird zurecht nicht bestritten, dass die Beschwerdeführerinnen nach dem Hinschied ihres Stiefvaters Anspruch auf eine Waisenrente hatten, womit nicht bestritten ist, dass die Voraussetzungen für die Entstehung eines Waisenrentenanspruchs damals vorlagen. Dem Einwand der Beschwerdeführerinnen, wonach die Randziffer 3310.1 vorliegend nicht anwendbar sei, ist beizupflichten. Die Randziffer 3310.1 steht beim Untertitel „Pflegekinder“. Randziffer 3307 besagt, dass Pflegekinder, die unentgeltlich und dauernd aufgenommen worden sind und deren Pflegevater oder Pflegemutter gestorben sind, Anspruch auf eine Waisenrente haben. Randziffer 3308 definiert, was ein Pflegeverhältnis ist und Randziffer 3309 besagt, dass das Pflegeverhältnis vor dem Rentenfall unentgeltlich gewesen sein muss. In Randziffer 3310 wird festgelegt, wann ein Pflegeverhältnis unentgeltlich ist, nämlich wenn die von dritter Seite erbrachten Leistungen weniger als einen Viertel der tatsächlichen Unterhaltskosten decken. Mit der Randziffer 3310.1 wird bestimmt, wann Zuwendungen von Sozialversicherungen als Zuwendungen von dritter Seite betrachtet werden und wann nicht. Die Randziffer 3310.1 erklärt somit, wann ein Pflegeverhältnis bei Ausrichtung von Sozialversicherungsrenten als entgeltlich oder unentgeltlich zu qualifizieren ist. Sie ist jedoch nicht unabhängig von der Randziffer 3310 zu verstehen, sondern in diesem Sinn auszulegen, dass ein Pflegeverhältnis entgeltlich ist, wenn die Kinderrente des leiblichen Vaters mehr als einen Viertel der tatsächlichen Unterhaltskosten deckt.

        5. Entgegen der Annahme der Vorinstanz wurde das Pflegeverhältnis vorliegend nicht durch die Ausrichtung der Kinderrente zu einem entgeltlichen. Die Verwaltung kann somit die Ausrichtung einer Waisenrente nicht gestützt auf Randziffer 3310.1 verweigern. Den Randziffern zum Untertitel

          „Pflegekinder“ ist nicht zu entnehmen, wie vorzugehen ist, wenn ein Pflegekind eine Waisenrente wegen dem Tod des Stiefvaters erhält und der leibliche Vater später einen Anspruch auf eine IV-Rente erwirbt und sich damit die Frage einer Kinderrente stellt. Eine Antwort auf diese Frage geben einzig die Randziffern 3305 und insbesondere 3340.

        6. Für den vorliegenden Fall heisst das, dass gemäss Verwaltungspraxis der leibliche Vater der Beschwerdeführerinnen keine Kinderrente beanspruchen kann, vielmehr die Beschwerdeführerinnen weiterhin Anspruch auf Waisenrenten wegen des Hinschieds ihres Stiefvaters haben.

      1. Wie aus der Vernehmlassung der SAK vom 11. Mai 2017 im Verfahren C-1469/2017 hervorgeht (vgl. Bst. H hiervor), geht die SAK selber davon aus, dass der Waisenrentenanspruch der Beschwerdeführerinnen nicht erloschen ist.

      2. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hielt im Urteil EVGE 1968

        S. 105 in Erwägung 5 fest (vgl. E. 4.5 hiervor), die Rente solle das infolge Invalidität, Tod oder Alter weggefallene Einkommen ersetzen und diene dem Lebensunterhalt des Bezügers. Die Kinderzusatzrente sei ausschliesslich für den Unterhalt und die Erziehung des Kindes bestimmt. Diesen Zweck könne sie nur erfüllen, wenn sie demjenigen Rentenberechtigten gewährt werde, der für das Kind sorge. In Analogie zu EVGE 1968 S. 105 E. 5 bedeutet das, dass, wie vorliegend, ein Vater der keine Erziehungsund Betreuungspflichten wahrgenommen hat und dessen Kind in Pflege genommen wurde, keinen Anspruch auf eine Kinderrente zur seiner Invalidenrente erworben hat; hingegen die Waisenrente, welche das Einkommen des Pflegevaters ersetzt, zu dem ein Pflegeverhältnis bestand, weiterhin auszurichten ist.

      3. Randziffer 3340 der RWL sieht ebenfalls den Vorrang der Waisenrente vor und führt auch im vorliegenden Fall zu einer sachgerechten und verhältnismässigen Lösung. Vorliegend bleibt für das Bundesverwaltungsgericht in Ermangelung eines triftigen Grundes kein Raum von der Randziffer 3340 RWL abzuweichen, zumal die Regelung mit den gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung in Einklang steht (vgl. E. 4.5, 4.6 und 7 hiervor).

    8.

    Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. Die Verfügung vom 25. Februar 2015 der IVSTA ist aufzuheben. Die Beschwerdeführerinnen haben weiterhin Anspruch auf Waisenrenten, solange sie die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Für die Nachzahlung der Rentenbetreffnisse ist Art. 26 Abs. 2 ATSG zu berücksichtigen.

    9.

    Zu befinden bleibt über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.

      1. Vorliegend monieren die Beschwerdeführerinnen die Einstellung der Waisenrenten und beantragen, diese seien ihnen wieder auszurichten. In der Hauptsache geht es somit um Leistungen der AHV und nicht um eine Streitigkeit um die Bewilligung oder die Verweigerung von IV-Leistungen, womit das Verfahren kostenlos ist (vgl. Urteil des BVGer C-5605/2009 vom

        3. Februar 2010 E. 5; Urteil EVG I 282/99 vom 10. Mai 2000 mit Hinweis auf BGE 121 V 17 E. 2; Art. 69 Abs. 1bis in Verbindung mit Abs. 2 IVG e contrario und Art. 85bis Abs. 2 AHVG).

      2. Die im Hauptantrag obsiegenden und anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerinnen haben gemäss Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 7 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. VGKE, SR 173.320.2) Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der Vorinstanz. Da die Parteivertreterin keine Kostennote eingereicht hat, ist die Entschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (vgl. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 VGKE). Unter Berücksichtigung des gebotenen und aktenkundigen Aufwands, der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des vorliegend zu beurteilenden Beschwerdeverfahrens ist eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 2'800.- (inkl. Auslagen und MWST) gerechtfertigt.

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, gutgeheissen. Die Verfügung der IVSTA vom 25. Februar 2015 wird aufgehoben. Die Beschwerdeführerinnen haben im Sinne der Erwägungen weiterhin Anspruch auf eine Waisenrente.

    2.

    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

    3.

    Den Beschwerdeführerinnen wird zulasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung von Fr. 2'800.- (inkl. Auslagen und MWST) zugesprochen.

    4.

    Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerinnen (Gerichtsurkunde, Beilage: Kopie der Schreiben der IVSTA vom 30.01.2017 und der SVA vom 10.01.2017)

  • die Vorinstanz (Einschreiben, Ref-Nr. )

  • die Schweizerische Ausgleichskasse (Einschreiben)

  • die SVA Aargau (Gerichtsurkunde)

  • C. (Gerichtsurkunde)

  • die Erben des D. sel. (Einschreiben mit Rückschein)

  • das Bundesamt für Sozialversicherungen

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Daniel Stufetti Karin Wagner

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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