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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SK.2015.42
Datum:15.01.2016
Leitsatz/Stichwort:Mehrfache Fälschung amtlicher Wertzeichen in Mittäterschaft (Art. 245 Ziff. 1 und 2 StGB) sowie mehrfache versuchte Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB).
Schlagwörter : Brief; Briefmarke; Briefmarken; Bundes; Schuldig; Wertzeichen; Amtlich; Amtliche; Beschuldigte; Recht; Entwertet; Bundesanwaltschaft; Stempel; Anklage; Beschuldigten; Fälschung; Beschlagnahmt; Verkauft; Gutachten; Amtlicher; Gericht; Verfahren; Entwertete; Gültig; Beschlagnahmte; Fälscht; Schweiz; Beschlagnahmten; Gummi
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 1 StPO ; Art. 10 StPO ; Art. 100 BGG ; Art. 14 StGB ; Art. 15 StGB ; Art. 19 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 24 StGB ; Art. 245 StGB ; Art. 249 StGB ; Art. 25 StGB ; Art. 263 StPO ; Art. 269 StPO ; Art. 28 ZGB ; Art. 30 StGB ; Art. 32 StPO ; Art. 325 StPO ; Art. 329 StPO ; Art. 33 StPO ; Art. 339 StPO ; Art. 350 StPO ; Art. 353 StPO ; Art. 354 StPO ; Art. 355 StPO ; Art. 356 StPO ; Art. 4 OR ; Art. 41 OR ; Art. 42 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 430 StPO ; Art. 47 OR ; Art. 6 StGB ; Art. 81 StPO ; Art. 82 StPO ; Art. 9 BGG ; Art. 9 StPO ; Art. 95 BGG ; Art. 97 BGG ;
Referenz BGE:123 II 210; 126 I 19; 126 III 161; 131 IV 104; 132 II 117; 133 IV 235; 138 IV 197; 139 IV 199; 140 IV 82; ;
Kommentar zugewiesen:
WEHRENBERG, FRANK, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 429 StPO, 2014
Griesser, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 429 StPO, 2014
Brehm, Berner Kommentar, Obligationenrecht, Art. 41 -61 OR; Art. 49 OR, 2013
Lentjes Meili, Keller , Basler Kommentar, Strafrecht II, Art. 245 StGB, 2013
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2015.42

Urteil vom 15. Januar 2016
Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser,

Einzelrichter,

Gerichtsschreiber David Heeb

Parteien

Bundesanwaltschaft , vertreten durch
Manuela Graber, Staatsanwältin des Bundes,

und

als Privatklägerschaft :

B. AG, vertreten durch C.,

gegen

A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwältin Dr. Christine Hehli Hidber

Gegenstand

Mehrfache Fälschung amtlicher Wertzeichen in Mittäterschaft sowie mehrfache versuchte Fälschung amtlicher Wertzeichen


Anträge der Bundesanwaltschaft:

Gestützt auf Art. 337 StPO wird dem Gericht beantragt, der Beschuldigte A. sei gemäss Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 15. September 2015 (Verfahrensnummer: SV.15.0164-GMA) zu verurteilen und zu bestrafen.

Dem Dispositiv des genannten Strafbefehls können folgende Anträge entnommen werden:

1. A. sei wegen mehrfacher Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 1 und 2 StGB ) sowie versuchter Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) schuldig zu sprechen.

2. A. sei mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 230.00, entsprechend Fr. 20'700.00, zu bestrafen, bedingt vollziehbar mit einer Probezeit von zwei Jahren.

3. A. sei mit einer Busse von Fr. 3'000.00 zu bestrafen. Für den Fall des schuldhaften Nichtbezahlens der Busse sei eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen festzusetzen.

4. Die bei A. sichergestellten und beschlagnahmten 2'982 CH-Briefmarken A-Post ohne Gummierung (pos. 01-04; 06-14; 16 des Sicherstellungsverzeichnisses vom 6. April 2015; 500 CH-Briefmarken A-Post ohne Gummierung gemäss Beschlagnahmebefehl der Bundesanwaltschaft vom 16. Juli 2015; 3 CH-Briefmarken 90 Rappen (pos. 10 des Sicherstellungsverzeichnisses vom 6. April 2015 ), 49 CH-Briefmarken 50 Rappen ohne Gummierung (pos. 15 des Sicherstellungsverzeichnisses vom 6. April 2015) seien einzuziehen und unbrauchbar zu machen oder zu vernichten (Art. 249 i.V.m. Art. 69 StGB). Mit dem Vollzug sei die Bundesanwaltschaft, Dienst Urteilsvollzug und Vermögensverwaltung, zu beauftragen.

5. Die Kosten des Verfahrens im Umfang von Fr. 9'100.00 (Gebühren des Vorverfahrens Fr. 800.00, Auslagen der Bundesanwaltschaft von Fr. 8'300.00) seien A. aufzuerlegen.

6. Die sichergestellten und beschlagnahmten Dokumente (pos. 19-24 des Sicherstellungsverzeichnisses vom 6. April 2015) seien als Beweismittel bei den Akten zu belassen.

7. Nach Rechtskraft des Urteils sei der Kanton Schwyz mit dem Vollzug der Strafe zu beauftragen (Art. 74 StBOG ).

8. Allfällige Zivilforderungen seien auf den Zivilweg zu verweisen.

Die Privatklägerin beantragt die Bestrafung des Beschuldigten.

Anträge der Verteidigung:

1. Es sei der Strafbefehl SV.2015.0164-GMA der Schweizerischen Bundesanwaltschaft vom 15. September 2015 vollumfänglich aufzuheben.

2. Es sei der Beschuldigte vollumfänglich freizusprechen.

3. Es seien dem Beschuldigten die widerrechtlich anlässlich der Hausdurchsuchung sichergestellten und anschliessend widerrechtlich beschlagnahmten Briefmarken, sowie die freiwillig vom Beschuldigten edierten Briefmarken zum Frankaturwert im Umfang von Fr. 3'509.20 gemäss eingereichter Abrechnung zu erstatten.

4. Es sei dem Beschuldigten eine angemessene Genugtuung zuzusprechen.

5. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich gesetzlich geschuldeter Mehrwertsteuer zulasten des Staates bzw. zulasten der Privatklägerin.

6. Eventualiter seien die Kosten für die Gutachten vom 5. August 2015, vom 12. November 2015 und vom 23. November 2015 von der Privatklägerin bzw. vom Staat zu tragen.

7. Subeventualiter seien die Kosten für das Gutachten vom 5. August 2015, vom 12. No­vember 2015 und vom 23. November 2015 in dem Umfange von der Privatklägerschaft bzw. vom Staat zu tragen, als sie ohnehin notorisch bekannte Tatsachen betrafen bzw. auf mangelhafter Instruktion und mangelhafter Ausführung des Gutachtensauftrags beruhen.

Prozessgeschichte:

A. Am 23. Januar 2015 erstattete die B. AG bei der Kantonspolizei Schwyz Strafanzeige gegen unbekannte Täterschaft wegen strafbarer Handlungen gegen das Vermögen (pag. 05-00-0001, ...-0003). Es bestand der Verdacht, dass eine unbekannte Täterschaft auf der Internetauktionsplattform www.d.ch unter dem Benutzernamen "E." Briefmarken angeboten habe, welche bereits verwendet worden seien. Der Verkäufer habe jeweils angegeben, dass die Briefmarken bereits auf Antwortkarten aufgeklebt gewesen seien und aus einer Werbeaktion stammen würden. Mit Gerichtsstandsanfrage vom 10. Februar 2015 ersuchte die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz die Bundesanwaltschaft um Übernahme des Verfahrens gegen unbekannte Täterschaft wegen Fälschung amtlicher Wertzeichen gemäss Art. 245 StGB (pag. 02-01-0001). Am 17. Februar 2015 übernahm die Bundesanwaltschaft das Verfahren (pag. 02-01-0002). Mit Verfügung vom 17. Februar 2015 eröffnete die Bundesanwaltschaft die Strafuntersuchung wegen Fälschung amtlicher Wertzeichen im Sinne von Art. 245 StGB gegen Unbekannt (pag. 01-01-0001). Im Rahmen der Ermittlungen führte die Bundesanwaltschaft beim Schweizer Online Anbieter D. AG eine Beweismittelbeschlagnahme durch. Die Untersuchungen ergaben, dass A. den Benutzername "E." gebraucht habe (pag. 07-01-005 f.). Am 24. Februar 2015 dehnte die Bundesanwaltschaft die Strafverfolgung auf A. aus (pag. 01-01-0002).

B. Am 6. April 2015 wurde am Wohnort von A. eine Hausdurchsuchung durchgeführt (pag. 08-01.0001, ...-0005). Es wurden zahlreiche Gegenstände sichergestellt, wobei die beweisrelevanten Postbriefmarken und Dokumente (E-Mailverkehr, Bankunterlagen) von der Bundesanwaltschaft beschlagnahmt wurden (pag. 08-01-006, ...-008; pag. 08-01-0042, ...-0044). Am 5. August 2015 reichte die Universität Lausanne (Institut de police scientifique) der Bundesanwaltschaft das in deren Auftrag erstellte wissenschaftliche Gutachten betreffend die kriminaltechnische Untersuchung der beschlagnahmten Briefmarken ein (pag. 11-01-0006, ...-0020).

C. Am 15. September 2015 erliess die Bundesanwaltschaft gegen A. einen Strafbefehl wegen mehrfacher Fälschung amtlicher Wertzeichen in Mittäterschaft (Art. 245 Ziff. 1 und 2 StGB ) sowie mehrfacher versuchter Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ) und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 230.00, bedingt erlassen auf eine Probezeit von 2 Jahren, und zu einer Busse von Fr. 3'000.- (pag. 03-00-0001, ...-0005). A. erhob hierauf am 24. September 2015 form- und fristgerecht Einsprache und liess der Bundesanwaltschaft eine Begründung zukommen (TPF pag. 2-100-008, ...-026).

D. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft drängte sich keine weitere Beweisabnahme im Sinne von Art. 355 Abs. 1 StPO auf. Sie hielt am Strafbefehl fest (Art. 355 Abs. 3 lit. a StPO ) und überwies am 5. Oktober 2015 dem hiesigen Gericht den Strafbefehl als Anklageschrift zwecks Durchführung eines Hauptverfahrens (Art. 356 Abs. 1 StPO ) mit dem Hinweis, auf eine Teilnahme an der Hauptverhandlung zu verzichten.

E. Im Rahmen der Prozessvorbereitungen holte der Einzelrichter des Bundesstrafgerichts die erforderlichen Beweismittel zu den persönlichen Verhältnissen (Auszug aus dem schweizerischen, deutschen und österreichischen Strafregister, Betreibungsregisterauszug, Steuerunterlagen bzw. letzte Veranlagungsverfügung) und zwei ergänzende Gutachten von der Universität Lausanne (Institut de police scientifique) vom 12. und 23. November 2015 betreffend die kriminaltechnische Untersuchung der beschlagnahmten Briefmarken ein (TPF pag. 2-221-001, ...
-008; TPF pag. 2-261-001, ...-006); TPF pag. 2-285-001; TPF pag. 2-661-002, ...-014).

F. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 verzichtete die Bundesanwaltschaft auf Beweisanträge (TPF pag. 2-510-003). Mit Verfügung vom 18. Dezember 2015 hiess der Einzelrichter die Beweisanträge der Verteidigung teilweise gut (TPF pag. 2-280-001 f.).

G. Am 15. Januar 2016 fand die Hauptverhandlung ohne Anwesenheit der Bundesanwaltschaft am Sitz des Bundesstrafgerichts statt (TPF pag. 2.920-001,...-013). Der Einzelrichter eröffnete gleichentags das Urteil in öffentlicher Sitzung und begründete es mündlich. A. sowie dem Vertreter der B. AG wurde das Urteilsdispositiv ausgehändigt; der nicht anwesenden Bundesanwaltschaft wurde es zugestellt.

