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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Rechtshilfe
Fallnummer:RR.2010.225
Datum:16.10.2012
Leitsatz/Stichwort:Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Deutschland. Ausdehnung der Spezialität (Art. 67 Abs. 2 IRSG).
Schlagwörter : Beschwerde; Recht; Rechtshilfe; Bundes; Ersuchen; Verfahren; Beschwerdeführerin; Beschwerdegegner; Sachverhalt; Staat; Abgabebetrug; Verfahren; Weiterverwendung; Verwendung; Behörde; Steuer; Spezialität; Unterlagen; Ersuchende; Sachverhalts; Zustimmung; Verfügung; Schweiz; Rechtshilfeersuchen; Bundesamt; Verfolgung; Staatsanwaltschaft; Beschuldigte
Rechtskraft:Kein Weiterzug, rechtskräftig
Rechtsnorm: Art. 110 StGB ; Art. 14 StGB ; Art. 146 Arg; Art. 19 Or; Art. 50 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 662 OR ; Art. 84 BGG ; Art. 95 OR ; Art. 957 OR ;
Referenz BGE:111 Ib 242; 115 Ib 68; 116 Ib 106; 116 Ib 96; 121 II 459; 122 IV 25; 123 II 161; 124 II 180; 124 II 184; 125 II 250; 126 IV 165; 128 II 211; 129 II 268; 129 IV 130; 130 II 162; 132 II 81; 137 IV 134; 138 IV 130; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: RR.2010.225

Entscheid vom 16. Oktober 2012
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Cornelia Cova, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Patrick Robert-Nicoud ,

Gerichtsschreiberin Santina Pizzonia

Parteien

a. AG, vertreten durch Rechtsanwalt Roland Bruhin,

Beschwerdeführerin

gegen

Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe ,

Beschwerdegegner

Gegenstand

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Deutschland

Ausdehnung der Spezialität (Art. 67 Abs. 2 IRSG )


Sachverhalt:

A. Die Staatsanwaltschaft München I führte gegen B. und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen gewerbsmässigen Betruges. In diesem Zusammenhang leistete die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug auf ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen u.a. am 16. August 2006 durch Übermittlung diverser Unterlagen betreffend die in der Schweiz domizilierte A. unter Spezialitätsvorbehalt Rechtshilfe an die deutschen Behörden (Verfahrensakten des Bundesamtes für Justiz, Urk. 65).

B. Am 6. Oktober 2009 ersuchte der Leitende Oberstaatsanwalt München I das Bundesamt für Justiz (nachfolgend BJ") um Ausdehnung der Spezialität bzw. um Weiterverwendung u.a. eines Teils der vorgenannten Unterlagen betreffend die A. AG in einem Ermittlungsverfahren der bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main eingerichtete Eingreifreserve für die Staatsanwaltschaft Limburg (im Folgenden abgekürzt: Staatsanwaltschaft Limburg") und legte ihrem Rechtshilfeersuchen die entsprechenden Beweismittel bei (Verfahrensakten BJ, Urk. 54 S. 2; Urk. 54c S. 12 bis 14; Urk. 54d). Danach führt die Staatsanwaltschaft Limburg ebenfalls gegen B. und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen gewerbs- und bandenmässiger Steuerhinterziehung, welches nach Darstellung der deutschen Behörden Berührungspunkte zu dem von der Staatsanwaltschaft München I geführten Ermittlungsverfahren gegen B. und weitere Personen wegen gewerbsmässigen Betruges aufweise (Verfahrensakten BJ, Urk. 54 und 54c).

C. Auf Anfrage des BJ teilten die deutschen Behörden am 11. Juni 2010 mit, dass die Ausdehnung der Spezialität gestützt auf SDÜ und Betrugsbekämpfungsabkommen zur Verfolgung von Umsatzsteuerhinterziehung (= beschränkt auf indirekte Fiskalität) bzw. damit zusammenhängende Verwaltungsverfahren (z.B. Steuereinschätzung) erbeten werde (Verfahrensakten BJ, Urk. 79). Nach Darstellung des BJ sollte durch diese Rückfragen sichergestellt werden, dass das deutsche Rechtshilfeersuchen so ausgelegt werden könne, dass damit die nach den neuen Rechtsgrundlagen maximal mögliche Verwertbarkeit verlangt werde und dass sämtliche Ausdehnungsmöglichkeiten auf fiskalische Verwendungszwecke in einem einzigen Verfahren behandelt werden könnten (act. 6 S. 3).

D. Mit Verfügung vom 8. September 2010 entsprach das BJ dem Rechtshilfeersuchen vom 6. Oktober 2009 des Leitenden Oberstaatsanwalts München I um Ausdehnung der Spezialität bzw. Weiterverwendung der dem Ersuchen beiliegenden Unterlagen betreffend die A. AG im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Limburg im folgenden Umfang (act. 1.2):

1. Die Weiterverwendung in jenem Strafverfahren ist - soweit dieses die Verkürzung von Abgaben der direkten Fiskalität betrifft - zulässig zur Verfolgung des dort untersuchten Abgabebetrugs im Sinne des Schweizerischen Rechts.

2. Die Verwendung ist in jenem Strafverfahren ausserdem zulässig zur Strafverfolgung von Abgabebetrug oder anderen strafbaren Handlungen gemäss Art. 50 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ), soweit diese die Verkürzung von Abgaben der indirekten Fiskalität betreffen.

3. Eine Weiterverwendung ist - im Rahmen des geschilderten Sachverhalts - auch zulässig in Verfahren mit dem Zweck von Verwaltungsmassnahmen gegen einen Straftäter, soweit diese Verfahren die Verkürzung von Abgaben der direkten Fiskalität betreffen, ein Abgabebetrug vorliegt und der Sachverhalt in den Anwendungsbereich des Zinsbesteuerungsabkommens fällt.

4. Zulässig ist schliesslich auch die Verwendung im Rahmen des geschilderten Sachverhalts in Verfahren mit dem Zweck von Verwaltungsmassnahmen gegen einen Straftäter, soweit diese Verfahren die Verkürzung von Abgaben der indirekten Fiskalität betreffen und der Sachverhalt in den Anwendungsbereich des Betrugsbekämpfungsabkommens oder des Schengener Durchführungsübereinkommens fällt."

E. Gegen diese Verfügung des BJ vom 8. September 2010 führt die A. AG Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Zur Hauptsache wird die Aufhebung der angefochtenen Verfügung unter Kosten- und Entschädigungsfolgen beantragt (act. 1).

Das BJ beantragt in seiner Beschwerdeantwort vom 29. Oktober 2010 die kostenfällige Abweisung der Beschwerde (act. 6). Die Beschwerdeführerin hält mit Beschwerdereplik vom 15. November 2010 an ihren gestellten Anträgen fest (act. 8). Das BJ verzichtete am 19. November 2010 auf eine Beschwerdeduplik (act. 10), worüber die Beschwerdeführerin am 22. November 2010 in Kenntnis gesetzt wurde (act. 11).

Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Eintretensvoraussetzungen

1.1

1.1.1 Erstinstanzliche (Schluss-) Verfügungen der kantonalen Behörden und der Bundesbehörden unterliegen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, unmittelbar der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 25 Abs. 1 und Art. 80 e Abs. 1 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 [IRSG; SR 351.1]; Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes [Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71] in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 des Organisationsreglements für das Bundesstrafgericht vom 31. August 2010 [BStGerOR; SR 173.713.161] ).

1.1.2 Die Beschwerdefrist beträgt 30 Tage ab der schriftlichen Eröffnung des Entscheids (Art. 12 Abs. 1 IRSG i.V.m. Art. 50 Abs. 1 VwVG ; Art. 80 k IRSG). Die Beschwerde vom 1. Oktober 2010 gegen die Verfügung vom 8. September 2010 wurde demnach fristgerecht erhoben.

