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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-7010/2014

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts D-7010/2014

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-7010/2014
Datum:26.04.2016
Leitsatz/Stichwort:Asyl (ohne Wegweisung)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Beschwerdeführers; Verfügung; Vorinstanz; Wegweisung; Bundesverwaltungsgericht; Verfahren; Flüchtling; Recht; Ausreise; Schweiz; Person; Syrien; Verfahrens; Vorbringen; Vollzug; Flüchtlingseigenschaft; Ausführungen; Bruder; Sinne; Verfolgung; Erwägungen; Kostenvorschuss; Behörde; Sachverhalt; Behörden; Anhörung; Vernehmlassung; Aussage
Rechtsnorm: Art. 44 BV ;Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-7010/2014

U r t e i l  v o m  2 6.  A p r i l  2 0 1 6

Besetzung Richter Thomas Wespi (Vorsitz),

Richterin Esther Marti, Richter Martin Zoller, Gerichtsschreiber Alfred Weber.

Parteien A. , geboren am ( ), Syrien,

vertreten durch lic. iur. LL.M. Tarig Hassan, Advokatur Kanonengasse, Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM; zuvor Bundesamt für Migration, BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Asyl und Wegweisung;

Verfügung des BFM vom 29. Oktober 2014 / N ( ).

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer verliess eigenen Angaben zufolge den Heimatstaat am 14. November 2013 und gelangte in die Türkei. Am 13. Dezember 2013 reiste er auf dem Luftweg legal in die Schweiz ein, wo er vier Tage später um Asyl nachsuchte. Nach der Befragung zur Person (BzP) im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) B. vom 17. Januar 2014 wurde der Beschwerdeführer für die Dauer des Verfahrens dem Kanton C. zugewiesen. Am 19. August 2014 wurde er vom BFM zu seinen Asylgründen angehört. Im Wesentlichen machte er bei den Befragungen geltend, er sei aufgrund der herrschenden Bürgerkriegssituation ausgereist. Im Jahre 2004 sei er während der landesweiten Unruhen für neun Monate in Haft gehalten und dabei gefoltert worden. Nach der Haftentlassung habe er keine weiteren Probleme mit den syrischen Behörden gehabt. Ab Juni 2012 bis zur Ausreise habe er im Auftrag der YPG (bewaffneter Arm der Partei der Demokratischen Union [PYD]) in einer Volksschutzeinheit gearbeitet. Im Rahmen dieser Arbeit habe er Quartiere geschützt und an verschiedenen Kontrollposten Wache gehalten. Er habe Leute kontrolliert, verhaftet und den Sicherheitsbehörden übergeben. Er habe während der Arbeit in ständiger Angst vor Angriffen gelebt. Indes sei er persönlich nie konkret angegriffen oder bedroht worden. Aus Furcht vor der Arbeit am Kontrollposten und der allgemeinen Situation während des Bürgerkriegs habe er sich zur Ausreise entschlossen.

Zur Untermauerung seiner Vorbringen reichte er seine Identitätskarte sowie eine Kopie seines syrischen Militärbüchleins zu den Akten.

B.

Das BFM stellte mit Verfügung vom 29. Oktober 2014 - eröffnet am 30. Oktober 2014 - fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte das Asylgesuch ab und verfügte die Wegweisung aus der Schweiz. Den Wegweisungsvollzug ersetzte es durch die Anordnung der vorläufigen Aufnahme. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Vorbringen des Beschwerdeführers genügten weder den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG (SR 142.31) noch denjenigen an die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG. Seine Aussagen zwischen der BzP und der Anhörung seien widersprüchlich ausgefallen (Angaben zum Ausreisegrund, zur Beteiligung respektive Mitwirkung am Bürgerkrieg, zur Verhaftung im Jahre 2004 und zu den nach der Haftentlassung erwähnten Umständen). Rechtfertigungsgründe würden nicht

vorliegen, weshalb die - im Gegensatz zur Anhörung - bei der BzP nicht ansatzweise erwähnten Vorbringen als Nachschub zu werten und als unglaubhaft einzustufen seien. Selbst bei Wahrunterstellung des geltend gemachten Vorkommnisses im Jahr 2004 müsste diesem mangels fehlenden zeitlichen und sachlichen Kausalzusammenhangs zwischen Verfolgung und Flucht die Asylrelevanz abgesprochen werden. Die geltend gemachten Nachteile, welche auf den in Syrien herrschenden Bürgerkrieg zurückzuführen seien und von denen die gesamte Zivilbevölkerung Syriens gleichermassen betroffen sei, vermöchten auch keine Asylrelevanz zu entfalten. Da der Vollzug der Wegweisung im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zumutbar sei, sei der Beschwerdeführer in der Schweiz vorläufig aufzunehmen.

