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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-2674/2015

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-2674/2015
Datum:08.07.2015
Leitsatz/Stichwort:Rückforderung von Versicherungsleistungen und Erlass
Schlagwörter : Beschwerde; Schwerdeführende; Schwerdeführenden; Vorinstanz; Beschwerdeführenden; Recht; Erbschaft; Verfügung; Bundesverwaltungsgericht; Sind; B-act; IT-ZBG; Erben; Einspracheentscheid; Erbfolge; Verstorben; Annahme; Parteien; Schweizer; Folgenden:; Richter; Bundesgesetzes; Verstorbenen; Vorliegt; Wohnsitz; Entscheid; Rechtsanwalt; Erblasser; Akten; Italienischen
Rechtsnorm: Art. 52 VwVG ; Art. 602 ZGB ; Art. 61 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 85b AHVG ;
Referenz BGE:136 V 7; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-2674/2015

U r t e i l  v o m  8.  J u l i  2 0 1 5

Besetzung Richter Christoph Rohrer (Vorsitz), Richter Beat Weber,

Richterin Madeleine Hirsig-Vouilloz, Gerichtsschreiber Milan Lazic.

Parteien In Sachen X. (selig):

  1. A.X. ,

  2. B.X. ,

  3. C.X. ,

alle vertreten durch lic. iur. Stefan Galligani, Rechtsanwalt, Beschwerdeführende,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse SAK,

Avenue Edmond-Vaucher 18, Postfach 3100,

1211 Genf 2, Vorinstanz.

Gegenstand Altersund Hinterlassenenversicherung, Rückforderung (Einspracheentscheid vom 24. März 2015).

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,

dass die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK, im Folgenden auch: Vorinstanz) mit Einspracheentscheid vom 24. März 2015 die Einsprachen gegen die Verfügungen vom 16. Oktober 2014 bzw. vom 3. November 2014 abgewiesen hat, mit welchen die Erben des verstorbenen X. (geboren am [ ] 1933 und verstorben am [ ] 2013) zur Rückerstattung eines Betrags von Fr. 8'416.- aufgefordert wurden (vgl. Akten der Vorinstanz [im Folgenden: Dok.] 58, 70, 74, 75, 77, 78, 115, 131 S. 10-12),

dass die Vorinstanz diesen an G.X. adressierten Entscheid je in Kopieform auch A.X. , B.X. , C.X. , V.X. (Sohn des Verstorbenen), F.X. und M.X. zugestellt hat (vgl. Dok. 131 S. 10-12),

dass A.X. , B.X.

und C.X.

(im Folgenden: Be-

schwerdeführende), alle vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Galligani, mit Beschwerde vom 28. April 2015 beantragt haben, die Verfügung der Vorinstanz vom 24. März 2015 sei aufzuheben, im Wesentlichen mit der Begründung, sie hätten keine Erbenstellung und sie würden die Erbschaft demnächst explizit ausschlagen und die entsprechenden Belege nachreichen (Akten im Beschwerdeverfahren [im Folgenden: B-act.] 1 und 2),

dass die Beschwerdeführenden mit Verfügung vom 6. Mai 2015 aufgefordert wurden, innert einer Frist von 30 Tagen dem Bundesverwaltungsgericht die in Aussicht gestellten und von der zuständigen Behörde ausgefertigten Ausschlagungserklärungen, aus denen formgültig hervorgeht, dass sie die in Frage stehende Erbschaft ausgeschlagen haben, nachzureichen (B-act. 3),

dass die Beschwerdeführenden am 15. Mai 2015 (Datum Poststempel) je eine Kopie eines Zertifikats vom 8. Mai 2015, welches vom Mailänder Notar Dr. R. ausgestellt wurde, eingereicht haben (vgl. B-act. 7),

dass sich die Vorinstanz am 17. Juni 2015 aufforderungsgemäss zur Beschwerde vom 28. April 2015 vernehmen liess und beantragte, diese sei gutzuheissen und die angefochtenen Verfügungen vom 3. November 2014 seien aufzuheben mit der Begründung, durch die notariell beglaubigte Ausschlagung sei die Schuld des Erblassers nicht zur persönlichen Schuld der Beschwerdeführenden geworden (vgl. B-act. 10),

dass diese Vernehmlassung den Beschwerdeführenden mit Verfügung vom 23. Juni 2015 zur Kenntnisnahme zugestellt und der Schriftenwechsel gleichzeitig geschlossen wurde (vgl. B-act. 11),

dass gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) und Art. 85bis Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Altersund Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10) das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) beurteilt, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt,

dass die SAK eine Vorinstanz gemäss Art. 33 Bst. d VGG ist, vorliegend keine Ausnahme von der Zuständigkeit auszumachen ist und demnach das Bundesverwaltungsgericht zur Behandlung der Beschwerde zuständig ist,

dass gemäss einer bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur Erben gemeinsam zu gesamter Hand (vgl. Art. 602 Abs. 2 ZGB), sondern auch einzelne Mitglieder einer Erbengemeinschaft zur Beschwerdeführung in sozialversicherungsrechtlichen Leistungsstreitigkeiten berechtigt sind, sofern sie gemäss Art. 59 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1; vgl. auch Art. 48 VwVG) durch die vorinstanzliche Verfügung berührt sind und ein schutzwürdiges Interesse haben (vgl. BGE 136 V 7 E. 2.1.2 mit Hinweisen),

