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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Strafkammer
Fallnummer:SK.2015.41
Datum:23.11.2016
Leitsatz/Stichwort:Politischer Nachrichtendienst (Art. 272 StGB), versuchte Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 22 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 320 StGB) und Entschädigung der amtlichen Verteidigung
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Daten; Beschuldigten; Bundes; Gutachten; Gericht; Amtlich; Geheim; Kopiert; Richtendienst; Amtliche; Staat; Politisch; Erstellt; Fähig; Politische; Bundesanwaltschaft; Verteidigung; Schweiz; Amtlichen; SI-LAN; Extern; Externe; Entschädigung; Informationen; Recht; Täter
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 1 StGB ; Art. 100 BGG ; Art. 110 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 19 StGB ; Art. 19 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 2 StPO ; Art. 22 StGB ; Art. 23 StGB ; Art. 26 StPO ; Art. 267 StPO ; Art. 27 StGB ; Art. 272 StGB ; Art. 3 StPO ; Art. 32 StGB ; Art. 320 StGB ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 4 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 426 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 44 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 5 StGB ; Art. 6 StGB ; Art. 9 BGG ; Art. 9 StGB ; Art. 95 BGG ; Art. 97 BGG ;
Referenz BGE:101 IV 177; 108 IV 41; 114 IV 44; 131 IV 104; 136 IV 55; 82 IV 158; ;
Kommentar zugewiesen:
Trechsel, Vest, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich, 2013
Stratenwerth, Wohlers, Handkommentar, 3. Aufl., Art. 230 StGB, 2013
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: SK.2015.41

Urteil vom 23. November 2016 und

Entscheid vom 5. Juli 2017

Strafkammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Daniel Kipfer Fasciati, Vorsitz,

Sylvia Frei und Andreas J. Keller,

Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács

Parteien

BUNDESANWALTSCHAFT, vertreten durch

Carlo Bulletti, Staatsanwalt des Bundes,

gegen

A., amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt John Dell'Oro,

Gegenstand

Politischer Nachrichtendienst, versuchte Verletzung des Amtsgeheimnisses (Urteil vom 23. November 2016);

Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Entscheid vom 5. Juli 2017)


Anträge der Bundesanwaltschaft:

1. A. sei schuldig zu sprechen:

- des qualifizierten politischen Nachrichtendienstes i.S.v. Art. 272 Ziff. 2 StGB;

- der versuchten Verletzung des Amtsgeheimnisses i.S.v. Art. 22 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 320 StGB .

2. A. sei zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren zu verurteilen. Diese sei gegebenenfalls, im Ermessen des Gerichts, der Schuldfähigkeit des A. anzupassen (Art. 27 , 40 , 47 , 49 StGB evtl. i.V.m. Art. 19 Abs. 2 StGB).

3. Die Untersuchungshaft von 41 Tagen sei auf die verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen (Art. 51 StGB).

4. Die beschlagnahmten Gegenstände gemäss Ziffer 4 der Anklageschrift seien einzuziehen (Art. 69 StGB ) und in den Akten zu belassen oder zu vernichten.

5. Von den Verfahrenskosten in der Gesamthöhe von Fr. 63'782.65 (zusätzlich der durch das Gericht festzulegenden Kosten des Gerichts für das Hauptverfahren) seien A. Kosten in der Höhe von Fr. 55'417.70 aufzuerlegen.

6. Es sei durch das Gericht über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung von A. zu befinden.

A. sei gestützt auf Art. 135 Abs. 4 StPO zu verpflichten, der Eidgenossenschaft für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung Ersatz zu leisten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

7. Für den Vollzug des Urteils sei der Kanton Bern als zuständig zu erklären (Art. 74 Abs. 2 StBOG i.V.m. Art. 31 StPO ).


Anträge der Verteidigung (sinngemäss) :

1. A. sei in allen Anklagepunkten freizusprechen.

2. Eventualiter: A. sei wegen versuchter Verletzung des Amtsgeheimnisses bzw. politischen Nachrichtendienstes schuldig zu sprechen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von maximal 6 Monaten zu verurteilen, unter Anordnung einer ambulanten Behandlung in Italien.

3. Die anlässlich der Hausdurchsuchung seines Privatdomizils beschlagnahmten Gegenstände (Anklageschrift S. 6 bis 8) seien A. zurückzugeben.

4. Die gesamten Verfahrenskosten seien vom Bund zu tragen.

5. Dem Verteidiger von A. sei eine Frist von 30 Tagen anzusetzen, um die Kostennote und vorherigen Rechnungen einzureichen, ebenso für eventuelle Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche im Sinne von Art. 429 ff . StPO .


Prozessgeschichte:

A. Am 25. Mai 2012 erstattete der Nachrichtendienst des Bundes (nachfolgend: NDB) bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen A. (nachfolgend: Beschuldigter) wegen Diebstahls und möglichem Weiterverkauf von klassifizierten Daten des NDB (pag. BA 05-000-0001 f.). Die Bundesanwaltschaft eröffnete gleichentags eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten (pag. BA 01-001-0001), nahm diesen fest (pag. BA 06-001-0004 ff.) und führte an dessen Wohnort eine Hausdurchsuchung durch (pag. BA 08-101-0001 ff.). Der NDB konstituierte sich in der Folge als Privatkläger (pag. BA 15-001-0006 f.).

B. Am 5. Juni 2012 erteilte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (nachfolgend: EJPD) auf Ersuchen der Bundesanwaltschaft die Ermächtigung zur Strafverfolgung des Beschuldigten nach Art. 66 Abs. 1 StBOG wegen Verdachts des politischen Nachrichtendienstes und eventuell des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes (pag. BA 01-002-0004 f.).

C. Mit Schreiben vom 31. Mai 2013 stellte der Beschuldigte Antrag auf Durchführung des abgekürzten Verfahrens (pag. BA 04-000-0001 f.), welchem die Bundesanwaltschaft entsprach (pag. BA 04-000-0003). Nachdem dieses Verfahren scheiterte, wurde das ordentliche Verfahren wieder aufgenommen (pag. BA. 04-000-0012 f.).

D. Die Bundesanwaltschaft erhob am 1. Oktober 2015 beim Bundesstrafgericht Anklage gegen den Beschuldigten wegen politischem Nachrichtendienst (Art. 272 StGB ) und versuchter Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB). Sie erachtete gemäss Art. 36 Abs. 1 StBOG i.V.m. Art. 19 Abs. 2 lit. b StPO die Zuständigkeit des Kollegialgerichts als gegeben (TPF pag. 6-100-001 ff.).

E. Am 5. Oktober 2015 lud das Gericht den Beschuldigten, die Bundesanwaltschaft und den NDB ein, Beweisanträge zu stellen und sich fakultativ zur Parteistellung des NDB zu äussern (TPF pag. 6-280-001 f.). Mit Eingabe vom 28. Oktober 2015 zog sich der NBD als Privatkläger aus dem Verfahren zurück; er nahm ausdrücklich keine Stellung dazu, ob die Konstituierung zumindest im Strafpunkt zulässig wäre (TPF pag. 6-661-002). Die Bundesanwaltschaft verzichtete auf Beweisanträge (TPF pag. 6-510-001). Die vom Beschuldigten mit Eingabe vom 30. November 2015 gestellten Beweisanträge (TPF pag. 6-520-003 ff.) wurden grösstenteils abgewiesen; die Verfahrensleitung entsprach den Anträgen, B. und Dr. C. als Zeugen zu befragen und die Geschäftsprüfungsdelegation der Bundesversammlung zu ersuchen, dem Bundesstrafgericht den vollständigen Inspektionsbericht "Informatiksicherheit im Nachrichtendienst des Bundes" vom 3. Juli 2013 in Kopie einzureichen (TPF pag. 6-280-003 f.). Mit Hinweis auf Geheimhaltungsinteressen gab die Geschäftsprüfungsdelegation dem Begehren nicht statt (TPF pag. 6-291-001 f.). Der Beschuldigte verzichtete mit Eingabe vom 18. Oktober 2016 auf die Befragung von Dr. C. als Zeuge; an der Einvernahme von B. hielt er fest.

F. Am 15. Januar 2016 nahm das Gericht in Anwesenheit der Bundesanwaltschaft und des Verteidigers des Beschuldigten in Bern eine vorgezogene Beweiserhebung vor. Es prüfte mittels Stichproben, ob die streitgegenständlichen Daten den in der Anklage geltend gemachten Inhalt bzw. Charakter aufweisen (TPF pag. 6-300-004). In diesem Zusammenhang wurde D., IT-Spezialist BKP, als Zeuge befragt [Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 2016, S. 2-7].

G. Mit Schreiben vom 7. März 2016 reichte der Beschuldigte dem Gericht ein ihn betreffendes psychiatrisches Gutachten vom 29. Januar 2016 samt einem Arztzeugnis vom 25. Januar 2016 und einem persönlichkeitsdiagnostischen Bericht ein (TPF pag. 6-520-008 ff.). Dieses Parteigutachten divergiert hinsichtlich der anamnestisch erhobenen Daten, der Diagnose und der Schlussfolgerung erheblich vom bereits erstellten amtlichen psychiatrischen Gutachten vom 10. April 2013 (pag. BA 11-001-0013 ff.). Auf Grund dessen erachtete es das Gericht als zwingend, die Differenzen durch eine Oberbegutachtung klären zu lassen und die bereits angesetzte Hauptverhandlung zu verschieben. Das Gericht beauftragte unter Einbezug der Parteien am 24. März 2016 Dr. E. mit einer psychiatrischen Begutachtung des Beschuldigten (TPF pag. 6-292-001 ff.; pag. 6-280-005). Das von Dr. E. am 26. September 2016 eingereichte psychiatrische Obergutachten (TPF pag. 6-292-016 ff.) sowie das Parteigutachten wurden zu den Akten genommen. Im Weitern holte das Gericht von Amtes wegen den aktuellen italienischen und den Schweizerischen Strafregisterauszug des Beschuldigten ein (TPF pag. 6-220-002 ff.).

H. Die Hauptverhandlung fand am 23. November 2016 in Anwesenheit der Bundesanwaltschaft sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am Sitz des Bundesstrafgerichts in Bellinzona statt. Das Urteil wurde gleichentags mündlich eröffnet und begründet.

I. Mit Eingabe vom 1. Dezember 2016 verlangte der Beschuldigte eine schriftliche Begründung des Urteils (TPF pag. 6-520-063).

J. Am 30. November 2016 reichte Rechtsanwalt John Dell'Oro die Kostennote für die amtliche Verteidigung ein (TPF 6-720-17 ff.). Am 5. Juli 2017 fällte das Gericht den Entscheid über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Dispositiv Ziff. 8).


Die Strafkammer erwägt:

1. Prozessuales

1.1 Zuständigkeit

Nach Art. 22 StPO obliegt die Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen grundsätzlich den Kantonen, soweit sie nicht der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen. Ist in einer Strafsache sowohl Bundes- als auch kantonale Zuständigkeit gegeben, kann der Staatsanwalt des Bundes die Vereinigung der Verfahren in der Hand der Bundesbehörden oder der kantonalen Behörden anordnen (Art. 26 Abs. 2 StPO ). Der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen unter anderem Verbrechen und Vergehen des dreizehnten und achtzehnten Titels des StGB betreffend politischer Nachrichtendienst und Verletzung des Amtsgeheimnisses, sofern sie sich gegen den Bund, die Behörden des Bundes richten (politischer Nachrichtendienst) bzw. sie von einem Behördenmitglied oder Angestellten des Bundes (Verletzung des Amtsgeheimnisses) verübt worden sind (Art. 23 Abs. 1 lit. h und j StPO ). Die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts ist demnach zu bejahen.

