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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BG.2020.43
Datum:03.11.2020
Leitsatz/Stichwort:Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2 StPO).
Schlagwörter : Kanton; Täter; Kantons; Thurgau; Gallen; Generalstaatsanwaltschaft; Vorgeworfen; Akten; Verfahren; Gesuch; Behörden; Bande; Tatbestand; Delikt; Qualifizierte; Diebstähle; Einkaufszentrum; Handeln; Zuständig; Staatsanwalt; Bundesstrafgericht; Verfahrens; Vorgeworfene; Verfolgung; Diebstahl; Eschwerdekammer; Mittäter; Bundesstrafgerichts; Begangen; Taten
Rechtskraft:Kein Rechtsmittel gegeben
Rechtsnorm: Art. 139 StGB ; Art. 197 StGB ; Art. 31 StPO ; Art. 33 StPO ; Art. 34 StPO ; Art. 40 StPO ; Art. 423 StPO ;
Referenz BGE:118 IV 227; 124 IV 86; 129 IV 188; 135 IV 158; 86 IV 222; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2020.43

Beschluss vom 3. November 2020
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Roy Garré, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Giorgio Bomio-Giovanascini ,

Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja

Parteien

Kanton Thurgau, Generalstaatsanwaltschaft ,

Gesuchsteller

gegen

1. Kanton St. Gallen, Staatsanwaltschaft,

2. Kanton Bern, Generalstaatsanwaltschaft ,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2 StPO )


Sachverhalt:

A. A. und B. wird vorgeworfen, im Juni 2020 im Einkaufszentrum [...] in Z./TG zwei Diebstähle begangen zu haben. Gegen A. ist zudem seit dem 27. Mai 2020 im Kanton St. Gallen ein Verfahren wegen qualifizierter Pornografie (Art. 197 Abs. 4 Satz 2 StGB ) und gegen B. im Kanton Bern seit dem 29. Oktober 2019 ein Verfahren wegen Widerhandlungen im Sinne von Art. 23 Abs. 1 UWG hängig (nicht akturierte Verfahrensakten Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau).

B. Die Staatsanwaltschaft Thurgau gelangte mit Schreiben vom 5. August und 3. September 2020 an die Staatsanwaltschaft St. Gallen, Untersuchungsamt Gossau, und ersuchte um Übernahme des im Kanton Thurgau eröffneten Verfahrens gegen A. und B., was diese mit Schreiben vom 7. August und 8. September 2020 jeweils ablehnte (act. 1.2, 1.3., 1.8 und 1.9).

C. Im abschliessenden Meinungsaustausch zwischen der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau und dem Leitenden Staatsanwalt des Untersuchungsamtes Gossau verneinten beide jeweils ihre Zuständigkeit, zuletzt der Kanton St. Gallen mit Schreiben vom 8. September 2020 (act. 1.10).

D. Mit Schreiben vom 14. September 2020 gelangte die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau an die Generalsstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und ersuchte um Übernahme des Verfahrens gegen A. und B., was diese mit Schreiben vom 24. September 2020 ablehnte (act. 1.10 und 1.11.).

E. Mit Gesuch vom 29. September 2020 gelangt die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt, es sei seien die Strafbehörden des Kantons St. Gallen für berechtigt und verpflichtet zu erklären, die den Beschuldigten zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen (act. 1 S. 1). In ihrem Gesuch führt die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau aus, dass es auch den Kanton Bern zu integrieren gelte, obschon dieser mit schlüssiger Begründung die Verfahrensübernahme am 14. September 2020 abgelehnt habe (act. 1 S. 4).

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Bern beantragt in seiner Gesuchsantwort vom 5. Oktober 2020 die Gutheissung des Gesuchs; eventualiter seien die Behörden des Kantons Thurgau für zuständig zu erklären (act. 3). Der Leitende Staatsanwalt des Untersuchungsamtes Gossau beantragt, die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Thurgau seien zu berechtigen und zu verpflichten, die dem Beschuldigten A. vorgeworfenen Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen (act. 4). Die Gesuchsanworten werden den Parteien am 13. Oktober wechselseitig zur Kenntnis gebracht (act. 5).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die B eschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Die Eintretensvoraussetzungen (durchgeführter Meinungsaustausch zwischen den involvierten Kantonen und zuständigen Behörden, Frist und Form, vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2014.7 vom 21. März 2014 E. 1) sind vorliegend erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass.