C.

Mit Eingabe vom 1. Dezember 2014 liess der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erheben und unter Kostenund Entschädigungsfolge die Aufhebung der angefochtenen Verfügung hinsichtlich der Dispositivziffern 1 bis 3 beantragen. Die Sache sei zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung sowie zur neuen Entscheidfindung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers festzustellen und ihm Asyl zu gewähren. Es sei die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten. Es sei dem Beschwerdeführer in der Person seines Rechtsvertreters ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen. Auf die Begründung der Beschwerde und die eingereichten Beweismittel wird, soweit entscheidwesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

D.

Mit Zwischenverfügung vom 15. Dezember 2014 teilte der Instruktionsrichter dem Beschwerdeführer mit, er dürfe den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten. Er wurde aufgefordert, innert 30 Tagen ab Erhalt der Verfügung das Original des in Kopie eingereichten Beweismittels (Ausweis bei der Volksschutzeinheit) sowie eine Übersetzung einzureichen (Ziffer 2 des Dispositivs). Die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung, um Bestellung eines amtlichen Rechtsbeistandes und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses wurden mangels Nachweises der Bedürftigkeit abgewiesen. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 600.-, zahlbar bis zum 30. Dezember 2014, zu leisten

E.

Mit Eingabe vom 23. Dezember 2014 ersuchte der Beschwerdeführer unter

Beilage von Lohnabrechnungen um teilweise Wiedererwägung der Zwischenverfügung vom 15. Dezember 2014 betreffend die unentgeltliche Prozessführung.

F.

Am 29. Dezember 2014 wurde der Kostenvorschuss geleistet.

G.

Mit Eingaben vom 15. und 21. Januar 2015 kam der Beschwerdeführer der Aufforderung gemäss Ziffer 2 des Dispositivs der Zwischenverfügung vom

15. Dezember 2014 nach.

H.

In seiner Vernehmlassung vom 8. Juni 2015 beantragte das SEM die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der einleitenden Aussage in der Beschwerdeschrift, wonach das BFM in seiner Verfügung vom 29. Oktober 2014 das Asylgesuch abgelehnt und den Wegweisungsvollzug angeordnet habe, sei mit Verweis auf Dispositivziffer 4 der angefochtenen Verfügung deutlich zu widersprechen. Zwar sei die Wegweisung angeordnet, der Vollzug der Wegweisung jedoch wegen Unzumutbarkeit zu Gunsten einer vorläufigen Aufnahme aufgehoben worden. Zu den Ausführungen um die Volksschutzeinheit der YPG sei festzuhalten, dass die Erklärungen zur verspäteten Geltendmachung in der Beschwerdeschrift nicht zu überzeugen vermöchten. Hinsichtlich der ins Feld geführten Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher sei vollumfänglich auf die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung zu verweisen. In der Beschwerde werde geltend gemacht, dass die BzP nicht der Abklärung der Fluchtgründe diene. Dem Asylsuchenden zu Beginn zu sagen, dass es um seine Eckdaten und Biografie gehe und er noch nicht ausführlich seine Fluchtgründe schildern könne, ihm nachher jedoch Unglaubhaftigkeit aufgrund nicht erwähnter Dinge vorzuwerfen, zeuge nicht von einem fairen und transparenten Verfahren. Zur diesbezüglichen Argumentation hielt die Vorinstanz sodann fest, dass die Gesuchstellenden bereits in der Einleitung zur BzP darüber informiert würden, dass sie die wichtigsten Asylgründe summarisch zu erläutern hätten (A 4 S. 1 gemäss Aktenverzeichnis SEM). In der Tat handle es sich bei der BzP um eine Kurzbefragung, in welcher die Asylgründe summarisch erhoben würden. Weitere Ergänzungen und Konkretisierungen würden in der vertieften Anhörung geklärt. Der Beschwerdeführer habe jedoch während der gesamten BzP keines der wesentlichen Elemente genannt, die zu einem Gefährdungskomplex führen könnten. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb diese Elemente, die ihn zur

