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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BE.2013.7
Datum:06.11.2013
Leitsatz/Stichwort:Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR).
Schlagwörter : Gesuch; Gesuchsgegnerin; Verfahren; Durchsuchung; Daten; Einfuhr; Entsiegelung; MWSTG; Beschwerde; Papiere; Bundesstrafgericht; Sichergestellt; Verlagerungsverfahren; Kunst; Beschwerdekammer; Bundesstrafgerichts; Importeur; Sichergestellte; Entsiegelungsgesuch; Sichergestellten; Untersuchung; Person; Kunstgegenstände; Hausdurchsuchung; Rechnung; Mehrwertsteuer; Einfuhrsteuer; Papieren
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 10 BGG ; Art. 103 MWSTG ; Art. 104 MWSTG ; Art. 2 ZG ; Art. 21 ZG ; Art. 248 StPO ; Art. 25 ZG ; Art. 26 ZG ; Art. 28 MWSTG ; Art. 29 BV ; Art. 33 ZG ; Art. 36 BV ; Art. 5 MWSTG ; Art. 52 MWSTG ; Art. 63 MWSTG ; Art. 96 MWSTG ;
Referenz BGE:108 IV 76; 137 IV 25; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BE.2013.7

Beschluss vom 6. November 2013
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Emanuel Hochstrasser und Patrick Robert-Nicoud ,

Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

Eidgenössische Zollverwaltung ,

Gesuchstellerin

gegen

A. AG , vertreten durch Rechtsanwälte Ulrich Kohli und Guido E. Urbach,

Gesuchsgegnerin

Gegenstand

Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR)


Sachverhalt:

A. Im Rahmen einer gegen B. laufenden Verwaltungsstrafuntersuchung stellte die verfahrensführende Eidgenössische Zollverwaltung (nachfolgend "EZV") fest, dass ursprünglich im offenen Zolllager (nachfolgend "OZL") der C. AG auf B. eingelagerte Kunstgegenstände durch die D. & Co im mehrwertsteuerrechtlichen Verlagerungsverfahren in die Schweiz eingeführt wurden und sich heute im Hotel E. als zur Privatsammlung von B. zugehörig bezeichnet befinden. Im Zusammenhang mit Falschanmeldungen und dem Verlagerungsverfahren tauchte gemäss den Erkenntnissen der EZV gelegentlich die A. AG zusammen mit "F." als Warenversenderin, als Importeurin oder als Rechnungsstellerin auf (vgl. act. 1.1, 1.2, 1.3). Da B. Verwaltungsratspräsident der A. AG ist (vgl. act. 1.16), ergab sich der Verdacht, diese sei massgeblich in die Falschanmeldungen und in die unrechtmässige Beanspruchung des Verlagerungsverfahrens involviert. Aufgrund des entsprechenden Verdachts der Mehrwertsteuerhinterziehung nach Art. 96 Abs. 4 lit. a i.V.m. Art. 97 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG; SR 641.20) und des Abgabebetrugs im Sinne von Art. 14 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) eröffnete die EZV am 25. März 2013 ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die A. AG (act. 1.4).

B. Am 16. April 2013 schritt die EZV in den Räumlichkeiten der A. AG zur Hausdurchsuchung (act. 1.6). Die im Rahmen dieser Durchsuchung vorgefundenen Unterlagen in Papierform wurden als Beweismittel beschlagnahmt (act. 1.7). Dagegen erhob die A. AG Einsprache gegen die Durchsuchung der elektronischen Daten, welche ab ihrem Server sichergestellt wurden (act. 1.8, 1.12). Auf entsprechende Anfrage (vgl. act. 1.13) teilte der Vertreter der A. AG der EZV am 7. Mai 2013 mit, dass sie grundsätzlich an der Versiegelung der Daten festhalte (act. 1.15).

C. Mit Gesuch vom 25. Juni 2013 gelangte die EZV an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt Folgendes (act. 1):


"1. Das Entsiegelungsgesuch sei gutzuheissen.

2. Der bei der Gesuchsgegnerin sichergestellte und von der EZV versiegelte elektronische Datenträger sei zu entsiegeln sowie zu dessen weiteren Auswertung im Rahmen der vorliegenden Untersuchung freizugeben.

