Instanz: | Bundesstrafgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Fallnummer: | SK.2009.22 |
Datum: | 18.01.2010 |
Leitsatz/Stichwort: | Verfahrenskosten (Art. 172 BStP). Entschädigung (Art. 122 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 176 BStP). Genugtuung (Art. 49 Abs. 1 OR). Rückweisungsurteil. |
Schlagwörter : | Bundes; Verfahren; Angeklagte; Recht; Verfahrens; Verfahren; Angeklagten; Bundesgericht; Urteil; Recht; Undesstrafgericht; Bundesstrafgericht; Entschädigung; Entscheid; Bundesanwaltschaft; Verhalten; Bundesstrafgerichts; Staat; Anklage; Kostenauflage; Geschäft; Untersuchung; Zusammenhang; Prozess; Verteidigung; Verfahrens; Bundesgerichts; Chmid |
Rechtsnorm: | Art. 100 BGG ; Art. 29 StGB ; Art. 30 StGB ; Art. 32 BV ; Art. 324 OR ; Art. 4 OR ; Art. 49 OR ; Art. 6 EMRK ; Art. 9 BGG ; Art. 97 BGG ; |
Referenz BGE: | 113 Ia 177; 116 II 441; 116 Ia 162; 117 IV 209; 119 Ia 332; 130 IV 54; 132 IV 140; ; |
Kommentar zugewiesen: | Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich, 1999 Portmann, Basler Kommentar, 4. Aufl., Art. 324 OR, 2008 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
B undesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal | |
Geschäftsnummer: SK.2009.22 |
Entscheid vom 18. Januar 2010 | ||
Besetzung | Bundesstrafrichter Peter Popp, Einzelrichter, | |
Parteien | Bundesanwaltschaft , vertreten durch Peter Lehmann Staatsanwalt des Bundes, | |
gegen | ||
A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwältin Yvona Griesser, | ||
Gegenstand | Mehrfache Widerhandlung gegen das Güterkontrollgesetz (GKG) teilweise i.V.m. der Güterkontrollverordnung (GKV); (Rückweisungsurteil) des Bundesgerichts vom 16. Oktober 2009) |
Anträge der Bundesanwaltschaft:
1. Der freigesprochene Angeklagte sei im Sinne von Art. 173 Abs. 2 BStP zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
2. Es sei die Ausrichtung einer Entschädigung bzw. Genugtuung in Anwendung von
Art. 122 Abs. 1 , 2 . Satz, BStP , zu verweigern.
Anträge der Verteidigung:
1. A. sei freizusprechen.
2. Die Verfahrenskosten seien vom Staat zu tragen.
3. a) A. sei eine Parteientschädigung von Fr. 61'041.50 auszurichten.
b) A. sei eine Umtriebsentschädigung von Fr. 21'007.60 auszurichten.
4. A. sei eine Genugtuung von Fr. 10'000.00 auszurichten.
5. Es sei auf eine Einziehung zu verzichten.
Sachverhalt:
Der Einzelrichter erwägt:
Nimmt das Bundesstrafgericht einen Fall nach Rückweisung durch das Bundesgericht wieder auf, so wird eine weitere Hauptverhandlung nur durchgeführt, wenn dies zur Vervollständigung des Sachverhalts (Entscheid des Bundesstrafgerichts SK.2005.5 vom 19. Oktober 2005 E. 1.3) oder zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien ( TPF 2007 60 E. 1.4) nötig erscheint. Der erste Grund ist deshalb nicht gegeben, weil das Bundesgericht eine andere rechtliche Würdigung der angeklagten Tat verlangt, nämlich in erster Linie den Freispruch von der Anklage einer Straftat gemäss dem Güterkontrollgesetz; der zweite liegt nicht vor, weil sich die Parteien schriftlich zu den Folgen einer solchen Entscheidung im Kosten- und Entschädigungspunkt haben äussern können, die Bundesanwaltschaft zudem replicando zu entsprechenden Begehren des Angeklagten.
Im Bereich des GKG unterliegen der Bundesstrafgerichtsbarkeit nur die in Art. 14 und 15 umschriebenen Widerhandlungen (Art. 18 Abs. 1 GKG). Dagegen sind die Ordnungswidrigkeiten nach Massgabe des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes zu beurteilen (Art. 18 Abs. 1 bis GKG ). Ordnungswidrigkeiten im Bereiche des Verwaltungsstrafrechts sind alle von einem Verwaltungsgesetz als solche bezeichneten Widerhandlungen (Art. 3 VStrR ). Das ist bei Art. 15 a GKG der Fall. Gemäss Art. 21 Abs. 1 VStrR werden die Ordnungswidrigkeiten durch die beteiligte Verwaltung beurteilt; die dort vorgesehene Möglichkeit einer gerichtlichen Beurteilung beschränkt sich auf die Verhängung von Freiheitsstrafen, welche Art. 15 a GKG nicht vorsieht. Die prozessualen Voraussetzungen, den Anklagepunkt I.A zu beurteilen, fehlen daher. Es ist auch auf diesen Teil der Anklage nicht einzutreten.
