Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-4800/2010 |
Datum: | 10.10.2013 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung |
Schlagwörter : | Beschwerde; Beschwerdeführer; Türkei; Schweiz; Flüchtling; Verfolgung; Akten; Beschwerdeführers; Deutschland; Beweis; Familie; Behörde; Beweismittel; Verfügung; Behörden; Ausreise; Verfahren; Recht; Person; Flüchtlings; Asylgesuch; Verfahren; Wegweisung; Fluchtgr; Furcht; Vollzug; Heimat; Flüchtlingseigenschaft; Bundesverwaltungsgericht; Rückkehr |
Rechtsnorm: | Art. 32 VwVG ;Art. 63 VwVG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Abteilung V E-4800/2010
Besetzung Richter Walter Stöckli (Vorsitz),
Richter Daniele Cattaneo, Richterin Muriel Beck Kadima, Gerichtsschreiber Thomas Hardegger.
Parteien A. , geboren ( ), Türkei,
vertreten durch Michael Steiner, Rechtsanwalt, ( ), Beschwerdeführer,
gegen
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 31. Mai 2010 / N ( ).
Der Beschwerdeführer, ein Kurde aus der Provinz B.
mit
letztem Wohnsitz in C. , wurde am 13. Oktober 2005 beim Einreiseversuch von den Schweizer Grenzbehörden angehalten und stellte nach der Personenkontrolle ein Asylgesuch.
In den Befragungen vom 21. und 28. Oktober 2005 machte er geltend, sich seit Oktober 2004 in Deutschland aufgehalten zu haben. Die Türkei habe er aus Sicherheitsgründen verlassen. Seine ganze Familie habe mit den Behörden Probleme. Nach der Rückreise in die Türkei würde er eliminiert oder im Rahmen des Militärdienstes hingerichtet. Er habe Todesangst. (...) M. habe sich 1993 der Partiya Karkerên Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans, PKK) als Guerilla angeschlossen. Kämpfer dieser Organisation hätten in der Folge seine Angehörigen besucht. 1994 habe die Polizei in der Wohnung des Beschwerdeführers eine Razzia durchgeführt. Später sei einer seiner Onkel zur PKK gegangen. Zu M. habe er seit 1995 keinen Kontakt. Er sei später mehrmals für jeweils kurze Zeit festgenommen worden. Zu dieser Zeit habe er sich in der demokratischen Studentenbewegung engagiert. Nach den Wahlen vom 3. November 2002 habe er sich ins nordirakische Kandil-Gebirge begeben, wo er sich der PKK angeschlossen und eine rund zweimonatige politische Ausbildung absolviert habe. Anschliessend sei er in die Türkei zurückgekehrt. Die Polizei müsse erfahren haben, dass er sich im Irak aufgehalten habe, denn er sei unter dem Vorwand der "Ereignisse vom ( ) 2003" verhaftet worden. ( ) Monate später hätten ihn die Behörden freigelassen. Anschliessend sei er nach C. gereist, wo sich seine Familie seit ( ) aufhalte. Er habe sich an der Universität einschreiben wollen. Am ( ) 2003 ( ) sei er von der Polizei angehalten und der Abteilung für Terrorbekämpfung zugeführt worden. Unter Vorhalten einer Waffe habe man Namen von Beteiligten und ein Geständnis eines Aufenthalts im PKKLager von ihm gefordert und habe ihn dann freigelassen unter der Androhung schwerer Nachteile für den Fall, dass er den Menschenrechtsverein informiere. Er sei von da an beschattet worden. Es sei gegen ihn ein Strafverfahren hängig. Bei einem der gegen ihn bereits erfolgten Urteile sei er zu einer bedingt zu vollziehenden Strafe von ( ) Jahren Gefängnis verurteilt worden, was er im Jahr 2004 erfahren habe. An der Universität habe er im selben Jahr sein im ( ) begonnenes Studium als ( ) abgeschlossen. Anschliessend sei er keiner geregelten Arbeit nachgegangen.
In Deutschland habe er kein Asylgesuch gestellt, weil die Politik Deutschlands gegenüber Kurden negativ belastet sei. So garantiere Deutschland keine Meinungsfreiheit, verbiete Zeitungen und schiebe eingebürgerte kurdische Flüchtlinge in die Türkei ab. Die Schweiz sei nicht viel besser. Anlässlich seiner Anhaltung vom 13. Oktober 2005 durch das Schweizer Grenzwachtkorps sei er einer Leibesvisitation unterzogen worden, die ihn stark an einen der vielen Vorfälle in der Türkei erinnert habe. Er fürchte sich vor polizeilichen Befragungen. Mit den abgegebenen Dokumenten (vgl. Liste der 21 eingereichten gerichtsmedizinischen und gerichtlichen Dokumente Vorakten A1 S. 8 und Beweismittelcouvert B33) und seinen Angaben habe er kaum einen Drittel des in der Türkei persönlich Erlebten aktenkundig machen können.
Auf Anfrage des BFM erklärten die deutschen Behörden, der Beschwerdeführer sei am 29. Oktober 2004 mit einem in C. ausgestellten und bis ( ) 2005 gültigen Visum nach Deutschland gelangt. Am
25. April 2005 habe er von der Ausländerbehörde ( ) gestützt auf seinen türkischen Pass ( ) eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland erhalten.
Mit Zwischenverfügung vom 4. November 2005 hat das BFM seine vorsorgliche Wegweisung (nach damaligem Recht: Art. 42 Abs. 2 alt AsylG) nach Deutschland angeordnet und einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen. Er wurde am ( ) 2005 an Deutschland überstellt.
Eine gegen diese Zwischenverfügung erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) vom 1. Dezember 2005 als durch Rückzugserklärung vom 29. November 2005 erledigt abgeschrieben. Im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens wurde erklärt, M. sei bei Kämpfen umgekommen.
Mit Schreiben des damaligen Rechtsvertreters vom 23. Mai 2006 wurde dem BFM mitgeteilt, der Beschwerdeführer habe kein Aufenthaltsrecht mehr in Deutschland. Er habe die Ausschaffung in die Türkei zu befürchten, da er in Deutschland kein Asylgesuch gestellt habe. Er beantrage, sein Asylgesuch rasch zu prüfen und einem Entscheid zuzuführen.
Das BFM wies das Asylgesuch mit Verfügung vom 30. Juni 2006 ab mit der Begründung, dem Beschwerdeführer sei zuzumuten, in Deutschland, wo er sich legal aufgehalten habe, um Schutz nachzusuchen.
Der Beschwerdeführer sprach am 30. Juni 2006 im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) Basel vor und erfuhr dort von der gleichentags erfolgten Abweisung seines Asylgesuchs. Verzugslos stellte er vor Ort ein zweites Asylgesuch.
