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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-4541/2011

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-4541/2011
Datum:17.07.2012
Leitsatz/Stichwort:Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführende; Beschwerdeführenden; Verfügung; Bundes; Botschaft;Recht; Schweiz; Bundesverwaltungsgericht; Eröffnung; Person; Schutz; Sprache; Islamabad; Vertretung; Über; Asylgesuch; Eingang; Einreise; Belutschistan; VwVG; Verwaltung; Vertrauen; Verfahren; Eingabe; Vertrauens; Familie; Vorliegende
Rechtsnorm: Art. 33 VwVG ; Art. 33a VwVG ; Art. 48 VwVG ; Art. 54 BGG ; Art. 63 VwVG ;
Referenz BGE:122 I 97; 122 V 189; 129 II 125; 130 I 60; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-4541/2011

U r t e i l  v o m  1 7.  J u l i  2 0 1 2

Besetzung Richterin Muriel Beck Kadima (Vorsitz), Richter Fulvio Haefeli,

Richter Walter Stöckli, Richter Markus König,

Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Gerichtsschreiberin Alexandra Püntener.

Parteien 1. A. , Geburtsdatum unbekannt,

  1. B. , Geburtsdatum unbekannt,

  2. C. , Geburtsdatum unbekannt,

  3. D. , Geburtsdatum unbekannt,

  4. E. , Geburtsdatum unbekannt,

  5. F. , Geburtsdatum unbekannt, Pakistan,

p.A. Schweizerische Vertretung in Islamabad Beschwerdeführende,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Asylgesuch aus dem Ausland und Einreisebewilligung; Verfügung vom 7. März 2011 / N ( ).

Sachverhalt:

A.

Mit englischsprachiger Eingabe vom 8. Dezember 2009 an das BFM (Eingang 29. Dezember 2009) ersuchte der Beschwerdeführer 1 für sich und seine Familie (Beschwerdeführende 2 bis 6) um Asyl in der Schweiz nach.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, er und seine Familie würden in G. , Belutschistan leben. Ihre Vorfahren würden aus Ostpunjab, dem heutigen Indien stammen und seien in der ersten Hälfte des

20. Jahrhunderts nach G. gezogen. Seit mehreren Jahren gebe es diverse Organisationen, welche eine feindliche Einstellung zu den punjabischen Siedlern hätten, obschon sie seit Generationen dort leben würden. Aktuell sei es zu einer Reihe von gezielten Tötungen ("target killings") von Siedlern gekommen, darunter Dozenten, Lehrer und andere Personen, die entweder aus dem indischen oder pakistanischen Punjab stammen würden. Dies habe zur Vertreibung von punjabischen Siedlern und rund 120 Dozenten respektive Universitätsprofessoren geführt. In G. würden Flugblätter verteilt, in welchen Personen mit punjabischer Herkunft angedroht werde, dass sie mit schwerwiegenden Konsequenzen zu rechnen hätten, falls sie Belutschistan nicht verlassen würden. Es sei zu verschiedenen Zwischenfällen in und um G. gekommen, und das Leben des Beschwerdeführers und seiner Familie sei nicht mehr sicher. Man würde ihnen in G. auch keinen Schutz gewähren. Aus diesen Gründen würden der Beschwerdeführer und seine Familie gerne in die Schweiz kommen, um ein friedliches Leben führen zu können.

Gleichzeitig wurden eine Aufstellung der Familienmitglieder und verschiedene Zeitungsartikel in Kopie eingereicht.

B.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2010 gab das BFM durch Vermittlung der Schweizerischen Botschaft in Islamabad den Beschwerdeführenden Gelegenheit, ihre aktuelle persönliche Situation darzulegen und allfällige neue Gesuchsgründe einzubringen. Gleichzeitig wurde ihnen mitgeteilt, dass es die Aktenlage erlaube, ohne Durchführung einer Befragung über ihr Gesuch zu entscheiden.

Die Beschwerdeführenden haben auf das Schreiben nicht geantwortet.

C.