3. Unter Kostenfolge zu Lasten der Gesuchsgegnerin."

Mit Gesuchsantwort vom 19. Juli 2013 beantragt die A. AG (act. 4):

"1. Es sei das Gesuch der Gesuchstellerin abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann und die von der Gesuchstellerin erstellte externe Festplatte LaCie-Harddisk (Logfiles 13-049-1 bis 13-049-10 sowie 1 ISO-File; "LaCie-Harddisk") zu löschen;

2. Eventualiter, sei es der Gesuchstellerin zu untersagen, die am 16. April 2013 bei der Gesuchsgegnerin, auf der "LaCie-Harddisk" sichergestellten elektronischen Daten zu entsiegeln und durchsuchen;

3. Sub-eventualiter, seien diejenigen Daten auszuscheiden und von der "LaCie-Harddisk" zu löschen,

(a) die mit dem Gegenstand der Untersuchung offensichtlich in keinem Zusammenhang stehen und keinen Bezug zu den in Frage stehenden Tatbeständen aufweisen;

(b) die sich auf die Liegenschaftsverwaltung, Aviatik, Organisation des Poloturniers, Sekretariatsdienste für Drittpersonen sowie private Dokumente der Mitarbeitenden der Gesuchsgegnerin beziehen.

Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Gesuchstellerin."

Die Gesuchsantwort wurde der EZV am 23. Juli 2013 zur Kenntnis gebracht (act. 5).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Für die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen das Mehrwertsteuergesetz ist grundsätzlich das VStrR anwendbar (Art. 103 Abs. 1 MWSTG; vgl. auch Camenzind/Honauer/Vallender/Jung/Probst , Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], 3. Aufl., Bern 2012, N. 2696). Bei der Einfuhrsteuer obliegt die Strafverfolgung hierbei der EZV (Art. 103 Abs. 2 MWSTG ).

1.2 Werden im Verwaltungsstrafverfahren Papiere und Datenträger (vgl. hierzu BGE 108 IV 76 E. 1) durchsucht, so ist dem Inhaber derselben wenn immer möglich vor der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, sich über deren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einsprache, so werden die Papiere vorläufig versiegelt und verwahrt (Art. 50 Abs. 3 VStrR ). Zur Einsprache gegen die Durchsuchung ist nur der Inhaber der Papiere legitimiert (Urteil des Bundesgerichts 1B_233/2009 vom 25. Februar 2010, E. 4.2 m.w.H.). Über die Zulässigkeit der Durchsuchung entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 50 Abs. 3 VStrR i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. b StBOG).

1.3

1.3.1 Die Gesuchsgegnerin bringt in formeller Hinsicht vor, die Gesuchstellerin habe nach der Hausdurchsuchung insgesamt 70 Tage zugewartet, bevor sie das Entsiegelungsgesuch gestellt habe. Das sei eindeutig als Verstoss gegen das Beschleunigungsgebot zu werten, weshalb auf das Entsiegelungsgesuch nicht einzutreten sei (act. 4, Rz. 18 ff.).

1.3.2 Verfahren und Voraussetzungen zur Durchsuchung von Papieren im Bereich des Mehrwertsteuerstrafrechts richten sich primär nach Art. 50 VStrR. Eine förmliche Frist zur Einreichung des Entsiegelungsgesuchs analog dem Art. 248 Abs. 2 StPO ist den Bestimmungen des VStrR nicht zu entnehmen. Die betroffene Verwaltungsbehörde, hier die EZV, hat aber bei der Stellung von Entsiegelungsgesuchen dem Beschleunigungsgebot ausreichend Rechnung zu tragen (Art. 29 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 104 Abs. 1 MWSTG; vgl. hierzu zuletzt BGE 1B_637/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.2; siehe auch die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BE.2012.11 vom 20. Februar 2013, E. 1.3.2; BE.2012.4 vom 11. Juli 2012, E. 1.3.2).