H. Am 21. Januar 2016 verlangte die Bundesanwaltschaft sowie der Vertreter der Privatklägerin gestützt auf Art. 82 Abs. 2 lit. a StPO fristgerecht eine schriftliche Begründung des Urteils (TPF pag. 2-510-004; TPF pag. 2-561-001).

Auf weitere Sachverhaltsdarstellungen wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen Bezug genommen.

Der Einzelrichter erwägt:

1. Prozessuales und Vorfragen

1.1 Zuständigkeit

Das Gericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen. Die Anklage lautet auf mehrfache Fälschung amtlicher Wertzeichen in Mittäterschaft gemäss Art. 245 Ziff. 1 und 2 StGB sowie mehrfache versuchte Fälschung amtlicher Wertzeichen gemäss Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB . Der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen unter anderem Verbrechen und Vergehen des zehnten Titels des StGB betreffend amtlicher Wertzeichen (Art. 23 Abs. 1 lit. e der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 [ StPO ; SR 312.0]). Die sachliche Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts ist vorliegend gegeben.

Die Kompetenz des Einzelgerichts ergibt sich in Anbetracht der beantragten bedingten Geldstrafe sowie Busse aus Art. 19 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 (StBOG; SR 173.71).

1.2 Gültigkeit des Strafbefehls und der Einsprache

1.2.1 Das Gericht entscheidet gemäss Art. 356 Abs. 2 StPO vorfrageweise über die Gültigkeit des Strafbefehls und der Einsprache. Der Strafbefehl vom 15. September 2015 beinhaltet die in Art. 353 Abs. 1 StPO aufgelisteten Kriterien, ausser die Bezeichnung der Positionen 17 und 18 des Beschlagnahmebefehls vom 3. Juni 2015, die freigegeben oder eingezogen werden (Art. 353 Abs. 1 lit. h StPO). Ferner beantragt die Bundesanwaltschaft in Ziffer 6 des Strafbefehls die Einziehung von Position 24 des Sicherstellungsverzeichnisses vom 6. April 2015, welche aber dort nicht zu entnehmen ist. Der Verteidigerin von A. wurde diesbezüglich anlässlich der Hauptverhandlung das rechtliche Gehör gewährt (pag. 2-920-007 f.).

1.2.2 Einwand der Verteidigerin

a) Die Verteidigerin machte im Rahmen des Plädoyers geltend, der Strafbefehl bzw. die Anklage sei zufolge fehlenden Tatverdachts ungültig (Art. 339 Abs. 2 lit. a StPO i.V.m. Art. 9 i.V.m. Art. 324 Abs. 1 und Art. 325 lit. f . i.V.m. 353 Abs. 1 lit. c StPO ). Das Strafverfahren basiere auf einer offenkundig falschen Anschuldigung seitens der Privatklägerin, welche von der Bundesanwaltschaft zuerst ungeprüft hingenommen und später, entgegen der Beweislage, als erstellt betrachtet worden sei (TPF pag. 2-925-006, ...-009). Das gesamte Vorverfahren wie auch sämtliche während des Hauptverfahrens zusätzlich erhobenen Beweise hätten den anfänglichen Tatverdacht des Fälschens von Briefmarken nicht erhärten können (TPF pag. 2-925-928). Die Einleitung, Durchführung, Strafbefehlsausfällung und insbesondere Anklageerhebung lasse sich daher nicht rechtfertigen (TPF pag. 2-925-009). Es liege daher ein Hindernis für das Strafverfahren insgesamt vor. Das Verfahren sei daher gemäss Art. 329 Abs. 4 StPO einzustellen (TPF pag. 2-925-028).

b) Art. 339 Abs. 2 lit. a StPO betrifft die Gültigkeit der Anklage und damit die in Art. 325 StPO sowie Art. 326 StPO aufgestellten Anforderungen an die Anklageschrift ( Hauri/Venetz, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 329 StPO N. 12). Gemäss Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO bezeichnet die Anklageschrift möglichst kurz, aber genau die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung. Sodann hat die Anklage grundsätzlich sämtliche Umstände anzuführen, die für eine Subsumtion unter die angeklagten Tatbestände unabdingbar sind ( Stephenson/Zalunardo-Walser, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 329 StPO N. 4). Bei der Überprüfung der Anklage ist gemäss Art. 329 Abs. 1 lit. b StPO als positive Prozessvoraussetzung zu prüfen, ob das angeklagte Verhalten überhaupt strafbar ist und ob ein genügender, die Anklage rechtfertigender Tatverdacht vorliegt ( Stephenson/
Zalunardo-Walser, a.a.O., Art. 329 StPO N. 4a). Es handelt sich hier lediglich um eine äusserst summarische Prüfung der Prozessvoraussetzungen ( Stephenson/Zalunardo-Walser, a.a.O., Art. 329 StPO N. 4a). Keineswegs kann es darum gehen, das Vorhandensein eines rechtsgenüglichen Tatverdachts zu prüfen oder ausschweifende rechtliche Abklärungen vorzunehmen. Es ist nicht Aufgabe der Vorprüfung zu untersuchen, ob die Beweislage zu einer Verurteilung ausreiche ( Stephenson/Zalunardo-Walser, a.a.O., Art. 329 StPO N. 4a).

c) Die Bundesanwaltschaft eröffnete am 17. Februar 2015 die Strafuntersuchung wegen einer Strafanzeige der Privatklägerin vom 23. Januar 2015 (pag. 05-00-0001, ...-003). Der Strafanzeige ist folgendes zu entnehmen: "Es besteht der Verdacht, dass eine unbekannte Täterschaft unter dem Namen "E." Briefmarken anbietet, welche bereits verwendet wurden." (...). "Der Verkäufer gibt auf D. an, dass die Briefmarken bereits auf Antwortkarten aufgeklebt waren und aus einer Werbeaktion stammen würden" (pag 05-00-0002). Im Rahmen der Ermittlungen führte die Bundesanwaltschaft beim Online-Anbieter D. AG eine Beweismittelbeschlagnahme durch. Die Untersuchungen ergaben, dass A. den Benutzername "E." gebraucht habe (pag. 07-01-005 f.). Am 24. Februar 2015 dehnte die Bundesanwaltschaft die Strafverfolgung auf A. aus. Anlässlich der Hausdurchsuchung bei A. beschlagnahmte sie zahlreiche Briefmarken und Unterlagen. Die Faktenlage hatte somit bei Eröffnung der Voruntersuchung die Qualität eines hinreichenden Tatverdachts, das heisst einer minimalen Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine strafbare Handlung begangen worden ist (vgl. Hürlimann, Die Eröffnung einer Strafuntersuchung im ordentlichen Verfahren gegen Erwachsene im Kanton Zürich, Diss. Zürich 2006, S. 104 ff.). Laut Anklage besteht der Tatverdacht, dass der Beschuldigte vom 18. Januar 2013 bis 23. Februar 2015 an seinem Domizil in Z. gebrauchte und entwertete Briefmarken wieder verwendet habe (TPF pag. 2-100-003). Dasselbe habe er mit 2'951 verfälschten Briefmarken vorgehabt. Ob das tatsächlich der Fall war, entscheidet sich auf Grund der Würdigung der erhobenen Beweise, nicht exklusiv anhand der in der Anklageschrift genannten Indizien. Der Tatverdacht ist damit mit der hinreichenden Klarheit geschildert. Die Voraussetzungen von Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO sind erfüllt. Ein Verfahrenshindernis für das Hauptverfahren ist daher nicht anzunehmen. Der Antrag auf Einstellung des Verfahrens ist daher abzuweisen.

1.2.3 Die geforderte Geldstrafe sowie Busse liegt innerhalb des zulässigen Sanktionsrahmens (Art. 352 Abs. 1 lit. a und b StPO). Der überwiesene Strafbefehl ist somit gültig. Die Einsprache vom 24. September 2015 erfolgte form- und fristgerecht (Art. 354 Abs. 1 und 2 StPO ). Der Strafbefehl gilt nach Art. 356 Abs. 1 StPO als Anklageschrift.

1.3 Anklageprinzip

1.3.1 Die Verteidigerin beantragte im Rahmen der Vorfragen die vollumfängliche Einstellung des Verfahrens wegen Verletzung des Anklagegrundsatzes in mehrfacher Hinsicht (Art. 9 StPO). Sie rügte, der Beschuldigte werde nicht genügend über die ihm vorgeworfenen Taten informiert (TPF pag. 2-925-009, ...-018). Ferner enthalte die Anklage nicht die wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Mittäterschaft sowie der versuchten Fälschung amtlicher Wertzeichen (TPF pag. 2-925-018, ...-020).

1.3.2 Nach dem in Art. 9 Abs. 1 StPO festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). In der Anklageschrift sind (unter anderem) die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung möglichst kurz, aber genau zu bezeichnen (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO ). Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 133 IV 235 E. 6.2 f.; BGE 126 I 19 E. 2a; je m.H.). Durch klare Umgrenzung des Prozessgegenstands und Vermittlung der für die Verteidigung notwendigen Informationen soll dem Betroffenen ein faires Verfahren garantiert werden. Entscheidend ist, dass der Beschuldigte genau weiss, was ihm konkret vorgeworfen wird (Urteile des Bundesgerichts 6B_209/2010 vom 2. Dezember 2010, E. 2.4; 6B_794/2007 vom 14. April 2008, E. 2.1, je m.w.H.). Gemäss Art. 350 Abs. 1 StPO ist das Gericht an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt, nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde gebunden.

1.3.3 Nach Ansicht des Gerichts ist die Anklage genügend spezifiziert, weshalb der Anklagegrundsatz gemäss Art. 9 StPO diesbezüglich gewahrt ist. Wie sich nachfolgend ergibt, ist der Beschuldigte freizusprechen. Eine nähere Prüfung der von der Verteidigung vorgebrachten Rügen der Verletzung des Anklagegrundsatzes erübrigt sich damit.

1.4 Verwertbarkeit der Beweismittel

1.4.1 Die Verteidigerin beantragte im Rahmen des Parteivortrages, sämtliche anlässlich der Hausdurchsuchung vom 6. April 2015 sichergestellten und anschliessend beschlagnahmten Gegenstände, die beschlagnahmten E-Mails sowie der Schlussrapport vom 18. Mai 2015 seien infolge Unverwertbarkeit aus den Akten zu entfernen (TPF pag. 2-925-036). Die Hausdurchsuchung sei unverhältnismässig gewesen und es habe kein hinreichender Tatverdacht bestanden (TPF pag. 2-925-030 f.). Die Sicherstellung und nachfolgende Beschlagnahme seien daher widerrechtlich erfolgt.

1.4.2 Die Anträge der Verteidigung in ihrem Plädoyer, es seien Beweismittel aus den Akten zu entfernen, sind verspätet. Solche Anträge gehören vor Gericht in das Beweisverfahren. Sollten sich nach Ansicht der Verteidigung unverwertbare Beweise in den Akten befinden, so kann im Plädoyer auf diesen Umstand hingewiesen werden, und zwar in dem Sinne, als diese Beweise nicht Basis einer Verurteilung bilden können. Vorliegend ist über die Verwertbarkeit der beschlagnahmten Gegenstände, der E-Mails und des Schlussrapports, sofern diese überhaupt von Relevanz sein sollten, erst im Rahmen der Beweiswürdigung abschliessend zu entscheiden. Von einem Sachrichter kann erwartet werden, dass er in der Lage ist, die unzulässigen Beweise von den zulässigen zu unterscheiden, und sich bei der Beweiswürdigung ausschliesslich auf Letztere zu stützen (Urteil des Bundesgerichts 6B_81/2915 vom 27. Januar 2016, E. 3.2.1)

1.5 Antrag auf Aufhebung des Strafbefehls

1.5.1 Die Verteidigerin beantragte, es sei der Strafbefehl der Bundesanwaltschaft vom 15. September 2015 aufzuheben.

1.5.2 Die Einsprache ist kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf. Wird sie erhoben, fällt der Strafbefehl dahin (statt vieler: BGE 140 IV 82 E. 2.6; Urteil des Bundesgerichts 6B_608/2015 vom 15. Januar 2016, E. 1.2.2). Der Strafbefehl ist somit durch die Einsprache vom 24. September 2015 dahingefallen. Der Antrag der Verteidigerin ist daher obsolet. Auf den Antrag ist nicht einzutreten.

