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Entscheid des Bundesstrafgerichts: BB.2021.176, BP.2021.68 vom 28.02.2022

Hier finden Sie das Urteil BB.2021.176, BP.2021.68 vom 28.02.2022 - Beschwerdekammer: Strafverfahren

Sachverhalt des Entscheids BB.2021.176, BP.2021.68


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Strafverfahren

Fallnummer:

BB.2021.176, BP.2021.68

Datum:

28.02.2022

Leitsatz/Stichwort:

Schlagwörter

Gesuch; Gesuchsgegnerin; Verteidigung; Ausstand; Bundes; Filter; Gesuchsteller; Dokumente; Recht; Verfahren; Auskunftsperson; Ausstandsgesuch; Einvernahme; Verfahrens; Umstände; Untersuchung; Entscheid; Person; Urteil; Fragen; Beschwerdekammer; Gambia; Gesuchstellers; Ergänzungsfragen

Rechtskraft:

Kein Rechtsmittel gegeben

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 14 StPO ;Art. 143 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 30 BV ;Art. 5 StPO ;Art. 56 StPO ;Art. 59 StPO ;Art. 6 EMRK ;Art. 6 StPO ;Art. 61 StPO ;Art. 62 StPO ;

Referenz BGE:

138 IV 142; 141 IV 178; 142 III 138; 143 IV 69; 147 I 173; ;

Kommentar:

Keller, Zürcher 3. Aufl., Art. 58 StPO , 2020

Entscheid des Bundesstrafgerichts

BB.2021.176, BP.2021.68

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2021.176 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen

Nebenverfahren: BP.2021.68 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen

Beschluss vom 28. Februar 2022
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Roy Garré, Vorsitz,

Cornelia Cova und Patrick Robert-Nicoud,

Gerichtsschreiber Stephan Ebneter

Parteien

A. , vertreten durch Rechtsanwalt Philippe Currat,

Gesuchsteller

gegen

B. , Staatsanwältin des Bundes, Bundesanwaltschaft,

Gesuchsgegnerin

Gegenstand

Ausstand der Bundesanwaltschaft ( Art. 59 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 56 StPO); unentgeltliche Rechtspflege ( Art. 29 Abs. 3 BV)


Sachverhalt:

A. Die Bundesanwaltschaft (nachfolgend «BA») führt gegen A. eine Strafuntersuchung u.a. wegen Verdachts der Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

B. Anlässlich der rechtshilfeweisen Einvernahme von C. als Auskunftsperson vom 30. Juni 2021 liess A. ein Ausstandsgesuch gegen die verfahrensleitende Staatsanwältin des Bundes B. stellen. A. wurde aufgefordert, dieses schriftlich zu begründen (act. 3.1 S. 7 f.). Mit Schreiben vom 5. Juli 2021 liess A. das Ausstandsgesuch, das sich auf Art. 56 lit. f StPO stützt, schriftlich begründen (act. 1).

C. Am 9. Juli 2021 leitete B. u.a. dieses Ausstandsgesuch zusammen mit ihrer Stellungnahme der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts weiter. Sie beantragt, das Ausstandsgesuch sei unter Kostenfolge abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann (act. 2, 3).

D. Mit Gesuchsreplik vom 26. Juli 2021 lässt A. am Ausstandsgesuch festhalten (act. 5). Dies wurde B. mit Schreiben vom 27. Juli 2021 zur Kenntnis gebracht (act. 6).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Der Gesuchsteller bedient sich im vorliegenden Verfahren der französischen Sprache. Die von der Bundesanwaltschaft gestützt auf Art. 3 Abs. 2 StBOG bestimmte Verfahrenssprache im Verfahren Nr. SV.17.0026 ist Deutsch. Nach konstanter Praxis der Beschwerdekammer definiert die Sprache des angefochtenen Entscheids bzw. die Verfahrenssprache der diesem zu Grunde liegenden Untersuchung die Sprache im Beschwerdeverfahren (vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2020.89 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 9. September 2020 E. 1 mit Hinweisen). Für ein ausnahmsweises Abweichen besteht vorliegend kein Anlass. Die in einer anderen Amtssprache gehaltenen Eingaben der Parteien werden jedoch ohne Weiteres entgegengenommen (Art. 6 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 2007 über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften [Sprachengesetz, SpG; SR 441.1]; vgl. hierzu auch TPF 2014 161 Entscheide der Amtlichen Sammlung Als Filter hinzufügen Link öffnen).

2. Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind dabei glaubhaft zu machen. Die betroffene Person nimmt zum Gesuch Stellung ( Art. 58 StPO). Wird ein Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. a oder f StPO geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Art. 56 lit. b–e StPO abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren und endgültig die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, wenn die Bundesanwaltschaft betroffen ist (Art. 59 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG). Der Entscheid ergeht schriftlich und ist zu begründen ( Art. 59 Abs. 2 StPO). Bis zum Entscheid übt die betroffene Person ihr Amt weiter aus ( Art. 59 Abs. 3 StPO).

3. Der Gesuchsteller ist beschuldigte Person im Verfahren Nr. SV.17.0026. Er macht geltend, die Gesuchsgegnerin sei befangen im Sinne von Art. 56 lit. f StPO. Zum Anlass seines Ausstandsgesuchs nimmt der Gesuchsteller den Umstand, dass es die Gesuchsgegnerin anlässlich der Einvernahme von C. vom 30. Juni 2021 abgelehnt habe, dem Gesuchsteller zu erlauben, C. verfahrensrelevante Dokumente vorzulegen (act. 1 S. 9). Der Gesuchsteller hat das Ausstandsgesuch noch während der Einvernahme vom 30. Juni 2021 zu Protokoll gegeben bzw. am 5. Juli 2021 schriftlich begründet und der Verfahrensleitung unterbreitet. Auf das Gesuch ist einzutreten.

4.

4.1 Gemäss Art. 56 lit. f StPO tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person in den Ausstand, wenn sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Generalklausel, welche alle Ausstandsgründe erfasst, die in Art. 56 lit. a–e StPO nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Sie entspricht Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK. Danach hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Die Rechtsprechung nimmt Voreingenommenheit und Befangenheit an, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können namentlich in einem bestimmten Verhalten des Richters begründet sein. Dabei ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken. Für die Ablehnung ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist ( BGE 147 I 173 E. 5.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 178 f.; 144 I 234 E. 5.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 236 f.; 143 IV 69 E. 3.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 74; 141 IV 178 E. 3.2.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 140 I 326 E. 5.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 328; 138 IV 142 E. 2.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 144 f.; je mit Hinweisen).

4.2 Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK sind bei der Ablehnung eines Staatsanwalts nur anwendbar, wenn er ausnahmsweise in richterlicher Funktion tätig wird, wie das bei Erlass eines Strafbefehls zutrifft. Amtet er jedoch als Strafuntersuchungsbehörde, beurteilt sich die Ausstandspflicht nach Art. 29 Abs. 1 BV. Wohl darf der Gehalt von Art. 30 Abs. 1 BV nicht unbesehen auf nicht richterliche Behörden bzw. auf Art. 29 Abs. 1 BV übertragen werden. Hinsichtlich der Unparteilichkeit des Staatsanwalts im Sinne von Unabhängigkeit und Unbefangenheit kommt Art. 29 Abs. 1 BV allerdings ein mit Art. 30 Abs. 1 BV weitgehend übereinstimmender Gehalt zu. Auch ein Staatsanwalt kann abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die objektiv geeignet sind, den Anschein der Befangenheit zu erwecken. Das gilt allerdings nur für das Vorverfahren. Gemäss Art. 61 lit. a StPO leitet die Staatsanwaltschaft das Verfahren bis zur Anklageerhebung. Die Staatsanwaltschaft gewährleistet insoweit eine gesetzmässige und geordnete Durchführung des Verfahrens ( Art. 62 Abs. 1 StPO). Sie untersucht die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt ( Art. 6 Abs. 2 StPO). Zwar verfügt sie bei ihren Ermittlungen über eine gewisse Freiheit. Sie ist jedoch zu Zurückhaltung verpflichtet. Sie hat sich jeden unlauteren Vorgehens zu enthalten und sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände zu untersuchen. Sie darf keine Partei zum Nachteil einer anderen bevorteilen ( BGE 141 IV 178 E. 3.2.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 179 f. m.w.H.). Allgemeine Verfahrensmassnahmen, seien sie nun richtig oder falsch, vermögen als solche keine Voreingenommenheit der verfahrensleitenden Justizperson zu begründen ( BGE 138 IV 142 E. 2.3 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen) und sind im Rechtsmittelverfahren zu rügen (Urteil des Bundesgerichts 1B_233/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 25. September 2019 E. 2.1). Anders verhält es sich, wenn besonders krasse oder wiederholte Irrtümer vorliegen, die eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen ( BGE 143 IV 69 E. 3.2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 74 f.; 141 IV 178 E. 3.2.3 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; 138 IV 142 E. 2.3 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen) und die sich einseitig zu Lasten einer der Prozessparteien auswirken (Urteil des Bundesgerichts 1B_164/2015 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2015 E. 3.2; vgl. zum Ganzen zuletzt u.a. Urteil des Bundesgerichts 1B_27/2021 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 15. März 2021 E. 2.1 f.).

