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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-2122/2016

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-2122/2016
Datum:31.01.2017
Leitsatz/Stichwort:Verrechnungssteuer
Schlagwörter : DBA-NL; Rückerstattung; Beschwerde; Steuer; Staat; Beschwerdeführer; Beschwerdeführerin; Verrechnungssteuer; Recht; Vorsorge; Bundes; Niederlande; Diskriminierung; Vorsorgeeinrichtung; Schweiz; Niederlanden; Ansässigkeit; Doppel; Entscheid; Diskriminierungsverbot; Doppelbesteuerung; Vertrag; Steuern; Verhältnis; Kommentar; Verhältnisse; Abkommen; Niederländische; Statutarische
Rechtsnorm: Art. 132 BV ; Art. 154 IPRG ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 56 DBG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:110 Ib 287; 110 Ib 297; 119 V 349; 136 II 187; 141 II 447; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Entscheid bestätigt durch BGer mit Urteil vom 18.07.2018 (2C_284/2017)

Abteilung I

A-2122/2016

U r t e i l  v o m  3 1.  J a n u a r  2 0 1 7

Besetzung Richterin Salome Zimmermann (Vorsitz), Richter Pascal Mollard, Richter Michael Beusch,

Gerichtsschreiberin Monique Schnell Luchsinger.

Parteien A. ,

vertreten durch

Dr. iur. Beat Baumgartner, Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte, und MLaw Georges D. Frick, Rechtsanwalt, Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, Eigerstrasse 65, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Rückforderung der Verrechnungssteuer gemäss DBA-NL.

Sachverhalt:

A.

Die A.

(nachfolgend Stiftung) ist eine nach niederländischem

Recht errichtete Stiftung mit Sitz in [Ort]/NL. Sie bezweckt im Wesentlichen die Durchführung der beruflichen Vorsorge für die ihr angeschlossenen Unternehmungen und deren Angestellte. Die Stiftung ist im niederländischen Handelsregister eingetragen.

B.

Zwischen dem 24. August 2009 und dem 7. Februar 2012 stellte die Stiftung jeweils mit Formular 81 diverse Anträge auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer für Fälligkeiten in den Jahren 2009 bis 2011. Diese Rückerstattungsanträge betrafen Dividenden von schweizerischen Aktiengesellschaften, an denen die Stiftung zu weniger als 25 % beteiligt war (sog. Portfoliodividenden). Sie stützte sich hierbei auf Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) des des Abkommens vom 12. November 1951 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-NL 1951; SR 0.672.963.61, in Kraft seit 9. Januar 1952, revidiert per 22. Dezember 1966, AS 1966 1629).

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (nachfolgend ESTV) erstattete in der Folge die Verrechnungssteuer im Umfang von 20 % der Bruttodividenden zurück. Die nachfolgende Aufstellung ergibt eine Übersicht über das bisherige Geschehen.

Fälligkeitsjahr 2009:

Fälligkeitsjahr 2010:

Fälligkeitsjahr 2011:

C.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2012 beantragte die Stiftung für die Fälligkeitsjahre 2009 und 2010 die vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Umfang von 35 % der betroffenen Bruttodividenden unter Anrechnung der bereits erhaltenen Rückerstattungsbeträge. Betragsmässig wurde somit noch der Differenzbetrag von 15 % der betroffenen Bruttodividenden zurückgefordert. Die Stiftung berief sich hierbei auf das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951. Diesem Schreiben wurden die Doppel der bisherigen Anträge (Formular 81) inkl. „Avis de Paiement“ beigelegt (jeweils mit neuer Formular-Nr. und aktualisiertem Ausstellungsdatum).

Mit einem weiteren Schreiben vom 23. Dezember 2013 beantragte die Stiftung - wiederum unter Anrufung von Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 - auch für die Fälligkeiten 2011 die vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Umfang von 35 % der betroffenen Bruttodividenden. Diesem Schreiben legte sie die jeweiligen ursprünglichen „Avis de Paiement“ in Kopie bei. Mit dem nunmehr eingereichten Antrag verlangte die Stiftung lediglich noch die Rückerstattung im Umfang von 15 % der Bruttodividenden.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 begründete die Stiftung ihre beiden nachträglichen Rückerstattungsanträge ausführlich. Hierbei führte sie insbesondere aus, dass die meisten schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen die Rechtsform einer Stiftung aufweisen würden. Sie seien aufgrund von Art. 56 Bst. e des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) steuerbefreit, hätten aber in Anwendung von Art. 24 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz, VStG, SR 642.21) gleichwohl Anspruch auf vollständige Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer. Niederländische Vorsorgeeinrichtungen seien in den Niederlanden ebenfalls von der Körperschaftssteuer befreit, könnten aber gemäss Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) DBA-NL 1951 die schweizerische Verrechnungssteuer nur im Umfang von 20 % der Bruttodividende zurückfordern. Die sog. Sockelsteuer von 15 % könne zufolge Steuerfreiheit zudem auch nicht an die holländischen Körperschaftssteuern angerechnet werden und stelle insoweit eine definitive Steuerbelastung dar. Im hypothetischen Vergleich einer niederländischen Vorsorgeeinrichtung mit einer schweizerischen Vorsorgeeinrichtung, deren tatsächliche Geschäftsleitung sich in den Niederlanden befinden würde, wäre die schweizerische Vorsorgeeinrichtung gleichsam von der niederländischen Körperschaftssteuer befreit,

könnte aber aufgrund ihres statutarischen Sitzes in der Schweiz die Verrechnungssteuer vollständig zurückfordern. Damit wäre die schweizerische Vorsorgeeinrichtung besser gestellt als das niederländische Vergleichsobjekt. Dies verstosse gegen das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951. Das auf Steuerperioden ab 1. Januar 2012 anwendbare neue Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den Niederlanden (Abkommen vom 26. Februar 2010 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen [nachfolgend DBA-NL 2010; SR 0.672.963.61]) sehe in Art. 10 Abs. 3 Bst. b nunmehr eine vollständige Befreiung von Quellensteuern auf Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen vor.

D.

Mit Schreiben vom 9. April 2015 teilte die ESTV der Stiftung mit, dass sie die beantragte zusätzliche Rückerstattung der Verrechnungssteuer ablehne.

E.

Mit E-Mail vom 8. Mai 2015 beantragte die Beschwerdeführerin, den vorliegenden Fall als Musterfall für eine gerichtliche Beurteilung zu verwenden und die weiteren rund fünfzig gleichartigen Verfahren zu sistieren, welche bei der ESTV ebenfalls anhängig sind und andere niederländische Vorsorgeeinrichtungen betreffen.

F.

Mit Schreiben vom 14. September 2015 ersuchte die Stiftung um Erlass eines anfechtbaren Entscheides.

G.

Mit Entscheid Nr. 2595 vom 23. Februar 2016 verweigerte die ESTV die ergänzende Rückerstattung für die Ertragsfälligkeiten 2009, 2010 und 2011 im Gesamtbetrag von Fr. 38‘348.20 entsprechend dem Umfang von 15 % der betroffenen Bruttodividenden.