In einem solchen Fall ist es angezeigt, die Sache an die zuständige Verwaltungsbehörde weiter zu leiten ( Schmid , Strafprozessrecht, 4. Aufl. Zürich 2004, § 34 N. 537; vgl. auch Art. 39 Abs. 1 eStPO). Das ist gemäss Art. 26 Abs. 1 GKV das Staatssekretariat für Wirtschaft, nachdem die strafrechtlichen Sanktionen als Teil der Güterkontrolle erscheinen (Art. 14 ff . GKG i.V.m. Art. 1 GKG ; vgl. auch Weber , Das Güterkontrollgesetz, in Cottier/Oesch [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band XI, Allgemeines Aussenwirtschafts- und Binnenmarktrecht, 2. Aufl. Basel 2007, 4. Kap. Rn. 37). Das kann ebenso für den Anklagepunkt A.2 angeordnet werden; denn diesbezüglich ist bereits, und vor Bundesgericht nicht angefochten, auf Nichteintreten erkannt worden. Die zuständige Behörde wird nicht nur im Strafpunkt zu entscheiden haben, sondern auch über das Schicksal der beschlagnahmten Vermögenswerte.
Es kommt nicht darauf an, ob die Strafverfolgungsbehörden des Bundes das Verfahren auf eigene Initiative oder auf Anregung und mit nachrichtendienstlicher respektive mit Unterstützung durch die Fachbehörde betrieben haben, wie die Bundesanwaltschaft darlegt, noch darauf, ob die Untersuchungsorgane das Verfahren fehlerhaft eingeleitet haben, wie die Verteidigung ausführt. Es ist lediglich zu fragen, ob der Angeklagte durch vorwerfbares Verhalten das Strafverfahren provozierte und/oder behinderte, welcher Verfahrensaufwand gegebenenfalls damit verursacht wurde und ob die Unschuldsvermutung einer Kostenauflage entgegenstünde. In diesem Zusammenhang kann nicht entscheiden, dass ein iranischer Geschäftspartner des Angeklagten im Frühjahr 2009 in den USA verhaftet worden sein soll und einer hohen Strafe wegen verbotener Proliferation entgegen sehe. Davon konnte der Angeklagte nämlich nichts wissen, und wie das Verhalten jenes Geschäftsmannes zu beurteilen ist, steht offenbar jetzt noch nicht fest. Unbehelflich ist der Hinweis des Staatsanwaltes auf Bedenken, welche Angehörige des (früheren) eidgenössischen Dienstes für Analyse und Prävention gegenüber dem Angeklagten geäussert haben sollen; denn diese Vorstellungen gingen dem Gegenstand des Verfahrens bildendenden Geschäft voraus und hatten einen mit ihm nicht identischen Gegenstand. Jedenfalls gab es keine Rechtspflicht, auf die späteren Geschäfte nur wegen nachrichtendienstlicher Hinweise zu verzichten. Man könnte dem Angeklagten höchstens vorwerfen, er habe Verfügungen des Staatssekretariats für Wirtschaft missachtet, wonach er die Ausfuhr an bestimmte, respektive an alle iranischen Firmen dieser Amtsstelle vorab zu melden habe (E. 3.1.3 des aufgehobenen Urteils). Dabei handelt es sich um ein verwaltungsrechtliches, auf Art. 4 GKV abgestütztes Gebot. Indessen bildet seine Verletzung den Tatbestand von Art. 15 a Abs. 1 lit. b GKG - eine Ordnungswidrigkeit (vgl. E. 2), auf welche der Allgemeine Teil des StGB nicht anwendbar ist (Art. 2 f . VStrR ; vgl. auch BGE 132 IV 140 E. 6.2) und unterliegt einer Strafdrohung von Busse bis zu 5000 Fr. Damit ist über den Anwendungsbereich der Unschuldsvermutung gemäss Art. 6 Abs. 2 EMRK noch nichts Endgültiges gesagt, weil die strafrechtliche Natur einer Widerhandlung von verschiedenen Kriterien abhängt: der Qualifikation im betreffenden Landesrecht, der Natur der Widerhandlung und der Bedeutung der Sanktion (BGE 6B_962/2008 vom 18. Juni 2009 E. 2.2.1; Frowein/Peukert , EMRK-Kommentar, 3. Aufl., Kehl 2009, Art. 