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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SK.2021.39
Datum:16.12.2021
Leitsatz/Stichwort:
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Bundes; Urteil; Hinzufügen; Filter; öffnen; Gefährdung; Person; Spreng; Urteile; Sprengstoff; Pyrotechnische; Absicht; Verbrecherische; Personen; Täter; Bundesstrafgericht; Pyrotechnischen; Bundesstrafgerichts; Recht; Bundesgericht; Sprengstoffe; Gefahr; Gericht; Kammer; Verteidigung; Verfahren
Rechtskraft:Weiterzug
Rechtsnorm: Art. 105 StGB ; Art. 106 StGB ; Art. 12 StGB ; Art. 132 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 19 StPO ; Art. 2 StPO ; Art. 22 StGB ; Art. 224 StGB ; Art. 225 StGB ; Art. 23 StPO ; Art. 26 StPO ; Art. 267 StPO ; Art. 3 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 398 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 4 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 42 StPO ; Art. 422 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 69 StGB ; Art. 82 StPO ; Art. 91 SVG ;
Referenz BGE:103 IV 241; 104 IV 232; 115 IV 111; 119 IV 10; 127 IV 59; 133 IV 9; 134 IV 26; 136 IV 55; 136 IV 76; 137 IV 1; 80 IV 120; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

SK.2021.39

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2021.39 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen

Urteil vom 16. Dezember 2021
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Martin Stupf, Einzelrichter

Gerichtsschreiber Friedo Breitenfeldt

Parteien

Bundesanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwältin des Bundes Sabrina Beyeler

gegen

1.       A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt Enrico Mattiello,

 

2.       B., amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Stephan Mullis,

Gegenstand

Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht; Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz


Anträge der Bundesanwaltschaft:

A.

1.              A. sei schuldig zu sprechen:

- der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB sowie

- des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG.

2.              A. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten.

3.              Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei bedingt aufzuschieben unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.

4.              Es sei der Kanton St. Gallen als Vollzugskanton zu bestimmen.

B.

1.              B. sei schuldig zu sprechen:

- der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB.

2.              B. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten.

3.              Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei bedingt aufzuschieben unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

4.              Es sei der Kanton St. Gallen als Vollzugskanton zu bestimmen.

Beschlagnahmte Gegenstände

1.              Die beschlagnahmten pyrotechnischen Gegenstände (Asservat-ID Nr. 23469), lagernd beim Forensischen Institut Zürich, seien einzuziehen und nach Eintritt der Rechtskraft durch die lagernde Behörde zu vernichten.

2.              Die beschlagnahmten Betäubungsmittel, lagernd im Asservatenlager der BA/BKP (Asservat-ID Nr. 11467) seien einzuziehen und nach Eintritt der Rechtskraft durch die lagernde Behörde zu vernichten.

Verfahrenskosten

1.              A. und B. seien die Gebühren der Bundesanwaltschaft, ausmachend Fr. 6'000.--, sowie die vom Gericht festzulegenden Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte unter solidarischer Haftung aufzuerlegen.

2.              Die Auslagen der Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen über Fr. 1'056.95 seien vollumfänglich A. aufzuerlegen.

3.              Die Auslagen der Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen über Fr. 150.-- seien vollumfänglich B. aufzuerlegen.

Entschädigungen

1.              Die amtliche Verteidigung von B. sei für ihre Aufwendungen in gerichtlich zu bestimmender Höhe aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

2.              B. sei zu verpflichten, der Eidgenossenschaft die Entschädigung für seine amtliche Verteidigung zurückzubezahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

3.              A. sei keine Parteientschädigung zuzusprechen.

Anträge der Verteidigung von A.:

1.              A. sei vom Vorwurf der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht gemäss Art. 224 StGB sowie vom Vorwurf der Gefährdung ohne verbrecherische Absicht gemäss Art. 225 StGB freizusprechen.

2.              A. sei des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz für schuldig zu befinden und angemessen zu bestrafen, höchstens jedoch zu einer bedingten Geldstrafe.

3.              Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.

Anträge der Verteidigung von B.:

1.              Der Beschuldigte sei in Anwendung von Art. 224 Abs. 1 StGB vom Vorwurf der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht und in Anwendung von Art. 225 Abs. 1 und 2 StGB vom (impliziten) Vorwurf der Gefährdung ohne verbrecherische Absicht freizusprechen.

2.              Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.


Prozessgeschichte:

A.              Anlässlich einer Verkehrskontrolle am 28. März 2018 auf der […]strasse in Z. wurde um 20.15 Uhr der Personenwagen des A. (nachfolgend: Beschuldigter A.) durchsucht. Hierbei konnte hinter dem Sitz unter anderem ein Minigrip mit Marihuana sichergestellt werden (BA pag. 10-02-0002).

B.              Am 14. April 2018 konnte die Stadtpolizei St. Gallen beobachten, dass ein Knallkörper auf dem Areal der Ostschweizer Frühlings- und Trendmesse (OFFA) gezündet wurde. Daraufhin wurden die Tatverdächtigen, der Beschuldigte A. sowie B. (nachfolgend: Beschuldigter B.), auf den Polizeiposten verbracht und einvernommen (BA pag. 10-01-0002).

C.              Gestützt auf die Ersuchen des Untersuchungsamts Altstätten SG vom 28. November 2019 betreffend die jeweiligen Verfahren gegen die beiden Beschuldigten wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht ( Art. 224 StGB) sowie dasjenige gegen den Beschuldigten A. wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz ( Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) übernahm die Bundesanwaltschaft die Verfahren am 13. Januar 2020 (BA pag. 02-01).

D.              Mit Verfügung vom 29. Mai 2020 eröffnete die Bundesanwaltschaft unter der Geschäftsnummer SV.19.1391 eine Strafuntersuchung gegen die Beschuldigten wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht ( Art. 224 StGB) sowie in Bezug auf den Beschuldigten A. wegen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz ( Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) und vereinigte die in kantonaler Kompetenz zu verfolgenden Delikte in der Hand der Bundesbehörden ( Art. 26 Abs. 2 StPO) (BA pag. 01-01-0002 ff.).

E.              Am 17. August 2021 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (TPF pag. 2.100.001 ff.).

F.              Mit Schreiben vom 2. November 2021 teilte das Gericht den Parteien mit, dass es sich vorbehalte, den Sachverhalt auch im Lichte von Art. 225 Abs. 1 StGB (Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht) zu würdigen (TPF pag. 2.400.004).

G.              Im Rahmen der Prozessvorbereitung holte das Gericht von Amtes wegen die erforderlichen Beweismittel zu den persönlichen Verhältnissen der Beschuldigten (Straf- und Betreibungsregisterauszug, Steuerunterlagen) ein und lud C. als Zeugin an die Hauptverhandlung vor (TPF pag. 2.250.001 f.).

H.              Am 16. Dezember 2021 fand die Hauptverhandlung am Sitz des Bundesstrafgerichts in Anwesenheit der Bundesanwaltschaft, der Beschuldigten und deren Verteidiger statt. Auf Antrag der Bundesanwaltschaft und mit Einverständnis der Verteidiger wurde der Bericht «Verletzungspotenzial pyrotechnischer Gegenstände direkt am Körper» des Instituts für Rechtsmedizin (Forensische Physik / Ballistik) der Universität Bern vom 14. Dezember 2016 zu den Akten erkannt (TPF pag. 2.721.001 ff.); wie auch einen «Screenshot», das die Verteidigung von B. aus dem Video der Zeugin C. erstellt hatte (TPF pag. 2.721.020).

I.              Das Urteil des Einzelrichters der Strafkammer wurde gleichentags (16. Dezember 2021) mündlich eröffnet und begründet.

J.              Am 21. Dezember 2021 meldete die Bundesanwaltschaft fristgerecht Berufung gegen das Urteil an (TPF pag. 21.940.001 f.).

Der Einzelrichter erwägt:

1.              Bundesgerichtsbarkeit

              Gemäss Art. 23 Abs. 1 lit. d StPO unterstehen die Verbrechen und Vergehen der Art. 224 - 226ter StGB der Bundesgerichtsbarkeit. Für die Verfolgung und Beurteilung des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz ( Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) besteht grundsätzlich kantonale Gerichtsbarkeit ( Art. 22 StPO). Auf Grund der Übernahme und Vereinigung der Verfahren durch die Bundesbehörden (vgl. Prozessgeschichte, lit. C. und D.), ist die sachliche Zuständigkeit der Strafkammer des Bundesstrafgerichts für die Beurteilung aller Anklagepunkte gegeben ( Art. 19 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 35 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010; StBOG; SR.173.71).

2.              Anklagevorwurf

2.1

Die Bundesanwaltschaft wirft den Beschuldigten A. und B. vor, am 14. April 2018 um 22.33 Uhr auf dem Aussenbereich der OLMA-Messen, während der Frühlings- und Trendmesse OFFA, gemeinsam einen pyrotechnischen Gegenstand gezündet und diesen anschliessend in die Menschenmenge geworfen zu haben. Hierbei habe der Beschuldigte A. den Beschuldigten B., der drei pyrotechnische Gegenstände der Marke «Color Thunder King» auf sich getragen habe, um einen pyrotechnischen Gegenstand gebeten, diesen auch erhalten und ihn anschliessend in der Hand gehalten, während der Beschuldigte B. diesen angezündet habe.

              Das Gehäuse des pyrotechnischen Gegenstands sei in der Hand des Beschuldigten A. verblieben, wobei die angezündete Ladung ca. 20 bis 30 m weit weg, schräg nach vorne in Richtung der Leute beim Messeeingang in die Luft hochgeschossen sei und in der Nähe von Messeständen an der Jägerstrasse, dem OFFA-Stand Schützengarten sowie dem Messestand D. in ca. 10 bis 20 m Distanz über den Köpfen von diversen Messebesuchern mit einem ohrenbetäubenden Knall umgesetzt sei. Beim Anzündvorgang habe sich der Beschuldigte A. in der Menschenmenge im Freien bei den mobilen Toiletten auf dem Messegelände befunden, sei aufrecht gestanden, habe das Feuerwerksrohr nach oben gehalten und damit in die Luft gezielt und sich weder nach links noch nach rechts umgesehen. Durch die unsachgemässe Verwendung sei es ihm weder möglich gewesen, die effektive Wurfbahn noch den Detonationsort des pyrotechnischen Gegenstands zu kontrollieren. Hierbei sei der Beschuldigte B. in ca. einer Armlänge Distanz von ihm gestanden. Die damalige Freundin des Beschuldigten B., C., habe sich in einer Entfernung von ca. 5 m befunden. Mindestens drei Messebesucher im Bereich der mobilen Toiletten hätten sich in einer Entfernung von 20 bis 30 m zu den beiden Beschuldigten aufgehalten.

              Durch den unsachgemässen Einsatz des pyrotechnischen Gegenstandes hätten die Beschuldigten eine gefährliche Situation mit hohem Verletzungspotential geschaffen. So seien durch die Explosion desselben, Personen, die sich innerhalb eines Radius von 15 bis 25 m vom Umsetzungs- bzw. Detonationspunkt auf dem freien Messegelände der OFFA befunden hätten, d. h. die beiden Beschuldigten, C., drei sich bei den mobilen Toiletten aufhaltende Personen sowie eine nicht näher bekannte Anzahl weiterer Messebesucher im relevanten Radius an Leib und Leben gefährdet worden. Es sei lediglich dem Zufall geschuldet, dass diese keine potentiell schweren Körperverletzungen erlitten hätten.