1.3.3 Vorliegend reichte die Gesuchstellerin ihr Gesuch knapp über zwei Monate nach Abschluss der Hausdurchsuchung ein. Diesbezüglich zu beachten bleibt, dass sie sich im Anschluss an die Hausdurchsuchung zuerst um eine Verständigung mit der Gesuchsgegnerin bemühte (vgl. act. 1.13). Deren Mitteilung, definitiv an der Versiegelung festhalten zu wollen, erfolgte am 7. Mai 2013 (act. 1.15), mithin rund 20 Tage nach der Hausdurchsuchung. Bis zur Einreichung des Gesuchs dauerte es danach rund 50 Tage. Angesichts dieser Umstände kann vorliegend - auch wenn die Gesuchstellerin allfällige Bemühungen um eine Einigung mit den jeweils Betroffenen in zeitlicher Hinsicht rasch vorantreiben sollte - mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht von einer Verletzung des Beschleunigungsgebots gesprochen werden (siehe zuletzt gerade das Urteil des Bundesgerichts 1B_641/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.3, wo eine Dauer von rund eineinhalb Monaten zwischen Hausdurchsuchung und Einreichung des Gesuchs als unproblematisch angesehen wurde).

1.3.4 Vorliegend zur Beurteilung steht die Entsiegelung von ab dem Server bzw. peripher daran angeschlossenen Computern der Gesuchsgegnerin gespiegelten elektronischen Daten. Sie ist damit die Inhaberin der betroffenen Daten und als solche zur Einsprache gegen deren Durchsuchung legitimiert. Auf das Gesuch ist nach dem Gesagten einzutreten.

2. Gemäss konstanter Praxis der Beschwerdekammer entscheidet diese bei Entsiegelungsgesuchen in einem ersten Schritt, ob die Durchsuchung im Grundsatz zulässig ist und, sofern dies bejaht wird, in einem zweiten Schritt, ob die Voraussetzungen für eine Entsiegelung erfüllt sind. Von einer Durchsuchung von Papieren, bei der es sich um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme handelt, wird gesprochen, wenn Schriftstücke oder Datenträger im Hinblick auf ihren Inhalt oder ihre Beschaffenheit durchgelesen bzw. besichtigt werden, um ihre Beweiseignung festzustellen und sie allenfalls mittels später erfolgender Beschlagnahme zu den Akten zu nehmen. Eine derartige Durchsuchung ist nur zulässig, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, anzunehmen ist, dass sich unter den sichergestellten Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1 VStrR ) und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit respektiert wird. Die Durchsuchung von Papieren ist dabei mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse und unter Wahrung der Berufs- und Amtsgeheimnisse durchzuführen (Art. 50 Abs. 1 und 2 VStrR; vgl. zum Ganzen TPF 2007 96 E. 2; Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BE.2012.11 vom 20. Februar 2013, E. 2.1; BE.2012.8 vom 19. September 2012, E. 2; BE.2012.4 vom 11. Juli 2012, E. 2).

3.

3.1 Im Entsiegelungsentscheid ist vorab zu prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht für eine die Durchsuchung rechtfertigende Straftat besteht. Dazu bedarf es zweier Elemente: Erstens muss ein Sachverhalt ausreichend detailliert umschrieben werden, damit eine Subsumtion unter einen oder allenfalls auch alternativ unter mehrere Tatbestände des Strafrechts überhaupt nachvollziehbar vorgenommen werden kann. Zweitens müssen ausreichende Beweismittel oder Indizien angegeben und vorgelegt werden, die diesen Sachverhalt stützen. In Abgrenzung zum dringenden setzt dabei der hinreichende Tatverdacht gerade nicht voraus, dass Beweise oder Indizien bereits für eine erhebliche oder hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sprechen (vgl. zum Ganzen bereits ausführlich den Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2006.7 vom 20. Februar 2007, E. 3.1 m.w.H.; die dort angeführten Überlegungen gelten gleichermassen auch für das Verwaltungsstrafverfahren, gibt es doch diesbezüglich keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Rechtsanwendung; vgl. zuletzt auch die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BE.2013.9 vom 6. August 2013, E. 2; BE.2012.11 vom 20. Februar 2013, E. 2.1 und 2.2; BE.2012.8 vom 19. September 2012, E. 3.1).