Das BFM brach eine erste Anhörung vom 11. Juli 2006 wegen unkooperativen und aggressiven (verbalen) Verhaltens des Beschwerdeführers ab (vgl. Aktenund Gesprächsnotizen B5/1 und B7/2). Der Beschwerdeführer behauptete, im Mai 2006 von Deutschland unter Verwendung eines so genannten grünen Passes in die Türkei gereist zu sein, da er damals erfahren habe, dass (...) M. gefallen sei. Fünfzehn bis zwanzig Tage später sei er unter Benutzung der gleichen Passes von C. auf dem Luftweg in die Schweiz gereist. Weitergehende Angaben verweigerte er.
In der Anhörung vom 18. Juli 2006 weigerte sich der Beschwerdeführer erneut, dem BFM Modalitäten seiner Reisen, beispielsweise die Daten seiner Reisen von Deutschland in die Türkei und von dort in die Schweiz
- die Ausreise aus der Türkei soll im Monat Juni 2006 stattgefunden haben - bekannt zu geben. Er stellte sich auf den Standpunkt, die am 21. und 28. Oktober 2005 zu Protokoll gegebenen Asylgründe würden ungeachtet seines Aufenthalts in der Türkei genügen. Er werde von türkischen Behörden als ein der PKK nahestehender Kurde verfolgt und stamme aus einer Familie, die in den Fokus türkischer Behörden geraten sei. Er würde bei der Rückreise angehalten, ins Gefängnis gesteckt und getötet. Vor der Einreise in die Schweiz (im Mai 2006) habe er sich rund fünfzehn bis zwanzig Tage lang im Stadtteil D. der Stadt C. versteckt gehalten. Die Reise in die Türkei habe er unternommen, weil er kurz zuvor erfahren habe, dass M. getötet worden sei, und er sich verpflichtet gefühlt habe, sich bei den eigenen Angehörigen zu zeigen. Er habe bei den Reisen einen ihm nicht zustehenden Reisepass verwendet.
Mit Zuschrift vom 12. Juni 2007 reichte der damalige Rechtsvertreter einen Datenträger (DVD) mit einem Fernsehbericht zu M. sowie eine Notiz über den Inhalt der DVD ein.
Das BFM forderte ihn mit Schreiben vom 15. September 2008 auf, bis zum 15. Oktober 2008 seinen Reisepass, den er seinen Angaben zufolge bei Verwandten in Deutschland deponiert habe, einzureichen.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 teilte der Beschwerdeführer dem BFM mit, sein Pass sei nun verschollen.
Die Anhörung des Beschwerdeführers zu den Asylgründen fand am
21. Januar 2009 statt. Er machte geltend, sich als Kurde im demokratischen Rahmen für den Freiheitskampf eingesetzt zu haben, sowohl durch zivilen Ungehorsam, als auch durch tatkräftige Mithilfe an Protestaktionen oder das Organisieren spontaner Aktivitäten. Er habe sich für das Mitmachen in einer demokratischen Nachfolgebewegung des Jugendflügels der Halkn Demokrasi Partisi (HADEP, Partei der Demokratie des Volkes) interessiert und sich nach dem Beitritt zur PKK im iranischen KandilGebirge zwei Monate lang in politischer Hinsicht ausbilden lassen. Seine Aufgabe habe darin bestanden, Jugendliche von Gymnasien und Universitäten für die Organisation anzuwerben. Mit weiteren Gesinnungsgenossen sei er seit 1999 ( ) auf der Strasse festgenommen worden; einmal sei er inhaftiert und im Gefängnis malträtiert worden. Er sei einmal wegen der Kampagne für die kurdische Sprache, ein anderes Mal wegen Unterstützung einer Organisation und ein drittes Mal wegen Widerstandes gegen die Polizei angeklagt worden. Das erste Verfahren sei mutmasslich eingestellt worden und die andern dürften noch hängig sein, wobei er mittlerweile erstinstanzlich zu einer bedingten Strafe von ( ) Jahren Gefängnis und einer Busse verurteilt worden sein dürfte. Verwandte von ihm seien als Märtyrer gefallen. Bei der Antiterroreinheit der Türkei existiere über ihn mutmasslich ein Datenblatt. Die Polizei dürfte ihn weiterhin überwachen und seine Tätigkeiten dokumentieren. Aus Furcht, getötet zu werden, sei er am ( ) 2004 mit einem Studentenvisum ausgereist. Im Übrigen hätten sich vor einiger Zeit zu Hause Zivilpolizisten nach ihm erkundigt. In Deutschland habe er sich nicht politisch betätigt.
Das BFM forderte den Beschwerdeführer am 10. März 2009 auf, dem Amt Strafakten und Beweismittel einzureichen. Dieser reichte am 9. April 2009 zwölf Beweismittel ein, darunter türkische Polizeiakten, Anklageschriften, Gerichtsentscheide, Zeitungsberichte und Bestätigungsschreiben.
Am 12. Juni 2009 ersuchte das BFM die Schweizerische Vertretung in Ankara um vertiefte Abklärungen.
Die Antwort der Botschaft datiert vom 4. August 2009. Darin wird bestätigt, dass zwei Strafverfahren durch Urteile ( ) vom ( ) 2003 abgeschlossen worden seien; in beiden Verfahren sei er freigesprochen worden. Er sei indessen im Verfahren vor der Strafkammer ( ) am ( ) 2004
zu einer bedingten Gefängnisstrafe von ( ) Monaten und einer Busse verurteilt worden. Er habe kein Datenblatt, unterstehe keinem Passverbot und werde in der Türkei nicht gesucht. Sein Pass sei im 2004 in C. ausgestellt worden und sei bis ( ) gültig gewesen.
Dem Beschwerdeführer wurde dazu das rechtliche Gehör gewährt. Er nahm mit Eingabe vom 10. Mai 2010 Stellung.
Das BFM stellte mit Verfügung vom 31. Mai 2010 - eröffnet am 1. Juni 2010 - fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte das Asylgesuch vom 30. Juni 2006 ab, verfügte seine Wegweisung aus der Schweiz und ordnete den Vollzug an.
Der Beschwerdeführer zeigte dem BFM mit Schreiben vom 10. Juni 2010 das neue Vertretungsverhältnis an und ersuchte um Akteneinsicht, welche das BFM ihm teilweise gewährte.
Der Beschwerdeführer erhob am 1. Juli 2010 gegen die Verfügung des BFM Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte Akteneinsicht (Akten des ersten Asylverfahrens A1 ff., Akten B4/1, B5/1, B11/1, B23/1, B34/4, die DVD im Aktencouvert B33 und Vollzugsakten), in der Folge die Gewährung des rechtlichen Gehörs und Ansetzung einer angemessenen Frist zur Einreichung einer Beschwerdeergänzung, die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Rückweisung der Sache ans BFM, eventualiter Asylgewährung, subeventualiter Feststellung der Unzulässigkeit oder Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs sowie vor Erlass des Endentscheides die Ansetzung einer angemessenen Frist zur Einreichung einer Kostennote des Rechtsvertreters.
