Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | C-2848/2008 |
Datum: | 17.11.2010 |
Leitsatz/Stichwort: | Reisedokumente für ausländische Personen |
Schlagwörter : | Schwerde; Beschwerde; Führer; Schwerdeführer; Bundes; Beschwerdeführer; Türkische; Militär; Türkischen; Militärdienst; Person; Verwaltungsgericht; Stellung; Bundesverwaltungsgericht; Staats; Urteil; Ausländische; Reisedokument; Recht; Schweiz; Recht; Personen; Ausländer; Türkei; Ausstellung; Vorinstanz; Verfügung; Hörden; Dienstes; Über |
Rechtsnorm: | Art. 48 VwVG ; Art. 50 VwVG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; |
Referenz BGE: | 129 II 215; ; |
Kommentar zugewiesen: | Hansjörg Seiler, Praxiskommentar VwVG, 2009 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | Thomas Geiser; Beat Rudin; Beat Rudin; |
Abteilung II I C-2848/2008
Besetzung
Parteien
Gegenstand
Richterin Marianne Teuscher (Vorsitz),
Richter Antonio Imoberdorf, Richter Blaise Vuille, Gerichtsschreiber Daniel Brand.
gegen
Ausstellung eines Passes für eine ausländische Person.
Nachdem sich der aus der Türkei stammende Beschwerdeführer (geb. 1969) seit 1989 als (abgewiesener) Asylbewerber mit einer so - genannten "Duldung" (Aussetzung der Abschiebung) in der Bundes - republik Deutschland aufgehalten hatte, reiste er am 5. Februar 2008 mittels eines gültigen Einreisevisums zur Vorbereitung der Heirat mit einer im Kanton Aargau niedergelassenen türkischen Staats - angehörigen in die Schweiz ein. Infolge seiner Eheschliessung vom
22. Februar 2008 wurde ihm in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzuges erteilt.
Am 19. März 2008 stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch um Aus - stellung eines Passes für eine ausländische Person, wobei er sich als staatenlos bezeichnete und entsprechende Dokumente in Kopie zu den Akten reichte (u.a. "Nüfus Cüzdani", Auszug aus dem Geburts - register, Ausbürgerungsbescheinigung des türkischen Generalkonsulats in Stuttgart vom 7. Dezember 2007).
Mit Verfügung vom 7. April 2008 wies die Vorinstanz dieses Gesuch ab. Zur Begründung wurde sinngemäss ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in der Schweiz nicht gestützt auf das (internationale) Übereinkommen vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen (Staatenlosen-Übereinkommen; SR 0.142.40) als staatenlos anerkannt worden. Aus den eingereichten Unterlagen gehe hervor, dass der Beschwerdeführer am 11. März 1999 gestützt auf Art. 25 Bst. d (recte: ç) des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 403 durch den Beschluss des Ministerrates mit der Nummer 1999/12588 ausgebürgert worden sei; dies, weil er keinen Militärdienst geleistet habe. Die Leistung von Militärdienst stelle auch in der Türkei eine staatsbürgerliche Pflicht dar, weshalb sich die Nichtausstellung eines türkischen Reisepasses nicht a priori als ungerechtfertigt er - weise. Es sei dem Beschwerdeführer daher zuzumuten, mit den zu - ständigen Behörden seines Heimatlandes die Modalitäten eines nach - träglich zu leistenden Militärdienstes bzw. einer allenfalls zu ent - richtenden Militärpflichtersatzgabe zu klären. Nach Erkenntnissen des BFM sollte dann einem Gesuch zur Wiedererlangung der türkischen
Staatsbürgerschaft nichts mehr im Wege stehen. Der Beschwerdeführer gelte somit nicht als schriftenlos.
Mit Rechtsmitteleingabe vom 28. April 2008 beantragt der Beschwerdeführer sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Ausstellung des beantragten Ersatzreisepapiers. Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor, wegen des nicht ge - leisteten Militärdienstes sei er von der Türkei ohne Vorwarnung aus - gebürgert worden. Nach achtjähriger (faktischer) Staatenlosigkeit könne er von keinem Land gezwungen werden, sich wieder einbürgern zu lassen, um ein gültiges Reisedokument erhalten zu können. Als Kurde sei es ihm nicht zumutbar, zu diesem Zweck mit dem türkischen Konsulat Kontakt aufzunehmen.