              Hierbei hätten die Beschuldigten gewusst, dass sich auf dem Messegelände im Freien viele Menschen aufgehalten hätten und der pyrotechnische Gegenstand unsachgemäss verwendet worden sei, da insbesondere der nötige Abstand nicht gewahrt worden sei. Ihnen sei zudem bewusst gewesen, dass durch den unsachgemässen Einsatz nicht kontrollierbar gewesen sei, wohin die aus dem Feuerwerksrohr ausgeschossene Bombette mit dem Blitzknallsatz effektiv detonieren würde und dass dadurch bei Menschen erhebliche Verletzungen würden resultieren können. Die Beschuldigten hätten mithin wissentlich und willentlich sowie in verbrecherischer Absicht gehandelt.

2.2

Dem Beschuldigten A. wirft die Bundesanwaltschaft zudem vor, zwischen dem 28. Februar und 28. März 2018 im St. Galler Rheintal an drei bis vier Personen insgesamt 10 Portionen à 4 g Marihuana für jeweils Fr. 50.-- verkauft zu haben. Dabei habe der Beschuldigte A. wissentlich und willentlich gehandelt.

3.              Rechtliches

3.1

Nach Art. 224 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer vorsätzlich und in verbrecherischer Absicht durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt.

3.1.1 Der Sprengstoffbegriff gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB deckt sich im Wesentlichen mit dem Begriff im Bundesgesetz über explosionsgefährliche Stoffe vom 25. März 1977 (Sprengstoffgesetz, SprstG; SR 941.41). Als Sprengstoffe gelten gemäss Art. 5 Abs. 1 SprstG «einheitliche chemische Verbindungen oder Gemische solcher Verbindungen, die durch Zündung, mechanische Einwirkung oder auf andere Weise zur Explosion gebracht werden können und die wegen ihrer zerstörenden Kraft, sei es in freier oder verdämmter Ladung, schon in verhältnismässig geringer Menge gefährlich sind». Darunter fallen Stoffe gemäss Art. 2 der Verordnung über explosionsgefährliche Stoffe vom 27. November 2000 (Sprengstoffverordnung, SprstV; SR 941.411). Nicht unter den Sprengstoffbegriff fallen Molotow-Cocktails (Brandwurfkörper) und Stoffe nach Art. 5 Abs. 2 lit. a SprstG (explosionsfähige Gase, Dämpfe von flüssigen Brennstoffen sowie andere Stoffe, die erst nach einer Vermischung mit Luft explodieren), lit. b (bei der Herstellung chemischer Produkte verwendete Hilfsstoffe oder entstehende Zwischenerzeugnisse, die explosionsgefährlich sind, aber diese Eigenschaft vor Abschluss des Produktionsverfahrens verlieren) und lit. c (explosionsfähige Erzeugnisse und Präparate, die nicht zu Sprengzwecken hergestellt und in den Handel gebracht werden). Die Definition in Art. 5 Abs. 1 SprstG gilt auch für die Art. 224 – 226 StGB, wobei das Merkmal der zerstörerischen Kraft entscheidend ist ( BGE 104 IV 232 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. Ia; 103 IV 241 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. I.1; Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2015.28 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 7. April 2016 E. 4.1 ; Trechsel/Coninx, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2021, Art. 224 StGB N. 2; Roelli, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 224 StGB N. 4).

              Feuerwerkskörper und andere gebrauchsfertige Erzeugnisse mit einem Explosiv- oder Zündsatz, die nicht zum Sprengen bestimmt sind, gelten als pyrotechnische Gegenstände ( Art. 7 SprstG). Sie fallen nicht unter den Sprengstoffbegriff von Art. 5 SprstG. Pyrotechnische Gegenstände sind daher grundsätzlich nicht als Sprengstoff im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB zu qualifizieren. Ausgenommen sind Erzeugnisse, die besonders grosse Zerstörungen bewirken oder zum Zwecke der Zerstörung verwendet werden (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.5.1; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5; 6B_299/2012 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. September 2012 E. 2.2; BGE 104 IV 232 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 1a; Urteile des Bundesstrafgerichts SK.2017.17 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 9. August 2017 E. 4.1.1; SK.2015.28 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 7. April 2016 E. 4.2).

3.1.2 Art. 224 StGB stellt ein konkretes Gefährdungsdelikt dar und setzt objektiv voraus, dass der Täter durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum konkret in Gefahr bringt (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.2.2; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5; BGE 115 IV 111 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3b; 103 IV 241 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. I.1). Die konkrete Gefährdung ist gegeben, wenn eine Verletzung nicht nur möglich, sondern nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wahrscheinlich ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.1.2; BGE 103 IV 241 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. I.1). Massgebend sind die tatsächlichen Umstände des konkreten Falles. Die Gefahr muss nicht einer Mehrzahl von Personen oder Sachen von grosser Substanz gelten; es genügt die gezielte Gefährdung eines bestimmten Menschen oder einer bestimmten fremden Sache ( BGE 103 IV 241 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. I.1; 115 IV 113 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Deshalb erfüllt bereits der taugliche Versuch eines Sprengstoffattentats den Tatbestand von Art. 224 StGB ( Roelli, a.a.O., Art. 224 StGB N. 7; Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2015.28 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 7. April 2016 E. 4.1). Wie die Gefährdung zu erfolgen hat, umschreibt das Gesetz nicht. Für die Erfüllung des Tatbestandes genügt jeder wie auch immer geartete Umgang mit Sprengstoff oder giftigen Gasen, sofern nur der Gefährdungserfolg eintritt (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.1.2; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5 mit Hinweisen). Allerdings ist bezüglich der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB angesichts der hohen Strafdrohung und des Umstands, dass der Tatbestand schon im Falle der Gefährdung einer einzigen, individuell bestimmten Person erfüllt sein kann, eine eher grosse Wahrscheinlichkeit der Verletzung von Leib, Leben sowie Eigentum und damit eine eher nahe Gefahr erforderlich (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.1.2; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.4.2 mit Hinweisen).

3.1.3 In subjektiver Hinsicht erfordert Art. 224 Abs. 1 StGB zunächst Gefährdungsvorsatz. Dieser liegt vor, sobald der Täter die Gefahr kennt und trotzdem handelt. Wer in diesem Bewusstsein handelt, will die Gefahr auch. Nicht erforderlich ist, dass der Täter die Verwirklichung der Gefahr, sei es auch nur eventuell, gewollt hat (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.2.3; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5 und 4.5.3; 6B_913/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 13. April 2017 E. 1.1.1; 6B_1038/2009 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 27. April 2010 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 136 IV 76 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen, mit Hinweisen; BGE 103 IV 241 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. I.1).

              Der subjektive Tatbestand setzt zudem – nebst dem Gefährdungsvorsatz – ein Handeln in verbrecherischer Absicht voraus («Doppelvorsatz»; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.7.2).

              Die heutigen Art. 224 ff. StGB entstanden im Rahmen der Revision der gemeingefährlichen Delikte in den 1920er Jahren. Der Botschaft «zu einem Bundesgesetze betr. den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen und giftigen Gasen» ist bezüglich «verbrecherischem Gebrauch» Folgendes zu entnehmen: «Als verbrecherischer Gebrauch ist der Natur der Sache nach sowohl die wissentliche Gefährdung als auch ein damit konkurrierendes Erfolgsverbrechen zu verstehen» ( BBl 1924 I 596 Bundesblatt Als Filter hinzufügen Link öffnen). Die verbrecherische Absicht bezieht sich somit auf das Handlungsziel des Täters. Dieses muss in der Verwirklichung eines (anderen) Verbrechens oder – über den Wortlaut hinaus – Vergehens bestehen; eine angestrebte Übertretung reicht dagegen nicht aus ( Roelli, a.a.O., Art. 224 StGB N. 9; Trechsel/ Coninx, a.a.O., Art. 224 StGB N. 7). In verbrecherischer Absicht handelt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wer nicht rechtmässig und sachgerecht Sprengstoff einsetzt und eine Gefährdung in Kauf nimmt (Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.7.3). So handelt beispielsweise in verbrecherischer Absicht, wer mittels Sprengstoffen beabsichtigt, ein Delikt wie z. B. eine Körperverletzung oder eine Sachbeschädigung zu begehen (Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.2.3; BGE 103 IV 241 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. I.1 mit Verweis auf BGE 80 IV 120 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Die verbrecherische Absicht besteht demzufolge darin, dass der Täter den Sprengstoff einsetzt, um vorsätzlich ein darüberhinausgehendes Verbrechen oder Vergehen zu verüben (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.2.3; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5).

              In verschiedenen Urteilen zu Art. 224 StGB erachtete das Bundesgericht Eventualabsicht als ausreichend (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.2.3; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.6.3; BGE 103 IV 241 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. I.1). Diese Auffassung wird in der Lehre mehrheitlich kritisch gesehen ( Stratenwerth/Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl. 2013, § 29 N. 20; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit, 5. Aufl. 2017, § 10 S. 50; Roelli, a.a.O., Art. 224 StGB N. 9; Trechsel/Coninx, a.a.O., Art. 224 StGB N. 7). Im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt der Täter mit Eventualabsicht, wenn ihn die Aussicht auf den bloss möglichen, nicht sicheren Eintritt des Erfolges nicht von der bewussten und gewollten Begehung der Tat abhält (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.2.3; 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 E. 4.6.3 und 4.6.4). Gemäss Bundesgericht soll auch nach Art. 224 StGB strafbar sein, wer mit dem eigentlichen Ziel handle, Personen zu erschrecken, nicht jedoch zu verletzen, wenn er durch die von ihm gesetzte Gefahr eine Verletzung von Personen oder Eigentum vorsätzlich in Kauf nehme (Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 E. 1.7.2).

3.2

Zum Rechtlichen betr. des Anklagevorwurfs im Zusammenhang mit dem Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz siehe unter E. 4.5.1.

4.              Beweiswürdigung und Subsumtion

              Zunächst ist zu prüfen, ob die Beschuldigten mit dem gemeinsamen Zünden des pyrotechnischen Gegenstandes «Color Thunder King» im Aussenbereich der OLMA-Messen den Tatbestand der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht ( Art. 224 Abs. 1 StGB) erfüllten.