5.

5.1 Der Gesuchsteller macht geltend, seit die Gesuchsgegnerin die Verfahrensleitung Anfang 2018 übernommen habe, verhalte sie sich ihm gegenüber herablassend, ohne jede menschliche Rücksicht und elementarste Höflichkeit. Dies habe ihn schon zu mehreren Ausstandsgesuchen gegen die Gesuchsgegnerin veranlasst. Zu früheren Verfehlungen der Gesuchsgegnerin komme hinzu, dass er am 17. Mai 2021 beantragt habe, C. zu konkret angeführten Dokumenten zu befragen. Mit Schreiben vom 14. Juni 2021 habe die Gesuchsgegnerin erklärt, später darüber zu entscheiden. Mit E-Mail vom 29. Juni 2021 habe die Gesuchsgegnerin den Gesuchsteller darüber informiert, dass die (rechtshilfeweise) Einvernahme vom nächsten Tag diese von C. sein werde. Dabei sei ausgeführt worden, dass erwartet werde, dass C. insbesondere Aussagen über das Zusammenwirken der verschiedenen dem Gesuchsteller unterstellten Dienste der gambischen Polizei- und Gefängnisbehörden mit den Junglers in Zusammenhang mit erwähnten Ereignissen machen könne. Diese Information entspreche nicht dem, was aus den Akten hervorgehe. Die Formulierung widerspiegle die Voreingenommenheit der Gesuchsgegnerin, die ein solches Zusammenwirken insinuiere. Mit den Fragen, die sie stelle, strebe sie nicht die Vollständigkeit der Aussagen und die Klärung von Widersprüchen an, wie dies Art. 143 Abs. 5 StPO verlange, sondern suche einzig danach, ihre Vorurteile zu bestätigen. Nachdem die Gesuchsgegnerin ihn habe die ersten Fragen stellen lassen, habe sie ihm untersagt, damit zu sämtlichen «Investigation Panels», die Gegenstand der Einvernahme gewesen seien, weiterzufahren. So habe die Gesuchsgegnerin willentlich verhindert, dass C. die Dokumente vorgelegt worden seien, die die Gesuchsgegnerin unter Umständen, die unklar blieben, in Gambia erhoben habe. Die Fragen des Gesuchstellers diesbezüglich seien essenziell für seine Verteidigung gewesen.

5.2 Zunächst ist festzuhalten, dass der Auffassung der Gesuchsgegnerin, dass Vorwürfe, die länger zurückliegen, unbeachtlich seien, so nicht gefolgt werden kann. Begründen mehrere Vorkommnisse erst zusammen den Ausstandsgrund, können auch zurückliegende, früher bereits bekannte Tatsachen geltend gemacht werden ( Keller, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2020, Art. 58 StPO N. 3; vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_266/2020 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 22. Dezember 2020 E. 4.2 f.).