1.6 Strafverfahren gegen die Privatklägerin bzw. deren Vertreter

1.6.1 Die Verteidigerin beantragte im Rahmen der Vorfragen, es sei von Amtes wegen zu prüfen, ob sich die Privatklägerin resp. deren Vertreter persönlich der falschen Anschuldigung i.S.v. Art. 303 StGB schuldig gemacht habe (TPF pag. 2-925-037).

1.6.2 Ein solcher Antrag ist bei der zuständigen Strafverfolgungsbehörde einzureichen. Das hiesige Gericht ist nicht der geeignete Ort dafür. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 1 und 2 StGB )

2.1 Rechtliches

2.1.1 Wer amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken, Stempel- oder Gebührenmarken, fälscht oder verfälscht, um sie als echt oder unverfälscht zu verwenden, wer entwerteten amtlichen Wertzeichen den Schein gültiger gibt, um sie als solche zu verwenden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 245 Ziff. 1 StGB ). Wer falsche, verfälschte oder entwertete amtliche Wertzeichen als echt, unverfälscht oder gültig verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 245 Ziff. 2 StGB ).

2.1.2 Gemäss der Definition des amtlichen Wertzeichens handelt es sich dabei um ein Zeichen, welches dazu bestimmt ist, auf einem Trägerobjekt angebracht zu werden ( Corboz, Les infractions en droit suisse, Vol. II, 3 e éd., Berne 2010 n o 1 ad art. 245 CP). Das Gesetz selbst bezeichnet die Angriffsobjekte pauschal als amtliche Wertzeichen und verdeutlicht die entsprechende Begriffsbestimmung unter anderem durch die beispielhafte Aufzählung von Postmarken ( Lentjes Meili/Keller, Basler Kommentar, Strafrecht II, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 245 StGB N. 9). Das Zeichen muss amtlich sein, das heisst es muss vom Staat oder einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts herausgegeben worden sein ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 11). In Deutschland wurde nach der Privatisierung der Post die Definition der Briefmarke als amtliches Wertzeichen überdacht ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 14). Der deutsche Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11. Oktober 2005 festgestellt, dass Briefmarken, nach der Privatisierung der "Deutschen Post AG" sog. kleine Inhaberpapiere i.S.v. § 807 BGB bilden. Strafrechtlich fällt damit ihre Fälschung nicht mehr unter die Geld- und Wertzeichenfälschung nach § 146 D-StGB, sondern unter die Urkundenfälschung gemäss § 267 D-StGB ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 14).

2.1.3 a) Art. 245 Ziff. 1 Abs. 1 StGB enthält zunächst den Grundtatbestand des eigentlichen Fälschens oder Verfälschens amtlicher Wertzeichen ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 15; Stratenwerth/Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl., Bern 2013, § 34 N. 6). In der ersten Variante bzw. dem Fälschen wird generell das unberechtigte Nachahmen des fraglichen Objekts verstanden ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 15; Corboz, a.a.O, n o 6 ad art. 245 CP). Von der zweiten Variante - dem Verfälschen - ist demgegenüber immer dann die Rede, wenn ein echtes amtliches Wertzeichen unbefugt abgeändert wird ( Stratenwerth/Bommer, a.a.O., § 34 N. 6), so dass der Anschein eines Wertes entsteht, den das echte Wertzeichen nicht oder nicht mehr hat ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 18; Corboz, a.a.O, n o 7 ad art. 245 CP). Die dritte Tatvariante, diejenige von Art. 245 Ziff. 1 Abs. 2 StGB betrifft den Fall, "wer entwerteten amtlichen Wertzeichen den Schein gültiger gibt, ...". Sie setzt zunächst das Vorhandensein eines echten, aber entwerteten Wertzeichens voraus ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 19; Niggli, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Besonderer Teil, Band 6a: Fälschung von Geld, amtlichen Wertzeichen, amtlichen Zeichen, Mass und Gewicht, Bern 2000, Art. 245 StGB N. 42). Bei der Entwertung handelt es sich in der Regel um eine Kennzeichnung (Stempel, Maschinenaufdruck etc.), um darauf hinzuweisen, dass das amtliche Wertzeichen bereits verwendet wurde und nicht noch einmal gebraucht werden darf. Der Zweck der Verfälschung eines entwerteten amtlichen Wertzeichens besteht somit darin, dieses ein weiteres Mal zu gebrauchen. Der Anschein der noch vorhandenen Gültigkeit wird dem Zeichen in der Regel durch Entfernung der Abstempelung oder Unsichtbarmachen der Entwertung oder durch erneute Überstempelung verliehen ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 19; Niggli, a.a.O., Art. 245 StGB N. 42). Bei sämtlichen dieser drei Tatvarianten beinhaltet somit die strafbare Vorgehensweise, dass die stoffliche Zusammensetzung des Wertzeichens entweder aufgebaut oder verändert wird, also ein Eingriff in die materielle Substanz des amtlichen Wertzeichens erfolgt.

b) Eine Briefmarke verfügt typischerweise auf der Rückseite über eine wasserlösliche Gummierung, mit welcher die Briefmarke auf eine Postsendung aufgeklebt werden kann. Nach der Postaufgabe erfolgt die Entwertung der Briefmarke durch das Anbringen eines Stempels, welchem der Ort und der Zeitpunkt des Versandes zu entnehmen ist. Wird die Postsendung nicht zum Versand aufgegeben, so ist die Briefmarke nicht entwertet und kann deshalb zur Frankatur einer anderen Postsendung verwendet werden. Dies kann in der Art und Weise erfolgen, dass die Briefmarke mit dem Trägerpapier aus der Verpackung ausgeschnitten und inklusive Trägerpapier auf eine Postsendung geklebt wird.

Wurde die Briefmarke bereits verwendet, das Anbringen der Entwertung aber versehentlich unterlassen, indem sie ungestempelt blieb, erfüllt die Vorbereitung zur neuerlichen Verwendung des amtlichen Wertzeichens (z.B. durch Ablösen von einer Postsendung, auf welche sie aufgeklebt wurde) den Tatbestand von Art. 245 Ziff. 1 Abs. 2 StGB nicht ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 19; Niggli, a.a.O., Art. 245 StGB N. 42). Die Briefmarke ist nicht entwertet - da nicht abgestempelt - und kann zur Frankatur einer anderen Postsendung verwendet werden. Möglich ist, die unentwertete Briefmarke mittels warmem Wasser vom Trägerpapier - z.B. einem "Rückläufer" - zu lösen, zu trocknen, auf eine neue Postsendung aufzukleben und diese zum Versand aufzugeben. Ein solches Vorgehen erfüllt den Tatbestand von Art. 245 StGB nicht, handelt es sich doch um die Verwendung eines gültigen Wertzeichens. Mit einer solchen Vorbereitung zur neuerlichen Verwendung ist jeweils die Entfernung des Gummis (Klebstoffs) verbunden. Der Umstand, dass die unentwertete Briefmarke vom Trägerpapier gelöst und die Gummierung damit entfernt wurde, stellt keine Fälschungs- bzw. Verfälschungshandlung dar.

Nach dem Gesagten kann umso weniger eine ungummierte Marke, welche noch gar nicht verwendet wurde, mitunter die Gegenleistung der Post, nämlich die Beförderung des Briefes, noch gar nicht in Anspruch genommen wurde - und daher auch nicht abgestempelt wurde - tatbestandsmässig sein. Ungummierte, noch nicht bestimmungsgemäss verwendete Briefmarken sind daher weiterhin gültig, da sie noch nie bestimmungsgemäss verwendet und daher auch nicht entwertet wurden. Das Entfernen der Gummierung stellt somit keine Fälschungs-, Verfälschungs- oder Entwertungshandlung dar (TPF pag. 2-925-067).

Anders ist es in dem Falle, wo eine Entwertung der Briefmarken durch Stempelung stattgefunden hat. Wird der Stempel durch chemische oder andere Substanzen (z.B. organische Lösungsmittel) ausgewaschen und damit der Eindruck erweckt, die Briefmarke sei unentwertet, so handelt es sich um eine Fälschungs- bzw. Verfälschungshandlung im Sinne von Art. 245 Ziff. 1 StGB .

c) Der Gesetzgeber umschreibt die äussere Tathandlung gemäss Art. 245 Ziff. 2 StGB mit der Verwendung der falschen, verfälschten oder entwerteten amtlichen Wertzeichen als echt, unverfälscht oder gültig. Die Angriffsobjekte von Ziff. 2 sind somit zwingend die in Ziff. 1 umschriebenen Falsifikate und die amtlichen Wertzeichen, die nach ihrer Entwertung zum Schein wieder gültig gemacht wurden (siehe E. 2.1.3 a ; Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 26). Gültige und echte amtliche Wetzeichen scheiden somit als taugliches Angriffsobjekt von Ziff. 2 aus ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 26). Mit Ziff. 2 soll der Logik entsprechend keine vierte Tatbestandsvariante - nämlich die Verwendung eines entwerteten Wertzeichens ohne Eingriff in die Substanz gemäss Ziff. 1 - geschaffen werden (Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2014.51 vom 27. Februar 2015, E. 2.1.2). Vielmehr setzt auch die Strafbarkeit der Verwendung eines entwerteten Wertzeichens nach Ziff. 2 folgerichtig zwingend voraus, dass ein - verfälschender - Eingriff in dessen Substanz vorgenommen wurde, insbesondere um die äusseren Merkmale der Entwertung zu beseitigen. Mit "Verwenden" ist der bestimmungsgemässe Gebrauch gemeint ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 29). Strafbar kann damit nur die Verwendung des amtlichen Wertzeichens gemäss den für das jeweilige Wertzeichen geltenden Bestimmungen sein. Mit "Verwendung" ist somit nur der Gebrauch im amtlichen Verkehr, also die Übergabe an die Post in Verbindung mit einer Postsendung, gemeint. Nicht unter Art. 245 Ziff. 2 StGB fällt daher die blosse Übergabe an einen Dritten, selbst wenn es als Zahlungsmittel dient ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 29). Werden entwertete Briefmarken verfälscht und als unentwertet verkauft oder getauscht, so erfüllt dieses Verhalten nicht den Tatbestand von Art. 245 StGB , sondern eventuell denjenigen des Betrugs gemäss Art. 146 StGB , der Urkundenfälschung gemäss Art. 251 StGB oder der Warenfälschung gemäss Art. 155 StGB (vgl. Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 29 und 37).

d) Die Verwendung des Falsifikats durch den Fälscher selbst ist eine mitbestrafte Nachtat. Zur Anwendung gelangt in solchen Fällen ausschliesslich die Strafandrohung von Art. 245 Ziff. 1 StGB (statt vieler: Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 35).