1.2 Ermächtigung

Die gerichtliche Verfolgung politischer Delikte setzt gemäss Art. 66 Abs. 1 StBOG eine Ermächtigung des Bundesrates voraus. Art. 272 StGB umschreibt ein politisches Delikt. Die Einholung einer Ermächtigung ist daher zwingend. Der diesbezügliche Entscheid obliegt dem EJPD (Art. 3 lit. a OV-EJPD, SR 172.213.1). Am 31. Mai 2012 ersuchte die Bundesanwaltschaft um Erteilung der Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung des Beschuldigten (BA pag. 01-002-0001-3); diese wurde vom EJPD am 5. Juni 2012 erteilt (BA pag. 01-002-0004-8).

2. Qualifizierter politischer Nachrichtendienst; versuchte Verletzung des Amtsgeheimnisses

2.1 Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten zusammengefasst vor, in seiner Funktion als Informatiker beim NDB im April/Mai 2012 unerlaubterweise 159 Dateien mit einer Datenmenge von rund 507.1 GB an geheimen, klassifizierten und besonders schützenswerten Daten und virtuellen Festplatten aus dem Sicherheitssystem (SI-LAN) des NDB auf externe Datenträger kopiert zu haben. Anschliessend habe er diese entwendet und aus den Räumlichkeiten des NDB an sein damaliges Domizil in Z. verbracht. Die entwendeten Daten habe er an interessierte ausländische Parteien oder Organisationen weitergeben resp. verkaufen wollen. Dadurch habe er sich des qualifizierten politischen Nachrichtendienstes (Art. 272 Ziff. 1 und 2 StGB ) und des Versuchs zur Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 22 Abs. 1 StGB i.V. Art. 320 StGB ) schuldig gemacht (TPF pag. 6-100-001 ff.).

2.2 Qualifizierter politischer Nachrichtendienst (Art. 272 StGB )

2.2.1 Im Sinne von Art. 272 Ziff. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei oder einer anderen Organisation des Auslands zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen politischen Nachrichtendienst betreibt oder einen solchen Dienst einrichtet. In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr (Art. 272 Ziff. 2 StGB).

Der objektive Tatbestand des politischen Nachrichtendienstes setzt zunächst voraus, dass es sich beim Angriffsobjekt um politische Nachrichten handelt, soweit sie nicht offenkundige Tatsachen betreffen. Nicht erforderlich ist, dass sich die Nachrichten auf Geheimnisse beziehen ( Husmann , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 272 StGB N. 6; Donatsch/Wohlers, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit, 4. Aufl., Zürich 2011, § 76 1.1). Es genügt demnach, dass die Meldungen Tatsachen betreffen, die nicht allgemein bekannt sind. Gegenstand des Nachrichtendienstes können sogar Tatsachen sein, die einer örtlich begrenzten Öffentlichkeit bekannt sind, von Aussenstehenden, insbesondere von fremden Staaten, jedoch nur durch einen besonderen Erkundungs- und Meldedienst zu erfahren sind ( BGE 101 IV 177 E. I.2 ). Politisch im Sinne des Tatbestandes sind Nachrichten, bei denen es sich um Informationen über die allgemeine politische Lage, Parteien, Stimmung in der Bevölkerung, Absichten der Regierung, Beziehungen zu ausländischen Staaten etc. handelt. Politisch sind mithin alle Nachrichten, die sich mit staatlichen Dingen, mit öffentlichen Angelegenheiten befassen, sei es in Übereinstimmung mit herrschenden Anschauungen und Einrichtungen oder nicht, oder alles, was der fremde Staat als politisch bedeutsam über Schweizer, Einwohner der Schweiz oder schweizerische Verbände in Erfahrung zu bringen versucht ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 9).

Die Tathandlung besteht u.a. im Betreiben des Dienstes, so die Beschaffung, Auswertung, Verarbeitung und Übermittlung von Nachrichten (vgl. BGE 101 IV 177 E. I.2). Der Begriff des Betreibens umfasst demnach sowohl die Auskundschaftung (Spionage) wie die Weitergabe (Verrat) einer Nachricht ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 20). Adressat des Nachrichtendienstes ist primär ein fremder Staat, auch supernationale Gemeinschaften kommen in Frage. Weiter sind ausländische politische Parteien und Organisationen des Auslandes - worunter eine Mehrheit von Personen verstanden wird, die gemeinsam ein bestimmtes politisches Ziel verfolgen (BGE 82 IV 158 E. 4a; 80 IV 71 E. 4b) - mögliche tatbestandsmässige Adressaten. Eine lose Vereinigung derselben genügt ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 16). Der Nachrichtendienst hat im Interesse eines fremden Staates oder einer anderen gesetzlichen Destination zu erfolgen. Damit wird bloss die Zielrichtung angegeben; ob die Nachricht angefordert wurde, nützlich ist oder überhaupt an den Adressat gelangt, ist unerheblich ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 17 ; Corboz , Les infractions en droit suisse, Volume I, 3. Aufl., Bern 2010, Art. 272 StGB N. 11). Die Wendung "im Interesse" bedeutet folglich gerade nicht, dass ein Auftrag einer tatbestandsmässigen Organisation bzw. eines Staates erforderlich ist. Unter Art. 272 StGB fallen auch Handlungen, die der Täter spontan, aus eigener Motivation begeht (BGE 82 IV 158 E. 4; Corboz , a.a.O., Art. 272 StGB N. 10). Ein Täter, der von sich aus aktiv wird - sei es aus ideologischen oder materiellen Gründen, sei es aus Rache dem früheren Arbeitgeber gegenüber - ist strafrechtlich nicht zu privilegieren. Solche Aktivitäten sind genau wie von fremden Staaten beauftragte geheimdienstliche Tätigkeiten geeignet, die Interessen der Eidgenossenschaft wie auch den Schutz von Einzelpersonen zu gefährden (vgl. Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 24). Es genügt somit, dass Nachrichten für einen fremden Staat etc. bestimmt sind ( Trechsel/Vest , in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, vor Art. 272 -274 StGB N. 7; BGE 82 IV 158 E. 4).

Die Tathandlung hat zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen zu erfolgen. Der Begriff zum Nachteil zeigt auch hier wiederum nur die Zielrichtung; dies bedeutet, dass sich die Tathandlung gegen die Schweiz (Bund oder Kanton) oder ein anderes im Gesetz aufgeführtes Handlungsobjekt richtet. Es wird weder ein materieller noch ein immaterieller Schaden, noch eine konkrete Gefährdung verlangt. Beim Tatbestand des politischen Nachrichtendienstes handelt es sich mithin um ein abstraktes Gefährdungsdelikt ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 25; Corboz . a.a.O., Art. 272 StGB N. 14; Donatsch/Wohlers , a.a.O., § 76 1.4; BGE 82 IV 158 E. 4a). Verboten sind alle Handlungen bzw. Einrichtungen, welche die Gefahr eines Informationsflusses im oben genannten Sinne mit sich führen. Dabei wird die Tat bereits mit jeder Handlung vollendet, die sich irgendwie in die Kette der Handlungen einreihen lässt, welche gesamthaft das Einrichten oder Betreiben des Nachrichtendienstes ausmachen, also auch durch ein Verhalten, das unter dem Gesichtspunkte des angestrebten Enderfolges bloss Vorbereitung, Versuch, Anstiftung oder Beihilfe wäre (BGE 101 IV 177 E. I.2; 82 IV 158 E. 4).

2.2.2 Ob ein qualifizierter, ein sogenannt schwerer Fall im Sinne von Art. 272 Ziff. 2 StGB vorliegt, hängt ausschliesslich von der objektiven Schwere des Falles ab: von der objektiven Gefahr, die der Täter schafft ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 31; vgl. BGE 108 IV 41 E. 2f, s.a. Regeste Ziff. 2). Das Gesetz nennt exemplarisch ( insbesondere) Handlungen, die geeignet sind, die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft zu gefährden. Wie aber der schwere Fall im Rahmen von Art. 272 Ziff. 2 StGB in objektiver Weise zu ermitteln ist, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Es handelt sich insoweit um einen offenen Rechtsbegriff. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung wirkt sich unter anderem die Perfektion der technischen Einrichtung und taktischen Tarnung, aber auch die bedenkenlose Ausnützung ahnungsloser Vorgesetzter und Mitarbeiter erschwerend aus ( Trechsel/Pieth , a.a.O., Art. 272 StGB N. 7; vgl. BGE 101 IV 177 E. II.3 d). Gemäss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ist ein schwerer Fall nur zu bejahen, wenn Gesamtinteressen der Schweiz betroffen sind ( TPF 2006 304 ).

2.2.3 In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz genügt. Der Täter muss politische Nachrichten beschaffen mit dem Willen, diese einem fremden Staat, einer Partei oder einer anderen Organisation des Auslandes zu übermitteln. Er muss ferner die Eignung dieser Handlungen zur Benachteiligung eines der gesetzlichen Handlungsobjekte kennen und sie in seinen Willensentschluss aufnehmen ( Donatsch/Wohlers, a.a.O., § 76 2; Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 28). Massgebend ist weiter die Zielrichtung des Handelnden: einen fremden Staat oder weitere im Gesetz vorgesehene Empfänger zu begünstigen und den schweizerischen Staat oder andere Betroffene zu benachteiligen oder zu gefährden ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 29).

2.2.4 Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, er habe in seiner Funktion als Informatiker - Fachspezialist LINUX und Datenbankspezialist - beim NDB im April und Mai 2012 mit dem ihm zur Verfügung gestellten SI-LAN PC über die beiden Benutzerkonten "1" und " 2" ab den Systemen des NDB G. Dateien und virtuelle Festplatten von SI-LAN Servern unerlaubterweise auf zwei externe Festplatten kopiert. Danach habe er diese zu sich nach Hause verbracht ( 3 [200 GB, 76 Dateien] und 4 [307.1 GB, 83 Dateien]). Unter den Dateien seien allgemeine sensitive Daten des NDB gewesen, welche nicht nur als vertraulich, sondern auch als geheim klassifiziert gewesen seien. So insbesondere detaillierte Informationen über die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten, Daten zu geheimdienstlichen Operationen, Daten zu Beschaffungen, Informationen zu Quellenführungen sowie sämtliche Postfächer und Mailserver der internen und externen Kommunikation, beinhaltend den gesamten Mailverkehr aller Mitarbeitenden des NDB. Mit Hilfe seiner Root-Administrator-Kenndaten habe er die beiden SI-LAN Server MS-Exchange und Domänen-Kontroller exportiert und auf zwei Datenträgern (externe Festplatten) zu sich nach Hause verbracht. Damit er die Daten von anderen unbemerkt habe kopieren können, habe er zunächst eine 1:1 Kopie in einem von ihm - in der dafür notwendigen G.-Software - eingerichteten Ordner erstellt, allen anderen Administratoren den Zugriff darauf entzogen und dann den Kopiervorgang der virtuellen Maschine auf externe Festplatten vorgenommen. Die entwendeten Daten habe er an interessierte ausländische Stellen (ausländische Parteien oder Organisationen) verkaufen wollen. Hierzu habe er ein Offertschreiben in englischer Sprache verfasst, welches er auf dem an seinem Privatdomizil sichergestellten und beschlagnahmten PC Mini-Tower No Name erstellt, geöffnet und ausgedruckt habe. Weiter habe er sich am 15. Mai 2012 bei einem Bankangestellten bei der F. AG über die Modalitäten zur Eröffnung eines Nummernkontos erkundigt und anlässlich des Beratungsgesprächs mitgeteilt, er erwarte eine Überweisung von Fr. 100'000.- bis Fr. 1'000'000.-. Dieses Geld würde aus einem bevorstehenden Datenverkauf stammen (TPF pag. 6-100-001 ff.)