5.3 Die pauschale Behauptung, die Gesuchsgegnerin habe wiederholt Einvernahmeprotokolle nach deren Unterzeichnung verändert bzw. verändern lassen und Anträge auf Wiederholung von Einvernahmen unbeantwortet lassen (act. 1 S. 3), vermag der Gesuchsteller mit seinen Ausführungen nicht glaubhaft zu machen. Auch die vom Gesuchsteller behaupteten geheimen Untersuchungshandlungen in Gambia (act. 1 S. 3–7) erscheinen aufgrund der Darstellung des Gesuchstellers nicht glaubhaft. Insbesondere sind in der Darstellung des Gesuchstellers keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb die zitierte Aktennotiz vom 12. März 2020 den Grund des Aufenthalts vom 17. Juli 2018 in Gambia nicht vollständig wiedergeben solle. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb die Umstände, die im Rechtshilfeersuchen an Gambia vom 19. Dezember 2018 angeführt worden seien, zwingend vorangehende, nicht protokollierte Untersuchungshandlungen in Gambia voraussetzten. Ebenso wenig erweist sich die pauschale Behauptung des Gesuchstellers, die Gesuchsgegnerin habe Verfahrensbeteiligte und das Zwangsmassnahmengericht regelmässig angelogen (act. 1 S. 7), als glaubhaft. Dasselbe gilt für die pauschale Behauptung, sie habe die Ausübung seiner Verteidigungsrechte systematisch behindert (act. 1 S. 7). Die Behauptung, die Gesuchsgegnerin habe eine Zeugin der Verteidigung willentlich diskriminiert, indem die Gesuchsgegnerin die Einvernahme in der Schweiz nach schweizerischem Verfahrensrecht willentlich habe scheitern lassen und die Zeugin rechtshilfeweise einvernommen habe (act. 1 S. 7), erscheint aufgrund der Ausführungen des Gesuchstellers nicht glaubhaft. Das Gleiche gilt für die Behauptung, die Gesuchsgegnerin habe insbesondere seinen vor rund zwei Jahren gestellten Antrag, ihn zu den von ihm ergriffenen Massnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen durch ihm unterstellten Kräften anzuhören, nicht beantwortet (act. 1 S. 8). Schliesslich vermag der Gesuchsteller mit seiner Darstellung auch nicht glaubhaft zu machen, die Gesuchsgegnerin enthalte der amtlichen Verteidigung systematisch Vorschüsse vor und erschwere dieser so die Wahrnehmung ihrer Aufgabe (act. 1 S. 8) und die Gesuchstellerin habe den Vorwurf, den sie ihm mache, nie konkretisiert (act. 1 S. 9).

Diese geltend gemachten Umstände sind mangels Glaubhaftmachung für die Beurteilung des Anscheins von Befangenheit nicht weiter zu berücksichtigen.