4.1 Äusserer Sachverhalt

4.1.1 Aussagen der Beschuldigten und der Zeugin

              Anlässlich ihrer Konfrontationseinvernahme vom 17. September 2020 wurde den Beschuldigten vorgehalten, sie hätten den Feuerwerkskörper gemeinsam gezündet und bei den mobilen Toiletten in Richtung Menschenmenge geworfen, wo dieser mit einem ohrenbetäubenden Knall in der Luft explodiert sei. Hierauf antwortete der Beschuldigte A.: «eher wenig zutreffend». Er und der Beschuldigte B. hätten das Feuerwerk nicht geworfen; vielmehr habe er den Böller in der Hand gehabt und in die Luft geschossen. Sie hätten ihn nicht in die Menschenmenge geworfen (BA pag. 13-01-0017). Der Beschuldigte B. antwortete hierauf, er sei, wie der Beschuldigte A., der Meinung, dies sei «eher weniger zutreffend». Der Beschuldigte A. und er hätten in die Luft geschossen und nicht in die Menschenmenge. Sie hätten auch die Abstände (zu anderen Menschen) eingehalten. Die Skizze auf dem Fotoblatt im Polizeibericht [der Stadtpolizei St. Gallen vom 8. Mai 2018; BA pag. 10-01-0004] stimme nicht, sie hätten (den Böller) nicht in die Menge geworfen (BA pag. 13-01-0017). Anlässlich der Hauptverhandlung wiederholten beide Beschuldigten diese Sachverhaltsdarstellung (TPF pag. 2.731.004; 2.732.004). Auch die Zeugin C. äusserte sich in diesem Sinne (TPF pag. 2.761.004). Hinsichtlich der Flugbahn des Blitzknallsatzes decken sich die Aussagen beider Beschuldigten mit derjenigen der Zeugin: Der Beschuldigte A. erklärte, er habe den pyrotechnischen Gegenstand mit einer Armlänge Abstand und einem Winkel von ca. 80° bis 90° in seiner Hand gezündet, wobei der «Color Thunder King» im freien Himmel detoniert sei (TPF pag. 2.731.006 f.); der Beschuldigte B. bestätigte, dass der Böller «senkrecht in den Himmel hoch bzw. 80° leicht schräg in den Himmel hinauf» gegangen sei (TPF pag. 2.732.007). Die Zeugin C. zeichnete anlässlich der Hauptverhandlung die Flugbahn dergestalt auf die Skizze (auf dem Fotoblatt) des Tatgeschehens ein, wonach der Blitzknallsatz nicht in Richtung Menschenmenge, sondern fast senkrecht nach oben in leichter Neigung geflogen sei (TPF pag. 2.721.023) und gab zu Protokoll, sie habe gesehen, dass «der Böller gerade in den Himmel hochging» bzw. «gerade nach oben flog». Auf Nachfrage bestätigte sie, dass die Ausschussbombette dabei senkrecht gehalten worden sei; eine geneigte Flugbahn habe sie nicht festgestellt. Auf entsprechende Vorhalte hin bestätigte sie im Grundsatz die von den Beschuldigten auf dem Fotoblatt im Vorverfahren eingezeichneten Standorte, Detonationspunkte (Explosion) sowie Abstände bzw. Distanzen (TPF pag. 2.721.004, -007 f.).

4.1.2 Videosequenz des Vorfalls

              In objektiver Hinsicht werden die Aussagen der Beschuldigten und der Zeugin durch das von letzterer erstellte Video (mit einer Laufzeit von ca. 10 Sekunden) gestützt: Auf diesem ist ersichtlich, wie der Beschuldigte A. den vom Beschuldigten B. angezündeten pyrotechnischen Gegenstand «Color Thunder King» bis zur Detonation in der Hand hält. Dabei befindet er sich (aus Kameraperspektive betrachtet) rechts von den Toi Toi-Toiletten. Auf dem Video sichtbar ist zudem, wie sich zwei Personen während des Zündungsvorgangs entfernen und sich eine zusätzliche Person in eines der Toilettenhäuschen begibt. Anschliessend ist erkennbar, wie die Bombette den Blitzknallsatz senkrecht mit leichter Neigung in den Himmel freisetzt. Hierbei ist ein Knall zu hören sowie das Johlen der drei Anwesenden (BA pag. 13-02-0037).

4.1.3 Für das Gericht ist der äussere Anklagesachverhalt insoweit erstellt, als dass der pyrotechnische Gegenstand «Color Thunder King» nachweislich von keinem der Beschuldigten in eine Menschenmenge «geworfen» wurde, sondern vom Beschuldigten A. in der Hand gehalten und vom Beschuldigten B. angezündet wurde, woraufhin die Bombette den Blitzknallsatz senkrecht mit leichter Neigung in die Luft freisetzte. Dass die Beschuldigten für die Zündung gemeinsam handelten und arbeitsteilig vorgingen, ist unbestritten.

4.2

In rechtlicher Hinsicht gilt es vorab zu klären, ob der vorliegend eingesetzte «Color Thunder King» als Sprengstoff im Sinne von Art. 224 StGB zu qualifizieren ist. Dies ist gemäss Rechtsprechung u.a. dann der Fall, wenn er zum Zwecke der Zerstörung verwendet wurde (siehe E. 3.1.1 hievor). Dabei ist entscheidend, ob durch die Art und Weise, wie der Feuerwerkskörper eingesetzt wurde, eine besonders grosse Gefährdung für Personen oder Sachen entstanden ist oder nicht.

4.2.1 Gemäss Kurzbericht des Forensischen Instituts Zürich (nachfolgend: FOR) vom 31. August 2020 werden pyrotechnische Gegenstände zu Vergnügungszwecken in der Schweizer Identifikations-Nummer mit einem «V» für Vergnügungszwecke bezeichnet und nach den Kriterien von Anhang 1, Ziffer 2, SprstV, in die Kategorien F1-F4 eingeteilt (Feuerwerkskörper, die eine mittlere Gefahr darstellten, die für die Verwendung in weiten, offenen Bereichen im Freien vorgesehen sind und deren Lärmpegel bei bestimmungsgemässer Verwendung die menschliche Gesundheit nicht gefährden). Feuerwerkskörper der Kategorie F3 dürfen nicht an Personen unter 18 Jahren abgegeben werden (Art. 7 und Anhang 1, Ziffer 2.3 SprstV) (BA pag. 11-03-0003 ff.).

              Die grösste Gefahr bei einem Feuerwerksrohr gehe von der ausgeschossenen Bombette aus. Diese enthalte einen Blitzknallsatz. Blitzknallsätze seien sehr energiereiche pyrotechnische Systeme mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit. Dementsprechend gross seien Explosionsdruck und Knalleffekt. Für das Ausmass der Gefährdung sei die Distanz zum Explosionspunkt entscheidend. Direkt anliegend oder unter Einschluss – sogenannt verdämmt – sei die Wirkung am grössten. Es bestehe ein erhebliches Verletzungs- bzw. Zerstörungspotenzial. Auf Grund des hohen Schalldrucks könne es insbesondere zu einem Gehör­trauma kommen. Die Zerstörungskraft nehme mit zunehmender Distanz rasch ab. In der Nähe von Glas, Metall etc. könnten sich durch die Explosion des pyrotechnischen Gegenstandes zudem Splitter resp. Scherben bilden und weggeschleudert werden. Diese könnten auch über eine grössere Distanz zusätzlichen Schaden anrichten oder Personen verletzen. Weiter könne der Effektkörper durch thermische Reaktionen und durch kinetische Energie beim Aufprall Schäden verursachen. Die thermischen Einflüsse könnten auf der Haut eines Menschen beträchtliche Verletzungen oder im Auge irreversible Schädigungen verursachen. Die kinetische Energie hänge von der Geschwindigkeit im Quadrat und dem Eigengewicht des auftreffenden Effektkörpers ab. Bei einem Treffer sei mit Blutergüssen am Körper oder dem Verlust eines Auges zu rechnen. Die Sicherheitsabstände der drei vorliegend in Frage kommenden pyrotechnischen Produkte mit einer CH-Identifikations-Nr. bezögen sich auf Zuschauer, Gebäude und brennbare Materialien. Die Werte der beschriebenen «Thunder King»-Varianten lägen zwischen 15 m und 25 m. Da bei einem vorschriftsgemäss abgebrannten Feuerwerksrohr der Effektkörper nach oben ausgeschossen werde, vergrössere sich der Abstand zum Publikum zusätzlich. Dadurch werde gewährleistet, dass die vorgeschriebenen Schallgrenzwerte eingehalten würden und die menschliche Gesundheit nicht gefährdet werde. Bei der korrekten Anwendung aller aufgeführten Produkte dürften diese nur im Freien verwendet werden, sich keine Hindernisse (insbesondere Körperteile) über der Mündung befinden und das Feuerwerksrohr müsse auf einem festen, ebenen Boden stehen, um ein Umkippen zu vermeiden (BA pag. 11-03-0006 f.).

              Gemäss den dem FOR zur Verfügung stehenden Unterlagen sei der «Color Thunder King» nach dem Aktivieren der Anzündlitze Richtung Menschenansammlung geworfen und es sei damit gegen fundamentale Sicherheitsregeln verstossen worden. Der Feuerwerkskörper sei so eingesetzt worden, dass eine gefährliche Situation mit hohem Verletzungspotential geschaffen worden sei. So seien die Sicherheitsabstände nicht für ein solches Vorgehen ausgelegt. Wo das Feuerwerksrohr ausschiesse und wo die Bombette mit dem Blitzknallsatz zur Umsetzung gelange, könne nicht vorhergesagt werden (BA pag. 11-03-0007).

              Der von den Beschuldigten verwendete pyrotechnische Gegenstand «Color Thunder King» verfügt über eine Nettoexplosivmasse (NEM) von ca. 5,4 g (BA pag. 11-03-0001). Er kann somit bei entsprechender Verwendungsart die bereits oben erwähnten Verletzungen verursachen (hierzu BA pag. 11-03-0006).

              Die Feststellungen des FOR sind insoweit zu korrigieren, als der pyrotechnische Gegenstand von keinem der Beschuldigten «geworfen» wurde, sondern vom Beschuldigten A. in der Hand gehalten und vom Beschuldigten B. angezündet wur­de, woraufhin die Bombette den Blitzknallsatz in der Luft freisetzte (vgl. E. 4.1.3 hievor).

4.2.2 Auf Grund der Aussagen der Beschuldigten, der Zeugin C., des Amtsberichts des FOR und des Videos ist erstellt, dass der Beschuldigte A. den vom Beschuldigten B. angezündeten pyrotechnischen Gegenstand «Color Thunder King» bis zur Detonation in der Hand hielt. Dabei befand er sich (aus Kameraperspektive betrachtet) rechts von den Toi Toi-Toiletten. Auf dem Video sichtbar ist zudem, wie sich zwei Personen während des Zündungsvorgangs entfernen und sich eine zusätzliche Person in eines der Toilettenhäuschen begibt. Der vom Hersteller auf dem pyrotechnischen Gegenstand angegebene Sicherheitsabstand von 8 m – geschweige denn der vom FOR für diesen Gegenstand als notwendig erachtete Sicherheitsabstand von 20 bis 25 m – wurde von den Beschuldigten bei weitem nicht eingehalten (BA pag. 11-03-0006 f.). So gab die Zeugin C. anlässlich der Hauptverhandlung zu Protokoll, dass sich innerhalb eines Radius' von 10 m von der Gefahrenquelle während des Abbrennens der Anzündung mindestens 5 weitere Personen befunden hätten (TPF pag. 2.761.005). Durch die unvermittelte Zündung des pyrotechnischen Gegenstandes durch die Beschuldigten bestand für diese, die Zeugin C. sowie die Sachen/Gegenstände, die diese Personen auf oder bei sich trugen, eine konkrete Gefährdung. Auf Grund der Umstände der Zündung des pyrotechnischen Gegenstands, d.h. ohne Beachtung der (horizontalen) Sicherheitsabstände von (mindestens) 8 bzw. 20-25m und der nicht bestimmungsgemässen Zündung (in der Hand statt auf festem, ebenem Boden), ist in objektiver Hinsicht eine Verwendung des «Color Thunder King» zum Zwecke der Zerstörung zu bejahen. Es steht demzufolge fest, dass so, wie die Beschuldigten den pyrotechnischen Gegenstand einsetzten, es sich um Sprengstoff im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB handelt.

              Wie viele Personen sich unterhalb des Detonationspunktes bzw. -ortes befanden, als der Blitzknallsatz in der Luft explodierte, nachdem er aus der Bombette ausgeschossen war, lässt sich nicht mehr rekonstruieren und gilt daher als nicht rechtsgenüglich nachgewiesen. Ebenfalls nicht erstellt ist, in welcher Höhe der pyrotechnische Gegenstand über den Köpfen der Messebesucher effektiv detonierte (vertikaler Sicherheitsabstand). Am obigen Beweisergebnis ändert dies jedoch nichts.

