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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-6348/2010

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts C-6348/2010

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-6348/2010
Datum:15.04.2011
Leitsatz/Stichwort:Invalidenversicherung (IV)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Vorinstanz; Verfügung; Rente; Bundesverwaltungsgericht; Parteien; IV-Stelle; Urteil; IV-Rente; Beschwerdeführers; Verfahrens; Bundesgericht; Richter; Folgenden:; Akten; Hinsicht; Abklärungen; Schweiz; Bundesgerichts; Parteientschädigung; Tribunal; Richterin; IV-Grad; Kinderrenten; Viertelsrente; Rechtsvertreter; Stellungnahme; Eingabe; Bundesgesetzes
Rechtsnorm: Art. 61 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:132 V 215
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

Bundesverwaltungsgericht Tribunal administratif fédéral Tribunale amministrativo federale Tribunal administrativ federal

Abteilung III C-6348/2010

Urteil vom 15. April 2011

Besetzung Richterin Franziska Schneider (Vorsitz),

Richterin Madeleine Hirsig-Vouilloz, Richter Vito Valenti, Gerichtsschreiber Roger Stalder.

Parteien A. , Spanien,

vertreten durch lic. iur. Kaspar Gehring, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

Beschwerdeführer, gegen

Zentrale Ausgleichsstelle ZAS,

Avenue Edmond-Vaucher 18, Postfach 3100, 1211 Genf 2, Vorinstanz.

Gegenstand Rentenherabsetzung.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und zieht in Erwägung,

dass sich der 1956 geborene A.

(im Folgenden:

Beschwerdeführer) am 29. Dezember 2004 bei der IV-Stelle St. Gallen (im Folgenden: IV-Stelle SG) zum Bezug von Leistungen der schweizerischen Invalidenversicherung (IV) in Form einer Rente angemeldet hat,

dass die IV-Stelle SG dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 6. Juni 2006 bei einem Invaliditätsgrad (im Folgenden: IV-Grad) von 100 % mit Wirkung ab 1. Januar 2005 eine ordentliche Invalidenrente (samt Kinderrenten) zugesprochen hat,

dass die entsprechenden Verfügungen am 4. und 10. August 2006 erlassen worden und unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind,

dass der Beschwerdeführer sich beim zuständigen Einwohneramt per

29. Dezember 2006 abgemeldet hat und nach Spanien ausgereist ist,

dass die IV-Stelle SG von Amtes wegen im März 2007 eine Rentenrevision eingeleitet und die Akten am 25. April 2007 zuständigkeitshalber an die IV-Stelle für Versicherte im Ausland (im Folgenden: IVSTA oder Vorinstanz) überwiesen hat,

dass die Vorinstanz das von der IV-Stelle SG eingeleitete Revisionsverfahren weitergeführt und - nach Vorliegen der bidisziplinären Verlaufsbegutachtungsergebnisse und durchgeführtem Vorbescheidverfahren - mit Verfügung vom 12. August 2009 die laufende ganze IV-Rente ab 1. Oktober 2009 durch eine Viertelsrente (IV-Grad: 45 %) ersetzt hat,

dass der Beschwerdeführer hiergegen, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Gehring, am 7. September 2009 seine Einwendungen hat vorbringen lassen,

dass die Vorinstanz dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am

28. September 2009 eine Fristverlängerung zur Einreichung einer Stellungnahme zum Vorbescheid vom 12. Juni 2009 bis 30. Oktober 2009 gewährt und zudem mitgeteilt hat, dass die Verfügung vom 12. August 2009 zweifellos unrichtig gewesen sei und daher in Wiedererwägung gezogen werde,

dass die Vorinstanz - nachdem sie am 2. November 2009 Kenntnis der Eingabe des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 30. Oktober 2009 erlangt hat - mit Datum vom 5. Juli 2010 eine weitere Verfügung erlassen und den Anspruch des Beschwerdeführers auf berufliche Eingliederungsmassnahmen sowie Kostenübernahme der Reisekosten für den Sohn abgewiesen und die laufende ganze IV-Rente ab

