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Bundesverwaltungsgericht Urteil BVGE 2011/61

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:BVGE 2011/61
Datum:09.09.2011
Leitsatz/Stichwort:Krankenversicherung (Übriges)
Schlagwörter : Pflege; Bundes; Tarif; Übergang; Übergangs; Pflegeleistungen; Pflegefinanzierung; Kranken; Beschwerde; Bundesverwaltungsgericht; Bundesrat; Versicherung; Stimmungen; Recht; Kantons; Übergangsbestimmung; Beiträge; Kantonsregierung; Neuordnung; Regel; Verordnung; Regelung; Kantonsregierungen; Kommentar; Gangsfrist; Rahmentarife; Übergangsfrist; Übergangsbestimmungen; Finanzierung
Rechtsnorm: Art. 25 KVG ; Art. 39 KVG ; Art. 42 KVG ; Art. 43 KVG ; Art. 46 KVG ; Art. 47 KVG ; Art. 49 Or; Art. 51 KVG ; Art. 53 KVG ; Art. 62 ATSG ; Art. 89 KVG ; Art. 90 KVG ;
Referenz BGE:126 V 344; 129 V 1; 131 V 133; 132 III 470; 132 V 299; 134 V 182; 134 V 443; 136 V 216; ;
Kommentar zugewiesen:
OLIVER ZIBUNG, Praxiskommentar VwVG, Zürich, 2009
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Hardy Landolt;
Entscheid
61

Auszug aus dem Urteil der Abteilung III

i. S. santésuisse gegen Regierungsrat des Kantons Zürich

C-4131/2010 vom 9. September 2011

Obligatorische Krankenpflegeversicherung. Neuordnung der Pflegefinanzierung. Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Kantonsregierung im Bereich Pflegefinanzierung. Grundsatzurteil.
Art. 25a, Art. 53 KVG. Abs. 2 UeB zum Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die Neuordnung der Pflegefinanzierung. Art. 31, Art. 33 Bst. i VGG. Art. 5 VwVG. Art. 33 Bst. i KVV. Art. 7a KLV.
  1. Neuordnung der Pflegefinanzierung ab 1. Januar 2011. Festsetzung einheitlicher Pflegetarife für die ganze Schweiz durch das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), unter Vorbehalt einer Übergangsfrist. Wegfall der Genehmigungsund Festsetzungszuständigkeit der Kantonsregierungen (E. 5.1-5.4 und 6.1).
  2. In der Übergangszeit (01.01.2011 bis 31.12.2013) haben die Kantonsregierungen die Angleichung der bisherigen kantonalen Pflegetarife an die EDI-Tarife zu regeln. Ihre Beschlüsse betreffend Tarifangleichung sind nicht beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (E. 6.4 ff.).
Assurance obligatoire des soins. Nouveau régime de financement des soins. Voie de recours contre les décisions du gouvernement cantonal en matière de financement des soins. Arrêt de principe.
Art. 25a, art. 53 LAMal. Al. 2 de la disposition transitoire de la loi fédérale du 13 juin 2008 sur le nouveau régime de financement des soins. Art. 31, art. 33 let. i LTAF. Art. 5 PA. Art. 33 let. i OAMal. Art. 7a OPAS.
  1. Nouveau régime de financement des soins à partir du 1er janvier 2011. Etablissement de tarifs des soins uniformes pour la Suisse entière par le Département fédéral de l'intérieur (DFI), assorti d'un délai de transition. Les gouvernements cantonaux n'ont plus compétence pour approuver et établir les tarifs (consid. 5.1-5.4 et 6.1).
  2. Pendant la période transitoire (du 01.01.2011 au 31.12.2013), il incombe aux gouvernements cantonaux de régler l'alignement
des tarifs des soins cantonaux en vigueur sur les tarifs du DFI. Leurs décisions relatives à cette adaptation des tarifs ne sont pas susceptibles de recours devant le Tribunal administratif fédéral (consid. 6.4 ss).
Assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie. Nuovo ordinamento del finanziamento delle cure. Impugnabilità delle decisioni del governo cantonale in materia di finanziamento delle cure. Sentenza di principio.
Art. 25a, art. 53 LAMal. Cpv. 2 delle Disposizioni transitorie alla modifica introdotta dalla legge federale del 13 giugno 2008 concernente il nuovo ordinamento del finanziamento delle cure. Art. 31, art. 33 lett. i LTAF. Art. 5 PA. Art. 33 lett. i OAMal. Art. 7a OPre.
  1. Nuovo ordinamento del finanziamento delle cure in vigore dal 1o gennaio 2011. Fissazione di tariffe unitarie a livello nazionale da parte del Dipartimento federale dell'interno (DFI), salvo per il previsto periodo transitorio. Soppressione della competenza dei governi cantonali in materia di fissazione e approvazione delle tariffe (consid. 5.1-5.4 e 6.1).
  2. Nel periodo transitorio (ossia dal 01.01.2011 al 31.12.2013), i governi cantonali devono disciplinare l'adattamento delle tariffe cantonali vigenti per le cure alle tariffe fissate dal DFI. Le decisioni dei governi cantonali in merito all'adattamento delle tariffe non sono impugnabili dinanzi al Tribunale amministrativo federale (consid. 6.4 segg.).

Mit Beschluss vom 28. April 2010 legte der Regierungsrat des Kantons Zürich (nachfolgend: Regierungsrat oder Vorinstanz) fest, dass die auf Ende 2010 geltenden Tarife und Tarifmodalitäten zur Abgeltung der Pflegepflichtleistungen durch die Krankenversicherer für das Jahr 2011 für alle Leistungserbringer von Pflegeleistungen im Sinne von Art. 25a Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10) in der Fassung vom 13. Juni 2008 unverändert gelten. Dabei berief er sich auf Abs. 2 der UeB zum Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die Neuordnung der Pflegefinanzierung (AS 2009 3520).

Am 7. Juni 2010 erhob santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer (nachfolgend: santésuisse oder Beschwerdeführerin), gegen diesen Regierungsratsbeschluss Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragte, der Regierungsratsbeschluss sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese im Sinne der gerichtlichen Erwägungen a) per 1. Januar 2011 die für die Einführung der in der revidierten Krankenpflege-Leistungsverordnung vorgegebenen neuen Tarifstrukturen erforderlichen Bestimmungen erlasse; b) die zugehörigen Vergütungsansätze so bestimme, dass die Summe der Beiträge aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an die Pflegeleistungen ausgehend vom heutigen Niveau in vier Schritten per

1. Januar 2011, 1. Januar 2012, 1. Januar 2013 und 1. Januar 2014 linear auf das dannzumal bundesrechtlich vorgegebene Niveau reduziert wird;

c) die Vergütungsansätze für die Entschädigung von Pflichtleistungen nach dem System RAI/RUG so reduziere, dass der in der bisherigen Rechtsgrundlage vorgesehen gewesene Taxaufschlag für paritätisches Controlling eliminiert ist.

Mit Vernehmlassung vom 14. Juli 2010 beantragte die Vorinstanz, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie vollumfänglich abzuweisen; ausserdem sei der Beschwerde bis zur rechtskräftigen Erledigung des vorliegenden Verfahrens die aufschiebende Wirkung zu entziehen.

Mit Beschluss vom 15. Juli 2010 trat das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, bei welchem santésuisse ebenfalls Beschwerde gegen den angefochtenen Regierungsratsbeschluss erhoben hatte, auf diese Beschwerde nicht ein und überwies die Sache an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Preisüberwachung (PUE) reichte am 1. September 2010 eine Stellungnahme ein, das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine solche am

1. Oktober 2010.

Mit Zwischenverfügung vom 17. Dezember 2010 entzog das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung.

Das Bundesverwaltungsgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.

Aus den Erwägungen:

3.
    1. Zum Anfechtungsgegenstand ist anzumerken, dass der angefochtene Regierungsratsbeschluss lediglich den Zustand für das Jahr 2011 regelt und eine Regelung für die folgenden Jahre ausdrücklich vorbehält. Santésuisse beantragt allerdings nicht nur eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuem Entscheid für das Jahr 2011, sondern auch für die Jahre 2012 und 2013. Die Verfügung als Anfechtungsgegenstand bildet den Rahmen und die Begrenzung des Streitgegenstandes im Beschwerdeverfahren. Rechtsbegehren, die ausserhalb der in der Verfügung geregelten Rechtsverhältnisse liegen, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. unter anderem FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 46; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Ver-

      waltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 404 und 611 ff.; RENÉ RHINOW/HEINRICH KOLLER/ CHRISTINA KISS/DANIELA THURNHERR/DENISE BRÜHL-MOSER, Öffentli-

      ches Prozessrecht, 2. Aufl., Basel 2010, Rz. 988 ff.; ANDRÉ MOSER/ MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, S. 25 f. Rz. 2.7 f., je mit weiteren Hinweisen).

    2. Soweit santésuisse nicht nur die Tariffestlegung für das Jahr 2011 anficht, sondern auch die Rückweisung zum Entscheid über eine Regelung für die Jahre 2012 und 2013 beantragt, geht ihre Beschwerde über das im angefochtenen Beschluss Geregelte hinaus, weshalb diesbezüglich bereits aus diesem Grund auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.

  1. Zu prüfen ist nachfolgend, ob santésuisse zu Recht von einer Anfechtbarkeit des Regierungsratsbeschlusses Nr. 652 vom 28. April 2010 ausgegangen ist.