1.2

1.2.1 Die der Staatsanwaltschaft München I u.a. am 16. August 2006 gewährte Rechtshilfe wegen Betruges stützte sich in erster Linie auf das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EUeR, SR 0.351.1) und den zwischen Deutschland und der Schweiz abgeschlossenen Zusatzvertrag vom 13. November 1969 ( SR 0.351.913.61).

Die Schweiz hat sich in einer Erklärung zu Art. 2 EUeR das Recht vorbehalten, dass die Ergebnisse der in der Schweiz durchgeführten Erhebungen und die in herausgegebenen Akten oder Schriftstücken enthaltenen Auskünfte ausschliesslich für die Aufklärung und Beurteilung derjenigen strafbaren Handlungen verwendet werden würfen, für die die Rechtshilfe bewilligt wird. Das Bundesamt, resp. im Direktverkehr die ausführende Behörde bringt bei der Übermittlung einen Spezialitätsvorbehalt an, der den Umfang der zulässigen Verwendung der Unterlagen und Auskünfte regelt. Dieser Spezialitätsvorbehalt geht aus Art. 67 Abs. 1 IRSG hervor, wonach die durch die Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte und Schriftstücke im ersuchenden Staat in Verfahren wegen Taten, bei denen Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder für Ermittlungen benützt noch als Beweismittel verwendet werden dürfen. Gemäss Art. 67 Abs. 2 erster Satz IRSG bedarf eine weitere Verwendung der Zustimmung des Bundesamtes. Inwieweit eine solche Zustimmung erforderlich ist, gilt es näher zu prüfen.

1.2.2 Vor der Teilrevision des IRSG vom 4. Oktober 1996 (in Kraft seit 1. Februar 1997) bedurfte gemäss Art. 67 Abs. 1 IRSG bzw. Art. 64 Abs. 1 aIRSG jede weitere Verwendung von Auskünften der Zustimmung der Polizeiabteilung". Seit der Revision ist diese Zustimmung nicht notwendig, wenn die Tat, auf die sich das Ersuchen bezieht, einen anderen Straftatbestand darstellt, für den die Rechtshilfe zulässig wäre (Art. 67 Abs. 2 lit. a IRSG ), oder wenn sich das ausländische Strafverfahren gegen andere Personen richtet, die an der strafbaren Handlung teilgenommen haben (Art. 67 Abs. 2 lit. b IRSG ). Mittels des revidierten Art. 67 Abs. 2 IRSG sollten zwei Konstellationen von der Zustimmung ausgenommen werden, nämlich die Verwendung bei einer anderen rechtlichen Qualifikation der Tat und die Verwendung für weitere Teilnehmer (Mittäter etc.). In einem solchen Fall ist die Zustimmung des Bundesamtes und damit der Erlass einer anfechtbaren Verfügung nicht erforderlich ( BBl 1995 III 23 ). Vorbehalten bleibt das Beschwerderecht des Betroffenen, wonach das Bundesamt zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass eine Zustimmung nicht erforderlich war. Ist hingegen eine Zustimmung und mithin ein Entscheid des Bundesamtes nicht erforderlich, ist auch kein Beschwerderecht gegeben ( TPF 2008 68 , E. 2.2 und 2.7).

Gemäss der bundesrätlichen Botschaft muss der ausländische Staat, will er die Auskünfte in anderen Verfahren verwenden, ein Zusatzersuchen stellen und das Bundesamt eine beschwerdefähige Verfügung erlassen ( BBl 1995 III 24 ).

Die Rechtsprechung hat dies dahingehend konkretisiert, als dass der ersuchende Staat über die ihm im Strafverfahren herausgegebenen Unterlagen grundsätzlich umfassend verfügen kann; dies selbst für die Verfolgung von Sachverhalten, die nach schweizerischem Recht straflos sind (BGE 124 II 184 E. 4b/cc und dd). Anders als im Auslieferungsrecht genügt es in der akzessorischen Rechtshilfe, wenn der geschilderte Sachverhalt einem Tatbestand der schweizerischen Strafgesetzgebung zugeordnet werden kann. Der ersuchende Staat ist nicht auf die Verfolgung jener Delikte beschränkt, für welche die Schweiz die Rechtshilfe bejaht hat. Er hat einzig den Spezialitätsvorbehalt zu beachten, den die schweizerischen Behörden bei der Übergabe der Unterlagen erklären ( Robert Zimmermann , La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 3. Aufl., Bern 2009, S. 683-684, N. 729).

Der Spezialitätsvorbehalt soll die Verwendung von Auskünften zur Verfolgung nicht rechtshilfefähiger Delikte verhindern. Gemeint sind Taten politischer, militärischer und fiskalischer Natur gemäss Art. 3 IRSG .

Art. 3 Abs. 3 lit. a IRSG sieht jedoch vor, dass Rechtshilfe zu gewähren ist, wenn ein Abgabetrug Gegenstand des Verfahrens ist. Das Bundesgericht hat die Frage, ob es für die weitere Verwendung der Unterlagen für einen Abgabebetrug der Zustimmung des Bundesamtes bedarf, in seinem Urteil 1C_138/2007 vom 17. Juli 2007, E. 2.3.2, nicht erörtert, sondern führte lediglich aus, dass der ersuchende Staat die Auskünfte und Schriftstücke nicht verwenden darf zur Verfolgung politischer, militärischer oder - mit Ausnahme des Abgabebetruges - fiskalischer Delikte. Bereits in seinem Urteil 1A.231/2003 vom 6. Februar 2004 (E. 5 und 6) hatte das Bundesgericht entschieden, dass aufgrund der doppelten Strafbarkeit hinsichtlich ungetreuer Geschäftsbesorgung (als Vortat der Geldwäscherei) Rechtshilfe zulässig ist und der Spezialitätsvorbehalt sicherstelle, dass die übermittelten Unterlagen für die Verfolgung von Fiskaldelikten nicht zulässig ist, es sei denn, es liege ein Abgabebetrug vor. Auch diesem Urteil sind keine Erwägungen zu entnehmen, ob für die weitere Verwendung bezüglich eines Abgabebetruges eine Zustimmung des Bundesamtes erforderlich ist.

Hingegen entschied das Bundesgericht mit Urteil 1A.24/2004 vom 11. August 2004 (E. 6.3), dass der von der ausführenden Behörde angebrachte Spezialitätsvorbehalt, wonach die Verwendung der übermittelten Unterlagen und Informationen zulässig sei zur Verfolgung von Abgabebetrug im Sinne des schweizerischen Rechts, missverständlich sei, da er dahingehend ausgelegt werden könnte, dass die ersuchende Behörde die erhaltenen Unterlagen ohne weiteres zur Verfolgung eines allfälligen Abgabebetruges verwenden dürfte. Die gegenseitige Strafbarkeit sei jedoch aufgrund eines gemeinrechtlichen Deliktes bejaht worden, weshalb die ersuchende Behörde die übermittelten Unterlagen nicht zur Verfolgung eines allfälligen Abgabebetruges ohne die Zustimmung des Bundesamtes verwenden dürfte, welches in seinem Verfahren auch zu prüfen habe, ob hinreichende Verdachtsmomente für den im Ersuchen enthaltenen Sachverhalt bestehen.

Dementsprechend hat der Beschwerdegegner somit zurecht mittels einer anfechtbaren Verfügung über die Weiterverwendung bezüglich Abgabebetruges und weiterer fiskalischer Verfahren entschieden.

1.2.3 Damit ist gegen die Verfügung des Beschwerdegegners vom 8. September 2010 die Beschwerde im Sinne von Art. 25 Abs. 1 IRSG gegeben.

