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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-6592/2013

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-6592/2013
Datum:18.09.2014
Leitsatz/Stichwort:Stempelabgaben
Schlagwörter : Gesellschaft; Aktie; Aktien; Bundes; Beschwerde; Fusion; Beschwerdeführer; Schwerdeführerin; Beschwerdeführerin; Fusionsähnliche; Emissionsabgabe; Aktionär; Zusammenschluss; Steuer;Recht; übernommene; Bundesverwaltungsgericht; Beteiligungsrechte; Fusionsähnlichen; Wirtschaftlich; Sammlung; übernehmende; Gesellschaften; Aktionäre; Verwaltung; Zuschuss; Entscheid; übernommenen
Rechtsnorm: Art. 127 BV ; Art. 19 BV ; Art. 25 VwVG ; Art. 49 VwVG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 70 OR ; Art. 704 OR ;
Referenz BGE:102 Ib 140; 119 V 349; 123 II 16; 126 II 275; 126 II 300; 128 II 112; 131 II 13; 131 II 710; 137 II 199; ;
Kommentar zugewiesen:
MARCO DUSS, JULIA AH, ROMAN SIEBER, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht II, 3, 2006
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Pascal Hinny; Pascal Hinny;
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung I

A-6592/2013

U r t e i l  v o m  1 8.  S e p t e m b e r  2 0 1 4

Besetzung Richter Michael Beusch (Vorsitz),

Richter Jürg Steiger, Richter Daniel Riedo, Gerichtsschreiber Stefano Bernasconi.

Parteien A. AG, ,

vertreten durch Dr. iur. Reto Kuster, Fürsprecher, , Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, Eigerstrasse 65, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Emissionsabgabe (Ausnahme bei Umstrukturierungen).

Sachverhalt:

A.

Die A. AG mit Sitz in [ ] ist eine Aktiengesellschaft, welche laut Handelsregistereintrag unter anderem [ ] bezweckt. Das Aktienkapital der A. AG beträgt Fr. [ ] und ist eingeteilt in [ ] Namenaktien zu Fr. [ ]. Alleiniger Aktionär und Präsident des Verwaltungsrats (mit Einzelunterschrift) war - im hier relevanten Zeitraum - Z. .

B.

Die B. AG (Aktienkapital Fr. 100'000.- eingeteilt in 100 Namenaktien zu Fr. 1'000.-) ging im Jahr 2007 aus einer Fusion der C. AG und der (alten) B. AG hervor. Die C. AG übernahm mit Fusionsvertrag vom [ ] 2007 die (alte) B. AG durch eine Absorptionsfusion und wurde gleichzeitig zur B. AG umfirmiert. Im Rahmen dieser Fusion kam es zu einem Squeez-out von Minderheitsaktionären der (alten) B. AG, welche [ ]% des Aktienkapitals hielten. Sie wurden mit einem Betrag von Fr. [ ] je Inhaberaktie (Nominalwert Fr. [ ]) abgefunden.

Nach der Fusion hielt Z.

50% der Namenaktien der

B. AG. Die beiden anderen Aktionäre, Y. X. , hielten je 25%.

und

C.

Kurz nach Vollzug der Fusion verkaufte Z. mit Vertrag vom [ ] 2007 seine bisher im Privatvermögen gehaltene 50%-Beteiligung an der

B.

AG an die A.

AG. Der Kaufpreis wurde auf

Fr. 50'000.- festgesetzt, was dem Nominalwert der Aktien (50 Namenaktien zu je Fr. 1'000.-) entsprach. Der Kaufvertrag sah einen rückwirkenden Dividendengenuss der Käuferin ab dem 1. Januar 2007 vor.

D.

Am 22. Juni 2007 wurde an einer ausserordentlichen Generalversammlung der B. AG unter anderem eine Dividendenausschüttung von Fr. [ ] pro Namenaktie beschlossen. Zudem wurde beschlossen, die

  1. AG als neue Aktionärin im Aktienbuch einzutragen. Die

  2. AG entrichtete bzw. meldete in der Folge mit Formular 103 vom 22. Juni 2007 und Formular 106 vom 18./22. Juni 2007 der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) die auf der Brutto-Dividende von Fr. [ ] je Aktie geschuldete Verrechnungssteuer.

E.

Im Zuge der Prüfung der eingereichten Formulare kam die ESTV im September 2007 zum Schluss, dass der Verkauf der Aktien der B. AG von Z. an die von ihm gehaltene A. AG unter emissionsabgaberechtlichen Gesichtspunkten weiterer Abklärungen bedürfe.

F.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2011 teilte die ESTV der A. AG mit, dass die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem höheren Verkehrswert der Aktien der B. AG einen Zuschuss im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Bst. a und Art. 8 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes vom

27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG, SR 641.10) des Alleinaktionärs (Z. ) an die A. AG darstelle, und es sei eine Emissionsabgabe von einem Prozent geschuldet. Der A. AG wurde eine Frist von 30 Tagen angesetzt, um den Wert der genannten Beteiligung zum Zeitpunkt des Kaufes aufzuzeigen.

G.

Nachdem die A. AG der ESTV mitgeteilt hatte, sie sei der Meinung, es sei keine Emissionsabgabe geschuldet, führte die ESTV am 28./29. März 2011 eine Buchprüfung bei der B. AG betreffend die Jahre 2006 bis 2010 durch. Die Prüfung bezweckte, die im Zusammenhang mit dem möglichen Zuschuss stehenden Bewertungsfragen zu klären. Die ESTV schloss dabei auf einen Wert der B. AG im Zeitpunkt der Fusion von Fr. [ ].

H.

