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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BB.2017.87
Datum:28.06.2017
Leitsatz/Stichwort:Beschlagnahme (Art. 263 ff. StPO).
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Beschlagnahme; Verteidigung; Akten; Gesuch; Entscheid; Beschlagnahmt; Gehör; Verfahren; Bargeld; Verfahrens; Amtliche; Bundesgericht; Beschlagnahmte; Beschwerdekammer; Anspruch; Beschlagnahmten; Wahlverteidiger; Verfügung; Beschwerdegegnerin;Bargeldbeträge; Rechtlich; Behörde; Bundesstrafgericht; Gehörs; Beschwerdeführers; Aufhebung; Partei
Rechtsnorm: Art. 10 BGG ; Art. 132 StPO ; Art. 197 StPO ; Art. 20 StPO ; Art. 263 StPO ; Art. 268 StPO ; Art. 29 BV ; Art. 3 StPO ; Art. 32 BV ; Art. 382 StPO ; Art. 39 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 6 EMRK ; Art. 92 KG ;
Referenz BGE:123 V 150; 133 I 201; 134 I 83; 139 IV 113; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2017.87

Beschluss vom 28. Juni 2017
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Giorgio Bomio und Cornelia Cova ,

Gerichtsschreiber Stephan Ebneter

Parteien

A. , vertreten durch Rechtsanwalt Philippe Currat,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Beschlagnahme (Art. 263 ff . StPO )


Sachverhalt:

A. Am 26. Januar 2017 eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Berner Jura-Seeland (nachfolgend "StA BJS"), eine Strafuntersuchung gegen A. wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, eventuell anderer noch zu bestimmender Verbrechen, begangen zwischen 2006 und 2016 (Akten Bundesanwaltschaft [nachfolgend "BA"], pag. 01-000-0001). Gleichzeitig ordnete sie eine amtliche Verteidigung an und bestellte einen amtlichen Verteidiger (Akten BA, pag. 16-101-0001).

B. Mit Befehl vom 26. Januar 2017 ordnete die StA BJS eine Hausdurchsuchung und eine Durchsuchung von Aufzeichnungen am damaligen Aufenthaltsort von A. an (Akten BA, pag. 08-001-0001). Anlässlich der gleichentags durchgeführten Hausdurchsuchung stellte die Kantonspolizei Bern u.a. Bargeld in verschiedenen Währungen sicher (Akten BA, pag. 08-001-0015 ff.), das die StA BJS mit Befehl vom 27. Januar 2017 beschlagnahmte (Akten BA, pag. 08-001-0008).

C. Am 3. Februar 2017 übernahm die BA die Strafuntersuchung gegen A. (Akten BA, pag. 02-001-0005 f.).

D. Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 zeigte Rechtsanwalt Philippe Currat der BA an, dass er von A. als Wahlverteidiger beauftragt worden sei (Akten BA, pag. 16-102-0001). Die BA stellte dem Wahlverteidiger mit Schreiben vom 9. Februar 2017 die "Akten der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern" zu (Akten BA, pag. 16-102-0003 f.). Das Mandat des amtlichen Verteidigers sistierte die BA mit Verfügung vom 3. April 2017 (Akten BA, pag. 16-101-0017 ff.).

E. Mit Schreiben vom 9. März 2017 beantragte der Wahlverteidiger bei der BA, die mit Befehl vom 27. Januar 2017 erfolgte Beschlagnahme des Bargelds sei aufzuheben und es seien mittels Überweisung die entsprechenden Geldbeträge auszuhändigen (act. 1.1). Mit Schreiben vom 24. April 2017 gelangte der Wahlverteidiger erneut an die BA und beantragte, es sei über seinen Antrag vom 9. März 2017 zu entscheiden (act. 1.2).


F. Am 28. April 2017 teilte die BA dem Wahlverteidiger mit, dass sie sich derzeit nicht veranlasst sehe, die mit in der Zwischenzeit rechtskräftiger Verfügung beschlagnahmten Bargeldbeträge freizugeben (act. 1.3).