Als Beweismittel legte der Beschwerdeführer zahlreiche Dokumente in Kopie ins Recht ("Entscheidung" der deutschen Asylbehörden, Unterlagen im Zusammenhang mit der Eheschliessung bzw. der Über - siedlung in die Schweiz, Bescheinigungen des türkischen Generalkonsulats in Stuttgart, Ausweispapiere des Sohnes, usw.).
Am 16. Juni 2008 reichte der Beschwerdeführer unaufgefordert eine Bestätigung des türkischen Generalkonsulats in Zürich vom 20. Mai 2008 zu den Akten. Aus dieser geht hervor, dass türkische Staats - angehörige, die sich in keinem Asylverfahren (mehr) befinden und deren Aufenthalt in der Schweiz seit mindestens drei Jahren als Er - werbstätige geregelt ist, bis zum vollendeten 38. Altersjahr gegen Ent - richtung eines Geldbetrages von 5'112 Euro einen (verkürzten) Militärdienst von 21 Tagen leisten können. Das eingereichte Beweis - mittel hält im Weitern fest, dass sich nach Überschreitung dieser Altersgrenze der Geldbetrag auf 7'668 Euro erhöhe und die "Militär - dienststellung" des Beschwerdeführers ausschliesslich von der zuständigen Militärdienststelle in der Türkei entschieden werde.
Die Vorinstanz schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 27. Juni 2008 auf Abweisung der Beschwerde und hält ergänzend fest, vorliegendes Verfahren um Abgabe eines schweizerischen Reisedokumentes biete keinen Raum für eine allfällige Anerkennung als staatenlose Person. Die Frage betreffend Staatenlosigkeit gemäss Staatenlosen-Übereinkommen sei gegebenenfalls in einem separatem Verfahren geltend zu machen.
In seiner Replik vom 11. August 2008 verweist der Beschwerdeführer erneut auf seine Staatenlosigkeit.
Mit Verfügung vom 31. Juli 2009 gab die Vorinstanz auch einem er - neuten Gesuch um Ausstellung eines Passes für eine ausländische Person nicht statt. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten, die im Schreiben des türkischen Generalkonsulats in Zürich vom 2. Juni (recte: 20. Mai) 2008 aufgeführten Bedingungen zu erfüllen, um die türkische Staatsbürgerschaft wieder zu erlangen. Er gelte nach wie vor nicht als schriftenlos.
Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht - unter Vorbehalt der in Art. 32 VGG genannten Ausnahmen - Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom
20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), welche von einer in Art. 33 VGG aufgeführten Behörde erlassen wurden. Dazu gehören Verfügungen des BFM betreffend Reisedokumente für ausländische Personen. Das Urteil des Bundes - verwaltungsgerichts ist endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 6 des Bundes - gerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
Gemäss Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundes - verwaltungsgericht nach dem VwVG, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.
Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG zur Be - schwerde legitimiert. Am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Vorinstanz - in Missachtung des Devolutiveffekts der Beschwerde (vgl. HANSJÖRG SEILER, in: Praxiskommentar VwVG, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Zürich 2009, Art. 54 N 3 ff.) - während hängigem Beschwerde - verfahren eine neue Verfügung in gleicher Sache erlassen hat, die unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist. Auf die fristund form - gerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).
Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) am 1. Januar 2008 wurde das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, BS 1 121) aufgehoben (Art. 125 AuG i.V.m. Ziffer I Anhang 2 AuG). Zudem trat am 1. März 2010 die neue Verordnung vom 20. Januar 2010 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV, SR 143.5) in Kraft, welche sich auf Art. 59 Abs. 1 und Art. 111 Abs. 6 AuG stützt, die bisherige Verordnung vom 27. Oktober 2004 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV von 2004, AS 2004 4577) ersetzt und gemäss Übergangsbestimmungen (Art. 25 RDV) für alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens hängigen Verfahren gilt. Auf die vorliegende Beschwerde findet daher die neue RDV An - wendung, deren hier relevante Bestimmungen inhaltlich allerdings keine (wesentlichen) Änderungen erfahren haben (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts C-1082/2006 vom 7. Oktober 2010 E. 2
und C-7328/2007 vom 16. April 2010 E. 1.2 und 1.3).