Am 20. April 2011 fand eine Besprechung zwischen der ESTV und der A. AG statt. Die A. AG brachte vor, es sei im vorliegenden Fall ein fusionsähnlicher Zusammenschluss gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG erfolgt und daher keine Emissionsabgabe geschuldet. Die ESTV vertrat hingegen die Meinung, dass es sich bei der Transaktion um einen Zuschuss des Aktionärs gehandelt habe, welcher der Emissionsabgabe von 1% unterliege. Es sei eine Abgabe in der Höhe von Fr. [ ] zu entrichten.

I.

Nach weiteren Schreiben zwischen den Parteien bezahlte die A. AG am 27. Juli 2011 die geforderte Emissionsabgabe. Die Zahlung erfolgte unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einzig zur Vermeidung weiterer allfälliger Verzugszinsen.

J.

Mit Entscheid vom 11. Mai 2012 erkannte die ESTV, die A. AG schulde für den erhaltenen Zuschuss vom 15. Juni 2007 von Fr. [ ] eine Emissionsabgabe in der Höhe von Fr. [ ]. Zudem müsse für die Zeit vom

15. Juli 2007 bis zum 27. Juli 2011 ein Verzugszins von Fr. [ ] entrichtet werden. Zur Begründung ihres Entscheides führte die ESTV aus, dass Zuschüsse, welche ein Gesellschafter ohne entsprechende Gegenleistung an die Gesellschaft erbringe und ohne dass das im Handelsregister eingetragene Gesellschaftskapital erhöht werde, der Emissionsabgabe von 1% unterliegen würden.

K.

Gegen diesen Entscheid erhob die A. AG am 13. Juni 2012 fristgerecht Einsprache und beantragte dessen Aufhebung. Eventualiter sei die Emissionsabgabe zu reduzieren und die Verzugszinsen anzupassen. Sie führte aus, es seien sämtliche Voraussetzungen einer steuerneutralen Umstrukturierung in der Form eines fusionsähnlichen Zusammenschlusses beziehungsweise einer Quasifusion im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG erfüllt.

L.

Mit Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2013 hiess die ESTV (nachfolgend auch: Vorinstanz) die Einsprache der A. AG teilweise gut und reduzierte die Emissionsabgabe um Fr. [ ] auf Fr. [ ]. Sie erkannte weiter, dass dieser Abgabebetrag mit der geleisteten Zahlung von Fr. [ ] bereits beglichen und der darüber hinausgehende Restbetrag auf die noch ausstehenden Verzugszinsen in der Höhe von Fr. [ ] anzurechnen sei. In Anrechnung der Fr. [ ] sei noch ein Betrag von Fr. [ ] geschuldet. Die Vorinstanz begründete den Einspracheentscheid damit, dass der vorliegend erfolgte Zuschuss des Alleinaktionärs nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG falle. Es habe keine steuerprivilegierte Umstrukturierung stattgefunden.

M.

Gegen diesen Entscheid liess die A.

AG (nachfolgend: Be-

schwerdeführerin) mit Eingabe vom 25. November 2013 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Sie beantragt die Aufhebung des Einspracheentscheids und die Feststellung, dass die streitbetroffene

Transaktion von der Emissionsabgabe ausgenommen sei. Die Beschwerdeführerin bringt dabei wiederum vor, der Verkauf der Beteiligung an der

B.

AG zum Nominalwert durch Z._

an die von ihm zu

100% gehaltene Beschwerdeführerin stelle einen fusionsähnlichen Zusammenschluss dar, auch wenn keine neuen Beteiligungsrechte begründet worden seien. Der Ausnahmetatbestand der Befreiung von der Emissionsabgabe bei Umstrukturierungen müsse auch zur Anwendung kommen, wenn kein Aktientausch stattgefunden habe. Die restlichen Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG seien im Übrigen erfüllt.

N.

Die Vorinstanz beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 7. Februar 2014 die kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Sie hält fest, dass im vorliegenden Fall kein fusionsähnlicher Zusammenschluss im Sinne einer Quasifusion vorliege und somit kein von der Emissionsabgabe befreiter Tatbestand nach Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG gegeben sei. Der im Zusammenhang mit dem unterpreisigen Verkauf der Aktien der B. AG durch den Alleinaktionär an die Beschwerdeführerin erfolgte Zuschuss unterliege deshalb der Emissionsabgabe. Die Vorinstanz begründet diesen Entscheid unter anderem damit, dass die Regeln für die speziellen Tatbestände der Schwesteroder der Mutter-Tochterfusion nicht auf die Quasifusion angewendet werden könnten. Es handle sich hierbei nicht um vergleichbare Fälle. Im Übrigen sei zwischen der Beschwerdeführerin

und der B. entstanden.

AG keine enge beteiligungsrechtliche Verflechtung

Auf die Vorbringen der Parteien wird - soweit sie entscheidwesentlich sind - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG gegeben ist. Eine solche liegt nicht vor und die ESTV ist eine Behörde im Sinn von Art. 33 VGG. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Behandlung der Beschwerde ist somit gegeben. Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss dessen Art. 37 das Verfahren nach dem VwVG.

    2. Gemäss Art. 25 Abs. 2 VwVG ist dem Begehren um Erlass einer Feststellungsverfügung zu entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein entsprechendes schutzwürdiges Interesse nachweist. Der Anspruch auf Erlass einer Feststellungsverfügung ist dabei subsidiär gegenüber rechtsgestaltenden Verfügungen (BGE 137 II 199 E. 6.5, BGE 126 II 300 E. 2c; BVGE 2010/12 E. 2.3, BVGE 2007/24 E. 1.3). Mit dem Antrag, der Einspracheentscheid und damit die Veranlagung der Emissionsabgabe sei aufzuheben, stellt die Beschwerdeführerin bereits ein umfassendes Leistungsbegehren. Weitere schutzwürdige Interessen sind nicht zu erkennen. Dem von der Beschwerdeführerin beantragten Feststellungsbegehren (Feststellung, dass die streitbetroffene Transaktion von der Emissionsabgabe befreit sei) kommt daher neben dem Leistungsbegehren keine eigenständige Bedeutung zu, weshalb auf dieses nicht einzutreten ist.