Ausreise aus Syrien bewogen hätten, nicht ansatzweise in der BzP erwähnt worden seien. Daran vermöchten auch die aufgeführten, allgemeinen Textpassagen zur Tätigkeit bei der YPG nichts zu ändern. Der Beweiswert des eingereichten Ausweises müsse als äusserst gering eingestuft werden, da allgemein bekannt sei, dass solche Dokumente selbst hergestellt oder käuflich erworben werden könnten. Entsprechend halte das SEM daran fest, dass diese Vorbringen als unglaubhaft zu werten seien. Selbst bei Wahrunterstellung könne jedoch Folgendes festgehalten werden: Der Beschwerdeführer sei von der YPG nicht unter Druck gesetzt worden (A 10 Frage 137). Im Nachgang zum Weggang des Beschwerdeführers habe sein Bruder mit den Funktionären der YPG "schon alles erledigt" (A 10 Frage 81). So sei diesem zwar mitgeteilt worden, der Beschwerdeführer hätte vor seiner Ausreise Bescheid geben sollen (A 10 Frage 83), es sei jedoch zu keinen weiteren Konsequenzen gekommen. Insgesamt habe sich die YPG zweimal nach dem Aufenthaltsort des Beschwerdeführers erkundigt. Diese Ausführungen würden zeigen, dass die YPG kein konkretes Interesse an seiner Verfolgung gehabt habe, weshalb auch die Gefahr einer künftigen Verfolgung durch die YPG zu verneinen sei. Im Zusammenhang mit der geltend gemachten Inhaftierung im Jahre 2004 sei vollumfänglich auf die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung zu verweisen. Zusätzlich sei der Vollständigkeit halber weiter anzufügen, dass es sich bei der Inhaftierung um einen abgeschlossenen und damit asylrechtlich unbeachtlichen Vorgang handle und die Asylgewährung nicht dem Ausgleich vergangener Benachteiligungen diene. Eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne einer Reflexverfolgung aufgrund der Tätigkeit seines Bruders ( ) sei zu verneinen, auch wenn dieser in der Schweiz zwischenzeitlich Asyl erhalten habe. Der Beschwerdeführer habe anlässlich der vertieften Anhörung zwar ausgeführt, bei jeder vom Bruder (Funktionsausübung) Angst gehabt zu haben, indes sei er zu keinem Zeitpunkt persönlich bedroht worden (A 10 Fragen 105 und 108). Gemäss Rechtsprechung sei von einer Reflexverfolgung zu sprechen, wenn Angehörige von politisch verfolgten Personen Repressalien ausgesetzt seien, um damit Druck auf diese auszuüben. Vorliegend würde das bedeuten, dass die Gegenspieler des Bruders den Beschwerdeführer bewusst bedrängt hätten, um den Bruder unter Druck zu setzen. Der Aussage, dass sowohl abgewiesene kurdische Asylsuchende als auch Personen, die illegal aus Syrien ausgereist seien, generell zu befürchten hätten, verhaftet, verfolgt und misshandelt zu werden, sei zu widersprechen. Die illegale Ausreise im aktuellen Länderkontext könne nicht zu einer asylrelevanten (recte: flüchtlingsrechtlich relevanten) Gefährdung führen.

I.

Mit Instruktionsverfügung vom 15. Juni 2015 wurde dem Beschwerdeführer eine Kopie der Vernehmlassung des SEM vom 8. Juni 2015 zur Replik zugestellt. Auf die Stellungnahme vom 30. Juni 2015 wird, soweit entscheidwesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

Das BFM hat mit Verfügung vom 29. Oktober 2014 den Vollzug der Wegweisung durch die Anordnung der vorläufigen Aufnahme des Beschwerdeführers ersetzt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet somit die Frage der Gewährung von Asyl, der Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie der Wegweisung an sich.

3.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

4.

    1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).

    2. Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).

5.