2.1.4 a) In subjektiver Hinsicht ist für die Strafbarkeit gemäss Art. 245 Ziff. 1 StGB einerseits Vorsatz und andererseits die Absicht, die Fälschung als echt oder unverfälscht zu verwenden (Abs. 1) oder das entwertete Wertzeichen als Gültiges zu verwenden (Abs. 2), erforderlich ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 21).

b) In subjektiver Hinsicht erfordert die Strafbarkeit nach Art. 245 Ziff. 2 StGB Vorsatz bezüglich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale, also namentlich auch eine eigene Vorstellung des Täters darüber, dass es sich um ein amtliches Wertzeichen handelt, das gefälscht, verfälscht oder bereits entwertet worden ist ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 30). Auch Eventualvorsatz genügt ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 30).

2.1.5 Führt der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder tritt der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht ein oder kann dieser nicht eintreten, so kann das Gericht die Strafe mildern (Art. 22 Abs. 1 StGB ). Ein strafbarer Versuch liegt erst vor, wenn der Täter mit der Ausführung der Tat begonnen hat ( Niggli/
Maeder, Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 22 StGB N. 1). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zählt dazu schon jede Tätigkeit, die nach dem Plan, den sich der Täter gemacht hat, auf dem Weg zum Erfolg den letzten entscheidenden Schritt darstellt, von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt, es sei denn wegen äusserer Umstände, die eine Weiterverfolgung der Absicht erschweren oder verunmöglichen (sog. Schwellentheorie des Bundesgerichts; statt vieler: BGE 131 IV 104 E. 7.2.1).

Der Versuch einer Handlung gemäss Art. 245 Ziff. 2 StGB beginnt grundsätzlich immer dann, wenn der Täter mit Wissen und Willen konkret zur inkriminierten Tat, also zur Verwendung ansetzt ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 31). Dieses Stadium ist im Zusammenhang mit gefälschten oder entwerteten Briefmarken noch nicht erreicht, wenn eine Marke abgelöst wird oder wenn eine präparierte Marke aufgeklebt wird. Vielmehr ist für die Annahme eines Versuchs notwendig, dass der Täter konkret beginnt, die so frankierte Sendung der Post zuzuleiten ( Lentjes Meili/Keller, a.a.O., Art. 245 StGB N. 31).

2.1.6 Das Gericht würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung (Art. 10 Abs. 2 StPO ). Das Gebot will sicherstellen, dass der Richter nicht verpflichtet ist, etwas als erwiesen zu erachten, wenn es dies nach seiner Überzeugung nicht ist, oder umgekehrt etwas nicht erwiesen anzusehen, worüber für ihn kein Zweifel besteht ( Hofer, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 10 StPO N. 58). Überzeugt zeigen darf sich das Gericht nur, wenn es jeden vernünftigen Zweifel ausschliessen kann. Die Überzeugung muss durch gewissenhaft festgestellte Tatsachen und logische Schlussfolgerungen begründet werden; dadurch wird die Herleitung des Beweisergebnisses objektiv nachvollziehbar ( Hofer, a.a.O., Art. 10 StPO N. 61). Bestehen unüberwindliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat, so geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus (Art. 10 Abs. 3 StPO ). Nach dem allgemein anerkannten, sinngemäss in Art. 10 Abs. 3 StPO festgehaltenen Grundsatz in dubio pro reo werden erhebliche und unüberwindliche Zweifel zugunsten des Beschuldigten gewertet. Freilich kann dabei nicht verlangt werden, dass die Tatschuld gleichsam mathematisch sicher und unter allen Aspekten unwiderlegbar feststeht. Bloss abstrakte und theoretische Zweifel dürfen nicht mass-gebend sein, weil solche immer möglich sind. Eine theoretische, entfernte Möglichkeit, dass der Sachverhalt anders sein könnte, rechtfertigt keinen Freispruch ( Hauser/Schweri/Hartmann , Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Zürich 2005, S. 247; Schmid , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, N. 227, 233). Der richterlichen Beweiswürdigung sind namentlich dort Grenzen gesetzt, wo dem Urteil - zumeist durch entsprechende Gutachten ins Verfahren eingebrachte - wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde zu legen sind. Für ein Abweichen vom Gutachten müssen stichhaltige Gründe vorliegen ( Schmid , a.a.O., N. 232 und 951; Hauser/Schweri/Hartmann , a.a.O., S. 246).

2.2

2.2.1 Die Anklageschrift muss den als strafbar erachteten Sachverhalt und die als erfüllt erachtete Strafnorm anführen (Art. 353 Abs. 1 lit. c und d bzw. Art. 325 Abs. 1 lit. f und g StPO ). Das Gericht ist an den in der Anklageschrift bezeichneten Sachverhalt gebunden (Art. 350 Abs. 1 StPO ).

2.2.2 Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten folgenden Anklagesachverhalt vor: "A. hat in der Zeit von 18.01.2013 bis 23.02.2015, von seinem Domizil in Z., modifizierte Schweizer A-Post Briefmarken über die Internetplattform www.d.ch an diverse Käufer in der ganzen Schweiz verkauft und versendet. Pro Lieferung versendete er jeweils Päckchen à je 100 zu einem durchschnittlichen Preis von rund CHF 82.00. Die auf diese Weise verkauften modifizierten Briefmarken bestellte und kaufte er zuvor jeweils bei einem gewissen F., wohnhaft in Deutschland, für rund CHF 38.00 (ca. EUR 32.00) pro 100 und erzielte somit pro hundert verkaufte Briefmarken einen Gewinn von um die CHF 44.00. Sämtliche von A. bei F. bezogenen Briefmarken wurden zuvor, mittels chemischer Substanzen, von deren ursprünglichen Brief- und Postsendungen entfernt bzw. gewaschen und davon losgelöst und waren somit bereits einmal gebraucht und entwertet. A. bezeichnet den Zustand der von ihm auf www.d.ch angebotenen Briefmarken als gebraucht ("used") oder als so gut wie neu ("as good as new") und weist darauf hin, dass diese ohne Gummierung sind. Die Briefmarken werden von den Käufern anschliessend mit Klebestoff erneut auf Brief- und Postsendungen angebracht und als gültige Briefmarken verwendet, was für die B. AG nicht erkennbar ist und dazu führt, dass diese die Dienstleistung des Beförderns von Brief- und Postsendungen doppelt erbringt. Die auf diese Weise manipulierten Briefmarken wurden von A. einzig zum Zwecke der Verwendung als gültige Wertzeichen bei F. bestellt und gekauft (...) und anschliessend einzig zu diesem Zweck an diverse Personen weiterverkauft (...). Dasselbe hatte er mit den gesamthaft 2'951 CH-Briefmarken
A-Post (allesamt ohne Gummierung) vor, welche am 06.04.2015 in seiner Wohnung sichergestellt wurden."

2.3 Einwand der Verteidigung

2.3.1 Die Verteidigerin wandte in ihrem Plädoyer ein, die B. AG sei seit 2012 nicht mehr eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, sondern seit ihrer Privatisierung eine juristische Person des Privatrechts. Die von der Privatklägerin emittierten Wertzeichen seien keine "amtlichen Wertzeichen" i.S.v. Art. 245 StGB und daher strafrechtlich nicht mehr geschützt. Es fehle ein taugliches Tatobjekt. Der objektive Tatbestand von Art. 245 StGB sei daher von vornherein nicht erfüllt (TPF pag. 2-925-052 ff.).

2.3.2 Aufgrund der neuen Postgesetzgebung (PG, POG, VPG, VPOG), welche Ende 2012 in Kraft trat, wurde die H. am 26. Juni 2013 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Gemäss Art. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der H. vom 17. Dezember 2010 (Postorganisationsgesetz, POG ; SR 783.1) ist die H. eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft. Sie wurde in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft überführt, weil damit die Organisation der H. besser auf die spezifischen Bedürfnisse des Bundes und dessen öffentliche Interessen an den Aufgaben der H. ausgerichtet werden konnte ( Häner, in: Biaggini/Häner/Saxer/Schott [Hrsg.], Fachbuch Verwaltungsrecht, Zürich/Basel/Genf 2015, N. 28.49). Angesichts des nach wie vor vorhandenen Briefmonopols erscheint es aber plausibel, dass keine privatrechtliche Aktiengesellschaft gegründet wurde ( Häner, a.a.O., N. 28.49). Nach dem Gesagten handelt es sich somit - angesichts der öffentlich-rechtlichen Komponente - bei den Schweizer Briefmarken nach wir vor um amtliche Wertzeichen. Das entspricht ebenfalls dem Wortlaut von Art. 245 Ziff. 1 StGB ("... amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken ..."). Der Einwand der Verteidigung ist demnach unbegründet.

2.4 Beweismittel

2.4.1 Bei der Einvernahme vom 6. April 2015 sagte der Beschuldigte aus, er habe die Schweizer Briefmarken ohne Gummierung bei F. gekauft (pag. 13-01-0004). Auf Frage, was er zu F. sagen könne, sagte er aus: Gar nichts. Er kenne ihn nicht. Auf Frage, woher F. diese Briefmarken habe, sagte er aus: Das habe er nie gefragt. Er sei davon ausgegangen, so wie er es in der Auktion geschrieben habe, dass es Rückläufer aus einer Werbeaktion seien. Dies, weil er in der Schweiz selber schon Rückläuferkarten in grossen Mengen gekauft habe. Auf Frage, wie man sich das vorstellen könne, sagte er aus: "Sie kriegen zum Beispiel eine Post-/Werbesendung mit Antwortkarten darin. Die Antwortkarten sind vorfrankiert, um die Kunden zu locken. Ich hatte diese dazumal selber von der Karte abgelöst. Das waren Rückläufe von Adressat unbekannt, verzogen, abgelehnt" (pag. 13-01-0005). Auf Frage, was er dazu meine, dass er entwerteten amtlichen Wertzeichen den Schein gültiger geben würde, sagte er aus: Die seien nicht entwertet (pag. 13-01.0010). Bei der Einvernahme in der Hauptverhandlung vom 15. Januar 2016 sagte er weitgehend gleichbleibend aus. Briefmarken sammeln sei ein Hobby von ihm (TPF pag. 2-930-003). F. habe ihm gesagt, er (gemeint: F.) habe viele ungebrauchte Briefmarken ohne Gummierung (TPF pag. 2-930-004). Er sei davon ausgegangen, dass diese nur von Rückläufern stammen könnten. Auf Frage, ob die Briefmarken mit chemischen Lösungsmitteln von den Sendungen losgelöst worden seien, sagte er aus: Nein. Im Wasserbad. Auf Frage, ob die Briefmarken, welche er von F. erhalten habe, bereits einmal im Postverkehr verwendet worden seien, sagte er aus: Nein. Er habe jede Briefmarke, welche er verkauft habe, mit der Lupe begutachtet hinsichtlich Stempelabschlägen, Rückständen und möglicher Rückstände von Stempelfarbe. Er habe jede einzelne Briefmarke mit einer Halogenlampe gegen das Licht kontrolliert (TPF pag. 2-930-004). Er verneinte die Frage, ob die Briefmarken vorher entwertet worden seien. Bei den meisten von F. sei der blaue Anhänger daran gewesen (TPF pag. 2-930-005). Er gehe davon aus, dass wenn die Briefmarken manipuliert oder gewischt worden wären, oder wie auch immer, dann würde man das wertlose Anhängsel nicht auch noch mitmanipulieren, um die Briefmarken als gültig erscheinen zu lassen (TPF pag. 2-930-005). Auf Vorhalt des Gutachtens der Universität Lausanne vom 5. August 2015, wonach eine kleine Anzahl von Briefmarken Restspuren der Stempelung aufweisen würden, sagte er aus: "Weil die Briefmarken von den beiden Beamten bei der Hausdurchsuchung willkürlich aus den Sammelschachteln bzw. Sammelsurien herausgefischt wurden" (TPF pag. 2-930-005). Er verneinte die Frage, ob die beschlagnahmten Briefmarken alles Briefmarken gewesen seien, welche zum Verkauf vorgesehen gewesen seien. Auf Frage, warum er die Briefmarken beim Weiterverkauf bzw. die im D. angebotenen Briefmarken mit "used" oder "as good as new" bezeichnet habe, sagte er aus: Weil sie nicht "postfrisch" gewesen seien. Weil kein Klebstoff auf den Marken gewesen sei. Er könne die Briefmarken nicht als "postfrisch" verkaufen oder anbieten, wenn sie keinen Klebstoff mehr darauf hätten. Das wäre sonst Irreführung gewesen (TPF pag. 2-930-006). Neu seien die Briefmarken nicht, auch wenn sie ungebraucht oder nicht entwertet seien. Auf Frage, ob die von ihm verkauften Briefmarken ungestempelt gewesen seien, sagte er aus: "Ja." (TPF pag. 2-930-006). Er habe die von ihm zum Verkauf angebotenen Briefmarken nie als "ungestempelt" bezeichnet, weil es die Kategorie nicht gegeben habe (TPF pag. 2-930-006). Er könne nicht sagen, ob einige der bei ihm beschlagnahmten Briefmarken, welche gemäss Gutachten vom 5. August 2015 Stempelspuren hätten, auch von F. seien (TPF pag. 2-930-008). Er bejahte, dass diese von überall sein könnten. Er habe die Pakete, welche er verkauft habe, selber selektiert und gemacht. Auf Frage, ob die Briefmarken, welcher er von F. erhalten habe, je Stempelspuren gehabt hätten, sagte er aus: "Einmal oder zweimal". Wegen dem habe er jede Marke, welche er verkauft habe, kontrolliert (TPF pag. 2-930-008). Er habe angenommen, dass die Briefmarken von F. aus Rückläufern stammen würden und typischerweise ungestempelt seien (TPF pag. 2-930-009). Auf Frage, ob er selber genau kontrolliert habe, dass die Briefmarken, welcher er auf der Auktionsplattform verkauft habe, keine Stempelspuren hätten, sagte er aus: Jawohl. Er habe jede einzelne Briefmarke genau kontrolliert, bevor er diese verkauft habe. Er habe die von ihm verkauften Briefmarken immer genau kontrolliert, dass diese keine Stempelspuren gehabt hätten. Er verneinte die Frage, ob die Briefmarken mit Stempelspuren, welche bei ihm beschlagnahmt und untersucht worden seien, auch zum Verkauf vorgesehen gewesen seien (TPF pag. 2-930-009). Auf Frage, ob er die von F. gekauften Briefmarken in irgendwelcher Form bearbeitet habe, sagte er aus: Mechanisch in keiner Weise. Er habe die Briefmarken nicht chemisch behandelt. Er habe sie nur zusammengestellt und auf Steckkarten gesteckt (TPF pag. 2-930-009): Er sagte weiter aus, dass die 2'951 Briefmarken, welche am 6. April 2015 bei ihm sichergestellt worden seien, teilweise von F. stammen würden (TPF 2-930-010).