1.3

1.3.1 Die Beschwerdelegitimation richtet sich im Bereich der Rechtshilfe nach Art. 80 h IRSG . Der Beschwerdegegner wirft die Frage auf, wie weit sich die Beschwerdelegitimation danach richten könne oder solle, soweit es ausschliesslich um eine Weiterverwendung für reine Administrativverfahren gehe, bei welchen Amtshilfe ohne entsprechende Teilnahmerecht am Verfahren üblich wäre (act. 6 S. 3). Unterliegt die Weiterverwendung unabhängig von der zugrundeliegenden Rechtsmaterie der Zustimmung des Beschwerdegegners und ist dagegen die Beschwerde im Sinne von Art. 80 e IRSG zulässig, hat sich die Beschwerdelegitimation aus konzeptionellen Gründen sowie aus Gründen der Einheitlichkeit des Beschwerdeverfahrens nach Art. 80 h IRSG zu richten. Dem Beschwerdegegner ist allerdings beizupflichten, dass damit verschiedene Inkongruenzen einhergehen können, welche jedoch aus den genannten Gründen nicht über die Legitimation, sondern allenfalls in der Sache über Rechtsvergleichung auszugleichen sind.

1.3.2 Gemäss Art. 80 h lit. b IRSG ist zur Beschwerdeführung berechtigt, wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Personen, gegen die sich das ausländische Strafverfahren richtet, sind unter denselben Bedingungen beschwerdelegitimitert (Art. 21 Abs. 3 IRSG).

Ein schutzwürdiges Interesse liegt nicht schon dann vor, wenn jemand irgendeine Beziehung zum Streitobjekt zu haben behauptet. Vielmehr muss eine vom einschlägigen Bundesrecht erfasste "spezifische Beziehungsnähe" dargetan sein. Eine blosse mittelbare Betroffenheit genügt hingegen nicht (BGE 129 II 268 E. 2.3.3 S. 269; 128 II 211 E. 2.2 S. 216 f.; 127 II 104 E. 3 S. 107 ff., 198 E. 2d S. 205; 126 II 258 E. 2d S. 259; 125 II 356 E. 3b/aa S. 361 f.; 123 II 153 E. 2b S. 156, je mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Beschwerdebefugnis jeder natürlichen oder juristischen Person zu bejahen, die von einer Rechtshilfemassnahme direkt berührt ist. Die Praxis bejaht insbesondere die Beschwerdelegitimation jener Person, gegen die unmittelbar eine Zwangsmassnahme angeordnet wurde ( BGE 128 II 211 E. 2.3-2.5 S. 217 ff.; 123 II 153 E. 2b S. 157; je mit Hinweisen). Für bloss indirekt Betroffene, insbesondere Personen, die zwar in den erhobenen Unterlagen erwähnt werden, aber nicht direkt von Zwangsmassnahmen betroffen bzw. Inhaber von sichergestellten Dokumenten sind, ist die Beschwerdebefugnis grundsätzlich zu verneinen. Nicht einzutreten ist auch auf Rechtsmittel, die stellvertretend für einen Dritten bzw. in dessen Interesse erhoben werden ( BGE 130 II 162 E. 1.2-1.3 S. 164 f.; 129 II 268 E. 2.3.3 S. 269 f.; 128 II 211 E. 2.3-2.4 S. 217 ff.; 123 II 153 E. 2b S. 157; 161 E. 1d S. 164 f.; vgl. Heinz Aemisegger/Marc Forster , in: Basler Kommentar BGG, Basel 2008, Art. 84 N. 36; Giorgio Bomio/David Glassey , La qualité pour recourir dans le domaine de l'entraide judiciaire internationale en matière pénale, Jusletter vom 13. Dezember 2010, Rz. 23 ff., 35 ff.; Laurent Moreillon [Hrsg. ], Entraide internationale en matière pénale, Commentaire, Basel/Genf 2004, Art. 80h IRSG N. 15-22, 26-29; Peter Popp , Grundzüge der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, Basel 2001, Rz. 554 f.; Zimmermann , a.a.O., Rz. 524-533).

Im Falle von Hausdurchsuchungen gilt der jeweilige Eigentümer oder Mieter, der im Besitz der sichergestellten Unterlagen war, als persönlich und direkt betroffen (Art. 9a lit. b IRSV ; TPF 2007 E. 1.6 S. 82; 136 E. 3.1 und 3.3). Nicht angefochten werden kann die Beschlagnahme von Urkunden, die sich in den Händen von Dritten befinden; dies gilt auch dann, wenn die in den Urkunden enthaltenen Angaben die Tätigkeit des Beschwerdeführers betreffen (BGE 123 II 161 E. 1d/bb). Der Verfasser von Dokumenten, die sich im Besitz eines Dritten befinden, ist durch die den Dritten betreffende Verpflichtung zur Herausgabe der Dokumente nicht persönlich berührt (BGE 116 Ib 106 E. 2a/aa).

Eine rechtshilfeweise Herausgabe der Befragungsprotokolle können Zeugen anfechten, soweit ihre eigenen Aussagen auch sie selbst betreffen oder soweit sie sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können (BGE 137 IV 134 E. 5.2.4; 126 II 258 E. 2d/bb S. 261; 122 II 130 E. 2b S. 133; 121 II 459 E. 2c S. 461 f.; vgl. Heinz Aemisegger/Marc Forster , in: Basler Kommentar BGG, Basel 2008, Art. 84 N. 36; Bomio/ Glassey , a.a.O., Rz. 59 ff.; Zimmermann , a.a.O., Rz. 526, S. 478 f.). Demgegenüber kommt einem Dritten, selbst wenn er durch die protokollierten Aussagen persönlich berührt wird, keine Beschwerdebefugnis zu ( BGE 124 II 180 E. 2b S. 182). Dies gilt auch für Gesellschaften, über deren Geschäftsaktivitäten und Organisation die Zeugenaussagen erfolgen ( BGE 121 II 459 E. 2c S. 461 f.). Daher ist eine juristische Person grundsätzlich nicht befugt, gegen die Herausgabe eines Einvernahmeprotokolls Beschwerde zu führen, in dem ihr Verwaltungsratspräsident sowie eine Angestellte als Zeugen befragt wurden (BGE 137 IV 134 E. 5.2.4 und E. 7; Urteil des Bundesgerichts 1A.282/2003 vom 18. November 2004, E. 1.3.1; bestätigend Zimmermann , a.a.O., Rz. 526, S. 479; teilweise abweichend, allerdings ohne Begründung, Urteil 1A.215+217/2005 vom 4. Januar 2006, E. 1.3).

1.3.3 Die am 16. August 2006 rechtshilfeweise übermittelten Beweismittel, deren weiteren Verwendung der Beschwerdegegner am 8. September 2010 zugestimmt hat, enthalten zum einen Geschäftsunterlagen der Beschwerdeführerin und zum anderen das Protokoll der Einvernahme des damaligen und einzigen Verwaltungsrates C. vom 23. Mai 2006 (Verfahrensakten BJ, Urk. 54d bzw. Anlage 3).

Was die Weiterverwendung dieses Einvernahmeprotokolls anbelangt, ist nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung die Beschwerdeführerin nicht zur Beschwerde befugt, weshalb diesbezüglich auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.

Demgegenüber wurden die weiteren Beweismittel rechtshilfeweise von der Zuger Polizei bei der Beschwerdeführerin erhoben, weshalb letztere als persönlich und direkt betroffen im Sinne von Art. 9 a lit. b IRSV gilt. Da die angefochtene Ausdehnung der Rechtshilfe auch diese Beweismittel betrifft, ist insofern auf ihre Beschwerde einzutreten.