    1. Einleitend ist der rechtliche Rahmen, in welchem der angefochtene Regierungsratsbeschluss ergangen ist, aufzuzeigen. Dabei ist zunächst die materielle und formelle Rechtslage vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008 über die Neuordnung der Pflegefinanzierung (AS 2009 3518 f.) am 1. Januar 2011 (vgl. E. 4.2), dann die Stossrichtung und Entwicklung der Revision (vgl. insbes. E. 4.3) und weiter die Rechtslage nach Inkrafttreten der Neuordnung (vgl. E. 5) darzulegen. Anschliessend ist zu prüfen, was aufgrund der Übergangsbestimmungen im Rahmen der vom Gesetzgeber eingeräumten Übergangsfrist von drei Jahren gilt (vgl. E. 6).

    2. Die Rechtslage betreffend Pflegetarife bis zum 31. Dezember 2010 stellte sich wie folgt dar (die Verweise auf Gesetzesund Verordnungsbestimmungen beziehen sich hier - soweit nicht anders vermerkt - auf die jeweils am 31. Dezember 2010 geltenden Fassungen; vgl. zum Ganzen auch BVGE 2010/23 E. 2.5):

      1. Der Umfang der zu entschädigenden Pflegeleistungen war wie folgt geregelt: Gemäss Art. 24 KVG übernahm die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) die Kosten für die in Art. 25 bis Art. 31 KVG aufgezählten Leistungen. Diese umfassten namentlich die Pflegemassnahmen, die ambulant, bei Hausbesuchen, stationär oder in einem Pflegeheim von Ärzten oder Ärztinnen, Chiropraktoren und Chiropraktorinnen und von Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin Leistungen erbringen, durchgeführt wurden (Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG). Die zu finanzierenden Pflegemassnahmen waren in Art. 7 der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 1995 (KLV, SR 832.112.31) umschrieben und umfassten Abklärungs-, Beratungs-, Untersuchungs-, Behandlungsund Grundpflegemassnahmen. Leistungserbringer dieser Pflegemassnahmen waren gemäss Art. 59a der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV, SR 832.102) und Art. 7 Abs. 1 KLV: Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (Art. 49 KVV), Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause (Art. 51 KVV) und Pflegeheime (Art. 39 Abs. 3 KVG). Beim Aufenthalt in einem Pflegeheim vergütete der Versicherer die gleichen Leistungen wie bei ambulanter Krankenpflege und bei Krankenpflege zu Hause. Er konnte mit dem Pflegeheim pauschale Vergütungen vereinbaren. Die Abs. 7 und 8 von Art. 49 KVG waren sinngemäss anwendbar (vgl. Art. 50 KVG). Von den in Art. 7 KLV aufgezählten Pflegeleistungen zu Lasten der OKP sind die sogenannten Hotelleriekosten (Aufenthalt und Verpflegung) zu unterscheiden und die Kosten für die sonstige Betreuung, welche alle nicht der Grundversicherung auferlegt werden konnten (vgl. BVGE 2010/23 E. 2.5) und auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden.

      2. Die Pflegetarife wurden von den Tarifpartnern vereinbart und von den Kantonsregierungen genehmigt beziehungsweise subsidiär durch die Kantonsregierungen hoheitlich festgelegt (vgl. Art. 43 Abs. 4, Art. 46 und Art. 47 KVG, insbes. i. V. m. Art. 50 KVG). Dabei kamen unterschiedliche Pflegebedarfsermittlungssysteme zur Anwendung (namentlich die Systeme « BESA » [Bewohnerinnen-Einstufungsund Abrechnungssystem], « RAI » [Resident Assessment Instrument] und

        « PLAISIR » [Planification Informatisée des Soins Infirmiers Requis en milieux des soins]; vgl. CLAUDIO ZOGG, Wer zahlt die Pflege? Die neue Pflegefinanzierung, in: Sozialalmanach, Das Caritas-Jahrbuch zur sozia-

        len Lage der Schweiz, Luzern 2011, S. 94 und Fn. 16). Bei der Berechnung der Tarife für die Pflegeleistungen der obligatorischen Grund-

        versicherung mussten die (Tarif-)Grundsätze des KVG berücksichtigt

        werden. Ausserdem mussten sich die Leistungserbringer an die vertraglich oder behördlich festgelegten Tarife und Preise halten und durften für Leistungen nach diesem Gesetz keine weitergehenden Vergütungen berechnen (Tarifschutz, vgl. Art. 44 KVG).

        Der per 1. Januar 1998 eingefügte Art. 59a KVV sah neu vor, dass das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) Rahmentarife für die Leistungen nach Art. 7 KLV festlegen konnte, wenn die Kostenberechnungen für diese Leistungen der Krankenschwestern und Krankenpfleger (Art. 49 KVV), der Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause (Art. 51 KVV) oder der Pflegeheime (Art. 39 Abs. 3 KVG) ungenügend waren. Per 1. Januar 2001 wurde mit Art. 104a KVG nachträglich eine gesetzliche Basis für die bereits erfolgte Festlegung solcher Rahmentarife geschaffen. Gemäss diesen Rahmentarifen erfolgte - solange die Leistungserbringer nicht über eine einheitliche Kostenstellenrechnung gemäss Art. 49 Abs. 6 und Art. 50 KVG verfügten - die Vergütung der Heimpflegeleistungen pro Tag, unterteilt in vier Pflegebedarfsstufen, welche von leichter bis zu schwerer Pflegebedürftigkeit reichten (vgl. Art. 9a Abs. 2 KLV [in den vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassungen], AS 2009 6849). Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause sowie Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner wurden nach Rahmentarifen pro Stunde vergütet (Art. 9a Abs. 1 KLV [in den vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassungen], AS 2009 6849; vgl. auch Botschaft vom 16. Februar 2005 zum Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung [BBl 2005 2060, nachfolgend: Botschaft zur Pflegefinanzierung]). Die Rahmentarife dienten dazu, die Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit der Leistungsvergütung nach Art. 32 KVG sicherzustellen und eine Kosteneindämmung in der obligatorischen Krankenversicherung zu bewirken (vgl. Art. 59a Abs. 2 KVV und Krankenund Unfallversicherung Rechtsprechung und Verwaltungspraxis [RKUV] 4/2006 E. 7.2.2 S. 267). Die Rahmentarife stellten eine Einschränkung der Tarifautonomie der Tarifpartner und des Ermessens der Kantonsregierungen im bisherigen

        Tarifbildungsprozess dar. Sie sollten ursprünglich nur so lange zur Anwendung gelangen, bis die Leistungserbringer im Pflegebereich die verordnungsrechtlich geforderten Transparenzinstrumente einführten, welche als Grundlage für die Bestimmung der Kosten und Leistungen der stationären, teilstationären, ambulanten und Langzeitbehandlungen zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dienten (Art. 2 der Verordnung vom 3. Juli 2002 über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversicherung [VKL, SR 832.104]; vgl. auch Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 69.100 E. 2.6.1). Die transparent ausgewiesenen Pflegekosten gemäss KVG sollten vollumfänglich der OKP auferlegt werden können. Dabei blieb der Tarifschutz gemäss Verordnung ausdrücklich gewährleistet (Art. 9a Abs. 3 KLV [in den vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassungen], AS 2009 6849; vgl. auch VPB 69.100 E. 2.5.3; RKUV 5/2001, S. 471 [separat publiziert unter < http://www.bag.admin.ch > Themen > Krankenversicherung > Rechtsund Vollzugsfragen > Rechtsprechung [RKUV], E. II.10.3, zuletzt besucht am 28. Juni 2011; Urteil des Bundesgerichts 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2; THOMAS GÄCHTER, Die Finanzierung von Pflegeheimaufenthalten: Grundprobleme, Entwicklungen und Gefahren, in: Peter Breitschmid/Thomas Gächter [Hrsg.], Rechtsfragen zum Heimaufenthalt und dessen Finanzierung, Zürich/St. Gallen 2010, S. 4, je mit weiteren Hinweisen). In seiner Rechtsprechung zu den Rahmentarifen erachtete der Bundesrat diese Rahmentarife allerdings nicht für absolut verbindlich, sondern als blosse Richtlinien (vgl. insbes. RKUV 5/2005

        1. 6.1 S. 343) und erlaubte in Einzelfällen ausnahmsweise auch bei nicht gänzlicher Kostentransparenz die Überschreitung der Rahmentarifobergrenzen (vgl. RKUV 5/2001 E. 8.3.2, RKUV 5/2005 E. 9.1 S. 349,

          RKUV 4/2006 E. 6.1 S. 260, je mit weiteren Hinweisen).