Mit Verfügung vom 7. März 2011 verweigerte das BFM die Einreise der Beschwerdeführenden in die Schweiz und lehnte die Asylgesuche ab. Die in deutscher Sprache abgefasste Verfügung wurde den Beschwerdeführenden gemäss Bestätigung von TCS Services (Delivery Confirmation; Anhang zu Akte A9) am 15. April 2011 zugestellt.

D.

Mit Eingabe vom 18. April 2011 (Eingang Schweizerische Botschaft in Islamabad: 21. April 2011), durch die Botschaft am 10. Mai 2011 an das BFM übermittelt, ersuchten die Beschwerdeführenden um Übersetzung der vorinstanzlichen Verfügung ins Englische.

E.

Das BFM ersuchte die Botschaft mit Mail vom 8. Juni 2011 darum, den Beschwerdeführenden mitzuteilen, dass sie für die Übersetzung der vorinstanzlichen Verfügung selber besorgt sein müssten. Zudem wurde die Botschaft darum gebeten, die Beschwerdeführenden über den negativen Einreiseentscheid und die Möglichkeit einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu orientieren.

F.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2011 teilte die Schweizerische Vertretung in Islamabad den Beschwerdeführenden in englischer Sprache mit, dass sie selber für die Übersetzung der Verfügung des BFM besorgt sein müssten. Gleichzeitig wies sie auf die Beschwerdemöglichkeit hin.

G.

Mit Eingabe vom 14. Juli 2011 (Eingang Botschaft in Islamabad: 25. Juli 2011) erhoben die Beschwerdeführenden (in englischer Sprache) Beschwerde gegen die vorinstanzliche Verfügung.

H.

Mit Begleitbrief vom 29. Juli 2011 übermittelte die Schweizerische Vertretung die Beschwerde dem Bundesamt (Eingang: 8. August 2011), welches die Unterlagen dem zur Prüfung und Behandlung zuständigen Bundesverwaltungsgericht weiterleitete (Eingang: 18. August 2011).

I.

Am 15. Februar 2012 erkundigte sich das BFM auf Anfrage der zuständigen Instruktionsrichterin des Bundesverwaltungsgerichts bei der Schweizerischen Vertretung in Islamabad per E-Mail nach dem Verbleib des seinerzeitigen Begleitschreibens der Botschaft vom 11. April 2011.

J.

Die Schweizerische Vertretung übermittelte eine Kopie dieses Begleitbriefes gleichentags dem BFM (Eingang BFM: 24. Februar 2012), das diesen am 8. März 2012 dem Bundesverwaltungsgericht weiterleitete.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser - was vorliegend nicht der Fall ist - bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31];

      Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005

      [BGG, SR 173.110]).

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. Vorab ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführenden die Beschwerdefrist (vgl. Art. 50 VwVG) eingehalten haben. Dazu sind vorweg folgende Feststellungen zu machen:

      1. Aus der an die Schweizerische Vertretung in Islamabad gerichtete Eingabe der Beschwerdeführenden vom 18. April 2011 geht hervor, dass sie ein Schreiben ("letter") der Botschaft vom 11. April 2011 zusammen mit einem Brief ("letter") des BFM erhalten haben. Da Letzterer nicht in den Akten war, ersuchte die zuständige Instruktionsrichterin des Bundesverwaltungsgerichts das Bundesamt am 10. Februar 2012 telefonisch um

        dessen Zustellung. Am 8. März 2012 (Eingang) wurde es dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