1. September 2010 durch eine Viertelsrente (IV-Grad: 45 %) ersetzt hat,

dass der Beschwerdeführer hiergegen durch seinen Rechtsvertreter mit Eingabe vom 6. September 2010 beim Bundesverwaltungsgericht hat Beschwerde erheben lassen,

dass gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) beurteilt, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt,

dass die IVSTA als Vorinstanz gemäss Art. 33 Bst. d VGG zu gelten hat und vorliegend keine Ausnahme von der Zuständigkeit auszumachen ist (vgl. auch Art. 69 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung [IVG, SR 831.20]), so dass das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig ist,

dass die übrigen Prozessvoraussetzungen ohne Zweifel erfüllt sind,

dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde vom 6. September 2010 ein von Dr. med. B. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, am 1. September 2010 erstelltes psychiatrisches Gutachten hat einreichen und beantragen lassen, die Verfügung vom

5. Juli 2010 sei insoweit aufzuheben, als dass die bis anhin ausgerichtete ganze IV-Rente (inkl. Kinderrenten) per 1. September 2010 auf eine Viertelsrente reduziert worden sei; es seien ihm die gesetzlichen Leistungen zu gewähren, insbesondere sei auch nach dem 1. September 2010 weiterhin die ganze IV-Rente (inkl. Kinderrenten) auszurichten,

dass der Beschwerdeführer überdies hat beantragen lassen, eventualiter seien in somatischer und psychiatrischer Hinsicht zusätzliche medizinische Abklärungen vorzunehmen und es seien die Reisespesen für den Sohn zu erstatten,

dass die Vorinstanz - nach Vorliegen einer Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes vom 10. Januar 2011 - in ihrer Vernehmlassung vom

13. Januar 2011 beantragt hat, die Beschwerde sei, was die Frage des Rentenanspruches betreffe, in dem Sinn teilweise gutzuheissen, als dass die Akten zur Ergänzung durch ein rheumatologisches Gutachten und zum anschliessenden Erlass einer neuen Verfügung zurückzuweisen seien,

dass die Vorinstanz zusätzlich beantragt hat, hinsichtlich des Antrags auf Erstattung der Reisespesen für den Sohn des Versicherten sei die Beschwerde abzuweisen,

dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Replik vom 25. März 2011 an seinen beschwerdeweise gestellten Anträgen hat festhalten lassen,

dass der Vorinstanz ein Doppel dieser Eingabe samt Beilagen zusammen mit dem vorliegenden Entscheid zuzustellen ist,

dass hinsichtlich der Aufhebung der Verfügung vom 5. Juli 2010 und des Eventualbegehrens, es seien in somatischer Hinsicht zusätzliche medizinische Abklärungen vorzunehmen, von einer übereinstimmenden Auffassung der Parteien, welcher sich das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der geltenden Sachund Rechtslage anschliessen kann, auszugehen ist,

dass betreffend das eventualiter gestellte Rechtsbegehren, es seien auch in psychischer Hinsicht zusätzliche medizinische Abklärungen vorzunehmen, festzustellen ist, dass die bidisziplinäre Verlaufsbegutachtung vom 2. April 2009 datiert und im Zeitpunkt des Erlasses der neuen Verfügung mangels Aktualität beweisrechtlich nicht mehr vorbehaltlos verwertet werden kann und ferner beschwerdeweise am 6. September 2010 ein psychiatrisches Gutachten vom Psychiater

und Psychotherapeuten Dr. med. B. eingereicht worden ist,

vom 1. September 2010

dass aus diesen Gründen sowie aufgrund des Umstands, dass es sich gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung beim Zusammenwirken von physischen und psychischen Beschwerden nicht rechtfertigt, die somatischen und psychischen Befunde isoliert zu betrachten, eine umfassende interdisziplinäre Begutachtung des Beschwerdeführers - vorzugsweise in der Schweiz in einer hierfür spezialisierten