    3. Auf die ansonsten formund fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.

    4. Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 49 Bst. a VwVG) -, die unrichtige bzw. unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) wie auch die Unangemessenheit der vorinstanzlichen Verfügung (Art. 49 Bst. c VwVG) gerügt werden. Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid grundsätzlich in vollem Umfang überprüfen.

    5. Im Beschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen. Das Bundesverwaltungsgericht ist demzufolge verpflichtet, auf den unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten festgestellten Sachverhalt jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zutreffenden erachtet, und ihm jene Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist (BGE 119 V 349 E. 1a; ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEU-

BÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl., Basel 2013, Rz. 1.54). Aus der Rechtsanwendung von Amtes wegen folgt, dass das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz nicht an die rechtliche Begründung der Begehren gebunden ist (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es kann eine Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen (allenfalls auch nur teilweise) gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer von der Vorinstanz abweichenden Begründung bestätigen (sog. Motivsubstitution; vgl. BVGE 2007/41 E. 2;

[statt vieler] Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1480/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 1.3).

2.

    1. Nach dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit bedarf jedes staatliche Handeln einer gesetzlichen Grundlage (Art. 5 Abs. 1 BV). Inhaltlich gebietet das Gesetzmässigkeitsprinzip, dass staatliches Handeln insbesondere auf einem Rechtssatz (generell-abstrakter Struktur) von genügender Normstufe und genügender Bestimmtheit zu beruhen hat (PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI/MARKUS MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2009, § 19 N. 1 ff.; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜL-

      LER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich/St. Gallen 2010, N. 381, 386, 396).

    2. Im Schweizer Steuerrecht kommt dem Legalitätsprinzip herausragende Bedeutung zu. Bereits auf Verfassungsebene ist festgehalten, dass die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der Gegenstand der Steuer und deren Bemessung in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln sind (Art. 127 Abs. 1 BV), wobei unter dem Terminus "Gesetz" das sog. Gesetz im formellen Sinn zu verstehen ist (vgl. [statt vieler] BGE 128 II 112 E. 5). Wenngleich das Gesetz genügend bestimmt sein muss, damit die den Rechtsunterworfenen treffenden (Steuer-)Pflichten hinreichend voraussehbar sind, ist es unmöglich, Gesetze zu erlassen, aus denen die Lösung für jede denkbare Konstellation logisch zwingend abgeleitet werden könnte. Die Konkretisierung einer Norm im Hinblick auf einzelne Lebenssachverhalte als Teil der Gesetzesanwendung geschieht alsdann durch Auslegung. Deren Ziel ist die Ermittlung des Sinngehalts der Bestimmung. Ausgangspunkt jeder Auslegung ist dabei der Wortlaut, doch kann dieser nicht allein massgebend sein. Vom Wortlaut kann abgewichen werden, wenn triftige Gründe für die Annahme bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Vorschrift wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus Sinn und Zweck der Norm oder aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen ergeben. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen (vgl. [statt vieler] BGE 131 II 13 E. 7.1 mit Hinweisen; vgl. auch [allgemein] THOMAS GÄCHTER, Rechtsmissbrauch im öffentlichen Recht, Zürich/Basel/Genf 2005, 69 ff., 254 ff.; [steuerrechtsspezifisch] PETER LOCHER, Rechtsmissbrauchsüberlegungen im Recht der direkten Steuern der Schweiz, Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 75

      S. 683 ff.). Sind mehrere Lösungen denkbar, ist jene zu wählen, die der

      Verfassung entspricht. Allerdings findet die verfassungskonforme Auslegung - selbst bei festgestellter Verfassungswidrigkeit - im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung ihre Schranke (Art. 190 BV; BGE 131 II 710 E. 4.1; BVGE 2007/41 E. 4.2).

    3. Verwaltungsverordnungen (Merkblätter, Richtlinien, Kreisschreiben etc.) sind Meinungsäusserungen der Verwaltung über die Auslegung der anwendbaren Gesetzesbestimmungen. Sie dienen der Sicherstellung einer einheitlichen, gleichmässigen und sachrichtigen Praxis des Gesetzesvollzugs (BVGE 2010/33 E. 3.3.1, BVGE 2007/41 E. 4.1; MICHAEL

BEUSCH, Was Kreisschreiben dürfen und was nicht, in: Der Schweizer Treuhänder 2005, S. 613 ff.). Als solche sind sie für die als eigentliche Adressaten figurierenden Verwaltungsbehörden verbindlich, wenn sie nicht klarerweise einen verfassungsoder gesetzeswidrigen Inhalt aufweisen (MICHAEL BEUSCH, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, I/2b, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], 2. Aufl., Basel 2008, Art. 102 N. 15 ff.). Nicht verbindlich sind Verwaltungsverordnungen, welche keine von der gesetzlichen Ordnung abweichenden Bestimmungen enthalten dürfen, dagegen für die Justizbehörden, deren Aufgabe es ist, die Einhaltung von Verfassung und Gesetz im Einzelfall zu überprüfen (vgl. MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, a.a.O., Rz. 2.173 f.). Die Gerichtsbehörden sollen Verwaltungsverordnungen bei ihrer Entscheidung allerdings mitberücksichtigen, sofern diese eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Dies gilt umso mehr, als es nicht Aufgabe der Gerichte ist, als Zweitinterpreten des der Verwaltungsverordnung zugrunde liegenden Erlasses eigene Zweckmässigkeitsüberlegungen an die Stelle des Vollzugskonzepts der zuständigen Behörde zu setzen (vgl. BGE 126 II 275 E. 4c, BGE 123 II 16 E. 7a; BVGE 2010/33

E. 3.3.1, BVGE 2007/41 E. 3.3; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1179/2012 vom 18. September 2013 E. 2.5.1). Von selbst versteht sich angesichts der herausragenden Bedeutung, welche dem Legalitätsprinzip im Schweizer Steuerrecht zukommt, dass eine Verwaltungsverordnung oder gar eine blosse nicht schriftlich festgehaltene Praxis unter keinen Umständen alleinige Grundlage für die wie auch immer ausgestaltete steuerliche Erfassung eines Sachverhalts darstellen kann (vgl. BVGE 2010/33 E. 3.3.1, BVGE 2007/41 E. 4.1).