        Den nun vorliegenden Unterlagen kann entnommen werden, dass die Botschaft den Beschwerdeführenden mit auf Englisch verfasstem Begleitbrief vom 11. April 2011 die Verfügung des BFM vom 7. März 2011 ("letter of the EJPD/BFM dated 07.03.2011") übermittelt hat mit der Aufforderung, den Zustellschein ("delivery slip") mit Datum und Unterschrift an die Botschaft zurückzusenden. In der Folge haben sich die Beschwerdeführenden mit Schreiben vom 18. April 2011 bei der Botschaft (Eingang: 21. April 2011) implizit nach dem Inhalt des Schreibens ("letter") des BFM vom 7. März 2011 erkundigt, indem sie deren Übersetzung beantragten. Die Eingabe wurde von der Botschaft am 10. Mai 2011 an das BFM übermittelt. In der Folge ersuchte das BFM die Botschaft mit E-Mail vom 8. Juni 2011 darum, den Beschwerdeführenden mitzuteilen, dass sie für die Übersetzung der vorinstanzlichen Verfügung selber besorgt sein müssten. Gleichzeitig wurde die Botschaft darum gebeten, die Beschwerdeführenden über den negativen Einreiseentscheid und die Möglichkeit einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu orientieren. Die Botschaft machte die Beschwerdeführenden mit auf Englisch abgefasstem Schreiben vom 24. Juni 2011 auf die Rechtsmittelbelehrung in der Verfügung des BFM aufmerksam. Schliesslich erhoben die Beschwerdeführenden mit Eingabe vom 14. Juli 2011 (Eingang Botschaft in Islamabad: 25. Juli 2011) (in englischer Sprache) Beschwerde gegen die vorinstanzliche Verfügung.

      2. Gestützt auf das soeben Erwähnte stellt sich prioritär die Frage, ob den Beschwerdeführenden die vorinstanzliche Verfügung rechtsgenüglich eröffnet wurde. Vorweg ist festzustellen, dass mit der ordnungsgemässen Zustellung die Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt; die Eröffnung ist grundsätzlich Voraussetzung für die Gültigkeit einer Verfügung (vgl. JÜRG STADELWIESER, Die Eröffnung von Verfügungen, St. Gallen 1994, S. 10). Gemäss Art. 38 VwVG darf den Parteien aus einer mangelhaften Eröffnung kein Nachteil erwachsen. Dies stellt einen allgemeinen Grundsatz des öffentlichen Prozessrechts dar, der aus dem in Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV enthaltenen Prinzip von Treu und Glauben abgeleitet wird (vgl. FELIX UHLMANN / ALEXANDRA SCHWANK, zu Art. 38 VwVG, in: Bernhard Waldmann / Philippe Weissenberger [Hrsg]: Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich, Basel, Genf, 2009, Rz. 1, S. 822; LORENZ KNEUBÜHLER, zu Art. 38 VwVG, in: Christoph Auer / Markus Müller / Benjamin Schindler [Hrsg.]: Kommentar zum Bundesgesetz über

        das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich/St. Gallen, 2008, Rz. 1, S. 527; BGE 129 II 125 E. 3.3). Das Prinzip von Treu und Glauben verschafft den Bürgerinnen und Bürgern einen Anspruch auf Schutz berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten, sofern sich dieses auf eine konkrete, die betreffende Person berührende Angelegenheit bezieht (vgl. BGE 130 I 60

        E. 8.1, 129 I 161 E. 4.1). Aufgrund des Vertrauensschutzes hat die Verwaltung insbesondere jegliche Verhaltensweise zu unterlassen, die geeignet wäre, die Betroffenen zu täuschen. Hauptsächliche Rechtsfolge des Vertrauensschutzes ist die Bindung des Staates an die geschaffene Vertrauensgrundlage. Im vorliegenden Zusammenhang bedeutet dies, dass ein Rechtsmittel trotz Mängeln - typischerweise Verspätung - als gültig anerkannt wird (vgl. KNEUBÜHLER, zu Art. 38 VwVG, a.a.O., Rz. 2, S. 527).

      3. Die mangelhafte Eröffnung umfasst alle formellen Fehler in der Ausfertigung und Bekanntgabe einer Verfügung (UHLMANN / SCHWANK, zu Art. 38 VwVG, a.a.O., Rz. 2). Welche Folge ein Eröffnungsfehler hat, lässt sich nicht generell umschreiben, sondern muss durch eine Interessenabwägung zwischen dem Rechtsschutzinteresse des von einem Mangel Betroffenen und dem Interesse an Rechtssicherheit (Gewissheit über den Eintritt der Rechtskraft) bestimmt werden. Gemäss der Rechtsprechung ist dem Rechtsschutzinteresse Genüge getan, wenn eine objektiv mangelhafte Eröffnung trotz ihres Mangels ihren Zweck erreicht. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die betroffene Person durch den gerügten Eröffnungsmangel tatsächlich irregeführt und dadurch benachteiligt worden ist (vgl. BGE 122 V 189 E. 2; BGE 122 I 97 E. 3a/aa, u.a.). Die Mangelhaftigkeit der Eröffnung hat also nur Folgen, wenn die Betroffenen deswegen erstens einem Irrtum unterliegen und wenn sie zweitens infolge dieses Irrtums einen Nachteil erleiden (vgl. ALFRED KÖLZ / ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Rz. 364,