Zur Begründung führte die ESTV insbesondere aus, dass sich der Rückerstattungsanspruch von Vorsorgeeinrichtungen mit statutarischem Sitz in den Niederlanden bis Ende 2011 nach dem DBA-NL 1951 gerichtet habe. Dieses sehe in Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) bei Dividendenzahlungen keine vollständige Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer vor. Die Stiftung sei in den Niederlanden ansässig und befinde sich damit nicht

in vergleichbaren Verhältnissen wie eine in der Schweiz ansässige Vorsorgeeinrichtung. Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der Ansässigkeit falle nicht unter das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951. Der hypothetische Vergleich zwischen einer niederländischen Vorsorgeeinrichtung und einer Vorsorgeeinrichtung mit statutarischem Sitz in der Schweiz, deren Geschäfte aber tatsächlich in den Niederlanden geführt würden, scheitere daran, dass gemäss Art. 2 Abs. 4 DBA-NL 1951 in einem solchen Fall der statutarische Sitz vorgehe. Damit wäre die schweizerische Vorsorgeeinrichtung mit tatsächlicher Geschäftsleitung in den Niederlanden gleichwohl in der Schweiz ansässig und infolgedessen in den Niederlanden nicht steuerpflichtig. Die beiden Vorsorgeeinrichtungen befänden sich somit nicht in vergleichbaren Verhältnissen im Sinne von Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951. Darüber hinaus sei ohnehin fraglich, ob eine schweizerische Vorsorgeeinrichtung aufgrund der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen überhaupt tatsächlich in den Niederlanden verwaltet werden dürfte.

H.

Mit Beschwerde vom 6. April 2016 gelangte die Stiftung (nachfolgend auch Beschwerdeführerin) ans Bundesverwaltungsgericht. Sie stellt folgendes Rechtsbegehren:

Der Entscheid Nr. [Nr.] der ESTV vom 23. Februar 2016 sei aufzuheben.

Die Anträge auf vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer nach Formular 81 der Beschwerdeführerin für die Ertragsfälligkeiten in den Jahren 2009, 2010 und 2011 seien vollumfänglich gutzuheissen und der noch nicht an die Beschwerdeführerin überwiesene Betrag von Fr. 38‘348.20 sei der Beschwerdeführerin innert 30 Tagen nach Urteilsfällung zu überweisen.

Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der ESTV.

Die Beschwerdeführerin begründet ihren Antrag zusammengefasst damit, dass die Verweigerung der vollständigen Rückerstattung gegen das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 verstosse. Ergänzend zur bisherigen Argumentation führt die Beschwerdeführerin aus, dass sich nach schweizerischem Recht sowohl die

„Staatsangehörigkeit“ als auch die „Ansässigkeit“ von Stiftungen nach dem gleichen Kriterium richten würden, nämlich nach dem statutarischen Sitz. Soweit das Verbot der Diskriminierung nach Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 auf die Staatsangehörigkeit abstelle, müsse diesem Umstand in

angemessener Weise Rechnung getragen werden. Da die Schweiz sodann von ihrem Besteuerungsrecht aufgrund der Ansässigkeit bei Vorsorgeeinrichtungen keinen Gebrauch mache, sondern diese von der Besteuerung freistelle (Art. 56 Bst. e DBG), wobei sie ihnen gleichwohl die vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer gewähre (Art. 24 Abs. 2 VStG), könne die Ansässigkeit auch nicht massgeblich sein für die Beurteilung, ob „vergleichbare Verhältnisse“ vorliegen würden. Die vorliegend relevante Fassung von Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 stamme zudem aus dem Jahre 1966 und entspreche dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 des Entwurfs eines OECD-Musterabkommens von 1963 (OECD, Draft Double Taxation Convention on Income and Capital, Paris 1963, nachfolgend OECD-MA 1963) sowie Art. 24 Abs. 1 des OECDMusterabkommens von 1977 (OECD, Model Double Taxation Convention on Income and on Capital, Paris 1977, nachfolgend OECD-MA 1977). Nach dem Kommentar zum OECD-MA aus dem Jahre 1963 (Commentaries on the articles of the draft double taxation convention on income and capital, nachfolgend OECD-Kommentar 1963) sowie dem Kommentar zum OECDMA 1977 (Commentaries on the articles of the model tax convention 1977, nachfolgend OECD-Kommentar 1977) verpflichte sich ein Vertragsstaat, den im anderen Vertragsstaat ansässigen Staatsangehörigen dieselbe steuerliche Behandlung zukommen zu lassen wie seinen eigenen in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Staatsangehörigen. Aufgrund der

„statischen Auslegung“ seien nur die älteren Kommentierungen zu berücksichtigen. Eine Vorsorgeeinrichtung mit Sitz in der Schweiz und tatsächlicher Verwaltung in den Niederlanden sei in den Niederlanden ansässig, werde aber mit Bezug auf die Rückerstattung der Verrechnungssteuer besser behandelt als eine Vorsorgeeinrichtung mit Sitz in den Niederlanden. Des Weiteren verweist die Beschwerdeführerin auf drei ausländische Gerichtsentscheide zum Diskriminierungsverbot.

I.

Mit Vernehmlassung vom 9. Juni 2016 beantragt die ESTV (nachfolgend auch Vorinstanz) die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

Die Vorinstanz stützt sich hierbei im Wesentlichen auf ihre bisherige Argumentation. Ergänzend zitiert sie die nachfolgende Passage aus dem OECD-Kommentar 1963: „The expression „in the same circumstances“ which appears in the text refers to taxpayers (individuals, legal persons, partnerships and associations) placed, from the point of view of the application of the ordinary taxation law and regulations, in substantially similar circumstances both in law and in fact“. Sinngemäss führt die Vorinstanz

weiter aus, die “vergleichbaren Verhältnisse” müssten insbesondere hinsichtlich der Ansässigkeit bestehen. Dieser Zusatz sei erstmals in der OECD, Model Tax Convention on Income and on Capital 1992 (Paris 1992, OECD-MA 1992, und ihrem Kommentar, nachfolgend OECD-Kommentar 1992) beigefügt worden, sei aber rein deklaratorischer Natur. Auch unter dem OECD-MA 1963 und dem OECD-MA 1977 sei stets unbestritten gewesen, dass die Ansässigkeit für das Vorliegen „gleicher Verhältnisse“ von Bedeutung sei. Des Weiteren seien Stiftungen in der Schweiz grundsätzlich steuerpflichtig, und würden erst in einem zweiten Schritt und unter den Voraussetzungen von Art. 56 Bst. e DBG bzw. Art. 23 Abs. 1 Bst. d des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinenden (StHG, SR 642.14) von der Steuerpflicht befreit. Ebenso hätten sie Grundstückgewinnsteuern zu bezahlen. Überdies hätten nur Vorsorgeeinrichtungen von Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätten in der Schweiz einen Anspruch auf Steuerbefreiung. Die Beschwerdeführerin erfülle diese Voraussetzung - selbst bei hypothetischer Ansässigkeit in der Schweiz - nicht.

Auf die einzelnen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten wird in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen, soweit dies für den vorliegenden Entscheid wesentlich ist.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Nach Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG gegeben ist. Eine solche liegt nicht vor und die ESTV ist eine Behörde im Sinn von Art. 33 VGG.

      Der angefochtene Entscheid der ESTV stellt eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG dar. Zu prüfen bleibt indes, ob diese beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar ist.

      Im Streit liegt die Rückerstattung von Verrechnungssteuerbeträgen für die Steuerperioden 2009 bis 2011 an eine in den Niederlanden domizilierte Vorsorgestiftung. Diese richtet sich nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den Niederlanden. Dieses wurde jedoch

      • wie nachfolgend dargelegt - revidiert, so dass zuerst auf die Frage eingegangen werden muss, welche Fassung in verfahrensmässiger Hinsicht anwendbar ist (zum materiell anwendbaren Recht vgl. E. 1.2).

    2. Das DBA-NL 1951 wurde durch das DBA-NL 2010 ersetzt, welches am

9. November 2011 in Kraft getreten ist und grundsätzlich nur auf die Steuerjahre und -perioden ab 1. Januar 2012 Anwendung findet (vgl. Art. 29 Abs. 1 DBA-NL 2010).