3.

    1. Der Bund erhebt Stempelabgaben u.a. auf der entgeltlichen und unentgeltlichen Begründung und Erhöhung des Nennwerts von Beteiligungsrechten in Form von Aktien inländischer Aktiengesellschaften (Art. 1 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 und Art. 5 Abs. 1 Bst. a StG). Der Begründung von Beteiligungsrechten im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Bst. a StG gleichgestellt sind Zuschüsse, welche die Gesellschafter ohne entsprechende Gegenleistung an die Gesellschaft erbringen, ohne dass das im Handelsregister eingetragene Gesellschaftskapital oder der einbezahlte Betrag der Genossenschaftsanteile erhöht wird (Art. 5 Abs. 2 Bst. a StG; vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1592/2006 vom 15. April 2009 E. 3.1 [teilweise veröffentlicht in BVGE 2009/21] ausführlich zum Begriff des Zuschusses). Bei dieser Gleichstellung der Zuschüsse handelt es sich um einen gesetzlichen Ersatztatbestand, mit welchem die Vermeidung der Emissionsabgabe ausgeschlossen werden soll (Botschaft des Bundesrates vom 25. Oktober 1972 zu einem neuen Bundesgesetz über die Stempelabgaben, BBl 1972 II 1278, S. 1290).

      Zuschüsse können in Form von Baroder Sacheinlagen, durch Gutschrift oder Verrechnung oder durch Forderungsverzicht erbracht werden und offen oder verdeckt erfolgen. Gegenstand eines Zuschusses ist im Wesentlichen die Bareinlage, die unterpreisige Übertragung von Wirtschaftsgütern zu Eigentum und der Erlass von Schulden durch die Gesellschafter (MARCO DUSS/JULIA VON AH/ROMAN SIEBER, in: Zweifel/Athanas/BauerBalmelli [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht II/3, Bundesgesetz über die Stempelabgaben, Basel 2006 [nachfolgend: Kommentar Steuerrecht II/3], Art. 5 N. 58). Ein steuerbarer Zuschuss liegt demnach grundsätzlich auch vor, wenn die Aktionäre ihrer eigenen inländischen Gesellschaft die Beteiligungsrechte an einer anderen von ihnen gehaltenen Gesellschaft zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis veräussern (DUSS/VON AH/SIEBER, Kommentar Steuerrecht II/3, Art. 5 N. 66 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

    2. Die Abgabeforderung entsteht bei Zuschüssen im Zeitpunkt des Zuschusses (Art. 7 Abs. 1 Bst. e StG) und beträgt ein Prozent des Zuschusses (Art. 8 Abs. 1 Bst. b StG). Bei Einlagen von Sachgütern ist der Verkehrswert im Zeitpunkt ihrer Einbringung massgebend (Art. 8 Abs. 3 StG; JEAN-BLAISE ECKERT/JÉRÔME PIGUET, in: Oberson/Hinny [Hrsg.], Kommentar Stempelabgaben, Zürich/Basel/Genf 2006 [nachfolgend: Kommentar StG], Art. 8 N. 9 f. und N. 16 ff.). Für Beteiligungsrechte ist die Gesellschaft abgabepflichtig (Art. 10 Abs. 1 StG). Aufgrund der Gleichstellung der Zuschüsse mit der Begründung von Beteiligungsrechten (Art. 5 Abs. 2 Bst. a StG) sind in diesen Fällen jene inländischen Gesellschaften abgabepflichtig, welche die Zuschüsse erhalten (DUSS/VON

      AH/SIEBER, Kommentar Steuerrecht II/3, Art. 10 N. 10; THOMAS MEISTER, Kommentar StG, Art. 10 N. 3).

    3. Ausgenommen von der Emissionsabgabe sind Beteiligungsrechte, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen oder diesen wirtschaftlich gleichkommende Zusammenschlüsse, Umwandlungen und (Auf-)Spaltungen von Aktiengesellschaften begründet oder erhöht werden (Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG).

3.3.1 Der steuerrechtliche Begriff der Fusion umfasst nicht nur die in Art. 3 ff. des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (Fusionsgesetz [FusG]; SR 221.301) geregelte Absorption und Kombination, sondern grundsätzlich sämtliche Zusammenschlüsse mit Verschmelzung (echte und unechte Fusion), die eine Übertragung der Aktiven und Passiven einer oder mehrerer Gesellschaften auf eine andere Gesellschaft mit gleichzeitiger oder anschliessender Auflösung der übertragenden Gesellschaft beinhalten (MADELEINE SIMONEK/MICHAEL NORDIN, Kommentar Steuerrecht II/3, Art. 6 N. 35; PASCAL HINNY, Kommentar StG, Art. 6 N. 84).

3.3.2

        1. Der Begriff des der Fusion wirtschaftlich gleichkommenden Zusammenschlusses im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG (auch fusionsähnlicher bzw. fusionsgleicher Zusammenschluss genannt) ist im Gesetz nicht weiter definiert.