        S. 131, 2. Auflage, Zürich, 1998; m.H.). Andererseits dürfen die Verfügungsadressatinnen und -adressaten keine Mitverantwortung an der mangelhaften Einreichung des Rechtsmittels tragen (vgl. KNEUBÜHLER, zu Art. 38 VwVG, a.a.O., Rz. 5, S. 529) und sie alles ihnen Zumutbare zur Behebung des Eröffnungsmangels ab Kenntnisnahme unternommen haben, um sich auf einen Eröffnungsfehler berufen zu können (vgl. UHLMANN / SCHWANK, zu Art. 38 VwVG, a.a.O., Rz. 8, S. 824). Es wird von einer Partei erwartet, dass sie ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Eröffnungsmangel innert zumutbarer Frist die ordnungsgemässe Eröffnung verlangt oder Beschwerde führt. Die zumutbare Frist entspricht nicht

        zwingend der Rechtsmittelfrist; vielmehr wird auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt (Urteile EVG I 565/02 vom 6. Mai 2003, E. 3.1 m.w.H., und I 598/01 vom 6. August 2002, E. 2.2). Sind diese Voraussetzungen gegeben, findet Art. 38 VwVG Anwendung (vgl. LORENZ KNEUBÜHLER, zu Art. 38 VwVG, a.a.O., Rz. 13, S. 533). Die von Art. 38 VwVG vertrauensrechtlich geschützte Disposition liegt normalerweise darin, dass eine Beschwerde nicht oder in prozessrechtlich fehlerhafter Weise eingereicht wird. Die Folge des Vertrauensschutzes muss also primär darin liegen, das mängelbehaftete Rechtsmittel als formgültig zu anerkennen.

      4. Vorliegend ist die Eröffnung der Verfügung des BFM vom 7. März 2011 mit unpräzisen Angaben im Schreiben der Botschaft vom 11. April 2011 behaftet. So bezeichnete die Botschaft die Verfügung des BFM in ihrem Begleitschreiben als "letter", was bewirkte, dass das Dokument für die Beschwerdeführenden nicht als Verfügung erkennbar war. Die Beschwerdeführenden wurden dadurch in die Irre geführt. Ob deshalb von einer mangelhaften Eröffnung der Verfügung vom 7. März 2011 auszugehen ist, kann offen bleiben. Indessen darf aufgrund der Vertrauensgrundlage, die durch das auf Englisch verfasste Schreiben der Botschaft geschaffen wurde, indem die Zustellung der Verfügung des BFM lediglich als Brief angekündigt wurde, den Beschwerdeführenden nicht zum Nachteil gereichen, dass sie diesen nicht als Verfügung erkennen konnten und so ihr Rechtsmittel verspätet einreichten. Dies umso weniger, als sie sich bereits am 18. April 2011 in einem Schreiben an die Botschaft (implizit durch das Verlangen einer Übersetzung) nach dem Inhalt des "letters" erkundigten und wohl im Vertrauen darauf, dass die Botschaft ihnen rasch eine Antwort zukommen lassen würde - was ihnen eine Beschwerdeerhebung innert Frist ermöglicht hätte -, mit weiteren Schritten zuwarteten. Folglich kann ihnen keine prozessuale Unsorgfalt vorgeworfen werden (vgl. E. 1.3.3 hievor).