4.2.3 Der objektive Tatbestand von Art. 224 Abs. 1 StGB ist damit erfüllt.

4.3

In subjektiver Hinsicht ist zu prüfen, ob die Beschuldigten mit Gefährdungsvorsatz sowie in verbrecherischer Absicht handelten.

4.3.1 Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt oder wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt ( Art. 12 Abs. 2 StGB). Für den Nachweis des Vorsatzes kann sich das Gericht – soweit der Täter nicht geständig ist – regelmässig nur auf äusserlich feststellbare Indizien und auf Erfahrungsregeln stützen, die ihm Rückschlüsse von den äusseren Umständen auf die innere Einstellung des Täters erlauben ( BGE 134 IV 26 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 3.2.2 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 6B_678/2013 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 3. Februar 2014 E. 3.1). Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft sogenannte innere Tatsachen und ist damit Tatfrage. Rechtsfrage ist hingegen, ob gestützt auf die festgestellten Tatsachen Fahrlässigkeit, Eventualvorsatz oder direkter Vorsatz gegeben ist ( BGE 137 IV 1 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4.2.3; BGE 133 IV 9 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_724/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Juli 2017 E. 1.2).

4.3.2 In Bezug auf den Gefährdungsvorsatz ist Folgendes festzustellen:

4.3.2.1 Was die Unterschreitung der (horizontalen) Sicherheitsabstände zu anderen Personen im Moment der Zündung anbelangt, kann zunächst auf die Ausführungen unter E. 4.2.2 verwiesen werden.

4.3.2.2 Aussagen der Beschuldigten

Anlässlich ihrer Konfrontationseinvernahme wurden die Beschuldigten gefragt, ob sie sich vor dem Abfeuern des Feuerwerkskörpers umgesehen hätten, wo es Leute gegeben habe. Hierauf gab der Beschuldigte A. Folgendes zu Protokoll: «Ja, durch das, dass wir Sicht gehabt haben in Richtung Schützengartenstand und E., sah ich, wie weit die Leute weg von uns waren, dass niemand in unmittelbarer Nähe war, der gefährdet gewesen wäre». Der Beschuldigte B. bestätigte dies und fügte hinzu, dass die nächsten Personen «im Schützengarten» gewesen seien und sie auch gesehen hätten, dass keine Leute in der nahen Umgebung gewesen seien, diese seien weiter vorne gestanden. Danach gefragt, ob sie gesehen hätten, ob jemand von dem «Color Thunder King» getroffen worden sei, gab der Beschuldigte A. zu Protokoll: «Es ist schwer, jemanden zu treffen, wenn er hoch in die Luft geht. Dadurch, dass das Projektil 20 bis 30 Meter in die Luft geflogen ist, kann man niemanden treffen». Der Beschuldigte B. fügte sodann hinzu, dass es unmöglich gewesen sei, jemanden zu treffen, da der Knallkörper «in die Luft» gegangen sei. Folglich sei mit Sicherheit niemand getroffen worden. Mit seinen früheren Aussagen konfrontiert, beteuerte der Beschuldigte A. abermals, sie seien von der Menschenmenge entfernt gewesen und er habe in die Luft geschossen, damit keine Gefährdung von Leute entstehe, die in der Nähe gewesen seien. Auf die Frage, ob an die Folgen und die möglichen Risiken des Zündens eines «Thunder» auf diesem Messe-/Festgelände, wo sich viele Menschen gleichzeitig aufhielten, gedacht wurde und auch daran, was dabei hätte passieren können, antwortete der Beschuldigte A., er habe nicht damit gerechnet, dass daraus ein so grosses Verfahren entstehen würde. Er sei sich dessen nicht wirklich bewusst gewesen, dass es «so grob» würde ausgehen können. Der Beschuldigte B. äusserte sich dahingehend, dass die Gefahren ausgeschlossen gewesen seien und sie sich an die Abstandsregeln gehalten hätten. Deshalb sei auch nichts passiert. Zwar wisse er, was passieren könne, aber es sei nichts passiert. Die Aussagen der Polizei sprächen gegen sie. Sie seien sich im Klaren darüber, dass wenn sie es so gemacht hätten, wie die Polizei es beschrieben habe, Risiken dagewesen wären. Aber sie hätten alles eingehalten und deshalb sei nichts passiert (BA pag. 13-01-0022 ff.).

              Anlässlich der Hauptverhandlung gab der Beschuldigte A. zu Protokoll, «dieses Feuerwerk» schon von früheren Zeiten gekannt zu haben, da es das am 1. August und an Silvester zu kaufen gebe. Da er dies «schon hunderte Male abgelassen» habe, sei er davon ausgegangen, gewusst zu haben, was passieren würde. Der Beschuldigte A. erklärte weiter, dass ihm im Moment der Zündung bewusst gewesen sei, dass er hierdurch Personen würde gefährden können. Dadurch, dass er «fast senkrecht in die Luft geschossen habe in den freien Himmel», sei er jedoch davon ausgegangen, dass keine Gefährdung für Menschen oder Sachen bestanden habe. So habe er aus seinem Blickfeld «ziemlich die ganze Umgebung gesehen», was dort abgelaufen sei. Zwar könne man nicht genau sagen, «ob der jetzt 30 oder 35m» hochgehe, aber er habe die Distanz auf Grund seiner Übung mit dieser Art Feuerwerkskörper einschätzen können (TPF pag. 2.731.004; -006). Der Beschuldigte B. äusserte sich anlässlich der Hauptverhandlung in ähnlicher Weise: Er kenne diese Art Feuerwerkskörper bereits und habe diese auch schon früher verwendet. Auch ihm sei bewusst gewesen, dass eine Gefährdung für Menschen und Sachen bestanden habe. Da sie nach oben gezielt hätten, sei eine Verletzungsgefahr jedoch ausgeschlossen gewesen (TPF pag. 2.732.006 f.).

4.3.2.3 Auf Grund der gesamten Umstände ist für das Gericht erwiesen, dass der Beschuldigte A. gemeinsam mit dem Beschuldigten B. bewusst und gewollt einen pyrotechnischen Gegenstand des Typs «Color Thunder King» verwendet und zur Umsetzung gebracht hat. Die Aussagen der Beschuldigten zu (minimalen und grundsätzlich nicht hinreichenden) Vorsichtsmassnahmen (vgl. E. 4.3.2.2) erhellen, dass sie sich der Gefährlichkeit ihres Verhaltens bewusst waren. Obwohl beide unter (leichtem) Alkoholeinfluss standen, waren sie sich des Gefährdungspotentials ihrer Handlung dennoch bewusst, andernfalls hätten sie den Böller kaum aus der Hand und in klarer Missachtung der anwendbaren Sicherheitsabstände gezündet. Es ist überdies eine allgemein bekannte Tatsache, dass bei der Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen ein Mindestabstand und weitere Regeln zum Schutz umstehender Personen zu beachten sind. Um diese haben sich die Beschuldigten nicht gekümmert. Auch war ihnen bewusst, dass sich im Moment des Zündens zumindest jeweils der andere Beschuldigte, C. sowie ca. 5 weitere Personen in unmittelbarer Nähe bzw. innerhalb des konkreten Gefahrenradius befanden. Hieran vermögen auch die Beteuerungen beider Beschuldigter, wonach sie von Feiern wie 1. August oder Silvester über viel Erfahrung mit dem Zünden dieses pyrotechnischen Gegenstandes verfügten bzw. mit dieser Art Pyrotechnik bestens vertraut seien, nichts zu ändern (TPF 2.731.004 [A.]; TPF 2.732.004 [B.]). Umso mehr hätten sie um die Einhaltung von Sicherheitsabständen wissen müssen. Zudem war ihnen auch bewusst, dass die Zündung des betreffenden «Color Thunder King» gewiss nicht aus der Hand, sondern nur auf festem, ebenem Boden zulässig war. Nach dem Gesagten ist erstellt, dass die Beschuldigten einen legal erwerbbaren pyrotechnischen Gegenstand nicht bestimmungsgemäss einsetzten und damit bewusst eine gefährliche Situation mit hohem Verletzungspotential geschaffen hatten. Sie wussten, dass sie mit ihrem Verhalten Leib und Leben von mehreren Menschen und fremdes Eigentum (Gegenstände, wie etwa Kleider) gefährdeten. Hierbei handelten sie zumindest eventualvorsätzlich.

              Der Gefährdungsvorsatz ist damit gegeben.

4.3.3 Die Beschuldigten bestreiten, in verbrecherischer Absicht gehandelt zu haben. Sie hätten mit ihrer Aktion niemanden verletzen oder etwas beschädigen wollen (TPF pag. 2.731.006 f. [A.]; TPF pag. 2.732.008 [B.]). Es liegt folgendes Beweisergebnis vor:

4.3.3.1 Befragt zum Motiv, warum er den Feuerwerkskörper gezündet habe, gab der Beschuldigte A. zu Protokoll, der Beschuldigte B. habe ihm diesen in die Hand gedrückt. Es habe keinen besonderen Anlass für das Zünden gegeben; er habe sich aus Partygründen an die OFFA begeben. Das Zünden des Böllers sei eine spontane Angelegenheit gewesen, wobei Alkohol eine Rolle gespielt habe (BA pag. 13-02-0008, 0015; TPF pag. 2.731.004).

4.3.3.2 Der Beschuldigte B. äusserste sich zum Motiv in ähnlicher Weise: Er habe sich wegen der OFFA auf das Messegelände begeben. Zwar habe er drei Böller mitgenommen, doch es sei nicht geplant gewesen, diese dort zu zünden. Bei der Zündung des einen Böllers habe es sich um eine nicht geplante, spontane Aktion gehandelt (TPF 2.732.004 f.).

4.3.3.3 Die Aussagen der Beschuldigten werden durch jene der Zeugin C. gestützt: Sie gab anlässlich der Hauptverhandlung zu Protokoll, mit den Beschuldigten mit dem Zug zur OLMA gefahren zu sein, wobei sie unterwegs auch schon etwas getrunken hätten. Dann hätten sie sich mit anderen Freunden auf dem Vorplatz der OLMA-Halle getroffen. Sie hätten sich verabredet, um etwas Alkohol zu trinken. Irgendwann sei es dann zu diesem Vorfall gekommen, da sich die beiden Beschuldigten dazu entschlossen hätten, diesen Böller abzulassen. Es sei eine «spontane Sache» gewesen. Sie habe das Ereignis gefilmt, weil sie es damals als lustige Idee gefunden habe, davon ein Video zu drehen (TPF 2.761.003 f.).