Nach den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln sind neue Verfahrensbestimmungen unter Vorbehalt abweichender Übergangsbestimmungen mit dem Tag ihres Inkrafttretens in der Regel sofort und in vollem Umfang anwendbar (BGE 136 II 187 E. 3.1, 131 V 314 E. 3.3 mit Hinweisen).

Da die beiden strittigen Anträge am 28. Dezember 2012 bzw. am 23. Dezember 2013 eingereicht wurden, ist zu prüfen, ob die bisherigen Bestimmungen für das Rückerstattungsverfahren durch neue ersetzt wurden, die für die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts relevant sind.

      1. Art. 10 Abs. 4 DBA-NL 2010 sieht vor, dass die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Durchführung der in diesem Artikel vorgesehenen Koordinationsregeln für die Besteuerung von Dividenden im gegenseitigen Einvernehmen regeln. Das Protokoll zum DBA-NL 2010 enthält hierzu eine rudimentäre Verfahrensvorschrift. Gemäss dieser sind Anträge auf Steuerentlastung oder -rückerstattung bei der zuständigen Behörde und nach dem innerstaatlichen Recht und den Vorschriften des Staates, der die Steuer erhebt oder erhoben hat, gestützt auf eine offizielle Ansässigkeitsbescheinigung der Steuerbehörde des anderen Vertragsstaates einzureichen (Ziff. XII. Zu den Art. 10 - 12 des Protokolls vom 26. Februar 2010 zum DBA-NL 2010). Damit wird die vorher in Art. 9 DBA-NL 1951 vorgesehene Mitwirkung der ausländischen Steuerbehörde und das Erfordernis des Nachweises der Ansässigkeit nunmehr im Rahmen des Protokolls zum neuen Abkommen weitergeführt. Im Übrigen hat die Schweiz keine neuen verfahrensrechtlichen Regelungen erlassen.

      2. Die bisherigen schweizerischen Ausführungsbestimmungen stützen sich auf das Bundesgesetz vom 22. Juni 1951 über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Durchführungsgesetz 1951, SR 672.2, vormals Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951, AS 1951 889). Darauf basiert der Bundesratsbeschluss vom 28. März 1952 über die Ausführung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Rückerstattung der Quellensteuern von Kapitalerträgen [BRB 1952 DBA-NL, SR 672.963.61]), der das Rückerstattungsverfahren im Detail regelt.

        Somit ist in verfahrensmässiger Hinsicht der BRB 1952 DBA-NL weiterhin zu berücksichtigen.

      3. Gemäss Art. 7 Abs. 2 BRB 1952 DBA-NL unterliegen Entscheide der ESTV über die Rückerstattung der Verrechnungssteuer der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.

Die direkte Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde ist somit gestützt auf Art. 31 VGG auch in diesem Fall gegeben.

Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss dessen Art. 37 das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG.

    1. Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin des angefochtenen Entscheids an seiner Aufhebung bzw. Änderung interessiert und folglich zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG).

    2. Die Beschwerde wurde im Übrigen fristund formgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 22a Abs. 1 Bst. a sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2.

    1. Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 49 Bst. a VwVG) -, die unrichtige bzw. unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) wie auch die Unangemessenheit des vorinstanzlichen Entscheides (Art. 49 Bst. c VwVG) gerügt werden. Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid grundsätzlich in vollem Umfang überprüfen.

    2. Im Beschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen. Das Bundesverwaltungsgericht ist demzufolge verpflichtet, auf den unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten festgestellten Sachverhalt jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zutreffenden erachtet,

und ihm jene Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist (BGE 119 V 349 E. 1a; ANDRÉ MOSER et al., Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, N. 1.54). Aus der Rechtsanwendung von Amtes wegen folgt, dass das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz nicht an die rechtliche Begründung der Begehren gebunden ist (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es kann eine Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen (allenfalls auch nur teilweise) gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer von der Vorinstanz abweichenden Begründung bestätigen (sog. Motivsubstitution; vgl. BVGE 2007/41 E. 2; Urteil des BVGer A-1103/2011 vom 7. Juli 2016 E. 1.4).

3.

    1. Der Bund erhebt eine Verrechnungssteuer unter anderem auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (Art. 132 Abs. 2 BV; Art. 1 Abs. 1 VStG). Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens sind unter anderem Gewinnanteile und sonstige Erträge der von einem Inländer ausgegebenen Aktien (Art. 4 Abs. 1 Bst. b VStG). Die Steuer beträgt 35 % der steuerbaren Leistung (Art. 13 Abs. 1 Bst. a VStG).

    2. Art. 21 Abs. 1 Bst. a VStG bestimmt, dass ein nach Art. 22 - 28 VStG Berechtigter Anspruch auf Rückerstattung der ihm vom Schuldner abgezogenen Verrechnungssteuer hat, wenn er bei Fälligkeit der steuerbaren Leistung das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes besass. Für juristische Personen und Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit ist ferner Voraussetzung, dass sie ihren Sitz im Inland haben (Art. 24 Abs. 2 VStG). Für die Frage, wo die juristische Person ihren Sitz hat, ist in erster Linie die sog. Inkorporationstheorie massgebend (Art. 154 Abs. 1 IPRG; B ERNHARD ZWAHLEN, in: Zweifel/Beusch/Bauer-Balmelli [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. Aufl. 2012 [nachfolgend VStG-Kommentar], Art. 24

      N. 39). Befindet sich der statutarische Sitz einer juristischen Person nach IPRG im Ausland, beansprucht indessen die Schweiz die unbeschränkte Steuerpflicht (für die direkten Steuern), findet für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer Art. 24 Abs. 2 VStG dennoch Anwendung, das heisst wird die Inländereigenschaft gleichwohl bejaht (Urteil des BVGer A-1521/2006 vom 5. Juni 2007 E. 4.3.2). Diese Betrachtung findet jedoch nur dann Anwendung, wenn zwischen dem ausländischen Staat, in dem die die Dividende empfangende juristische Person ihren Sitz hat, und der Schweiz kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht.

    3. Die Verrechnungssteuer führt bei ausländischen Empfängern schweizersicher Dividenden grundsätzlich zu einer endgültigen, an der Quelle erhobenen steuerlichen Belastung (Art. 22 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 VStG). Personen, die bei Fälligkeit der steuerbaren Leistung Sitz oder Wohnsitz im Ausland hatten, können die Rückerstattung der Verrechnungssteuer nur insoweit verlangen, als ihnen ein zwischenstaatliches Abkommen Anspruch darauf vermittelt (BGE 141 II 447 E. 2.2; Urteil des BGer 2A.239/2005 vom 28. November 2005 E. 2.2; Urteil des BVGer A-1103/2011 vom 7. Juli 2016 E. 3.2; MAJA BAUER-BALMELLI, VStG-Kom-

mentar, Art. 21 N. 55).

4.

Die Beschwerdeführerin stützte ihre Rückerstattungsanträge in erster Linie auf Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) DBA-NL 1951 (in der Fassung vom 22. Juni 1966, in Kraft seit 22. Dezember 1966). Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das DBA-NL 1951 durch das DBA-NL 2010 ersetzt wurde. Im vorliegenden Fall - die Rückerstattungsanträge beziehen sich auf die Steuerjahre 2009 - 2011 - ist jedoch in materieller Hinsicht weiterhin das DBA-NL 1951 anwendbar (Art. 29 Abs. 3 DBA-NL 2010).