dass die Beschwerdeführenden am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen haben und durch den Einspracheentscheid vom 24. März 2015 besonders berührt sind, so dass sie beschwerdelegitimiert sind,

dass die Eingabe zudem fristund formgerecht erfolgt ist (vgl. Art. 22a Abs. 1, Art. 50 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG; vgl. auch Art. 60 ATSG), weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist,

dass gemäss den Akten der Vorinstanz der Erblasser X. sel. italienischer Staatsangehöriger war, und dass er seinen letzten Wohnsitz in Italien hatte und auch dort verstarb (vgl. Dok. 2, 4, 54 sowie 58),

dass gemäss Art. 91 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG, SR 291) der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz im Ausland dem Recht untersteht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist,

dass gemäss dem vorliegend anwendbaren italienischen internationalen Privatrecht die Erbfolge dem nationalen Recht des Erblassers zur Zeit des Erbfalls untersteht (Staatsangehörigkeitsprinzip; vgl. Art. 19 [bei mehrfacher Staatsangehörigkeit] und 46 des Reformgesetzes zum IPR vom 31. Mai 1995, Nr. 218), vorliegend namentlich dem italienischen Recht,

dass gemäss italienischem Recht die Erbschaft lediglich durch Annahme erworben wird und diese ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen kann (vgl. Art. 459 und 474 des italienischen Zivilgesetzbuches [im Folgenden: IT-ZBG]),

dass eine ausdrückliche Annahme vorliegt, wenn der zur Erbfolge Berufene in einer öffentlichen oder privaten Urkunde erklärt hat, die Erbschaft anzunehmen, oder sich als Erbe bezeichnet hat (Art. 475 IT-ZBG),

dass im Weiteren eine stillschweigende Annahme vorliegt, wenn der zur Erbfolge Berufene eine Rechtshandlung vornimmt, die notwendigerweise seinen Willen zur Annahme voraussetzt und zu deren Vornahme er nur in der Eigenschaft eines Erben berechtigt wäre (vgl. Art. 476 IT-ZBG),

dass die Annahme der Erbschaft innert 10 Jahren ab Eröffnung der Erbschaft zu erfolgen hat (Art. 480 IT-ZBG),

dass die Ausschlagung der Erbschaft mit einer Erklärung zu erfolgen hat, die von einem Notar oder vom Kanzleibeamten des Landesgerichtes, in dessen Bezirk die Erbfolge eröffnet worden ist, aufgenommen und in das Register über die Erbfolgen eingetragen wird (vgl. Art. 519 IT-ZBG),

dass der Mailänder Notar Dr. R. im "Certificato" vom 8. Mai 2015 bestätigt, die Beschwerdeführenden sowie deren - am vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht beteiligte - Bruder M.X. hätten die vollumfängliche Ausschlagung der Erbschaft ihres verstorbenen Vaters erklärt (vgl. B-act. 7),

dass in der notariellen Urkunde vom 8. Mai 2015 eine formgültige Aus-

schlagung der Erbschaft des verstorbenen X. schwerdeführenden zu erblicken ist,

durch die Bedass die Beschwerdeführenden daher aufgrund der Ausschlagung für die Schulden des Nachlasses des verstorbenen X. , vorliegend für diejenigen zu Gunsten der Vorinstanz, nicht haftbar gemacht werden können,

dass unter diesen Umständen das Bundesverwaltungsgericht keine Gründe sieht, den gemeinsamen Antrag der Beschwerdeführenden und der Vorinstanz nicht gutzuheissen,

dass gemäss Art. 61 Abs. 1 VwVG die Beschwerdeinstanz in der Sache selbst entscheidet oder diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurückweist,

dass die Streitsache spruchreif und der Einspracheentscheid vom 24. März 2015 in vollumfänglicher Gutheissung der Beschwerde vom 28. April 2015 insoweit aufzuheben ist, als er die Beschwerdeführenden betrifft,

dass demzufolge festzustellen ist, dass die Vorinstanz gegenüber den Beschwerdeführenden aus an X. sel. zu viel bezahlten Renten (vgl. oben Seite 2 erster Absatz) keinen Rückforderungsanspruch hat,

dass das Beschwerdeverfahren für die Parteien kostenlos ist (Art. 85bis Abs. 2 AHVG), sodass keine Verfahrenskosten zu erheben sind,

dass den obsiegenden Beschwerdeführenden, welche durch einen Schweizer Rechtsanwalt vertreten sind, zu Lasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 64 Abs. 1 VwVG),

dass die Parteientschädigung unter Berücksichtigung des aktenkundigen und gebotenen Aufwands auf Fr. 1'500.- inkl. Mehrwertsteuerzuschlag im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Bst. c VGKE festzusetzen ist (Art. 7 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv auf Seite 6)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2.

Der Einspracheentscheid vom 24. März 2015 wird insoweit aufgehoben, als er die Beschwerdeführenden betrifft. Es wird festgestellt, dass die Vorinstanz gegenüber den Beschwerdeführenden aus den an X. sel. zu viel bezahlten Renten keinen Rückforderungsanspruch hat.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.

Den Beschwerdeführenden wird zu Lasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'500.- zugesprochen.

5.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführenden (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. ; Einschreiben)

  • das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Christoph Rohrer Milan Lazic

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:

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