4.3.3.4 Aus der Rechtsprechung zu Art. 224 Abs. 1 StGB sind u.a. die folgenden Fälle bekannt:

              a) Das Urteil des Bundesgerichts 6B_913/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 13. April 2017 bzw. das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2015.28 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 7. April 2016 betraf einen versuchten Anschlag in einer Konzerthalle durch eine Täterschaft aus dem rechtsextremen Milieu gegen ein linksgerichtetes Publikum mittels einer in einem Rucksack versteckten funktionsfähigen unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (USBV). Kurz nachdem der Rucksack vom Sicherheitspersonal ins Freie gebracht werden konnte, erzeugte der Spreng- und Brandsatz einen Feuerball von bis zu 5 Metern Breite. Das Handlungsziel des Täters war ohne jeden Zweifel auf die Verursachung eines grossen Schadens und die eventuelle Zufügung von (schweren) Körperverletzungen der anwesenden Personen gerichtet.

              b) Das Urteil des Bundesgerichts 6B_1248/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen bzw. 6B_1278/2017 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 21. Februar 2019 bzw. jenes der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2017.17 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 9. August 2017 befasste sich mit Fangewalt in einem Stadion während eines Fussballspiels. Die von der (vermummten) Täterschaft während einem laufenden Spiel bewusst und gewollt eingesetzten zwei Rauchkörper sowie zwei Sprengkörper (Kreiselblitze mit Silberperlenschweif) wurden mit eindeutiger Schädigungsabsicht eingesetzt und verursachten eine Beschädigung des Fussballrasens und einer Jacke sowie – gewissermassen als «Kollateralschaden» – eine schwere Körperverletzung (teilweiser Gehörsverlust) eines Zuschauers.

              c) Dem Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 bzw. jenem der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2018.13 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. September 2018 lag der Wurf eines pyrotechnischen Gegenstandes durch die Täterschaft aus einer hockenden Position direkt zwischen zwei Verkehrsbusse zugrunde. Der Gegenstand detonierte mit einem lauten Knall zwischen den an einer Haltestelle wartenden Bussen, wobei durch den Knalldruck bei beiden Bussen je eine Glasscheibe zerbarst und einen Schaden von mehreren tausend Franken verursachte. Durch die Glassplitter erlitt eine bei einem geborstenen Fenster sitzende Passagierin blutende Kratzer am Rücken. Mit der vorsätzlichen und bewussten Zündung und dem Wurf des Knallkörpers zwischen zwei vollbesetzte Busse handelte die Täterschaft in der Eventualabsicht, Menschen an Leib und Leben zu verletzen und fremdes Eigentum zu beschädigen, was in casu, zusätzlich zur Verurteilung in Anwendung von Art. 224 StGB, zu einem Schuldspruch wegen mehrfacher Sachbeschädigung führte.

              d) Im Rahmen einer Anklage im abgekürzten Verfahren der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.50 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen wurde am 10. Dezember 2020 eine Person verurteilt, die u.a. pyrotechnische Gegenstände zündete und diese zur Umsetzung in einen Abfalleimer eines abgestellten Zuges bzw. in das Ausgabefach eines Ticketautomaten legte. Da das Verhalten der Täterschaft zweifelsfrei mit einer absichtlichen «Zerstörung» bzw. Beschädigung von Eigentum verbunden war, erfolgte auch eine Verurteilung wegen mehrfacher Sachbeschädigung.

              e) Im Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2021.37 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 25. November 2021 (unveröffentlicht) hatte die Täterschaft einen Feuerwerkskörper gezielt von seinem Balkon aus auf eine auf dem Parkplatz vor dem Gebäude anwesende Ansammlung von Menschen und Hunde geworfen. Als Beweggrund gab sie an, dass sie sich vom Lärm, den diese Menschen und Hunde verursachten, gestört gefühlt habe und diese durch die Detonation habe vertreiben wollen. Eine Eventualabsicht des Verletzungserfolgs – im Sinne einer Körperverletzung und Sachbeschädigung – hat das Gericht angesichts der Vorgehensweise bejaht; nahm die Täterschaft die Gefahr einer Verletzung der Personen und Hunde (respektive die Beschädigung letzterer) doch zumindest billigend in Kauf. Mit dem vom Feuerwerkskörper verursachten Knall wurde beabsichtigt, die Personen zu erschrecken, sie an weiteren Gesprächen zu hindern und zum Gehen zu bewegen. Im Ergebnis strebte die Täterschaft damit an, die betroffenen Personen mit einem rechtswidrigen Mittel zum Verlassen der Örtlichkeit zu nötigen. Darin manifestierte sich zusätzlich eine kriminelle Absicht.

              In den vorgenannten Fallkonstellationen setzte die Täterschaft Sprengkörper im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB auf eine Art und Weise ein, mittels derer sie nicht nur eine unmittelbare, konkrete Gefahr für Personen und Sachen schuf, sondern zusätzlich beabsichtigte bzw. in Kauf nahm, darüber hinaus gezielt Schaden anzurichten, namentlich Eigentum zu beschädigen und/oder Personen zu verletzen.

4.3.3.5 Im zu beurteilenden Fall haben die Beschuldigten unbestrittenermassen einen legal erwerbbaren pyrotechnischen Gegenstand nicht bestimmungsgemäss eingesetzt und damit wissentlich und willentlich eine gefährliche Situation mit Verletzungspotential geschaffen. Gleichzeitig ergibt sich aus dem Verhalten der Beschuldigten, dass sie die Verwirklichung des Gefahrenpotenzials gerade nicht wollten. Es ist zu ihren Gunsten davon auszugehen, dass sie darauf vertrauten, mit der senkrechten Zündung des «Color Thunder King», ohne Wurfbewegung, werde der Blitzknallsatz – wie bei einem derartigen pyrotechnischen Gegenstand naturgemäss der Fall – mit einem lauten Knall in der Höhe detonieren und dabei weder Personen- noch Sachschaden verursachen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie mit ihrem Verhalten auch ihre eigene Gesundheit gefährdeten (z.B. Gefahr eines Gehörstraumas). Zudem setzte sich der Beschuldigte A. durch das Abfeuern aus der Hand einer erheblichen Eigengefährdung aus. Angesichts dessen ist Eventualdolus bezüglich des Erfolgseintritts (i.e. insbesondere der Schädigung der Gesundheit von Drittpersonen) nicht leichthin anzunehmen. Es muss vielmehr eine krasse Widerhandlung gegen sämtliche Vorsichtsmassnahmen vorliegen, damit bei einem Tatverhalten, das zugleich eine Selbstgefährdung beinhaltet, von Eventualvorsatz hinsichtlich der Verwirklichung der Gefährdung bei Drittpersonen auszugehen ist. Bloss dann wäre aus dem Verhalten der beschuldigten Personen zu schliessen, dass sie sich gegen die geschützten Rechtsgüter entschieden und folglich (eventual-)vorsätzlich gehandelt hatten (vgl. Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2021.10 vom 11. Oktober 2021 E. 1.4.3.6 [noch nicht rechtskräftig]).

              Vorliegend haben die Beschuldigten den (legalen) Feuerwerkskörper zwar unbestritten in einer gefährlichen Art und Weise abgefeuert; eine verbrecherische Absicht kann ihrer Vorgehensweise hingegen nicht erblickt werden. Vielmehr geschah die Zündung gemäss den überzeugenden, glaubhaften Aussagen der Beschuldigten und der Zeugin (E. 4.3.3.1) spontan, gänzlich unüberlegt und ohne schädigende Hintergedanken; auch nicht im Sinne eines Lausbubenstreichs. Es fehlt damit an einem Handlungsziel. Die (inkriminierte) Handlung der Beschuldigten richtete sich subjektiv gewissermassen «ins Leere» und es ist ihnen stattdessen zu ihren Gunsten zugute zu halten, dass sie auf das Ausbleiben einer Gefahrenverwirklichung vertrauten. Insbesondere kann ihnen auch aufgrund der gesamten Umstände nicht vorgeworfen werden, sie hätten sich gegen die geschützten Rechtsgüter entschieden. Von Bedeutung ist, dass keine Anhaltspunkte für einen (Eventual-)Vorsatz vorliegen, die auf die Begehung eines weitergehenden Deliktes (z.B. Sachbeschädigung, Körperverletzung etc.) gerichtet gewesen wären. Was die Beschuldigten tatsächlich beabsichtigten, ist eine nachzuweisende Tatfrage, auf welche nicht einzig aufgrund der Tatsache, dass sie mit dem Zünden des «Color Thunder King» eine für Mensch und Eigentum gefährliche Situation schufen, geschlossen werden kann. Eine Schädigungsabsicht ist nicht erkennbar, geschweige denn, ist eine solche rechtsgenüglich nachgewiesen.

              Im Ergebnis liegt keine über die konkrete Gefährdung (für Mensch und Eigentum) hinausgehende, deliktische Absicht vor, weshalb eine Bestrafung der Beschuldigten gestützt auf Art. 224 Abs. 1 StGB mangels verbrecherischer Absicht entfällt.

4.4

Zu prüfen ist somit, ob sich die Beschuldigten mit ihrem Verhalten der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht ( Art. 225 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht haben.

              Gemäss Art. 225 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich, jedoch ohne verbrecherische Absicht, oder wer fahrlässig durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt.

4.4.1 Der objektive Tatbestand entspricht demjenigen von Art. 224 StGB, weshalb integral auf die Ausführungen unter E. 3.1 (Rechtliches) und E. 4.2.2 (Beweisergebnis) verwiesen werden kann.

4.4.2 Zum subjektiven Tatbestand ist Folgendes festzuhalten:

4.4.2.1 Was den Gefährdungsvorsatz anbelangt, so ist dieser beweismässig erstellt (vgl. 4.3.2).

4.4.2.2 In Bezug auf das Tatbestandsmerkmal «ohne verbrecherische Absicht» hielt das Bundesgericht im Urteil 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2019 (E. 1.7.2) Folgendes fest: Unter Art. 225 StGB fällt, wer bei einer rechtmässigen Handhabung von Sprengstoff z.B. zu industriellen oder Forschungszwecken (z.B. ein Chemieprofessor; ein Arbeiter, der eine Mine legt) Personen oder fremdes Eigentum gefährdet, aber nicht verletzen will. Auch der Eigentümer, der ein ihm gehörendes Objekt (z.B. einen Wurzelstock) sprengen will, um es zu beseitigen, und der dabei Leib, Leben oder Eigentum Dritter wissentlich gefährdet, wird von Art. 225 StGB erfasst. Nicht auf Art. 225 StGB berufen kann sich demgegenüber, wer Leib, Leben oder Eigentum Dritter durch Sprengstoff ohne legalen Zweck einer konkreten Gefahr aussetzt, wenn er dabei in Kauf nimmt, dass es auf Grund der gesetzten Gefahr zu einer Körperverletzung oder Sachbeschädigung kommt. Insoweit genügt nach der Rechtsprechung Eventualvorsatz. Auch wer mit dem eigentlichen Ziel handelt, Personen zu erschrecken, nicht jedoch zu verletzen, ist daher nach Art. 224 StGB und nicht nach Art. 225 StGB strafbar, wenn er durch die von ihm gesetzte Gefahr eine Verletzung von Person oder Eigentum eventualvorsätzlich in Kauf nimmt.