    1. Gemäss Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) DBA-NL 1951 kann die Steuer auf Einkommen aus beweglichem Kapitalvermögen, die einer der beiden Staaten im Abzugswege an der Quelle erhebt, von dem im anderen Staate wohnhaften Einkommensempfänger innert zwei Jahren durch Vermittlung seines Wohnsitzstaates auf Grund einer amtlichen Bescheinigung über den Wohnsitz und über die Heranziehung zu den direkten Steuern im Wohnsitzstaat zurückgefordert werden:

      1. Bei Dividenden:

        1. mit dem vollen Betrag, wenn der Empfänger der Dividenden eine Kapitalgesellschaft ist, die mindestens 25 % des Gesellschaftskapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft besitzt, vorausgesetzt dass die Verbindung zwischen den beiden Gesellschaften nicht in erster Linie in der Absicht hergestellt worden ist oder beibehalten wird, sich diese volle Rückerstattung zu sichern;

        2. mit dem 15 % der Dividenden übersteigenden Betrag in allen anderen Fällen.

    2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung richten sich Auslegung und Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens nach Völkervertragsrecht und Völkergewohnheitsrecht, namentlich nach den Grundsätzen des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK; SR 0.111; vgl. BGE 141 II 447 E. 4.3.1 mit weiteren Hinweisen). Ein in Kraft stehender Vertrag bindet gemäss Art. 26 VRK die Vertragsparteien und ist von ihnen nach Treu und Glauben zu erfüllen. Treu und Glauben sowie Ziel und Zweck des Vertrages sind somit bei jeder Anwendung von internationalen Abkommen zu berücksichtigen. Jeder Vertragsstaat kann vom anderen erwarten, dass er in Beachtung der genannten Grundsätze handelt (BGE 141 II 447 E. 4.3.1 mit weiteren Hinweisen). Massgeblich ist somit in erster Linie der Wortlaut der vertraglichen Abmachungen.

    3. Der Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 DBA-NL geht nicht nur dahin, ein Rückerstattungsrecht des ausländischen Leistungsempfängers zu begründen, sondern begrenzt dieses Recht auch sogleich in zeitlicher Hinsicht. Damit ist die zweijährige Frist dem materiellen Recht zuzurechnen.

    4. Die in Art. 9 Abs. 2 DBA-NL 1951 vorgesehene Frist von zwei Jahren gilt als eingehalten, wenn der Rückerstattungsantrag bei der zuständigen Behörde des Wohnsitzstaates des Antragssteller innert zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres eingeht, in dem die steuerbare Leistung fällig geworden ist (Schlussprotokoll DBA-NL 1951 zu Art. 9 Abs. 3; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 BRB 1952 DBA-NL).

    5. Art. 9 Abs. 2 DBA-NL 1951 besteht in dieser Fassung erst seit der Änderung vom 22. Juni 1966, in Kraft seit 22. Dezember 1966. In der ursprünglichen Fassung vom 12. November 1951 war vorgesehen, dass derselbe Betrag zurückgefordert werden konnte, den der Staat, gegen den sich der Rückerstattungsanspruch richtete, den in seinem Gebiet wohnhaften Einkommensempfängern auf die direkten Steuern anrechnete, sofern der Wohnsitzstaat des Einkommensempfängers Erträgnisse gleicher Art ebenfalls der Besteuerung an der Quelle unterwarf. Nach der ursprünglich geltenden Rechtslage führte dies dazu, dass die in der Schweiz erhobene Verrechnungssteuer von einem in den Niederlanden ansässigen Einkommensempfänger in jedem Fall voll zurückgefordert werden konnte (vgl. BGE 110 Ib 287 E. 3a).

      Als das DBA-NL 1951 abgeschlossen wurde, teilten die Niederlande die von der Schweiz auch weiterhin vertretene Ansicht, die Erträgnisse aus beweglichem Kapitalvermögen seien ausschliesslich im Wohnsitzstaat des Empfängers zu besteuern. Mit der im Jahre 1966 beschlossenen Änderung von Art. 9 Abs. 2 DBA-NL 1951 wurde der inzwischen geänderten Auffassung der Niederlande Rechnung getragen, wonach das Besteuerungsrecht für Dividenden zwischen dem Wohnsitzstaat des Empfängers und dem Staat der Einkommensquelle aufzuteilen sei (vgl. BGE 110 Ib 297 E. 3a mit weiteren Hinweisen). Gleichzeitung wurde in Art. 9 Abs. 2 Bst. a (i) DBA-NL 1951 eine für die damalige Zeit überaus vorteilhafte Regelung geschaffen, die einer im Abkommen selbst enthaltenen expliziten Missbrauchsklausel bedurfte (vgl. BGE 110 Ib 297 E. 3c; vgl. Botschaft vom 8. Juli 1966 des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des Abkommens zur Änderung und Ergänzung des Abkommens zwischen der Schweiz und den Niederlanden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, nachfolgend Botschaft 1966 DBA-NL, BBl 1966 I 1326, S. 1328).

      Im DBA-NL 2010 wurde für Vorsorgeeinrichtungen als Empfänger eine Spezialregelung erlassen, gemäss welcher der Vertragsstaat, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, die von dieser Gesellschaft gezahlten Dividenden von der Steuer befreit (Art. 10 Abs. 3 Bst. b DBA-NL 2010; vgl. auch Botschaft vom 25. August 2010 zur Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und den Niederlanden, Botschaft 2010 DBA-NL, BBl 2010 5787, S. 5794).

      Bei Art. 9 DBA-NL 1951 handelt es um eine kollisionsrechtliche Norm, die die Besteuerung eines bestimmten Steuerobjekts dem einen oder anderen Vertragsstaat zuweist bzw. zwischen den Vertragsstaaten aufteilt (vgl. Urteil des BVGer A-2744/2008 vom 23. März 2010 E. 3.3). Daneben wird ein völkerrechtlicher Rückerstattungsanspruch statuiert.

    6. Als rückforderungsberechtigt gilt der Einkommensempfänger, der im Zeitpunkt der Fälligkeit des besteuerten Ertrages das Recht zur Nutzung an der den besteuerten Ertrag abwerfenden Kapitalanlage und seinen Wohnsitz im andern Staate gehabt hat (Art. 2 Abs. 1 BRB 1952 DBA-NL).

    7. Natürliche und juristische Personen, welche in ihrem Wohnsitzstaat keine Steuern vom Einkommen und vom Vermögen bezahlen, weil sie aus in ihrer Person liegenden Gründen steuerfrei sind oder weil ihr Einkommen und Vermögen die steuerfreien Beträge nicht überschreiten, können vom

andern Staate die an der Quelle erhobenen Steuern gleichwohl zurückfordern (Art. 9 Abs. 1 BRB 1952 DBA-NL).

5.

    1. Gemäss Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 (in der Fassung vom 22. Juni 1966, in Kraft seit 22. Dezember 1966) dürfen die Staatsangehörigen eines der beiden Staaten in dem anderen Staate weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen die Staatsangehörigen des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können.

    2. Die Bestimmung enthält zwei wesentliche Kriterien. Zum einen bezieht sie sich auf „Staatsangehörige“ und zum anderen müssen diese sich in

      „vergleichbaren Verhältnissen“ befinden. Es handelt sich hierbei um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Gehalt nachfolgend zu ermitteln ist.

    3. Der Ausdruck „Staatsangehörige“ umfasst alle juristischen Personen, Personengesellschaften und andere Personenvereinigungen, die nach dem in einem der beiden Staaten geltenden Recht errichtet worden sind (Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-NL 1951).

      Die Anknüpfung erfolgt somit nach dem sog. Errichtungsstatut. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist klar und lässt insoweit keinen Raum für eine weitergehende Auslegung (vgl. E. 4.2).