2.2.5 Der Beschuldigte bestreitet den Vorwurf. Er anerkennt zusammengefasst jedoch, beim NDB als Informatiker angestellt gewesen zu sein und, grundsätzlich auch, Daten weggenommen bzw. Daten im Büro vom SI-LAN kopiert zu haben, d.h. von den virtuellen Maschinen Kopien zuerst auf seinen lokalen Rechner im Büro erstellt und dann auf eine externe Festplatte verschoben zu haben. Das habe er getan, weil er die Mails seines Chefs und von dessen Vorgänger habe anschauen wollen. Er habe im Betrieb ein Mobbing-Problem gehabt; er habe insbesondere den Mailverkehr zwischen einigen Mitarbeitern überprüfen wollen, da er am Arbeitsplatz Probleme gehabt habe, und er habe wissen wollen, was man über ihn schreibe. Zu Beginn der Untersuchung bejahte er, beim Kopiervorgang ein Vorgehen gewählt zu haben, um den Kopiervorgang nicht sichtbar werden zu lassen; später verneinte er dies. Er bestritt, die Absicht gehabt zu haben, die kopierten Daten irgendjemandem zugänglich zu machen. Ein Angebotsschreiben habe er nie verfasst. Warum er sich auf der Bank nach der Eröffnung eines Nummernkontos erkundigt habe, wisse er nicht mehr so genau. Es könne sein, dass er einfach habe wissen wollen, wie man legal ein Nummernkonto eröffnen könne. Später sagte er aus, das Nummernkonto bei der Bank habe er für seine Schwägerin eröffnen wollen (zum Ganzen: pag. BA 13-001-0003/4, 13/14, 31, 33, 34, 35, 45/46/47 und 49). Der Beschuldigte gesteht mithin zusammenfassend, die Daten kopiert und sie auf externen Datenträgern nach Hause verbracht zu haben. Hingegen bestreitet er, die Absicht gehabt zu haben, die Daten an Dritte zu verkaufen, und Vorbereitungen für eine solche Weitergabe getroffen zu haben.

2.2.6 Aufgrund der Akten und der Befragungsprotokolle wird Folgendes als beweismässig erstellt erachtet:

2.2.6.1 Der Beschuldigte betrat u.a. am 12. Mai 2012 um 08.35 Uhr, am 14. Mai 2012 um 06.34 Uhr, am 15. Mai 2012 um 06.03 Uhr und am 16. Mai 2012 um 10.09 Uhr das Gebäude des NDB (pag. BA 07-001-0012). Er loggte sich am 12. Mai 2012 um 08.41 Uhr 23 Sekunden und um 08.52 Uhr 00 Sekunden, am 15. Mai 2012 um 11.56 Uhr 08 Sekunden und am 16. Mai 2012 um 11.08 Uhr 20 Sekunden beim Computer seines Arbeitsplatzes ein. Am 12. Mai 2012 um 08.52 Uhr 14 Sekunden, am 14. Mai 2012 um 10.30 Uhr 35 Sekunden, am 15. Mai 2012 um 11.57 Uhr 40 Sekunden und am 16. Mai 2012 um 11.09 Uhr 41 Sekunden loggte er sich aus. Dies ist der Auswertung des G.-Log zu entnehmen. Dabei handelt es sich um ein Überprotokoll, welches die Zugriffe von Administratoren auf den Server, aber auch das Erstellen von virtuellen Servern aufzeichnet (pag. BA 07-001-0036-38).

Mittels der Software H., welche Schnittstellen wie USB, CD Rom etc. überwacht und steuert, wird ein Log generiert, welches alle Zugriffe auf die Schnittstellen aufzeichnet. Die Protokolldatei erfasst sämtliche Kopiervorgänge mit Computern im NDB-internen Sicherheitsnetzwerk (SI-LAN) auf externe Datenträger. Als extern gelten alle Datenträger, die zusätzlich zur internen System-Festplatte an einen Computer angeschlossen werden, sowohl an interne als auch an externe Schnittstellen des Gerätes. Jede kopierte Datei erzeugt einen Eintrag, der Informationen betr. Zeitpunkt, Dateiname und -pfad, Benutzer, Computer und Zieldatenträger enthält (vgl. u.a. Zeugeneinvernahme D. [Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 2016, S. 2]; pag. BA 10-000-0023, 0038/39). Der Protokolldatei kann entnommen werden, dass der Beschuldigte bei allen Kopiervorgängen total neun verschiedene externe Datenträger als Speicherziel verwendet hat. Weiter ist erstellt, dass sämtliche protokollierten Kopiervorgänge vom Beschuldigten an seinem Arbeitsplatz mit dem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten SI-LAN PC durchgeführt wurden. Weiter ist erstellt, dass der Beschuldigte im Jahr 2012 total 23'419 Einträge (Dateien) generiert hat, d.h., 23'419 Dateien wurden kopiert. Von diesen Dateien wurden 22'877 gefunden. Die Auswertung nach Zieldatenträger ergab, dass verschiedene (aus Sicht der Protokoll-Applikation SI-LAN) externe Datenträger als Speicherziel verwendet wurden (vgl. pag. BA 10-000-0020-23/24, 26 unten, 40/41).

2.2.6.2 Von den neun als Zieldatenträger verwendeten Festplatten und USB Memory-Sticks konnten sechs sichergestellt werden, vier am Privatdomizil (zwei externe Festplatten und zwei USB Memory-Sticks, externe, portable Speichermedien mit USB-Anschluss) und zwei im Büro (zwei interne Festplatten, eingebaut in die Arbeitsstation "5" [pag. BA 10-0000-0026]; vgl. zur Sicherstellung der Geräte und Datenträger insb. pag. BA 10-000-0020-22). Die Gesamtkapazität der auf zwei externe Festplatten kopierten Daten, welche am Wohnort vorgefunden wurden, war wesentlich grösser als jene, welche auf die beiden im SI-LAN PC eingebauten Festplatten kopiert worden sind (pag. BA 10-000-0041).

Bei den am Wohnort des Beschuldigten aufgefundenen kopierten Daten handelt es sich um G. Dateien, virtuelle Festplatten von SI-LAN Servern ( MS-Exchange und Domänen-Kontroller). Gemäss H.-Protokoll gab es dabei 37 Kopiervorgänge mit besonders sensitiven Daten. Kopiert wurde der über SI-LAN abgewickelte Mailverkehr der Mitarbeiter des NDB (pag. BA 10-000-0041, HV-Protokoll S. 3/4). Alle vom Beschuldigten kopierten Daten befanden sich - wie vorstehend ausgeführt - im SI-LAN. Das SI-LAN ist das geschützte, interne Netzwerk des NDB. Die Mitarbeiter des NDB wickeln den Mailverkehr samt Anhängen, welcher nicht von anderen Personen eingesehen werden darf, über das SI-LAN ab; das heisst, dass die sensitiven Dokumente im SI-LAN umhergereicht bzw. elektronisch verschoben werden. Im MS-Exchange Server, welcher kopiert wurde, sind die einzelnen Postfächer der Mitarbeiter ersichtlich (Zeugeneinvernahme D., Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 2016, S. 4).

2.2.6.3 Beweismässig ist erstellt, dass der Beschuldigte die im G.log Protokoll registrierten Abläufe insofern abänderte, als die anderen Administratoren die durch ihn gemachten Kopiervorgänge nicht nachvollziehen konnten. Er erstellte im G. einen neuen Ordner mit dem Namen I., verweigerte allen anderen Administratoren den Zugang zu diesem Ordner und kopierte (klonte) auf diesen Ordner (I.) Dateien, resp. virtuelle Maschinen aus dem SI-LAN. Am Schluss löschte er die Klone und auch den durch ihn erstellten Ordner (EV-Protokoll D., Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 2016, S. 2-3, pag. BA 07-001-0035-38, 10-000-0041, 12-002-0010-12, 16, 13-001-0045/46).

2.2.6.4 Es steht fest, dass einzelne Mails bzw. Anhänge als vertraulich oder geheim klassifiziert waren. So handelte es sich bei den vom Beschuldigten kopierten Daten u.a. um Mailverkehr über Lösegeldforderungen bei Entführungen. Es gibt weiter mehr als 5'000 Dokumente zu den Atomverhandlungen mit dem Iran; ebenso liegen 5'000 Dokumente zum Stichwort ISIS" vor. Es sind die Codes der einzelnen Agenten sowie deren Klarnamen sichtbar. Es kann erschlossen werden, für welches Land ein bestimmter Agent im Einsatz steht, welche Kontakte zu diesem Land bestehen etc. Es gibt Dokumente mit konkreten Warnungen, die von ausländischen Nachrichtendiensten stammen. Sodann finden sich Berichte des NDB zu den Tageslagen, die allesamt als geheim klassifiziert sind (Zeugeneinvernahme D., Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 2016, S. 6-7).

2.2.6.5 Anlässlich der Hausdurchsuchung am Domizil des Beschuldigten wurden zwei Druckerzeugnisse (Angebotsschreiben) in je einem C5 Couvert sichergestellt (pag. BA 10-000-0013, HD Protokoll Pos. 01.07.0020 siehe pag. BA 08-101-0008). Eine textuelle Recherche (Schlüsselwort "gorups") ergab die Fundstelle dieses Wortes, so die "C:pagefile.sys" des Asservates "01.07.003" (PC Mini-Tower "No Name" [3 Disks]), welcher am Wohnort des Beschuldigten sichergestellt wurde (pag. BA 10-000-0020/30). Die Datei "C:pagefile.sys" dient Microsoft-Betriebssystemen zur Auslagerung von Teilen des Arbeitsspeichers. Die Fundstelle stellt kein Dokument, sondern ein Artefakt dar, welches im konkreten Zusammenhang mit dem Drucken eines Dokuments entstanden ist. Dieses Schreiben wurde aus dem Programm Notepad mit dem Font "Lucida Console" gedruckt, welches mit dem vorgefundenen Papier übereinstimmt. Entweder wurde das Dokument mit dem Editor auf dem Computer "01.07.003" (PC Mini-Tower "No Name" [3 Disks]) erstellt und gedruckt, ohne dieses abzuspeichern, oder der Brief wurde mit einem andern Computer erstellt, der im Rahmen der Hausdurchsuchungen nicht sichergestellt werden konnte. Einwandfrei erstellt ist im Zusammenhang mit diesem Schreiben, dass dieses auf dem Computer "01.07.003" des Beschuldigten geöffnet und gedruckt worden ist (pag. BA 10-000-0030/31; Zeugeneinvernahme D., Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 2016, S. 2/3), und dass der Ausdruck bei ihm, an seinem Domizil, beschlagnahmt worden ist.

Das Angebotsschreiben ist in englischer Sprache verfasst. Nebst der Nennung aller Namen der Mitarbeiter des NDB werden weiter u.a. die Beschreibungen von deren Jobs, die Organisation und die Telefonnummern der "Task Forces" angeboten und, für noch mehr Geld, der Mailverkehr der internen Kommunikation. Schliesslich werden für einen noch höheren Preis die Passwörter der User für alle Server angeboten (pag. BA 13-001-0007). Beweismässig ist nicht nur erstellt, dass der Beschuldigte der Verfasser dieses Schreibens ist und es selbst ausgedruckt haben muss, sondern damit auch dessen Inhalt, wonach der Beschuldigte die Daten zum Verkauf anbieten wollte. Aus dem Umstand, dass das Schreiben in englischer Sprache verfasst ist, muss weiter geschlossen werden, dass das Angebot zumindest auch für ausländische Adressaten vorgesehen war. Auf Grund der Passage, dass der Beschuldigte bei Desinteresse des Empfängers other lands who want these things" finden würde, muss ausserdem der Schluss gezogen werden, dass das Schreiben in erster Linie an Staaten gerichtet war.