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechts - erheblichen Sachverhaltes und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Be - schwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist ge - mäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht ge - bunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den gel tend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist
grundsätzlich die Rechtsund Sachlage zum Zeitpunkt seines Ent - scheides (vgl. E. 1.2 des in BGE 129 II 215 teilweise publizierten Urteils 2A.451/2002 vom 28. März 2003).
Anspruch auf einen Pass für eine ausländische Person haben nach dem Staatenlosen-Übereinkommen als staatenlos anerkannte ausländische Personen sowie schriftenlose ausländische Personen mit Niederlassungsbewilligung (Art. 59 Abs. 2 Bst. b und c AuG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 RDV). Sofern sie als schriftenlos gelten, kann ein solcher Pass auch an ausländische Personen mit Jahresaufenthaltsbewilligung abgegeben werden (Art. 59 Abs. 1 AuG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 RDV).
Als schriftenlos gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimatoder Herkunftsstaates besitzt und von der nicht verlangt werden kann, dass sie sich bei den zuständigen Be - hörden ihres Heimatoder Herkunftsstaates um die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisedokuments bemüht (Art. 6 Abs. 1 Bst. a RDV) oder für welche die Beschaffung von Reisedokumenten unmög - lich ist (Art. 6 Abs. 1 Bst. b RDV). Die Schriftenlosigkeit wird im Rah - men der Gesuchsprüfung durch das BFM festgestellt (Art. 6 Abs. 4 RDV).
Es ist deshalb zu prüfen, ob die Vorinstanz beim Beschwerdeführer zu Recht dessen Schriftenlosigkeit verneint hat, indem sie die Möglichkeit und Zumutbarkeit zur Beschaffung eines heimatlichen Rei - sepasses als gegeben erachtete. Die Frage, ob die Beschaffung von Reisedokumenten bei den Heimatbehörden von den betreffenden Personen verlangt werden kann (bzw. die Zumutbarkeit), ist dabei nicht nach subjektiven, sondern nach objektiven Massstäben zu beurteilen (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2A.335/2006 vom 18. Oktober 2006 E. 2.1 sowie 2A.12/2005 und 2A.13/2005 vom 25. April 2005 E. 3.2 mit Hinweisen).
Aus den Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer zurzeit über kein gültiges heimatliches Reisepapier verfügt. Damit eine Rück - kehr in den Heimatstaat jederzeit möglich bleibt, müssen ausländische Personen während ihres Aufenthaltes in der Schweiz im Besitze eines gültigen, nach Art. 13 Abs. 1 AuG anerkannten Ausweis papiers sein (PETER UEBERSAX, Einreise und Anwesenheit, in: Peter Uebersax/Beat Rudin/Thomas Hugi Yar/Thomas Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, Eine
umfassende Darstellung der Rechtsstellung von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz - von A(syl) bis Z(ivil recht), 2. Auflage, Basel 2009, Rz. 7.284 mit weiteren Hinweisen; Bot schaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002, BBl 2002 3709 ff., 3819). Sie sind verpflichtet, Ausweispapiere zu beschaffen oder bei deren Beschaffung durch die Behörden mit - zuwirken (vgl. Art. 89 sowie Art. 90 Bst. c AuG). Diese Verpflichtung bestand im Übrigen bereits unter der altrechtlichen Regelung (vgl. Art.
3 ANAG, Art. 5 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV, AS 1949 228]).
Aufgrund der Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die türkische Staatsangehörigkeit nicht (mehr) besitzt. Aus den von ihm eingereichten Unterlagen geht hervor, dass er am
11. März 1999 gestützt auf Art. 25 des türkischen Staatsangehörig - keitsgesetzes Nr. 403 durch Beschluss des Ministerrates mit der Nummer 1999/12588 ausgebürgert worden ist (vgl. Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats in Stuttgart vom 7. Dezember 2007). Aufgrund der türkischen Gesetzgebung hätte der Beschwerdeführer jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, seine frühere Staatsbürgerschaft wieder zu erlangen und dadurch die Bedingungen für die Ausstellung eines heimatlichen Passes zu erfüllen, indem er sich bereit erklärt, die Angelegenheit des noch nicht geleisteten Militärdienstes mit den türkischen Behörden zu regeln (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-5327/2007 vom 4. August 2009 E. 4.1).
Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Er bringt jedoch vor, wegen des nicht geleisteten Militärdienstes sei er von der Türkei ohne Vorwarnung ausgebürgert worden. Nach achtjähriger (faktischer) Staatenlosigkeit könne er daher von keinem Land ge - zwungen werden, sich wieder einbürgern zu lassen, um ein gültiges Reisedokument erhalten zu können, zumal es ihm als Kurde nicht zumutbar sei, zu diesem Zweck mit dem türkischen Konsulat Kontakt aufzunehmen.
Wie das Bundesverwaltungsgericht im erwähnten Urteil C- 7328/2007 vom 16. April 2010 unter Hinweis auf die türkische Militär - gesetzgebung (vgl. die Auszüge in englischer Sprache des "Law No. 1111, Military Law [Turkey]" vom 20. März 1927, zu finden im Internet
unter: http://www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6b4d020.html ) festgehalten hat, können türkische Staatsangehörige, welche im Ausland wohnhaft und erwerbstätig sind (und sich nicht [mehr] in einem Asyl - verfahren befinden), von einem verkürzten Militärdienst von 21 Tagen profitieren. Allerdings haben sie, sofern sie das 38. Altersjahr über - schritten haben, einen Geldbetrag von 7'668 Euro zu leisten.
Gegenüber dem Beschwerdeführer nannte das türkische Generalkonsulat in Zürich in seinem Schreiben vom 20. Mai 2008 nebst diesen Bedingungen als weitere Voraussetzung einen mindestens dreijährigen geregelten Aufenthalt in der Schweiz als Erwerbstätiger und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihm als Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland (und allenfalls in der Schweiz) verbrachte Zeit nicht angerechnet werden könne. Somit dürfte der Be - schwerdeführer, welcher seit Februar 2008 über einen geregelten Aufenthalt in der Schweiz verfügt, spätestens Anfang nächsten Jahres auch die vorgenannten zeitlichen Voraussetzungen erfüllen.
In casu ist allerdings nicht davon auszugehen, dass der Be - schwerdeführer weiterhin militärdienstpflichtig ist, da die türkische Militärdienstgesetzgebung festhält, pflichtig seien Männer zwischen ihrem 20. und 41. Lebensjahr (Art. 2 des obgenannten Militärgesetzes; vgl. das erwähnte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-5327/2007 vom 4. August 2009 E. 4.3.2 mit Hinweisen, bestätigt in C-1082/2006 vom 7. Oktober 2010 E. 6.2). In diesem Sinne hat bereits das EJPD, welches allerdings von einer Militärdienstpflicht in der Türkei vom 20. bis zum 46. Lebensjahr ausging, bei ähnlicher Konstellation in seinem unveröffentlichten Entscheid vom 21. September 2006 angeführt, im Alter von mehr als 50 Jahren könne der fragliche Beschwerdeführer nicht mehr eingezogen bzw. die Wiedereinbürgerung nicht von der Leistung des Militärdienstes abhängig gemacht werden.
Der Beschwerdeführer, geboren am 1. Juli 1969, hat inzwischen die fragliche Zeitlimite von 41 Jahren gemäss türkischem Militärgesetz überschritten. Die Klärung, ob für türkische Staatsangehörige dieses Alters überhaupt noch eine Militärdienstleistung verlangt wird bzw. welche Ersatzleistung allenfalls zu erbringen wäre, muss von ihm selbst an die Hand genommen werden. Der Beschwerdeführer hat sich deshalb zwecks Regelung seines noch nicht abgeleisteten Militär - dienstes persönlich an das Generalkonsulat der Republik Türkei zu wenden. Unter welchen Bedingungen ein heimatliches Reisedokument
auszustellen ist, beurteilt sich allein nach der Gesetzgebung des jeweiligen Staates und nicht nach der schweizerischen Rechtslage.