    4. Der Begriff der „gleichen Verhältnisse“ ist weder im DBA-NL 1951 noch in dessen Schlussprotokoll noch im Zusatzprotokoll näher definiert. Der Wortlaut ist mit Bezug auf diesen Begriff unergiebig. Ergänzend ist daher zu prüfen, ob sich der Wille der Vertragsstaaten aufgrund (unilateraler) Materialien feststellen lässt (vgl. hierzu MICHAEL BEUSCH, Die Bedeutung ausländischer Gerichtsentscheide für die Auslegung von DBA durch die schweizerische Justiz, in: Festschrift für Markus Reich, 2014 [nachfolgend FS Reich], S. 395 ff., S. 401). Für die Schweiz können sich entsprechende Indizien beispielsweise aus den Botschaften zu den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen ergeben, weil vor allem in den hier massgeblichen Botschaften auch die Ergebnisse der Vertragsverhandlungen wiedergegeben werden.

      1. In der Botschaft 1966 DBA-NL wird zu Art. 10 ausgeführt: Art. 10 des Abkommens von 1951 enthalte einerseits eine Gleichbehandlungsklausel

        und anderseits einen Vorbehalt zugunsten weitergehender Vorteile, die die interne Gesetzgebung den Steuerpflichtigen gewähre. Dieser Vorbehalt werde ohne Änderung in Art. 10A des Abkommen von 1966 weitergeführt. Der Wortlaut der Gleichbehandlungsklausel werde geändert und entspreche nunmehr der in Art. 26 (heute Art. 25) des neuen Abkommens mit Schweden enthaltenen Gleichbehandlungsklausel, womit die Bedeutung klarer umschrieben sei (Botschaft 1966 DBA-NL, S. 1330).

        In der Botschaft vom 13. Juli 1965 des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Schweden abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen (nachfolgend Botschaft 1965 DBA-S, BBl 1965 II 701, S. 715) heisst es, der Artikel über die Gleichbehandlung wolle, als wertvolle Ergänzung des Abkommens, eine steuerliche Diskriminierung ausschliessen, die an die Staatsangehörigkeit oder an ähnliche Gründe anknüpfe. Der Schutz vor einer solchen Diskriminierung sei sehr umfassend und gelte nicht nur für die unter das Abkommen fallenden, sondern auch für alle andern von den beiden Vertragsstaaten erhobenen Steuern.

        Aus dem Hinweis auf die „unter“ das Abkommen fallenden und die

        „anderen“ von den Vertragsstaaten erhobenen Steuern ergibt sich, dass das Diskriminierungsverbot nicht die im Doppelbesteuerungsabkommen selber enthaltenen Kollisionsund anderen Regelungen betrifft. Es handelt sich beim Diskriminierungsverbot somit um einen doppelbesteuerungsrechtlichen Korrekturmechanismus, mit welchem Differenzierungen gemäss nationalem Recht zurückgedrängt werden sollen. Die im DBA-NL 1951 selber vorgesehene Regelungen von Art. 9 Abs. 2, wird somit von Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 nicht erfasst.

        Zu prüfen bleibt daher, wann „vergleichbare Verhältnisse“ vorliegen.

      2. Der damalige Art. 26 (heute Art. 25) des Abkommens vom 7. Mai 1965 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-S, SR 0.672.971.41) wiederum folgt in weiten Teilen Art. 24 OECD-MA 1963.

        1. Bestehen in einem Doppelbesteuerungsabkommen dem OECDMA nachgebildete Regeln, so ist in der schweizerischen Rechtsprechung

          und Lehre unbestritten, dass das OECD-MA und seine offizielle Kommentierung (nachfolgend OECD-Kommentar) bei der Auslegung des Doppelbesteuerungsabkommens relevant sind. Das OECD-MA und der OECDKommentar lassen sich bei der Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen jedoch nur als subsidiäres Hilfsmittel verwenden, da es sich um ergänzende Hilfsmittel im Sinne von Art. 32 VRK handelt (vgl. BVGE 2011/6 E. 7.3.1, mit Hinweisen; Urteile des BVGer A-8400/2015 vom 21. März 2016 E. 2.2.1, A-3119/2014 vom 27. Oktober 2014 E. 3.3,

          A-813/2010 vom 7. September 2011 E. 7.4.2.4; siehe ferner auch BEUSCH, FS Reich, S. 401 ff.).

          Ob Neuerungen und Änderungen des Kommentars zum OECD-MA auch rückwirkend als subsidiäre Auslegungsmittel anwendbar sind, ist in der Lehre umstritten. In der Rechtsprechung wurde diesbezüglich immerhin festgehalten, dass sich der Richter unter gewissen Umständen auf den Kommentar in einer Version stützen könne, die jünger ist als der anzuwendende Staatsvertrag, etwa dann, wenn die Änderung des Kommentars die vorbestehende Regelung nicht ändere, sondern lediglich präzisiere oder erkläre (vgl. Urteile des A-4689/2013 vom 25. Juni 2014 sowie A-4693/2013 vom 25. Juni 2014 [je E. 4.2] mit weiteren Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung).

        2. Gemäss dem OECD-Kommentar 1963, der vor dem Hintergrund von Art. 32 VRK herangezogen werden kann, bezieht sich der in Art. 24 Abs. 1 OECD-MA im Text verwendete Ausdruck „unter gleichen Verhältnissen“ auf Steuerpflichtige (natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften und Personenvereinigungen), die sich hinsichtlich der Anwendung der allgemein gültigen Steuergesetze und -vorschriften in ähnlichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen befinden (Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und des Vermögens, Bericht des Steuerausschusses der OECD 1963, Übersetzung aus dem Englischen und dem Französischen, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen, Bonn 1965 [nachfolgend Übersetzung 1963], S. 194).

          Gründet somit in der ersten Konstellation der Rückerstattungsanspruch auf Regelungen gemäss dem DBA-NL 1951, während in der anderen das VStG Anwendung findet, liegen folglich in rechtlicher Hinsicht keine „vergleichbaren Verhältnisse“ vor.

        3. Wenn einer der Vertragsstaaten für die Gewährung von Steuervergünstigungen bei seinen eigenen Staatsangehörigen unterscheidet, ob sie in seinem Gebiet ansässig sind oder nicht, so kann dieser Staat nicht verpflichtet werden, den Staatsangehörigen des anderen Staates, die nicht in seinem Gebiet ansässig sind, die gleiche Behandlung zu gewähren wie seinen eigenen in seinem Gebiet ansässigen Staatsangehörigen; aber er verpflichtet sich, ihnen die gleiche Behandlung wie seinen nicht in seinem Gebiet ansässigen Staatsangehörigen zukommen zu lassen (vgl. hierzu Übersetzung 1963, S. 194).

Daraus folgt, dass Unterschiede aufgrund der sog. „Ansässigkeit“ grundsätzlich zulässig sind.

Nach einem allgemeinen Verständnis schützt Art. 24 Abs. 1 OECD-MA bloss vor direkten Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, nicht aber vor sog. versteckten Diskriminierungen (das heisst, Diskriminierungen, die an ein anderes Kriterium als die Staatsangehörigkeit anknüpfen, aber typischerweise die von Art. 24 Abs. 1 OECD-MA geschützten Personen benachteiligen; vgl. STEFAN OESTERHELT, in: Zweifel/Beusch/Matteotti [Hrsg.], Kommentar zum Internationalen Steuerrecht, 2015, Art. 24

N. 2, 20; und derselbe, Diskriminierungsverbote im internationalen Steuerrecht des Schweiz, in: ASA 79 269 [nachfolgend Diskriminierungsverbote], S. 277).

5.5 Ausländische Gerichtsentscheide - d.h. solche von Gerichten in anderen als den am jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen beteiligten Staaten - können für die Auslegung einer dem OECD-MA folgenden DBABestimmung im Hinblick auf eine anzustrebende Entscheidungsharmonie durchaus bedeutsam sein. Trotz dem Postulat der Beachtung ausländischer Urteile bleibt die Deutungshoheit jedoch beim urteilenden Gericht (vgl. BEUSCH, FS Reich, S. 407 f.).