6 N. 26). Was den systematischen Standort von Art. 15 a Abs. 1 lit. b GKG betrifft, so handelt es sich um Nebenstrafrecht, wie aus der Überschrift zu Art. 14 ff . GKG hervorgeht. Was die sanktionierte Tat angeht, so fällt ihr Charakter als Blankettnorm in Betracht, deren Tatbestand also durch die konkrete Verfügung gefüllt wird, ähnlich wie bei Art. 292 StGB. In dieser kann schon begrifflich nicht eine für die Allgemeinheit, sondern nur für bestimmte Adressaten geltende Verhaltensregel enthalten sein, anders als es im Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. E. gegen Deutschland vom 21. Februar 1984 der Fall war (Serie A Band 73, Ziff. 53). Der Gerichtshof beurteilt die für Strafrecht charakteristische Allgemeingültigkeit jedoch nicht nach Statusmerkmalen, und bejaht sie daher schon bei Verhaltensregeln, welche eine Prozesspartei betreffen, also eine Person, welche bloss funktional von der Allgemeinheit abgehoben ist (Urteil i.S. F. gegen Schweiz vom 22. Mai 1990, Serie A Band 170, Ziff. 33). Betreffend die Sanktion stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf die abstrakte Androhung ab (Urteil i.S. G. u.a. gegen Niederlande vom 23. November 1976, Serie A Band 22, Ziff. 85); so erachtete er eine Ordnungsbusse von 500 Fr. als Strafsanktion, nachdem sie bei Nichtbezahlung in Freiheitsstrafe umgewandelt werden konnte (zit. Urteil i.S. F., Ziff. 34). Auch wenn das Bundesgericht diese Grenze nicht mehr als zeitgemäss erachtet (zit. Urteil vom 18. Juni 2009 E. 2.2.4), handelt es sich bei Art. 15 a Abs. 1 lit. b GKG , wo das Bussenmaximum diesen Betrag um Mehrfaches übersteigt und die zweite Voraussetzung gegeben ist (Art. 10 VStrR ), um eine Strafnorm. Dass neben den repressiven Zweck auch der in Art. 4 GKV enthaltene präventive Zweck tritt, nimmt ihr diesen Charakter nicht (Urteil i.S. E., a.a.O.). Damit steht die Unschuldsvermutung einer Kostenauflage im Zusammenhang mit der Einleitung des Verfahrens entgegen.
Der Staatsanwalt legt dem Angeklagten ausserdem zur Last, er habe vorwerfbar die Durchführung des Strafverfahrens erschwert, weil er sich in mehreren Befragungen zur Sache nicht eingelassen respektive die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten habe. Er stützt sich dabei auf das aufgehobene Urteil, das sich insoweit (E. 4.2.1, S. 20) zur Strafzumessung äussert und wo begründet wird, weshalb dem Angeklagten nur eine geringfügige Minderung zugebilligt werde. Als Grundlage für Kostenauflage kann dies nicht dienen; denn der Beschuldigte ist wie gesagt nicht zur Mitwirkung im Verfahren verpflichtet; soweit das Bundesgericht in BGE 116 Ia 162 E. 2d/aa der Auffassung gewesen sein sollte, er dürfe die Aussage nicht verweigern, wäre dem nicht zu folgen (vgl. Hauser/Schweri/Hartmann , a.a.O., § 108 N. 27 [selbst vereinzelte Lügen reichen nicht aus]; Pieth , a.a.O., 218 f.). Für aktive Lügen, welche den Verfahrensaufwand vergrössert hätten, liegt kein Beweis vor.
Die Voraussetzungen für eine Auflage der Verfahrenskosten sind nach dem Gesagten nicht gegeben.
Die gesetzlichen Ausschlussgründe sind zu den Voraussetzungen der Kostenauflage spiegelbildlich ( Schmid , a.a.O., N. 1218 Fn. 77; Urteil des Bundesgerichts 6B_215/2007 vom 2. Mai 2008 E. 6; Entscheid des Bundesstrafgerichts BK.2008.9 vom 4. März 2009 E. 3.1. a.E.). Sie liegen nach dem in diesem Zusammenhang Ausgeführten (E. 3.2) nicht vor. Der Entschädigungsanspruch ist daher grundsätzlich gegeben.