          Am 8. Oktober 2004 nahm das Parlament eine Übergangsbestimmung in das KVG auf, die Folgendes vorsah (vgl. AS 2004 4375): Bis zum Inkrafttreten einer neuen Regelung für die Kostenübernahme der Leistungen der Krankenpflege zu Hause, ambulant oder im Pflegeheim dürfen in Abweichung von Art. 25 Abs. 2 Bst. a KVG die aufgrund von Art. 104a KVG vom EDI festgesetzten Rahmentarife nicht überschritten werden. Vorbehalten sind dabei diejenigen Tarife und Tarifverträge, die am 1. Januar 2004 bereits die Rahmentarife überschritten haben. Sie werden auf der am 1. Januar 2004 geltenden Höhe begrenzt. Vorbehalten bleiben die vom EDI vorgenommenen Anpassungen an die Teuerungsentwicklung gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise. Die Übergangsbestimmung wurde als dringlich erklärt und für den Zeitraum vom

          1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 in Kraft gesetzt. Der Bundesrat hielt in seiner dazugehörigen Botschaft fest, dass damit der anstehenden Neuordnung der Pflegefinanzierung nicht vorgegriffen werden solle. Die Pflegetarife müssten eingefroren werden, bevor die Erfüllung der Trans-

        parenzvorschriften zu einer vollen Kostenübernahme durch die Versicherer - und damit zu einem Prämienschub führe (vgl. Botschaft zur

        Pflegefinanzierung, BBl 2004 4260, 4271, 4284, 4290; vgl. auch

        RUDOLF LUGINBÜHL, Die Bedeutung der KVG-Tarife und des Tarifschutzes bei Heimaufenthalt, in: Peter Breitschmid/Thomas Gächter [Hrsg.], Rechtsfragen zum Heimaufenthalt und dessen Finanzierung, Zürich/St. Gallen 2010, S. 94). Damit verbot der Gesetzgeber als Massnahme zur Kosteneindämmung in der OKP bis zur Neuregelung der Pflegefinanzierung ein Überschreiten der Rahmentarife - unabhängig von der Erfüllung der Anforderungen an die Kostentransparenz. Der Bundesrat passte seine Rechtsprechung für den Zeitraum ab 1. Januar 2005 dahingehend an, als er eine neue Überschreitung der Rahmentarife nun als gänzlich unzulässig erachtete (vgl. RKUV 5/2005 E. 6.1 S. 343, RKUV 4/2006 E. 6.1, 7.2.2 f. S. 260, RKUV 4/2006 E. 5.3.2 S. 279). Die

        Übergangsbestimmung stellte somit eine zusätzliche Einschränkung der bisherigen Tarifautonomie der Tarifpartner und des Ermessens der Kantonsregierungen und der Beschwerdeinstanz (Bundesrat, später Bundesverwaltungsgericht) dar. Das Parlament verlängerte die zeitliche Geltung der Übergangsbestimmung am 20. Dezember 2006 bis zum 31. Dezember 2008 (AS 2006 5767 f.; vgl. auch BBl 2006 7555 ff.). Der Tarifschutz sollte aber weiterhin Anwendung finden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2). Eine erneute Verlängerung bis zum Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung erfolgte hingegen, unter der Annahme, dass auch nach Wegfall der Einfrierung der Rahmentarife ein Überschreiten derselben unwahrscheinlich sei, nicht (vgl. Amtliches Bulletin der Bundesversammlung [AB] 2006 N 1362, 1685; vgl. auch das Dokument des BAG vom 10. Juni 2009 « Änderungen und Kommentar im Wortlaut zur Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV] - Vorgesehene Änderungen per 1. August 2009 [andere Änderungen] und 1. Juli 2010 [Pflegefinanzierung], Bern, 10. Juni 2009 », S. 3 f. [unter < http://www.bag.admin.ch

        > Themen > Krankenversicherung > Revisionen der Krankenversicherung > Änderungen und Kommentare im Wortlaut > nächste Meldungen, zuletzt besucht am 28. Juni 2011, nachfolgend: KVV-Kommentar Pflegefinanzierung).

      3. Im Sinne eines Zwischenresultats ist somit festzuhalten, dass für die gemäss KVG zu entschädigenden Pflegeleistungen für den Zeitraum vor Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung einerseits die Pflegetarife von den Tarifpartnern vereinbart und von den Kantonsregierungen genehmigt beziehungsweise subsidiär durch die Kantonsregierungen behördlich festgelegt wurden. Andererseits legte das EDI Rahmentarife fest, welche ab dem 1. Januar 1998 (als Richtlinien) zu berücksichtigen waren und vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 auf keinen Fall überschritten werden durften. Gegen die Beschlüsse der Kantonsregierungen betreffend Genehmigung oder behördliche Festsetzung von Pflegetarifen konnte bis zum 31. Dezember 2006 Beschwerde an den Bundesrat, ab 1. Januar 2007 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht geführt werden (vgl. einerseits Art. 53 KVG in der bis

31. Dezember 2006 geltenden Fassung [AS 2008 2049]; vgl. andererseits Art. 34 des Verwaltungsgerichtsgesetzes in der vom 1. Januar 2007 bis

31. Dezember 2008 geltenden Fassung [AS 2008 2049] bzw. Art. 53 und Art. 90a Abs. 2 KVG in den seit 1. Januar 2009 geltenden Fassungen [AS 2006 2197, AS 2008 2049]).

4.3
      1. Vor diesem Hintergrund zeigte sich in Bezug auf die Pflegefinanzierung ein steigender Handlungsbedarf. Insbesondere deckte die OKP je länger desto weniger - nicht zuletzt aufgrund der (auch) als Kostenbremse gedachten Rahmentarife - die gesamten unter das KVG fallenden Pflegeleistungen ab und wurde der Tarifschutz in der Praxis nicht voll umgesetzt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_864/2010 vom

        24. März 2011 E. 4.2). So hoben der Bundesrat und das Eidgenössische Versicherungsgericht in ihrer Rechtsprechung zwar die absolute Geltung des Tarifschutzes zu Gunsten der Versicherten im Bereich der Pflegekosten hervor, gestanden zugleich aber ein, dass die OKP-Leistungen allenfalls nicht die gesamten Pflegekosten gemäss KVG deckten und die entsprechende Lücke durch Dritte (namentlich die Kantone bzw. die Gemeinden, allenfalls die Leistungserbringer selbst) zu übernehmen seien (vgl. VPB 69.100 E. 2.5.3; RKUV 5/2001 E. II.10.3, II.10.5,

        RKUV 5/2005 E. 10 S. 351; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 2P.371/1997 vom 24. Juli 2000 E. 6.c.bb, je mit weiteren Hinweisen). In seiner Botschaft der Pflegefinanzierung (BBl 2005 2033 ff.) ging der Bundesrat - unter Berücksichtigung der von den versicherten Personen bereits getragenen Kosten - von einem Kostendeckungsgrad von rund 75 % aus (BBl 2005 2080, 2082). In den Parlamentsdebatten wurde der bisherige Kostendeckungsgrad der OKP auf 50 bis 60 %

        geschätzt (vgl. Voten Ständerätin Erika Forster-Vannini AB 2006 S 643, Ständerätin Anita Fetz AB 2006 S 644, Ständerätin Christiane Langenberger AB 2006 S 647, Nationalrätin Ruth Humbel Näf AB 2007 N 1106).

      2. Der Bundesrat verfolgte mit der vorgeschlagenen Neuordnung der Pflegefinanzierung zwei Reformziele: Einerseits solle die sozialpolitisch schwierige Situation bestimmter Gruppen pflegebedürftiger Personen entschärft werden, zum anderen gehe es darum, die Krankenversicherung, welche im geltenden System zunehmend altersbedingte Pflegeleistungen übernehme, finanziell nicht zusätzlich zu belasten (Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2034; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen).

        Zur Einschränkung der finanziellen Belastung der Krankenversicherung sah der Bundesrat ein Modell vor, wonach die OKP einerseits die Kosten für jene medizinischen Massnahmen voll vergüten würde, welche ein therapeutisches oder palliatives Ziel zur Behandlung einer Krankheit verfolgen (Behandlungspflege), wobei sich die Vergütung nach den geltenden krankenversicherungsrechtlichen Tarifgrundsätzen richten sollte. Andererseits solle die OKP an die auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ausgerichtete Grundpflege (lediglich) einen Beitrag entrichten. Dieser würde - gemäss der geltenden Delegationsordnung in der KLV und in Anlehnung an die geltenden Rahmentarife - festgelegt werden, wohl als absoluter Frankenbetrag nach Zeiteinheit, allenfalls differenziert nach Pflegebedarfsstufen (vgl. Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2005 2035, 2065-2067, 2077 f.).

      3. Der Ständerat verwarf als Erstrat an seiner Sitzung vom 19. September 2006 (AB 2006 S 642 ff.) das bundesrätliche Modell und ersetzte es durch eine eigene Regelung. Demnach sollten die Versicherer an alle unter das KVG fallenden Pflegeleistungen (lediglich) einen Beitrag bezahlen, der vom Bundesrat festzusetzen sei (AB 2006 S 643, 654, 657 f.). Mit dieser Neuregelung sei ein Systemwechsel verbunden. Neu sei, dass künftig nicht mehr die Tarifpartner, das heisst die Krankenversicherer und die Leistungserbringer, die Beiträge an die Pflegeleistungen bei Krankheit festlegen sollten. Vielmehr seien sie (vom Bundesrat) differenziert nach Pflegebedarf in Franken festzusetzen (vgl. insbes. die Plenums-Voten der Ständerätin Erika Forster-Vannini für die vorberatende Kommission, AB 2006 S 657, 660).

      4. Der Nationalrat schloss sich anlässlich seiner Sitzung vom

21. Juni 2007 (AB 2007 N 1105 ff.) auf Antrag seiner vorbereitenden Kommission dem Ständerat insofern an, als er die Festsetzung der Beiträge der Versicherer an die Pflegeleistungen durch den Bundesrat vorschlug. Hingegen sah er für die von ihm umschriebene Akutund Übergangspflege eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regelung und die vollständige Übernahme der entsprechenden Kosten durch die Krankenversicherer vor (AB 2007 N 1118-1120). Er knüpfte somit an die Zweiteilung des Finanzierungsmechanismus an, wie der Bundesrat sie vorgesehen hatte, unterschied aber nicht zwischen Grundpflege und Behandlungspflege, sondern zwischen Akutund Übergangspflege einerseits und übrigen Pflegeleistungen andererseits. Diese Differenzierung war in den Räten zwar lange umstritten, findet sich aber schliesslich in der in Kraft getretenen Regelung (vgl. E. 6).