    1. Die dem Beschwerdeführer von der Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung unter Angabe der jeweiligen Fundstellen in den Protokollen vorgehaltenen Widersprüche respektive als Nachschübe bezeichneten Aussagen halten einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht stand. Die diesbezüglichen Ausführungen geben keinen Anlass zu Beanstandungen. In der Rechtsmitteleingabe werden die diversen vom BFM aufgezeigten Unglaubhaftigkeitselemente im Grunde genommen denn auch nicht als abwegig bezeichnet. Vielmehr wird mit der vorgebrachten Argumentation und mit Zitaten aus Rechtsprechung und Literatur zur Glaubhaftmachung der Flüchtlingseigenschaft versucht, eine zugunsten des Beschwerdeführers ausfallende Sichtweise in den festgestellten Sachverhalt hineininterzupretieren respektive die von der Vorinstanz aufgezeigten Divergenzen bloss zu beschönigen oder zu verharmlosen.

      Auch in seiner Vernehmlassung vom 8. Juni 2015 (vgl. Bst. I. hiervor) nahm das SEM nochmals in zutreffender Art und Weise Stellung zum in der Beschwerde thematisierten Aspekt hinsichtlich der im Rahmen der beiden Befragungen vom Beschwerdeführer zu Protokoll gegebenen Antworten. In der Replik vom 30. Juni 2015 (vgl. Bst J. hiervor) bringt der Beschwerdeführer indes nichts Substanzielles vor, das geeignet sein könnte, die von der Vorinstanz gezogenen Schlussfolgerungen zu entkräften. Zum einen wird lediglich unter nochmaligem Hinweis auf mögliche Verständigungsschwierigkeiten des Beschwerdeführers mit dem Dolmetscher vorgebracht, an den Ausführungen in der Beschwerdeschrift werde festgehalten. Die in der Rechtsmitteleingabe enthaltene Behauptung, es könne in der BzP zum Teil zu Missverständnissen gekommen sein, da der Dolmetscher ein Iraker gewesen sei, und sehr wahrscheinlich nicht den gleichen kurdischen Dialekt wie der Beschwerdeführer gesprochen habe, sowie das Vorbringen in der Anhörung, der Dolmetscher in der BzP habe zuerst Sorani und, als der Beschwerdeführer dies nicht verstanden habe, Arabisch gesprochen (vgl. A10 Frage 61 S. 8 und Frage 141 S. 16), trifft nicht zu, da die BzP - wie die Vorinstanz in ihrer Verfügung zutreffend ausführte - auf Kurmanci, der Muttersprache des Beschwerdeführers (vgl. A4 Ziff. 1.17.01

      S. 3), geführt wurde (vgl. A4 S. 7) und dieser die Verständigung mit dem Dolmetscher zweimal als gut bezeichnete (vgl. A4 Bst. h S. 2 und S. 7). Zudem wurde er in der Einleitung der BzP darauf hingewiesen, dass "summarisch das Wichtige" seiner Asylgründe aufgenommen werde, eine Vertiefung könne später erfolgen (vgl. A4 S. 1). Der Beschwerdeführer muss sich deshalb auf seine Aussagen in der BzP behaften lassen. Zum anderen wird im Sinne eines Erklärungsversuchs ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Vorfeld der BzP von Landsleuten beraten worden, nicht über die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) zu sprechen, andernfalls er vom Asyl beziehungsweise von der Flüchtlingseigenschaft ausgeschlossen werden könnte. Insbesondere im Zusammenhang mit letzterem Vorbringen ist nicht einzusehen, wieso der um Schutz nachsuchende Beschwerdeführer ausgerechnet gegenüber den für die Entgegenahme seines Gesuchs zuständigen Behörden die eben erwähnten fluchtauslösenden Gründe verheimlichen sollte. Insgesamt gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine nachvollziehbar begründete Klärung des als unglaubhaft erachteten Sachvortrags herbeizuführen.

    2. Es gibt angesichts der damaligen Ereignisse in der Herkunftsgegend des Beschwerdeführers, seiner mit Realkennzeichen versehenen Schilderungen und nicht zuletzt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, an denen er offenbar noch immer leidet, keinen Grund, an den von ihm geltend

      gemachten Vorbringen aus dem Jahr 2004 zu zweifeln. Ungeachtet der vorinstanzlichen Erwägungen in der angefochtenen Verfügung und der Vernehmlassung ist festzuhalten, dass es laut Aussagen des Beschwerdeführers keinen konkreten Anlass für die Ausreise im Jahre 2013 gegeben hat. Ebenfalls verneinte er anlässlich der Anhörung die Frage nach Problemen mit den syrischen Behörden nach seiner Haftentlassung (vgl. A 10 Frage 91 f. S. 11, Frage 132 f. S. 15 und Frage 136 S. 16). Insgesamt kann nach dem Gesagten das Ereignis des Jahres 2004 nicht als relevant im Sinne der asylrechtlichen Bestimmungen angesehen werden. Der Beschwerdeführer führt in seiner Replik denn auch aus, es werde nicht bestritten, dass zwischen der Inhaftierung und Folterung im Jahre 2004 und der Ausreise im Jahre 2013 kein direkter Konnex bestehe.