          Die Botschaft des Bundesrats zum Fusionsgesetz hält im Kapitel "Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer" immerhin fest, dass unter fusionsähnlichen Zusammenschlüssen (in Übereinstimmung mit der Fusionsrichtlinie der EU) Tauschgeschäfte zu verstehen sind, durch die eine Gesellschaft gegen Hingabe eigener Beteiligungsrechte die Mehrheitsbeteiligung an einer anderen Gesellschaft erwirbt (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 13. Juni 2000 zum Bundesgesetz über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung [BBl 2000 4337, Ziff. 2.2.7

          S. 4508]).

        2. Die Gerichte - insbesondere das Bundesgericht - haben sich bereits verschiedentlich mit fusionsähnlichen Zusammenschlüssen gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG bzw. dem inhaltlich für die vorliegend interessierenden Fragen identischen, bis zum 1. April 1993 in Kraft gestandenen Art. 9 Abs. 1 Bst. a StG (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

          A-1552/2006 vom 22. Juni 2009 E. 4.4.1) auseinandergesetzt. Demnach ist ein fusionsähnlicher Zusammenschluss im Gegensatz zu einer Fusion eine bloss wirtschaftliche und beteiligungsmässige Verflechtung von Unternehmen ohne deren rechtliche Verschmelzung. Es werden nicht die Aktiven und Passiven, sondern nur die Aktien der übernommenen Gesellschaft übertragen. Diese büsst dabei ihre wirtschaftliche Selbständigkeit ein, bleibt aber in ihrer Geschäftstätigkeit sowie als Rechtsträgerin und Steuersubjekt unverändert bestehen (Urteil des Bundesgerichts 2A.135/2000 vom 9. November 2001 E. 5b). Die Annahme eines solchen Zusammenschlusses setzt stets voraus, dass die Intensität der Verbindung rechtlich und tatsächlich nicht völlig integrierter Gesellschaften jener einer eigentlichen Fusion praktisch gleichkommt (BGE 102 Ib 140 E. 3b in fine).

          Eine fusionsgleiche Wirkung kann etwa durch das Einbringen von Aktien bestehender Gesellschaften in eine aufnehmende Gesellschaft, beispielsweise eine Holdinggesellschaft, erzielt werden. Dabei wird der Aktionär, der die gesamte oder die beherrschende Beteiligung an seiner Gesellschaft in die aufnehmende Gesellschaft einbringt, mit Aktien der aufnehmenden Gesellschaft entschädigt. Die Tätigkeit der aufnehmenden Gesellschaft anderseits wird derart organisiert, dass fusionsgleiche Wirkungen erzielt werden. Die übernehmende Gesellschaft darf sich nicht bloss darauf beschränken, Beteiligungsrechte innezuhaben und Dividenden zu beziehen, sondern sie muss ihre Tätigkeit auch darauf ausrichten, die beherrschten Gesellschaften einheitlich zu lenken. Massgebend für den Eintritt einer wirtschaftlich der Fusion gleichkommenden Vereinigung ist also, dass die Gesellschaften, die bei echter Fusion in die aufnehmende Gesellschaft überführt würden, zwar rechtlich als solche bestehen bleiben, aber wirtschaftlich von einer einzigen Stelle aus geleitet werden und sich die aus der Fusion erwarteten günstigen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, die den Grund der Privilegierung bildet, ergeben, wie effektivere Leitung, Ersparnis von Verwaltungskosten, leichtere Kreditbeschaffung u.a.m. Sind diese Wirkungen beabsichtigt oder zu erwarten, hat der Zusammenschluss wirtschaftlich grundsätzlich die gleichen Wirkungen wie eine Fusion (BGE 102 Ib 140 E. 3 f.). Irrelevant ist demgegenüber, ob die Gesellschaften, die sich zusammenschliessen, vorher bereits wirtschaftlich irgendwie zusammengearbeitet haben oder kapitalmässig durch die Beteiligung derselben Gesellschafter verbunden waren (BGE 102 Ib 140 E. 3a; vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1552/2006 vom 22. Juni 2009 E. 4.4.1; ANDRÉ

          SERGE WIRZ, Die Quasifusion von Aktiengesellschaften im schweizerischen Steuerrecht, Diss. St. Gallen, Hallstadt 1997, S. 228).

        3. Eine entscheidende Voraussetzung für das Erzielen einer fusionsgleichen Wirkung eines Zusammenschlusses ist die beteiligungsrechtliche Verbindung der Gesellschaften. Die übernehmende Gesellschaft muss in der Lage sein, die übernommene Gesellschaft zu beherrschen. Grundvoraussetzung dafür ist das Halten eines wesentlichen Anteils der Aktien der übernommenen Gesellschaft mit den entsprechenden Stimmrechten. Das Bundesgericht führte dazu aus, "dass jedenfalls beim Fehlen der Zweidrittelmehrheit die Beherrschung keine absolute ist, die Intensität der Verbindung somit einer eigentlichen Fusion nicht gleichgeachtet werden kann" und entschied daher, dass mit der Übernahme einer 62.2%-Beteiligung keine fusionsähnliche Wirkung erzielt werde (BGE 102 Ib 140 E. 5 in fine; Urteil des Bundesgerichts 2A.83/2001 vom 5. März 2002 E. 4.4; vgl. auch Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission [SRK] vom 26. August 2004, veröffentlicht in Verwaltungspraxis des Bundes [VPB] 69.5 E. 3a).

        4. Die Voraussetzungen eines fusionsähnlichen Zusammenschlusses sind vom Bundesgericht somit klar definiert worden. Mithin wird verlangt, dass die übernehmende Gesellschaft die übernommene Gesellschaft absolut beherrschen können muss. Das Urteil BGE 102 Ib 140 erging jedoch noch zum alten Aktienrecht (gültig bis 1. Juli 1992), wonach gewisse Generalversammlungsbeschlüsse nur gefasst werden konnten, wenn die beim Beschluss anwesenden Aktionäre mindestens zwei Drittel aller Aktien vertraten. Andere Beschlüsse kamen nur zustande, wenn Aktionäre, die zwei Drittel des Grundkapitals vereinigten, zustimmten (vgl. zur altrechtlichen Situation Botschaft des Bundesrates vom 23. Februar 1983 über die Revision des Aktienrechts [BBl 1983 II 745, Ziff. 214.5