Die Beschwerdeführenden haben schliesslich, nachdem ihnen die Botschaft am 24. Juni 2011 unter Hinweis auf die Rechtmittelbelehrung im letzten Paragraph sinngemäss mitgeteilt hat, dass es sich bei der Eingabe des BFM vom 7. März 2011 um eine Verfügung ("decision") handle (vgl. Bst. I und J), am 14. Juli 2011 gegen die vorinstanzliche Verfügung Beschwerde erhoben. Daraus folgt, dass die Beschwerdeeingabe (Eingang Botschaft: 25. Juli 2011) unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes als fristgerecht anzuerkennen ist.

    1. Die Beschwerdeführenden haben am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung und sind daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VwVG).

    2. Schliesslich ist festzustellen, dass die Beschwerde nicht in einer Amtssprache des Bundes abgefasst ist. Jedoch kann auf die Ansetzung einer Frist zur Beschwerdeverbesserung aus prozessökonomischen Gründen verzichtet werden, da der in Englisch verfassten Beschwerdeeingabe genügend klare Rechtsbegehren und deren Begründung zu entnehmen ist und ohne Weiteres darüber befunden werden kann.

    3. Somit ist auf die fristund - bis auf den sprachlichen Mangel - formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten (Art. 105 und Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 VwVG). Indessen ergeht der vorliegende Entscheid in deutscher Sprache (Art. 33a Abs. 2 VwVG i.V.m. Art. 6 AsylG; vgl. E. 4 hienach).

2.

Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).

3.

Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

4.

    1. Die Beschwerdeführenden ersuchen zunächst darum, den Beschwerdeentscheid in französischer Sprache abzuhandeln.

    2. Art. 33a Abs. 1 VwVG bestimmt, dass das Verwaltungsverfahren in einer der vier Amtssprachen der Schweiz (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt wird, in der Regel in der Sprache, in der die Parteien ihre Begehren gestellt haben. Dasselbe sieht Art. 54 Abs. 1 BGG (vgl. Art. 33a Abs. 2 VwVG) für das Beschwerdeverfahren vor, wobei jenes in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids geführt wird. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden.

    3. Die Entgegennahme von Beschwerden in englischer Sprache - soweit diese verständliche Anträge und Begründungen enthalten - kann sich aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigen, eine Verpflichtung dazu besteht jedoch nicht. Hinsichtlich der Verfahrensführung - und damit auch der Redaktion der Entscheide durch das BFM und das Bundesverwaltungsgericht - bestehen mit Art. 33a VwVG und Art. 54 BGG aber klare Regelungen. Der vorliegende Entscheid ist deshalb ebenfalls in deutscher Sprache zu verfassen.

5.

    1. Gemäss Art. 19 Abs. 1 AsylG kann ein Asylgesuch bei einer schweizerischen Vertretung im Ausland gestellt werden. Diese führt mit der asylsuchenden Person in der Regel eine Befragung durch. Ist dies nicht möglich, hat sie die Person aufzufordern, ihre Asylgründe schriftlich festzuhalten (Art. 10 der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 über Verfahrensfragen [AsylV 1, SR 142.311]). Neben organisatorischen oder kapazitätsmässigen Engpässen kann sich eine Befragung auch erübrigen, wenn der Sachverhalt bereits aufgrund des eingereichten Asylgesuchs als rechtsgenüglich erstellt erscheint. Diesfalls ist der asylsuchenden Person das rechtliche Gehör zu gewähren. Der Verzicht auf eine Befragung ist vom BFM zu begründen (vgl. BVGE 2007/30, E. 5).

    2. Vorliegend wurde auf die Durchführung einer Befragung durch die schweizerische Vertretung in Islamabad verzichtet (vgl. Akte A5), weil das BFM nach Prüfung der Akten zum Schluss gelangte, der entscheidrelevante Sachverhalt sei bereits aufgrund der schriftlichen Begründung der Asylgesuche und der eingereichten Beweismittel als erstellt zu erachten. Über diesen Beschluss wurden die Beschwerdeführenden mit Schreiben des BFM vom 27. Januar 2010 in Kenntnis gesetzt, wobei sie - zwecks Wahrung des rechtlichen Gehörs - vom BFM gleichzeitig zur Stellungnahme eingeladen wurden. Dabei wurde ihnen vom BFM eröffnet, dass eine Abweisung der Asylgesuche in Erwägung gezogen werde, unter gleichzeitiger Bekanntgabe der entsprechenden Gründe (kein notwendiger Schutz im asylrechtlichen Sinn). Die Beschwerdeführenden haben keine Stellungnahme eingereicht.