5.
    1. Am 1. Januar 2011 trat die Neuordnung der Pflegefinanzierung in Kraft, wobei namentlich das KVG, die KVV und die KLV teilrevidiert wurden (AS 2009 3517, 6847 bzw. AS 2009 3525, 6847 bzw. AS 2009

      3527, 6849; die folgenden Verweise auf Gesetzesund Verordnungsbestimmungen beziehen sich auf die jeweils ab 1. Januar 2011 geltenden Fassungen). Vorbehalten bleibt eine allenfalls abweichende Rechtslage während der dreijährigen Übergangsfrist (vgl. E. 7). Im Rahmen dieser Revision wurde insbesondere ein neuer Art. 25a in das KVG aufgenommen, der wie folgt lautet:

      Pflegeleistungen bei Krankheit

      1. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung leistet einen Beitrag an die Pflegeleistungen, welche aufgrund einer ärztlichen Anordnung und eines ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tagesoder Nachtstrukturen, oder im Pflegeheim erbracht werden.

      2. Die Leistungen der Akutund Übergangspflege, welche sich im Anschluss an einen Spitalaufenthalt als notwendig erweisen und die im Spital ärztlich angeordnet werden, werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und vom Wohnkanton des Versicherten während längstens zwei Wochen nach den Regeln der Spitalfinanzierung (Art. 49a Abgeltung der stationären Leistungen) vergütet. Versicherer und Leistungserbringer vereinbaren Pauschalen.

      3. Der Bundesrat bezeichnet die Pflegeleistungen und regelt das Verfahren der Bedarfsermittlung.

      4. Der Bundesrat setzt die Beiträge differenziert nach dem Pflegebedarf in Franken fest. Massgebend ist der Aufwand nach Pflegebedarf für Pflegeleistungen, die in der notwendigen Qualität, effizient und kostengünstig erbracht werden. Die Pflegeleistungen werden einer Qualitätskontrolle unterzogen. Der Bundesrat legt die Modalitäten fest.

      5. Der versicherten Person dürfen von den nicht von Sozialversicherungen gedeckten Pflegekosten höchstens 20 Prozent des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrages überwälzt werden. Die Kantone regeln die Restfinanzierung.

    2. Art. 25a KVG wirkt sich auf den Leistungsbereich der Pflege nach KVG nicht aus. Er unterscheidet aber zwischen « Leistungen der Akutund Übergangspflege » einerseits (Abs. 2) und (übrigen) « Pflegeleistungen » bei Krankheit andererseits (Abs. 1, 3-5) und führt damit zu einer Neuordnung der Finanzierung (vgl. das Dokument des BAG vom

      10. Juni 2009 « Änderungen und Kommentar im Wortlaut zur Verordnung vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung [KLV] - Vorgesehene Änderungen per

      1. August 2009 [andere Änderungen] und 1. Juli 2010 [Pflegefinanzierung] » S. 3 f., auf < http://www.bag.admin.ch > Themen > Krankenversicherung > Revisionen der Krankenversicherung > Änderungen und Kommentare im Wortlaut > nächste Meldungen, zuletzt besucht am

      28. Juni 2011, nachfolgend: KLV-Kommentar Pflegefinanzierung] sowie

      GEBHARD EUGSTER, Bundesgesetz über die Krankenversicherung [KVG]

      • Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 2010 [nachfolgend: KVG-Kommentar], N. 1-6, 9 zu Art. 25a KVG; ZOGG, a. a. O., S. 93).

        Die « Akutund Übergangspflege » soll einen zeitlich befristeten Pflegebedarf im Anschluss an einen Spitalaufenthalt abdecken und entsprechend nach den Regeln der Spitalfinanzierung vergütet werden. Sie wird nur bei medizinischer Notwendigkeit und im Akutfall durch einen Spitalarzt verschrieben mit dem Ziel der Rückkehr des Versicherten zu jenem Zustand, in dem er sich vor dem Spitaleintritt befand. Sie stellt einen Abschnitt der Behandlung dar und ist nicht zur Finanzierung allfälliger Wartezeiten im Hinblick auf den Eintritt in eine Rehabilitationsklinik oder in ein Heim vorgesehen. Für die Leistungen der Akutund Übergangspflege haben die Versicherer und Leistungserbringer Pauschaltarife zu vereinbaren, sodass auf die im Gesetz bereits (vor dem 1. Januar 2011) bestehenden Tarifbestimmungen abgestellt werden kann (vgl.

        KLV-Kommentar Pflegefinanzierung, a. a. O., S. 3; EUGSTER, KVGKommentar, N 6 zu Art. 25a KVG).

        Bei den übrigen Pflegeleistungen, welche in den Anwendungsbereich des KVG fallen, aber nicht zur « Akutund Übergangspflege » gehören (nachfolgend: übrige Pflegeleistungen), liegt der Fokus eher auf einem längerfristigen Pflegebedarf. Die OKP ist neu von Gesetzes wegen nicht mehr verpflichtet, diese Pflegeleistungen vollständig zu vergüten; sie leistet nur noch einen Beitrag an die entsprechenden Pflegeleistungen. Dies stellt einen wesentlichen Systemwechsel zur bisherigen Regelung dar, worauf bereits im Gesetzgebungsverfahren hingewiesen wurde (vgl. EUGSTER, KVG-Kommentar, N. 3 zu Art. 25a KVG; vgl. auch KLVKommentar Pflegefinanzierung, a. a. O., S. 3, 5 f.; LUGINBÜHL, a. a. O.,

        1. 106 f.; vgl. auch oben E. 5.3, je mit weiteren Hinweisen).

          Neu fallen die für die übrigen Pflegeleistungen anfallenden Kosten in drei Kategorien:

          1. die Beiträge, welche von der OKP zu leisten sind,

          2. die gegen oben limitierte Beteiligung der Versicherten und

          3. die von Dritten - gemeint ist die öffentliche Hand - zu tragenden übrigen Kosten (sogenannte Restfinanzierung).

        (vgl. KVV-Kommentar Pflegefinanzierung, a. a. O., S. 4; EUGSTER KVG-Kommentar, N. 11, 13 f. und 16 zu Art. 25a KVG; ZOGG, a. a. O.,

        S. 93; HARDY LANDOLT, Die neue Pflegefinanzierung, Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge 2010/1, S. 28; Urteil des Bundesgerichts 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 2.2, 4.2). Neu findet damit zugleich der bisherige - allerdings nur noch fiktiv gewährleistete - Tarifschutz gemäss Art. 44 KVG keine Anwendung

        mehr; an seine Stelle tritt die in Art. 25a Abs. 5 KVG enthaltene Rege-

        lung betreffend die maximale Beteiligung der Versicherten (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2; LUGINBÜHL, a. a. O., S. 106 f.; GÄCHTER, a. a. O., S. 17 f.; EUGSTER, KVG-

        Kommentar, N. 13-16 zu Art. 25a KVG, je mit weiteren Hinweisen).

    3. Da der angefochtene Regierungsratsbeschluss die Finanzierung der übrigen Pflegeleistungen im Sinne von Art. 25a Abs. 1 KVG, nicht aber die Akutund Übergangspflege im Sinne von Abs. 2 regelt, ist im Folgenden (lediglich) zu prüfen, wie die von der OKP zu tragenden Beiträge an die übrigen Pflegeleistungen im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung festgelegt werden.

      1. In Art. 25a KVG wird nur für die Akutund Übergangspflege auf die bisherigen Tarifbildungsmechanismen Bezug genommen, nicht für die übrigen Pflegeleistungen. Für diese wird stattdessen neu eine hoheitliche Festsetzung des von den Versicherern zu leistenden Beitrags durch den Bundesrat festgelegt. Diese Regelung lehnt sich insofern an die vorbestehende Tarifordnung an, als es die bisherige - im normalen Tarifbildungsverfahren zu berücksichtigende - Rahmentariffestsetzung durch das EDI durch einen (durch den Bundesrat bzw. das EDI) betragsmässig fixen, hoheitlich festgelegten und von den Krankenversicherern zu leistenden Beitrag ersetzt. In diesem neuen System besteht kein Verhandlungsspielraum zwischen den Leistungserbringern und den Versicherern. Die hoheitliche Tariffestsetzung tritt in Bezug auf die übrigen Pflegeleistungen an Stelle der bisherigen Tarifbildungsmechanismen, und die bisherigen Tarifpartner werden neu zu (blossen) Adressaten der entsprechenden Verordnungsbestimmungen (vgl. EUGSTER, KVG-Kommentar, N. 8 zu Art. 25a KVG). Dies stellt inhaltlich den letzten Schritt in der altrechtlich vorgenommenen zunehmenden Einschränkung der Tarifautonomie der Tarifpartner und des Ermessens der Kantonsregierungen und der jeweiligen Beschwerdeinstanz dar (vgl. E. 5.2).

        Der Gesetzgeber hat dem Systemwechsel im Rahmen der Gesetzesrevision zusätzlich in zweierlei Hinsicht Rechnung getragen: Art. 104a KVG als gesetzliche Grundlage für die nicht mehr notwendige Rahmentariffestsetzung wurde aufgehoben, und Art. 50 KVG betreffend Pflegeheime wurde dahingehend angepasst, dass der Titel « Kostenübernahme im Pflegeheim » und nicht mehr « Tarifverträge mit Pflegeheimen » lautet und die im 2. Satz enthaltene Option der Vereinbarung pauschaler Vergütungen durch Versicherer und Pflegeheime gestrichen wurde.

      2. Auch der Bundesrat und das EDI als Verordnungsgeber gingen gestützt auf Art. 25a Abs. 1 und 4 KVG von einem Systemwechsel betreffend die Finanzierung der übrigen Pflegeleistungen aus und passten die Verordnungen an das Wegfallen der bisherigen Tariffindungsmechanismen und die hoheitliche Beitragsfestsetzung auf Bundesebene an.