          S. 839]).

          Die im vorliegenden Zeitraum relevanten Bestimmungen des Aktienrechts sehen in Art. 703 OR im Grundsatz vor, dass die Generalversammlung mit der absoluten Mehrheit der - an der Versammlung - vertretenen Aktienstimmen beschliesst und wählt. Ein Beschluss oder eine Wahl kommt zustande, wenn die Hälfte der vertretenen Aktienstimmen plus eine Stimme dem Antrag zustimmt (ROLAND VON BÜREN/WALTER A. STOFFEL/ROLF H. WEBER, Grundriss des Aktienrechts, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2011, N. 565). Wichtige Beschlüsse gemäss Art. 704 Abs. 1 OR verlangen ein doppelt qualifiziertes Mehr. Dabei sind nicht nur

          zwei Drittel der vertretenen Stimmen, sondern zusätzlich noch die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte für einen Beschluss notwendig. Das doppelte Mehr hat jedoch nur eigenständige Bedeutung, falls die Gesellschaft über Stimmrechtsaktien verfügt. Ansonsten ist bei Zustimmung von zwei Dritteln der Stimmen auch bereits das Nennwerterfordernis erfüllt (VON BÜREN/STOFFEL/WEBER, a.a.O., N. 567). Zu diesen wichtigen Beschlüssen gehört auch der Fusionsbeschluss im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Bst. a FusG. Das Erreichen des notwendigen Quorums wird somit (nur noch) an den an der Generalversammlung vertretenen Stimmen und Nennwerten gemessen, und nicht mehr an den Gesamtwerten der Gesellschaft. Besonders für Publikumsgesellschaften, bei welchen an den Generalversammlungen nie sämtliche Aktienstimmen vertreten sind, hatte diese Änderung des Aktienrechts grosse Bedeutung (vgl. dazu PETER FORSTMOSER/ARTHUR MEIER-HAYOZ/PETER NOBEL, Schwei-

          zerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 24 N. 23).

        5. Das vom Bundesgericht aufgestellte Erfordernis der Zweidrittelmehrheit für das Erzielen einer fusionsähnlichen Wirkung stiess - auch unter Berücksichtigung der Änderungen im Aktienrecht - in der Lehre auf Kritik. So wird die Schwelle "als viel zu hoch" bezeichnet (URS R. BEHNISCH, Die Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften, Basel 1996,

          S. 219). Weiter wird vorgebracht, dass bereits eine 50.1% Beteiligung zur Beherrschung einer Aktiengesellschaft in praktisch allen wichtigen Beziehungen - insbesondere Kapitalveränderungen - genügen würde (PETER BÖCKLI, Unternehmens-Umstrukturierungen in der Schweiz: Zwölf steuerliche Hemmschuhe, in: StR 45/1990 S. 218; MARKUS R. NEUHAUS, Von der Quasifusion zur Spaltung in der Stempelsteuer, in: Der Schweizer Treuhänder 2001, S. 736 Ziff. 3.3). Schliesslich wird eingewendet, es seien namentlich bei Publikumsgesellschaften nie sämtliche Aktienstimmen an der Generalversammlung vertreten, wodurch die für das Erreichen einer Zweidrittelmehrheit (Art. 704 Abs. 2 OR) notwendige Anzahl der an der Versammlung vertretenen Aktien sinke. So habe bereits die Übernahme einer Beteiligung von weniger als zwei Dritteln eine fusionsähnliche Wirkung (ERNST HÖHN/ROBERT WALDBURGER, Steuerrecht, Bd. II, 9. Aufl., Bern 2002, § 48 Rz. 174).

        6. Wie bereits erwähnt (vgl. oben E. 3.3.2.1), ist in der Botschaft des Bundesrats zum Fusionsgesetz (nur) noch von einer Mehrheitsbeteiligung als Voraussetzung für einen fusionsähnlichen Zusammenschluss die Rede (BBl 2000 S. 4508). Dies deckt sich mit der Wortwahl ("Mehrheit der Stimmrechte") der in der Botschaft des Bundesrats erwähnten EUFusionsrichtlinie (vgl. Art. 2 Bst. d der Richtlinie 90/434/EWG [Amtsblatt der EU Nr. L 225 vom 20. August 1990 S. 1 ff.] und Art. 3 Bst. b der Richtlinie 2005/19/EG [Amtsblatt der EU Nr. L 58 vom 4. März 2005, S. 19 ff.]).

          Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Schwelle für das Vorliegen eines fusionsähnlichen Zusammenschlusses verhältnismässig tief anzusetzen ist, die übernehmende Gesellschaft aber dennoch mit einer Mehrheitsbeteiligung die übernommene Gesellschaft kontrollieren können muss. Bezogen auf das Aktienrecht bedeutet dies, dass die übernehmende Gesellschaft für das Erzielen einer fusionsähnlichen Wirkung nach der Transaktion im Stande sein muss, an der Generalversammlung der übernommenen Gesellschaft Beschlüsse im Sinne von Art. 703 OR zu fällen, ohne dass andere Aktionäre den Entscheid beeinflussen können. Ob dies gerade bei Gesellschaften mit vielen Kleinaktionären immer bedeutet, dass die übernehmende Gesellschaft mehr als 50% der gesamten Aktien unter Kontrolle haben muss, oder ob sie bereits bei einem tieferen Anteil über die Mehrheit der vertretenen Aktien an der Generalversammlung verfügt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben.

        7. Unabhängig von der Höhe der Beteiligung ist aufgrund des Wortlauts von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG und der klaren bundesgerichtlichen Rechtsprechung (oben E. 3.3.2.2) für eine Ausnahme von der Emissionsabgabe stets notwendig, dass der Zusammenschluss der Gesellschaften einer Fusion derselben wirtschaftlich gleichkommt. Die Verflechtung der beteiligten Gesellschaften muss genügend fest sein, damit die übernehmende Gesellschaft die übernommene Gesellschaft (zumindest) in den wesentlichen Bereichen beherrschen kann. Kann sie dies nicht, liegt auch kein der Fusion wirtschaftlich gleichkommender Zusammenschluss vor.