    3. Hinsichtlich der für die YPG ausgeübten Tätigkeit des Beschwerdeführers, welcher die Vorinstanz die Glaubhaftigkeit absprach, ist einerseits festzustellen, dass es äusserst befremdend wirkt, dass ein solch angeblich fluchtauslösender Umstand nicht ansatzweise in der BzP erwähnt wurde. Andererseits führte die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung vom 8. Juni 2015 zutreffend aus, dass selbst bei Wahrunterstellung dieses Sachverhaltselements dem Beschwerdeführer durch seine Ausreise keine nachteiligen Konsequenzen drohen würden respektive ein konkretes Verfolgungsinteresse der YPG gegenüber dem Beschwerdeführer zu verneinen sei. Dieser gab unmissverständlich zu Protokoll, von der YPG - im Hinblick auf eine sechsmonatige Ausbildung - nicht unter Druck gesetzt worden zu sein (vgl. A 10 Frage 138 S. 16). Bezüglich seines Weggangs ist nicht ersichtlich, inwiefern ihm dadurch asylrelevante Nachteile drohen sollten, da sich die YPG lediglich zweimal nach seinem Aufenthaltsort erkundigt und mitgeteilt haben soll, er hätte vor seiner Ausreise Bescheid geben sollen (vgl. A 10 Fragen 81 ff. S. 10). Unter diesen Umständen kann dem eingereichten Ausweis der YPG keine beweisrechtliche Bedeutung beigemessen werden respektive der Beschwerdeführer kann daraus nichts zu seinen Gunsten im Sinne einer asylrechtlichen Beachtlichkeit ableiten. Auf die Begründung des SEM zum Beweiswert des diesbezüglichen Dokuments und die in der Replik vertretene Ansicht des Beschwerdeführers, wonach die Vorinstanz eine Dokumentenprüfung und weitere Abklärungen hätte vornehmen müssen, ist daher nicht einzugehen.

    4. In der Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass das Leben des Beschwerdeführers aufgrund dessen Bruders, der in der Schweiz am

      18. September 2014 (Anmerkung des Gerichts) Asyl erhalten habe, in Gefahr gewesen und diesem Umstand (Reflexverfolgung) vom BFM in der

      angefochtenen Verfügung nicht gebührend Rechnung getragen worden sei. Mit Reflexverfolgung ist gemeint, dass vordergründig eine andere Person anvisiert ist, der Verfolger aber dann, mangels Zugriffs auf diese Person, die Verfolgung gegen ein Familienmitglied oder einen Gruppenzugehörigen richtet (vgl. WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Ausländerrecht,

      2. Aufl. 2009, Rz. 11.16, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Diesbezüglich ist, zur Vermeidung von Wiederholungen, auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung (S. 2 f.) hinzuweisen. Insbesondere ist zu betonen, dass der Beschwerdeführer nie konkret gegen ihn gerichteten nachteiligen Konsequenzen wegen der Position und ausgeübten Tätigkeit seines Bruders ausgesetzt gewesen ist. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte im Sinne einer Reflexverfolgung aus den antragsgemäss beigezogenen Verfahrensakten des Bruders des Beschwerdeführers (N ). Insgesamt führen die vom Beschwerdeführer unter diesem Aspekt in der Rechtsmitteleingabe und der Replik gemachten Vorbringen nicht zu seiner Anerkennung als Flüchtling, da - auch wenn er unter einem starken psychischen Druck aus Angst vor Repressalien gelitten habe (Replik S. 3 f.) - mangels konkreter Indizien die Voraussetzungen einer begründeten Furcht vor Verfolgung (vgl. BVGE 2011/51 E. 6.2 m.w.H.) nicht erfüllt sind.