        So hob der Bundesrat Art. 59a KVV, mit welchem er dem EDI die Kompetenz eingeräumt hatte, Rahmentarife für die Pflegeleistungen festzulegen, auf, da für diese Bestimmung mit Einführung der Beitragslösung keine Notwendigkeit mehr bestehe (vgl. KVV-Kommentar Pflegefinanzierung, a. a. O., S. 3 f.). Im Gegenzug wurde dem EDI in Art. 33 Bst. i KVV die Kompetenz eingeräumt und der Auftrag erteilt, gestützt auf

        Art. 25a Abs. 1 und 4 KVG die Höhe der Beiträge an die Pflegeleistungen festzulegen.

        Das EDI wiederum hob Art. 9a KLV auf, welcher die vom EDI festgelegten Rahmentarife enthielt und den Tarifschutz diesbezüglich ausdrücklich für anwendbar erklärte. Im Gegenzug nahm es einen neuen Art. 7a in die KLV auf, worin es die Beiträge der OKP an die übrigen Pflegeleistungen festlegte. In Art. 9 KLV wurden des Weiteren die Bestimmungen betreffend Tarifbildung durch die Tarifpartner beziehungsweise durch die zuständigen Behörden gestrichen (vgl. den KLV-Kommentar Pflegefinanzierung, a. a. O., S. 3-6, worin das BAG die Nichtanwendbarkeit der Tarifbestimmungen des KVG ausdrücklich hervorhob). In Art. 8a Abs. 1 und 2 KLV wurden ausserdem die Verweise auf Tarifverträge gestrichen und die Bestimmung dahingehend angepasst, dass Leistungserbringer und Versicherer (lediglich) gemeinsame Kontrollund Schlichtungsverfahren bei ambulanter Krankenpflege vereinbaren beziehungsweise solche im (diesbezüglich) vertragslosen Zustand von der Kantonsregierung festgesetzt werden.

      3. Im Sinne eines Zwischenresultats ist somit festzuhalten, dass die bisherigen Tarifbildungsbestimmungen im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung in Bezug auf die von der OKP an die übrigen Pflegeleistungen zu bezahlenden Beiträge keine Anwendung mehr finden. An deren Stelle tritt eine hoheitliche Festsetzung der von der OKP zu bezahlenden Beiträge mittels bundesrechtlicher Verordnung.

    1. Zu prüfen ist im Weiteren, inwiefern die im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung erfolgende Festsetzung der durch die OKP zu bezahlenden Beiträge an die übrigen Pflegeleistungen mittels Beschwerde angefochten werden kann.

      1. Art. 53 KVG lautet wie folgt:

        Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

        1. Gegen Beschlüsse der Kantonsregierungen nach den Artikeln 39, 45, 46 Absatz 4, 47, 48 Absätze 1-3, 51, 54, 55 und 55a kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden.

        2. Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach dem Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 und dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG). Vorbehalten bleiben folgende Ausnahmen:

          1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der angefochtene Beschluss dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind unzulässig.

          2. Die Artikel 22a und 53 VwVG sind nicht anwendbar.

          3. Zur Einreichung einer Vernehmlassung setzt das Bundesverwaltungsgericht eine Frist von höchstens 30 Tagen. Diese kann nicht erstreckt werden.

          4. Ein weiterer Schriftenwechsel nach Artikel 57 Absatz 2 VwVG findet in der Regel nicht statt.

          5. In Beschwerdeverfahren gegen Beschlüsse nach Artikel 39 ist die Rüge der Unangemessenheit unzulässig.

          Da im neuen Finanzierungssystem - unter Vorbehalt einer allfälligen Spezialregelung für die Übergangsfrist (dazu vgl. E. 7) - die Kompetenz der Kantonsregierungen entfällt, Tarifvereinbarungen zu genehmigen oder entsprechende Tarife hoheitlich anzuordnen, kommen keine entsprechenden Beschlüsse der Kantonsregierungen zustande. Mangels solcher Anfechtungsobjekte, wie sie Art. 53 KVG voraussetzt, ist eine diesbezügliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ausgeschlossen.

      2. In Bezug auf die Möglichkeit, gegen die neu auf Verordnungsebene erfolgende Festlegung der Beiträge der OKP an die übrigen Pflegeleistungen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu führen, ist

  • unter Vorbehalt einer allfälligen Sonderregelung für die Übergangszeit

  • Folgendes zu erwägen:

          1. Das Gesetz kannte vor dem 1. Januar 2011 keine entsprechende Beitragsfestsetzung durch den Bundesrat oder das EDI und sah daher auch kein dagegen zur Verfügung stehendes Rechtsmittel vor. Eine direkte Anfechtbarkeit der vom EDI erlassenen Rahmentarife als solche war nicht vorgesehen.

            Auch im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung wurde keine gesetzliche Bestimmung geschaffen, welche ausdrücklich eine Anfechtung der mittels Verordnung erfolgenden hoheitlichen Beitragsfestsetzung an das Bundesverwaltungsgericht vorsehen würde. Zu beachten gilt es, dass Erlasse - zu welchen insbesondere Verordnungen des Bundesrates oder seiner Departemente zu zählen sind - nicht mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten beziehungsweise nicht vom Bundesverwaltungsgericht einer abstrakten Normenkontrolle unterzogen werden können (vgl. je mit Hinweisen: MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, a. a. O., S. 23 f. Rz. 2.1, 2.3, S. 28 f. Rz. 2.14; FELIX UHLMANN, in:

            Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, Zürich 2009, N. 41 f. zu Art. 5). Unter Vorbehalt einer allfälligen Gesetzeslücke (dazu vgl. E. 6.4.2.2) und einer allfälligen Sonderregelung für die Übergangszeit (dazu vgl. E. 7) kann daher gegen die entsprechenden Verordnungsbestimmungen (aktuell Art. 7a KLV i. V. m. Art. 7 KLV) nicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht geführt werden (vgl. Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32] e contrario i. V. m. Art. 5 Abs. 1 VwVG).

            Hingegen kann beziehungsweise muss in einem konkreten Anwendungsfall von der zuständigen Instanz vorfrageweise geprüft werden, ob die entsprechenden Verordnungsbestimmungen gesetzund verfassungsmässig sind (sog. konkrete Normenkontrolle; vgl. MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, a. a. O., S. 83 Rz. 2.177; RHINOW/KOLLER/KISS/THURNHERR/ BRÜHL-MOSER, a. a. O., Rz. 708; OLIVER ZIBUNG/ELIAS HOFSTETTER,

            in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, Zürich 2009, N. 13 zu Art. 49; BENJAMIN SCHINDLER, in: Christoph Auer/Markus Müller/Benkamin Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich 2008, Rz. 23 zu Art. 49).

          2. Die Frage, ob in Bezug auf die direkte Anfechtbarkeit der Festsetzung von Tarifen der OKP an die übrigen Pflegeleistungen eine Gesetzeslücke vorliegt, die vom Gericht zu schliessen ist, ist wie folgt zu beantworten:

    Eine Lücke im Gesetz liegt vor, wenn sich eine Regelung als unvollständig erweist, weil sie jede Antwort auf eine sich stellende Rechtsfrage schuldig bleibt oder eine Antwort gibt, die als sachlich unhaltbar angesehen werden muss. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend - im negativen Sinn - mitentschieden (qualifiziertes Schweigen), ist kein Platz für richterliche Lückenfüllung (vgl. BGE 132 III 470 E. 5.2 und BGE 134 V 182 E. 4.1, je mit Hin-

    weisen). Das Gericht hat die Lücke nach jener Regel zu schliessen, die es als Gesetzgeber aufstellen würde (vgl. BGE 129 V 1 E. 4.1.2 mit Hinweisen).

    Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens betreffend die Neuordnung der Pflegefinanzierung wurde die Frage, ob gegen die hoheitliche Festsetzung der OKP-Beiträge durch den Bundesrat oder das EDI direkt ein Rechtsmittel ergriffen werden könne, nicht thematisiert. Für ein qualifiziertes Schweigen fehlt es somit an klaren Hinweisen. Dass - mangels

    abweichender Regelung - mit dem Wechsel der Zuständigkeit zum Verordnungsgeber des Bundes die Möglichkeit der direkten Anfechtbarkeit der entsprechenden Beitragsfestsetzung entfällt, entspricht aber der üblichen Konsequenz einer entsprechenden Zuständigkeitsverschiebung und indiziert keine Gesetzeslücke.

    Ausserdem ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat in seiner Botschaft vom 6. November 1991 über die Revision der Krankenversicherung (BBl 1992 I 93 ff., nachfolgend: Botschaft zum KVG) Massnahmen zur Eindämmung der Kosten in den Mittelpunkt rückte, wozu er - insbesondere in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des vereinbarten Tarifs

  • auch die Kontrollmechanismen bei der Festsetzung von Tarifen zählte, welche namentlich die Bewilligungspflicht durch die Kantonsregierungen und die ersatzweise Tariffestsetzung durch diese umfassten, und die Möglichkeit, gegen die entsprechenden Beschlüsse Beschwerde an den Bundesrat zu erheben, damit dieser als letztverantwortliche Instanz für die Einhaltung der Tarifierungsgrundsätze sorge und gewissen negativen Folgen des im betroffenen Bereich ziemlich verbreiteten Kartellverhaltens entgegenwirke (vgl. insbes. Botschaft zum KVG, BBl 1992 I 96, 172, 174 f., 180 f., 188). Diese Grundsätze wurden vom Gesetzgeber im verabschiedeten KVG entsprechend verankert (vgl. insbes. Art. 43, Art. 46 f. KVG; vgl. auch BVGE 2010/24 E. 3.2 [nicht publiziert], 4.1,

    5.2.1 sowie BGE 131 V 133 E. 9.3, je mit Hinweisen). Dadurch, dass neu anstelle der bisherigen Tarifpartner und der Kantonsregierungen der Bundesrat (bzw. das EDI auf Subdelegation durch den Bundesrat hin) auf Verordnungsebene die Beiträge festsetzt, welche die OKP in Bezug auf die Kosten für die übrigen Pflegeleistungen zu tragen hat, entfällt der Bedarf am direkten Kontrollmechanismus auf Kantonsund Bundesebene, insbesondere an einem entsprechenden Beschwerdeverfahren auf Bundesebene, wie er im bisherigen Tarifbildungssystem vorgesehen war.