Als Schaden gilt jede Vermögenseinbusse, welche durch das Strafverfahren eingetreten ist, namentlich Erwerbsausfall und Auslagen, die der Freigesprochene tätigte, um seine Rechte im Verfahren wahrzunehmen, insbesondere die Kosten für anwaltliche Verteidigung (Entscheid des Bundesstrafgerichts SK.2007.27 vom 30. Oktober 2008 E. 23; Hauser/Schweri/Hartmann, a.a.O., § 109 N. 5). Auszugleichen ist aber auch der immaterielle Schaden ( TPF 2008 160 E. 4; Picquerez , Traité de procédure pénale suisse, 2. Aufl., Genève etc. 2006, N. 1559).
Die Bundesanwaltschaft hält den Honoraransatz für übersetzt; zum Aufwand äussert sie sich nicht.
Der geltend gemachte Aufwand ist nicht zu beanstanden. Hingegen ist es unangemessen, ihn mit dem Maximum des gerichtlichen Tarifs (Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 des Reglements über die Entschädigungen in Verfahren vor dem Bundesstrafgericht [ SR 173.711.31]) zu entschädigen. Der Tarif hat seine gesetzliche Grundlage in Art. 15 Abs. 1 lit. a Strafgerichtsgesetz und ist demzufolge Entscheidungsgrundlage hinsichtlich der Honorare nicht nur der amtlichen Verteidiger, sondern auch der erbetenen, und zwar unabhängig von den lokalen Gegebenheiten. Die gerichtliche Praxis gewährt in den normalen Fällen, welche in die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts fallen, ein Stundenhonorar von 230 Fr. Der Höchstansatz ist auf Verfahren von besonderer tatsächlicher und rechtlicher Komplexität zugeschnitten. Von solcher Qualität ist dieses Verfahren weit entfernt. Das Echo, das es in der Öffentlichkeit gefunden haben mag, ist für die Qualitätsanforderungen an die Verteidigung nicht relevant. Die Entschädigung ist daher mit 230 Fr. pro Stunde zu bemessen, ausgenommen die Reisezeit von 12 Stunden, welche praxisgemäss zum minimalen Ansatz von 200 Fr. pro Stunde zu entschädigen ist. Daraus errechnet sich ein Honorar von 187 Stunden zu 230 Fr. und von 12 Stunden zu 200 Fr., total Fr. 45'486.60 zuzüglich MWST von 3'457 Fr. Bei den Auslagen der Verteidigerin übersteigen die geltend gemachten Übernachtungskosten den Ansatz gemäss Art. 4 Abs. 2 lit. d des Entschädigungsreglements, sind aber mit Blick auf die Essensentschädigung, welche gemäss lit. c beansprucht werden können, nicht zu beanstanden; die übrigen Spesen sind ausgewiesen. Für Auslagen wird keine MWST entschädigt, da sie in den dem Verteidigten in Rechnung gestellten Beträgen bereits eingeschlossen ist.
Für die Kosten anwaltlicher Verbeiständung ist der Angeklagte deshalb mit Fr. 49'964.60 (inkl. MWST) zu entschädigen.
Die Bundesanwaltschaft beruft sich sinngemäss auf die gleichen Umstände, die sie für Kostenauflage ins Feld führte, und schliesst daraus, dass eine Entschädigung zu verweigern sei.
Der Angeklagte war während des Strafverfahrens Arbeitnehmer der B. AG und erhielt von ihr einen Arbeitslohn (cl. 7 pag. 7.910.10). Gemäss Art. 324 a Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber Lohn für eine beschränkte Zeit, in welcher der Arbeitnehmer aus persönlichen Gründen an der Arbeitsleistung unverschuldet verhindert ist, auszurichten. Die im Gesetz genannten Abwesenheitsgründe sind nur exemplifikativ; nach herrschender Meinung beschränken sie sich nicht auf unausweichliche Abwesenheiten und schliessen deshalb die Teilnahme an einem Prozess als Partei mit ein ( Portmann , Basler Kommentar, 4. Aufl., Art. 324a OR N. 43; Rehbinder , Berner Kommentar, Art. 324a OR N. 8; Pietruszak , in Honsell [Hrsg.], Kurzkommentar Obligationenrecht I, Basel 2008, Art. 324a N. 5). Nachdem der Angeklagte das Verfahren nicht verschuldete (E. 3.2), war sein Lohnanspruch ungeschmälert und ist er in seinem Vermögen in dieser Weise nicht benachteiligt worden.
Anhaltspunkte für einen Schaden des Angeklagten aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gibt es nicht, hat er doch seine Einzelfirma als inaktiv bezeichnet (cl. 7 pag. 7.910.9).
Seine Forderung unter diesem Titel ist demnach unbegründet.