6.

    1. Fordert der Anspruchsberechtigte Verrechnungssteuerbeträge zurück, muss er unter anderem den Rückerstattungsanspruch auf dem hierfür vorgesehenen Formular (vgl. Art. 3 Abs. 3 Bst. b BRB 1952 DBA-NL) zuhanden der in Art. 5 Abs. 2 BRB 1952 DBA-NL bezeichneten Steuerbehörde des steuererhebenden Staates geltend machen (Art. 3 Abs. 1 BRB 1952 DBA-NL).

      Niederländische Steuerpflichtige reichen ihr Gesuch um Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer dem “Inspecteur der vennootschapsbelasting“ in Amsterdam ein, welcher das Gesuch nach erfolgter Prüfung und mit der erforderlichen Bescheinigung an die ESTV weiterleitet. Letztere entscheidet dann über den Antrag und die Durchführung der Rückerstattung (vgl. hierzu Art. 3 bis 5 BRB 1952 DBA-NL).

      Die zentrale Steuerbehörde des Wohnsitzstaates hat in der Bescheinigung, die sie auf dem Antrag anbringt, auf eine allfällige Steuerfreiheit hinzuweisen und anzugeben, in welcher Weise sie sich vom Bestehen des Nutzungsrechts des Antragssteller an den Werten, die dieser im Rückerstattungsantrag aufführt, vergewissert hat. Sie ordnet zu diesem Zwecke die erforderlichen Erhebungen an (vgl. Art. 9 Abs. 2 BRB 1952 DBA-NL).

    2. Die Steuerbehörde des steuererhebenden Staates prüft den Antrag und holt allenfalls ergänzende Auskünfte ein (vgl. Art. 6 Abs. 1 BRB 1952 DBA-NL). Sie eröffnet ihren Entscheid dem Antragssteller direkt und überweist diesem den geschuldeten Rückerstattungsbetrag unter Beachtung allfälliger Clearingund Devisenvorschriften an die im Antrag genannte Adresse (Art. 6 Abs. 2 BRB 1952 DBA-NL).

      Über jeden Rückerstattungsentscheid ergeht eine schriftliche Mitteilung an den Antragsteller. Wird ein Antrag ganz oder teilweise abgewiesen, wird der Entscheid mit einer Begründung und mit einer Rechtsmittelbelehrung durch eingeschriebenen Brief eröffnet (Art. 7 Abs. 1 BRB 1952 DBA-NL; vgl. hierzu auch die ähnliche Konzeption in der Verordnung vom 18. Dezember 1974 zum schweizerisch-dänischen Doppelbesteuerungsabkommen, VO-DBA-DK, SR 672.931.41 und BGE 141 II 447 E. 8.1). Es ergeht

      somit ein formeller Entscheid. Ein solcher kann beispielsweise auch in Form eines Standardformulars ohne Unterschrift erfolgen (vgl. BGE 141 II 447 E. 8.2).

    3. Ein förmlicher Entscheid kann mit einer zweiten Verfügung grundsätzlich nicht mehr widerrufen oder geändert werden. Dagegen wäre es durchaus möglich, dass die ESTV die Rückerstattung anhand eines Formulars tätigt, aus dem deutlich hervorgeht, dass die Rückerstattung bloss aufgrund einer summarischen ersten Beurteilung und unter Vorbehalt einer nachmaligen gründlicheren Überprüfung erfolgt, das heisst ein Akonto ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bezahlt (vgl. BGE 141 II 447 E. 8.2).

    4. Förmliche Entscheide der ESTV unterliegen der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege (Art. 7 Abs. 2 BRB 1952 DBA-NL; E. 1. 2.3).

7.

    1. Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin nach ihrer unbestrittenen Sachdarstellung in den Niederlanden von den direkten Steuern befreit. Die grundsätzliche Rückerstattungsberechtigung im Umfang von Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) DBA-NL 1951 wird von der Vorinstanz nicht in Abrede gestellt. Entsprechend ist die Rückerstattung im Umfang von 20 % der Bruttodividende für die zwischen dem 24. August 2009 und dem 7. Februar 2012 eingereichten Rückerstattungsanträge für die Fälligkeiten 2009 bis 2011 bereits erfolgt.

      Streitpunkt unter den Parteien bildet einzig die Frage, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf vollständige Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer auf diesen Bruttodividenden hat. Die Beschwerdeführerin hat hierzu für die Fälligkeiten 2009 und 2010 am 28. Dezember 2012 und für die Fälligkeiten 2011 am 23. Dezember 2013 die zusätzliche Rückerstattung beantragt und beruft sich auf das Diskriminierungsverbot nach Art. 10 Abs. 1 und 2 DBA-NL 1951 (in der Fassung vom 22. Juni 1996, in

      Kraft seit 22. Dezember 1966).

      Damit ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob mit der bereits erfolgten Rückerstattung das jeweilige Rückerstattungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist und ein weitergehender Rückerstattungsanspruch schon aus diesem Grunde ausgeschlossen wäre (E. 7.2 bis 7. 4). Anschliessend ist auf das Diskriminierungsverbot einzugehen (E. 8).

    2. Formelle Rückerstattungsentscheide der ESTV betreffend die ursprünglich eingereichten Anträge sind nicht aktenkundig, ebensowenig wie schriftliche Mitteilungen der ESTV. Aus der von der Beschwerdeführerin eingereichten Reclaim List ergibt sich einzig, an welchen Daten die jeweiligen Auszahlungen betreffend die Fälligkeiten 2009 und 2010 „confirmed“ wurden. Für die Fälligkeiten 2011 ist keine solche Liste aktenkundig. Aus der Reclaim List und dem darin enthaltenen Status „confirmed“ lässt sich indessen nicht schliessen, dass die Rückzahlungen aufgrund eines förmlichen Entscheides erfolgt worden wären.

      Soweit im vorliegenden Fall den Rückerstattungsanträgen der Beschwerdeführerin formlos stattgegeben worden sein sollte, ist das Verfahren nicht

      mittels eines Entscheides im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BRB 1952 DBA-NL abgeschlossen worden (vgl. E. 6.2). Insoweit konnte die Beschwerdeführerin grundsätzlich auf ihre Anträge zurückkommen.

    3. In vier Fällen (Anträge Nr. 133319, 133346, 133350, 13351) betreffend Fälligkeiten aus dem Jahre 2011 erfolgte zwar eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Umfang von 20 % der Bruttodividende. Indessen fiel die Rückerstattung geringer aus als von der Beschwerdeführerin beantragt. Somit hätte zumindest in diesen vier Fällen ein formeller Rückerstattungsentscheid mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung (vgl. E. 6.2) ergehen müssen. Solche Entscheide sind ebenfalls nicht aktenkundig. Damit konnte die Beschwerdeführerin auch hier grundsätzlich auf ihre ursprünglichen Anträge zurückkommen und diese ergänzen.

    4. Als Zwischenergebnis ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin mangels aktenkundiger förmlicher Entscheide grundsätzlich auf ihre Rückerstattungsanträge zurückkommen und diese ergänzen durfte. Die ergänzenden Rückerstattungsanträge erfolgten mit Eingabe vom 28. Dezember 2012 und vom 23. Dezember 2013. Sie wurden für die Fälligkeiten 2010 und 2011 innerhalb der zweijährigen Frist gemäss Art. 9 Abs. 2 DBA-NL 1951 gestellt. Mit Bezug auf die Fälligkeiten 2009 ergingen zwar die beiden ursprünglichen Rückerstattungsanträge innerhalb der zweijährigen Frist, nicht aber die ergänzenden Anträge. Vorliegend kann jedoch offen bleiben, ob die zweijährige Rückerstattungsfrist auch für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Umfang der Sockelsteuer relevant ist, da diesem Begehren schon aus anderen Gründen nicht stattgegeben werden kann, wie nachfolgend zu zeigen ist.