        8. Das Kreisschreiben Nr. 5 "Umstrukturierungen" vom 1. Juni 2004 der ESTV (vgl. den Hinweis in ASA 73 S. 203; nachfolgend: KS Nr. 5) befasst sich mit den Steuerfolgen von Umstrukturierungstatbeständen auf Stufe Bund (direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Emissionsabgabe). Es hat die "Richtlinien für die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG" vom April 1997 (veröffentlicht in ASA 66 S. 210 ff.; nachfolgend: Richtlinien 1997) sowie das - als Präzisierung der bisherigen Praxis der Richtlinie 1997 bezeichnete - "Merkblatt betreffend Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (StG)" vom Mai 2001 (veröffentlicht in ASA 70 S. 83; nachfolgend: Merkblatt 2001) abgelöst.

Gemäss Ziff. 4.1.7.1 KS Nr. 5 liegt eine Quasifusion "für alle in diesem Kreisschreiben behandelten Steuern dann vor, wenn die übernehmende Gesellschaft nach der Übernahme mindestens 50 Prozent der Stimmrechte an der übernommenen Gesellschaft hält und den Gesellschaftern an der übernommenen Gesellschaft höchstens 50 Prozent des effektiven Wertes der übernommenen Beteiligungsrechte gutgeschrieben oder ausbezahlt wird. Eine Quasifusion bedingt somit eine Kapitalerhöhung der übernehmenden Gesellschaft unter Ausschluss der Bezugsrechte der bisherigen Gesellschafter und einen Aktientausch der Gesellschafter der übernommenen Gesellschaft."

In Ziff. 4.1.7.5 KS Nr. 5 führt die ESTV aus: "Beteiligungsrechte, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen oder diesen wirtschaftlich gleichkommende Zusammenschlüsse (Quasifusionen) begründet oder erhöht werden, sind von der Emissionsabgabe ausgenommen (Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG). Nicht abgabebefreit sind: a) [ ]. b) Die Einbringung von Beteiligungspaketen, die nicht zu einer stimmrechtsmässigen Beherrschung von 50 Prozent führt."

Die Richtlinie 1997 und das Merkblatt 2001 sahen noch die Einbringung von Beteiligungspaketen in der Höhe von 662/3% als Voraussetzung für eine Quasifusion vor.

3.3.3 Zur Abgrenzung vom Unternehmenskauf dient das Kriterium, dass die das Wesen eines fusionsähnlichen Zusammenschlusses ausmachende kapitalmässige Bindung der Aktionäre der übernommenen Gesellschaft bestehen bleibt, weshalb diese mit Aktien der übernehmenden Gesellschaft abzufinden sind (MAX KRAMER, Fusionen und fusionsähnliche Zusammenschlüsse im Bereich der Emissionsabgabe, ASA 57 S. 15, 19). Falls sich verschiedene Aktionäre am fusionsähnlichen Zusammenschluss beteiligen, ist die kapitalmässige Bindung nur durch den Austausch von Anteilen der übernehmenden Gesellschaft gegen Anteile der übernommenen Gesellschaft möglich. Ob ein solcher Austausch auch Voraussetzung für einen fusionsähnlichen Zusammenschluss gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG ist, falls an der Transaktion - wie vorliegend - nur ein Aktionär beteiligt ist, welcher Aktien beider Gesellschaften hält, oder ob der Aktionär die Beteiligungsrechte an der übernommenen Gesellschaft auch in Form eines Zuschusses in die übernehmende Gesellschaft einlegen kann, kann vorliegend - wie nachfolgend zu zeigen sein wird - offenbleiben.

4.

    1. Im vorliegenden Fall ist zu Recht unumstritten, dass der unterpreisige Verkauf der Aktien der B. AG von Z. an die von ihm kontrollierte Beschwerdeführerin gemäss Art. 5 Abs. 2 Bst. a StG grundsätzlich der Emissionsabgabe unterliegt. Zu beurteilen ist allerdings, ob die objektive Steuerbefreiung von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG greift, wonach von der Emissionsabgabe diejenigen Beteiligungsrechte ausgenommen sind, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen oder diesen wirtschaftlich gleichkommende Zusammenschlüsse begründet oder erhöht werden. Nicht streitig ist dabei, dass im hier zu beurteilenden Sachverhalt keine Fusion im eigentlichen Sinn stattgefunden hat. Strittig ist indessen, ob der vorliegende Fall in seiner konkreten Ausgestaltung als von der Abgabepflicht ausgenommener fusionsähnlicher Zusammenschluss im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG zu betrachten ist.

      Die Ausführungen beschränken sich deshalb nachfolgend auf die Frage, ob es sich bei der Verbindung zwischen der Beschwerdeführerin und der B. AG um einen fusionsähnlichen Zusammenschluss handelt.

    2. Die ESTV hält hierzu fest, dass es durch den Verkauf der Beteiligungsrechte aus dem Privatvermögen des Alleinaktionärs (Z. ) an die Beschwerdeführerin zum Nennwert lediglich zu einem Kontrollwechsel auf Aktionärsebene gekommen sei. Eine enge, wirtschaftliche, vertragliche und beteiligungsmässige Verflechtung der involvierten Unternehmen habe jedoch gerade nicht stattgefunden. Dies sei jedoch für die Annahme eines fusionsähnlichen Zusammenschlusses notwendig. Somit seien die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG nicht erfüllt.

    3. Demgegenüber vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, der

Verkauf der 50%-Beteiligung an der B.