Mit Zwischenverfügung vom 10. September 2010 verzichtete der Instruktionsrichter auf die Erhebung eines Kostenvorschusses, wies den Antrag auf Einsicht in die Akten B11/1 und B23/1 ab, hiess die Anträge auf Einsicht in die Vorakten und auf Visionierung der DVD und der eingereichten Beweismittel gut, räumte dem Beschwerdeführer das Recht auf Akteneinsicht und Visionierung der DVD am Sitz des Bundesverwaltungsgerichts sowie nach erfolgter Akteneinsicht auf Nachreichung einer allfälligen Stellungnahme ein und wies den Antrag auf Ansetzung einer formellen Frist zur Einreichung einer Honorarnote ab.
Am 28. Oktober 2010 fand die stündige Akteneinsicht und Visionierung der DVD am Sitz des Bundesverwaltungsgerichts in Anwesenheit des Beschwerdeführers, einer von ihm bezeichneten Dolmetscherin und einer Praktikantin des Rechtsvertreters statt. Die Rechtsvertretung erklärte den Verzicht auf Zustellung von kopierten Dokumenten.
Mit Stellungnahme vom 12. November 2010 äusserte sich der Beschwerdeführer zur Visionierung der DVD und legte seinem Schreiben folgende Akten bei: ein Rapport der Praktikantin zum Inhalt der DVD, Internetauszüge zu Ereignissen vom 31. Oktober und 4. November 2010, Bestätigungsschreiben der Schwester und zweier Freunde sowie eine Honorarnote per 12. November 2010.
Mit Schreiben vom 12. September 2012 teilte er mit, dass einen Monat zuvor zivile Polizisten bei den Eltern zu Hause erschienen seien und nach ihm gesucht hätten. Die Polizisten hätten dem Vater schwere Nachteile angedroht, falls dieser die Polizei bei der Einreise des Sohnes oder über Kontaktnahmen mit ihm nicht informieren werde. Die Polizisten hätten angegeben zu wissen, dass er sich im Ausland aufhalte, aber verschwiegen, weshalb sie nach ihm suchten. Ein Polizist habe dem Vater insofern bedroht, als er sagte, er solle aufpassen, denn er wisse schon warum sie da seien. Die Familie fürchte sich, telefonisch detaillierter über den Vorfall zu berichten.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 reichte der Beschwerdeführer eine vom ( ) 2012 datierte Mitgliedsbestätigung der Föderation Kurdischer Vereine in der Schweiz (FEKAR), Sektion ( ), ein. Es gehe aus dieser Bestätigung hervor, dass er im erwähnten Verein aktiv sei, sich an politischen Aktivitäten - namentlich auch vor dem türkischen Konsulat - beteiligt habe, aus einer politisch interessierten Familie stamme und ( ). Weiter würden darin die Hausdurchsuchungen, Unterdrückungen des Beschwerdeführers durch die türkische Polizei und sein ( )-monatiger Aufenthalt in einem Gefängnis bestätigt.
Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf die Einholung einer Vernehmlassung.
Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - so auch vorliegend - endgültig (Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG und das AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 1 AsylG, Art. 37 VGG, Art. 48 Abs. 1 und Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
Vorab sind die formellen Rügen des Beschwerdeführers zu behandeln, da ihre berechtigte Erhebung allenfalls zur Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung führen könnte.
Die Forderung, wonach der Beschwerdeführer wegen erlittener Misshandlungen im Geschlechtsbereich von einer reinen Männerrunde hätte befragt werden sollen, ist zu spät erfolgt. Das Gesuch um eine neue Anhörung hätte im Vorverfahren, wo er professionell vertreten war, erhoben und begründet werden müssen. Zudem schweigt sich der Beschwerdeführer auch in der Rechtsschrift darüber aus, was er sich von einer weiteren Befragung in neuer Zusammensetzung verspricht, zumal er die knappe Schilderung der erlittenen Misshandlung (Zusammendrücken der Hoden) nicht ergänzt und keinen Arztbericht einreicht. Auch die Forderung
nach einer neuen Anhörung zu eingereichten Beweismitteln oder die Durchführung weiterer Abklärungen zur Registrierung und zum Tod ( ) M., zur Militärdienstpflicht, zum Studium und dessen Unterbrechung etc. (vgl. u.a. Beschwerde S. 13) werden nicht nachvollziehbar begründet, weshalb auch diese Anträge nicht sachgerecht erscheinen und abzuweisen sind.
Im vorstehenden Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer die Protokolle stets nach Rückübersetzungen in eine ihm geläufige Sprache vorbehaltlos unterzeichnet hat, weshalb er bei seinen Aussagen zu behaften ist und sich falsche oder unterlassene Protokollierungen selber anzurechnen hat (vgl. Art. 7 Abs. 3 und Art. 8 Abs. 1 AsylG). Wenn er im EVZ Basel aussagt, die abgegebenen Dokumente würden nur 20-30% seiner Erlebnisse wiederspiegeln, und in der Anhörung vom 21. Januar 2009 behauptet, die Dokumente, die er einreichen könnte, bestünden aus Tausenden von Seiten (A2 S. 6, B20 S. 10), ist er daran zu erinnern, dass er jahrelang genügende Möglichkeiten gehabt hat, seine Behauptungen zu substanziieren und zu belegen. So bleibt unerklärlich, warum er die Anhörung vom 21. Januar 2009 nicht dazu benützt hat, Wichtiges zu ergänzen, wenn er dem Inhalt der am 12. Juni 2007 eingereichten DVD eine zentrale Rolle im Verfahren zuschreibt. Ferner entpuppte sich die übrige auf Beschwerdestufe erhobene Kritik an der vorinstanzlichen Abklärungsund Begründungspraxis als aufgesetzt. Die behaupteten Sachverhaltslücken in der angefochtenen Verfügung, die angeblich für ihn sprechen könnten, wurden von ihm bloss pauschal angesprochen, nicht aber gefüllt. Die Rüge des ungenügend festgestellten Sachverhaltes erweist sich demnach als nicht stichhaltig. Das BFM hat in den Anhörungen seinem Persönlichkeitsprofil genügend Rechnung getragen. Die im Vorverfahren erstellten Unterlagen und Beweismittel stellen damit eine rechtsgenügende Basis für den Entscheid dar.