Abklärungsstelle der IV - durchzuführen ist (vgl. Urteil 8C_168/2008 des Bundesgerichts vom 11. August 2008 E. 6.2.2 mit Hinweisen),

dass die Beschwerde demnach insofern gutzuheissen ist, als dass die angefochtene Verfügung vom 5. Juli 2010 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen ist mit der Anweisung (Art. 61 Abs. 1 VwVG), vor Erlass der neuen Verfügung der Abklärungspflicht gemäss Art. 43 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1) nachzukommen und - in teilweiser Abweichung der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 10. Januar 2011 - nicht bloss eine rheuma-tologische, sondern eine multidisziplinäre Begutachtung in somatischer und psychiatrisch-neuropsychologischer Hinsicht in die Wege zu leiten,

dass aufgrund der medizinischen Akten keine medizinische Notwendigkeit einer Begleitung des Beschwerdeführers durch seinen Sohn bestanden hat und es überdies im Ermessen von medizinischen Gutachterinnen oder Gutachter liegt, ob - nicht zwingend erforderliche - fremdanamnestische Angaben einzuholen sind oder nicht (vgl. Urteile 9C_482/2010 und 9C_762/2010 des Bundesgerichts vom 21. September und 19. Oktober 2010, E. 4.1 und 3.1 mit weiteren Hinweisen),

dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einwendungen vom

30. Oktober 2009 hat ausführen lassen, dass die Einholung von drittanamnestischen Angaben unter anderem bei Familienmitgliedern nötig gewesen und die notwendige Befragung des Sohnes, welcher zur Zeit der Begutachtung in der Schweiz gewesen sei, ohne Mehraufwand möglich gewesen sei,

dass im Übrigen auch unter der Voraussetzung, dass der Sohn extra als Begleitperson seines Vaters in die Schweiz gereist ist, der beschwerdeweise gestellte Antrag auf Erstattung der Reisespesen mangels medizinischer Notwendigkeit einer Begleitperson abzuweisen wäre,

dass, soweit die beantragte Weiterausrichtung einer ganzen IV-Rente über den 1. September 2010 hinaus betreffend, die Beschwerde ebenfalls abzuweisen ist,

dass die Vorinstanz während der Dauer des zusätzlich erforderlichen Abklärungsverfahrens die Rente nicht auszurichten hat (vgl. Urteil

8C_451/

2010 des Bundesgerichts vom 11. November 2010, E. 2. ff.),

dass bei diesem Ausgang des Verfahrens keine Verfahrenskosten zu erheben sind (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG; vgl. auch BGE 132 V 215 E.

6.1),

dass bei diesem Verfahrensausgang dem Beschwerdeführer eine von der Vorinstanz zu entrichtende, reduzierte Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 64 Abs. 1 und 2 VwVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]),

dass die Parteientschädigung gemäss Art. 14 Abs. 2 VGKE mangels einer Kostennote aufgrund der Akten zu bestimmen ist,

dass vorliegend - unter Berücksichtigung des teilweisen Obsiegens, des gebotenen und aktenkundigen Aufwands, der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des vorliegend zu beurteilenden Verfahrens sowie in Anbetracht der in vergleichbaren Fällen gesprochenen Entschädigungen - eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.- (inkl. Auslagen, ohne Mehrwertsteuer [vgl. Art. 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 2 VGKE {Stundenansatz für Anwälte/Anwältinnen mindestens Fr. 200.- und höchstens Fr. 400.- und für nichtanwaltliche Vertreter und Vertreterinnen mindestens Fr. 100.- und höchstens Fr. 300.-} resp. Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 des

Mehrwertsteuergesetzes vom 2. September 1999 [MWSTG, SR 641.20]) gerechtfertigt ist,

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Ein Doppel der Replik vom 25. März 2011 wird samt Beilagen der Vorinstanz zugestellt.

2.

Die Beschwerde wird insofern gutgeheissen, als dass die angefochtene Verfügung vom 5. Juli 2010 aufgehoben und die Sache mit der Anweisung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, im Rahmen der neu zu erlassenden Verfügung der ihr obliegenden gesetzlichen

Abklärungspflicht nachzukommen und weitere medizinische Abklärungen im Sinne der Erwägungen durchzuführen. Soweit weitergehend wird die Beschwerde abgewiesen.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.

Dem Beschwerdeführer wird für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'000.- zu Lasten der Vorinstanz zugesprochen.

5.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. ; Einschreiben; Beilage: Doppel der Replik vom 25. März 2011 samt Beilagen)

  • das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Franziska Schneider Roger Stalder

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in

öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss den Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) gegeben sind. Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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