              Diese höchstrichterliche Rechtsprechung findet in der Lehre geteilte Zustimmung. Einerseits stösst die Auffassung auf Kritik, für die Annahme einer verbrecherischen Absicht genüge bereits Eventualvorsatz (vgl. E. 3.1.3), andererseits wird die Beschränkung möglicher Anwendungsfälle von Art. 225 StGB auf berufliche Tätigkeiten und auf «Unfälle» wegen unsachgemässer Handhabung nicht umfassend geteilt (a.M. wohl Corboz, Les infractions en droit suisse II, 3. Aufl. 2010, N 7 zu Art. 225 StGB; Parein-Reymond/Parein/Vuille, in: Macaluso/Moreillon/Queloz, Code pénal II, 2017, N. 5 zu Art. 225 StGB; Dupuis, Petit commentaire, 2012, N. 10 zu Art. 225 StGB). Gemäss Dupuis soll Art. 225 StGB auch anwendbar sein, wenn der Täter mit der Tat herausfordern, überraschen oder schockieren will («s'il agit par défi, pour surprendre ou pour choquer»). Donatsch/Thommen/Wohlers vertreten die Ansicht, Art. 225 StGB sei ebenfalls auf denjenigen Täter anzuwenden, der etwa zum Vergnügen mit Sprengstoffen hantiert und dabei um die entstehende Gefahr weiss, ohne dabei jedoch weitergehende, verbrecherische Absichten zu hegen ( Donatsch/Thommen/Wohlers, a.a.O., §10, S. 50). Dieser Ansicht ist beizupflichten. Würde bei jeder bewussten Gefährdung eine verbrecherische Absicht angenommen, so käme dies im Ergebnis einer Vermengung der Tatbestandsmerkmale der Gefährdung und der verbrecherischen Absicht gleich (Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2020.61 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 17. März 2021 E. 4.2.2.3; bestätigt im Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2021.10 vom 11. Oktober 2021 E. 1.4.3.5 [noch nicht rechtskräftig]). Im Übrigen spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von Art. 225 StGB auf den berufsmässigen Umgang mit Sprengstoffen hätte beschränken wollen (Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. August 2018 E. 1.3.1 e contrario), zumal auf diese Weise ein Anwendungsfall der vorsätzlichen Variante gemäss Abs. 1 Satz 1 kaum auszumachen wäre.

4.4.2.3 Die Beschuldigten wussten bzw. nahmen zumindest in Kauf, dass sie mit der Zündung des «Color Thunder King» Gesundheit und Eigentum der sich vor allem in ihrer Nähe befindlichen Personen und Eigentum gefährdeten. Sie handelten jedoch nicht in verbrecherischer Absicht bzw. es kann ihnen eine solche nicht nachgewiesen werden (vgl. E. 4.3.3.5).

4.4.3 Im Ergebnis sind die Beschuldigten der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht ( Art. 225 Abs. 1 StGB) schuldig zu sprechen.

4.4.4 Es bleibt der privilegierte Tatbestand von Art. 225 Abs. 2 StGB zu prüfen.

4.4.4.1 Gemäss Art. 225 Abs. 2 StGB kann in leichten Fällen auf Busse erkannt werden. Ob ein leichter Fall vorliegt, ist anhand der gesamten objektiven und subjektiven Tatumstände zu beurteilen ( BGE 127 IV 59 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Ein leichter Fall wurde etwa bejaht bei der Beschädigung eines Briefkastens durch einen Kracher (AGVE 1988 Nr. 23; Graf, Annotierter Kommentar, Art. 225 StGB N. 3) . Im Gegensatz zu Art. 224 Abs. 2 StGB, der sich ausdrücklich nur auf (fremdes) Eigentum bezieht, spricht Art. 225 Abs. 2 StGB von «leichten Fällen». Hieraus folgt, dass eine leichte Gefährdung von Leib oder Leben auch von Art. 225 Abs. 2 StGB erfasst wird ( Roelli, a.a.O., Art. 225 StGB N. 7).

4.4.4.2 Vorliegend ist in objektiver Hinsicht zu berücksichtigen, dass weder Sach- noch Personenschäden zu beklagen sind, der tatbeständliche «Color Thunder King» im Freien gezündet wurde und sich der Blitzknallsatz in der Luft entlud: Die Bombette setzte den Blitzknallsatz in die Höhe frei, wo sich denn auch die Explosion ereignete, was auch bei bestimmungsgemässer Verwendung des betreffenden pyrotechnischen Gegenstandes (Zündung auf festem, ebenem Boden) der Fall gewesen wäre. Die von den Beschuldigten geschaffene konkrete Gefährdung war damit klar reduziert. Sodann ist notorisch, dass sich die Druckwelle einer Explosion gewöhnlich kugelförmig vom Detonationspunkt ausbreitet und mit zunehmender Distanz an Intensität abnimmt. In subjektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass die Beschuldigten keinesfalls in der Absicht handelten, irgendwelche Verletzungen oder Schäden herbeizuführen (siehe auch E. 4.3.3). Dies lässt sich auch aus der Tatsache ableiten, dass unmittelbar nach dem Zünden des Böllers keinerlei Wurfbewegungen erfolgten, aufgrund derer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben bzw. Eigentum bestanden hätte.

4.4.4.3 Nach dem Gesagten liegt ein leichter Fall i.S.v. Art. 225 Abs. 2 StGB vor.

4.5

In Bezug auf den einzig den Beschuldigten A. betreffenden Vorwurf des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz (vgl. Anklagevorwurf unter E. 2.2) gilt Folgendes:

4.5.1 In Anwendung von Art. 19 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe vom 3. Oktober 1951 (Betäubungsmittelgesetz, BetmG; SR 812.121) wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer unbefugt Betäubungsmittel veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt. Veräussern bedeutet die vorsätzliche Übertragung der Verfügungsmacht an eine andere Person ( Hug-Beeli , Kommentar BetmG, 2015, Art. 19 N. 412).

4.5.2 Der Beschuldigte A. ist geständig, zwischen dem 28. Februar und 28. März 2018 im St. Galler Rheintal an 3 bis 4 Personen insgesamt 10 Portionen à 4 g Marihuana für jeweils Fr. 50.-- verkauft zu haben (BA pag. 13-01-0004; -0032; TPF pag. 2.731.007).

4.5.3 Der Anklagesachverhalt ist damit ohne weiteres erstellt; der Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG («veräussern») sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

5.              Strafzumessung

5.1

Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden bestimmt sich gemäss Art. 47 Abs. 2 StGB nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Somit kommt dem (subjektiven) Tatverschulden eine entscheidende Rolle zu ( BGE 136 IV 55 E. 5.4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen). Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat das Gericht dieses Verschulden zu bewerten. Es hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und -erhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen ( BGE 136 IV 55 E. 5.5 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen).

5.2

Beschuldigter A.

5.2.1 Der Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG droht Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe an; der leichte Fall der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 StGB) kann mit Busse bis zu Fr. 10'000.-- bestraft werden. Auf Grund der unterschiedlichen Strafarten ist das Kumulationsprinzip anwendbar.

5.2.2 Bezüglich des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz ist in objektiver Hinsicht anzumerken, dass es sich bei der «Dealer-» Tätigkeit des Beschuldigten A. um eine verhältnismässig geringfügige Umschlagsmenge handelte und der Verkauf nicht kommerziell angelegt war, sondern vielmehr im erweiterten Freundeskreis stattgefunden zu haben scheint. Hieraus resultiert eine bloss leichte Gefährdung des Rechtsguts der öffentlichen Gesundheit. Sowohl Verwerflichkeit des Handelns als auch Art der Tatausführung sprechen für eine geringfügige objektive Tatschwere. Der Beschuldigte A. gab denn auch zu Protokoll, hierdurch keinerlei Gewinn erzielt zu haben. Die Willensrichtung des Beschuldigten kann nicht als besonders verwerflich bezeichnet werden, gab er doch zu Protokoll, lediglich «aus Langeweile» mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben (BA pag. 13-01-0005; -0033). Dies bedeutet andererseits, dass es dem Beschuldigten A. ein Leichtes gewesen wäre, von der Tat abzusehen, war er doch offensichtlich nicht auf einen Zusatzverdienst angewiesen. Nicht zuletzt auf Grund der geringen Intensität des deliktischen Willens ist auch das subjektive Tatverschulden als im unteren Bereich zu werten. Im Ergebnis erscheint eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen für das sehr leichte Tatverschulden angemessen.

5.2.3 In Bezug auf das Sprengstoffdelikt ergibt sich Folgendes:

5.2.3.1

In objektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte A. mehrere unbeteiligte Menschen an Leib und Leben sowie deren Eigentum (Kleider und mitgeführte Gegenstände) konkret gefährdete. Das Ausmass der Gefährdung war erheblich und eine Verletzung dieser Personen wahrscheinlich. Doch ist zu berücksichtigen, dass er mit seinem Handeln vordergründig den Mittäter B. sowie die das Geschehen filmende C. gefährdete. Diese Personen willigten gewissermassen in die Handlungen des Beschuldigten A. ein. Die weiteren gefährdeten Personen befanden sich sodann weiter vom Zündungsort entfernt, wodurch deren Gefährdung geringfügiger ausfiel. Das objektive Tatverschulden erweist sich damit als sehr leicht.

5.2.3.2 Was die subjektive Tatschwere anbelangt, so war dem Beschuldigte A. gemäss eigener Angaben bewusst, dass es Verletzte hätte geben können, wenn pyrotechnische Gegenstände auf die von ihm gewählte, vorschriftswidrige Weise in der Nähe von Personen gezündet werden. Dem Beschuldigten kann zumindest zugutegehalten werden, dass er den pyrotechnischen Gegenstand im Freien gezündet hat. Dennoch darf der Vorfall nicht als eine den Umständen angemessene Aktion jugendlichen Leichtsinns verharmlost werden. Dass der Beschuldigte A. im Moment der Manipulation alkoholisiert war, wirkt zudem keinesfalls entschuldigend. Die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten A. war im Zeitpunkt des Vorfalls nicht derart eingeschränkt, als dass er nicht mehr um die Gefährlichkeit seines Tuns gewusst hätte. Es wäre für ihn insgesamt ein Leichtes gewesen, den «Color Thunder King» gerade nicht in einem Messebereich zu zünden, wo erfahrungsgemäss ein grosser Menschenandrang herrscht. Strafmindernd zu berücksichtigen ist, dass der Beschuldigte A. weder in der Absicht handelte, Menschen zu verletzen noch Sachen zu beschädigen. Insbesondere warf er den pyrotechnischen Gegenstand nicht etwa blind in eine Menschenmenge, sondern hielt ihn bis zur Zündung mehr oder minder senkrecht in der Hand. Dadurch setzte die Bombette den Blitzknallsatz in der Luft frei, was auch dem gemeinsamen Tatentschluss der beiden Beschuldigten entsprach. Im Ergebnis ist das subjektive Tatverschulden des Beschuldigten A. als leicht zu qualifizieren.

5.2.3.3 Aufgrund des insgesamt leichten Tatverschuldens ist die auszufällende Strafe am unteren Rand des Strafrahmens anzusiedeln.

5.2.4 Zu den Täterkomponenten gilt Folgendes: Der Beschuldigte A. ist 22-jährig. Er ist ledig, und lebt allein. Er ist als […] tätig. Gemäss Angabe in der Hauptverhandlung erzielt er ein monatliches Bruttoeinkommen von Fr. 4'800.--. Er hat weder Schulden, noch Vermögen. Der monatliche Mietzins beträgt Fr. 1'300.--; die Krankenkassenprämien belaufen sich auf knapp Fr. 300.-- Der Beschuldigte A. ist weder im Strafregister, noch im Betreibungsregister verzeichnet (TPF pag. 2.231.1.002; 2.231.3.002). Der Beschuldigte ist sozial integriert. Er weist keine besondere Strafempfindlichkeit auf. Die vorliegend auszufällende Strafe wirkt sich auf sein Leben – scheinbar auch nicht im Hinblick auf die aktuelle berufliche Situation (TPF pag. 2.731.007 f.) – nicht in besonderer, im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigender Weise aus. Das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sind insgesamt neutral zu würdigen.

              Der Beschuldigte legte noch am Tatort ein Geständnis ab und zeigte sich während der Strafuntersuchung durchschnittlich kooperativ. Er hat sich seit Begehung der Taten wohl verhalten (was erwartet werden darf). Allerdings zeigte er kaum Einsicht und Reue für die begangenen Taten. Leicht strafmindernd ist die – gemessen an der Einfachheit der Strafsache – etwas unverhältnismässig lange Dauer des Vorverfahrens zu berücksichtigen. Insgesamt wirken sich die Täterkomponenten neutral auf die Strafzumessung aus.