2. Verletzung des Spezialitätsvorbehaltes

2.1 Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, die deutschen Behörden hätten den Grundsatz der Spezialität verletzt, indem die Staatsanwaltschaft München I die Unterlagen bereits der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main zur Verfügung gestellt hätten (act. 1 S. 15 f.).

2.2 Der Grundsatz der Spezialität im Sinne von Art. 67 IRSG verbietet, die durch Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte und Schriftstücke im ersuchenden Staat in Verfahren wegen Taten, bei denen Rechtshilfe nicht zulässig ist, für Ermittlungen zu benützen oder als Beweismittel zu verwenden. Der Austausch rechtshilfeweise erhaltener Unterlagen zwischen Strafverfolgungsbehörden des ersuchenden Staates stellt für sich keine Verletzung des Spezialitätsvorbehaltes dar, da dieser sich auf den Verwendungszweck bezieht. Mit dem von der Beschwerdeführerin kritisierten Vorgehen der Staatsanwaltschaft München I hat der ersuchende Staat den Grundsatz der Spezialität nicht verletzt. Dass die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main die streitigen Auskünfte und Schriftstücke für Ermittlungen benutzt oder als Beweismittel verwendet hätte, wurde weder behauptet noch geht solches aus den vorliegenden Akten hervor. Die diesbezüglich Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich damit als unbegründet.

3. Abgabebetrug

3.1 Mit Verfügung vom 8. September 2010 bewilligte der Beschwerdegegner in Disp. Ziff. 1 die Weiterverwendung der dem Ersuchen beiliegenden Unterlagen im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Limburg zur Verfolgung des dort untersuchten Abgabebetrugs im Sinne des Schweizerischen Rechts, soweit jenes Strafverfahren die Verkürzung von Abgaben der direkten Fiskalität betrifft (act. 1.2).

3.2 Gegen diese Weiterverwendung wendet die Beschwerdeführerin zunächst ein, es läge entgegen der Annahme des Beschwerdegegners kein Fall von Abgabebetrug vor, und macht damit eine Verletzung von Art. 3 Abs. 3 IRSG geltend. Im Wesentlichen beanstandet sie die Sachverhaltsschil-derung im Rechtshilfeersuchen, welche generell gehalten sei, und rügt das Fehlen von handfesteren Hinweisen", welche den Vorwurf von Abgabebetrug wenigstens glaubhaft machen könnten (act. 1).

In einem nächsten Punkt rügt die Beschwerdeführerin, es sei bis heute unklar, was für Verfahren in Limburg in welcher Angelegenheit laufen. Es bleibe offen, ob es sich um gleiche oder andere Strafverfahren, um fiskalische Straf- oder Verwaltungsverfahren, um rein administrative Steuerveranlagungsverfahren oder um Zivilverfahren handle. Ohne solche Angaben könne aber nicht geprüft werden, ob die erwünschten Auskünfte und Schriftstücke in den jeweiligen Verfahren wegen Taten, bei denen keine Rechtshilfe zulässig ist, für die Ermittlungen benützt oder als Beweismittel verwendet werden sollen (act. 1 S. 9; act. 8 S. 4).

3.3 Zunächst ist festzuhalten, dass gemäss dem Rechtshilfeersuchen bzw. dem Ersuchen um Ausdehnung der Spezialität die bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main eingerichtete Eingreifreserve für die Staatsanwaltschaft Limburg ein Ermittlungsverfahren wegen gewerbs- und bandenmässiger Steuerhinterziehung führt (Verfahrensakten BJ, Urk. 54c, Anlage 2). Im Ersuchen vom 18. August 2009 werden die Strafbestimmungen der deutschen Abgabenordnung angeführt. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin ist aufgrund dessen ohne Weiteres davon auszugehen, dass die deutschen Behörden ein (fiskalisches) Strafverfahren führen, für welches sie um Weiterverwendung der rechtshilfeweise übermittelten Beweismittel ersuchen. In diesem Punkt geht die Rüge der Beschwerdeführerin fehl.

3.4 Der Begriff des Abgabebetruges bestimmt sich nach Art. 14 Abs. 2 VStrR . Danach liegt ein Abgabebetrug vor, wenn der Täter durch sein arglistiges Verhalten bewirkt, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird. Ein Abgabebetrug muss nicht notwendigerweise durch Verwendung falscher oder gefälschter Urkunden begangen werden, es sind auch andere Fälle arglistiger Täuschung denkbar.

Z ur Auslegung des Betrugsbegriffes ist auf die Umschreibung des Tatbestandes in Art. 146 StGB und die dazu bestehende bundesgerichtliche Rechtsprechung abzustellen . Danach sind immer besondere Machenschaften, Kniffe oder ganze Lügengebäude erforderlich, damit eine arglistige Täuschung anzunehmen ist (BGE 126 IV 165 E. 2a S. 171 mit Hinweisen). Als besondere Machenschaften (machinations) gelten Erfindungen und Vorkehrungen sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses) geeignet sind, das Opfer irrezuführen oder es in seinem Irrtum zu bestärken. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen (mise en scène); sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung voraus. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit zeugen, dass sich auch das kritische Opfer täuschen lässt. Selbst blosses Schweigen kann arglistig sein, wenn der Täuschende den Getäuschten von einer möglichen Überprüfung abhält oder voraussieht, dass dieser mit Rücksicht auf ein besonderes Vertrauensverhältnis von einer Überprüfung absehen wird (BGE 125 II 250 E. 3a/b; insbesondere auch BGE 115 Ib 68 E. 3a/bb; BGE 111 Ib 242 E. 4b i.V.m BGE 126 IV 165 E. 2a; vgl. auch Peter Locher , System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Auflage, Zürich 2002, S. 360).

Wie vorstehend ausgeführt, ist nach der Praxis des Bundesgerichts zu Art. 146 StGB Arglist namentlich im Falle von besonderen betrügerischen Machenschaften gegeben, wozu beispielsweise Urkundenfälschungen gezählt werden (vgl. BGE 125 II 250 E. 3b S. 252; 115 Ib 68 E. 3a/bb S. 77, je mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1A.234/2005 vom 31. Januar 2006, E. 2.2 und 2.3). Als Urkunden im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB gelten unter anderem Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Beweiseignung und Beweisbestimmung kann sich aus Gesetz oder Verkehrsübung ergeben (BGE 125 II 250 E. 4a S. 254; 122 IV 25 E. 2a S. 27 f., je mit Hinweisen). Nach ständiger Praxis sind die kaufmännische Buchführung und ihre Bestandteile (Belege, Bücher, Buchhaltungsauszüge über Einzelkonten, Bilanzen oder Erfolgsrechnungen) im Rahmen der Falschbeurkundung als Absichtsurkunden kraft Gesetzes (Art. 957 OR ) bestimmt und geeignet, Tatsachen von rechtlich erheblicher Bedeutung zu beweisen (BGE 129 IV 130 E. 2.2; bestätigt in BGE 138 IV 130 E. 2.1.1). Eine falsche Buchung in den Geschäftsbüchern erfüllt nach der bundesgerichtlichen Praxis den Tatbestand der Falschbeurkundung, wenn sie Buchungsvorschriften und -grundsätze verletzt, die errichtet worden sind, um die Wahrheit der Erklärung und damit die erhöhte Glaubwürdigkeit der Buchführung zu gewährleisten. Solche Grundsätze werden namentlich in den gesetzlichen Bestimmungen über die ordnungsgemässe Rechnungslegung des Aktienrechts in Art. 662a ff. OR und in den Bilanzvorschriften der Art. 957 ff . OR aufgestellt, die den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen (BGE 122 IV 25 E. 2b S. 28 f.). Unter anderem werden Buchungsgrundsätze verletzt, wenn in den Buchhaltungsunterlagen fingierte Forderungen und damit inhaltlich falsche Positionen beim Geschäftsaufwand verbucht werden, was auch eine künstliche Verminderung des Geschäftsgewinns zur Folge hat. Diesfalls stellen die Buchhaltungsunterlagen Urkunden im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB dar, welche verfälscht wurden. Die Verwendung solcher Buchhaltungsunterlagen gegenüber den Steuerbehörden ist als arglistige Täuschung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 VStrR zu qualifizieren (Urteil des Bundesgerichts 1A.66/2005 vom 25. Mai 2005, E. 3 und 4; s. auch Entscheide des Bundesstrafgerichts RR.2010.42 vom 19. Januar 2011, E. 3; RR.2008.307 vom 21. April 2009, E. 4.6) .