2.2.6.6 J., Bankangestellter der F. AG in Y., wurde am 8. Juni 2012 von der Bundeskriminalpolizei in Anwesenheit des damaligen Verteidigers des Beschuldigten als Zeuge einvernommen. Er führte u.a. zusammengefasst aus, den Beschuldigten einmal gesehen zu haben. Das Schalterteam habe ihn zu ihm weitervermittelt, und er habe ihn dann im Sitzungszimmer empfangen und gefragt, ob er, wie ihm, J., angekündigt worden war, ein Nummernkonto eröffnen möchte. Das habe der Beschuldigte bejaht. Auf Nachfrage, weshalb er ein Nummernkonto eröffnen möchte, habe ihm dieser erklärt, er wolle nicht, dass jemand wisse, wer der Inhaber des Kontos sei. Er erwarte eine Überweisung von zwischen Fr. 100'000 und Fr. 1 Mio. Er arbeite beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (nachfolgend: VBS) als Informatiker und liefere gegen Geld Daten. Dies mache er nicht im Auftrag seines Vorgesetzten. Um was für Daten es sich handle, habe ihm der Beschuldigte nicht gesagt, auch nicht, wer die Drittperson sei, welche ihn im Auftrag von anderen Leuten kontaktiert haben soll. Auf entsprechende Frage habe der Beschuldigte verneint, bereits Daten weitergeleitet zu haben. Auf Hinweise, dass es sich beim Verkauf von Daten um eine strafbare Handlung handeln könnte, habe der Beschuldigte ausgeführt, er habe selber ein ungutes Gefühl, dies sei der Grund, weshalb er ein Nummernkonto möchte. Er, J., habe ihm dann geraten, mit seinem Chef zu besprechen, worauf sich der Beschuldigte bedankt und in Aussicht gestellt habe, den Rat zu befolgen. Zur Eröffnung eines Nummernkontos sei es nicht gekommen. Aufgrund von Vorlagen von Fotos identifizierte der Zeuge den Beschuldigten als diejenige Person, welche bei ihm ein Nummernkonto habe eröffnen wollen. Auf Frage des Verteidigers des Beschuldigten, in welcher Sprache die Unterhaltung stattgefunden habe, wies der Zeuge darauf hin, dass diese in Hochdeutsch geführt worden sei, der Beschuldigte habe mit Akzent gesprochen, ein abgehacktes Hochdeutsch, weshalb er immer wieder habe nachfragen müssen. Weiter bejahte er auf Frage des Verteidigers hin, es sei ihm wie ein "mystery-shopping" oder ein Testkauf vorgekommen, der Beschuldigte habe ihm ja offen eine bevorstehende Straftat mitgeteilt (zum Ganzen: pag. BA 12-001-0003-10).

J. ist in keiner Weise in das vorliegende Strafverfahren involviert. Er hat am Ausgang des Verfahrens kein eigenes Interesse, seine allgemeine Glaubwürdigkeit ist ohne weiteres zu bejahen. Bezüglich der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen ist festzuhalten, dass er kongruent und ohne Widersprüche ausgesagt hat. Er hat nicht nur bezüglich der Identifikation des Beschuldigten genaue Angaben machen können, aufgrund welcher äusseren Merkmale er ihn erkannt habe. Er schilderte auch den Ablauf des Gesprächs in sich geschlossen und erinnerte sich an Details, die nicht zum Kerngeschehen gehören, wie z.B. daran, dass der Beschuldigte anlässlich des Gesprächs ein Glas Wasser getrunken und ein Biscuit gegessen habe. Ebenso erinnerte er sich an den Blick des Beschuldigten, welcher seiner Wahrnehmung nach dessen zurückhaltende Art widerspiegelte.

Zusammengefasst ist erstellt, dass sich der Beschuldigte um die Eröffnung eines Nummernkontos bei der F. AG bemühte, dass er dem Bankangestellten von einem bevorstehenden Verkauf von Daten, welche er aus seinem beruflichen Umfeld heraus hatte, erzählte, und dafür Zahlungen zwischen Fr. 100'000 und Fr. 1 Mio. erwartete. Der Umstand, dass er sich bei der Bank offen und anscheinend bewusst als Verkäufer von geheimen Daten des NDB vorstellte, was den Bankangestellten offensichtlich irritierte und in der Folge zu seiner Entdeckung führte, wird beim subjektiven Tatbestand bzw. der Strafzumessung zu behandeln sein.

2.2.7 Zu prüfen ist im Folgenden, ob aufgrund des erstellten Sachverhalts die objektiven und die subjektiven Tatbestandselemente von Art. 272 StGB erfüllt sind.

2.2.7.1 Objektive Tatbestandselemente

Politische Nachrichten: Das Tatbestandselement ist zweifellos erfüllt. Die vom Beschuldigten kopierten Daten aus dem SI-LAN betreffen etwa Korrespondenz über Lösegeldforderungen für entführte Personen oder die Atomverhandlungen mit dem Iran (vgl. oben E. 2.2.6.4; vgl. Hauptverhandlungsprotokoll S. 6-7). Politisch sind alle Informationen, die Beziehungen zu anderen Ländern betreffen, insbesondere alle Nachrichten, die sich mit staatlichen oder mit öffentlichen Angelegenheiten befassen. Gemäss Art. 272 StGB muss es sich bei den politischen Nachrichten nicht zwingend um materielle Geheimnisse handeln - was vorliegend auf viele der kopierten Daten ohne Zweifel zutrifft -; es genügt bereits, dass die Meldungen Tatsachen betreffen, die nicht allgemein bekannt sind.
Betreiben oder Einrichten eines Dienstes: Der Begriff des Betreibens umfasst bereits die Beschaffung von Nachrichten, sodann Auswertung, Verarbeitung und Übermittlung der Nachrichten ( Husmann, a.a.O., Art. 272 StGB N. 20). Das Kopieren der internen, geschützten Daten aus dem SI-LAN des NDB und das Verbringen derselben auf externen Datenträgern nach Hause ist ohne weiteres als Beschaffen zu qualifizieren. Soweit Vorbereitungen zum Betrieb getroffen werden, fallen sie unter die Tatbestandsvariante des Einrichtens eines Nachrichtendienstes. Da es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt und der Eintritt einer konkreten Gefahr nicht erforderlich ist, ist der Tatbestand bereits mit Vorbereitungshandlungen im Sinne des Einrichtens erfüllt.
Tatbestandsmässiger Adressat der Nachrichten: Primärer Adressat gemäss Art. 272 StGB ist ein fremder Staat bzw. dessen Einzelbehörden, es können aber auch (politische) Parteien oder Organisationen des Auslandes sein. Das vom Beschuldigten verfasste Angebotsschreiben ist in englischer Sprache verfasst. Englisch ist keine Landessprache der Schweiz. Ferner führt der Beschuldigte im Schreiben aus, er würde im Falle, dass der Adressat kein Interesse bekundet, andere Länder bzw. Staaten (other lands") finden, welche die Daten wollen (who want these things") (pag. BA 13-001-0007) . Diese Aspekte lassen unzweifelhaft darauf schliessen, dass sich das Angebot an fremde Staaten oder Organisationen richtet. Das Schreiben umfasst verschiedene Angebote; je nach gelieferten Daten wäre die dafür verlangte Geldsumme höher oder tiefer gewesen. Das Angebot richtet sich potentiell an mehrere, noch zu bestimmende ausländische Staaten oder Organisationen. Aus dem Angebot selbst ist zu schliessen, dass insbesondere fremde Nachrichtendienste oder Sicherheitsbehörden als Interessenten in Frage kämen. Da der Beschuldigte selbst in dieser Hinsicht nicht geständig ist, hat er sich auch nicht dazu geäussert, an wen konkret er sich mit seinem Schreiben hätte wenden wollen. Dass eine private Einzelperson als zahlender Interessent für die angebotenen Daten adressiert worden wäre, kann aus den gesamten Umständen heraus jedoch ausgeschlossen werden.
Das Interesse eines fremden Staates oder einer anderen Organisation des Auslandes ist demnach ebenfalls ohne weiteres zu bejahen: Sensitive Daten des schweizerischen Nachrichtendienstes, für die ein fremder Staat oder eine andere Organisation des Auslandes bereit wäre, Geld zu bezahlen, wären per definitionem im Interesse des Empfängers geliefert worden, auch wenn dieser für das Geschäft nicht selbst die Initiative ergriffen hätte. Es ist vielmehr unerheblich, sollte der Beschuldigte vorliegend nicht im Auftrag eines fremden Staates oder Organisation, sondern aus eigenem Antrieb gehandelt haben. Nicht relevant ist auch, ob der Empfänger im Ergebnis tatsächlich einen Nutzen aus den Daten gezogen hätte. Entscheidend ist einzig, dass die Daten vorliegend für einen fremden Staat und nicht für ein privates Unternehmen bestimmt waren (vgl. Husmann , a.a.O., Art. 272 StGB N. 17).
Zum Nachteil der Schweiz: Die Lieferung der Daten hätte sich gegen die Schweiz, insbesondere gegen ihren Geheimdienst und vor allem die in den Daten erfassten Personen gerichtet. Aber auch soweit die Daten Informationen über Vorgänge, insbesondere diplomatisches Verhalten oder Tätigkeiten der Regierung oder ihrer Vertreter in der Verwaltung betrafen, ist der tatbestandsmässige Nachteil für die Schweiz oder ihre Angehörigen zu bejahen. Eine konkrete Gefährdung oder gar ein eingetretener Schaden ist dabei nicht erforderlich. Es genügt die abstrakte Gefahr einer gegen die Schweiz oder ihre Angehörigen gerichteten nachteiligen Handlung, was vorliegend zu bejahen ist.

2.2.7.2 Zusammengefasst ist festzuhalten, dass der Beschuldigte mit seinem Handeln den objektiven Tatbestand von Art. 272 Ziff. 1 StGB erfüllt hat.

2.2.8 Subjektive Tatbestandselemente

2.2.8.1 Der Beschuldigte wusste, dass es sich bei den von ihm kopierten Daten um Informationen handelte, welche geheim oder vertraulich oder jedenfalls nicht für Dritte bestimmt und damit der Allgemeinheit nicht zugänglich waren. Ebenso war ihm als Administrator und Nutzer des SI-LAN bewusst, um welche Art von Daten es sich beim Inhalt des SI-LAN typischerweise handelte, auch wenn er die kopierten Datensätze nicht im Einzelnen gelesen hatte. Er wusste, dass es sich auch um die intern als geheim oder vertraulich verschobenen Datensätze handelte, um Informationen politischen Inhalts, Aufzeichnungen über Handlungen der Schweiz im Ausland, die Zusammenarbeit der Schweiz mit ausländischen Staaten etc., und dass er diese weder kopieren noch zu sich nach Hause mitnehmen durfte. Anlässlich der Anstellung unterzeichnete er am 2. April 2007 eine Geheimhaltungsverpflichtung (pag. BA 07-001-0017). Ebenso unterzeichnete er gleichentags eine Erklärung betreffend Nutzung der ICT-Mittel, wonach er sich verpflichtete, die Weisungen über die Nutzung der Informations- und Kommunikations-Technologie inklusive dem Umgang mit den Diensten Internet und E-Mail vom 1. November 2003 zu befolgen (pag. BA 07-001-0018). Die Weisungen über die Weitergabe, den Versand und die Mitnahme von klassifizierten Informationen vom 1. September 2011 enthielten unter anderem ein Verbot der "Mitnahme" von vertraulichen oder geheimen Informationen bzw. regelten im Einzelnen, unter welchen restriktiven Bedingungen solche Informationen aus den Bürogebäuden mitgenommen werden dürfen (pag. BA 07-001-0019-23):

(1) VERTRAULICH oder GEHEIM klassifizierte Informationen dürfen ab dauerndem Standort auf Dienstreisen und zu Konferenzen, Sitzungen, Besprechungen etc. mitgenommen werden. Bei Vorliegen besonderer Grunde dürfen die klassifizierten Informationen unmittelbar vor der Abreise und nach der Rückkehr zuhause zwischengelagert werden.

(2) Ihre Mitnahme oder ihr Versand aus anderen Gründen (z.B. zur weiteren Bearbeitung zuhause) ist unzulässig. In besonderen Fällen können der Direktor NDB respektive die Chefs der Direktionsbereiche permanente oder befristete Ausnahmen zulassen (Anhang 1)."

