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Entscheid des Bundesstrafgerichts: BB.2021.153A vom 29.03.2022

Hier finden Sie das Urteil BB.2021.153A vom 29.03.2022 - Beschwerdekammer: Strafverfahren

Sachverhalt des Entscheids BB.2021.153A


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Strafverfahren

Fallnummer:

BB.2021.153A

Datum:

29.03.2022

Leitsatz/Stichwort:

Schlagwörter

Bundes; Beschwer; Bundesanwaltschaft; Kammer; Entschädigung; Filter; Rechtsanwalt; Luginbühl; Apos;; Entscheid; Verfahren; Entscheide; Bundesstrafgericht; Verfahrens; BStGer; Verteidigung; Beschwerdekammer; Dispositiv-Ziff; Bundesstrafgerichts; Beschluss; Dispositiv-Ziffer; Staat; Urteil; Höhe; Eidgenossenschaft; Beschlusses; Teilbeschluss; Rechtsanwältin

Rechtskraft:

Kein Rechtsmittel gegeben

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 135 StPO ;Art. 14 StGB ;Art. 381 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 429 StPO ;

Referenz BGE:

139 IV 199; ;

Kommentar:

Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Bundesstrafgerichts

BB.2021.153A

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2021.153a

Teilbeschluss vom 29. März 2022
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Roy Garré, Vorsitz,

Daniel Kipfer Fasciati und Patrick Robert-Nicoud,

Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja

Parteien

1. Bundesanwaltschaft,

Beschwerdeführerin

2. Deutscher Fussball-Bund e.V. (DFB),

vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Meier und Rechtsanwalt Peter Reichart

3. Fédération Internationale de Football Association FIFA, vertreten durch Rechtsanwältin Catherine Hohl-Chirazi,

Privatklägerschaft

gegen

1. A. , vertreten durch Rechtsanwalt Nathan Landshut,

2. B. , vertreten durch Rechtsanwalt Beat Luginbühl,


3. C. , vertreten durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler,

4. D. , vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Isenring,

Beschwerdegegner 1-4

5. Bundesstrafgericht, Strafkammer,

Vorinstanz

Gegenstand

Entschädigung der beschuldigten Personen bei Einstellung des Verfahrens ( Art. 429 ff. StPO)


Sachverhalt:

A.      Am 6. November 2015 eröffnete die Bundesanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen Unbekannt wegen Verdachts der ungetreuen Geschäftsführung und der Geldwäscherei im Zusammenhang mit Zahlungen im Vorfeld der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland (nachfolgend «WM 2006»; Verfahrensakten SV.15.1462, pag. 01-100-0001 f.). Am 5. Juli 2016 dehnte die Bundesanwaltschaft die Strafverfolgung unter anderem auf A., B., C. und D. wegen des Verdachts des Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie der Veruntreuung aus (Verfahrensakten SV.15.1462, Urk. 01-100-0003 f.).

          Im Laufe des Verfahrens haben sich die Fédération Internationale de Football Association FIFA und der Deutsche Fussball-Bund e.V. als Privatkläger konstituiert (vgl. act. 1.1 lit. C; Verfahrensakten SV.15.1462, Urk. 15-004-0001 f.).

B.      Am 5. August 2019 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (nachfolgend «Strafkammer») gegen die obgenannten Beschuldigten wegen Betrugs ( Art. 146 StGB) bzw. wegen Gehilfenschaft zu Betrug (Verfahrensakten SK.2019.45 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen, Urk. 139.100.001 ff.).

C.      Mit Beschluss SK.2019.45 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. Mai 2021 stellte die Strafkammer das Verfahren gegen A., B., C. und D. wegen Verjährungseintritts ein. Rechtsanwalt Beat Luginbühl (nachfolgend «RA Luginbühl») sprach sie als amtlicher Verteidiger von B. eine Entschädigung von Fr. 207'700.-- (inkl. MwSt.) zu (Dispositiv-Ziffer 5). Für die erbetenen Verteidiger von A., C. und D. wurden Entschädigungen in unterschiedlicher Höhe festgesetzt sowie Genugtuungen und zum Teil Schadenersatz ausgesprochen (Dispositiv-Ziffer 4). Die Strafkammer entschied ferner, dass die Verfahrenskosten bei der Eidgenossenschaft verbleiben und die Privatkläger keinen Anspruch auf Entschädigung haben (Dispositiv-Ziffern 3 und 6).