Ob eine Tat als Abgabebetrug zu qualifizieren ist, beurteilt sich allein nach den erwähnten Grundsätzen des schweizerischen Rechts, und es ist unerheblich, ob das fragliche Verhalten nach dem Recht des ersuchenden Staates ebenfalls als Abgabebetrug gilt oder als Steuerhinterziehung geahndet wird (BGE 125 II 250 E. 3b; Pietro Sansonetti , La coopération entre autorités fiscales et pénales, in SJ 1999 II Nr. 14, S. 376).

3.5 Beim Entscheid über die Frage, ob die Täuschung, welche dem Beschuldigten vorgeworfen wird, arglistig sei, haben sich die schweizerischen Behörden allein an die Darstellung des Sachverhalts im Rechtshilfeersuchen zu halten, soweit diese nicht offensichtliche Irrtümer, Widersprüche oder Lücken enthält (vgl. BGE 132 II 81 E. 2.1 S. 85 mit Hinweisen). Grundsätzlich haben sich die schweizerischen Behörden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 125 II 250 E. 5b) nicht darüber auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Anders als bei gemeinrechtlichen Straftatbeständen verlangt die bundesgerichtliche Rechtsprechung beim Abgabebetrug allerdings, dass zusätzlich hinreichende Verdachtsmomente für den im Rechtshilfeersuchen enthaltenen Sachverhalt dargetan werden. Damit soll verhindert werden, dass sich die ersuchende Behörde unter dem Deckmantel eines von ihr ohne Vorhandensein von Verdachtsmomenten lediglich behaupteten Abgabebetrugs Beweise verschafft, die zur Ahndung anderer Fiskaldelikte dienen sollen, für welche die Schweiz gemäss Art. 3 Abs. 3 IRSG keine Rechtshilfe gewährt. Demnach ist es gemäss der zitierten Rechtsprechung Sache der um Rechtshilfe ersuchenden ausländischen Behörde, in ihrem Ersuchen die Umstände darzulegen, aus welchen sich ergeben soll, dass der Beschuldigte arglistig gehandelt hat (vgl. ferner Heike Drenckhan / Jens Hanebrink , Steuerhinterziehung - Die Rechtslage in Deutschland, in Jusletter vom 7. April 2008, Rz 36). Der ersuchende Staat hat seinem Gesuch nicht notwendigerweise die Beweismittel beizulegen; es genügt, wenn er diese bezeichnet und deren Existenz glaubhaft macht (BGE 116 Ib 96 E. 4c S. 103; Zimmermann , a.a.O., S. 598 N. 644).

3.6 Dem Rechtshilfeersuchen des Staatsanwaltschaft München I bzw. Sach-verhaltsschilderung der Staatsanwaltschaft Limburg vom 18. August 2008 ist folgender Sachverhaltsvorwurf zu entnehmen:

Die Beschuldigten D. und E. sollen seit Ende 1970 gemeinsam im Bereich des so genannten Direktvertriebs tätig sein. Die Vermarktung und Vermittlung von Zeitschriftenabonnements sowie einer Vielzahl sonstiger Produkte und Dienstleistungen (wie von Losen der Klassenlotterie, der Teilnahme an Lottotippgemeinschaften, Mitgliedschaften in Gewinnspielclubs wie z.B. F.", einer Gesundheitspille namens G." oder Mitgliedschaften an vermeintlichen Tierschutz- sowie Kinderhilfsorganisationen wie H." und I.") über eingeschaltete Drückerkolonnen sei zwischenzeitlich bundesweit und in ganz erheblichem Umfang erfolgt. Einige der vermittelten Produkte und Dienstleistungen fragwürdiger Qualität seien Gegenstand weiterer gegen die Beschuldigten und andere Personen anhängiger Strafverfahren.

Zur Umsetzung ihrer Vermittlungstätigkeit sollen die beiden Beschuldigten im Laufe der Jahre eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Gesellschaften mit unterschiedlichen Funktionszuweisungen gegründet haben. Im Hinblick auf die steuerlichen Auswirkungen der Firmengründungen seien sie dabei vom Beschuldigten B. beraten worden. Das von den Beschuldigten D. und E. aufgebaute Firmengeflecht hätten sie teilweise als Gesellschafter bzw. Anteilseigner oder Geschäftsführer sowie über Dritte, die als Geschäftsführer, Verwaltungsräte oder sonstige gesetzliche vertretungsberechtigte Personen von Kapitalgesellschaften fungiert hätten, kontrolliert. Unter Federführung der Beschuldigten D. und E. seien für jedes der vermittelten Produkte und Dienstleistungen in der Regel mehrere im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verstreut ansässige Gesellschaften, so genannte Produktgeber gegründet worden, in deren Händen nach aussen hin die Kundenvermittlung gestanden sei.

Die Gesamtheit dieser Produktgeber sei durch die beiden Beschuldigten zentral über die J. GmbH mit Sitz in U. beherrscht worden. Mit Vertrag vom 1. September 2004 sollen D. und E. ihre Anteile an der J. GmbH zum Schein mit Wirkung vom 1. Januar 2005 für insgesamt EUR 1,5 Mio. an die Beschwerdeführerin in der Schweiz verkauft haben. Die Beschuldigten D. und von E. sollen indes weder durch die Einsetzung von Drittgeschäftsführern noch durch die spätere Veräusserung ihrer Anteile an die Beschwerdeführerin ihren entscheidenden Einfluss auf die J. GmbH, ihrer fortwährenden zentralen Steuerungseinheit, aufgegeben haben. Um den tatsächlichen Einfluss der Beschuldigten D. und E. zu kaschieren, seien die Produktgeberunternehmen zum Teil formal als Tochtergesellschaften der Beschwerdeführerin gegründet worden und zum anderen Teil deren Geschäftsanteile - wie im Falle der J. GmbH - erst später auf die Beschwerdeführerin übertragen worden. Die Beschwerdeführerin sei im Tatzeitraum u.a. unmittelbar oder mittelbar an der K. AG in V. beteiligt gewesen.

Spätestens ab 1999 sollen die Beschuldigten D., E. und B. teils eigenständig, teils arbeitsteilig und unter Mitwirkung eingeweihter Dritter den von ihnen gefassten Plan der Gewinnmaximierung durch systematische Steuerhinterziehung auf unterschiedlichen Ebenen des Firmengeflechtes in die Tat umgesetzt haben. Unter anderem seien Scheinrechnungen von Drittunternehmen als Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht worden, denen tatsächlich keine wirtschaftlichen Leistungen zugrunde gelegen seien. So sollen verschiedene Gesellschaften aus dem Firmengeflecht Rechnungen der K. AG gewinnmindernd in ihrer Buchführung verbucht haben. Die Beschuldigten D., E., B. und L. sollen in Kenntnis der fehlenden Berechtigung veranlasst haben, dass die Adressaten der Scheinrechnung die in Rechnung gestellten Beträge bezahlt hätten. Auf diese Weise sollen sie aus den betroffenen Unternehmen Gelder abgezogen haben, welche von den Empfängern auf unterschiedliche Weise, insbesondere über die Beschwerdeführerin, wieder verdeckt an die Beschuldigten D., E. und L. zurückgeführt worden seien, welche die Gelder sodann für eigene private Zwecke verwendet haben sollen.