5.4 Was die Vorkommnisse anlässlich der Einvernahme von C. angeht, legt die Gesuchsgegnerin das Rahmenprotokoll der rechthilfeweisen Einvernahme von C. vom 30. Juni 2021 ins Recht. Daraus geht hervor, dass die (in der Schweiz anwesende) Verteidigung des Gesuchstellers um 14.16 Uhr begann, der (in Gambia anwesenden) Auskunftsperson Ergänzungsfragen zu stellen. Dabei wünschte die Verteidigung während der Ergänzungsfragen mehrfach, dass der Auskunftsperson Dokumente aus der Rubrik B18-201-02 vorgelegt werden und sie gefragt werde, ob sie diese Unterlagen wiedererkenne und ob dies Beilagen «des/der Report/s des Panels» seien. Die (in der Schweiz anwesende) Staatsanwältin des Bundes D. machte die Verteidigung darauf aufmerksam, dass diese Rubrik mehr als 1000 Seiten beinhalte und sie gehalten sei, Ergänzungsfragen mit einem konkreten sachlichen Zusammenhang zu stellen. Entsprechend dem Antrag der Verteidigung wurden der Auskunftsperson auf einem Laptop die Dokumente B18-201-02-0007 bis B18-201-02-151 gezeigt. Es zeigte sich, dass die Auskunftsperson angesichts der ihr gezeigten Dokumente wiederholend erklärte, dass sie sich nicht erinnern könne, was alles den «Reports» beigelegt worden sei. Die Auskunftsperson bestätigte mehrfach, dass die «Reports» mit den «Findings» korrekt seien und die darin aufgeführten Inhalte vom «Panel» durchgeführt worden seien. Die Verteidigung wurde deswegen von D. darauf hingewiesen, dass es angesichts der fortgeschrittenen Zeit und dem bisherigen Ergebnis der Vorhalte nicht als zielführend erachtet werde, in dieser Form mit Ergänzungsfragen zu den weiteren rund 1000 Seiten fortzufahren. Die Verteidigung sei gehalten, gezielte, spezifische Fragen zu solchen Dokumenten zu stellen. Die Verteidigung erklärte, dass sie in dieser Art und Weise mit den Ergänzungsfragen fortzufahren gedenke. D. erklärte der Verteidigung, dass dies mit der (in Gambia anwesenden) Gesuchsgegnerin abgesprochen werde. Nach einer Pause beantragte die Verteidigung, der Auskunftsperson seien die Dokumente B18-201-02-0162 bis B18-201-02-0208 vorzulegen, damit bestätigt werden könne, dass diese in Zusammenhang mit den Untersuchungen des «Investigation Panels» stünden. Nachdem bereits mehrere Dutzend Dokumente der Auskunftsperson vorgelegt worden waren, machte die Gesuchsgegnerin die Verteidigung darauf aufmerksam, dass der Auskunftsperson wegen des grossen Umfangs der genannten Rubrik nicht sämtliche Dokumente vorgelegt werden könnten, die Verteidigung aber spezifische Unterlagen benennen könne und diese der Auskunftsperson vorgelegt würden. Die Gesuchsgegnerin hielt zum Antrag der Verteidigung, der Auskunftsperson die Dokumente B18-201-02-0162 bis B18-201-02-0208 vorzulegen, fest, dass sie vorschlage, dass von nun an die Auskunftsperson in Zusammenhang mit den einzelnen «Reports» befragt werden könne und spezifische Dokumente, zu welchen die Verteidigung Fragen habe, der Auskunftsperson vorgelegt werden können. Die Gesuchsgegnerin werde voran zu den einzelnen «Reports» die Frage stellen, ob die nötigen Untersuchungshandlungen getätigt worden und deren Ergebnisse in den «Report» eingeflossen seien. Der Auskunftsperson würden daher nicht mehr «in globo» alle Dokumente aus der genannten Rubrik vorgelegt werden, dies habe sich nicht als zielführend erwiesen. Der Antrag der Verteidigung, diese Dokumente vorzulegen, werde abgewiesen. Die Verteidigung wendete ein, für den Gesuchsteller sei es von ausserordentlicher Wichtigkeit zu wissen, ob diese Dokumente im Rahmen der Untersuchung der «Panel of Investigators» erhoben worden seien. Die Gesuchsgegnerin wies darauf hin, dass sich aus den «Reports» ergebe, welche Untersuchungshandlungen vorgenommen worden seien, und sich somit die Herkunft der Dokumente aus den Akten ergebe. Ebenso wies die Gesuchsgegnerin darauf hin, dass sich aus den Akten der Rubrik B18-201-02 ergebe, dass nicht alle Dokumente der betreffenden Rubrik B18-201-02 als Beilagen von einem spezifischen «Report» zu verstehen seien. Die Verteidigung bemerkte, dass das von der Gesuchsgegnerin vorgeschlagene Vorgehen nicht vereinbar sei mit den Verteidigungsrechten des Beschuldigten und verwies auf Art. 6 StPO. Die Verteidigung kündigte an, wenn die Ergänzungsfragen nicht wie gewünscht gestellt werden könnten, werde sie ein erneutes Ausstandsgesuch gegen die Gesuchsgegnerin stellen. Die Verteidigung stellte den Antrag, es seien der Auskunftsperson die Dokumente B18-201-02-0215 bis B18-201-02-0242 vorzulegen. Die Gesuchsgegnerin wiederholte, die Dokumente seien genau anzugeben und es seien dazu spezifische Fragen zu stellen. Die Verteidigung teilte mit, sie wolle auf die gleiche Art und Weise wie bisher Fragen stellen und der Auskunftsperson alle Dokumente zeigen lassen, damit sie sagen könne, ob diese Unterlagen Beilagen der «Reports» gewesen seien. Die Gesuchsgegnerin informierte die Verteidigung dahingehend, dass das von der Verteidigung gewünschte Vorgehen in dieser allgemeinen Art nicht weitergeführt werde. Spezifische Zusatzfragen zu einzelnen Dokumenten, wenn sie sachbezogen seien, würden zugelassen werden. Die Verteidigung erklärte, dass sie demnach ein Ausstandsgesuch gegen die Gesuchsgegnerin stellen werde, wenn so fortgefahren werde. Auf mehrfache Nachfrage bestätigte die Verteidigung, ein Ausstandsgesuch gegen die Gesuchsgegnerin zu stellen. Im Anschluss, von 17.08 Uhr bis ca. 18.20 Uhr und von 19.22 Uhr bis ca. 19.32 Uhr, fuhr mehrheitlich die Verteidigung mit ihren Ergänzungsfragen fort, wobei die Vorlage diverser Dokumente mit Verweisung auf die vorhergehende Begründung abgelehnt wurde (act. 3.1 S. 5 ff.).