Mit Mail vom 8. September 2011 wurden alle Mitarbeiter über diese neuen Weisungen informiert, auch darüber, dass diese ab sofort gelten würden (pag. BA 07-001-0028/29). Am 16. November 2011 wurde dem Beschuldigten eine Befugnis zum Umgang mit klassifizierten Informationen erteilt (pag. BA 07-001-0032).

2.2.8.2 Der Beschuldigte handelte auch mit dem Willen, die von ihm kopierten (geheimen) Daten ins Ausland zu verkaufen, was durch das von ihm verfasste und bei ihm sichergestellte Schreiben bewiesen ist. Seine Aussagen, er habe alles nur deshalb kopiert, damit er sehen könne, welchen Inhalt die Mails seines/r Chefs im Zusammenhang mit dem Mobbing gehabt hätten, erscheinen - insbesondere auch vor dem Hintergrund des erstellten Sachverhalts betreffend Erkundigen nach den Modalitäten zur Eröffnung eines Nummernkontos - unglaubhaft und sind als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Die Motivlage und sein deliktisches Wissen und Wollen sind nicht bis ins Letzte zu klären. Das Gefühl, am Arbeitsplatz Opfer von Mobbing zu sein, war nur einer der Gründe, die Daten zu stehlen und einsehen zu wollen. Gleichzeitig scheint der Beschuldigte - wie sich aus dem psychiatrischen Gutachten vom 26. September 2016 ergibt (vgl. TPF pag. 6-292-059, vgl. auch unten E. 3.3.4.5) - aus seiner als sehr negativ erlebten Situation am Arbeitsplatz für sich die Rechtfertigung für weiter gehendes Handeln abgeleitet zu haben. Dass er dabei auch zielgerichtet schon sehr weit gehende Handlungen bei der Einrichtung eines Nachrichtendienstes vollzog, und wusste und wollte, was er tat, steht ausser Frage. Die erwähnte, subjektiv erlebte Situation am Arbeitsplatz wird bei der Frage der Schuldfähigkeit des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt im Rahmen der Strafzumessung unter Würdigung der drei Gutachten zu behandeln sein (vgl. E. 3.4). Es war dem Beschuldigten insbesondere bewusst, dass es ihm verboten war, die Daten zu kopieren und zu verkaufen. Sein Wissen und Wollen bezog sich mithin auf den gesamten objektiven Sachverhalt.

2.2.8.3 Der subjektive Tatbestand ist nach dem Gesagten erfüllt.

2.2.9 Qualifizierter Tatbestand (schwerer Fall gemäss Art. 272 Ziff. 2 StGB )

2.2.9.1 Das Gesetz selbst bezeichnet exemplarisch ( insbesondere) als schweren Fall, wenn falsche Berichte erstattet würden, welche geeignet seien, die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz zu gefährden. Gemäss älterer, hier nicht unmittelbar einschlägiger Rechtsprechung des Bundesgerichts sind in erster Linie die Vorbereitung und das Vorgehen des Beschuldigten für die Frage Qualifikation entscheidend (vgl. BGE 101 IV 177 E II.3d). Ergänzend hatte das Bundesgericht im eben zitierten Fall auch auf den Missbrauch des Vertrauens eines Ahnungslosen abgestellt, der eingesetzt worden ist, um interessierende Informationen über Bekannte, Vorgesetzte und Mitarbeiter in Erfahrung zu bringen. Weiter sind nach Auffassung der Strafkammer massgeblich die Qualität, der Umfang, die Brisanz der weitergegebenen bzw. weiterzugebenden Informationen und die mögliche Gefahr für die Interessen der Schweiz bzw. ihrer Angehörigen. Soweit die Gesamtinteressen der Schweiz insbesondere in erheblicher Weise betroffen sind und der Täter mit Raffinesse gehandelt hat, ist ein schwerer Fall zu bejahen.

2.2.9.2 Der Beschuldigte hat erwiesenermassen sein Büro im NDB mehrmals während seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit betreten und dabei Daten kopiert. Die Art, wie er beim Kopieren der Daten vorgegangen ist, nämlich Errichten eines neuen Ordners (I.), Zugriffsverweigerung der anderen Administratoren auf diesen Ordner, dann kopieren auf externe Datenträger und Löschen des durch ihn erstellten, virtuellen Ordners I., um damit zu verhindern, dass man die Sache entdeckt und rekonstruieren kann (vgl. E. 2.2.6.3), lassen auf ein in allen Einzelheiten geplantes Vorgehen schliessen. Er hat mit Raffinesse gehandelt. Durch die Vielzahl und den Inhalt der vom Beschuldigten kopierten Daten bestand das Risiko einer sehr hohen Beeinträchtigung der Sicherheit und der Interessen der Eidgenossenschaft. Die Gesamtinteressen waren dadurch betroffen.

2.2.9.3 Es ist auf qualifizierte Tatbegehung gemäss Art. 272 Ziff. 2 StGB zu erkennen.

2.3 Versuchte Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB )

Gemäss Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder als Beamter anvertraut worden ist, oder das er in seiner amtlichen oder dienstlichen Stellung wahrgenommen hat.

2.3.1 Die Anklage wirft dem Beschuldigten versuchte Amtsgeheimnisverletzung vor, indem er im April/Mai 2012 in seiner Funktion als Informatiker beim NDB, mithin als Beamter, unerlaubterweise eine grosse Menge an geheimen, klassifizierten und besonders schützenswerten Daten aus dem Sicherheitssystem SI-LAN des NDB auf externe Datenträger kopiert, aus den Räumlichkeiten des NDB entwendet und sie an sein damaliges Domizil in Z. verbracht und versucht habe, sie unberechtigten Dritten zu offenbaren (TPF pag. 6-100-004 f.).

Hinsichtlich des bewiesenen Sachverhalts kann im Wesentlichen auf die vorstehenden Ausführungen (E. 2.2) verwiesen werden. Der in der Anklageschrift umschriebene Sachverhalt des Kopierens von geheimen Daten auf externe Datenträger und des Nachhausenehmens (Anklageschrift S. 4 unten; TPF pag. 6-100-004) sind erstellt. Ebenso sind die weiteren dem Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen erstellt, insbesondere das Verfassen des Angebotsschreibens.

2.3.2 Taugliche Täter sind Beamte, denen in dieser Eigenschaft ein Geheimnis anvertraut wurde oder von dem sie im Rahmen ihrer amtlichen oder dienstlichen Stellung Kenntnis genommen haben. Geheimnisse sind Tatsachen, die nur einem beschränkten Kreis von Personen bekannt sind und bezüglich welchen der Wille des Geheimnisherrn weiterer Verbreitung entgegensteht, was auch einem legitimen Interesse entspricht. Zwischen der amtlichen Funktion und der Kenntnis der betreffenden Tatsache muss ein Kausalzusammenhang bestehen ( Trechsel/Pieth , a.a.O., Art. 320 StGB N. 3 und 7; BGE 114 IV 44 E. 2). Das tatbestandsmässige Verhalten besteht darin, dass der Täter das Geheimnis einer oder mehreren aussenstehenden Personen in beliebiger Weise zugänglich macht ( Stratenwerth/Wohlers , Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 3. Aufl., Bern 2013, Art. 230 StGB N. 3).

Subjektiv ist Vorsatz erforderlich. Dieser muss sich auf das Vorliegen des Geheimnisses und auf das Offenbaren beziehen ( Trechsel/Pieth , a.a.O., Art. 320 StGB N. 10).

2.3.3 Die Beamteneigenschaft im Sinne von Art. 110 Abs. 3 StGB und die Qualität der Daten als Geheimnisse im Sinne des Gesetzes sind objektiv und subjektiv erfüllt (vgl. oben). Hingegen kommt das Gericht zum Schluss, dass der Beschuldigte mit seinen vorbereitenden Handlungen unter dem Tatbestand der Amtsgeheimnisverletzung die Schwelle zum Versuch noch nicht überschritten hatte:

Die Tathandlung besteht im (unerlaubten) Offenbaren (Bekanntgabe oder Zugänglichmachen) eines Geheimnisses, einer Information, die weder offenkundig noch allgemein zugänglich ist und bezüglich derer der Geheimnisherr ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Wie ausgeführt, fand man den grössten Teil der kopierten Daten beim Beschuldigten zu Hause. Der Beschuldigte erklärte, niemand habe die von ihm kopierten Daten gesehen (pag. BA 13-001-0015). Anlässlich der Hausdurchsuchung wurden bei ihm zwei von ihm verfasste und ausgedruckte Angebotsschreiben und zwei C5 Couverts vorgefunden, wobei weder die Schreiben noch die Couverts mit einer konkreten Anrede oder Adresse versehen waren (vgl. E. 2.2.6.5). Der Beschuldigte beabsichtigte mithin, gegen Entgelt Dritten geheime Informationen anzubieten. Nicht erstellt ist hingegen, dass der Beschuldigte diese Daten Dritten bereits zugänglich gemacht hatte.

Führt der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder tritt der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht ein oder kann dieser nicht eintreten, so kann das Gericht die Strafe mildern (Art. 22 Abs. 1 StGB ). Ein strafbarer Versuch liegt erst vor, wenn der Täter mit der Ausführung der Tat begonnen hat ( Niggli/Maeder, Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 22 StGB N. 1). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zählt dazu jede Tätigkeit, die nach dem Plan, den sich der Täter gemacht hat, auf dem Weg zum Erfolg den letzten entscheidenden Schritt darstellt. Ein solcher liegt vor, wenn es davon in der Regel kein Zurück mehr gebe, es sei denn wegen äusserer Umstände, die eine Weiterverfolgung der Absicht erschweren oder verunmöglichen (sog. Schwellentheorie des Bundesgerichts; vgl. statt vieler: BGE 131 IV 104 E. 7.2.1).

Der Versuch einer Handlung gemäss Art. 320 StGB beginnt grundsätzlich immer dann, wenn der Täter mit Wissen und Willen konkret zur inkriminierten Tat, hier also zur Offenbarung der Geheimnisse ansetzt. Dieses Stadium ist im Zusammenhang mit der Offenbarung von Geheimnissen noch nicht erreicht, wenn die Daten kopiert und ein Angebotsschreiben verfasst ist. Vielmehr wäre für die Annahme eines Versuchs hier mindestens notwendig, dass der Täter konkret beginnt, die Angebotsschreiben bzw. die Couverts mit Anreden oder Adressen zu versehen oder spätestens das Schreiben zu verschicken. Vorliegend ist jedoch nur erstellt, dass die Schreiben für Staaten oder allenfalls auch für ausländische Organisationen bestimmt waren (vgl. E. 2.2.7.1). Der Beschuldigte hat ausser dem Verfassen und Ausdrucken des Schreibens keine weiteren konkreten Handlungen, wie etwa das Adressieren eines Couverts, vorgenommen. Der letzte entscheidende Schritt wurde also gerade noch nicht gemacht. Damit ist der Beschuldigte vom Vorwurf der versuchten Amtsgeheimnisverletzung freizusprechen.

3. Strafzumessung

3.1 Rechtliches

3.1.1 Art. 272 Ziff. 2 StGB droht für die qualifizierte Tatbegehung Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr an. Der Strafrahmen geht mithin von einem Jahr bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe (Art. 40 StGB ).

3.1.2 Innerhalb des Strafrahmens misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB ). Das Verschulden bestimmt sich nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Tat zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB ). Somit kommt dem (subjektiven) Tatverschulden eine entscheidende Rolle zu (BGE 136 IV 55 E. 5.4). Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat das Gericht dieses Verschulden zu bewerten. Es hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und -erhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen (BGE 136 IV 55 E. 5.5). Der Gesetzgeber hat einzelne Kriterien aufgeführt, die für die Verschuldenseinschätzung von wesentlicher Bedeutung sind und das Tatverschulden vermindern bzw. erhöhen (BGE 136 IV 55 E. 5.5, 5.6). Das Gesetz führt indes weder alle in Betracht zu ziehenden Elemente detailliert und abschliessend auf, noch regelt es deren exakte Auswirkungen bei der Bemessung der Strafe. Es liegt im Ermessen des Gerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Dabei ist es nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; 134 IV 17 E. 2.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_650/2007 vom 2. Mai 2008 E. 10.1).