Aufgrund der unrichtigen Berücksichtigung solcher Scheinrechnungen sollen die Beschuldigten im Tatzeitraum für sich persönlich und für die von ihnen als Geschäftsführer vertretenen Gesellschaften (neben Umsatzsteuern) Körperschaft-, Gewerbe- und Einkommensteuern in Höhe von über EUR 10 Mio. hinterzogen haben.

3.7 Gemäss den deutschen Behörden sollen auf Veranlassung von D., E., B. und L. verschiedene Gesellschaften unter Verwendung inhaltlich falscher Rechnungen fiktive Passiven in ihrer Buchführung verbucht und dadurch künstlich den Gewinn um den zu Unrecht verbuchten Geschäftsaufwand zum Nachteil des deutschen Fiskus verringert haben. Die Beschwerdeführerin bringt vor, es fehlten Angaben im Sinne von Beispielen, wer wem welche Leistungen in Rechnung gestellt habe und weshalb sich der Verdacht aufdränge, dass die Leistungen nicht oder nicht im vereinbarten Umfang erbracht worden seien (act. 1 S. 7). Entgegen dieser Darstellung hat die ersuchende Behörde für ihre Schilderungen in ihren Beilagen auf entsprechende Unterlagen hingewiesen (Verfahrensakten BJ, Anlage 3, Urk. 40 und 41). Wie einleitend erläutert (s. supra Ziff. 3.4), stellt die Verwendung inhaltlich falscher Buchungsunterlagen bereits für sich gesehen ein arglistiges Verhalten dar. Ob die weiteren geschilderten Vorkehren als Lügengebäude zu qualifizieren sind, braucht unter diesen Umständen nicht geprüft zu werden. Mit Blick auf die vorgeworfene Verkürzung der direkten Steuern kann nach dem Gesagten der dargestellte Sachverhaltsvorwurf, welcher diesbezüglich keine offensichtlichen Fehler, Lücken oder Widersprüche enthält, nach schweizerischem Recht als Abgabebetrug qualifiziert werden. An dieser Qualifikation mag der Einwand der Beschwerdeführerin, der Rückfluss der Gelder sei nicht glaubhaft gemacht worden, nichts zu ändern. Entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin wurden in der Anlage zum Rechtshilfeersuchen ausreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abgabebetrugs genannt. Dass es sich dabei um die rechtshilfeweise übermittelten Unterlagen handelt, um deren Weiterverwendung gerade ersucht wird, tut der Glaubhaftigkeit der von den deutschen Behörden gemachten Angaben keinen Abbruch.

Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde gegen Disp. Ziff. 1, soweit darauf einzutreten ist (s. supra Ziff. 1.3.3), als unbegründet und ist daher abzuweisen.

4. SDÜ

4.1 Seit dem 12. Dezember 2008 (Beschluss 2008/903/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2008 über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in der Schweizerischen Eidgenossenschaft; ABl. L 327 vom 5. Dezember 2008, S. 15-17) gelangen im Verhältnis mit Deutschland auch die Bestimmungen der Art. 48 ff. des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Schengener Durchführungsübereinkommen, SDÜ; ABl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19 - 62) zur Anwendung.

Im Rahmen des SDÜ hat sich die Schweiz gemäss dessen Art. 50 unter den dort genannten Bedingungen zur gegenseitigen Rechtshilfe bei den abschliessend aufgezählten Verbrauchersteuern, Mehrwertsteuern und Zollabgaben verpflichtet (s. auch Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2009.316 vom 9. April 2010, E. 3.2, mit Hinweisen). Die Rechtshilfe im Bereich der direkten Steuern ist davon gemäss dem derzeitigen Stand der Bestimmung von Art. 50 SDÜ nicht betroffen.

4.2 In Disp. Ziff. 2 bewilligte der Beschwerdegegner die Verwendung im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Limburg zur Strafverfolgung von Abgabebetrug oder anderen strafbaren Handlungen gemäss Art. 50 SDÜ, soweit diese die Verkürzung von Abgaben der indirekten Fiskalität betreffen (act. 1.2).

4.3 Die Beschwerdeführerin wendet ein, im Rechtshilfeersuchen werde weder ausgeführt noch sei ersichtlich, inwiefern die dort genannten Personen und Gesellschaften die Umsatzsteuer hinterzogen haben sollen (act. 1 S. 13 f. bzw. S. 12).

4.4 Der Beschwerdegegner sieht die Anwendungsbedingungen von Art. 50 SDÜ darin erfüllt, dass im Rechtshilfeersuchen ausgeführt wird, aufgrund der unrichtigen Berücksichtigung der Scheinrechnungen seien in Höhe von über EUR 10 Mio. neben Körperschafts-, Gewerbe- und Einkommenssteuern auch Umsatzsteuern und damit eine indirekte Steuer gemäss Art. 50 SDÜ hinterzogen worden (act. 1.2 S. 4). Über diese Angaben hinaus wird freilich in der Sachverhaltsschilderung der deutschen Behörden der Vorwurf der Verkürzung der Umsatzsteuer nicht näher dargelegt. Es fehlt diesbezüglich jegliche Sachverhaltsumschreibung. Unter diesen Umständen kann die Subsumtion unter den Tatbestand der (qualifizierten) Steuerhinterziehung nicht vorgenommen werden, was aber für die Gewährung von Rechtshilfe gestützt auf Art. 50 SDÜ Voraussetzung ist. Der Weiterverwendung der rechtshilfeweise übermittelten Unterlagen für die Verfolgung von Fiskaldelikte im Sinne von Art. 50 SDÜ kann daher aufgrund des heutigen Aktenstandes nicht zugestimmt werden.

Die Beschwerde erweist sich diesbezüglich als begründet und die in Disp. Ziff. 2 erteilte Zustimmung des Beschwerdegegners zur Weiterverwendung ist aufzuheben.

5. Betrugsbekämpfungsübereinkommen

5.1 Im Verhältnis zu Deutschland sind ab dem 9. April 2009 ebenfalls in Kraft getreten die Bestimmungen des Abkommens vom 26. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen (nachfolgend: Betrugsbekämpfungsabkommen bzw. BBA; SR 0.351.926.81, BBl 2004 S. 6184 ff., 6503 ff.; ABl. der Europäischen Union L 46/8 vom 17. Februar 2008, S. 6 f.). Günstigere Bestimmungen bilateraler oder multilateraler
Übereinkünfte zwischen den Vertragsparteien bleiben auch hier unberührt (Art. 25 Ziff. 2 Betrugsbekämpfungsabkommen).

Das Betrugsbekämpfungsabkommen ermöglicht die Amts- und Rechtshilfe einschliesslich Zwangsmassnahmen in Bezug auf nach dem 26. April 2005 verübte Straftaten u.a. im Bereich der indirekten Steuern, namentlich Mehrwertsteuern (s. dessen Art. 1 und 2; Art. 46); die direkten Steuern sind demgegenüber vom Anwendungsbereich des Betrugskämpfungsabkommens ausgeschlossen (s. dessen Art. 2 Ziff. 4).

5.2 In Disp. Ziff. 4 erklärte der Beschwerdegegner die Verwendung - im Rahmen des geschilderten Sachverhalts - in Verfahren mit dem Zweck von Verwaltungsmassnahmen gegen einen Straftäter als zulässig, soweit diese die Verkürzung von Abgaben der indirekten Fiskalität betreffen und der Sachverhalt in den Anwendungsbereich des BBA oder des SDÜ fällt (act. 1.2).