Vor dem Hintergrund der massgeblichen Praxis zur Behandlung von Asylgesuchen aus dem Ausland und zur Einreisebewilligung sowie unter Berücksichtigung der gesamten Aktenlage ist festzustellen, dass in vorliegender Sache auf eine Befragung der Beschwerdeführenden verzichtet

werden durfte und dass mit der Einladung zur Stellungnahme vom

27. Januar 2010 den massgeblichen verfahrensrechtlichen Anforderungen Genüge getan wurde (vgl. dazu BVGE 2007/30, E 5.6 ff.).

6.

    1. Es ist weiter zu prüfen, ob das BFM den Beschwerdeführenden zu Recht die Einreise in die Schweiz verweigert und ihre Asylgesuche abgelehnt hat, weil sie keiner Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt und damit nicht schutzbedürftig seien.

    2. Das Bundesamt kann ein im Ausland gestelltes Asylgesuch ablehnen, wenn die asylsuchenden Personen keine Verfolgung glaubhaft machen können oder ihnen die Aufnahme in einem Drittstaat zugemutet werden kann (Art. 3, Art. 7 und Art. 52 Abs. 2 AsylG). Gemäss Art. 20 Abs. 2 AsylG bewilligt das Bundesamt Asylsuchenden die Einreise zur Abklärung des Sachverhaltes, wenn ihnen nicht zugemutet werden kann, im Wohnsitzoder Aufenthaltsstaat zu bleiben oder in ein anderes Land auszureisen. Gestützt auf Art. 20 Abs. 3 AsylG kann das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement (EJPD) schweizerische Vertretungen ermächtigen, Asylsuchenden die Einreise zu bewilligen, die glaubhaft machen, dass eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben oder für die Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG bestehe. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Einreisebewilligung sind grundsätzlich restriktiv zu umschreiben, wobei den Behörden ein weiter Ermessensspielraum zukommt. Neben der erforderlichen Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG sind namentlich die Beziehungsnähe zur Schweiz, die Möglichkeit der Schutzgewährung durch einen anderen Staat, die Beziehungsnähe zu anderen Staaten, die praktische Möglichkeit und objektive Zumutbarkeit zur anderweitigen Schutzsuche sowie die voraussichtlichen Eingliederungsund Assimilationsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Ausschlaggebend ist mit anderen Worten die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Personen, mithin die Prüfung der Fragen, ob eine Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG glaubhaft gemacht wird und ob der Verbleib am Aufenthaltsort für die Dauer der Sachverhaltsabklärung zugemutet werden kann (vgl. dazu BVGE 2011/10 E.3.3).

7.

    1. Das BFM führte zur Begründung seiner Verfügung im Wesentlichen aus, der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Pakistan und lokalen