AG zum Nominalwert

durch Z. an die von ihm zu 100% gehaltene Beschwerdeführerin stelle einen fusionsähnlichen Zusammenschluss im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG dar und erfülle somit den Ausnahmetatbestand der Befreiung von der Emissionsabgabe bei Umstrukturierungen. Gemäss KS Nr. 5 liege eine Quasifusion vor, wenn die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung mindestens 50% der Stimmrechte an der übernommenen Gesellschaft hält und den Gesellschaftern höchstens 50% des effektiven Wertes der übernommenen Beteiligungsrechte gutgeschrieben oder ausbezahlt würde. Durch die Einbringung der 50%- Beteiligung durch den Alleinaktionär zum Nominalwert seien diese Voraussetzungen erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe an der Generalversammlung der B. AG eine Kontrollfunktion, die keiner weiteren vertraglichen Regelung bedürfe.

4.4

      1. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung muss die Intensität der Verbindung rechtlich und tatsächlich nicht völlig integrierter Gesellschaften jener einer eigentlichen Fusion praktisch gleichkommen, damit eine fusionsähnliche Wirkung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG erzielt wird (vgl. E. 3.3.2.2).

      2. Vorliegend hat Z.

seine 50%-Beteiligung an der

B. AG an die Beschwerdeführerin zum Nominalwert übertragen. Die übrigen 50% der Aktien gehörten je zur Hälfte zwei - an der Transaktion nicht beteiligten - Aktionären, welche sich zudem erheblich an der Leitung der B. AG beteiligten. So war einer dieser Aktionäre Präsident des Verwaltungsrats der B. AG und die andere Aktionärin hatte - so geht es aus dem Handelsregistereintrag hervor - immerhin Kollektivunterschrift zu zweien. Insgesamt hatte die B. AG also nur drei Aktionäre, wobei die Beschwerdeführerin genau die Hälfte der Aktien besass. In einer solchen Konstellation hatte keiner der drei Aktionäre eine Mehrheitsbeteiligung, welche es ihm ermöglicht hätte, die B. AG ohne Mithilfe der anderen zu kontrollieren. So war es der Beschwerdeführerin nach der fraglichen Transaktion nicht möglich, gegen den Willen der anderen Aktionäre an der Generalversammlung der B. AG einen Beschluss nach Art. 703 OR zu fassen. Die anderen Aktionäre, welche zusammen ebenfalls die Hälfte der Aktien und Stimmen besassen, hätten stets sämtliche Beschlüsse der Generalversammlung blockieren können. Für einen Beschluss brauchte die Beschwerdeführerin somit immer die Unterstützung von mindestens einem weiteren Aktionär. In der vorliegenden Situation kann zudem nicht davon ausgegangen werden, dass bei wichtigen Beschlüssen ein Aktionär der Versammlung fernbleiben und die Beschwerdeführerin daher regelmässig die Mehrheit der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen innehaben würde. Von einer engen - fusionsähnlichen - Verbindung der Beschwerdeführerin mit der B. AG aufgrund der Einbringung der Beteiligungsrechte durch Z. kann also nicht gesprochen werden. Hierzu hatten die übrigen, an der streitrelevanten Transaktion nicht beteiligten Aktionäre der B. AG vor und nach der Transaktion einen zu grossen Einfluss. Es muss gar festgehalten werden, dass Konstellationen wie die vorliegende, in welchen sich zwei Aktionärsgruppen bilden können, welche je 50% der Aktien und Stimmen kontrollieren, sogar besonders anfällig für Blockaden sind (vgl. anschaulich Urteil des Bundesgerichts 4A_235/2013 vom 27. Mai 2014), was zusätzlich gegen eine fusionsähnliche Wirkung spricht.

Aus den sonstigen Umständen und den dem Gericht vorliegenden Dokumenten kann ebenfalls nicht geschlossen werden, dass zwischen der Beschwerdeführerin und der B. AG eine enge wirtschaftliche Verflechtung erfolgt ist und die Beschwerdeführerin als übernehmende Gesellschaft die übernommene Gesellschaft (weitgehend) beherrschen könnte. Die Beschwerdeführerin bringt ihrerseits auch nicht vor, dass solche Verträge bestanden. Überdies sind in den Dokumenten der Fusion der C. AG und der (alten) B. AG (Sachverhalt Bst. B) keinerlei Hinweise dazu zu finden, dass bereits wenige Tage nach jener Fusion ein weiterer Kontrollwechsel der (neuen) B. AG durch die Beschwerdeführerin hätte stattfinden sollten.

In einer solchen Konstellation ist einzig mit der Übertragung von der Hälfte der Aktien der B. AG von Z. an die Beschwerdeführerin keine fusionsähnliche Wirkung eingetreten. Eine genügend starke Verbindung zwischen den Gesellschaften entsteht dabei nicht. Bereits aus diesem Grund ist vorliegend Art. 6 Abs. 1 Bst. abis StG nicht anwendbar und die Beschwerdeführerin hat die Emissionsabgabe zu entrichten. Offenbleiben kann somit die ebenfalls zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob ein fusionsähnlicher Zusammenschluss ohne Begründung oder Erhöhung der Beteiligungsrechte und ohne Aktientausch einzig durch Zuschuss des Aktienpakets durch den Alleinaktionär möglich ist (E. 3.3.3). Schliesslich erübrigt sich auch ein weiteres Eingehen auf das KS Nr. 5.

4.5 Die Beschwerdeführerin rügt im vorliegenden Verfahren die vor der Vorinstanz noch umstrittene Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht mehr. Da auch für das Gericht eine fehlende Bundesrechtskonformität der von der Vorinstanz ermittelten Bemessungsgrundlage nicht zu erkennen ist, erweist sich der angefochtene Entscheid auch diesbezüglich als rechtmässig. Die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

5.

Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten, die auf Fr. [ ] festgesetzt werden, der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,

SR 173.320.2]). Der einbezahlte Kostenvorschuss ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden.

Eine Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. [ ] werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Michael Beusch Stefano Bernasconi

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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