Der Beschwerdeführer behauptete, das BFM habe ihm die Akteneinsicht unrechtmässig verweigert und unvollständig Akteneinsicht gewährt. Sein rechtlicher Gehörsanspruch sei verletzt, der rechtserhebliche Sachverhalt unvollständig und nicht richtig abgeklärt worden. So habe ihm das BFM nicht sämtliche Aktenstücke, namentlich keine Aktenstücke der früheren Verfahren, nicht alle Beweismittel sowie keine Vollzugsakten zur Einsicht zugestellt. Zudem würde sich das BFM einer (bewusst) falschen Qualifizierung von Aktenstücken bedienen. Es qualifiziere Aktenstücke als interne Papiere (namentlich B4/1, B23/1, B34/4) oder verneine deren Relevanz für den Entscheid. Zudem habe es eingereichte Beweismittel entgegengenommen, ohne sie zu würdigen, was zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung führen sollte. Die Akten B5/1 und B11/1 seien zu Unrecht als Aktenstücke mit Geheimhaltungsinteresse bezeichnet worden. Gleichzeitig werde nicht begründet, weshalb eine Einsicht in diese Aktenstücke nach einer erfolgten Anonymisierung nicht erfolgen dürfe. Selbst eine Kontrolle des Inhalts der DVD und die Einsicht in die Vollzugsakten werde vom BFM verweigert, obschon diesen Beweismitteln eine wichtigere Bedeutung im Verfahren zukomme. Zudem habe es die DVD und die Zusammenfassung vom 12. Juni 2007 in ihrer Bedeutung für das Verfahren verkannt und sie nicht in der angefochtenen Verfügung beachtet. Weiter gewähre es rund um die getätigten Botschaftsabklärungen nicht die nötige Transparenz. Es würden beispielsweise die Antworten auf die nachfolgenden Fragen nicht offen gelegt und wer wann welche Sachverhaltsfeststellung auf welche Art und Weise in welcher Güte abgeklärt habe. Es sei auch nicht erkennbar, ob es sich um Auskünfte eines Amtes oder um Zeugnisse von Drittpersonen handle. Damit sei es einem Betroffenen unmöglich, zu den Ergebnissen der Botschaft eingehend Stellung zu beziehen, weil die konkreten Umstände der Abklärungen nicht zu erfahren seien. Zudem beschäftige sich das BFM bruchstückhaft mit Vorbringen, die im Rahmen einer vollständigen Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts hätten berücksichtigt werden müssen.
Der Beschwerdeführer konnte die vom BFM in der angefochtenen Verfügung unerwähnt gebliebenen Beweismittel auf Beschwerdestufe erneut ansprechen. Spätestens durch die Nachprüfung aller Beweismitteldurch das Gericht steht fest, dass ihm kein erkennbarer erheblicher Nachteil entstanden ist, zumal noch keine Verletzung der Begründungspflicht erfolgt, wenn die Vorinstanz gewisse Beweismittel oder Details nicht erwähnt, weil sie nach ihrer Auffassung keine wesentliche andere Erkenntnis vermitteln. Diese Sichtweise kam bei der Vorinstanz offenbar zum Tragen im Bereich der angegebenen psychischen Probleme des Beschwerdeführers und bei der ( )monatigen Haft mit angeblichen Behelligungen. Die psychischen Probleme des Beschwerdeführers wurden trotz professioneller Vertretung weder vom Beschwerdeführer als bedeutsam hervorgehoben, noch mit einem Zeugnis eines anerkannten Psychiaters und Psychologen belegt, weshalb das BFM nachvollziehbarerweise davon ausgegangen sein dürfte, die gesundheitliche Komponente habe im Verfahren keine für den Ausgang erhebliche Tragweite, auch wenn eine transparentere Darstellung dieser Einschätzung in der angefochtenen Verfügung wünschbar gewesen wäre. Die ( )-monatige Haft wurde in flüchtlingsrechtlicher Hinsicht als nicht relevant erachtet, da die Strafverfahren abgeschlossen seien, und wurde damit - entgegen der Behauptungen des Beschwerdeführers - vom BFM gewürdigt.
Was die geforderten Angaben über die von der Botschaft beauftragten Vertrauenspersonen, den Zeitpunkt deren Abklärungen von Einträgen in Registern, von Polizei-, Staatsanwaltschaftsund Gerichtsunterlagen etc. und die Abklärungsmethoden betrifft, kann aus Gründen des öffentlichen Interesses an der Geheimhaltung sowie aus Gründen des Quellenund Persönlichkeitsschutzes keine eingehende Auskunft gegeben werden.
Mit Zwischenverfügung 10. September 2010 wurden die Gesuche um Einsicht in die Akten B11/1 und B23/1 vom Instruktionsrichter abgewiesen; gutgeheissen hat er indessen die Einsicht in die Vorakten und die eingereichten Beweismittel sowie den Antrag auf Visionierung der DVD. Weiter wurde dem Beschwerdeführer nach erfolgter Sitzung vom 28. Oktober 2010, in der ihm allumfassende Akteneinsicht in alle andern von ihm gewünschten Dokumente gewährt wurde, eine Frist zur Beschwerdeergänzung angesetzt. Auch nach seiner Stellungnahme hätte die Gelegenheit bestanden, entscheidwesentliche Informationen nachzuliefern (vgl. Art. 32 Abs. 2 VwVG).
Zusammenfassend sind im Urteilszeitpunkt keine erheblichen Hinweise auf eine Verletzung des Gehörsanspruchs des Beschwerdeführers, eine ungenügende Sachverhaltsfeststellung oder eine ungenügende Begründung erkennbar. Die Anträge auf Offenlegung weitergehender Informationen über die erfolgten Botschaftsabklärungen sowie auf Kassation der angefochtenen Verfügung zwecks Neubefragung des Beschwerdeführers und neuer Entscheidung sind demzufolge abzuweisen.
Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl, sofern keine Asylausschlussgründe vorliegen (Art. 2 Abs. 1, Art. 49-55 AsylG).
Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden; als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 AsylG). Als Flüchtlinge gelten auch Personen, die
nach ihrer Ausreise aufgrund von Tatsachen, die nicht von ihnen zu verantworten sind, Verfolgung befürchten müssen (sog. objektive Nachfluchtgründe), oder die erst durch ihre Ausreise aus dem Heimatoder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise im Falle einer Rückkehr ernsthaften Nachteilen ausgesetzt wären (sog. subjektive Nachfluchtgründe).
Nach Lehre und Rechtsprechung erfüllt eine asylsuchende Person die Flüchtlingseigenschaft i.S. von Art. 3 AsylG, wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft mit gutem Grund Nachteile von bestimmter Intensität befürchten muss, die ihr gezielt und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive zugefügt zu werden drohen und vor denen sie keinen ausreichenden staatlichen Schutz erwarten kann (vgl. BVGE 2008/4 E. 5.2 m.w.H.). Die in Art. 3 Abs. 1 AsylG erwähnten fünf Verfolgungsmotive sind über die sprachlich allenfalls engere Bedeutung ihrer Begrifflichkeit hinaus so zu verstehen, dass die Verfolgung wegen äusserer oder innerer Merkmale, die untrennbar mit der Person oder Persönlichkeit des Opfers verbunden sind, erfolgt ist beziehungsweise droht (vgl. BVGE 2013/11 E. 5.1 m.w.H.).
Nicht Flüchtling ist, wer bereits im Zeitpunkt des Entscheides über das Bestehen der Flüchtlingseigenschaft einen Beendigungsgrund im Sinne des Asylgesetzes und des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30), namentlich einen Aberkennungsgrund i.S. von Art. 63 Abs. 1 Bst, b AsylG i.V.m. Art. 1 Bst. C Ziff. 1-6 FK, erfüllt.
Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen.
Massgeblich für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist nicht die Situation im Zeitpunkt der Ausreise, sondern die Situation im Zeitpunkt des Asylentscheides, wobei allerdings erlittene Verfolgung oder begründete Furcht vor Verfolgung im Zeitpunkt der Ausreise ein Hinweis auf weiterbestehende Gefährdung sein kann. Veränderungen der objektiven Situation im Heimatstaat zwischen Ausreise und Asylentscheid sind zugunsten und zulasten der Asylgesuch stellenden Person zu berücksichtigen (BVGE 2008/4 E.5.4 und BVGE 2007/31 E. 5.3, m.w.H.).
Die Flüchtlingseigenschaft ist nachzuweisen, soweit der Beweis möglich ist; andernfalls genügt die Glaubhaftmachung. Sie ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG). Die Anforderungen an den Nachweis beziehungsweise die Glaubhaftmachung einer begründeten Furcht i.S. von Art. 3 AsylG sind auch massgebend bei der Ermittlung von Nachfluchtgründen, wobei der strikte Beweis bei den in der Schweiz entstandenen in der Regel möglich ist.
Personen, die wegen subjektiver Nachfluchtgründe als Flüchtlinge im Sinne des Gesetzes gelten, erhalten gemäss Art. 54 AsylG kein Asyl, werden jedoch unter Anerkennung ihrer Flüchtlingseigenschaft vorläufig aufgenommen, da der Vollzug der Wegweisung in den verfolgenden Heimatstaat unzulässig ist (Art. 5 und Art. 44 Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR 142.20]). Der Asylausschlussgrund von Art. 54 AsylG ist absolut zu verstehen und unabhängig davon anzuwenden, ob Nachfluchtgründe missbräuchlich gesetzt worden sind oder nicht. Nicht von Interesse ist daher, was die asylsuchende Person durch ihre exilpolitischen Tätigkeiten zu erreichen versucht hat.
Das BFM begründete seine ablehnende Haltung im Flüchtlingsund Asylpunkt damit, dass die geltend gemachten Verfolgungsvorbringen widersprüchlich, unglaubhaft und flüchtlingsrechtlich nicht relevant seien.
Widersprüche erkannte das BFM bei den Angaben der Haftzeiten: Der Beschwerdeführer habe in der Anhörung erklärt, nach der letzten Untersuchungshaft vom ( ) 2003 nicht mehr festgenommen worden zu sein, während er in einer früheren Befragung von einer Festnahme am ( ) gesprochen, bei der er von Spezialtruppen unter Druck gesetzt und namentlich eine Waffe gegen seinen Kopf gerichtet worden sei. Weiter sei davon auszugehen, dass er seinem Gesuch durch Übertreibungen Gewicht zu verleihen versuche. Seine Vorbringen würden den Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht genügen.
Die in der Vergangenheit stattgefundenen verschiedenen Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer seien beendigt, wobei nicht ausgeschlossen werden könne, dass er damals Opfer behördlicher Übergriffe geworden sei. In zwei der Urteile sei er freigesprochen worden, in einem dritten Urteil aus dem Jahr ( ) sei er zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Mittlerweile sei die Probezeit abgelaufen, über den Beschwerdeführer bestünden keine Datenblätter und er unterliege keinem Passverbot. Aus der Einleitung von Strafverfahren in der Vergangenheit könne nicht abgeleitet werden, dass er heute noch von asylrechtlich relevanter Verfolgung bedroht sei.
Hinsichtlich der Befürchtungen des Beschwerdeführers, künftig staatlichen Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt zu sein, wies das BFM darauf hin, dass er im Herbst 2004 legal aus seinem Heimatland ausgereist und nach seiner Asylgesuchstellung in der Schweiz im Juni 2006 wieder in die Türkei zurückgekehrt sei, welches Verhalten mit seiner angeblichen Furcht vor Verfolgung nicht in Einklang zu bringen sei. Zwar sei er damals seinen Angaben zufolge illegal zurückgereist, habe aber den verwendeten und angeblich bei Verwandten in Deutschland deponierten Reisepass nicht eingereicht. Der nachträgliche Einwand, der Ausweis sei mittlerweile verschollen, lasse folgern, dass sich im Reisepass Einträge befunden haben, die sich für die Würdigung des Asylgesuchs nachteilig ausgewirkt hätten. Ferner könne er mit einer blossen Mitgliedschaftsbestätigung bei einem kurdischen Verein in der Schweiz nicht belegen, weshalb er bei einer Rückkehr in die Türkei einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt sein soll. Schliesslich seien die in der Stellungnahme vom 10. Mai 2010 angeführten Bedenken über die Auswirkungen von Fichierungen in der Türkei nicht relevant, zumal die Botschaft festgestellt habe, dass er nicht fichiert sei. Im Übrigen habe sich die Menschenrechtslage in der Türkei und die Strafverfahrensgarantien für Betroffene verbessert, so dass er sich bei Übergriffen rechtlich zur Wehr setzen könne. Polizeiliche Massnahmen, die sich gegen mutmassliche Straftäter richten würden, seien zwar nach wie vor möglich, indessen würden sie in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle keine asylrechtliche Relevanz entfalten. Schliesslich könne im bevorstehenden Militärdienst keine asylrelevante Verfolgungsmassnahme erblickt werden.
Somit erfülle der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht.
In der Beschwerde wird beanstandet, das BFM habe wesentliche Vorbringen falsch eingeschätzt. Der Beschwerdeführer stamme aus einer politisch aktiven Familie und sei selber politisch aktiv gewesen. Er sei ungewöhnlich lange, nämlich während ( ) Monaten - aus politischen und ethnischen Gründen - festgehalten, gefoltert und misshandelt worden. Nach der Freilassung vom ( ) 2003 sei er ( ) polizeilich festgehalten worden. Das BFM habe mit keinem Wort erwähnt, dass er den Polizisten auf der Strasse bekannt gewesen sei. So hätten ihn diese mit seinem Namen angesprochen. Er sei beschattet, regelmässig kontrolliert und schikaniert worden. Die Familie sei nach dem Tod ( ) M. unter behördlichen Druck geraten. Die türkischen Behörden hätten davon Kenntnis, dass er sich im Kandil-Gebirge bei den PKK-Kämpfern aufgehalten habe. Zudem seien seine psychischen Probleme, die das BFM in der angefochtenen Verfügung nicht angesprochen habe, aufschlussreich. Sein psychischer Zusammenbruch anlässlich der Anhörung vom 21. Oktober 2005 (1. Asylverfahren) spreche für die Richtigkeit seiner Angaben. Die Beschattung durch die Sicherheitsbehörden habe ihn psychisch schwer belastet. Er selber habe ausgesagt, in der Schweiz psychisch etwas zu leiden. Weiter sei klar, dass er aufgrund seiner vielen Mitnahmen, seiner strafrechtlichen Vergangenheit und ( ) M., eines Helden und Freiheitskämpfers für die Unabhängigkeit der Kurden, in den Datenbanken figuriere, auch wenn das BFM einen entsprechenden Eintrag in der ihm zugänglichen Datenbank nicht habe finden können. Es sei nicht möglich, aufgrund einer Nichtverzeichnung in einer einzigen Datenbank der Türkei auf die effektive Verfolgungslage einer Person zu schliessen. Es sei davon auszugehen, dass er in anderen türkischen Datenbanken vermerkt sei. Das BFM habe durch die erfolgte Botschaftsabklärung zusätzlich objektive Nachfluchtgründe geschaffen, weil die türkischen Behörden durch die vom BFM veranlassten Abklärungen hellhörig auf ihn geworden seien und ihre Rückschlüsse ziehen könnten. Schliesslich sei die DVD ein wichtiges Beweismittel. Das BFM gehe nicht auf sie ein. M. sei von den Filmemachern als Held der PKK dargestellt worden. Somit sei M. seit 2006 den türkischen Behörden bekannt. Durch diese vom Film verursachte Aufmerksamkeit sei der Beschwerdeführer stark ins Visier der türkischen Behörden geraten. Folglich seien seine Angaben mit den Beweismitteln genügend untermauert. Darüber hinaus würde die Türkei seine Verfolgung nicht entlang eines strafrechtlich definierten Verfahrens führen. Als Flüchtling sei ihm Asyl zu geben.