2.4.2 Den beschlagnahmten Bankauszügen ist zu entnehmen, dass A. vom 6. Januar 2014 bis 1. März 2015 bei F. 13'640 Schweizer Briefmarken für EUR 4'287.81 bezog (pag. 08-01-0009 ,...-0041; TPF pag. 2-100-004). Aus den beschlagnahmten Unterlagen von der Firma D. AG ergibt sich, dass er eine Menge von 5'300 Stück in 53 Auktionen verkaufte. A. bezeichnete den Zustand der von ihm auf der Internetplattform www.d.ch angebotenen Marken mit "used" oder "as good as new" (pag. 10-01-0014, ...-0015). Der Verkaufsbeschreibung von A. in der Internetauktion ist zu entnehmen, dass die Briefmarken aus "Rückläufern einer Werbeaktion, bei der die Antwortkarten vorfrankiert waren", stammen würden und daher ohne Gummi seien (pag. 10-01-0016).

2.4.3 Am 6. April 2015 wurden am Domizil von A. 3'255 Schweizer Briefmarken ohne Gummierung sichergestellt (pag. 08-01-0006, ...-0008; pag. 08-01-0042, ...-044). Am 9. Juli 2015 reichte A. freiwillig bei der Bundesanwaltschaft 500 Schweizer Briefmarken mit einem Frankaturwert von Fr. 1.00 ein. Mit Verfügungen der Bundesanwaltschaft vom 3. Juni 2015 und 16. Juli 2015 wurden insgesamt 3'755 Schweizer A-Post Briefmarken beschlagnahmt (pag. 08-01-0042, ...-0044; pag. 08-01-0045 f.).

2.4.4 a) Die beschlagnahmten Briefmarken (E. 2.4.3) wurden hinsichtlich allfälliger Fälschungs- bzw. Verfälschungshandlungen kriminaltechnischen Untersuchungen unterzogen. Dem kriminalistischen Gutachten der Universität Lausanne vom 5. August 2015 ist zu entnehmen, dass lediglich eine kleine Anzahl der Postbriefmarken Restspuren von Stempelungen aufweisen würden (pag. 11-01-0019). Es sei grundsätzlich möglich, mittels eines organischen Lösungsmittels ein bis zwei Tage alte Stempel auf Postbriefmarken zu entfernen (pag. 11-01-0019). Die zentrale Frage der Bundesanwaltschaft, ob die beschlagnahmten Postbriefmarken chemisch zur Entfernung von Stempelungen behandelt worden seien, blieb unbeantwortet. In Bezug auf die wenigen Briefmarken mit Stempelspuren hielt der Gutachter fest, dass diese gewaschen und abgelöst worden seien (pag. 11-01-0015). Gemäss Gutachten bestehe der weitaus überwiegende Teil der beschlagnahmten Briefmarken aus solchen, welche keine Stempelspuren aufweisen würden. Bei allen Postbriefmarken fehle die Originalgummierung (pag. 11-01-0019). Gemäss Gutachten sei die Annahme gerechtfertigt, dass diese Briefmarken von einer Postsendung abgelöst worden seien. Dies liesse sich dadurch bewerkstelligen, dass die aufgeklebten Briefmarken zusammen mit dem Trägerpapier einige Minuten in warmes Wasser (50 bis 60 Grad) gelegt würden (pag. 11-01-0020). Gemäss Gutachten seien sämtliche gummifreien Briefmarken gültig ("valable) und authentisch ("tous authentiques"), also keine Totalfälschungen (pag. 11-01-0020).

b) Dem Ergänzungsgutachten der Universität Lausanne vom 12. November 2015 ist zu entnehmen, dass selbst wenn die Briefmarken mit Lösungsmitteln oder Wasser behandelt worden wären, es nicht möglich sei festzustellen, wer eine solche Behandlung vorgenommen habe (TPF pag. 2-661-007).

c) Im Ergänzungsgutachten der Universität Lausanne vom 23. November 2015 kommt der Gutachter zum Schluss, dass nicht ermittelt werden könne, ob die untersuchten Briefmarken mit einem Lösungsmittel behandelt worden seien, da der Zustand der Marken für eine derartige Untersuchung untauglich gewesen sei (TPF pag. 2-661-013). Schliesslich wäre der Nachweis der Behandlung mit einem Lösungsmittel unverhältnismässig aufwendig und zudem unsicher, da die Möglichkeit bestehe, dass das Lösungsmittel vollständig verdampft wäre und keine Spuren gefunden werden könnten, obwohl das Lösungsmittel allenfalls verwendet worden sei (TPF pag. 2-661-013). Die zentrale - und von der Bundesanwaltschaft bereits gestellte - Frage des Einzelrichters, ob bei den zu begutachtenden Briefmarken mit einem Lösungsmittel eine vorbestehende Stempelung entfernt bzw. ausgewaschen worden sei, hat der Gutachter erneut nicht beantwortet (TPF pag. 2-661-014). Dem Gutachten ist weiter zu entnehmen, dass nicht festgestellt werden könne, welche Briefmarken mit warmem Wasser gewaschen worden seien. Es sei aber nicht möglich, mit warmem Wasser die schwarze Tinte von Briefmarken zu entfernen (TPF pag. 2-661-014).

2.4.5 Die Privatklägerin verkauft in ihren "Shops" sog. "Briefmarken Sammler-Sets". Dem Beweismittel "Briefmarken Sammler-Set" ist unter Punkt 3 und 4 der Anleitung zu entnehmen: "Fülle ein Becken mit lauwarmem Wasser und lege ein paar ausgeschnittene Briefmarken hinein (...). Warte geduldig, bis sich die Briefmarken von selbst vom Umschlag lösen (...). Übrigens: Auch alle selbstklebenden Briefmarken können so abgelöst werden" (TPF pag. 2-925-087).

2.4.6 Bei einem sog. "Rückläufer" handelt es sich um eine vorfrankierte Postsendung, welche aufgrund von Unzustellbarkeit an den Absender retourniert wird. Beim Werbecouvert "I." handelt es sich um einen "Postrückläufer", auf welchem die Schweizer Briefmarke nicht gestempelt ist (TPF pag. 2-925-089).

2.5 Beweiswürdigung

2.5.1 Aus den Gutachten ergibt sich, dass es sich bei sämtlichen untersuchten Briefmarken um Originale handelt. Ferner ist erwiesen, dass in warmem Wasser Briefmarken vom Trägermedium abgelöst werden können. Das entfernt die Gummierung auf der Rückseite der Briefmarke. Ein allfälliger Poststempel kann aber im warmen Wasserbad nicht ausgewaschen werden. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass die beschlagnahmten Briefmarken mit Lösungsmitteln behandelt wurden. Der Logik entsprechend kann daher auch nicht nachgewiesen werden, ob die Briefmarken chemisch zur Entfernung von Stempelung behandelt wurden. Die Feststellung, dass die Briefmarken gestempelt und damit entwertet wurden, ist daher nicht möglich. Der Gutachter hielt sogar fest, dass die Briefmarken - bis auf die wenigen gestempelten - gültig seien. Das Gutachten lässt daher keinen anderen Schluss zu, als dass die Briefmarken - bis auf die wenigen gestempelten - nie gestempelt waren und allfällige Stempelungen nicht mittels chemischer Behandlung abgelöst wurden. Das Gegenteil kann angesichts der Gutachten definitiv nicht nachgewiesen werden (TPF pag. 2-925-051).

2.5.2 a) Von den Briefmarken, welche gemäss Anklageschrift vom Beschuldigten gekauft und über die Internetplattform www.d.ch weiterverkauft wurden, wurden keine sichergestellt und können deshalb zur Fälschungs- bzw. Verfälschungsfrage nicht herangezogen werden. Aus den vom Online-Anbieter D. AG edierten Unterlagen ergibt sich jedoch, dass der Beschuldigte eine Menge von weit über 5'300 gummifreien Briefmarken bezogen, und von diesen in 53 Auktionen 5'300 Stück über die Auktionsplattform www.d.ch in "ungebrauchter Erhaltung" (pag. 10-01-0016), im Volksmund also ungestempelt, d.h. nicht entwertet, verkauft hat. Da bei den Käufern keine Briefmarken beschlagnahmt und kriminaltechnisch untersucht wurden, bleibt somit grundsätzlich ungeklärt, ob diese verkauften Briefmarken Stempelspuren oder Rückstände einer eventuellen Behandlung mit Lösungsmitteln aufwiesen. Auf jeden Fall darf in Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo nicht zu Lasten des Beschuldigten gefolgert werden, dass die verkauften Briefmarken bereits chemisch behandelt und bereits einmal gebraucht und entwertet wurden.

b) Die Hausdurchsuchung beim Beschuldigten ergab eine grosse Anzahl von gummifreien Briefmarken, welche keine Stempelspuren aufweisen, denen jedoch teilweise der A-Post Prioritätsanhang fehlt. Den Aussagen des Beschuldigten ist zu entnehmen, dass es sich zumindest zum Teil um Briefmarken handle, welche er von F. bezogen und welche er in ähnlicher Art, wie die über die Auktionsplattform www.d.ch verkauften, zu veräussern beabsichtigt habe. Es lässt sich deshalb rechtfertigen, davon auszugehen, dass die effektiv veräusserten Briefmarken ebenfalls von F. stammten und von diesem in gleicher Art und Weise behandelt wurden. Die Resultate der kriminaltechnischen Untersuchungen bezüglich der bei der Hausdurchsuchung sichergestellten und vom Beschuldigten edierten Briefmarken (E. 2.4.4.) sind daher auf die verkauften Briefmarken anzuwenden.