8.

    1. Zu prüfen ist, ob die Verweigerung der Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer um Umfang der Sockelsteuer gegenüber der Beschwerdeführerin als steuerbefreite niederländische Vorsorgeeinrichtung vor dem Diskriminierungsverbot nach Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 standhält.

      Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang im Wesentlichen geltend, dass eine schweizerische Vorsorgeeinrichtung mit tatsächlicher Verwaltung in den Niederlanden dort gleichsam von den direkten Steuern befreit wäre, im Gegensatz zur niederländischen Vorsorgeeinrichtung die Verrechnungssteuer jedoch nach dem VStG vollumfänglich zurückerstattet bekäme.

      Nachfolgend ist daher in einem ersten Schritt auf das Verhältnis zwischen der kollisionsrechtlichen Regelung von Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) DBA-NL 1951 und Art. 10 DBA-NL 1951 einzugehen (E. 8.2). Alsdann sind die Voraussetzungen von Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 zu prüfen (E. 8.3 und 8. 4). Hierbei ist vor allem zu entscheiden, ob die Schweiz im nationalen Steuerrecht ausländische Vorsorgeeinrichtungen anders behandelt, wobei die unterschiedliche Behandlung einzig in der Staatsangehörigkeit begründet ist. Schliesslich ist noch auf einzelne von der Beschwerdeführerin weiter vorgebrachte Argumente einzugehen (E. 8.5 und 8. 6).

    2. Bei Art. 9 DBA-NL 1951 handelt es sich um eine zwischenstaatliche Vereinbarung, die seit der Änderung des Abkommens im Jahre 1966 für Portfoliodividenden die Aufteilung der Quellensteuer zwischen den Niederlanden und der Schweiz ausdrücklich vorsieht (vgl. E. 4.5). Erst mit dem neuen DBA-NL 2010 wurde für niederländische Pensionskassen eine ausdrückliche Sonderregelung geschaffen, wonach niederländischen Pensionskassen die vollständige Entlastung von der schweizerischen Verrechnungssteuer gewährt wird (vgl. Art. 10 Abs. 3 Bst. b DBA-NL 2010). Eine unterschiedliche Behandlung, welche im DBA selber statuiert ist, fällt - wie dargelegt - nicht unter das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 10 DBA--NL 1951; vielmehr wirkt sich das Diskriminierungsverbot auf die Ausgestaltung der Besteuerung durch die Vertragsstaaten aus (E. 5.4. 1).

      Die Beschwerdeführerin macht zwar geltend, dass Art. 9 Abs. 2 Bst. a (ii) DBA-NL 1951 keinen generellen Vorrang gegenüber Art. 10 DBA-NL 1951 geniesse, weil in Art. 10 DBA-NL 1951 kein entsprechender expliziter Vorbehalt angebracht worden sei. Letztlich geht jedoch auch sie davon aus, dass das Diskriminierungsverbot nur dann greift, wenn im nationalen Recht Unterscheidungen getroffen werden, die allein in der ausländischen Staatsangehörigkeit begründet sind (vgl. Beschwerde Rz. 51).

    3. Die Anwendung des Diskriminierungsverbotes nach Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 bedingt zum einen eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (sog. direkte Diskriminierung; vgl. E. 5.4.2 .3).

      1. Die Staatsangehörigkeit ist in Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-NL 1951 näher umschrieben und bestimmt sich nach dem Recht des Staates, in welchem die Gesellschaft errichtet wurde (vgl. E. 5.3). Insoweit liegt eine spezielle Anknüpfung vor, die grundsätzlich keinen Raum lässt für eine Anknüpfung an den statutarischen Sitz oder an den Ort der tatsächlichen Verwaltung.

        Die Beschwerdeführerin ist nach niederländischem Recht errichtet worden. Sie gilt daher als niederländische Staatsangehörige. In ihrem Fall befinden sich daneben auch der statutarischer Sitz und die tatsächliche Verwaltung an einem Ort in den Niederlanden.

      2. Die Staatsangehörigkeit einer juristischen Person im Sinne von Art. 10 Abs. 1 und 2 DBA-NL 1951 ist nicht gleichzusetzen mit ihrem zivilrechtlichen oder steuerlichen Sitz, zumal Art. 10 DBA-NL 1951 in den Abs. 3 und 4 zwei weitere Gleichbehandlungstatbestände statuiert, für die der „Wohnsitz“ bedeutsam ist.

        Der Wohnsitz einer juristischen Person ist zudem in Art. 2 Abs. 4 DBA-NL 1951 separat umschrieben und bestimmt sich in erster Linie nach dem landesinternen Steuerrecht. Erst im Falle von mehreren Wohnsitzen kommt letztlich dem statutarischen Sitz Vorrang zu.

        Somit folgen die beiden Kriterien „Staatsangehörigkeit“ und „Wohnsitz“ grundsätzlich unterschiedlichen Konzepten und kommt beiden Begriffen je eine eigenständige Bedeutung zu.

      3. Die „Staatsangehörigkeit“ gemäss Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-NL 1951 ist zudem auch nicht mit dem „Sitz im Inland“ nach Art. 24 Abs. 2 VStG gleichzusetzen. Letzterer wird nämlich rechtsprechungsgemäss weit verstanden und umfasst auch Gesellschaften mit statutarischem Sitz im Ausland, welche in der Schweiz tatsächlich verwaltet werden und im Bereich der direkten Steuern hier unbeschränkt steuerpflichtig sind, sofern sie die übrigen Voraussetzungen erfüllen und kein Doppelbesteuerungsabkommen Anwendung findet (vgl. E. 3.2).

    4. Damit sich ein Staatsangehöriger eines Vertragsstaates auf das Diskriminierungsverbot berufen kann, muss er sich zudem in „gleichen Verhältnissen“ befinden (vgl. E. 5.2).

      1. Nach dem Verständnis gemäss OECD-Kommentar 1963 zum Gleichbehandlungsartikel setzt die Gleichbehandlung voraus, dass sich die Steuerpflichtigen hinsichtlich der Anwendung der allgemeinen gültigen Steuergesetze und -vorschriften in ähnlichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen befinden (vgl. E. 5.4.2 .2).

        Die Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Portfoliodividenden richtet sich für in den Niederlanden ansässige Gesellschaften einzig nach dem

        DBA-NL 1951. Das DBA-NL 1951 sieht für diesen Fall keine direkte Anwendung des VStG vor. Im von der Beschwerdeführerin angerufenen hypothetischen Fall erfolgt die Rückerstattung gegenüber der schweizerischen Vorsorgeeinrichtung indessen nach dem VStG. Damit finden in den beiden Fällen auf den Rückerstattungsanspruch unterschiedliche Rechtsordnungen Anwendung. Demzufolge liegen keine „vergleichbaren Verhältnisse“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 DAB-NL 1951 vor.

      2. Wie die Auslegung von Art. 10 Abs. 1 DBA-NL 1951 zeigt, entsprach es überdies seit jeher dem Verständnis beider Vertragsstaaten, dass Unterschiede, die sich aufgrund der Ansässigkeit ergeben, zulässig sind (vgl.