Die Leistung von Militärdienst gehört in der Türkei - wie auch in der Schweiz - zu den staatsbürgerlichen Pflichten. Demnach ist die Verknüpfung der Ausstellung eines Reisepasses (bzw. der Wiederein - bürgerung) mit der Leistung des obligatorischen Militärdienstes und/oder der Entrichtung einer allfälligen Ersatzabgabe nicht per se ungerechtfertigt, ist es doch Teil der staatlichen Souveränität der Türkei zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ihren im Ausland lebenden Staatsangehörigen Reisepässe ausgestellt werden können (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-2648/2007 vom 31. März 2008 E. 5.1 in Bezug auf einen armenischen Staats - angehörigen). Demnach kann es nicht Aufgabe der schweizerischen Behörden sein, Ersatzreisepapiere an ausländische Personen abzu - geben, welche die formellen Voraussetzungen für die Ausstellung eines heimatlichen Reisepasses nicht zu erfüllen vermögen. Andernfalls führte dies zu einer Befreiung von der Leistung des im Heimatland geschuldeten Militärdienstes und damit zu einem un - zulässigen Eingriff in die Souveränität bzw. die Passhoheit des be - troffenen Drittstaates (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C- 3044/2007 vom 23. Januar 2009 E. 3.3). Insofern erweisen sich die Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach es ihm als Kurde nicht zumutbar sei, mit dem türkischen Konsulat Kontakt aufzunehmen, um einen türkischen Reisepass erlangen zu können, als unbehelflich. Dies umso mehr, als allfällige subjektive Empfindlichkeiten eines Gesuch - stellers, die jedoch auf keiner (potentiellen) Gefährdungslage im Sinne von Art. 6 Abs. 3 RDV (betreffend die "schutzbedürftigen und asylsuchenden Personen") beruhen, gemäss höchstrichterlicher Recht - sprechung nicht als Hindernis anerkannt werden könnten (vgl. die unter Ziff. 5.1 erwähnten Urteile des Bundesgerichts 2A.335/2006 vom 18. Oktober 2006 E. 2.1, 2A. 12/2005 vom 25. April 2005 E. 3.2).
Wie die Vorinstanz, geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer - auf sein Ersuchen hin - die türkische Staatsangehörigkeit wieder erlangen kann und anschliessend ein Reisedokument von seinem Heimatstaat erhalten wird, sobald er die Frage der Abgeltung seiner Militärdienstpflicht - in welcher Form auch immer - geregelt hat (vgl. auch Urteile des Bundesgerichts 2A.658/2006 vom 10. Januar 2007 E. 2.4 und
2A.147/2002 vom 27. Juni 2002 E. 3 und 4). In casu erweist sich die Beschaffung eines türkischen Reisepasses somit nicht als objektiv unmöglich im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Bst. b RDV. Die weiteren Aus - führungen in der Beschwerde sind nicht geeignet, zu einer ab - weichenden rechtlichen Würdigung zu gelangen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zum heutigen Zeitpunkt keine objektiven Gründe vorliegen, aufgrund derer der Beschwerde - führer als schriftenlos im Sinne von Art. 6 RDV anzusehen wäre. Dies umso weniger, als sich aus den Akten keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die heimatlichen Behörden würden sich ohne zureichende Gründe, und damit willkürlich, weigern, dem Beschwerdeführer ein Reisepapier auszustellen (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts C-4253/2007 vom 19. November 2007 E. 4.1, bestätigt in C-1059/2006 vom 15. Januar 2010 E. 7 mit weiteren Hinweisen).
Aus diesen Darlegungen folgt, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt. Der rechtserhebliche Sachverhalt wurde richtig und vollständig festgestellt, und die Vorinstanz hat das ihr zu - stehende Ermessen pflichtgemäss gehandhabt (vgl. Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 700.- festzusetzen (Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Dispositiv Seite 11
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 700.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie werden mit dem am 2. Juni 2008 geleisteten Kostenvor - schuss verrechnet.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (Einschreiben)
die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. N [...] zurück)
das Migrationsamt Kanton Aargau (ad AG [...])
Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:
Marianne Teuscher Daniel Brand
Versand:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.