Mit Schreiben vom 12. November 2010 erläuterte der Beschwerdeführer den Inhalt der eingereichten DVD. Diverse Personen würden darin über die PKK-Mitglieder seiner Familie berichten: über ( ) M., den Onkel, den Cousin und unter anderem auch über ihn selber. Ihm sei ein Engagement bei der PKK verweigert worden, weil seine Familie schon ( ) Märtyrer verloren habe. Diese Aufzeichnung sei zentral bei der Beurteilung des vorliegenden Asylgesuchs. Mittlerweile hätten seine ( ) Asyl in Deutschland und ein Freund, Y.F., mit dem er sich während des Studiums an der Kampagne Kurdish Student Network beteiligt habe, Asyl in England erhalten. Ausserdem habe sich für ihn die Situation in der Türkei seit dem Attentat vom 31. Oktober 2010 verschlechtert.
Weitere Ergänzungen des Beschwerdeführers datieren vom 12. September 2012 und 17. Oktober 2012. In Bezug auf die Inhalte dieser Schreiben wird auf die Sachverhalte in Bst. G.d und G.e verwiesen.
4.1 Zunächst ist festzuhalten, dass die Menschenrechtslage in der Türkei im letzten Jahrzehnt - insbesondere aufgrund der militärischen und politischen Erfolge bei der Verdrängung der PKK beziehungsweise ihrer Nachfolgeorganisation Kongra-Gel sowie den politischen und rechtsstaatlichen Reformen in Recht und Praxis - trotz vorübergehender Rückschritte tendenziell qualitativ besser geworden ist. So wird von der EU und anderen Beobachtern anerkannt, dass die Türkei im letzten Jahrzehnt Massnahmen zur Verbesserung der Menschenrechtslage ergriffen und umgesetzt hat. Allerdings wird kritisiert, dass die Bestrebungen zur Verbesserung der rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Lage nicht konsequent genug verfolgt werden. Dabei wurde für die Jahre 2006 bis 2010 festgestellt, die Entwicklung in Bezug auf den Menschenrechtsschutz sei stagnierend oder sogar tendenziell rückläufig. So sei in diesem zeitlichen Umfeld eine Zunahme von Strafverfolgungen und Verurteilungen zu verzeichnen gewesen, die sich gegen die Meinungsäusserungsfreiheit richteten, und es habe Berichte über Willkür, Misshandlungen und Folterungen seitens der Sicherheitskräfte gegeben, welche Eingriffe sich insbesondere gegen Angehörige von Minderheiten gerichtet hätten. Nach wie vor seien türkische Sicherheitsorgane bei der Bekämpfung gewaltbereiter extremistischer Bewegungen und Personen kurdischer Provenienz dem Vorwurf ausgesetzt, in unverhältnismässiger Art und Weise vorzugehen. In Fällen mit politisch sensiblem Hintergrund setze die Gerichtsbarkeit vielfach die Interessen des Staates über die Individualrechte (vgl. etwa Kurden und Kurdinnen in der Türkei, Hrsg. Österreichisches Rotes Kreuz, Bericht vom Juni 2009; Human Rights Watch, World Report 2008, Turkey; International Helsinki Federation, Human Rights in the OSCE Region, März 2007, Ziff. 107; REGULA KIENHOLZ, Hrsg. Schweizerische Flüchtlingshilfe [SFH], Türkei, Bern 18. Mai 2005, S. 4 ff.). Auch ist notorisch, dass die türkische Behörden auch schon das Mittel angewandt haben, gegen Mitglieder von als staatsfeindlich oder politisch missliebig betrachteten Gruppierungen durch fingierte Vorwürfe gemeinrechtlicher Straftaten vorzugehen. In Bezug auf verbotene Organisationen und deren Sympathisanten bleibt das Vorgehen der Sicherheitskräfte mehrheitlich kompromisslos. Das Verhältnis der Türkei zur PKK/KADEK/Kongra-Gel ist in Veränderung begriffen. Der seit über einem Jahrzehnt inhaftierte Chef der PKK, Abdullah Öcalan, hat mit türkischen Regierungsvertretern jüngst
einen Friedensprozess verabredet. Im März 2013 hat er die PKK-Kämpfer zur Einhaltung der Waffenruhe angehalten und zum Rückzug in den Irak aufgefordert. Der damalige PKK-Kommandant Murat Karaylan - im Juli 2013 ersetzt durch die Doppelführung Cemil Bayk und Besê Hozat - kündigte am 25. April 2013 im Rahmen einer Pressekonferenz den Rückzug der bewaffneten PKK-Kämpfer aus der Türkei in verschiedene Auffanglanger im Nordirak an. Zur Zeit wird der PKK seitens der Regierung vorgeworfen, sie habe ihr Wort zum Abzug ihrer Kämpfer aus der Türkei nicht gehalten und nur etwa einen Fünftel der Personen - darunter vor allem Frauen, Kinder und Alte - abgezogen. Der Vorwurf des Wortbruchs beruht auf Gegenseitigkeit: Die PKK und die ihr nahestehende, im türkischen Parlament vertretene Partei für Frieden und Demokratie (BDP) bezichtigen Ankara, die versprochene Gegenleistung - nämlich weitere Reformen zur Gleichberechtigung der Kurden in der Türkei - nicht erbracht zu haben. Insgesamt sind die Aussichten auf Frieden wieder eher trübe.