2.

2.1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig (Art. 31 Abs. 1 StPO). Der Ausführungsort befindet sich dort, wo der Täter gehandelt hat (BGE 86 IV 222 E. 1).

Ist eine Straftat von mehreren Mittätern verübt worden, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind (Art. 33 Abs. 2 StPO). Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind (Art. 34 Abs. 1 StPO ).

Begehen mehrere Beschuldigte zusammen in verschiedenen Kantonen mehrere Delikte, so sind Art. 33 und Art. 34 Abs. 1 StPO so miteinander zu kombinieren, dass in der Regel alle Mitwirkenden an dem Orte verfolgt werden, wo von einem Mittäter die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat verübt worden ist. Bei gleich schweren Strafdrohungen bestimmt sich der Gerichtsstand für alle Beteiligten nach dem Ort, wo die Verfolgungshandlungen zuerst vorgenommen worden sind (vgl. hierzu u. a. die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2011.49 vom 19. Januar 2012 E. 2.1; BG.2011.33 vom 28. September 2011 E. 2.2.1; BG.2011.4 vom 10. August 2011 E. 2.2.2).

2.2 Die Beurteilung der Gerichtsstandsfrage richtet sich nach der aktuellen Verdachtslage. Massgeblich ist nicht, was dem Beschuldigten letztlich nachgewiesen werden kann, sondern der Tatbestand, der Gegenstand der Untersuchung bildet, es sei denn, dieser erweise sich von vornherein als haltlos oder sei sicher ausgeschlossen. Der Gerichtsstand bestimmt sich also nicht nach dem, was der Täter begangen hat, sondern nach dem, was ihm vorgeworfen wird, das heisst, was aufgrund der Aktenlage überhaupt in Frage kommt. Es gilt der Grundsatz in dubio pro duriore, wonach im Zweifelsfall auf den für den Beschuldigten ungünstigeren Sachverhalt abzustellen bzw. das schwerere Delikt anzunehmen ist (vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2014.10 vom 10. Juni 2014 E. 2.1).

3.

3.1 Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen anderen damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 139 Ziff. 1 StGB). Handelt der Dieb gewerbsmässig, wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft (Art. 139 Ziff. 2 StGB ). Wenn der Dieb den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, liegt die Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren (Art. 139 Ziff. 3 Abs. 1 und 2 StGB).

Wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Art. 197 Abs. 1 StGB , die tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt haben, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 197 Abs. 4 2. Satz StGB).

Wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Artikel 3 , 4 , 5 oder 6 UWG begeht, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 23 Abs. 1 UWG ).

3.2 Für die vorliegende Bestimmung des Gerichtsstandes ist massgeblich, ob die A. und B. vorgeworfenen Ladendiebstähle zumindest unter einen der qualifizierten Tatbestände des gewerbsmässigen und des bandenmässigen Diebstahls (Art. 139 Ziff. 2 und Ziff. 3 Abs. 1 und 2 StGB ) zu subsumieren sind. Nicht gerichtsstandsrelevant ist die B. vorgeworfene Widerhandlung gegen das UWG. Der Kanton St. Gallen stellt sich auf den Standpunkt, die Täter hätten an einem Abend zwei Ladendiebstähle und dabei insbesondere Lebensmittel des täglichen Bedarfs wie Eier, Bananen, Zahnpasta, aber auch teure Parfüms gestohlen. Somit sei einerseits auf einen Eigenkonsum (Lebensmittel) und andererseits auf einen Weiterverkauf (Parfüme) des Deliktsgutes und daher auf einen Beitrag an die Finanzierung der Lebenshaltung und somit gewerbsmässigen Handelns zu schliessen. Die beiden Täter seien ferner nach dem zweiten Diebstahl in flagranti von einer Ladendetektivin angehalten worden. Aufgrund dessen müsse geschlossen werden, dass die Täter mindestens an diesem Abend weitere Diebstähle im Einkaufszentrum [...] in Z./TG geplant hätten, weshalb von bandenmässigem Handeln auszugehen sei (act. 1.3 S. 2). Demgegenüber ist der Kanton Thurgau der Ansicht, es liege keine Bande, sondern Mittäterschaft vor. Ebenso bestünden keinerlei Hinweise für die Annahme, die Täter hätten gewerbsmässig gehandelt (act. 1 S. 5).