G. Mit Beschwerde vom 11. Mai 2017 gelangte A., vertreten durch seinen Wahlverteidiger, an die Beschwerdekammer (act. 1). Er beantragt Folgendes:

" A la forme

1. Recevoir le présent recours.

Au fond

Principalement

1. Ordonner la levée immédiate du séquestre des valeurs patrimoniales appartenant à Monsieur A., en CHF 6'830 ; EUR 1'210.-, USD 5'105 ; GBP 1'035 ;

2. Condamner le Ministère public de la Confédération en tous les frais judicaire et dépens de l'instance."

H. Mit Beschwerdeantwort vom 26. Mai 2017 reichte die BA die Verfahrensakten gemäss Aktenverzeichnis Stand 21. April 2017 ein. Gleichzeitig beantragt sie die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne (act. 3).

I. Mit Beschwerdereplik vom 1. Juni 2017 hält A. an seinen Anträgen fest (act. 6). Mit Schreiben vom 16. Juni 2017 teilte die BA mit, dass sie auf eine weitere Eingabe verzichte (act. 8); dieses wurde dem Vertreter von A. mit Schreiben vom 19. Juni 2017 zur Kenntnis gebracht.

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden Erwägungen Bezug genommen.


Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde er-hoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a , Art. 20 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG ). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO).

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen das Schreiben vom 28. April 2017, mit welchem die Beschwerdegegnerin ein Gesuch um Freigabe des beschlagnahmten Bargelds beantwortet (act. 1.3). Sowohl der Nichteintretensentscheid als auch die Abweisung eines Gesuchs um Aufhebung einer Beschlagnahme unterliegt der Beschwerde ( K ELLER , Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 396 StPO N. 12; vgl. Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Diss. Zürich/St. Gallen 2011, N. 467, N. 475 ff.; Heimgartner, Strafprozessuale Beschlagnahme, Habil. Zürich/Basel/Genf 2011, S. 382). Die Beschwerde vom 11. Mai 2017 erweist sich sodann als form- und fristgerecht.

1.2 Ein Rechtsmittel kann jede Partei ergreifen, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat (Art. 382 Abs. 1 StPO ). Der Beschwerdeführer ist durch das Schreiben vom 28. April 2017 insofern unmittelbar in seinen Rechten betroffen, als er mit seinem Gesuch nicht durchdrang und die Nichtfreigabe der beschlagnahmten Bargeldbeträge ihm als Eigentümer bzw. Besitzer des Geldes die Verfügung darüber vorläufig weiterhin verunmöglicht. Er ist mithin zur Beschwerde berechtigt.

1.3 Auf die Beschwerde ist demnach einzutreten.

2.

2.1 Mit der Beschwerde können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) und Unangemessenheit (lit. c) gerügt werden.

2.2 Der Beschwerdeführer macht Rechtsverletzungen (einschliesslich Missbrauch des Ermessens [act. 1, S. 7]) geltend, im Besonderen der Art. 80 Abs. 2 (i.V.m. Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO ), Art. 129 Abs. 1 , Art. 197 , Art. 263 und Art. 268 StPO sowie des Art. 32 Abs. 2 BV (act. 1, S. 4).

3.

3.1 Zunächst ist auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör einzugehen. Das Schreiben vom 28. April 2017 äussere sich nicht zur vorausgesetzten Verhältnismässigkeit der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme und sei damit unzureichend begründet (act. 1, S. 4 f.).

3.2

3.2.1 Das rechtliche Gehör nach Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO und Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 134 I 83 E. 4.1 m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 6B_442/2016 vom 27. März 2017, E. 1.3 ).

3.2.2 Der Beschwerdeführer liess sein Gesuch vom 9. März 2017 wie folgt begründen:

"A l'appui de sa demande, Monsieur A. fait valoir la nécessité de rémunérer et provisionner mon activité à la défense de ses intérêts, dans le cadre de la présente procédure",

und enthält folgende Bitte:

"Dans le cas où vous deviez répondre à cette requête par la négative, je vous remercie de bien vouloir rendre une décision motivée avec indication des voies de droit."