      Machthabern in der Provinz Belutschistan sei im Jahre 2006 nach dem Tod des Stammesführers Nawab Akhbar Khan Bugti, dem ehemaligen Gouverneur und Chefminister von Belutschistan eskaliert. Seither sei es seitens lokaler militanter Nationalisten regelmässig zu gezielten Übergriffen auf unbeteiligte Siedler respektive zu ihrer Ermordung gekommen, was zu Vergeltungsmassnahmen seitens der Zentralregierung geführt habe. Dabei sei der pakistanische Staat selber an der Besiedlung von Belutschistan durch Siedler aus dem Punjab, an der Besetzung von Schlüsselpositionen durch dieselben wie auch an einer Schwächung nationalistischer Bewegungen und Gruppierungen Belutschistans interessiert. Er sei grundsätzlich als schutzwillig und schutzfähig einzuschätzen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Beschwerdeführenden Übergriffe durch militante Gruppierungen und unbekannte Drittpersonen der Polizei melden könnten, und dass der pakistanische Staat seine Schutzpflicht im Rahmen des Möglichen wahrnehme. Im Einzelfall könne es zwar durchaus vorkommen, dass die Schutzgewährung unterbleibe oder nicht in ausreichendem Mass gewährt werde. Eine faktische Garantie des Schutzgewährens für langfristigen individuellen Schutz der bedrohten Personen könne nicht verlangt werden. Keinem Staat gelinge es, die absolute Sicherheit aller seiner Bürger jederzeit und überall zu garantieren. Von den in Belutschistan seitens der Zentralregierung eingesetzten Sicherheitskräften könne beispielsweise nicht erwartet werden, dass sie jeder Person, die einen gewissen Gefährdungsgrad aufweise, einen umfassenden Personenschutz zukommen lasse. Aus diesen Gründen seien die von den Beschwerdeführenden befürchteten Übergriffe seitens militanter nationalistischer Belutschen nicht einreisebeachtlich. Im Weiteren sei den Beschwerdeführenden gestützt auf die in der Verfassung Pakistans verankerte Niederlassungsfreiheit zumutbar, sich allfälligen in Zukunft befürchteten radikalen Vertreibungsmassnahmen in Belutschistan mittels Verlegung ihres Wohnsitzes in eine andere Provinz Pakistans zu entziehen, um dort ein ungestörtes Leben zu führen. Die Grundlagen für den Aufbau einer neuen Existenz ausserhalb Belutschistans sei insofern gegeben, als jedes Mitglied der Familie der Beschwerdeführenden über eine hervorragende abgeschlossene Ausbildung verfüge oder sie gerade durchlaufe, und mehrere Familienmitglieder über Berufserfahrungen verfügten. Zudem hätten sie geltend gemacht, dass sie das Geld für die Reise in die Schweiz aufbringen könnten, womit diese finanziellen Mittel auch bei der Erschaffung einer neuen Lebensgrundlage an einem anderen Ort in Pakistan zur Verfügung stehen würden.

    2. Die Beschwerdeführenden führten demgegenüber in ihrer Beschwerde aus, aufgrund der unsicheren Situation sei es für sie schwierig, in ihrem Heimatstaat weiter zu leben. Demgegenüber würde die Schweiz von ihrem hiesigen Aufenthalt profitieren.

8.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Prüfung der Akten zum Schluss, dass in den vorgebrachten Schilderungen der Beschwerdeführenden keine Asylgründe im Sinne von Art. 3 AsylG vorhanden sind. Es besteht auch keine Veranlassung, die Erwägungen des Bundesamtes zu beanstanden. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann daher vorab auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung verwiesen werden. Die Beschwerdeführenden vermögen der Argumentation der Vorinstanz auch nichts entgegenzusetzen. Vielmehr beschränken sie sich auf die Aussage, wonach die Situation in ihrem Heimatstaat unsicher und es für sie schwierig sei, dort weiter zu leben, ohne konkrete Hinweise auf irgendeinen individuell zugefügten Nachteil oder eine akute gezielte Gefahr für sie selber darzutun. Auch können den Akten keine Hinweise für eine künftige, asylrelevante Verfolgung und eine damit einhergehende, begründete Verfolgungsfurcht entnommen werden.

    2. Im Anschluss an die obgenannten Ausführungen ist zusammenfassend festzustellen, dass die Beschwerdeführenden in Pakistan nicht akut gefährdet sind. Die Schutzbedürftigkeit der Beschwerdeführenden im Sinne von Art. 20 i.V.m Art. 3 AsylG ist mithin als nicht gegeben zu qualifizieren. Die Vorinstanz hat daher zu Recht die Einreise der Beschwerdeführenden verweigert und ihre Asylgesuche abgewiesen.

9.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.

10.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten den Beschwerdeführenden aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG). Aus verwaltungsökonomischen Gründen und in Anwendung von Art. 6 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem

Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) ist im vorliegenden Falle allerdings auf die Erhebung von Verfahrenskosten zu verzichten.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das BFM und die Schweizerische Vertretung in Islamabad.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Muriel Beck Kadima Alexandra Püntener

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