5.3 Die Beschwerdeführerin wendet auch hier ein, im Rechtshilfeersuchen werde weder ausgeführt noch sei ersichtlich, inwiefern die dort genannten Personen und Gesellschaften die Umsatzsteuer hinterzogen haben sollen (act. 1 S. 12 ff.). Da nicht einmal - so die Beschwerdeführerin weiter - die Zeiträume für die direkten Fiskaldelikte, geschweige denn die indirekten Steuerdelikte definiert würden, könne auch nicht ausfindig gemacht werden, ob das BBA in zeitlicher Hinsicht zur Anwendung gelangen könnte (act. 1 S. 12). Es sei sodann unklar, was für Verfahren in Limburg in welcher Angelegenheit laufen würden (act. 1 S. 9; act. 8 S. 4).

5.4 Auf Rückfrage des Beschwerdegegners erklärt die ersuchende Behörde, um Ausdehnung der Spezialität gestützt auf SDÜ und BBA auch zur Verfolgung von Umsatzsteuerhinterziehung (= beschränkt auf indirekte Fiskalität) bzw. damit zusammenhängende Verwaltungsverfahren (z.B. Steuereinschätzung) zu ersuchen (Verfahrensakten BJ, Urk. 77 ff.).

5.5 Zunächst ist festzuhalten, dass der im Rechtshilfeersuchen geschilderte Sachverhaltsvorwurf unter das SDÜ und das BBA fallende Delikte enthalten muss, wenn die Leistung von (sekundärer) Rechtshilfe gestützt auf diese Abkommen erfolgen soll. Wie vorstehend unter Ziff. 4.4 ausgeführt und zurecht von der Beschwerdeführerin beanstandet, wird in der Sachverhaltsdarstellung der deutschen Behörden der Vorwurf der Verkürzung der Umsatzsteuer nicht näher dargelegt. Ob die untersuchten Sachverhaltsvorwürfe in den zeitlichen Anwendungsbereich des BBA (s. dessen Art. 46) fallen, kann mangels entsprechender Angaben im Rechtshilfeersuchen ebenfalls nicht geprüft werden. Demnach steht fest, dass gestützt auf diesen Sachverhaltsvorwurf der Weiterverwendung der rechtshilfeweise übermittelten Unterlagen in Verfahren mit dem Zweck von Verwaltungsmassnahmen gegen einen Straftäter im Sinne des SDÜ oder BBA zur Zeit nicht zugestimmt werden darf.

5.6 Im Unterschied zu der in Disp. Ziff. 2 gewählten Formulierung (soweit diese die Verkürzung von Abgaben der indirekten Fiskalität betreffen") erklärt der Beschwerdegegner in Disp. Ziff. 4 die Weiterverwendung allerdings als zulässig, u.a. soweit der Sachverhalt in den Anwendungsbereich des Betrugsbekämpfungsabkommens oder des Schengener Durchführungsübereinkommens fällt". In seinen Erwägungen führte der Beschwerdegegner aus, die Anwendbarkeit des BBA könne nicht zum Vornherein ausgeschlossen werden (act. 1.2 S. 5 f.).

Daraus ist zu schliessen, dass der Beschwerdegegner mit seinem Entscheid im Ergebnis es dem ersuchenden Staat überlassen will, die Zulässigkeit der Weiterverwendung gestützt auf die fraglichen Abkommen zu beurteilen (act. 1.2 S. 5), auch wenn es in seinen Ausführungen zumindest die Anwendbarkeit des SDÜ - unter den vorliegenden Umständen zu Unrecht ( s. o.) - konkret bejaht.

5.7 Der Beschwerdegegner begründet d ieses Vorgehen im Wesentlichen mit dem Bestreben, dass sämtliche Ausdehnungsmöglichkeiten auf fiskalische Verwendungszwecke in einem einzigen Verfahren behandelt werden können (act. 6 S. 3).

Mit Inkrafttreten von SDÜ und BBA erfolgte eine Ausdehnung der Rechtshilfefähigkeit gewisser Fiskaldelikte. Allerdings folgt aus dem Umstand, dass SDÜ und BBA eine weitergehende Zusammenarbeit im Fiskalbereich vorsehen, nicht eo ipso, der ersuchende Staat dürfe nun selbständig über die Zulässigkeit der Weiterverwendung im Anwendungsbereich dieser Abkommen entscheiden. Eine Anpassung des Spezialitätsvorbehalts an die genannten Staatsverträge hat in den Grenzen von Art. 67 Abs. 2 IRSG und den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu erfolgen. Danach bedarf die Weiterverwendung bezüglich Abgabebetruges und weiterer fiskalischer Verfahren der vorgängigen Zustimmung des Beschwerdegegners (s. supra Zif. 1.2.2). Gestützt auf Art. 67 Abs. 2 IRSG ist diese Zustimmung demnach ebenfalls für die Weiterverwendung bezüglich der neuen im Fiskalbereich abgeschlossenen Staatsverträge erforderlich. In Übereinstimmung mit Art. 67 Abs. 2 IRSG sieht der vom Beschwerdegegner entworfene Muster-Spezialitätsvorbehalt ( abrufbar unter www.rhf.admin.ch/etc/medialib/data/rhf/form.Par.0001.File.tmp/form-spez-d.doc ) unter Berücksichtigung der erfolgten Ausweitung der Rechtshilfe im Fiskalbereich denn auch vor, dass auf dem Wege der Rechtshilfe erlangte Beweismittel und Auskünfte erst nach Einholung einer Zustimmung des Beschwerdegegners nicht nur zur Verfolgung von Abgabebetrug, sondern auch zur Verfolgung der in Art. 50 SDÜ vorgesehenen Widerhandlungenverwendet werden dürfen.

Da nach dem Gesagten die ersuchende Behörde vorgängig die Zustimmung des Beschwerdegegners für die Weiterverwendung in Verwaltungsverfahren im Sinne von SDÜ und BBA einholen muss, hat der Beschwerdegegner selber konkret über die Zulässigkeit der ersuchten Weiterverwendung zu entscheiden und darf diesen Entscheid folglich nicht der ersuchenden Behörde überlassen. Mangels Sachverhaltsumschreibung der für die Anwendung des BBA und SDÜ relevanten Delikte im Ersuchen um Ausdehnung erübrigt sich vorliegend eine Rückweisung an die Vorinstanz und Disp. Ziff. 4 der Verfügung ist ersatzlos aufzuheben. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde auch in diesem Punkt gutzuheissen.

6. Zinsbesteuerungsübereinkommen

6.1 Am 1. Juli 2005 ist sodann das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen in Kraft getreten, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind (Zinsbesteuerungsabkommen, ZBstA; SR 0.641.926.81). Darin wurde ein Steuerrückbehalt durch schweizerische Zahlstellen für Zinszahlungen vereinbart, die nicht der Verrechnungssteuer unterliegen und die von einer in der Schweiz gelegenen Zahlstelle an eine natürliche Person mit steuerlichem Wohnsitz in einem EU-Mitgliedsland geleitet werden, wobei die ausländischen Zinsempfänger zwischen dem Steuerrückbehalt und einer freiwilligen Meldung an ihre Steuerbehörden wählen können.