    6.
      1. Wie dargelegt, finden die bisherigen Tariffestsetzungsbestimmungen in Bezug auf die OKP-Beiträge an die übrigen Pflegeleistungen im Rahmen der neu geordneten Pflegefinanzierung keine Anwendung mehr, sodass die Kantonsregierungen keine darauf gestützten Tarifbeschlüsse erlassen können, welche gemäss Art. 53 KVG beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar sind. Es besteht auch keine spezialgesetzliche Regelung oder zu füllende Gesetzeslücke, welche es ermöglichen würde, die Verordnungsbestimmungen, mit welchen die OKP-Beiträge festgesetzt werden, beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten.

        Zu prüfen bleibt, ob - wie von santésuisse geltend gemacht - eine spezielle Übergangsregelung besteht und im Rahmen dieser Übergangsregelung getroffene Massnahmen direkt beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden können. Insbesondere steht vorliegend in Frage, ob gegen den angefochtenen Regierungsratsbeschluss, der gestützt auf Abs. 2 der Übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Pflegefinanzierung für das Kalenderjahr 2011 die Vergütung für Pflegeleistungen gemäss Art. 25a Abs. 1 KVG (in der revidierten Fassung, AS 2009 3517) zu Lasten der OKP festlegt, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben werden kann.

      2. Das Gericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (vgl. OLIVER ZIBUNG, in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, Zürich 2009, Art. 47 N. 2). Vorliegend ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts unter den Beteiligten umstritten. Santésuisse macht geltend, dass es nicht sein könne, dass gegen Entscheide betreffend die Höhe der von den OKP-Versicherern für Pflegeleistungen zu vergütenden Beträge vor und nach Ablauf der Übergangsfrist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht möglich sei, nicht aber während der Dauer der Übergangsfrist gemäss Neuordnung der Pflegefinanzierung vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013. Vielmehr schliesse die Referenzierung in Art. 51 Abs. 1 KVG (recte: Art. 53 Abs. 1 KVG) auf Art. 47 KVG auch Abs. 2 der besagten Übergangsbestimmungen mit ein. Die Vorinstanz bestreitet die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts mit der Begründung, dass Abs. 2 der Übergangsbestimmungen zum Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung in Art. 53 Abs. 1 KVG nicht erwähnt werde und santésuisse im Übrigen auch Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich geführt habe. Die Preisüberwachung, das BAG und die Beigeladenen äusserten sich nicht zur Frage der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts.

      3. Art. 33 Bst. i VGG sieht ausdrücklich vor, dass gegen Verfügungen kantonaler Instanzen eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nur zulässig ist, soweit ein Bundesgesetz dies vorsieht, was im Folgenden mit Blick auf die genannte Übergangsbestimmung zu prüfen ist.

      4. Das Bundesgesetz zur Neuordnung der Pflegefinanzierung (AS 2009 3517) enthält folgende Übergangsbestimmungen:

        1. Die Beiträge an die Pflegeleistungen gemäss Artikel 25a Absatz 1 sind erstmals so festzulegen, dass sie der Summe der Vergütungen für die im dem Inkrafttreten vorangehenden Jahr ambulant und im Pflegeheim erbrachten Pflegeleistungen entsprechen. Kann diese Regelung im ersten Jahr nach Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung nicht eingehalten werden, so nimmt der Bundesrat in den nachfolgenden Jahren die erforderlichen Anpassungen vor.

        2. Die bei Inkrafttreten dieser Änderung geltenden Tarife und Tarifverträge sind innert drei Jahren an die vom Bundesrat festgesetzten Beiträge an die Pflegeleistungen anzugleichen. Die Kantonsregierungen regeln die Angleichung.

      5. Vorweg ist festzuhalten, dass Abs. 1 der Übergangsbestimmungen (AS 2009 3517) in Bezug auf die Beiträge an die übrigen Pflegeleistungen den für die Versicherer kostenneutralen Wechsel ins neue Finanzierungssystem regelt. Diese Bestimmung war im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses in den Ratsdebatten und den Sitzungen der vorberatenden Kommissionen sehr umstritten. Ihm kommt vorliegend allerdings keine Bedeutung zu, da er materiell nicht mit Abs. 2 der Übergangsbestimmungen verknüpft ist. Letzterer wiederum war inhaltlich im Gesetzgebungsprozess nicht umstritten und wurde inhaltlich unabhängig von Abs. 1 behandelt (vgl. insbes. AB 2006 S 660, AB 2007 N 1105 ff.,

        AB 2007 S 777, AB 2008 N 608 ff.; Protokoll der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit [SGK] des Nationalrats vom 3./4. April 2008, S. 15). Auf Abs. 1 der Übergangsbestimmungen ist daher vorliegend nicht weiter einzugehen.

      6. Der hier im Vordergrund stehende Abs. 2 der Übergangsbestimmungen (AS 2009 3517) geht davon aus, dass die von der OKP zu leistenden Beiträge auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Revision hin (1. Januar 2011) per Verordnung festgelegt werden, was auch geschehen ist. Er sieht jedoch vor, dass diese Beiträge erst nach Ablauf einer dreijährigen Übergangsfrist (vorliegend also ab 1. Januar 2014) verbindlich werden. In der Zwischenzeit habe eine Angleichung an die vom Bundesrat festgesetzten Beiträge zu erfolgen. Zu prüfen ist nachfolgend mittels Auslegung, wem die Kompetenz zur Angleichung zusteht, wie sie auszuüben ist und - vorliegend entscheidend - inwiefern gegen die Ausübung der entsprechenden Kompetenz Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht geführt werden kann.

      7. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen allerdings stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und nur dann allein auf das grammatische Element (vgl. E. 6.8) abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente. Abzustellen ist dabei namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm (vgl. E. 6.9) sowie auf ihren Zweck, auf die dem Text zu Grunde liegenden Wertungen sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (vgl.

        E. 6.10). Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Namentlich bei neueren Texten kommt den Materialien - bei noch kaum veränderten Umständen oder gewandeltem Rechtsverständnis - eine besondere Stellung zu (vgl. BGE 136 V 216 E. 5.1 mit Hinweisen).

      8. Der Wortlaut (grammatisches Element) von Abs. 2 der Übergangsbestimmungen (AS 2009 3517) erklärt die Kantonsregierungen ausdrücklich dafür zuständig, die geltenden Tarife und Tarifverträge innert drei Jahren an die vom Bundesrat festgesetzten Beiträge anzugleichen. Er enthält keine Vorgaben oder Einschränkungen betreffend die Art der Angleichung und das diesbezügliche Vorgehen. Der Wortlaut enthält keine Aussage, wonach gegen eine - auf diese Übergangsbestimmung gestützt erlassene - kantonale Regelung Beschwerde geführt werden könnte. Es finden sich auch keine Verweise auf eine andere Gesetzesbestimmung, welche diese Frage regelt. Der französische und der italienische Wortlaut weichen nicht in hier relevanter Weise vom deutschen ab.

      9. Die Materialien zur Entstehungsgeschichte von Abs. 2 der Übergangsbestimmungen (AS 2009 3517) ergeben wenige über den Wortlaut der Bestimmung hinausgehende Erkenntnisse:

        Schon im Gesetzesentwurf des Bundesrats war für einen Teil der Pflegeleistungen (wenn auch in Bezug auf die « Grundpflege » statt der später differenzierten « übrigen Pflegeleistungen ») die hoheitliche Beitragsfestsetzung mittels Verordnung vorgesehen (vgl. Botschaft zur Pflegefinanzierung, BBl 2004 2078). Der Bundesrat äusserte sich allerdings nicht dazu, wie die bisherigen Verhältnisse betreffend die Finanzierung der OKP-Leistungen (der Grundpflege) durch die Krankenversicherer und andere Beteiligte (namentlich die Versicherten und die öffentliche Hand) konkret in die neue Finanzierungsordnung überführt werden sollten. Der Gesetzesentwurf enthielt diesbezüglich nicht nur keine Übergangsregelung, sondern auch keine Übergangsfrist. Der Entwurf legte lediglich fest, dass der Bundesrat das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Pflegefinanzierung bestimme.