Das Schreiben vom 28. April 2017 ist im Wesentlichen wie folgt abgefasst:

"Wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 9. März 2017 sowie vom 24. April 2017. Mit diesen Schreiben beantragten Sie die Freigabe der am 27. Januar 2017 mit in der Zwischenzeit rechtskräftiger Verfügung beschlagnahmten Bargeldbeträge [...]. Wir sehen uns derzeit nicht veranlasst, diese Beträge freizugeben, dies insbesondere in Anwendung von Art. 263 Abs. 1 lit. b und 268 StPO. Es ist bereits jetzt zu erwarten, dass die Verfahrenskosten höher sein werden als die beschlagnahmten Beträge, dies insbesondere aufgrund aufwendiger technischer Auswertung und der notwendigen Teilnahme ausländischer Verfahrensbeteiligter."

3.2.3 Entscheidet die Behörde über ein Gesuch um ganze oder teilweise Aufhebung der Beschlagnahme, erscheint vorab als wesentlich, ob sie auf das Gesuch eintritt. Denn es handelt sich dabei um ein Wiedererwägungsgesuch (vgl. dazu Guidon, a.a.O., N. 466 m.w.H.), auf das grundsätzlich nur einzutreten ist, wenn sich die tatsächlichen Umstände seit Erlass des Beschlagnahmebefehls wesentlich geändert haben ( Keller, a.a.O., Art. 396 StPO N. 11). Das hat Auswirkungen auf die Anfechtbarkeit des Entscheids: Wird auf das Gesuch nicht eingetreten bzw. ein Wiedererwägungsgrund verneint, kann mit der Beschwerde nur vorgetragen werden, das Vorliegen der Eintretensvoraussetzung bzw. eines Wiedererwägungsgrundes sei zu Unrecht verneint worden ( Guidon, a.a.O., N. 476).

Dem Schreiben vom 28. April 2017 ist dazu explizit nichts zu entnehmen. Der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin sich über die Freigabe der Bargeldbeträge aussprach und sich dabei auf "materielle" Bestimmungen der Beschlagnahme stützte, spricht dafür, dass sie auf das Gesuch eingetreten war. Dennoch erscheint die Begründung im Hinblick auf die nicht uneingeschränkte Anfechtbarkeit mangelhaft, zumal der Beschwerdeführer ausdrücklich um eine anfechtbare Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung gebeten hatte. Insoweit wurde der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehörs verletzt.

3.2.4 Erfolgt die Wiedererwägung gestützt auf ein Gesuch, muss sich die Behörde wenigstens mit den wesentlichen Punkten des Gesuchs auseinandersetzen. Die Begründung, die der Beschwerdeführer für sein Gesuch vorbringen liess, war die Notwendigkeit, seinen Verteidiger zu bezahlen und zu bevorschussen. Im Schreiben vom 28. April 2017 wird zwar angeführt, es sei zu erwarten, dass die Verfahrenskosten höher sein werden als die beschlagnahmten Bargeldbeträge, und damit ein Aspekt der Verhältnismässigkeit behandelt. Aber zum einzigen Vorbringen des Beschwerdeführers ist dem Schreiben vom 28. April 2017 nichts zu entnehmen. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehörs wurde insoweit verletzt.

3.3

3.3.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Die Verletzung führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Vorbehalten bleiben praxisgemäss Fälle, in denen die Verletzung nicht besonders schwer wiegt und dadurch geheilt wird, dass die Partei, deren rechtliches Gehör verletzt wurde, sich vor einer Instanz äussern kann, welche sowohl die Tat- als auch die Rechtsfragen uneingeschränkt überprüft. Von einer Rückweisung der Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs an die Verwaltung ist im Sinne einer Heilung des Mangels selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs dann abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 133 I 201 E. 2.2; 132 V 387 E. 5.1; je m.w.H.).

3.3.2 Vorliegend wurde der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt, weil die Beschwerdegegnerin ihre Antwort auf das Gesuch um Aufhebung der Beschlagnahme unzureichend begründete. Es liegt jedoch keine schwerwiegende Gehörsverletzung vor. Die Beschwerdegegnerin nahm in ihrer Beschwerdeantwort sowohl zur Frage der Beschränkung der Wiedererwägung als auch zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er benötige die beschlagnahmten Bargeldbeträge zur Bezahlung und Bevorschussung seines Walverteidigers, ausführlich Stellung. Der Beschwerdeführer konnte sich zu diesen Fragen sowohl im Rahmen seiner Beschwerde als auch im Rahmen seiner Beschwerdereplik einlässlich äussern. Die Beschwerdekammer verfügt im Beschwerdeverfahren grundsätzlich über volle Kognition (vgl. Art. 393 Abs. 2 StPO), weshalb die gerügte Gehörsverletzung vorliegend geheilt werden kann. Diese ist jedoch im Rahmen der Kostenfolgen zu berücksichtigen.