3.2

3.2.1 Die Einfuhr von Gegenständen einschliesslich der darin enthaltenen Dienstleistungen und Rechte unterliegt der Einfuhrsteuer (Art. 52 Abs. 1 MWSTG ). Für diese gilt die Zollgesetzgebung, soweit die Bestimmungen des MWSTG nichts anderes anordnen (Art. 50 MWSTG ). Die Erhebung dieser Steuer erfolgt in einem Veranlagungsverfahren. Mangels diesbezüglicher Bestimmungen im MWSTG gelten die Mitwirkungspflichten des Zollveranlagungsverfahrens nach Art. 21 ff . des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG; SR 631.0). Wer Waren ins Zollgebiet verbringt, verbringen lässt oder sie danach übernimmt, muss sie unverzüglich und unverändert der nächstgelegenen Zollstelle zuführen oder zuführen lassen (Art. 21 Abs. 1 ZG), gestellen und summarisch anmelden (Art. 24 ZG). Die anmeldepflichtige Person muss diese Waren zur Veranlagung anmelden und die Begleitdokumente einreichen (Art. 25 Abs. 1 ZG). Anmeldepflichtig sind u. a. die zuführungspflichtigen Personen und die mit der Zollanmeldung beauftragten Personen (Art. 26 lit. a und b ZG ). Die Zollanmeldung erfolgt in einer der vorgesehenen Formen (Art. 28 ZG). Die von der Zollstelle angenommene Zollanmeldung ist für die anmeldepflichtige Person verbindlich (Art. 33 Abs. 1 ZG ).

3.2.2 Bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (nachfolgend "ESTV") registrierte und nach der effektiven Methode abrechnende steuerpflichtige Importeure und Importeurinnen können die auf der Einfuhr von Gegenständen geschuldete Steuer, statt sie der EZV zu entrichten, in der periodischen Steuerabrechnung mit der ESTV im sog. Verlagerungsverfahren deklarieren, sofern sie regelmässig Gegenstände ein- und ausführen und sich daraus regelmässig beachtliche Vorsteuerüberschüsse ergeben (Art. 63 Abs. 1 MWSTG). Die so deklarierte Einfuhrsteuer kann von der steuerpflichtigen Person als Vorsteuer abgezogen werden (Art. 28 Abs. 1 lit. c MWSTG; Camenzind/Honauer/Vallender/Jung/Probst , a.a.O., N. 1868, 2031; siehe auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1612/2006 vom 9. Juli 2009, E. 3.3 m.w.H.).

3.2.3 Werden die Waren bei der Einfuhr nicht oder unrichtig angemeldet oder verheimlicht, liegt eine Steuerhinterziehung im Sinne von Art. 96 Abs. 4 lit. a MWSTG vor. Anstiftung wie auch Gehilfenschaft zu dieser Übertretung sind ebenfalls strafbar (Art. 5 VStrR).

Wird durch arglistiges Verhalten bewirkt, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, ist der Tatbestand des Abgabebetrugs gemäss Art. 14 Abs. 2 VStrR erfüllt. Ein Abgabebetrug muss nicht notwendig durch Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden begangen werden, sondern es sind auch andere Fälle arglistiger Täuschung denkbar (BGE 137 IV 25 E. 4.4.3.2 m.w.H.; vgl. auch TPF 2008 128 E. 5.4).

3.3 Die Gesuchstellerin führt ein Strafverfahren gegen B. und stellte dabei fest, dass im Jahr 2008 auf B. lautende Kunstwerke im OZL der C. AG eingelagert waren. Ein Vergleich der entsprechenden Lagerliste mit vorhandenen Einfuhrverzollungen und der Internetpublikation des Hotels E. über bei ihr befindliche, der Privatsammlung von B. zugewiesene Kunstgegenstände ergab, dass sich mehrere Kunstgegenstände, die im Jahr 2008 auf B. im OZL eingelagert waren, derzeit auf Grund einer Einfuhr im Verlagerungsverfahren über die D. & Co im Hotel E. befinden. Dort werden sie, obwohl sie im Verlagerungsverfahren über diese Galerie importiert wurden, als zur Privatsammlung von B. zugehörig bezeichnet. In Zusammenhang mit diesbezüglichen Falschanmeldungen und dem Verlagerungsverfahren tauchte gelegentlich die Gesuchsgegnerin zusammen mit "F." als Warenversenderin, als Importeurin oder als Rechnungsstellerin auf. So ergaben die Abklärungen beispielsweise, dass in einem Verlagerungsverfahren aus dem Jahr 2008 über die D. & Co als Warenversenderin eine "F." mit Zustelladresse der Gesuchsgegnerin bezeichnet wurde (act. 1.1). Bei der Einfuhr einer Skulptur am 28. August 2009 figurierte als Importeurin und Empfängerin eine "F.", deren Adresse mit derjenigen der Gesuchsgegnerin übereinstimmt. Zudem wurde festgestellt, dass diese Skulptur im Februar 2008 noch zu einem erheblich höheren Wert als in der Einfuhrdeklaration angegeben im OZL der C. AG auf B. eingelagert war (act. 1.2). Auf einer Rechnung einer "F." wurde weiter ein Hinweis auf die Gesuchsgegnerin entdeckt (act. 1.3).