        Bevor die SGK des Ständerates ihren ersten Entwurf ins Plenum einbrachte, zeigte sie sich anlässlich der Sitzung vom 21./22. August 2006 im Wesentlichen dahingehend einig, dass mit der vorgesehenen Revision ein erheblicher Systemwechsel betreffend die Finanzierung der übrigen Pflegeleistungen erfolge und deshalb eine Übergangsfrist einzuräumen sei. Es wurde erörtert, dass der Übergang nur schwer vom Bund für die Kantone bestimmt werden könnte und Form und Tempo des Übergangs daher nicht durch den Bund vorzugeben seien. Die SGK des Ständerates verzichtete darauf vorzuschreiben, wie die Anpassung vorzunehmen sei, und verwarf insbesondere ausdrücklich die von der Verwaltung vorgeschlagene lineare Anpassung an die neuen Beiträge. Es könne ausserdem nicht sein, dass die Überführung ins neue System über Tarifverträge erreicht werden müsse, welche es im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung sowieso nicht mehr geben werde. Sollten die Tarifpartner für die Überführung ins neue System zuständig sein, würden diese darüber streiten und jahrelang prozessieren, sodass eine definitive Regelung erst Jahre nach Ablauf der Übergangsfrist vorliegen würde. Stattdessen müsse den Kantonen ein ausreichender Handlungsspielraum für die Anpassung ihrer Verhältnisse an die auf Bundesebene vorgegebenen Beträge eingeräumt werden. Ausserdem entspreche es der langjährigen Praxis, die Kantonsregierungen angesichts der engen zeitlichen Verhältnisse mit der Umsetzung der Anpassung zu beauftragen. Schliesslich verabschiedete die SGK des Ständerates die Bestimmung, wie sie später ins Gesetz aufgenommen wurde, wonach die Kantonsregierungen die Angleichung innerhalb einer dreijährigen Übergangsfrist regeln. Eine Regelung, wonach die kantonalen Entscheide angefochten werden sollten, wurde von der SGK nicht erwogen.

        Der Ständerat verabschiedete die von der SGK vorgeschlagene Bestimmung anlässlich seiner Sitzung vom 19. September 2006, ohne sich zur konkreten Umsetzung der Angleichung durch die Kantone und zu allfälligen Rechtsmitteln zu äussern (AB 2006 S 660).

        Der Nationalrat strich anlässlich seiner Sitzung vom 21. Juni 2007 die vom Ständerat verabschiedeten Übergangsbestimmungen, wobei die Voten lediglich die in Abs. 1 der Übergangsbestimmungen geregelte Frage der für die Versicherer kostenneutralen Überführung in das neue System thematisierten, nicht aber die den Kantonen in Abs. 2 eingeräumte Übergangsfrist zur Anpassung an die bundesrätlich festgesetzten Beträge (AB 2007 N 1106, 1108, 1120). Anlässlich der Sitzung des Nationalrats vom

        28. Mai 2008 wurde die Übergangsbestimmung betreffend die dreijährige Angleichungsfrist für die Kantone, wie sie der Ständerat am

        19. September 2006 verabschiedet hatte, angenommen (AB 2008 N 610).

        Die Materialien sprechen somit für eine Zuständigkeit der Kantonsregierungen und Nichtanwendung des bisherigen Tarifbildungsverfahrens und einen dafür eingeräumten grosszügigen Ermessensspielraum. Eine Sonderregelung für eine Anfechtbarkeit der entsprechenden kantonalen Entscheidungen wurde nicht vorgesehen, vielmehr wurde die Möglichkeit langjähriger Prozesse als unerwünscht bezeichnet.

      10. In Bezug auf den Zweck von Abs. 2 der Übergangsbestimmungen, den ihm zu Grunde liegenden Wertungen und seiner Bedeutung im Kontext mit den anderen Bestimmungen ergibt sich Folgendes:

        1. Als Übergangsbestimmung soll Abs. 2 vorgängig eine geordnete und zeitlich begrenzte Überführung der bisherigen in die neue Pflegefinanzierung ermöglichen und verhindern, dass ein übergangsloser Systemwechsel eine unkoordinierte, zeitlich nicht klar umrissene und mit grösseren praktischen und rechtlichen Unsicherheiten befrachtete Anpassungsphase nach sich zieht. Werden die entsprechenden Übergangsregelungen direkt angefochten und verzögern entsprechende Rechtsmittelverfahren die Umsetzung der Übergangsregelung für einen längeren Zeitraum, insbesondere über den Ablauf der Übergangsfrist hinaus, verunmöglicht dies den vom Parlament angestrebten geordneten Übergang und Systemwechsel per 1. Januar 2014.

          Da das nach Ablauf der Übergangsfrist geltende Recht keine direkte Anfechtbarkeit der durch das EDI festgesetzten Beiträge kennt und die Finanzierung im Pflegebereich neu vom Verordnungsgeber des Bundes geregelt wird, wären Rechtsmittelentscheide, welche gestützt auf das Übergangsrecht gefällt würden, zudem nicht beziehungsweise nicht ohne Weiteres auf das ab dem 1. Januar 2014 geltende Finanzierungssystem übertragbar.

        2. Abs. 2 der Übergangsbestimmung ist des Weiteren in Zusammenhang mit dem im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung geschaffenen Art. 25a Abs. 5 KVG zu betrachten. Dieser befasst sich mit der Frage, wie jener Teil der Kosten für die übrigen Pflegeleistungen im Sinne des KVG finanziert wird, der nicht von den « Sozialversicherungen » bezahlt wird (sog. Restfinanzierung). Er sieht vor, dass die

          Kantone die Frage der Restfinanzierung regeln. Dabei dürfen für die von den « Sozialversicherungen » nicht gedeckten Kosten höchstens 20 % des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrages der versicherten Person betragen. Hierbei ist - zusammen mit dem Bundesgericht, dem BAG und der Literatur - davon auszugehen, dass in diesem Zusammenhang unter « Sozialversicherungen » (entgegen dem Wortlaut) nur die OKP zu verstehen ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 2.2, 4.2; KVV-Kommentar Pflegefinanzierung,

          a. a. O., S. 3 f.; ZOGG, a. a. O., S. 93; EUGSTER, KVG-Kommentar, N. 11,

          13 f., 16 zu Art. 25a KVG; LANDOLT, a. a. O., S. 28). Ausserdem haben die Kantone zu regeln, wer die Kosten innerhalb des Gemeinwesens zu tragen hat - namentlich die Gemeinden und/oder der Kanton. Dass den Kantonen überlassen wurde, wie sie die Kostentragung innerhalb des Gemeinwesens regeln wollen, wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mit Blick auf die existierenden unterschiedlichen kantonalen Regelungen insbesondere mit dem Respekt gegenüber dem Föderalismus begründet (vgl. AB 2007 N 1785 f.; vgl. auch AB 2007 S 772, 777; vgl. auch EUGSTER, KVG-Kommentar, N. 13 zu Art. 25a KVG und GÄCHTER, a. a. O., S. 18). Das Gesetz sah im bisherigen Finanzierungssystem theoretisch eine Finanzierung der gesamten Pflegekosten durch die OKP vor, doch bestand de facto eine Deckungslücke, welche durch Dritte, namentlich die versicherten Personen und die öffentliche Hand (Kantone und Gemeinden), finanziert wurde (De-facto-Restfinanzierung). Dabei wurde namentlich die Kostentragung durch die öffentliche Hand - ausdrücklich oder implizite

  • kantonal geregelt (z. B. mittels Ausrichtung von Subventionen an Pflegeheime; vgl. die zuletzt zitierten Quellen zum Gesetzgebungsverfahren sowie BVGE 2010/23 E. 2.5). Im neuen System wird hingegen transparent legiferiert, dass die OKP keine volle Kostendeckung gewährleistet, dass die Kantone die Restfinanzierung zu regeln und dabei ein Maximallimit für die Kostenbeteiligung der Versicherten zu berücksichtigen haben. Angesichts der Diskrepanz zwischen bisherigen Vorgaben und Realität einerseits und der neuen bundesrechtlichen Regelung andererseits ist davon auszugehen, dass die Kantone diesbezüglich neu eine (ausdrückliche) Regelung treffen beziehungsweise ihre bisherige Regelung entsprechend anpassen müssen.

      1. Ausserdem gilt es zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Bundesrat in Art. 25a Abs. 3 und 4 KVG ein grosses Ermessen zur Bestimmung der betroffenen Pflegeleistungen, des Bedarfsermittlungsverfahrens, der OKP-Beiträge, der Qualitätskontrollen und der Modalitäten

        eingeräumt hat (vgl. auch EUGSTER, KVG-Kommentar, N. 9 zu Art. 25a KVG). Dass der Bundesrat die Kantone mit der Angleichung an den von ihm noch festzulegenden Rahmen beauftragt, führt im Endeffekt dazu, dass das den Kantonen für den kurzen Zeitraum der Übergangsfrist eingeräumte Ermessen sogar über das dem Bundesrat für die abschliessende Lösung eingeräumte Ermessen hinausgehen könnte.

        Der Gesetzgeber verzichtete darauf, per Gesetz oder Verordnung eine gesamtschweizerisch kohärente Überführung in das neue Finanzierungssystem zu regeln und überliess den Entscheid, die Überführung zu regeln, stattdessen den Kantonen und räumte ihnen dafür ein erhebliches Ermessen ein. Vor diesem Hintergrund kann die Haltung von santésuisse, dass für die Übergangsphase das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden befinden können müsse, nicht bestätigt werden.