2.5.3 a) Die Aussagen des Beschuldigten sind glaubhaft, da sie sich mit den Feststellungen in den Gutachten und weiteren Beweismitteln ("Briefmarken Sammler-Set", Werbecouvert "I.") decken. Er sagte aus, dass er bei F. nicht nachgefragt habe, woher die Briefmarken stammen würden. Er sei davon ausgegangen, dass es sich um sog. Rückläufer bzw. ungestempelte Briefmarken aus Werbeaktionen handeln würde. Der Beschuldigte sagte stets gleichbleibend aus, dass er die ungummierten Briefmarken, welche von Rückläufern stammen würden, von F. bezogen habe. Er sagte plausibel aus, dass die von F. erworbenen Briefmarken - bis auf ganz wenige Briefmarken - nicht entwertet und somit nicht bereits einmal im Postverkehr verwendet worden seien, da er sämtliche Briefmarken, welche er verkauft habe, jeweils ganz genau auf Stempelspuren kontrolliert habe. Dass er die Fähigkeit hatte, entwertete Briefmarken auszusondern und nicht zu verkaufen, ist ihm zu glauben, ist doch die Philatelie sein langjähriges Hobby. Die anlässlich der Hausdurchsuchung sichergestellten Briefmarken waren zwar teilweise zum Weiterverkauf vorgesehen, jedoch noch nicht qualitativ auf allfällige Stempelspuren untersucht worden. Nicht zu Lasten des Beschuldigten ist daher zu werten, dass unter den untersuchten Briefmarken ganz wenige mit Stempelspuren waren. Zu beachten ist auch, dass die Stempelspuren von blossem Auge erkennbar sind. Das spricht ebenfalls für die Stimmigkeit der Aussage des Beschuldigten, dass die wenigen Briefmarken mit Stempelspuren, welche bei ihm beschlagnahmt wurden, sicherlich nicht zum Verkauf vorgesehen waren. Das betrifft somit auch diejenige, auf welcher gemäss Gutachten vom 5. August 2015 Ablösespuren und Tintenrückstände auf der Rückseite einer Briefmarke gefunden worden seien (pag. 11-01-0005). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte diese wenigen gestempelten Briefmarken als ungebraucht bzw. ungestempelt verkaufen wollte; umso mehr, als das Risiko (Strafverfahren, Reklamationen von Kunden, negative Bewertungen auf der Internetauktionsplattform), das er dadurch eingegangen wäre, in keinem vernünftigen Verhältnis zum geringen Verkaufserlös gestanden hätte und er zudem noch über mehrere tausend nicht entwertete Briefmarken verfügte. Es erscheint daher lebensfremd anzunehmen, dass er die wenigen entwerteten Briefmarken als echte bzw. gültige verkaufen wollte. In Anwendung der Beweiswürdigungsregel in dubio pro reo ist als erwiesen zu betrachten, dass er nicht beabsichtigte, die wenigen gestempelten Briefmarken zum Zwecke der Verwendung als gültige Wertzeichen zu verkaufen. Das Gericht schliesst in Würdigung aller Umstände aus, dass der Beschuldigte die wenigen gestempelten Briefmarken als gültige verwenden wollte.

b) Da die bei der Auktionsplattform verkauften Briefmarken ungummiert waren, bezeichnete der Beschuldigte die Briefmarken nicht als neu. Er wollte damit lediglich die Käufer informieren, dass die Briefmarken nicht "postfrisch" - d.h. mit Gummi - waren, da sie ohne Gummierung bzw. ohne Klebstoff waren. Der Beschuldigte entschied sich daher jeweils, die Briefmarken in der Kategorie "as good as new" anzugeben, da die Gummierung fehlte, diese jedoch noch nie bestimmungsgemäss verwendet oder gar abgestempelt waren, sondern trotzdem noch uneingeschränkt tauglich zum vorausgesetzten Gebrauch waren bzw. als gültiges Zahlungsmittel für die Beförderung einer Postsendung eingesetzt werden konnten (TPF pag. 2-925-041). Mit dem Ausdruck "used" wollte der Beschuldigte ebenfalls keinesfalls zum Ausdruck bringen, dass die Briefmarken bereits einmal im Umlauf gewesen, d.h. als Zahlungsmittel für die Beförderung einer Postsendung gebraucht worden seien, sondern er verstand den Begriff "used" im Sinne des Antonyms des Begriffs "neu" (TPF pag. 2-925-041). Dies konnte von den Käufern auch nicht anders verstanden werden, zumal in der Verkaufsbeschreibung beschrieben war, dass die Briefmarken von "Rückläufern" stammen würden (pag. 10-01-0016; pag. 05-00-0007; TPF pag. 2-925-041). Die Erklärung des Beschuldigten, warum er die auf der Auktionsplattform angebotenen Briefmarken mit "used" oder "as good as new" bezeichnete, ist daher durchaus nachvollziehbar. Aus der Gesamtwürdigung aller Umstände kann nichts anderes geschlossen werden, als dass der Beschuldigte keine bereits gestempelten und somit keine bereits entwerteten Briefmarken verkaufte und das Gegenteilige auch nicht vor hatte.

2.5.4 Nicht ernsthaft zu bezweifeln ist, dass auch selbstklebende Briefmarken mit einem warmen Wasserbad vom Trägerobjekt abgelöst werden können (siehe E. 2.4.5).

2.5.5 Nach dem Gesagten ist nicht näher zu prüfen, inwiefern der Beschuldigte mit F. zusammengewirkt haben soll (gemeinsamer Tatentschluss [animus auctoris], etc.). Ebenso kann offen bleiben, ob der Beschuldigte konkrete Anstalten getroffen hat, die bei ihm sichergestellten Briefmarken im Postverkehr zu verwenden (E. 1.3.3, E. 2.1.5 [Versuch]).

2.5.6 Beweisergebnis

Trotz umfangreicher Untersuchungen konnte nicht nachgewiesen werden, dass die untersuchten Briefmarken zwecks Entfernung von Stempelungen behandelt wurden. Die Feststellung in der Anklageschrift, sämtliche vom Beschuldigten von F. bezogenen Briefmarken seien zuvor mittels chemischer Substanzen gewaschen worden und somit bereits entwertet, findet daher in den Gutachten keine Basis und kann auch den übrigen Beweismitteln nicht entnommen werden. Als Beweisergebnis steht daher fest, dass der Beschuldigte mit Briefmarken Handel getrieben hat, welche ohne Gummierung und ohne Stempelspuren waren, und welche er als ungestempelt bzw. unentwertet verkaufte. Beweismässig erachtet es das Gericht ebenfalls als erstellt, dass der Beschuldigte die wenigen untersuchten Briefmarken mit Stempelspuren nicht als echte oder gültige (nicht entwertete) verkaufen wollte.

2.6 Einwand der Privatklägerin

a) Der Vertreter der Privatklägerin brachte an der Hauptverhandlung auf Vorhalt eines sog. "Rückläufers" ("I."-Couvert) vor, es sei nicht üblich, dass die Firmen vorfrankierte Antwortcouvert abgeben würden (TPF pag. 2-920-11). Die Firmen hätten vorfrankierte Couverts als PP-Sendungen. Der Zeitaufwand, so etwas (gemeint: Briefmarke) aufzukleben, mache keinen Sinn. Er müsse aber annehmen, dass es so etwas wie bei "I." gäbe (TPF pag. 2-920-011).

b) Nicht ernsthaft zu bezweifeln ist, dass es im Postverkehr sog. "Rückläufer" mit vorfrankierten Werbecouvert von Firmen gibt. Die Privatklägerin bringt daher nichts vor, was das Beweisergebnis in Frage stellen könnte, zumal sie selbst einräumt, dass es "Rückläufer" mit vorfrankierten Couverts gibt. Der Einwand ist demnach unbegründet.

2.7 Subsumtion

2.7.1 Kein Fälschen (Art. 245 Ziff. 1 Abs. 1 StGB )

In Bezug auf die rechtlichen Voraussetzungen des Tatbestandes der Fälschung amtlicher Wertzeichen gemäss Art. 245 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann auf E. 2.1.3 a verwiesen werden. Das Gutachten vom 5. August 2015 hat nachgewiesen, dass die untersuchten Briefmarken echt ("authentisch") sind. Die Voraussetzungen des Tatbestands der Fälschung amtlicher Wertzeichen sind nicht gegeben.

2.7.2 Kein Verfälschen (Art. 245 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) oder Anschein von Gültigkeit verleihen (Art. 245 Ziff. 1 Abs. 2 StGB )

In Bezug auf die rechtlichen Voraussetzungen des Tatbestandes von Art. 245 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB kann auf E. 2.1.3 a und b verwiesen werden. Das Beweisergebnis hat ergeben, dass sämtliche untersuchten Briefmarken nicht chemisch behandelt wurden. Die untersuchten amtlichen Wertzeichen wurden somit nicht verfälscht. Die Vorbereitung zur erstmaligen bestimmungsgemässen Verwendung von ungummierten Briefmarken, beispielsweise indem diese in einem Wasserbad vom Trägerobjekt abgelöst werden, ist nicht tatbestandsmässig (E. 2.1.3 b). Schliesslich stellt das Entfernen der Gummierung keine Entwertungshandlung dar (E. 2.1.3 b). Die Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht erfüllt.

2.7.3 In Bezug auf die verkauften Briefmarken: Keine Verwendung falscher, verfälschter oder entwerteter amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 2 StGB )

In Bezug auf die rechtlichen Voraussetzungen des Tatbestandes gemäss Art. 245 Ziff. 2 StGB kann auf E. 2.1.3 c verwiesen werden. Das Verwenden von authentischen, unverfälschten, nicht entwerteten und damit gültigen Briefmarken mit oder ohne Gummierung erfüllt den Tatbestand der Fälschung amtlicher Wertzeichen gemäss Art. 245 Ziff. 2 StGB nicht. Da kein verfälschtes Tatobjekt gemäss Ziff. 1 vorliegt (E. 2.7.1 und 2.7.2), kann auch der Tatbestand von Ziff. 2 nicht erfüllt sein. Im Übrigen wirft die Anklage dem Beschuldigten nicht vor, er habe die Briefmarken für sich selber verwendet. Mit Verwenden ist der bestimmungsgemässe Gebrauch gemeint. Strafbar ist nur die Verwendung im amtlichen Postverkehr. Die blosse Weitergabe von gefälschten amtlichen Wertzeichen an Dritte wäre daher nicht strafbar (E. 2.1.3 c). Ohnehin wäre die Verwendung des Falsifikates durch den Fälscher selbst mitbestrafte Nachtat ist (E. 2.1.3 d).