5.2.5 Andere Strafmilderungs- oder Strafschärfungsgründe liegen nicht vor.

5.2.6 Für die Berechnung der Höhe der Busse kommt es auf das Verschulden und persönlichen Verhältnisse an ( Art. 106 Abs. 3 StGB). Zu den persönlichen Verhältnissen zählen namentlich das Einkommen und Vermögen des Beschuldigten, sein Familienstand und seine Familienpflichten, sein Beruf und Erwerb, sein Alter und seine Gesundheit. Damit wird nicht von der allgemeinen Strafzumessungsregel des Art. 47 StGB abgewichen, sondern diese wird im Hinblick auf die Besonderheit der Busse verdeutlicht ( Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl. 2019, S. 152). Es soll vermieden werden, dass die Busse den wirtschaftlichen Schwächeren härter trifft als den wirtschaftlichen Starken ( BGE 119 IV 10 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 4b; 116 IV 4 BGE Als Filter hinzufügen Link öffnen E. 2a).

5.2.7 In Abwägung und Würdigung sämtlicher Strafzumessungsfaktoren und unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten A. ist eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 40.-- sowie eine Busse von Fr. 500.-- für Tat und Verschulden angemessen.

5.2.8 Das Gericht erachtet die Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB für die Geldstrafe als erfüllt: Der Beschuldigte A. ist Ersttäter, sozial integriert und hat eine Arbeitsstelle. Diese Umstände wirken sich stabilisierend auf seine persönlichen Verhältnisse aus. Gefragt nach seinen Zukunftsplänen gab der Beschuldigte an, er wolle sich bei seinem neuen Arbeitgeber «hocharbeiten» (TPF pag. 2.731.003). Aus spezialpräventiven Gesichtspunkten und mit Blick die bisherigen Leistungen des Beschuldigten im Rahmen von Ausbildung und Beruf sowie unter Berücksichtigung von dessen intakten Karriereperspektiven erscheint ein Strafaufschub angezeigt. Das Gericht geht davon aus, dass die vorliegende Bestrafung dem Beschuldigten A. eine «Lehre» sein wird und ihn von künftigem strafbaren Verhalten abhalten wird. Es kann ihm insgesamt eine gute Prognose gestellt und der bedingte Strafvollzug gewährt werden.

              Dem Verschulden entsprechend erachtet das Gericht eine Probezeit von zwei Jahren als angezeigt ( Art. 44 StGB).

5.2.9 Bei der Übertretungsbusse handelt es sich um eine unbedingt auszufällende Strafe (vgl. Art. 105 Abs. 1 StGB). Bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse wird vorliegend eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen als angemessen erachtet ( Art. 106 Abs. 2 StGB).

5.3

Beschuldigter B.

5.3.1 Der leichte Fall der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 StGB) kann mit Busse bis zu Fr. 10'000.-- bestraft werden ( Art. 106 Abs. 3 StGB).

5.3.2 Zum Tatverschulden kann grundsätzlich auf die Ausführungen zum Beschuldigten A. unter E. 5.2.3 f. verwiesen werden, zumal den Beschuldigten mittäterschaftliche Tatbegehung vorgeworfen wird.

              Zum subjektiven Tatverschulden ist zu ergänzen, dass der Beschuldigte B. einräumte, die Aktion sei «doof» gewesen und lasse sich nicht abstreiten. Die Gefährlichkeit eines solchen Böllers im Rahmen einer Messeveranstaltung sei ihm bewusst gewesen (BA pag. 13-02-0002). Dass er im Moment der Manipulation alkoholisiert war, wirkt keinesfalls entschuldigend. Seine Steuerungsfähigkeit war im Zeitpunkt des Vorfalls nicht derart eingeschränkt, als dass er nicht mehr um die Gefährlichkeit seines Tuns gewusst hätte. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, den fraglichen «Color Thunder King» gerade nicht im Rahmen einer Messeveranstaltung mit vielen Besuchern in der Hand des Mitbeschuldigten A. zu zünden.

              Im Ergebnis ist auch dem Beschuldigten B. in objektiver Hinsicht ein sehr leichtes, und in subjektiver Hinsicht ein leichtes Tatverschulden vorzuwerfen.

5.3.3 Was die Täterkomponenten anbelangt, so gilt Folgendes: Der Beschuldigte B. ist bald 23-jährig. Er ist ledig, lebt noch bei seinen Eltern und bezahlt ihnen einen monatlichen Mietzins von Fr. 500.--. Der Beschuldigte arbeitet als […] und erzielt derzeit ein monatliches Einkommen von Fr. 4'500.--. Wegen einer Schulden­tilgung leistet er monatliche Ratenzahlungen im Umfang von Fr. 300.-- bis Fr. 400.--. Seine Krankenkassenprämien belaufen sich auf monatlich Fr. 240.--. Im Übrigen hat er weder nennenswertes vermögen noch Schulden. Im Betreibungsregister ist er nicht verzeichnet. Allerdings delinquierte der Beschuldigte während laufender Strafuntersuchung: Er wurde gemäss aktuellem Strafregisterauszug mit Strafmandat des Untersuchungsamts St. Gallen vom 9. Juli 2021 wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (i.S.v. Art. 91 Abs. 2 lit. a SVG) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 400.-- verurteilt (TPF pag. 2.232.1.002). Die Vorstrafe wirkt sich leicht straferhöhend aus. Der Beschuldigte ist sozial integriert. Er weist keine besondere Strafempfindlichkeit auf. Die vorliegend auszufällende Strafe wirkt sich auf sein Leben – auch nicht im Hinblick auf die aktuelle berufliche Situation (TPF pag. 2.732.009) – nicht in besonderer, im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigender Weise aus.

              Der Beschuldigte B. legte noch am Tatort ein Geständnis ab und zeigte sich während der Untersuchung und dem anschliessenden gerichtlichen Strafverfahren kooperativ. Allerdings zeigte er nur wenig Einsicht und Reue für die von ihm begangene Tat. Die etwas unverhältnismässig lange Dauer des Vorverfahrens wirkt sich auch beim Beschuldigten B. leicht strafmindernd aus; im Unterschied zum Beschuldigten A. allerdings akzentuierter, da ihm auf Grund des hängigen Strafverfahrens ein Aufgebotsstopp für die Absolvierung der Rekrutenschule erteilt wurde (TPF pag. 2.721.077).

5.3.4 Andere Strafmilderungs- oder Strafschärfungsgründe liegen nicht vor.

5.3.5 Auch der Beschuldigte B. ist mit einer Übertretungsbusse ( Art. 105 f. StGB) zu bestrafen. In Bezug auf die Berechnung, Unbedingtheit der Busse und die Folgen bei schuldhafter Nichtbezahlung derselben wird integral auf die Ausführungen zum Beschuldigten A. verwiesen (E. 5.2.6; 5.2.89).

5.3.6 In Abwägung und Würdigung sämtlicher Strafzumessungsfaktoren und unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten B. ist eine Busse von Fr. 500.-- Tat und Verschulden angemessen.

6.              Vollzugskanton

Als Vollzugskanton für die Strafen ist der Kanton St. Gallen zu bezeichnen ( Art. 74 Abs. 2 StBOG i.V.m. Art. 31 StPO).

7.              Beschlagnahmte Gegenstände / Einziehung

7.1

Ist die Beschlagnahme eines Gegenstandes oder Vermögenswertes nicht vorher aufgehoben worden, so ist über seine Rückgabe an die berechtigte Person, seine Verwendung zur Kostendeckung oder über seine Einziehung im Endentscheid zu befinden ( Art. 267 Abs. 3 StPO). Der Sicherungseinziehung unterliegen ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person Gegenstände, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden ( Art. 69 Abs. 1 StGB). Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden ( Art. 69 Abs. 2 StGB).

7.2

Die Bundesanwaltschaft hat die beschlagnahmten Gegenstände in der Anklageschrift (unter Ziff. 4) bezeichnet. Sie beantragt die Einziehung und Vernichtung dieser Gegenstände, soweit sie nicht dem Beschuldigten zurückzugeben sind.

7.3

In Anwendung der zitierten Gesetzesbestimmungen sind die folgenden beschlagnahmten Gegenstände einzuziehen und zu vernichten: 2x «Color Thunder King» (0163-F2-2464; NEM 5.4 g) sowie 12.8 g Marihuana.

8.              Verfahrenskosten

8.1

Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall ( Art. 422 Abs. 1 StPO; Art. 1 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]). Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der Bundeskriminalpolizei und von der Bundesanwaltschaft sowie im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer des Bundesstrafgerichts durchgeführt oder angeordnet worden sind ( Art. 1 Abs. 2 BStKR). Die Höhe der Gebühr richtet sich nach Bedeutung und Schwierigkeit der Sache, der Vorgehensweise der Parteien, ihrer finanziellen Situation und dem Kanzleiaufwand ( Art. 5 BStKR); sie bemisst sich nach Art. 6 und Art. 7 BStKR. Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten ( Art. 422 Abs. 2 StPO; Art. 1 Abs. 3 BStKR).

8.1.1 Die Bundesanwaltschaft macht für das Vorverfahren eine Gebühr von insgesamt Fr. 6'000.-- geltend. Die Gebühr liegt innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens von Art. 6 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 lit. c BStKR und erscheint angemessen. Im Rahmen der kantonalen Untersuchung sind zudem Auslagen in der Höhe von Fr. 1'056.95 betreffend den Beschuldigten A. sowie Fr. 150.-- betreffend den Beschuldigten B. angefallen.

8.1.2 Die Gebühr für das erstinstanzliche Hauptverfahren wird gemäss Art. 1 Abs. 4, Art. 5 und 7 lit. a BStKR auf Fr. 1'500.-- festgesetzt. Die Auslagen zwecks Entschädigung der Zeugin C. belaufen sich auf Fr. 95.90.

8.2

Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Ausgenommen sind die Kosten für die amtliche Verteidigung ( Art. 426 Abs. 1 StPO). Sie hat lediglich diejenigen Kosten zu tragen, die mit der Abklärung des zur Verurteilung führenden Delikts entstanden sind, d.h. es muss ein adäquater Kausalzusammenhang gegeben sein ( Griesser, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, Art. 426 StPO N. 3).

8.2.1 Beide Beschuldigte sind schuldig gesprochen worden. Die durchgeführten Verfahrenshandlungen, welche für die Bestimmung der auferlegbaren Kosten berücksichtigt wurden, waren für die Abklärung der hier zur Verurteilung der Beschuldigten führenden Straftat notwendig. Die Kausalität der angefallenen Verfahrenshandlungen ist somit gegeben.

8.2.2 Ohne Berücksichtigung der Kosten der amtlichen Verteidigung betragen die den Beschuldigten auferlegbaren Verfahrenskosten insgesamt Fr. 7'206.95. Diese setzen sich wie folgt zusammen: Gebühr Bundesanwaltschaft: Fr. 6'000.--, Auslagen Strafverfolgungsbehörden St. Gallen betreffend den Beschuldigten A.: Fr. 1'056.95 sowie Auslagen Strafverfolgungsbehörden St. Gallen betreffend den Beschuldigten B.: Fr. 150.--.

8.3

Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden ( Art. 425 StPO). Diese Bestimmung ist auch bei der Festsetzung bzw. Auferlegung der Verfahrenskosten anwendbar.