    5. Die mit Hinweisen auf internationale Publikationen und diverse - ältere

      - Urteile des Bundesverwaltungsgerichts untermauerte Argumentation in der Beschwerde, wonach aufgrund der illegalen Ausreise des Beschwerdeführers sowie des Umstandes, dass er im Ausland einen Asylantrag gestellt habe, subjektive Nachfluchtgründe vorliegen würden, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen müssten, geht fehl. Die diesbezüglichen Hinweise sind nicht konkret auf die Person und Situation des Beschwerdeführers zugeschnitten. Zudem führt die blosse Tatsache der Asylgesuchstellung in der Schweiz entgegen der Behauptung in der Beschwerde nicht zur Annahme, dass der Beschwerdeführer bei der (hypothetischen) Rückkehr in sein Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten hätte. Zwar ist aufgrund seiner längeren Landesabwesenheit davon auszugehen, dass er bei einer Wiedereinreise nach Syrien einer Befragung durch die heimatlichen Behörden unterzogen würde (vgl. das Referenzurteil des BVGer D- 3839/2013 vom 28. Oktober 2015 E. 6.4.3). Da der Kausalzusammenhang mit der vorgebrachten Haft im Jahre 2004 in Bezug zur Flucht im Jahre 2013 zu verneinen ist und der Beschwerdeführer eine Vorverfolgung nicht zumindest glaubhaft machen konnte, kann ausgeschlossen werden, dass er vor dem Verlassen Syriens als regimefeindliche Person ins Blickfeld der

      syrischen Behörden geraten ist. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass diese ihn als staatsgefährdend einstufen würden, weshalb nicht damit zu rechnen wäre, er hätte bei einer Rückkehr asylrelevante Massnahmen zu befürchten. Vor diesem Hintergrund gelangt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass sich der Beschwerdeführer nicht auf das Vorliegen von subjektiven Nachfluchtgründen berufen kann.

    6. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht darzutun vermochte, dass er einer Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt war oder begründete Furcht hat, einer solchen ausgesetzt zu werden. Er kann daher nicht als Flüchtling anerkannt werden. Die Vorinstanz hat das Asylgesuch des Beschwerdeführers demnach zu Recht abgelehnt. Wie aus den gesamten Erwägungen hervorgeht, hat sich der Sachverhalt als genügend erstellt für einen reformatorischen Entscheid erwiesen, weshalb der Antrag, die Sache zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung sowie zur neuen Entscheidfindung an die Vorinstanz zurückzuweisen, abzuweisen ist.

6.

    1. Lehnt das Staatssekretariat das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).

    2. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 AsylG; vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4, 2009/50 E. 9, je m.w.H.).

7.

    1. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Staatssekretariat das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG [SR 142.20]).

    2. Der Beschwerdeführer wurde mit Verfügung des BFM vom 29. Oktober 2014 wegen Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung in der Schweiz vorläufig aufgenommen. Bei dieser Sachlage erübrigen sich sodann weitere Ausführungen zur Frage der Durchführbarkeit des Vollzuges. Insbe-

sondere braucht auf die Ausführungen in der Beschwerde im Zusammenhang mit der Unzulässigkeit des Vollzugs der Wegweisung nicht eingegangen zu werden (vgl. E. 5.6).

Ergänzend ist anzuführen, dass sich aus den angestellten Erwägungen nicht der Schluss ergibt, der Beschwerdeführer sei zum heutigen Zeitpunkt angesichts der jüngsten Entwicklungen der Situation in Syrien in seinem Heimatstaat nicht gefährdet. Indessen ist eine solche Gefährdungslage im Falle des Beschwerdeführers ausschliesslich auf die allgemeine in Syrien herrschende Bürgerkriegssituation zurückzuführen, welche im Rahmen der Anordnung der vorläufigen Aufnahme wegen Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung berücksichtigt wurde

8.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und - soweit diesbezüglich überprüfbar - angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.

9.

Der mit Zwischenverfügung vom 15. Dezember 2014 erhobene Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 600.- wurde am 29. Dezember 2014 geleistet. Das Gesuch vom 23. Dezember 2014 um teilweise Wiedererwägung der erwähnten Zwischenverfügung betreffend unentgeltliche Prozessführung ist somit gegenstandslos geworden. Die Kosten des Verfahrens sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 600.- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Der in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Thomas Wespi Alfred Weber

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