      2. Santésuisse macht geltend, dass der Verweis in Art. 51 Abs. 1 KVG (recte: Art. 53 Abs. 1 KVG) auf Art. 47 Abs. 1 KVG auch Abs. 2 der Übergangsbestimmungen mit einbeziehe und die von der Kantonsregierung darauf gestützt ergangenen Beschlüsse daher an das Bundesverwaltungsgericht weiter gezogen werden können. Gegen eine solche Auslegung spricht, dass Art. 47 und Art. 53 KVG per 1. Januar 2009 revidiert wurden, nicht aber mit oder nach Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung. Sie können sich somit auch nicht implizite auf den erst später in Kraft getretenen Abs. 2 der Übergangsbestimmung beziehen, der seinerseits keinen Bezug auf diese Bestimmungen nimmt. Auch in den Materialien finden sich keine Hinweise auf eine entsprechende Verknüpfung. Vielmehr setzt Abs. 2 der Übergangsbestimmungen den bisherigen Tarifen und Tarifverträgen eine von der Kantonsregierung zu verabschiedende Regelung gegenüber, mit welcher der Übergang der geltenden Tarife und Tarifverträge in ein neues Finanzierungssystem, das keine Tarifpartner kennt, geregelt wird. Demgegenüber setzt Art. 47 Abs. 1 KVG einen tariflosen Zustand voraus. Die darauf basierende hoheitliche Tariffestlegung wird gegenstandslos, sobald ein neuer Tarif vereinbart (und genehmigt) wird (vgl. RKUV 3/2002, E. II.2 S. 201 ff., vgl. auch RKUV 4/1998, E. II.10.1 S. 332 ff.). Die Einräumung eines Verhandlungsprimats im Rahmen der Übergangsfrist würde das Gelingen einer geordneten Überführung ins neue System ebenfalls in Frage stellen. Dementsprechend kann Abs. 2 der Übergangsbestimmungen nicht dahingehend interpretiert werden, dass die Befugnisse der Kantonsregierungen gemäss Art. 47 KVG - direkt oder analog - in zeitlicher Hinsicht über den 1. Januar 2011 hinaus ausgedehnt wurden beziehungsweise im Rahmen der Übergangsfrist zur Anwendung gelangen. Soweit santésuisse geltend macht, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt haben könne, für den Zeitraum vor Beginn und nach Ablauf der Übergangsfrist eine direkte Anfechtbarkeit vorzusehen, nicht aber für die Übergangsfrist, sei daran erinnert, dass jedenfalls nach Ablauf der Übergangsfrist eine direkte Anfechtbarkeit der Beitragsfestsetzungen nicht mehr möglich sein wird (vgl. E. 6.5.2).

      3. In einem weiteren/übergeordneteren Kontext von Abs. 2 der Übergangsbestimmung ist darauf hinzuweisen, dass den jeweils Betroffenen im Einzelfall die Möglichkeit offensteht, ein Gericht anzurufen, das vorfrageweise auch die Rechtmässigkeit einer (gestützt auf Abs. 2 der Übergangsbestimmungen erlassenen) kantonalen Übergangsregelung prüfen kann beziehungsweise prüfen muss (vgl. BGE 132 V 299):

        Gemäss Art. 89 Abs. 1 KVG entscheidet ein kantonales Schiedsgericht krankenversicherungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Krankenversicherern und Leistungserbringern. Gegenstand des schiedsgerichtlichen Verfahrens sind insbesondere Fragen der Anwendung des richtigen Tarifs, der richtigen Anwendung eines Tarifs, der Wahrung des Tarifschutzes sowie insbesondere der mit diesen Streitpunkten verbundenen Feststellungen, welche Vergütungen die OKP richtigerweise schuldet (vgl. GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht. Soziale Sicherheit, Bd. XIV, 2. Aufl., Basel/Genf/München 2007, Rz. 1203 ff. [nachfolgend: Krankenversicherung]). Gemäss Art. 89 Abs. 3 KVG ist das Schiedsgericht auch zuständig, wenn die versicherte Person die Vergütung schuldet (System des Tiers garant, Art. 42 Abs. 1 KVG); in diesem Fall vertritt ihr Versicherer sie auf eigene Kosten. Gemäss Art. 86 KVG und Art. 56 f. des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1) i. V. m. Art. 1 Abs. 1 KVG kann die versicherte Person gegen Einspracheentscheide des Krankenversicherers Beschwerde an das kantonale Sozialversicherungsgericht erheben. Soweit umstritten ist, ob oder in welchem Umfang ein Leistungserbringer einem KVG-Versicherer übrige Pflegeleistungen im Sinne von Art. 25a Abs. 1 KVG in Rechnung stellen darf beziehungsweise ob oder in welchem Umfang ein KVG-Versicherer die von einer versicherten Person für übrige Pflegeleistungen bezahlten Beträge zu vergüten hat, kann somit im Einzelfall eine gerichtliche Prüfung erfolgen. Für die letztinstanzliche Beurteilung ist in beiden Fällen das Bundesgericht zuständig (vgl. Art. 91 KVG und Art. 62 Abs. 1 ATSG).

        Mit Blick auf die Rechtsweggarantie ist zudem darauf hinzuweisen, dass der individuelle Rechtsschutz nicht dadurch tangiert wird, dass gegen die Festsetzung der von der OKP geschuldeten Beiträge nicht direkt an das Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden kann. Insbesondere besteht im sachlichen Geltungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) Anspruch auf Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, wobei den Vertragsstaaten in der konkreten Ausgestaltung der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit über einen erheblichen Ermessensspielraum verfügen. In institutioneller Hinsicht verlangt Art. 6 Ziff. 1 EMRK, dass im individuell-konkreten ziviloder strafrechtlichen Streitverfahren der Rechtsweg an ein den Anforderungen der Konventionsbestimmung genügendes Gericht offensteht; hingegen besteht grundsätzlich kein konventionsrechtlicher Anspruch auf einen Instanzenzug. Art. 6 Ziff. 1 EMRK räumt sodann keinen individuellen Anspruch auf direkte Anfechtung generellabstrakter Regelungen ein: Die Bestimmung findet zwar nach der Praxis der Konventionsorgane mitunter auch auf (verfassungsrechtliche) Verfahren der abstrakten Normenkontrolle Anwendung, dies jedoch nur, soweit das nationale Recht die Möglichkeit der direkten Gesetzesanfechtung vorsieht. Steht die Möglichkeit zur vorfrageweise richterlichen Überprüfung einzelner Tarifpositionen im jeweiligen konkreten Anwendungsfall offen, ist den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK Genüge getan und eine gerichtliche Anfechtbarkeit des Tarifs als solche konventionsrechtlich nicht verlangt - soweit Art. 6 Ziff. 1 EMRK überhaupt Anwendung findet. Eine zusätzliche Möglichkeit, die abstrakte Tarifregelung direkt anzufechten, ist nicht notwendig (vgl. BGE 132 V 299

        E. 4.3.1, 4.3.3, bestätigt in BGE 134 V 443 E. 3.3, je mit weiteren Hinweisen; vgl. auch BGE 126 V 344 mit weiteren Hinweisen).

        Auch aus Art. 29a der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) lässt sich kein Anspruch auf direkte Anfechtbarkeit eines Tarifs als solchen ableiten, solange die einzelnen Tarifbestimmungen im individuell-konkreten Streitfall der vorfrageweisen Überprüfung unterstehen (vgl. BGE 134 V 443 E. 3.1-3.3 mit weiteren Hinweisen). Gemäss Art. 29a 2. Satz BV, welcher insbesondere auf nur schwierig justiziable Entscheidungen ausgerichtet ist (vgl. BGE 134 V 443 E. 2.2), können Bund und Kantone durch Gesetz die richterliche Beurteilung in Ausnahmefällen ausschliessen. Indem Art. 33 Bst. i VGG ausdrücklich vorsieht, dass gegen Verfügungen kantonaler Instanzen eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nur zulässig ist, soweit ein Bundesgesetz dies vorsieht, wurde eine entsprechende Ausnahme geschaffen. Da vorliegend keine gesetzliche Bestimmung die Anfechtbarkeit des kantonalen Erlasses an das Bundesverwaltungsgericht im Sinne von Art. 33 Bst. i VGG vorsieht, findet vorliegend die Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a 1. Satz BV keine Anwendung (vgl. auch BGE 134 V 443 E. 3.2 f.).

        Es besteht somit auch im übergeordneten Kontext keine Pflicht und keine Notwendigkeit für eine direkte Anfechtbarkeit der kantonal-zürcherischen Übergangsregelung betreffend die Festsetzung der OKP-Beiträge als solcher.

    1. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beurteilte die Rechtslage in seinem Beschluss vom 15. Juli 2010 wie folgt: Es erachtete das Bundesverwaltungsgericht für die Behandlung der Beschwerde zuständig und sich selbst für unzuständig. Es begründete diese Schlussfolgerung im Wesentlichen damit, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Tariffestsetzungen und Verlängerungen von Tarifverträgen zuständig sei und daher auch für die vorliegende Streitsache zuständig sein müsse, in welcher der Regierungsrat wegen eines teilweise vertragslosen Zustandes autoritativ eine Tarifregelung beziehungsweise eine Übergangsregelung habe treffen müssen. Etwas anderes könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Aus dieser Argumentation ergibt sich nichts, was in den bisherigen Ausführungen nicht berücksichtigt worden wäre. Im Übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die Würdigung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich nicht gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht hat seinerseits nicht zu prüfen, ob das kantonale Verwaltungsoder Sozialversicherungsgericht für die Behandlung der gegen den angefochtenen Regierungsratsbeschluss erhobenen Beschwerde zuständig ist und darauf hätte eintreten müssen.

    2. Die Auslegung von Abs. 2 der Übergangsbestimmungen führt somit zum Schluss, dass diese Bestimmung keine gesetzliche Grundlage für eine Beschwerdeführung an das Bundesverwaltungsgericht bildet, und dass gegen entsprechende Beschlüsse nicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht geführt werden kann. Die Auslegung zeigt auch, dass die gesetzliche Regelung für diese Frage nicht als unvollständig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu betrachten und kein Platz für eine richterliche Lückenfüllung vorhanden ist.

7. Da die Vorinstanz im angefochtenen Beschluss die Pflegeentschädigungen zu Lasten der OKP zu Recht gestützt auf Abs. 2 der Übergangsbestimmungen für das Jahr 2011 festgesetzt hat und dagegen die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nicht zulässig ist, ist auf die vorliegende Beschwerde von santésuisse nicht einzutreten.
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