        E. 5.4.2 .3), insoweit also keine „vergleichbaren Verhältnisse“ vorliegen.

        Damit ist der Einwand der Beschwerdeführerin nicht zu hören, wonach erstmals der OECD-Kommentar 1992 das Kriterium der Ansässigkeit aufnehme und dieser spätere Kommentar nicht massgeblich sei.

      3. Die Ansässigkeit ist in Art. 2 DBA-NL 1951 geregelt. Sie knüpft an den Wohnsitz an. Für juristische Personen bestimmt sich dieser in erster Linie nach der landesinternen Steuergesetzgebung (Art. 2 Abs. 4 DBA-NL 1951). Im Falle eines Doppel(wohn)sitzes, beispielsweise, wenn nach dem niederländischen Steuerrecht sich der (Wohn)sitz der Gesellschaft in den Niederlanden befindet, während nach dem schweizerischen Steuerrecht ein solcher in der Schweiz gegeben ist, bestimmt sich der kollisionsrechtliche (Wohn)sitz nach dem statutarischen Sitz (Art. 2 Abs. 4 DBA-NL 1951). Da das DBA-NL 1951 eine explizite Kaskade enthält, für den Fall, dass der statutarische Sitz und der Ort der tatsächlichen Verwaltung auseinanderfallen, bleibt für eine andere Auslegung des Ansässigkeitsbegriffs kein Raum.

      4. Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, im konkreten Fall lägen ihrer Ansicht nach „vergleichbare Verhältnisse“ vor und führt dafür verschiedene Konstellationen an.

        Sie vergleicht zum einen eine Vorsorgeeinrichtung mit statutarischem Sitz in der Schweiz, deren Geschäfte tatsächlich in den Niederlanden geleitet werden, mit einer Vorsorgeeinrichtung, deren statutarischer Sitz und der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung in den Niederlanden sind. Bei diesem Vergleich lässt die Beschwerdeführerin jedoch Art. 2 Abs. 4 DBA-NL 1951 ausser Acht, dessen Anwendung für die schweizerische Vorsorgeeinrichtung zur Ansässigkeit in der Schweiz und nicht in den Niederlanden

        führt. Damit sind die Vorsorgeeinrichtungen in verschiedenen Staaten ansässig.

        In der von der Beschwerdeführerin angeführten zweiten Konstellation befinden sich der statutarische Sitz und der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung jeweils am gleichen Ort, nämlich in der Schweiz bzw. in den Niederlanden. Auch in diesem Fall sind die beiden Vorsorgeeinrichtungen in verschiedenen Staaten ansässig.

        In beiden Konstellationen liegen somit zufolge verschiedener Ansässigkeit keine vergleichbaren Verhältnisse vor.

      5. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, dass selbst wenn eine Benachteiligung aufgrund der Ansässigkeit nicht vom Diskriminierungsverbot erfasst werden sollte, die Ansässigkeit nicht relevant sein dürfe, wenn der statutarische Sitz sowohl für die Ansässigkeit als auch für die Staatsangehörigkeit das alleinige Kriterium bilde, wie sie es in ihren Ausführungen aufgezeigt habe.

        Den Ausführungen der Beschwerdeführerin kann jedoch schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sich die Staatsangehörigkeit gemäss Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-NL 1951 grundsätzlich nach dem Errichtungsstatut richtet. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass in Einzelfällen der Errichtungsort mit dem statutarischen Sitz identisch sein kann. In rechtlicher Hinsicht ist jedoch das Errichtungsstatut nicht mit dem Sitzstatut gleichzusetzen.

        Die entsprechende von der Beschwerdeführerin angeführte Argumentation macht zudem deutlich, dass im vorliegenden Fall eine sog. versteckte Diskriminierung vorliegt. Eine solche ist gegeben, wenn die Diskriminierung zwar an ein anderes Kriterium - hier die Ansässigkeit - anknüpft, aber die ausländischen Staatsangehörigen - hier die niederländischen Vorsorgeeinrichtungen - trifft (vgl. zum Begriff OESTERHELT , Diskriminierungsverbote, S. 277). Versteckte Diskriminierungen sind jedoch vom Diskriminierungsverbot nicht erfasst (vgl. E. 5.4.2. 3).

      6. Nach der Auffassung der Beschwerdeführerin dürfe für die Frage nach den „vergleichbaren Verhältnissen“ auch dann nicht auf das Kriterium der „Ansässigkeit“ abgestellt werden, wenn diese im innerstaatlichen Recht zu keinen Steuerfolgen führe. Eine schweizerische Vorsorgeeinrichtung sei nämlich in der Schweiz von den direkten Steuern befreit und erhalte dennoch die Verrechnungssteuer vollumfänglich zurückerstattet.

Auch dieser Einwand geht fehl. Bei der „Ansässigkeit“ gemäss DBA handelt es sich um ein abstraktes Kriterium, welche unterschiedliche nationale Lösungen zulässt. Die Beschwerdeführerin „zäumt indessen das Pferd von hinten auf“, wenn sie im vorliegenden Fall die Ansässigkeit als nicht massgeblich erachtet, weil Vorsorgeeinrichtungen in beiden Ländern von den direkten Steuern befreit seien.

    1. Dass die Beschwerdeführerin mit der Sockelsteuer definitiv belastet wird, ist alsdann die Folge ihrer Befreiung von den direkten Steuern in den Niederlanden und der daraus resultierenden fehlenden Anrechenbarkeit. Diese Konsequenz ist indessen im niederländischen Steuerrecht begründet und nicht im Rückerstattungsanspruch nach DBA-NL 1951 oder im VStG. Insoweit die ist die Situation der Beschwerdeführerin vergleichbar mit einer Gesellschaft, die Verluste schreibt, und deshalb die Sockelsteuer nicht anrechnen kann.

    2. Das von der Beschwerdeführerin zum Diskriminierungsverbot angeführte niederländische Urteil zur Gewährung der Gruppenbesteuerung für Gesellschaften mit statutarischem Sitz in den Niederlanden und tatsächlicher Geschäftsleitung ausserhalb betrifft eine steuerliche Privilegierung im Bereich der Körperschaftssteuer nach innerstaatlichem niederländischem Recht. Für den vorliegend zu beurteilenden Fall der Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Dividenden gestützt auf das DBA-NL 1951 lässt sich daraus nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin ableiten. Die von der Beschwerdeführerin angeführten französischen Urteile betreffen die Erhebung von Quellensteuern beim Verkauf von französischen Immobilien und die Gewährung von Abzügen auf Lohneinkünften und sind damit gleichermassen nicht einschlägig für den vorliegenden Fall betreffend die Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Dividenden gemäss DBA-NL 1951. Schliesslich ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht einsichtig, was die Beschwerdeführerin aus dem von ihr zitierten Urteil betreffend eine deutsche Ärztekasse herzuleiten gedenkt.

    3. Zusammenfassend ergibt sich, dass für die Beschwerdeführerin aus dem von ihr hypothetisch angerufenen Fall mangels rechtlicher sowie mangels tatsächlicher Vergleichbarkeit für die vorliegend einzig zu beurteilende Konstellation keine Diskriminierung resultiert. Die Vorinstanz hat daher die Rückerstattung im Umfang der sog. Sockelsteuer zu Recht verweigert. Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen.

9.

    1. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten, welche auf Fr. 3‘500.- festzusetzen sind, der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 37 VGG). Der Betrag ist dem geleisteten Kostenvorschuss zu entnehmen.

    2. Die unterliegende Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 37 VGG; Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2] je e contrario). Der Vorinstanz ist gemäss Art. 7 Abs. 3 VGKE ebenfalls keine Parteientschädigung zuzusprechen.

(Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite.)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 3‘500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss wird für die Deckung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr.[Nr.]; Gerichtskurkunde)

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Salome Zimmermann Monique Schnell Luchsinger

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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