Für die Glaubhaftigkeit der Behauptung, der Beschwerdeführer sei in der Türkei verfolgt worden, spricht, dass aus seiner Familie ein PKKKämpfer stammt, der wohl einen gewissen Bekanntheitsgrad und bei den Gesinnungsgenossen einen Heldenstatus erworben hat; M. dürfte den türkischen Behörden nicht zuletzt aufgrund der ausgestrahlten Sendung
E.
(vgl. DVD aus dem Jahr 2007) als Held des Widerstands-
kampfes bekannt sein. In jener Sendung sind die ( ) des Beschwerdeführers zu Wort gekommen. Es ist davon auszugehen, dass seine Familie den türkischen Behörden als mutmasslich oppositionell bekannt ist.
Weiter wurden gegen den Beschwerdeführer in der Türkei drei Strafverfahren eröffnet, von denen eines zur Verurteilung zu einer bedingt ausgesprochenen Gefängnisstrafe von ( ) Monaten und einer Busse geendet hat, während er in den beiden anderen Verfahren freigesprochen worden ist. Es erscheint durchaus als glaubhaft, dass er zu seinen Schulund Studienzeiten Probleme mit den Sicherheitskräften gehabt hat und auch Opfer von Übergriffen geworden ist. Dass er in der Folge im KandilGebirge politisch ausgebildet geworden sei und darauf im Auftrag der PKK Jugendliche an den Hochschulen angeworben habe, bleibt allerdings eine blosse Behauptung.
Gegen die Glaubhaftigkeit des Sachvortrags des Beschwerdeführers und namentlich gegen eine im Zeitpunkt seiner Ausreise aus der Tür-
kei bestandene begründete Furcht vor Verfolgung spricht namentlich folgender Umstand:
Gemäss den Abklärungen der Schweizerischen Botschaft in Ankara hat sich der Beschwerdeführer, über welchen in der Türkei kein Datenblatt bestehe und der keinem Passverbot unterliege, im Jahr ( ) einen Pass ausstellen lassen, welcher bis ( ) gültig sei und mit welchem er ( ) die Türkei verlassen und nach Deutschland gereist ist. Eine Passausstellung und erst recht dessen Benutzung gilt als Inanspruchnahme des diplomatischen Schutzes des Heimatlandes, welcher in der Regel einer Anerkennung als Flüchtling entgegensteht, zumal der Betroffene mit einer solchen Handlung zum Ausdruck bringt, dass er keine begründete Furcht vor Verfolgung durch eben diesen Staat hat. Wenn man der Darstellung des Beschwerdeführers folgt, wonach er im Mai 2006 von Deutschland unter Verwendung eines so genannten grünen Passes in die Türkei gereist und fünfzehn bis zwanzig Tage später unter Benutzung des gleichen Passes von C. aus auf dem Luftweg in die Schweiz gelangt ist, kommt man unweigerlich zur Feststellung, dass er mit diesem Vorgehen seiner fehlenden Furcht vor Verfolgung im besagten Zeitpunkt Ausdruck gegeben und sich mit der Benutzung eines türkischen Passes unter den diplomatischen und mit seiner Einreise in die Türkei unter den faktischen Schutz seines Heimatlandes gestellt hat. Ob er dabei seinen eigenen, im Jahr ( ) ausgestellten Pass oder einen sog. grünen Pass - dabei handelt es sich um einen Spezialpass für höhere beziehungsweise langjährige türkische Staatsbeamte, die damit visumsfrei in die Schengen-Staaten einreisen und sich dort 90 Tage aufhalten können - verwendet hat, ob dieser grüne Pass auf seinen oder einen anderen Namen gelautet hat und welche Einund Ausreisestempel sowie Visumseinträge der verwendete Pass aufweist, ändert nichts an der Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Ausreise aus der Türkei im Juni 2006 angesichts des offensichtlichen Fehlens einer subjektiven Furcht vor Verfolgung nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes und der Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 3 AsylG und Art. 1 Bst. A Ziff. 1 FK sowie Art. 63 Abs. 1 Bst. a AsylG i.V.m. Art. 1 Bst. C Ziff. 1 FK) war. Bei dieser Feststellung sind die Tatsachen, dass der Beschwerdeführer sich weigerte, die genauen Flugdaten bekanntzugeben, sein Flugticket und seine Bordkarte sowie den von ihm verwendeten Pass den Behörden auszuhändigen im Sinne einer Bestätigung dieser Erkenntnis ebenso gegen ihn zu verwenden wie die unglaubhafte Angabe, sein in Deutschland zurückgelassener Pass sei mittlerweile verschollen, oder die Vorstellung, er habe sich von diesem Pass keine Fotokopie gemacht. Auch der angebliche Anlass für die Rückreise, nämlich der Umstand, dass der Beschwerdeführer erst kurz vorher vom Tod ( M.s ) erfahren habe, ist offensichtlich so falsch - da im Widerspruch zur Beschwerdeschrift vom 8. November 2005 (Beschwerdeakten ARK im Voraktendossier N 481 935, act. 3 S. 2 Ziff. 4; vgl. auch vorn sub A.e), wo sein Tod bereits als Tatsache hingestellt worden ist, und zu den Aussagen seines Cousins, welcher an seiner Empfangsstellenbefragung am 11. September 2001 bereits vorgebracht hatte, dass M. 1998 getötet und die Herausgabe seiner Leiche ihm und dem Vater von M. behördlich verweigert worden sei (N 412 919, A8 S. 5) -, dass sich Erwägungen betreffend eine allfällige Rechtfertigung der Heimreise erübrigen.
Zusammenfassend ist, vorerst nur bezogen auf den Zeitpunkt der Ausreise aus der Türkei im Juni 2006, festzustellen, dass er keine begründete Furcht vor flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmassnahmen glaubhaft machen konnte.
Eine asylsuchende Person ist aber auch dann als Flüchtling anzuerkennen, wenn sie erst aufgrund von Ereignissen nach ihrer Ausreise im Falle einer Rückkehr in ihren Heimatoder Herkunftsstaat in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise verfolgt würde. Zu unterscheiden ist dabei zwischen objektiven und subjektiven Nachfluchtgründen. Die vom Gesetzgeber bezweckte Bestimmung, wonach die subjektiven Nachfluchtgründe einen Asylausschlussgrund darstellen, verbietet ein Addieren solcher Gründe mit Fluchtgründen vor der Ausreise oder mit objektiven Nachfluchtgründen, die für sich allein nicht zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichen (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 1995 Nr. 7 E. 7b und 8).
Nach Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts kommen in der Türkei noch immer staatliche Repressalien gegen Familienangehörige von politischen Aktivisten vor, die flüchtlingsrechtlich erheblich sein können. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer solchen Verfolgung zu werden, ist vor allem dann gegeben, wenn nach einem flüchtigen Familienmitglied gefahndet wird und die Behörde Anlass zur Vermutung hat, dass jemand mit der gesuchten Person in engem Kontakt steht. Am Ehesten dürften Personen von einer Verfolgung bedroht sein, die sich offen für politisch aktive Verwandte einsetzen (vgl. EMARK 2005 Nr. 21 E. 10.2.1 ff.). Ist die begründete Furcht vor Reflexverfolgung erst während des Auslandaufenthaltes entstanden, liegt ein objektiver Nachfluchtgrund vor. Auch die in der Beschwerdeschrift behauptete Gefährdung des Beschwerdeführers
durch die Abklärungen der schweizerischen Botschaft würde, sollte sie zutreffen, einen objektiven Nachfluchtgrund darstellen.