Gemäss Art. 19 Abs. 2 StGB ist bei der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen, wenn der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln. Obwohl Art. 19 StGB (anders als die Vorgängerregelungen [Art. 10 und 11 aStGB ]) darauf verzichtet, Gründe zu benennen, die zur Schuldunfähigkeit bzw. verminderten Schuldfähigkeit führen, ist unstreitig, dass die Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit ihre Ursache grundsätzlich in einer psychischen Störung hat. Eine psychische Störung führt allerdings nicht automatisch zur Schuldunfähigkeit bzw. verminderten Schuldfähigkeit, sondern nur dann, wenn sie tatsächlich im konkreten Fall die Fähigkeit zur Einsicht in das Unrecht der Tat (Einsichtsfähigkeit) oder - wo diese Fähigkeit (noch) vorhanden war - die Fähigkeit, das eigene Verhalten an dieser Einsicht auszurichten (Steuerungsfähigkeit), aufhebt bzw. herabsetzt (Entscheid des Bundesstrafgerichts SK.2014.10 vom 7. Oktober 2014, E. 4.1; vgl. zum Ganzen B OMMER /D ITTMANN , Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2013, Art. 19 StGB N. 6 ff.; S TRATENWERTH , Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Straftat, 4. Aufl., Bern 2011, § 11 N. 15 und 22; D ONATSCH /T AG , Strafrecht I, Verbrechenslehre, 9. Aufl., Zürich etc. 2013, S. 274 f.).

3.1.3 Vorliegend drängt es sich auf, zunächst die Strafzumessung vorzunehmen, als ob die Schuldfähigkeit uneingeschränkt wäre (E. 3.2, 3.3), in einem zweiten Schritt die drei psychiatrischen Gutachten zu würdigen (E. 3.4) und am Schluss die daraus für das Strafmass sich ergebenden Konsequenzen zu ziehen (E. 3.5).

3.2 Tatkomponenten

3.2.1 Der Beschuldigte hat während wenigen Tagen und bei krankheitsbedingter vollständiger Arbeitsunfähigkeit seinen Arbeitsplatz aufgesucht und einen immensen Bestand, insgesamt über 500 Gigabyte, an (überwiegend) geheimen Dateien kopiert und einen Teil auf externen Datenträgern zu sich nach Hause genommen. Die Cleverness, mit der er beim Kopieren der Daten zu Werke ging, ist, da sie ein Element des qualifizierten Tatbestands darstellt, hier nicht mehr erschwerend zu würdigen. Zu seinen Lasten fällt indessen ins Gewicht, dass er die Daten nicht nur Dritten zugänglich machen wollte, sondern ins Auge fasste, sie zu verkaufen und sich damit einen pekuniären Vorteil in erheblichem Umfang zu verschaffen. Zwar betrafen die kopierten Daten, wie die stichprobeweise Prüfung durch das Gericht ergab, teilweise auch harmlose Daten, wie etwa Berichte, die von Mitarbeitern des NDB gestützt auf öffentliche Quellen zusammengestellt worden waren (Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 2016, S. 7). Teilweise handelte es sich aber nicht nur um formell geheime Datensätze, sondern um äusserst sensible Informationen, die, wären sie Dritten zugekommen, sowohl die Interessen der Eidgenossenschaft als auch jene natürlicher Personen im In- und Ausland in höchstem Mass gefährdet hätten. So hätte der Schweizerische Geheimdienst das Vertrauen von und damit den Zugang zu ausländischen Partnerdiensten weitestgehend verloren - mit allen negativen Konsequenzen für die Gefahrenabwehr in der Schweiz. Es hätten aber auch Personen enttarnt werden können, die in der Folge möglicherweise an Leib und Leben gefährdet gewesen wären. In objektiver Hinsicht liegt damit ein schweres Tatverschulden vor.

3.2.2 Leicht entlastend wirkt sich Folgendes aus: Zwar wurde der Beschuldigte durch die Intervention der Bank und in der Folge der Behörden davon abgehalten, seine Pläne zu realisieren. Das ist ihm nicht zum Verdienst anzurechnen. Es ist jedoch festzustellen, dass die Weitergabe oder gar der Verkauf der Daten auch ohne Intervention der Behörden ungewiss geblieben wäre; ob er den Plan tatsächlich weiterverfolgt hätte und ob es ihm auch gelungen wäre, die Daten zu verkaufen, muss offen bleiben. Immerhin war die Tat bereits recht weit gediehen. Ebenfalls leicht entlastend wirkt sich aus, dass die Handlungen des Beschuldigten in relativ kurzer Zeit erfolgten; der Beschuldigte wollte mithin nicht - was ihm als Mitarbeiter des NDB, wie gesehen, ohne weiteres möglich gewesen wäre - einen im eigentlichen oder klassischen Sinn" auf Dauer angelegten verbotenen Nachrichtendienst einrichten, welcher es ihm ermöglicht hätte, laufend künftige, aktuelle Informationen Dritten zugänglich zu machen. Das subjektive Tatverschulden - welchem eine entscheidende Rolle zukommt (E. 3.1.2) - ist insgesamt erheblich.

3.2.3 Das gesamte Tatverschulden ist nach dem Gesagten als erheblich einzustufen.

3.3 Täterkomponenten

3.3.1 Der Beschuldigte ist 48-jährig. Er ist verheiratet und hat drei minderjährige Kinder, welche mit ihm und seiner Ehefrau im gleichen Haushalt in Italien leben. Er erlernte den Beruf des Informatikers; er war Oracle-Spezialist (pag. BA B 07-001-001-0137). Am 1. April 2007 nahm er seine Tätigkeit als Informatiker beim NDB auf und war bis Ende März 2009 in einer befristeten Anstellung. Per 1. April 2009 wurde das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt (pag. BA B 07-001-001-0004/8). Im Laufe seiner Tätigkeit unterzog er sich laufend Weiterbildungen nicht nur im Informatikbereich, sondern auch in der deutschen Sprache. Per 4. September 2012 wurde dem Beschuldigten gekündigt. Die Kündigungsverfügung fochte er erfolglos beim VBS an (pag. BA 07-001-0041 ff.).

Anlässlich der Einvernahme vom 29. Januar 2014 gab der Beschuldigte zu Protokoll, er sei arbeitslos, aber im Programm des RAV. Gleichzeitig gab er als Arbeitgeber die K. Srl. in X. an. Als Erwerbseinkommen nannte er Fr. 8'000.- monatlich, wies aber auf die seit Oktober 2012 bestehende Arbeitslosigkeit hin. Er erklärte, er habe ein Vermögen von Fr. 80'000.- aus seinem Hausverkauf und Fr. 90'000.- aus der Pensionskasse. Demgegenüber würden Schulden von Fr. 20'000.- stehen, an die er monatliche Abzahlungen von Fr. 514.- leiste. Als Wohnungsmiete gab er Fr. 2'050.- an (pag. BA 13-001-0036/37).

3.3.2 In der Hauptverhandlung vom 23. November 2016 erklärte der Beschuldigte, weshalb er mit der Familie nach Italien zurückgekehrt sei und dass er dort wieder Fuss gefasst habe. Auch auf Empfehlung seines Psychiaters sei er daran, sich selbstständig zu machen und alleine zu arbeiten, weil er auf Dauer in einem Team oder als Untergebener in einer Gruppe persönliche Schwierigkeiten bekomme. Er lebt heute den Umständen entsprechend in intakten familiären Verhältnissen, führt eine gute Ehe und hat gute Beziehungen zu seinen Kindern. Er ist nicht vorbestraft und hat sich sozial immer wohlverhalten. Die Straftat, für die er angeklagt worden ist, kann nur als biographisch singulär qualifiziert werden.

3.3.3 Die Motivlage des Beschuldigten und sein subjektives Erleben der Vorgeschichte seiner Tat und der Tatbegehung sind diffus und lassen sich ohne Bezugnahme auf pathologische Bedingungen kaum vollständig verstehen. Unabhängig davon wäre bei einem psychisch stabilen Täter unter den genannten objektiven und subjektiven Voraussetzungen eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren angemessen.

3.4 Grad der verminderten Schuldfähigkeit (Art. 19 Abs. 2 StGB )

3.4.1 Es liegen drei psychiatrische Gutachten vor. Das erste datiert vom 10. April 2013 und wurde auf Antrag der Verteidigung von der Bundesanwaltschaft in Auftrag gegeben und von Dr. L. erstellt. Ein testpsychologischer Teil ist integriert (Gutachten 1, amtlich, pag. BA 11-001-0013 ff.). Das zweite Gutachten hat der Beschuldigte selbst durch seinen Anwalt einreichen lassen. Es wurde in W. in italienischer Sprache im Auftrag des Beschuldigten von Dr. N. am 29. Januar 2016 erstellt, samt einem testpsychologischen Teil von Dr. O. vom 25. Januar 2016. Es ging beim Gericht am 8. März 2016 kurz vor dem angesetzten ersten Hauptverhandlungstermin ein (Gutachten 2, privat, TPF pag. 6-520-011 ff.). Ausserdem reichte der Anwalt ein Arztzeugnis der P. vom 25. Januar 2016 ein, unterschrieben vom zuständigen Psychiater Dr. Q.. Daraus ergibt sich, dass der Beschuldigte mit Neuroleptica und Antidepressiva behandelt wird (TPF pag. 6-520-010). In der Folge gab das Gericht eine dritte Begutachtung in Auftrag und verschob die Hauptverhandlung, wobei es sich auf folgende Gründe stützte: Zum einen lagen unüberwindliche Differenzen zwischen den Gutachten 1 und 2 und zwar sowohl hinsichtlich Diagnose als auch hinsichtlich Schlussfolgerungen vor. Die fundamentalen Differenzen konnten insbesondere nicht damit erklärt werden, dass es sich beim einen Gutachten um ein amtliches und beim andern um ein Parteigutachten handelt. Zum andern vermochte das amtliche Gutachten 1 die sehr merkwürdige Verhaltensweise des Beschuldigten anlässlich seines Versuchs, bei der F. AG ein Nummernkonto zu eröffnen, nicht zu erklären. Das Obergutachten wurde Ende September 2016 von Dr. E. erstattet, samt zwei testpsychologischen Teilen von Dr. R. bzw. Dipl. Psych. S. (Gutachten 3, amtlich, TPF pag. 6-292-016 ff.). Gemäss dem mit den Parteien abgesprochenen Auftrag für das Drittgutachten sollten nicht nur die beiden bereits vorliegenden Gutachten verglichen und beurteilt, sondern auch eine erneute Untersuchung des Beschuldigten und dessen Begutachtung durch Dr. E. selbst vorgenommen werden. Das Gericht befragte anlässlich der Verhandlung den Gutachter zu seiner psychiatrischen Expertise.