4.

4.1 Auf ein Gesuch um ganze oder teilweise Aufhebung der Beschlagnahme tritt die Behörde entweder nicht ein, weil die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung für nicht gegeben erachtet werden, oder sie tritt ein, prüft es im Lichte der allenfalls geänderten Situation und entscheidet neu ( Keller, a.a.O., Art. 396 StPO N. 11 f.). Dabei hat kein eigentliches Beweisverfahren stattzufinden. Der Beweis ist vielmehr mittels vorhandener unmittelbarer, eindeutiger, sachlicher Beweismittel zu führen (Urteil des Bundesgerichts 1B_206/2015 vom 30. November 2015, E. 3.2 m.H.a. Heimgartner, a.a.O., S. 309; vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_136/2009 vom 11. August 2009, E. 5.1).

4.2 Die Frage, ob auf das Gesuch des Beschwerdeführers überhaupt einzutreten gewesen wäre, kann vorliegend offen bleiben, weil es aus den nachfolgenden Erwägungen jedenfalls abzuweisen war.

5.

5.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Beschlagnahme verunmögliche ihm, mit diesen vorhandenen Mitteln entstandene Auslagen und Honorare seiner Wahlverteidigung zu bezahlen. Er habe seinen Wahlverteidiger wegen seiner international anerkannten Expertise auf dem Gebiet des internationalen Strafrechts, insbesondere bezüglich Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die dem Beschwerdeführer vorgeworfen würden, beauftragt. Schwere, Besonderheit und Komplexität des zur Last gelegten Sachverhalts rechtfertigten es besonders, den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, seine gewählten Verteidigungsrechte geltend zu machen. Mit der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme aber bleibe ihm eine effektive Verteidigung verwehrt. Angesichts des Verfassungsrangs des Anspruchs auf effektive Verteidigung gemäss Art. 32 Abs. 2 BV missbrauche die Beschwerdegegnerin ihr Ermessen, wenn sie die Beschlagnahme, die sich auf die formellgesetzlichen Kann-Bestimmungen Art. 263 und Art. 268 StPO stütze, aufrechterhalte (act. 1, S. 6 f.).

5.2

5.2.1 Strafprozessuale Zwangsmassnahmen, darunter die Beschlagnahme, können gemäss Art. 197 Abs. 1 StPO nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind (lit. a), ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (lit. b), die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können (lit. c) und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (lit. d). Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person können beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte u.a. zur Sicherstellung von Verfahrenskosten gebraucht werden (Art. 263 Abs. 1 lit. b StPO). Vom Vermögen der beschuldigten Person kann so viel beschlagnahmt werden, als voraussichtlich nötig ist zur Deckung u.a. der Verfahrenskosten (Art. 268 Abs. 1 lit. a StPO ). Die Strafbehörde nimmt bei der Beschlagnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der beschuldigten Person und ihrer Familie Rücksicht (Art. 268 Abs. 2 StPO ). Von der Beschlagnahme ausgenommen sind Vermögenswerte, die nach den Art. 92 -94 SchKG nicht pfändbar sind (Art. 268 Abs. 3 StPO ).

5.2.2 Die beschuldigte Person kann im Strafverfahren zur Wahrung ihrer Interessen grundsätzlich einen Rechtsbeistand ihrer Wahl bestellen (Art. 127 Abs. 1 und 129 Abs. 1 StPO , Art. 32 Abs. 2 BV , Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK sowie Art. 14 Abs. 3 UNO-Pakt II ). Namentlich wenn bei notwendiger Verteidigung die beschuldigte Person trotz Aufforderung der Verfahrensleitung keine Wahlverteidigung bestimmt (Art. 132 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 StPO ) oder wenn die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist (Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO ), ordnet die Verfahrensleitung eine amtliche Verteidigung an.