Der Cousin des Beschwerdeführers, der bereits im Jahr 2001 in die Schweiz gekommen ist und dessen Familienangehörige aktiv in verschiedenen kurdischen Organisationen tätig gewesen sind, ist in der Schweiz mittlerweile eingebürgert worden. Obwohl sich auch der Cousin in seinem Asylverfahren auf den ( ) getöteten M. bezogen hat, hat gestützt darauf in all den Jahren bis heute keine Reflexverfolgung gegen Familienangehörige in der Türkei eingesetzt, und es ist nicht anzunehmen, dass sich mit der Rückkehr des Beschwerdeführers in die Türkei daran etwas ändern würde. Die neuerlichen Behauptungen einer Fahndung nach dem Beschwerdeführer erscheinen angesichts seines unglaubhaften Sachvortrags als Schutzbehauptungen und sind somit nicht glaubhaft. Die Tatsache, dass in all den Jahren seit seiner Wiederausreise aus der Türkei über die in der Heimat verbliebenen Angehörigen keine erheblichen Nachteile asylrechtlicher Natur aktenkundig geworden sind, zeigt, dass die türkischen Behörden kein Interesse an der Verfolgung von Angehörigen haben. Flüchtlingsrechtlich relevante Gründe werden ihn denn auch bei der Rückkehr in die Türkei nicht erwarten. Offensichtlich haben die Abklärungen der Schweizer Botschaft ihrerseits nicht zu Behelligungen der Familie geführt, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass gerade dadurch eine Gefahr für ihn selber entstanden sein könnte. Das Vorhandensein von objektiven Nachfluchtgründen ist mithin zu verneinen.
Das Verhalten des Beschwerdeführers im Exil - die ( ) Sektion der Föderation Kurdischer Vereine in der Schweiz (FEKAR) bestätigt in ihrem Schreiben vom 18. September 2012 seine Mitgliedschaft sowie seine Teilnahme an kulturellen und politischen Aktivitäten, darunter auch Demonstrationen sowie vor dem türkischen Konsulat durchgeführte Kundgebungen - ist keineswegs als derart gewichtig anzusehen, dass daraus eine persönliche Gefährdung bei einer Rückkehr erwartet und das Bestehen eines subjektiven Nachfluchtgrundes angenommen werden müsste. Ein begründeter Anlass zur Furcht vor künftiger Verfolgung ist auszuschliessen.
Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft auch unter den Aspekten der objektiven und subjektiven Nachfluchtgründe nicht erfüllt.
Der Beschwerdeführer hat bei einer Rückkehr in die Türkei nicht mit einer ernsthaften Benachteiligung seitens der Behörden zu rechnen; seine Furcht ist objektiv nicht nachvollziehbar. Das BFM hat das Asylgesuch demnach zu Recht abgelehnt und die Beschwerde ist abzuweisen.
Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.1 m.w.H.). Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet.
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht durchführbar, das heisst unzulässig, unzumutbar oder unmöglich, regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG). Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Der Vollzug ist unzulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG). So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; Art. 33 Abs. 1 FK). Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention
vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung vorliegend keine Anwendung finden; seine Rückkehr in die Türkei ist unter diesem Aspekt rechtmässig. Sodann ergeben sich weder aus seinen Aussagen noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Rückkehr in der Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm bei einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. EGMR [Grosse Kammer], Saadi gegen Italien, Urteil vom 28. Februar 2008, Beschwerde Nr. 37201/06,
§§ 124-127, m.w.H.). Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung im Sinne der asylund der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AuG - die vorläufige Aufnahme zu gewähren (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002, BBl 2002 3818).
Es besteht kein Grund anzunehmen, er gerate bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage, da dort weder eine allgemeine und landesweite Gewaltsituation besteht, noch die allgemeine Menschenrechtssituation den Wegweisungsvollzug als unzumutbar erscheinen lässt.
Einer Rückkehr des Beschwerdeführers stehen keine individuellen Gründe politischer, wirtschaftlicher, sozialer oder gesundheitlicher Natur entgegen. Seine Familie stammt aus der Provinz B. , von wo sie ( ) weggezogen seien. Seit ( ) wohnte er bei seinen Eltern und Geschwistern in C. , wo er denn auch bis zur Ausreise mehrheitlich gelebt hat. Er verfügt über ein grösseres Familienund Beziehungsnetz in der
Türkei und kann daher zu seinen Verwandten zurückkehren, so dass auch seine Wohnsituation als gesichert gelten kann, zumal er auf deren Unterstützung zählen können wird. Seine universitäre Ausbildung und seine Tätigkeiten als ( ) werden ihm den Einstieg ins Erwerbsleben erleichtern. In Zusammenhang mit den von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Problemen (Beschwerde S. 5, 9, 13 f. und 17), die sich im Wesentlichen auf die angeblich erlebte Verfolgungslage beziehen sollen und nicht nachgewiesen sind, ist zu wiederholen, dass er in der Türkei keine Verfolgung befürchten muss und dort bei Bedarf effiziente gesundheitliche Facheinrichtungen mit entsprechendem Fachpersonal vorfinden würde. Angesichts seines Alters, seines weitestgehend intakten Gesundheitszustandes und seiner bisherigen beruflichen Erfahrungen ist davon auszugehen, dass er sich in seiner Heimat in den Arbeitsmarkt wieder integrieren kann. Ausserdem könnte er sich, falls er lokalen Gegebenheiten ausweichen möchte, anderswo in der Türkei niederlassen. Zudem könnte er von Verwandten und Bekannten aus der Schweiz, Schweden und Deutschland unterstützt werden. Blosse soziale oder wirtschaftliche Schwierigkeiten, von denen die ansässige Bevölkerung im Allgemeinen betroffen ist, oder eine allenfalls drohende Einziehung ins Militär stellen im Übrigen keine Gefährdung i.S. von Art. 83 Abs. 4 AuG dar.
Damit erweist sich der Vollzug der Wegweisung als zumutbar.
Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG; BVGE 2008/34
E. 12), weshalb der Vollzug der Wegweisung als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AuG).
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers zu Recht als durchführbar erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4 AuG).
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und unter Berücksichtigung des Aufwandes für die am 28. Oktober 2010 am Sitz der Bundesverwaltungsgericht erfolgte Visionierung, welcher als Zuschlag von Fr. 100.- angerechnet wird, auf insgesamt Fr. 700.- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 700.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständige kantonale Behörde.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Walter Stöckli Thomas Hardegger
Versand:
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