3.4.1.1 Das Gutachten 1 (pag. BA 11-001-0013 ff.) beruht auf der Exploration des Beschuldigten und stützt sich auf die damalige Aktenlage. Die Anamnese im Gutachten 1 ist verhältnismässig knapp. Sie ist biographisch, familiär und sozial unauffällig. Probleme im weitesten Sinne beginnen biographisch gemäss Gutachten 1 mit einer im Jahr 2008 diagnostizierten Stoffwechselerkrankung, die seither mit einer Substitutionstherapie behandelt wird. Die Lebensschwierigkeiten des Beschuldigten, die für die folgenden Jahre bis zum Delikt geschildert werden, führt das Gutachten in nicht bloss marginaler Weise unmittelbar auf diese Erkrankung zurück. Der Stress am Arbeitsplatz, die dort vom Beschuldigten subjektiv erlebte fehlende Anerkennung und Mobbing werden verschärft durch den Umstand, dass der Beschuldigte meint, man nehme seine somatischen Probleme nicht ernst und halte ihn am Arbeitsplatz für einen Simulanten. Die körperlichen Probleme, die der Beschuldigte im Zusammenhang mit seiner Stoffwechselerkrankung sah und die - zumindest subjektiven - Schwierigkeiten am Arbeitsplatz hätten eine zunehmend schlechte Verfassung des Beschuldigten zur Folge gehabt. Das Verhalten des Beschuldigten im fraglichen Zeitraum und seine Tat erscheinen so schlüssig erklärbar. Das Gutachten spricht von einer leichten depressiven Reaktion im Sinne einer Anpassungsstörung (Schlaf- und Konzentrationsprobleme, herabgesetzte kognitive Leistungsfähigkeit). Die Phobien, von welchen der Beschuldigte berichtet, seien hingegen erst nach der Untersuchungshaft aufgetreten. Das deliktspezifische Verhalten des Beschuldigten - Datenkopieren und Datendiebstahl, Verfassen des Angebotsschreibens, Banktermin mit Erkundigungen zu einem Nummernkonto etc. - werden von der Gutachterin integriert in den orientierten und rationalen Deliktsplan eines sich gemobbt fühlenden Mitarbeiters, der sich mit dem Verkauf von Daten bereichern will. Gutachten 1 kommt zum Schluss, dass die Schuldfähigkeit des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt nicht beeinträchtigt war.

3.4.1.2 Das private Gutachten 2 beruht ebenfalls auf der Exploration des Beschuldigten durch den Gutachter. Dieser stützt sich dabei auf die Unterlagen der P. mit der Diagnose affetto da disturbo delirante in soggetto con struttura di personalità paranoidea ed episiodio depressivo", auf das Gutachten 1, die Anklageschrift sowie auf die Arztzeugnisse von Dr. C. und T. (Gutachten 2, S. 2 [TPF pag. 6-520-012]). Weiter liess der Gutachter eine testpsychologische Untersuchung durchführen. Der Gutachter weist darauf hin, dass der Explorand während der Zeit der Begutachtung mit einem Neurolepticum neuer Generation (Wirkstoff Paliperidon) und später zusätzlich mit einem Antidepressivum (Wirkstoff Paroxetin) behandelt wurde.

Die Anamnese im Gutachten 2 ist ausführlicher als im Erstgutachten und sie reicht biographisch weiter zurück. In Ergänzung zum Gutachten 1 wird sichtbar, dass beim Beschuldigten bereits viel früher in seiner Entwicklung Kränkbarkeit, Eifersucht, starkes Misstrauen auch in freundschaftlichen Beziehungen, Verfolgungsgefühle und Kontrollwünsche auftraten (Gutachten 2, S. 4, 7 f. [TPF pag. 6-520-012 ff.]) und sich auch die Idee, am Arbeitsplatz gemobbt und verraten zu werden, bereits an früheren Posten verfestigt hatte. Der Gutachter äussert sich diesbezüglich auch zu den seines Erachtens im Gutachten 1 vorliegenden Mängeln: Die psychopathologische Problematik sei dort nur partiell und einseitig analysiert worden, ausschliesslich in Funktion zu den Schwierigkeiten am Arbeitsplatz beim NDB (Gutachten 2, S. 2, Fussnote [TPF pag. 6-520-012]). Für den psychischen Zustand des Beschuldigten zeigt sich so ein seit langem bestehendes Muster, welches sich im Tatzeitraum akut verschärft hatte, weshalb er sich als Opfer eines Komplotts fühlte, dem möglicherweise der Antisemitismus seiner ganzen Arbeitsumgebung zugrunde liege. Letzteres, nachdem er verstanden hatte, dass sein Name Hinweis auf eine jüdische Herkunft sein könnte und er in der Folge besetzt war von der Frage nach seiner allfälligen jüdischen Herkunft.
Die klinischen Überlegungen zur Symptomatik (Gutachten 2, S. 11 ff. [TPF pag. 6-520-021 ff.]) führen im Ergebnis zu einem klaren und ausgeprägten psychopathologischen Befund, dem einer Wahnstörung im Sinne eines Verfolgungswahns, akut ausgeprägt im Tatzeitraum, mit stark einschränkender Wirkung auf die Zurechnungsfähigkeit (il disturbo ha inciso sulla capacità di intendere e di volere in modo da grandemente scemarla all'epoca dei fatti", Gutachten 2, S. 17 [TPF pag. 6-520-027]). Zur Zeit der Begutachtung befinde sich der Beschuldigte in einer Phase der Remission mit teilweiser Verbesserung der Symptomatik, begleitet von einer Anpassungsstörung mit Beklemmung und Deprimiertheit. Die Behandlungsbedürftigkeit dauert an, wie sich aus dem Gutachten als Ganzes ergibt.

3.4.1.3 Gutachten 3 (TPF pag. 6-292-016 ff.) beruht auf dem gesamten Aktenbestand sowie auf der psychiatrischen Exploration des Beschuldigten durch den Gutachter selbst, der testpsychologischen Untersuchung durch dessen Mitarbeiter sowie den eingeholten Angaben der Ehefrau. Im Anschluss an die eigene Untersuchung des Beschuldigten durch den Experten setzt sich das Gutachten mit den fundamentalen Differenzen zwischen den beiden Gutachten 1 und 2 auseinander. Es begründet diese im Wesentlichen mit den Mängeln von Gutachten 1. Danach hat die erste Begutachtung der Psychopathologie des Beschuldigten nicht hinreichend Rechnung getragen mit dem Ergebnis, dass das [s]eines Erachtens einzig Relevante [...] keine Beachtung finde" (Gutachten 3, S. 41 [TPF pag. 6-292-056]). Dieser Befund erklärt sich hauptsächlich damit, dass sich die Deliktsanamnese" auf Gegebenheiten kurz vor und nach dem Delikt beschränke, die für das Delikt relevante erlebenspsychologische biographische Entwicklung jedoch kaum Beachtung finde (Gutachten 3, S. 40 [TPF pag. 6-292-055]). Gutachten 3 deckt sich inhaltlich insoweit mit den in Gutachten 2 - dort allerdings sehr viel knapper gehalten - behaupteten bzw. festgestellten Mängeln der Erstbegutachtung. Weiter führt Gutachter 3 aus, weshalb in der Erstbegutachtung keine psychopathologischen Auffälligkeiten, insbesondere keine Wahnideen, festgestellt wurden. Solche, in seiner eigenen Exploration eher angedeutete, in psychologischen Tests aber klar auftretende Wahnideen und -stimmungen würden nur manifest, wenn dem Gedankengang des Exploranden freien Lauf gelassen werde. Das Fehlen psychopathologischer Auffälligkeiten dürfte also ein Artefakt' der Explorationstechnik sein." (Gutachten 3, S. 41 [TPF pag. 6-292-056]). ... das Gutachten von Dr. N. ist m.E. sowohl formell und methodologisch wie auch inhaltlich und bezüglich Schlussfolgerungen tadellos." (Gutachten 3, S. 43 [TPF pag. 6-292-058]).

In seiner eigenen Diagnose sowie in den Schlussfolgerungen ist das Gutachten 3 klar und deutlich. Es ist in sich schlüssig und nachvollziehbar, und es erklärt die fundamentalen Differenzen zwischen Erst- und Zweitbegutachtung in plausibler Weise. Inhaltlich deckt es sich in den wesentlichen Punkten mit Begutachtung 2.

Die Parteivertreter erhoben keine Einwendungen gegen das Gutachten 3.

3.4.1.4 Vor diesem Hintergrund ist Gutachten 3 der Strafzumessung zugrunde zu legen.

Zusammenfassend diagnostiziert der Gutachter für den Tatzeitraum eine schwere psychopathologische Störung", ein komplexes psychopathologisches Zustandsbild, welches unter die Wahnstörungen [...] eingereiht werden kann (ICD-10 F22.0)" [...] Die Neigung, sich als Opfer böswilliger Mitmenschen zu erleben, taucht beim Exploranden bereits in den oberen Schuljahren, wenn nicht schon früher, auf und zieht sich wie ein roter Faden durch sein ganzes Leben. In den letzten Jahren [...] hat der Explorand eine Verschlimmerung seiner Verfolgungsneigungen" erlebt, die von kleinen Zwischenfällen am Arbeitsplatz genährt wurden, die er aufgrund seiner diesbezüglichen Überempfindlichkeit als grosse Kränkungen empfunden hat. [...] Bedauerlicherweise sind weder die behandelnden Ärzte noch der ärztliche Dienst noch die Arbeitskollegen [...] der vorliegenden schweren psychopathologischen Störung auf die Spur gekommen." (Gutachten 3, S. 43 [TPF pag. 6-292-058]).

Die Störung dauert an, wenn auch auf Grund der veränderten psychosozialen Bedingungen und der, auch medikamentösen, Therapie in gemilderter Form.

3.4.1.5 Zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten im Tatzeitraum kommt das Gutachten zu folgendem Schluss: Der Beschuldigte sei fähig gewesen, das Unrecht des Datendiebstahls einzusehen, er habe jedoch in seiner wahnhaften Sichtweise eine Rechtfertigung dafür gefunden. Die Einsichtsfähigkeit sei in mittlerem Grade herabgesetzt gewesen. Der emotionale Druck, unter dem er gestanden habe, habe bewirkt, dass seine Fähigkeit, gemäss dieser Einsicht zu handeln, noch stärker beschränkt gewesen sei. Die Relativierung des Unrechts seiner Taten habe seine Hemmungen zu handeln drastisch reduziert und ihn unter Mitwirkung affektiver Faktoren zur Handlung verleitet. Insgesamt war die Fähigkeit des Exploranden, gemäss der in mittlerem Ausmass eingeschränkten Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln, in hohem Masse eingeschränkt" (Gutachten 3, S. 44 [TPF pag. 6-292-59]). Damit ist auf eine stark eingeschränkte Schuldfähigkeit zu erkennen.

3.5 Unter den konkreten Umständen wäre bei Annahme voller Schuldfähigkeit eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren angemessen (E. 3.3.3). Unter Berücksichtigung der starken Einschränkung der Schuldfähigkeit ist diese hypothetische Strafe in Anwendung von Art. 19 Abs. 2 StGB um zwei Drittel zu mildern. Der Beschuldigte ist demzufolge mit einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten zu bestrafen.

3.6 Gemäss Art. 42 Abs. 2 StGB und der Praxis dazu ist eine Strafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren bedingt aufzuschieben, wenn die Prognose für die Legalbewährung nicht schlecht ist. Vorliegend gibt es keine Gründe, die für eine schlechte Prognose sprechen würden. Die Umstände, dass der Beschuldigte bisher nie straffällig wurde, dass er sich nach dieser biographisch singulären Tat nun psychiatrisch therapieren lässt, als selbständig Tätiger unter anderen psychosozialen Umständen lebt und sich ausserdem objektiv kaum eine Gelegenheit für einen Rückfall ergeben kann, sprechen insgesamt klar für eine positive Prognose. Die Strafe ist demnach bedingt aufzuschieben, in Anwendung von Art. 44 Abs. 1 StGB mit einer Probezeit von drei Jahren.

3.7 Gemäss Art. 19 Abs. 3 StGB ist im Falle einer Anwendung von Art. 19 Abs. 1 oder 2 StGB die fakultative Möglichkeit einer Massnahme zu prüfen; ebenso gemäss Art. 44 Abs. 2 StGB bei bedingtem Strafvollzug die Möglichkeit einer Bewährungshilfe oder einer Weisung für die Dauer der Probezeit (Art. 94 StGB ).