D.      Die Bundesanwaltschaft gelangte mit Beschwerde vom 31. Mai 2021 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragte unter anderem die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 3 bis 6 des Beschlusses der Strafkammer vom 20. Mai 2021 (Antrag 1). In prozessualer Hinsicht beantragte sie, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen (act. 1a und 1b S. 2).

E.      Mit Schreiben vom 7. Juni 2021 gewährte der Referent im vorliegenden Beschwerdeverfahren der Beschwerde die aufschiebende Wirkung (act. 3).

F.      Im Rahmen des mit den Parteien durchgeführten Schriftenwechsels stellte B. mit Beschwerdeantwort vom 2. Juli 2021 folgende Anträge (act. 14 S. 1):

«1.       Auf das Rechtsbegehren Ziff. 1, u.a. die Dispositiv-Ziff. 5 des Beschlusses der Vorinstanz vom 20. Mai 2021, sei nicht einzutreten.

2.        Die Rechtsbegehren 1.-4. der Bundesanwaltschaft seien abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

           3.        Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu entziehen.

 4.        Es sei dem unterzeichnenden Anwalt für die Ausübung des amtlichen Mandats eine Akontozahlung in der Höhe von CHF 100'000.-- zu gewähren.»

G.      In ihrer Replik vom 9. August 2021 zog die Bundesanwaltschaft ihren Antrag auf Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 5 des Beschlusses SK.2019.45 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. Mai 2021 zurück. Stattdessen sei B. zur Rückerstattung der RA Luginbühl ausgerichteten Entschädigung der amtlichen Verteidigung an die schweizerische Eidgenossenschaft zu verpflichten. Im Übrigen hielt die Bundesanwaltschaft unverändert an ihren Anträgen in der Beschwerde vom 31. Mai 2021 fest (act. 24 S. 1 f.).

H.      In seiner Duplik vom 2. September 2021 beantragte B. die Gutheissung der mit Beschwerdeantwort vom 2. Juli 2021 gestellten Rechtsbegehren 2 bis 5. Das Rechtsbegehren 1 gemäss Beschwerdeantwort sei als gegenstandslos geworden abzuschreiben und das Bundesstrafgerichts sei anzuweisen, RA Luginbühl, für die amtliche Verteidigung von B. eine Entschädigung von Fr. 182'700.-- auszubezahlen (act. 37 S. 1).

I.        Mit Schreiben vom 17. März 2022 gelangte RA Luginbühl an die Beschwerdekammer und ersuchte um Überweisung des amtlichen Honorars in der Höhe von Fr. 182'700.-- (act. 46), was der Bundesanwaltschaft am 22. März 2022 zur Kenntnis gebracht worden ist (act. 47).

Auf die Ausführungen der Parteien wird, soweit erforderlich, im Rahmen der nachstehenden Erwägungen näher eingegangen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1     Beschlüsse der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht des Bundes unterliegen der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ( Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG). Die Bundesanwaltschaft kann die Beschwerde zugunsten oder zuungunsten der beschuldigten oder verurteilten Person ergreifen ( Art. 381 Abs. 1 StPO). Darüber hinaus ist jede Partei zur Erhebung einer Beschwerde berechtigt, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat ( Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen ( Art. 396 Abs. 1 StPO).