8.3.1 Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation der Beschuldigten sowie der Tatsache, dass diese hinsichtlich des Hauptanklagepunktes in Anwendung einer milderen Strafnorm (Art. 225 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 StGB) bestraft werden, sind ihnen die Verfahrenskosten lediglich zur Hälfte aufzuerlegen.

8.3.2 Im Ergebnis sind dem Beschuldigten A. Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 2'778.50 sowie dem Beschuldigten B. solche in der Höhe von Fr. 1'950.-- aufzuerlegen.

8.4

Nachdem keiner der Beschuldigten eine schriftliche Begründung des Urteils verlangt bzw. Berufung angemeldet hat, reduziert sich die Gerichtsgebühr, wie im Urteilsdispositiv in Ziff. 4 vorgesehen, um die Hälfte.

9.              Entschädigung für die Verteidigung

9.1

Bei diesem Verfahrensausgang haben die Beschuldigten die Kosten ihrer Verteidigung grundsätzlich selbst zu tragen ( Art. 426 StPO). Angesichts ihrer (aktuell bescheidenen) wirtschaftlichen Verhältnisse sowie – in Abweichung zur Anklage – wegen der Verurteilung zu einem privilegierten Straftatbestand, rechtfertigt sich vorliegend jedoch eine differenzierte Entschädigungsregelung.

9.2

Die Entschädigung der Verteidigung wird in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes – gemäss BStKR – festgesetzt ( Art. 135 Abs. 1 StPO). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen ( Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.-- und höchstens Fr. 300.-- ( Art. 12 Abs. 1 BStKR). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet ( Art. 13 BStKR). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe sachliche oder rechtliche Komplexität, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Strafkammer Fr. 230.-- für Arbeitszeit und Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeit (Beschluss des Bundesstrafgerichts BK.2011.21 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 24. April 2012 E. 2.1). Der Stundenansatz für Praktikanten beträgt praxisgemäss Fr. 100.-- (Urteile des Bundesstrafgerichts SK.2010.28 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 1. Dezember 2011 E. 19.2; SK.2010.3 Entscheide BStGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 5. Mai 2010 E. 8.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_118/2016 Weitere Urteile BGer Als Filter hinzufügen Link öffnen vom 20. März 2017 E. 4.4.1). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet ( Art. 13 BStKR). Gemäss Art. 14 BStKR kommt die Mehrwertsteuer zum Honorar und den Auslagen hinzu.

9.3 Beschuldigter A.

9.3.1 Mit Vollmacht vom 5. Juni 2020 beauftragte der Beschuldigte A. Rechtsanwalt Enrico Mattiello mit der Wahrung seiner Interessen (BA pag. 16-01-0007).

9.3.2 Der Verteidiger des Beschuldigten A. beantragt mit Kostennote vom 16. Dezember 2021 eine Entschädigung von Fr. 10'659.65 (TPF pag. 2.821.003 ff.), wobei er dieser einen Stundenansatz von Fr. 270.-- zugrunde legt. Dieser ist praxisgemäss auf Fr. 230.-- herabzusetzen.

9.3.3 Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung ist somit wie folgt festzusetzen:

Arbeitszeit gemäss Kostennote für die Zeit bis 16. Dezember 2021 (inkl. Hauptverhandlung und Urteilseröffnung) 2'202 Min. (Entschädigung je nach anwendbarem Tarif des jeweiligen Anwaltes, höchstens jedoch Fr. 230.-/h für Arbeitszeit bzw. Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeiten; inkl. Auslagenpauschale von 4%; MWST von 7.7%): Fr. 10'071.--; Fahrtkosten Y.-Bellinzona retour: Fr. 127.--. Hieraus resultiert ein Endbetrag von Fr. 10'198.--.

9.3.4

Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Beschuldigten A. sowie der Tatsache, dass dieser hinsichtlich des Hauptanklagepunktes in Anwendung einer milderen Strafnorm (Art. 225 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 StGB) bestraft wird, ist ihm eine hälftige Entschädigung für seine erbetene Verteidigung zuzusprechen. Zusammengefasst ist die Entschädigung des Beschuldigten A. auf insgesamt Fr. 5'099.-- festzusetzen.

9.4

Beschuldigter B.

9.4.1 Mit Verfügung vom 18. Juni 2020 setzte die Bundesanwaltschaft Rechtsanwalt Stephan Mullis als amtlichen Verteidiger des Beschuldigten B. ( Art. 132 i.V.m. 130 StPO) mit Wirkung ab 10. Juni 2020 ein (BA pag. 16-02-0007 f.). Anlässlich der Hauptverhandlung wurde Rechtsanwalt Stephan Mullis durch Rechtsanwalt Andrea Caroni substituiert.

Die Strafkammer ist zur Festlegung der Entschädigung der amtlichen Verteidigung zuständig ( Art. 135 Abs. 2 StPO).

9.4.2 Der amtliche Verteidiger beantragt mit Kostennote vom 16. Dezember 2021 eine Entschädigung von Fr. 12'248.45 (TPF pag. 2.822.003 ff.). Diese ist im Umfang von 15 Arbeitsstunden zu kürzen, da nicht erstellt ist, inwiefern die zahlreichen aufgeführten Besprechungen mit dem Beschuldigten B. für die Wahrung seiner Verteidigungsrechte unabdingbar gewesen wären. Auch der direkte Vergleich mit dem geltend gemachten Aufwand der Verteidigung des Beschuldigten A., dem zwei Anklagepunkte zur Last gelegt wurden, rechtfertigt eine verhältnismässige Kürzung des Stundenaufwandes. Dass sich infolge krankheitsbedingter Substitution zwei Anwälte mit der Strafsache haben befassen müssen, wird hingegen angemessen berücksichtigt.

9.4.3 Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung ist somit wie folgt festzusetzen:

Arbeitszeit gemäss Kostennote für die Zeit bis 16. Dezember 2021 (inkl. Hauptverhandlung und Urteilseröffnung) 2'365.80 Min. (Entschädigung je nach anwendbarem Tarif des jeweiligen Anwaltes, höchstens jedoch Fr. 230.--/h für Arbeits­zeit bzw. Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeiten; inkl. Auslagenpauschale von 4%; MWST von 7.7%): Fr. 8'627.55; Fahrtkosten X.-Bellinzona retour: Fr. 108.--. Hieraus resultiert ein Endbetrag von Fr. 8'735.55 (inkl. Auslagen und MWST).

9.4.4 Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Beschuldigten B. sowie der Tatsache, dass dieser in Anwendung einer milderen Strafnorm (Art. 225 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 StGB) bestraft wird, ist die Hälfte der Kosten seiner amtlichen Verteidigung durch die Eidgenossenschaft zu tragen. Zusammengefasst ist die Entschädigung für die amtliche Verteidigung auf insgesamt Fr. 8'735.55 (inkl. Auslagen und MWST) festzusetzen.

Der Beschuldigte ist gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO zu verpflichten, der Eidgenossenschaft die Entschädigung für seine amtliche Verteidigung im Umfang von Fr. 4'367.80 zurückzubezahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.


Der Einzelrichter erkennt:

I.

1.           A. wird schuldig gesprochen:

- der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht ( Art. 225 Abs. 2 StGB);

- des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG).

2.           A. wird bestraft mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr. 40.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.

3.           A. wird bestraft mit einer Übertretungsbusse von Fr. 500.--. Bei schuldhafter Nichtbezahlung tritt an Stelle der Busse eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

4.           Als Vollzugskanton wird der Kanton St. Gallen bezeichnet.

5.           A. wird durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 5'098.95 für die Aufwendungen im Zusammenhang mit der erbetenen Verteidigung entschädigt.

II.

1.           B. wird der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht ( Art. 225 Abs. 2 StGB) schuldig gesprochen.

2.           B. wird bestraft mit einer Übertretungsbusse von Fr. 500.--. Bei schuldhafter Nichtbezahlung tritt an Stelle der Busse eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

3.           Als Vollzugskanton wird der Kanton St. Gallen bezeichnet.

4.           Rechtsanwalt Stephan Mullis wird für die amtliche Verteidigung von B. durch die Eidgenossenschaft mit Fr 8'735.55 (inkl. MWST) entschädigt.

              B. hat der Eidgenossenschaft für die Entschädigung seines amtlichen Verteidigers im Umfang von Fr. 4'367.80 Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

III.

              Die Verfahrenskosten betragen Fr. 8'802.85 (Kosten Vorverfahren Fr. 7'206.95; Gerichtsgebühr Fr. 1'500.--; Auslagen Gericht Fr. 95.90). Davon werden A. Fr. 2'427.50 auferlegt. B. werden Fr. 1'974.-- auferlegt.

              Wird keine schriftliche Urteilsbegründung verlangt, so reduziert sich die Gerichtsgebühr um die Hälfte.

IV.

              Die beschlagnahmten pyrotechnischen Gegenstände und Betäubungsmittel werden eingezogen und vernichtet.

V.

              Dieses Urteil wird in der Hauptverhandlung eröffnet und durch den Einzelrichter mündlich begründet. Den anwesenden Parteien wird das Urteilsdispositiv ausgehändigt.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Einzelrichter                                                                             Der Gerichtsschreiber

Eine vollständige schriftliche Ausfertigung wird zugestellt an

-              Bundesanwaltschaft

-              Rechtsanwalt Enrico Mattiello (erbetener Verteidiger von A.)

-              Rechtsanwalt Stephan Mullis (amtlicher Verteidiger von B.)

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an

-              Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)


Rechtsmittelbelehrung

Das Gericht verzichtet auf eine schriftliche Begründung, wenn es das Urteil mündlich begründet und nicht eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, eine Verwahrung nach Artikel 64 StGB, eine Behandlung nach Artikel 59 Absatz 3 StGB oder, bei gleichzeitig zu widerrufenden bedingten Sanktionen, einen Freiheitsentzug von mehr als zwei Jahren ausspricht ( Art. 82 Abs. 1 StPO). Das Gericht stellt den Parteien nachträglich ein begründetes Urteil zu, wenn eine Partei dies innert 10 Tagen nach der Zustellung des Dispositivs verlangt oder eine Partei ein Rechtsmittel ergreift ( Art. 82 Abs. 2 StPO).

Berufung an die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Urteile der Strafkammer des Bundesstrafgerichts, die das Verfahren ganz oder teilweise abschliessen, kann innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts mündlich oder schriftlich Berufung angemeldet werden ( Art. 399 Abs. 1 i.V.m. Art. 398 Abs. 1 StPO; Art. 38a StBOG).

Mit der Berufung kann das Urteil in allen Punkten umfassend angefochten werden. Mit der Berufung können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhaltes sowie Unangemessenheit ( Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO).

Die Berufung erhebende Partei hat innert 20 Tagen nach Zustellung des begründeten Urteils der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts eine schriftliche Berufungserklärung einzureichen. Sie hat darin anzugeben, ob sie das Urteil vollumfänglich oder nur in Teilen anficht, welche Abänderungen des erstinstanzlichen Urteils sie verlangt und welche Beweisanträge sie stellt. Werden nur Teile des Urteils angefochten, ist verbindlich anzugeben, auf welche sich die Berufung beschränkt ( Art. 399 Abs. 3 und 4 StPO).

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO; Art. 37 Abs. 1 StBOG).

Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts führen (Art. 135 Abs. 3 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO; Art. 37 Abs. 1 StBOG).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit ( Art. 393 Abs. 2 StPO).

                                                                                                                                           Versand: 30. Dezember 2021

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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