Sowohl Gutachter 3 als auch die behandelnden bzw. begutachtenden Ärzte in Italien gehen klar von einer weiter andauernden Behandlungsbedürftigkeit des Beschuldigten aus. Der Beschuldigte selbst ist sich der Notwendigkeit seiner Behandlung bewusst und will sich dieser, auch mit der Unterstützung seiner Ehefrau, auch künftig unterziehen. Auf die formelle Anordnung einer Massnahme kann unter diesen Umständen verzichtet werden; zumal auch deren Durchsetzung im Ausland, wo der Beschuldigte heute wieder wohnt, wenn überhaupt, nur schwer möglich wäre. Das Gericht lässt es daher mit der einfachen Weisung nach Art. 94 i.V.m. Art. 44 Abs. 2 StGB bewenden, der Beschuldigte müsse sich, primär in seinem eigenen Interesse, während der Probezeit weiterhin seiner psychiatrischen Behandlung unterziehen.

4. Kosten und Entschädigungen

4.1 Wenn die beschuldigte Person verurteilt wird, trägt sie gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO die Verfahrenskosten mit Ausnahme der Kosten für die amtliche Verteidigung. Der Beschuldigte ist somit grundsätzlich kostenpflichtig.

Die Verfahrenskosten betragen ohne amtliche Verteidigung total Fr. 68'714.40 (Gebühr Bundesanwaltschaft Fr. 10'000.--, auferlegbare Auslagen Vorverfahren Fr. 30'471.50, Gerichtsgebühr Fr. 4'000.--, auferlegbare Auslagen des Gerichts Fr. 24'242.90 [Gutachtenskosten und Zeugengelder]). Mit Rücksicht auf die beschränkten finanziellen Verhältnisse, die Vermeidung einer für die Bewährung und Wiedereingliederung ungünstigen finanziellen Belastung für die Familie, den - allerdings wenig ins Gewicht fallenden - Freispruch vom Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung sowie schliesslich die Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit werden dem Verurteilten davon Fr. 30'000.- zur Bezahlung auferlegt.

4.2 Der Beschuldigte wird im Wesentlichen schuldig gesprochen. Er wird freigesprochen vom Vorwurf der versuchten Amtsgeheimnisverletzung. Der Vorwurf, von dem er freigesprochen wird, betrifft denselben Sachverhalt wie derjenige, für den ein Schuldspruch ergeht (Tatbestände in echter Idealkonkurrenz). Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich nicht, dem Beschuldigten eine Entschädigung auszurichten, zumal er insbesondere durch die Anklage unter zwei Tatbeständen keine ins Gewicht fallenden zusätzlichen Aufwendungen für die angemessene Ausübung seiner Parteirechte hatte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO ). Im Übrigen werden dem Beschuldigten nur reduzierte Kosten auferlegt.

5. Amtliche Verteidigung

5.1 In der Hauptverhandlung konnte nicht über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung entschieden werden (vgl. Prozessgeschichte lit. J). Das Gericht behielt den Entscheid für später vor und fasste Dispositiv Ziff. 8 des Urteils wie folgt:

Über die Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird separat entschieden.

A. wird im Grundsatz verpflichtet, diese Entschädigung dem Bund zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben."

Nachdem die Kostennote des amtlichen Verteidigers eingegangen war, fällte das Gericht am 5. Juli 2017 den Entscheid gestützt auf nachfolgende Erwägungen.

5.2 Die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht legen die Entschädigung der amtlichen Verteidigung am Ende des Verfahrens fest (Art. 135 Abs. 2 StPO ). Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung wird in Bundesstrafverfahren nach dem Anwaltstarif des Bundes - gemäss BStKR - festgesetzt (Art. 135 Abs. 1 StPO ). Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR ). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens 200 und höchstens 300 Franken (Art. 12 Abs. 1 BStKR ). Reicht der Anwalt die Kostennote nicht bis zum Abschluss der Parteiverhandlungen oder innerhalb der ihm angesetzten Frist ein, so setzt das Gericht das Honorar nach Ermessen fest (Art. 12 Abs. 2 BStKR ). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet. Rechtfertigen es besondere Verhältnisse, kann anstelle der tatsächlichen Kosten ein Pauschalbetrag vergütet werden (Art. 13 Abs. 1 und 4 BStKR ). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe Komplexität und ohne Mehrsprachigkeit, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Strafkammer Fr. 230.-- für Arbeitszeit und Fr. 200.-- für Reise- und Wartezeit (Beschluss des Bundesstrafgerichts BK.2011.21 vom 24. April 2012, E. 2.1; Urteil des Bundesstrafgerichts SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011, E. 4.1). Der Stundenansatz für Praktikanten beträgt praxisgemäss Fr. 100.-- (Urteile des Bundesstrafgerichts SK.2010.28 vom 1. Dezember 2011, E. 19.2; SK.2010.3 vom 5. Mai 2010, E. 8.4).

5.3 Die Bundesanwaltschaft ernannte mit Verfügung vom 28. Juni 2012 Fürsprecherin AA., Bern, für den Zeitraum vom 26. Mai bis. 7. Juni 2012 zur amtlichen Verteidigerin des Beschuldigten und entschädigte sie für ihren Aufwand mit total Fr. 4'692.80. Sie wies dabei auf die Rückerstattungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO hin (pag. 24-101-0023 f.).

Die Bundesanwaltschaft ernannte mit Verfügung vom 17. Oktober 2012 Rechtsanwalt BB., Bern, für den Zeitraum vom 8. Juni bis 30. September 2012 zum amtlichen Verteidiger des Beschuldigten und entschädigte ihn für seinen Aufwand mit total Fr. 8'769.80. Sie wies dabei auf die Rückerstattungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO hin (pag. 24-101-0059 f.).

Diese Entschädigungen von insgesamt Fr. 13'462.60 können bestätigt werden.

5.4 Nachdem der Beschuldigte aufgefordert worden war, nach Mandatsniederlegung seines bisherigen Rechtsvertreters einen neuen Verteidiger zu ernennen, teilte Rechtsanwalt John Dell'Oro der Bundesanwaltschaft mit Schreiben vom 22. und 27. November 2013 mit, dass er mit der Vertretung des Beschuldigten beauftragt worden war (pag. 16-004-0012 f.). Mit Verfügung vom 13. Januar 2014 ernannte die Bundesanwaltschaft Rechtsanwalt Dell'Oro mit Wirkung ab dem 26. November 2013 zum amtlichen Verteidiger des Beschuldigten (pag. 16-004-0024).

Der Verteidiger macht mit Eingabe vom 5. Oktober 2015 für die Zeit bis 30. September 2015 einen Aufwand von Fr. 46,5 Stunden à Fr. 240.-- und Auslagen von Fr. 924.--, total Fr. 12'284.--, mit Eingabe vom 23. September 2016 für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis 15. September 2016 41 Stunden à Fr. 240.-- und Auslagen von Fr. 932.--, total 10'772.--, und mit Eingabe vom 30. November 2016 für die Zeit vom 16. September 2016 bis 24. November 2016 einen Aufwand von 33,5 Stunden à Fr. 240.-- und Auslagen von Fr. 498.--, total Fr. 8'538.--, geltend.

Der Aufwand von 121 Stunden erscheint angemessen, ebenso - in Anlehnung an die Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Vorverfahren (pag. 24-101-0059) - der im Vergleich zur Praxis leicht höhere Stundenansatz von Fr. 240.--.

Das Honorar ist demnach auf Fr. 29'040.-- festzusetzen. Hinzu kommen Auslagen von Fr. 2'354.--. Die Entschädigung beträgt mithin Fr. 31'394.--; hinzu kommt die Mehrwertsteuer von Fr. 2'511.50 (8% von Fr. 31'394.--). Die Entschädigung von Rechtsanwalt Dell'Oro ist somit auf Fr. 33'905.50 (inkl. MWST) festzusetzen.

Mit Verfügung der Verfahrensleitung vom 27. September 2016 wurde dem Verteidiger eine Akontozahlung von Fr. 13'000.-- zugesprochen (TPF 6-720-15).

5.5 Gemäss Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO hat die beschuldigte Person, welche zu den Verfahrenskosten verurteilt wird, dem Bund die Entschädigung der amtlichen Verteidigung zurückzuzahlen, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

Unter Hinweis auf die Kostenauferlegung (E. 4.1) ist der Beschuldigte grundsätzlich in vollem Umfang rückerstattungspflichtig. Er ist zu verpflichten, die Kosten seiner amtlichen Verteidigung von gesamthaft Fr. 47'368.10 (E. 5.3 und 5.4) dem Bund zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

6. Beschlagnahmte Gegenstände

6.1 Ist der Grund für die Beschlagnahme weggefallen, so hebt die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die Beschlagnahme auf und händigt die Gegenstände oder Vermögenswerte der berechtigten Person aus (Art. 267 Abs. 1 StPO ). Ist die Beschlagnahme nicht vorher aufgehoben worden, so ist über die Rückgabe an die berechtigte Person, die Verwendung zur Kostendeckung oder die Einziehung im Endentscheid zu befinden (Art. 267 Abs. 3 StPO ).

6.2 Die Bundesanwaltschaft hat die bei Anklageerhebung noch beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte in der Anklage bezeichnet (Anklage Ziff. 4). Es handelt sich dabei um eine Vielzahl von elektronischen Datenträgern (diverse Notebooks, interne und externe Festplatten, PCs, CDs, USB-Sticks etc.). Das Gericht sieht sich ohne detaillierte Angaben zur Art der Datenträger sowie zur Sensibilität der darauf gespeicherten Daten nicht in der Lage, über das Schicksal der Datenträger zu entscheiden. Es hat deshalb die Bundesanwaltschaft in der Hauptverhandlung zu ergänzenden kriminalpolizeilichen Angaben aufgefordert. Das Gericht entscheidet daher später über die beschlagnahmten Gegenstände.


Die Strafkammer erkennt:

1. A. wird freigesprochen vom Vorwurf der versuchten Verletzung des Amtsgeheimnisses im Sinne von Art. 320 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB .

2. A. wird schuldig gesprochen des qualifizierten politischen Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 272 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 StGB .

3. A. wird mit einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten bestraft, unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 41 Tagen.

4. Der Vollzug der Strafe wird bedingt aufgeschoben, unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren (Art. 42 Abs. 1 StGB ).

5. A. wird gemäss Art. 94 StGB die Weisung erteilt, sich während der Probezeit weiterhin der bereits begonnenen psychiatrischen Betreuung zu unterziehen.

6. Die Verfahrenskosten (inkl. Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-; ohne Kosten der amtlichen Verteidigung) betragen Fr. 68'714.40.

S ie werden im Umfang von Fr. 30'000.- A. auferlegt.

7. A. wird keine Entschädigung ausgerichtet.

8.

8.1 Die Entschädigung von Rechtsanwalt John Dell'Oro für die amtliche Verteidigung von A. wird auf Fr. 33'905.50 (inkl. MWST) festgesetzt.

8.2 A. wird verpflichtet, die Kosten seiner amtlichen Verteidigung von gesamthaft Fr. 47'368.10 dem Bund zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

9. Über die beschlagnahmten Gegenstände wird separat entschieden.

Im Namen der Strafkammer

des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende Der Gerichtsschreiber


Eine vollständige schriftliche Ausfertigung wird zugestellt an

- Bundesanwaltschaft

- Rechtsanwalt Dell'Oro

Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an

- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde (vollständig)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht, ausgenommen verfahrensleitende Entscheide, kann innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts geführt werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts führen (Art. 135 Abs. 3 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO ; Art. 37 Abs. 1 StBOG ).

Mit der Beschwerde können gerügt werden: a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; b. die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; c. Unangemessenheit (Art. 393 Abs. 2 StPO ).

Beschwerde an das Bundesgericht

Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Ausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ).

Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).

Versand: 6. Juli 2017

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