5.2.3 Ermessensmissbrauch ist gegeben, wenn die Behörde zwar im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür und von rechtsungleicher Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 123 V 150 E. 2; Guidon, a.a.O., N. 343; je m.w.H.).

5.3 Die Rechtmässigkeit der Beschlagnahme an sich wird vom Beschwerdeführern nicht in Frage gestellt. Vorliegend ist demnach allein zu prüfen, ob der Beschwerdeführer aus Gründen des geltend gemachten Rechts auf effektive Verteidigung Anspruch auf Freigabe der beschlagnahmten Bargeldbeträge (oder Teile davon) hat.

5.4

5.4.1 Nach der Praxis der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts kann der konventions- und verfassungsmässige Anspruch auf angemessene Verteidigung mit einem Anspruch auf amtliche Verteidigung gewahrt werden (Entscheid des Bundesstrafgerichts BB.2005.73 vom 22. August 2005, E. 3.2 m.w.H.). Der blosse Umstand, dass es sich bei einem Offizialverteidiger nicht (oder nicht mehr) um den Wunsch- bzw. Vertrauensanwalt des Beschuldigten handelt, schliesst eine wirksame und ausreichende Verteidigung nicht aus (BGE 139 IV 113 E. 1.1).

5.4.2 Vorliegend ordnete die StA BJS am 26. Januar 2017 gleichzeitig mit der Eröffnung der Untersuchung gestützt auf Art. 132 [Abs. 1 lit. a Ziff. 1 und lit. b] StPO eine amtliche Verteidigung an und bestellte einen amtlichen Verteidiger (Akten BA, pag. 16-101-0001). Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 zeigte der Wahlverteidiger des Beschwerdeführers der BA sein Mandat an (Akten BA, pag. 16-102-0001). Mit Verfügung vom 3. April 2017 hob die Beschwerdegegnerin das Mandat des amtlichen Verteidigers in Anbetracht der besonderen Umstände des Verfahrens nicht auf, sondern sistierte dieses nur (Akten BA, pag. 16-101-0017 ff.). Es steht dem Beschwerdeführer damit bis auf weiteres frei, auf seinen Wahlverteidiger zu verzichten und erneut das sistierte Mandat des amtlichen Verteidigers zu beanspruchen. Dass Letzterer den Beschwerdeführer nicht wirksam und ausreichend verteidigen könnte, ist nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen ist eine Verletzung des Rechts auf effektive Verteidigung durch Nichtfreigabe der beschlagnahmten Bargeldbeträge zur Deckung der Verteidigungskosten ausgeschlossen.

5.4.3 Aus dem vom Beschwerdeführer angeführten Bundesgerichtsurteil (Urteil des Bundesgerichts 1B_410/2015 vom 14. Juli 2016) kann dieser nichts zu seinen Gunsten ableiten. Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob sich die dem Bundesgericht präsentierte Ausgangslage mit der vorliegenden überhaupt vergleichen lässt und sich damit die Entscheidgründe auf den vorliegenden Fall übertragen lassen, hielt das Bundesgericht auch lediglich fest, dass die private Rechtsvertretung jedenfalls so lange zu gewährleisten sei, als sie nicht durch eine unentgeltliche Rechtsverbeiständung abgelöst werde (a.a.O., E. 4.6). Vorliegend besteht gerade eine - wenn auch sistierte - amtliche Verteidigung.

5.4.4 Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdegegnerin ihr Ermessen missbraucht hätte.

5.4.5 Die Beschwerde erweist sich damit in diesem Punkt als unbegründet.

6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (vgl. Art. 428 Abs. 1 StPO ). Die aufgrund der festgestellten Gehörsverletzung reduzierte Gerichtsgebühr ist auf Fr. 1'000.- festzusetzen (Art. 73 StBOG und Art. 5 und Art. 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]; siehe hierzu das Urteil des Bundesgerichts 6B_192/2015 vom 9. September 2015, E. 2.3 m.w.H.; zuletzt u.a. Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2016.84 vom 18. Oktober 2016, E. 4.1 ).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

Bellinzona, 28. Juni 2017

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Philippe Currat

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktions­richter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).

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