Obwohl eine "F." bei Einfuhren als Warenversenderin oder als Importeurin bezeichnet wurde und als Rechnungsstellerin fungierte, konnte in der Schweiz unter dieser Bezeichnung weder eine natürliche noch eine juristische Person ausfindig gemacht werden. Da die Gesuchsgegnerin jedoch im Zusammenhang mit "F." genannt wurde, besteht der Verdacht, dass es sich bei "F." um ein nach aussen vorgegebenes Unternehmen bzw. um eine angeblich existierende Person handelt, um die wahren Importeure bzw. Beteiligten nicht zu nennen. Der entsprechende Verdacht erscheint erhärtet aufgrund der Aussagen des ehemaligen Geschäftsführers der Gesuchsgegnerin, wonach dieser die Firma "F." überhaupt nicht gekannt haben will und auch nicht wusste, warum der Postverkehr mit "F." über die Gesuchsgegnerin abgewickelt worden ist (act. 1.10, S. 3). Das Vorbringen der Gesuchsgegnerin, wonach es sich bei "F." um eine legitime ausländische, offiziell registrierte Kunstgesellschaft, welche offensichtlich eine Korrespondenz- bzw. Zustelladresse in der Schweiz habe (act. 4, Rz. 41), blieb bisher unbelegt und vermag den bestehenden Tatverdacht demnach nicht zu entkräften.

Auf Grund der vorliegenden Akten besteht somit der hinreichende Verdacht, dass die fraglichen Kunstgegenstände von Anfang an B. zuzurechnen waren und tatsächlich für ihn bzw. auf dessen Rechnung in die Schweiz importiert wurden. Hätte sich B. selbst als Importeur der betroffenen Kunstgegenstände deklariert, so wäre er diesbezüglich zur Deklaration und Entrichtung der Einfuhrsteuer verpflichtet gewesen, ohne dass er nachfolgend einen Vorsteuerabzug hätte geltend machen können. Indem die Einfuhr der fraglichen Gegenstände durch die erwähnte Galerie erfolgte, welche zur Deklaration der Einfuhrsteuer im oben beschriebenen Verlagerungsverfahren berechtigt ist, konnte diese mutmasslich einen ungerechtfertigten Vorsteuerabzug generieren, womit dem Staat Gelder in der Höhe der geschuldeten Einfuhrsteuer vorenthalten wurden.

4.

4.1 Weiter ist zu prüfen, ob anzunehmen ist, dass sich unter den zu durchsuchenden Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1 VStrR ). Die Untersuchungsbehörden müssen hierbei jedoch im Rahmen des Entsiegelungsgesuchs noch nicht darlegen, inwiefern ein konkreter Sachzusammenhang zwischen den Ermittlungen und einzelnen noch versiegelten Dokumenten besteht. Es genügt, wenn sie aufzeigen, inwiefern die versiegelten Unterlagen grundsätzlich verfahrenserheblich sind (vgl. zuletzt BGE 1B_637/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.8.1 m.w.H.; TPF 2004 12 E. 2.1). Betroffene Inhaber von Aufzeichnungen und Gegenständen, welche die Versiegelung beantragen bzw. Durchsuchungshindernisse geltend machen, haben ihrerseits die prozessuale Obliegenheit, jene Gegenstände zu benennen, die ihrer Ansicht nach offensichtlich keinen Sachzusammenhang mit der Strafuntersuchung aufweisen. Dies gilt besonders, wenn sie die Versiegelung von sehr umfangreichen bzw. komplexen Dokumenten oder Dateien verlangt haben (BGE 1B_637/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.8.1 in fine).