3.3

3.3.1 Nach Art. 139 Ziff. 2 StGB ist der qualifizierte Tatbestand des Diebstahls gegeben, wenn der Dieb gewerbsmässig stiehlt.

Gemäss Rechtsprechung liegt der Ansatzpunkt für die Bestimmung der Gewerbsmässigkeit im berufsmässigen Handeln. Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufes ausübt. Wesentlich ist, dass der Täter sich darauf einrichtet, durch sein deliktisches Handeln relativ regelmässige Einnahmen zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen. Zudem muss er die Tat bereits mehrfach begangen haben und es muss aus den gesamten Umständen geschlossen werden, er sei zu einer Vielzahl unter den entsprechenden Tatbestand fallender Handlungen bereit gewesen. Ob Gewerbsmässigkeit vorliegt, ist aufgrund der gesamten Umstände des konkreten Falles zu beurteilen (BGE 129 IV 188 E. 3.1.2; 119 IV 129 E. 3a; Urteile des Bundesgerichts 6B_1311/2017 vom 23. August 2018 E. 3.3; 6B_488/2016 vom 5. September 2016 E. 4.2).

3.3.2 Aus den Akten geht hervor, dass A. und B. [...] im Juni 2020 im Verkaufsgeschäft C. im Einkaufszentrum [...] in Z./TG diverse Einkäufe getätigt hätten. An den Selfscanning-Kassen hätten sie jedoch nur einen Teil ihrer Einkäufe gescannt und bezahlt, nämlich lediglich CHF 21.65 für Waren, die einen Wert von CHF 400.-- überstiegen hätten. Die Waren hätten sie in Tragetaschen verstaut und diese in den Einkaufswagen gestellt. Im Anschluss hätten sie mit dem Einkaufswagen das Verkaufsgeschäft D. betreten. In der Parfumabteilung hätten sie diverse Parfums in ihrem Einkaufswagen gelegt. In der Herrenmodeabteilung habe sich A. sodann zweier T-Shirts behändigt und sich samt Einkaufstaschen in die Umkleidekabine begeben, wo er die Sicherheitsetiketten entfernt habe. Danach habe er die Tragetaschen wieder in den Einkaufswagen zurückgestellt und diese mit den T-Shirts zugedeckt. A. und B. hätten in der Folge das Verkaufsgeschäft D. verlassen, ohne die Waren zu bezahlen. Vor dem Einkaufszentrum seien die Täter durch eine Ladendetektivin und einen Mitarbeiter des Verkaufsgeschäfts D. gestellt worden. Dabei habe unter anderem festgestellt werden können, dass A. und B. für ihre Einkäufe im Verkaufsgeschäft C. nur eine Quittung in der Höhe von CHF 21.65 hätten vorweisen können (Verfahrensakten Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau).

Aus den Akten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Täter berufsmässig gehandelt hätten. Vielmehr ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch gänzlich unbekannt, ob es sich bei den vorgeworfenen Taten einfach um zwei nacheinander erfolgte Ladendiebstähle handelt oder ob die Täter entsprechende Taten bereits mehrfach begangen haben und davon ausgegangen werden kann, sie seien zu einer Vielzahl unter den entsprechenden Tatbestand fallender Handlungen bereit gewesen. Auch aus den Einvernahmeprotokollen von A. und B. geht nichts anders hervor, zumal diese die Taten bestreiten. Damit besteht auch kein Raum, gestützt auf den Grundsatz in «dubio pro duriore» vom qualifizierten Tatbestand der bandenmässigen Begehung des Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 2 StGB auszugehen. Alleine gestützt auf den Umstand, dass die Täter Lebensmittel, Parfüme und T-Shirt gestohlen haben, auf berufsmässiges Handeln zu schliessen, lässt sich - zumindest gestützt auf die gegenwärtige Aktenlage - nicht vertreten. Damit bleibt zu prüfen, ob den Täter vorgeworfen werden kann, sie hätten die Diebstähle als Bande im Sinne von Art. 138 Ziff. 3 Abs. 1 und 2 StGB verübt.