5.5 Das Ausstandsverfahren dient nicht dazu, allgemeine Verfahrensmassnahmen, wie die im Raum stehende Einvernahme vom 30. Juni 2021, zu beurteilen. Besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken, sind in der Art der Untersuchungsführung während der Einvernahme vom 30. Juni 2021 nicht zu erkennen. Das Fragerecht besteht nicht schrankenlos. Die Verfahrensleitung kann ungeeignete, unzulässige oder nicht den Verfahrensgegenstand betreffende Fragen zurückweisen ( Schleiminger Mettler, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 147 StPO N. 8; vgl. Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 Bundesblatt Als Filter hinzufügen Link öffnen, 1187; Thormann/Mégevand, Commentaire romand, 2. Aufl. 2019, Art. 147 StPO N. 9). Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände vermögen keinen Ausstand zu begründen. Damit erweist sich auch der beantragte Beizug der audiovisuellen Aufzeichnung der Einvernahme (act. 5 S. 5) als nicht erforderlich.

5.6 Nach dem Gesagten erweist sich das Ausstandsgesuch als unbegründet. Es ist abzuweisen.

6.

6.1 Der Gesuchsteller ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ( BP.2021.68 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen, act. 1 S. 6).

6.2 Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Prozessbegehren als aussichtslos anzusehen, wenn die Gewinnaussichten beträchtlich geringer erscheinen als die Verlustgefahren. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos gilt, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese ( BGE 142 III 138 E. 5.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen S. 139 f.; 140 V 521 E. 9.1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen).

6.3 Nach dem oben Ausgeführten erweist sich das Ausstandsgesuch als aussichtslos, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege unbesehen der finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers abzuweisen ist.

7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Gesuchsteller dessen Kosten zu tragen (vgl. Art. 59 Abs. 4 StPO). Die entsprechende Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.– festzusetzen (vgl. Art. 73 StBOG und Art. 5 und 8 Abs. 2 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Das Ausstandsgesuch wird abgewiesen.

2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtpflege wird abgewiesen.

3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.– wird dem Gesuchsteller auferlegt.

Bellinzona, 28. Februar 2022

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident:                                                             Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

-              Rechtsanwalt Philippe Currat

-              B., Staatsanwältin des Bundes, Bundesanwaltschaft,

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

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