4.2 Gemäss derzeitiger Aktenlage wurde nicht nur die Briefpost für "F." an die Adresse der Gesuchsgegnerin geliefert (act. 1.9, S. 2), sondern es ist überdies nicht auszuschliessen, dass über die Gesuchsgegnerin administrative Arbeiten im Zusammenhang mit Kunstgegenständen von B. getätigt wurden (act. 1.10, S. 4). Offenbar sollen auch Gemälde, welche sich als Leihgabe von B. in den Räumlichkeiten der Gesuchsgegnerin befanden, durch diese versichert worden sein (act. 1.10, S. 5). Der pauschal erhobene Einwand, die Gesuchsgegnerin habe mit Kunst nichts zu tun (act. 4, Rz. 54), erweist sich demnach als unzutreffend. Vor diesem Hintergrund ist ohne weiteres zu erwarten, dass sich in den sichergestellten Daten weitere sachdienliche Informationen zur Klärung des Sachverhalts befinden, welcher Gegenstand der Untersuchung bildet. Indem sich die Gesuchsgegnerin vor diesem Hintergrund mit dem kaum substantiierten Einwand begnügte, die sichergestellten Daten seien für die Untersuchung nicht von Bedeutung (act. 4, Rz. 51 ff.), versäumte sie es, ihrer Obliegenheit nachzukommen, jene Daten einzeln zu benennen, die ihrer Ansicht nach offensichtlich keinen Sachzusammenhang mit der Strafuntersuchung aufweisen.

5.

5.1 Bei einer Durchsuchung ist mit der dem Betroffenen und seinem Eigentum gebührenden Schonung zu verfahren (Art. 45 Abs. 1 VStrR ). Papiere sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen (Art. 50 Abs. 1 VStrR ). Zudem sind bei der Durchsuchung das Amtsgeheimnis sowie Geheimnisse, die Geistlichen, Rechtsanwälten, Notaren, Ärzten, Apothekern, Hebammen und ihren beruflichen Gehilfen in ihrem Amte oder Beruf anvertraut wurden, zu wahren (Art. 50 Abs. 2 VStrR ). Diese Bestimmungen konkretisieren im Bereich des Verwaltungsstrafrechts den verfassungsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV ), welcher bei der Durchsuchung von Papieren zu beachten ist.

5.2 Amts- oder Berufsgeheimnisse im Sinne des Art. 50 Abs. 2 VStrR, die einer Durchsuchung der sichergestellten Unterlagen entgegenstehen würden, sind von der Gesuchsgegnerin keine angerufen worden. Bei den lediglich in pauschaler Weise geltend gemachten Geschäfts- bzw. Privatgeheimnissen der Mitarbeitenden der Gesuchsgegnerin (act. 4, Rz. 109 ff.), welche in den die Gesuchsgegnerin betreffenden Daten enthalten sein könnten, handelt es sich nicht um solche, welche gemäss Art. 50 Abs. 2 VStrR dem Zugriff der bzw. der Kenntnisnahme durch die Strafverfolgungsbehörden vorzuenthalten sind und im Rahmen eines Entsiegelungsverfahrens eine Triage durch die Beschwerdekammer erforderlich machen (vgl. hierzu u. a. TPF 2009 176 E. 4.2). Bezüglich allfälliger in den gespiegelten elektronischen Daten enthaltener Geschäftsgeheimnisse wird die Gesuchstellerin dem Aspekt der Datensicherheit grösstmögliche Beachtung widmen müssen ( TPF 2009 176 E. 4.2).

6. Nach dem Gesagten ist das Entsiegelungsgesuch gutzuheissen und es ist die Gesuchstellerin zu ermächtigen, die sichergestellten Daten zu entsiegeln und zu durchsuchen.

7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Gesuchsgegnerin als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 25 Abs. 4 VStrR i.V.m. Art 66 Abs. 1 BGG analog, siehe dazu TPF 2011 25 E. 3). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.-- festzusetzen (Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Das Gesuch wird gutgeheissen.

2. Die Gesuchstellerin wird ermächtigt, die sichergestellten Daten zu entsiegeln und zu durchsuchen.

3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Gesuchsgegnerin auferlegt.

Bellinzona, 7. November 2013

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- Eidgenössische Zollverwaltung

- Rechtsanwälte Ulrich Kohli und Guido E. Urbach

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).

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