2.7.4 In Bezug auf die sichergestellten Briefmarken: Keine versuchte Verwendung falscher, verfälschter oder entwerteter amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 2 i.v.m. Art. 22 Abs. 1 StGB )

In Bezug auf die rechtlichen Voraussetzungen des Tatbestandes von Art. 245 Ziff. 2 StGB sowie Art. 22 Abs. 1 StGB kann auf E. 2.1.3 c und E. 2.1.5 verwiesen werden. Das versuchte Verwenden von authentischen, unverfälschten, nichtentwerteten und damit gültigen Briefmarken mit oder ohne Gummierung erfüllt den Tatbestand der versuchten Fälschung amtlicher Wertzeichen gemäss Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB nicht. Da kein verfälschtes Tatobjekt gemäss Ziff. 1 vorliegt (E. 2.7.1 und 2.7.2), kann auch der Tatbestand von Ziff. 2 nicht erfüllt sein. In Bezug auf die wenigen Briefmarken mit Stempelspuren hat das Beweisergebnis gezeigt, dass der Beschuldigte diese nicht als echte oder gültige verwenden wollte. Im Übrigen wirft die Anklage dem Beschuldigten nicht vor, er habe die Briefmarken für sich selber verwenden wollen. Mit Verwenden ist der bestimmungsgemässe Gebrauch gemeint. Strafbar ist nur die Verwendung im amtlichen Postverkehr. Die versuchte Weitergabe von gefälschten amtlichen Wertzeichen an Dritte wäre daher ohnehin nicht strafbar (E. 2.1.3 c). Umso mehr wäre der blosse Besitz von Briefmarken gemäss Ziff. 1 keine tatbestandsmässige Handlung nach Ziff. 2. Die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB sind nicht erfüllt.

2.7.5 Im Ergebnis ist der Tatbestand von Art. 245 Ziff. 1 und Ziff. 2 StGB nicht erfüllt. Der Beschuldigte ist freizusprechen vom Vorwurf der mehrfachen Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 1 und 2 StGB ) sowie mehrfachen versuchten Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB ).

3. Einziehung

Mit dem Freispruch entfällt ein Grund für eine Einziehung nach Art. 69 StGB . Die beschlagnahmten Gegenstände sind daher dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils zurückzugeben.

4. Verfahrenskosten

Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Bund die Verfahrenskosten (Art. 426 Abs. 1 StPO ). Diese belaufen sich in Anwendung von Art. 6 und 7 des Reglements des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren vom 31. August 2010 (BStKR; SR 173.713.162) auf Fr. 9'100.00 Gebühren und Auslagen der Bundesanwaltschaft, wie von jener Stelle geltend gemacht, und eine Gerichtsgebühr und Auslagen des Gerichts von Fr. 3'400.00, ausmachend Fr. 12'500.00.

5. Entschädigung/Genugtuung

5.1 Entschädigung

5.1.1 Gemäss Art. 429 StPO hat die beschuldigte Person bei vollständigem oder teilweisem Freispruch oder bei Einstellung des Verfahrens Anspruch darauf, für ihre Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (lit. a) sowie für die wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind (lit. b) entschädigt zu werden und eine Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug, zu erhalten (lit. c). Art. 429 StPO regelt die Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche der beschuldigten Person für den Fall von vollständigem oder teilweisem Freispruch oder von Einstellung des Strafverfahrens gegen sie. Der Gesetzesartikel begründet eine Kausalhaftung des Staates. Der Staat muss den gesamten Schaden wieder gutmachen, der mit dem Strafverfahren in einem Kausalzusammenhang im Sinne des Haftpflichtrechts steht ( Griesser , in Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 429 StPO N. 2). Somit stellt Art. 429 StPO , soweit die Ansprüche der beschuldigten Person betreffend, eine in Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten vom 14. März 1958 (Verantwortlichkeitsgesetz; VG; SR 170.32) vorbehaltene besondere Haftpflichtbestimmung dar.

Gemäss Art. 429 Abs. 2 StPO prüft die Strafbehörde den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen. Den Freigesprochenen trifft eine Mitwirkungspflicht bzw. ein Mitwirkungsrecht zur Bemessung der Höhe des Entschädigungsanspruchs. Beziffert und belegt die beschuldigte Person trotz Aufforderung ihre Ansprüche nicht, so darf die Strafverfolgungsbehörde von einem impliziten Verzicht ausgehen. Eine Entschädigung kann dann auch in einem späteren Verfahrensschritt nicht mehr geltend gemacht werden ( Wehrenberg/Frank, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 429 StPO N. 31b). Die Entschädigung wird im Sachurteil festgelegt (Art. 81 Abs. 4 lit. b StPO ; BGE 139 IV 199 E. 5).

5.1.2 Es besteht ein Anspruch des Beschuldigten auf Entschädigung für seine Aufwendungen für eine angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO ); es liegen keine Herabsetzungs- oder Verweigerungsgründe i.S.v. Art. 430 Abs. 1 StPO vor. Die zu erstattenden Aufwendungen bestehen hauptsächlich aus den Kosten der frei gewählten Verteidigung, wenn deren Beizug notwendig war und wenn der betriebene Arbeitsaufwand und somit das Honorar des Anwalts gerechtfertigt sind (BGE 138 IV 197 E. 2.3.5).

5.1.3 Die Entschädigung richtet sich nach dem Reglement des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren vom 31. August 2010 (BStKR; SR 173.713.162). Auf die Berechnung der Entschädigung der Wahlverteidigung sind die Bestimmungen über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung anwendbar (Art. 10 BStKR). Gemäss Art. 11 Abs. 1 BStKR umfasst die Entschädigung an die amtliche Verteidigung das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen. Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand des Anwalts für die Verteidigung bemessen, wobei der Stundenansatz mindestens 200 und höchstens 300 Franken beträgt (Art. 12 Abs. 1 BStKR ). Gemäss Art. 13 Abs. 1 BStKR werden die Auslagen aufgrund der tatsächlichen Kosten entschädigt, höchstens aber zu den Ansätzen nach Art. 13 Abs. 2 BStKR. Die Auslagen werden im reglementarischen Rahmen aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet, wobei ausnahmsweise anstelle der tatsächlichen Kosten ein Pauschalbetrag vergütet werden kann (Art. 13 Abs. 4 BStKR ). Gemäss Art. 14 BStKR kommt die Mehrwertsteuer zum Honorar und den Auslagen hinzu.

5.1.4 Die Verteidigerin macht ein Honorar von total Fr. 23'552.85 (inkl. MWST) geltend. Sie weist einen Arbeitsaufwand von 60.81 Stunden (Honorar Fr. 14'448.45 inkl. MWST) durch sie als Anwältin und 84.30 Stunden (Honorar Fr. 9'104.40 inkl. MWST) durch zwei Rechtspraktikantinnen aus (TPF pag. 2-721-002, ...-007).

5.1.5 Der geltend gemachte Arbeitsaufwand für die Anwaltstätigkeit ist nicht zu beanstanden und wird voll entschädigt. Der Arbeitsaufwand für die beiden Rechtspraktikantinnen geht indessen über das hinaus, was für eine gewissenhafte Vertretung und unter Berücksichtigung der nicht aussergewöhnlichen Schwierigkeiten des Falles erforderlich war, und ist entsprechend zu kürzen. In den Fakturen der Rechtspraktikantinnen sind bereits bei summarischer Prüfung zahlreiche Positionen enthalten, die entweder klar als nicht entschädigungspflichtig ausgeschieden werden müssen oder massiv zu kürzen sind. So kann der Zeitaufwand für die Reise zur Hauptverhandlung (7.50 Stunden) und die Anwesenheit an der Gerichtsverhandlung (6.00 Stunden) nicht verrechnet werden - es handelt sich um eine Lerntätigkeit. Nicht angemessen erscheint der Arbeitsaufwand von 9.1 Stunden für rechtliche Abklärungen, 4.4 Stunden für das Studium und die Prüfung der Akten und 33.60 Stunden für die Ausarbeitung des Plädoyers. Der Zeitaufwand der Praktikantin von zwei Stunden für die Abklärung der Zuständigkeit ist unverhältnismässig hoch und ist mehr als Ausbildungstätigkeit einzustufen. Auffallend sind auch zahlreiche doppelte Verrechnungen durch die Anwältin und die Praktikantinnen, die vorliegend nicht vollumfänglich erstattet werden können. Der Vergleich der Tätigkeiten der Verteidigerin und der Praktikantinnen zeigt, dass in vielen Fällen für die gleiche Aktivität zweifach Rechnung gestellt wurde (z.B. 10. Juni 2015: Entwurf Antwortschreiben; 22./23. September 2015: Entwurf Einsprache; 20./21./22. Oktober 2015: Entwurf Beweismittelantrag/Anpassung Beweisanträge/Überarbeitung Beweisanträge; in der Zeit vom 18. Dezember 2105 bis 13. Januar 2016: Ausarbeitung Plädoyer; 7. Januar 2016: Besprechung mit Klient). Angesichts dieser Unzulänglichkeiten erscheint es angemessen, die Arbeit der Praktikantinnen mit pauschal Fr. 500.- zu entschädigen.

Die geltend gemachte Auslagenpauschale von 2% (2% von Fr 14'948.45, ausmachend Fr. 299.00) sowie die geltend gemachten Reisespesen von Fr. 224.00 erscheinen angemessen.

5.1.6 Unter Einbezug der genannten Faktoren ergibt sich gerundet eine Entschädigung für die Kosten einer angemessenen Verteidigung von Fr. 15'500.00 (inkl. MWST).

5.2

5.2.1 Die freigesprochene beschuldigte Person hat gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO auch Anspruch auf Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind. Bei den wirtschaftlichen Einbussen geht es in ersten Linie um Lohn- und Erwerbseinbussen, verursacht durch Haft oder Teilnahme am Verfahren. Zu denken ist aber auch an andere durch das Wirken der Behörden verursachte Kosten ( Griesser , a.a.O., Art. 429 StPO N. 6).

5.2.2 Der Beschuldigte beantragt, es seien die widerrechtlich anlässlich der Hausdurchsuchung sichergestellten und anschliessend widerrechtlich beschlagnahmten Briefmarken (3'255 beschlagnahmte Briefmarken [pag. 08-01-0043]) sowie die freiwillig vom Beschuldigten edierten Briefmarken (500 Stück CH-Briefmarken
A-Post) im Umfang von Fr. 3'509.20 zu erstatten (TPF pag. 2-920-009). Aus der handschriftlichen Auflistung geht hervor, dass der Beschuldigte den Ersatz der Briefmarken mit dem Frankaturwert geltend macht (TPF pag. 2-925-091, ...-093). Er macht geltend, diese seien durch den Gutachter behandelt worden und deshalb nicht mehr zur Frankatur geeignet. Die Marken seien nun "kontaminiert" (TPF pag. 2-920-008).

5.2.3 Der Verteidigerin ist es an der Hauptverhandlung trotz Aufforderung des Einzelrichters nicht gelungen darzulegen, welche Briefmarken kontaminiert sein sollen. Dies war auch gar nicht möglich, weil nämlich den Gutachten zu entnehmen ist, dass die Briefmarken nicht chemisch behandelt wurden. Laut Gutachter sei die "chemische Detektion von Lösungsmittelresten" nicht ausgeführt worden, weil die Kosten unverhältnismässig hoch gewesen wären (TPF pag. 2-661-013). Vielmehr sind den Gutachten lediglich allgemeine Schlussfolgerungen (Ablösung der Briefmarken vom Trägerobjekt im Wasserbad etc.) zu entnehmen. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass der Gutachter Referenzobjekte beizog, um eine Beschädigung der beschlagnahmten Briefmarken zu vermeiden. Der Gutachter hat lediglich an Referenzobjekten nachgewiesen, dass mit organischen Lösungsmitteln ein bis zwei Tage alte Stempel entfernt werden können. Selbst wenn an einzelnen beschlagnahmten Briefmarken eine solche Behandlung effektiv erfolgt sein sollte, wovon hier nicht ausgegangen wird, wäre eine Beeinträchtigung der Briefmarken zum Frankaturgebrauch mit den Vorbringen der Verteidigerin in keiner Weise aufgezeigt. Laut Gutachten verflüchtigen sich nämlich organische Lösungsmittel regelmässig und sind nach einiger Zeit nicht mehr nachweisbar. Der weitaus grösste Teil der Marken ist nicht gestempelt und daher weiterhin gültig. Es fehlt somit eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Schadenersatz. In Bezug auf die Höhe der geltend gemachten Schadenersatzsumme ist lediglich anzumerken, dass der Beschuldigte bei den Briefmarken den Frankaturwert (Fr. 1.00; Fr. 0.90; Fr. 0.50) in Rechnung stellt, obwohl er bei F. für 100 Briefmarken rund Fr. 38.00 bzw. rund 38 Rappen pro Briefmarke bezahlte. Der beantragte Schadenersatz enthält daher einen Berechnungsfehler, auf welchen aber nach dem Gesagten nicht weiter einzugehen ist.