1.2     Das Bundesgericht bejaht die Beschwer der Staatsanwaltschaft zur Anfechtung der Höhe der Entschädigung für die private Verteidigung nach Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO, weil sich dieser Anspruch grundsätzlich gegen den Staat richte (Urteile des Bundesgerichts 6B_1314/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 10. Oktober 2018 E. 1.4.3; 6B_168/2012 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 27. August 2012 E. 2 und 3). Bezüglich der Bemessung der Entschädigung der amtlichen Verteidigung ergibt sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft aus den divergierenden Interessen von Verteidiger und Verurteiltem ( BGE 139 IV 199 E. 2 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen; Urteil des Bundesgerichts 6B_1314/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 10. Oktober 2018 E. 1.4.3): Ersterer sei an einer hohen Entschädigung interessiert, Letzterer – da er bei Eintritt günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse rückzahlungspflichtig werde ( Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO) – grundsätzlich hingegen an einer tiefen Entschädigung. Dies rechtfertige die Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft ( BGE 139 IV 199 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen a.a.O.). In Fällen, da keine Rückzahlungspflicht besteht, dürfte sich die Beschwerdelegitimation der Staatsanwaltschaft ebenfalls daraus ergeben, dass sich der Entschädigungsanspruch gegen den Staat richtet.

1.3     Die Beschwerdelegitimation der Bundesanwaltschaft zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde ist nach dem Gesagten zu bejahen. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.

2.      

2.1     Die Bundesanwaltschaft hat ihren Antrag auf Aufhebung von Dispositiv- Ziffer 5 des Beschlusses SK.2019.45 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. Mai 2021, mit welchem RA Luginbühl für die amtliche Verteidigung von B. von der Eidgenossenschaft Fr. 207'700.-- (inkl. MwSt.) zugesprochen worden ist, zurückgezogen. Davon ist Vormerk zu nehmen. Damit ist die Entschädigung der amtlichen Verteidigung von B. weder dem Grundsatz nach noch im Betrag strittig. Die Beschwerde ist daher – soweit sie die von der Vorinstanz ausgesprochene Entschädigung der amtlichen Verteidigung von B. in der Höhe von Fr. 207'700.-- betrifft – gegenstandslos geworden. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich, unter der Verfahrensnummer BB.2021.153a einen Teilbeschluss zu fällen. Dieser ist unabhängig von der Frage einer allfälligen Rückerstattungspflicht von B. – wie von der Bundesanwaltschaft beantragt – zu fällen.

2.2     Den Ausführungen von RA Luginbühl und der Bundesanwaltschaft zufolge wurde RA Luginbühl mit Verfügung der Bundesanwaltschaft vom 27. Dezember 2018 bereits eine Anzahlung von CHF 25'000.-- gewährt (vgl. act. 14 S. 4; act. 21 S. 2). Diese ist mithin vom von der Vorinstanz zugesprochenen Betrag von Fr. 207'700.-- abzuziehen, sodass RA Luginbühl nunmehr der Betrag von Fr. 182'700.-- von der Eidgenossenschaft auszubezahlen ist.

2.3     Über die Frage einer Rückerstattungspflicht von B. wird im separaten Teilbeschluss ( BB.2021.153 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen) zusammen mit den noch strittigen Beschwerdeanträgen entschieden.

3.       Ebenso wird über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorliegenden Teilverfahrens BB.2021.153a im Teilverfahren BB.2021.153 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen entschieden.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Vom Rückzug der Beschwerde gegen Dispositiv-Ziffer 5 des Beschlusses SK.2019.45 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. Mai 2021 wird Vormerk genommen. In diesem Umfang ist das Beschwerdeverfahren gegenstandslos geworden.

2. Die Eidgenossenschaft hat Rechtsanwalt Beat Luginbühl für die amtliche Verteidigung von B. in den Verfahren SK.2019.45 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen und SV.15.1462 Fr. 182'700.-- (Fr. 207'700.-- abzüglich Akontozahlung von Fr. 25'000.--) auszubezahlen.

3. Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens BB.2021.153a wird im Teilbeschluss des Verfahrens BB.2021.153 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen entschieden.

Bellinzona, 29. März 2022

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident:                                                             Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

-              Bundesanwaltschaft

-              Rechtsanwältin Andrea Meier

-              Rechtsanwalt Peter Reichart

-              Rechtsanwältin Catherine Hohl-Chirazi

-              Rechtsanwalt Nathan Landshut

-              Rechtsanwalt Beat Luginbühl

-              Rechtsanwalt Till Gontersweiler

-              Rechtsanwalt Bernhard Isenring

-              Bundesstrafgericht, Strafkammer

-              Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug & Vermögensverwaltung

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

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