Für die unter dieses Abkommen fallenden Erträge tauschen die Schweiz und die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der in den Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Verfahren Informationen über Handlungen aus, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates als Steuerbetrug gelten oder ein ähnliches Delikt darstellen. Aus Gründen der unterschiedlichen Bezeichnung der Verfahrensformen in den Mitgliedstaaten bestimmt das Abkommen in Art. 10 letzter Satz ZBstA, dass ein Verwaltungs-, Zivil- oder Strafverfahren Ausgangspunkt für ein Amtshilfeersuchen sein kann ( BBl 2004 6212 ). Zuständig zur Behandlung der Amtshilfeersuchen, zur Durchführung von Zwangsmassnahmen und zum Erlass von Verfügungen ist die Eidgenössische Steuerverwaltung (in Bezug auf Deutschland s. Verordnung vom 30. April 2003 zum schweizerisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen [ SR 672.913.610]; Verordnung vom 1. September 2010 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen [ SR 672.204]). Demnach erfolgt der auf Art. 10 Zinsbesteuerungsabkommen gestützte primäre Informationsaustausch - im Unterschied zum Betrugbekämpfungsabkommen - ausschliesslich im Amtshilfeverfahren.

6.2 Der Beschwerdegegner erklärte in Disp. Ziff. 3 der angefochtenen Verfügung, dass eine Weiterverwendung - im Rahmen des geschilderten Sachverhalts - auch in Verfahren mit dem Zweck von Verwaltungsmassnahmen gegen einen Straftäter zulässig ist, soweit diese Verfahren die Verkürzung von Abgaben der direkten Fiskalität betreffen, ein Abgabebetrug vorliegt und der Sachverhalt in den Anwendungsbereich des Zinsbesteuerungsabkommens fällt (act. 1.2).

6.3 Diesbezüglich rügt die Beschwerdeführerin, in der Sachverhaltsdarstellung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt a.M. werde weder ausgeführt noch nachgewiesen, dass Zinszahlungen im Sinne des ZBstA zur Diskussion stünden. An keiner Stelle des Ersuchens sei von Zinszahlungen die Rede. Es seien mithin keine Sachverhalte dargestellt oder ersichtlich, welche in den Anwendungsbereich des Zinsbesteuerabkommens fallen würden, weswegen dieses Abkommen keine Anwendung finde (act. 1 ).

6.4 Der Beschwerdegegner anerkennt zu Recht, dass solche Zinserträge in der Sachverhaltsdarstellung der deutschen Behörden nicht geschildert werden. Nach seiner Auffassung erscheine es aber als naheliegend, dass ein Anwendungsfall des ZBstA zumindest in Betracht gezogen werden müsste, da offen sei, was mit dem von Deutschland an die Schweiz geflossenes Kapital geschehen sei (act. 6 S. 4). In seiner Beschwerdeantwort führt der Beschwerdegegner aus, es möge stimmen, dass die bloss theoretische Möglichkeit des Vorliegens eines Sachverhalts für die originäre Anordnung einer Zwangsmassnahme wohl nicht ausreiche. Bei der Abfassung von Verwendungsbeschränkungen liege die Sache aber anders: dort lasse sich generell bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Verwendung zulässig sei (act. 6 S. 4 f .).

6.5 Zunächst ist der Beschwerdeführerin beizupflichten, dass im Rechtshilfeersuchen unter das ZBstA fallende Zinserträge nicht geschildert werden und ein entsprechender Sachverhaltsvorwurf demnach fehlt. Bei dieser Sachlage kommt das ZBstA vorliegend nicht zur Anwendung bzw. die Gewährung von Rechtshilfe durch Ausdehnung der Spezialität scheidet in diesem Punkt aus.

6.6 Wie schon unter Ziff. 5.6 zu Disp. Ziff. 4 ausgeführt, ist aus der gewählten Formulierung von Disp. Ziff. 3 und den betreffenden Erwägungen zu schliessen, dass der Beschwerdegegner mit der angefochtenen Verfügung nicht einer konkreten Weiterverwendung zustimmt. Auch hier will der Beschwerdegegner im Ergebnis es dem ersuchenden Staat überlassen, die Zulässigkeit der Weiterverwendung gestützt auf das fragliche Abkommen zu beurteilen.

Was die vom Beschwerdegegner beabsichtigte Anpassung des Spezialitätsvorbehalts anbelangt, ist im Einzelnen auf das unter Ziff. 5.7 Ausgeführte zu verweisen. Ergänzend ist sodann festzuhalten, dass der auf Art. 10 ZBstA gestützte Informationsaustausch den Vorwurf des Abgabebetrugs bezüglich der unter das Abkommen fallende Zinserträge voraussetzt. Bedarf gestützt auf Art. 67 Abs. 2 IRSG die Weiterverwendung bezüglich Abgabebetruges und weiterer fiskalischer Verfahren der vorgängigen Zustimmung des Beschwerdegegners, ist eine solche Zustimmung folgerichtig auch für die Weiterverwendung in Verfahren gemäss ZBstA notwendig. Dementsprechend hat der Beschwerdegegner konkret über die Zulässigkeit der Verwendung auch für Verfahren gemäss ZBstA zu entscheiden unter der Voraussetzung, dass überhaupt ein entsprechendes Ersuchen gestellt wurde. Ein solches Ersuchen wurde vorliegend nicht gestellt. Mangels Sachverhaltsumschreibung des für die Anwendung des ZBstA relevanten Delikts sowie im Fehlen eines diesbezüglichen Ersuchens um Ausdehnung erübrigt sich eine Rückweisung an die Vorinstanz und Disp. Ziff. 3 der angefochtenen Verfügung ist ersatzlos aufzuheben. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde auch in diesem Punkt gutzuheissen.

7. Kosten- und Entschädigungsfolgen

7.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin teilweise kostenpflichtig (Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG i.V.m. Art. 63 Abs. 1 VwVG ). Für die Berechnung der Gerichtsgebühr gelangt gemäss Art. 63 Abs. 5 VwVG das Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR; SR 173.713.162) zur Anwendung (vgl. auch Art. 22 BStKR ). Die reduzierte Gerichtsgebühr ist auf insgesamt Fr. 2'000.-- festzusetzen (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. a BStKR ) und mit dem von der Beschwerdeführerin geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 4'000.-- zu verrechnen. Die Bundesstrafgerichtskasse ist anzuweisen, der Beschwerdeführerin den Restbetrag von Fr. 2'000.-- zurückzuerstatten.

7.2 Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin im Umfang ihres teilweisen Obsiegens für die ihr erwachsenen notwendigen und verhältnismässigen Verteidigungskosten zu entschädigen (Art. 39 Abs. 2 lit. b StBOG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 und 2 VwVG ; Art. 11 Abs. 1 BStKR ; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2007.6 vom 22. Februar 2007, E. 5). Die Parteientschädigung wird nach Ermessen festgesetzt, wenn spätestens mit der einzigen oder letzten Eingabe keine Kostennote eingereicht wird (Art. 12 Abs. 2 BStKR i.V.m. Art. 64 Abs. 5 VwVG und Art. 73 Abs. 1 lit. c StBOG ). Vorliegend erscheint eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- inkl. MwSt. angemessen.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde gegen Disp. Ziff. 1 der Verfügung des Bundesamtes für Justiz vom 8. September 2010 wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2. Die Beschwerde wird im Übrigen gutgeheissen und Disp. Ziff. 2, 3 und 4 der Verfügung des Bundesamtes für Justiz vom 8. September 2010 werden aufgehoben.

3. Der Beschwerdeführerin wird eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- auferlegt, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses von Fr. 4'000.--. Die Bundesstrafgerichtskasse wird angewiesen, der Beschwerdeführerin Fr. 2'000.-- zurückzuerstatten.

4. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Bundesstrafgericht mit insgesamt Fr. 2'000.-- inkl. MwSt. zu entschädigen.

Bellinzona, 17. Oktober 2012

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende: Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Roland Bruhin

- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG ).

Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG ). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG ).

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