5.2.4 Das Entschädigungsbegehren bezüglich kontaminierter Briefmarken ist somit abzuweisen.

5.3 Genugtuung

5.3.1 a) Der Beschuldige beantragt eine angemessene Genugtuung (TPF pag. 2-925-037). Im Plädoyer begründete die Verteidigerin diesen Anspruch mit mehreren einschneidenden Zwangsmassnahmen - darunter insbesondere die Hausdurchsuchung und Beschlagnahmen -, welche unverhältnismässig und widerrechtlich gewesen seien (TPF pag. 2-925-081). Darüber hinaus seien die E-Mails des Beschuldigten in Verletzung der Vorschriften über die geheimen Überwachungsmassen nach Art. 263 ff . StPO (recte: Art. 269 ff . StPO ) abgegriffen worden, was die Staatsanwältin sogar eingestehe. Dies stelle eine besonders schwere und persönlich einschneidende Verletzung der persönlichen Freiheit des Beschuldigten dar (TPF pag. 2-925-081). Diese persönlichkeitsverletzende Vorgehensweise der Staatsanwältin belaste den Beschuldigten derart schwer, dass er sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen.

b) Die Verteidigerin des Beschuldigten reichte an der Hauptverhandlung ein - nicht an das Gericht adressiertes - Arztzeugnis von Dr. med. G. vom 12. Januar 2016 zu den Akten (TPF pag. 2-925-089). Dem Attest ist zu entnehmen, dass der Beschuldigte vergesslich geworden sei. Er habe zunehmend Ängste entwickelt, fühle sich verfolgt und getraue sich deshalb nicht mehr aus dem Haus. Vor allem nachts sei diese Anspannung so gross, dass er sich wiederholt blaue Flecken zugefügt habe. A. zeige nun ein schwer depressives Bild.

5.3.2 Wie in Art. 429 lit. c StPO verankert, muss eine besonderes schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse vorliegen, damit eine Anspruchsgrundlage für eine Genugtuung vorhanden ist (vgl. Botschaft StPO, S. 1329). Der Genugtuungsanspruch setzt einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Staates und der immateriellen Unbill voraus (Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2010.13 vom 21. April 2011, E. 12.4.2; Urteil des Bundesstrafgerichts BK.2009.5 vom 19. Juni 2009, E. 3.1 mit Hinweisen). Was unter einer "besonders schweren Verletzung der persönlichen Verhältnisse" gemeint sein kann, wird durch die Art. 28 Abs. 2 ZGB oder Art. 49 OR definiert ( Wehrenberg/Frank, a.a.O., Art. 429 StPO N. 27). Gemäss Art. 49 OR hat derjenige Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung - sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist -, der in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wurde. Art. 49 OR kommt zur Anwendung, wenn der Schadensverursacher aufgrund einer anderen Gesetzesbestimmung rechtswidrig gehandelt hat und aus Verschulden oder kausal haftet (BGE 126 III 161 S. 167 E. 5b). Die Verletzung der Persönlichkeit gilt stets als unerlaubte Handlung ( Brehm, Berner Kommentar, Obligationenrecht, die Entstehung durch unerlaubte Handlung, Art. 41 -61 OR , 4. überarbeitete Aufl., Bern 2013, Art. 49 OR N. 13). Genugtuung kann erhalten, wer an Leib und Leben, seiner persönlichen oder Handels- und Gewerbefreiheit, der Ehre, seiner persönlichen Sphäre, in seinem geistigen Eigentum, durch Vertragsverletzung oder in seiner Psyche verletzt wurde (vgl. Aufzählung Brehm, a.a.O., Art. 49 OR N. 45-80b). Jedoch wird nicht jede Verletzung der Persönlichkeit entschädigt. Vielmehr muss eine gewisse Schwere der Verletzung vorliegen ( Brehm, a.a.O., Art. 49 OR N. 14a). Eine gleichzeitige Anwendung von Art. 47 und 49 OR ist möglich, da die Tatbestände beider Bestimmungen in einem Fall gleichzeitig eintreten können (z.B. Urteil des Bundesgerichts 1C.1/1998 vom 5. März 2002; der Kläger erhielt für eine zu Unrecht erfolgte Verhaftung, die eine psychische Krankheit zur Folge hatte, nach seinem Freispruch eine Genugtuung aufgrund von Art. 47 OR wegen der Erkrankung und eine solche wegen der unbegründeten Verhaftung aufgrund von Art. 49 OR ). Haft stellt klarerweise eine schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse dar (Botschaft StPO, S. 1329; Griesser, a.a.O., Art. 429 StPO N. 7; Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 429 StPO N. 10). Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene immaterielle Unbill beziehungsweise erlittenes Unrecht (BGE 132 II 117 E. 2.2.2), weshalb eine schwere Persönlichkeitsverletzung nicht zwingend in einer Zwangsmassnahme (Verhaftung, Hausdurchsuchung, Beschlagnahem etc.) und deren Folgen liegen muss, sondern auch andere Ursachen haben kann wie beispielsweise extensive Medienberichterstattung, schwere Beeinträchtigungen im persönlichen, beruflichen oder politischen Ansehen ( Wehrenberg/Frank, a.a.O., Art. 429 StPO N. 28; Griesser, a.a.O., Art. 429 StPO N. 7). Zu entschädigen sind auch rechtmässige Zwangsmassnahmen (namentlich Untersuchungshaft), die sich nachträglich als strafprozessual unbegründet erweisen (Urteil des Bundesgerichts 8G.122/2002 vom 9. September 2003, E. 3.2; ( Wehrenberg/Frank, a.a.O., Art. 429 StPO N. 27).

Sowohl der Entscheid, ob eine Genugtuung geschuldet ist, als auch deren Bemessung sind Billigkeitsentscheide, die von der Würdigung der massgeblichen Kriterien abhängen (BGE 123 II 210 E. 3b/cc). Dem erkennenden Gericht steht hierbei ein weiter Ermessenspielraum zu. Bei dessen Ausübung kommt den Besonderheiten des Einzelfalls entscheidendes Gewicht zu. Mit Blick auf die Art und Schwere der Verletzung ist zunächst die Grössenordnung der in Frage kommenden Genugtuung zu ermitteln. In einem zweiten Schritt sind die Besonderheiten des Einzelfalles, die eine Verminderung oder Erhöhung der zuzusprechenden Summe nahe legen, zu würdigen (zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 6C_2/2008 vom 24. März 2009, E. 2.3 mit Hinweisen).

5.3.3 Die beim Beschuldigten durchgeführte Hausdurchsuchung und sonstigen Zwangsmassnahmen stellen als solche, auch wenn sie zweifelsohne für ihn unangenehm waren, keine besonders schwere Verletzung im genannten Sinne (E. 5.3.2) dar und begründen demzufolge keinen Genugtuungsanspruch. Das gilt zweifelsohne auch für die Beschlagnahme der zwei Seiten E-Mail zwischen A. und F. vom 7. April 2015, welche angeblich ohne gesetzliche Grundlage (Art. 269 ff . StPO ) erfolgte. Die Staatsanwältin hat mit Schreiben vom 16. Juni 2015 den Verfahrensfehler eingeräumt und diesen umgehend korrigiert, indem sie die Teilaufhebung des Beschlagnahmebefehls vom 3. Juni 2015 verfügte (pag. 08-01.0047). Unter Würdigung aller Umstände kann nicht zu Recht gesagt werden, dass das Verfahren den Beschuldigten objektiv schwer in Mitleidenschaft gezogen habe: Eine Hausdurchsuchung ist zu dulden, und die psychische Belastung durch eine Strafuntersuchung und Gerichtsverhandlung ist einem durchschnittlichen Betroffenen zuzumuten. Die angebliche besondere Betroffenheit des Beschuldigten ist nicht dargetan, zumal sich aus dem eingereichten Arztzeugnis nicht ergibt, dass der schwer depressive Zustand auf das Strafverfahren zurückzuführen sei. Dem Arztzeugnis ist mit keinem Wort ein irgendwelcher Konnex zwischen den Untersuchungshandlungen und dem Gesundheitszustand zu entnehmen. Zu beachten ist auch, dass das Vorgehen des Beschuldigten nicht besonders vorsichtig war. Er hat Tausende von angeblich postfrischen Briefmarken gekauft, ohne sich zuvor beim Verkäufer zu vergewissern, woher diese Briefmarken stammten und ob diese Marken entwertet wurden oder nicht. Ein solches Verhalten ist, obwohl vorliegend in keiner Weise schuldhaft (E. 5.1.2), zumindest unvorsichtig, da der Beschuldigte von F. eine entsprechende Bestätigung oder eine eigentliche Garantie hätte verlangen können. Angesichts dieser nicht besonders vorsichtigen geschäftlichen Vorgehensweise fällt es schwer, das nachfolgende Strafverfahren als Grund für eine eventuelle psychische Störung einzustufen. Das Genugtuungsbegehren ist deshalb abzuweisen.


Der Einzelrichter erkennt:

I.

1. A. wird vom Vorwurf der mehrfachen Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 1 und 2 StGB ) sowie mehrfachen versuchten Fälschung amtlicher Wertzeichen (Art. 245 Ziff. 2 i.V.m. Art. 22 StGB ) freigesprochen.

2. Sämtliche beschlagnahmten Gegenstände gemäss den Verfügungen der Bundesanwaltschaft vom 3. Juni 2015 sowie 16. Juli 2015 werden nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils an A. zurückgegeben.

3. Die Kosten des Verfahrens in der Höhe von Fr. 12'500.00 (inkl. Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.00; Auslagen von Fr. 1'400.00) werden von der Eidgenossenschaft getragen.

4.

4.1 Die Eidgenossenschaft hat A. für die Kosten seiner Verteidigung mit Fr. 15'500.00 (inkl. MWST) zu entschädigen.

4.2 Das Entschädigungsbegehren bezüglich kontaminierter Briefmarken wird abgewiesen.

4.3 Das Genugtuungsbegehren von A. wird abgewiesen.

II.

Dieses Urteil wird in der Hauptverhandlung eröffnet und durch den Einzelrichter mündlich begründet. Den anwesenden Parteien wird das Urteilsdispositiv ausgehändigt; der nicht anwesenden Bundesanwaltschaft wird es schriftlich zugestellt.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Einzelrichter Der Gerichtsschreiber

Eine vollständige schriftliche Ausfertigung wird zugestellt an

- Bundesanwaltschaft

- Rechtsanwältin Dr. Christine Hehli Hidber (Verteidigerin von A.)

- Herrn C. (Vertreter der B. AG)

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)

- Amt für Migration des Kantons Schwyz (gemäss Art. 82 Abs. 1 VZAE )

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Ausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ).

Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).

Versand: 15. Februar 2016

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