3.4

3.4.1 Nach der Rechtsprechung liegt Bandenmässigkeit vor, wenn zwei oder mehrere Täter sich mit dem ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen zusammenfinden, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger Straftaten zusammenzuwirken. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob zwei oder mehrere Täter vorhanden sind. Haben sich nur zwei Personen zur fortgesetzten Begehung von Straftaten zusammengefunden, so kann eine bandenmässige Tatbegehung nicht ausgeschlossen werden, wenn gewisse, über die blosse Mittäterschaft hinausgehende Mindestansätze einer Organisation (etwa einer Rollen- oder Arbeitsteilung) vorliegen oder die Intensität des Zusammenwirkens ein derartiges Ausmass erreicht, dass von einem bis zu einem gewissen Grade fest verbundenen und stabilen Team gesprochen werden kann (BGE 135 IV 158). Ist demgegenüber schon die Zusammenarbeit derart locker, dass von Anfang an nur ein sehr loser und damit völlig unbeständiger Zusammenhalt besteht, liegt keine Bande vor (BGE 124 IV 86 E. 2b). Der Begriff der Bande ist eng auszulegen (Urteile des Bundesgerichts 6B_1145/2016 vom 7. April 2017 E. 1.3 m.w.H. auf die Rechtsprechung).

3.4.2 Auch bezüglich dieses qualifizierten Tatbestandsmerkmals liegen keine Anhaltpunkte vor, die darauf schliessen liessen, die Täter hätten den gemeinsamen Vorsatz gehabt, durch Arbeitsteilung auf eine unbestimmte Zeit fortgesetzt, Diebstähle zu begehen. Es finden sich keinerlei Hinweise in den Akten für die Annahme, der eine hätte dies ohne den anderen nicht geschafft und beide hätten mehr gewollt, als nur diese beiden Ladendiebstähle zu begehen. Jedenfalls ist die Annahme des Kantons St. Gallen, die Täter seien in flagranti von der Ladendetektivin nach dem zweiten Diebstahl erwischt worden, weshalb darauf geschlossen werden müsse, dass die Täter mindestens an diesem Abend weitere Diebstähle im Einkaufszentrum hätten verüben sollen, ohne faktengestützte Grundlage. Aus dem Akten geht nämlich hervor, dass die Täter beim Verlassen des Einkaufszentrums von der Ladendetektivin angehalten worden sind. Jedoch darf ohne Weiteres angenommen werden, A. und B. hätten bei den Ladendiebstählen derart zusammengewirkt, dass jeder als Hauptbeteiligter und daher als Mittäter dasteht (vgl. BGE 118 IV 227 E. 5d/aa). Anhaltspunkte dafür, dass einer der Täter bloss als Gehilfe oder gar Anstifter des anderen fungiert hätte, bestehen jedenfalls keine. Somit ist bei der gegenwärtigen Aktenlage das Vorliegen einer Bande zu verneinen, mittäterschaftliches Handeln jedoch zu bejahen.

3.5 Damit sind die A. und B. im Kanton Thurgau vorgeworfenen Taten als einfache Diebstähle im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB zu qualifizieren. Es handelt sich um gleich schwere Delikte wie die A. im Kanton St. Gallen vorgeworfene Tat der qualifizierten Pornografie. Dabei sind die ersten Verfolgungshandlungen im Kanton St. Gallen vorgenommen worden, und zwar spätestens mit der Hausdurchsuchung vom 27. Mai 2020 (nicht akturierte Verfahrensakten Kanton St. Gallen).

4. Nach dem Gesagten ist der Antrag des Gesuchstellers gutzuheissen, und es sind die Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen für berechtigt und verpflichtet zu erklären, die A. und B. zur Last gelegten Delikte zu verfolgen und zu beurteilen.

5. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 423 Abs. 1 StPO ).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen sind berechtigt und verpflichtet, die A. und B. zur Last gelegten Delikte zu verfolgen und zu beurteilen.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Bellinzona, 3. November 2020

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

- Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau

- Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen

- Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

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