Die Aufwendungen der früheren Treuhänderin der B. AG, der C. AG, im Zusammenhang mit der Auflösung des Mandatsverhältnis, sind ebenfalls bei der Arbeitgeberin angefallen und bilden daher keinen Schaden des Angeklagten. Davon abgesehen, war Personal der C. AG gerade in den einzigen Fall involviert, über den es aus proliferationsrelevanten Gründen erstinstanzlich zu entscheiden galt (aufgehobenes Urteil E. 3.1.1-3.1.2); die ehedem Beauftrage kündigte also auch aus eigener Betroffenheit.
Die Begehren unter diesen Titeln sind folglich nicht begründet.
Die Bundesanwaltschaft widersetzt sich diesem Begehren mit der Begründung, der Angeklagte habe die Einleitung des Verfahrens zu verantworten und damit auch die im öffentlichen Interesse liegende Publizität.
Es ist dem Angeklagten beizupflichten, dass H." zwar nicht seinen vollen Namen, aber doch so viele persönliche und geschäftliche Details abgedruckt hat, dass er von ihm persönlich oder geschäftlich nahe stehenden Personen leicht identifiziert werden konnte. Enthalten die beiden Artikel auch keine ausdrückliche Schuldzuweisung, so werden doch nach der üblichen Methode des Sensationsjournalismus die wenigen gegen den Angeklagten vorliegenden Anhaltspunkte mit anderen Untersuchungen und mit ganz allgemeinen Nachrichten über Iran und seine Raketenbauaktivität aufgemischt, um die latente Empörungsneigung des Leserpublikums zu befriedigen. Nachdem bei der Allgemeinheit die Bereitschaft, ja weitgehend auch die Fähigkeit zu kritischer Lektüre solcher Presseartikel laufend schwindet, liegt auf der Hand, dass die beiden Artikel geeignet waren, den Angeklagten und seine Frau im persönlichen und geschäftlichen Umfeld zu isolieren. Allerdings geht der erste Artikel nicht auf das Strafverfahren zurück, wurde dieses doch erst knapp zwei Wochen nach seinem Erscheinen eröffnet. Aus dem zweiten Artikel gehen nicht mehr an Informationen seitens der Bundesanwaltschaft hervor als die Tatsache von Durchsuchungen und der Gegenstand des Verfahrens. Zwar wird der Angeklagte durch den neu abgedruckten vollen Vornamen weiter identifizierbar gemacht, aber diese Information besass die Presse schon vorher, hätte sie doch sonst den Angeklagten nicht im Hinblick auf den ersten Artikel interviewen können. Es fehlt damit der notwendige Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und den durch die Presseartikel bewirkten Nachteilen.
Das Bundesgericht hat bezüglich der kantonalen Strafverfahren stets festgehalten, dass weder Verfassungs- noch Konventionsrecht die Entschädigung Freigesprochener für erlittene Haft vorsehe und dass dies um so mehr für andere persönliche Beeinträchtigungen gelte, welche das Verfahren verursacht habe; ein derartiger Anspruch könne sich nur aus kantonalem Recht ergeben (etwa Urteil des Bundesgerichts 1P.287/2001 vom 2. Juli 2001, E. 3a mit Hinweisen). Für das Strafverfahren des Bundes heisst dies, dass solche weiteren Folgen zu den gemäss Art. 122 Abs. 1 BStP grundsätzlich ersatzfähigen Nachteilen zählen. Allerdings müssen sie von einer gewissen Schwere gewesen sein (BGE 113 Ia 177 E. 3; TPF 2008 121 E. 3.1). Es mag offen bleiben, ob die Verfahrensdauer allein den Staat ausgleichspflichtig mache, wenn sich am Ende keine strafrechtliche Schuld erweist. Es mag auch dahingestellt sein, ob der Verfahrensstillstand zwischen dem Abschluss der Untersuchung am 19. Dezember 2007 und der Anklageerhebung am 9. Oktober 2008 das Beschleunigungsgebot verletzte und insofern den Angeklagten den Belastungen des Verfahrens unnötig lange aussetzte (dazu BGE 130 IV 54 E. 3.3.1; ferner Entscheid des Bundesstrafgerichts BK.2009.3 vom 17. Juni 2009 E. 3.3). Zu einer erheblichen, sachlich nicht gerechtfertigten Beeinträchtigung der Persönlichkeit führte eine solche Pause jedenfalls, nachdem der Betroffene zuvor in der Presse wegen des Verdachts stigmatisiert wurde, zur iranischen Aufrüstung mit Atomwaffen - Gegenstand einer weit verbreiteten Besorgnis - beigetragen zu haben.
Es scheint daher angemessen, dem Angeklagten eine Genugtuung zuzusprechen. Hinsichtlich ihres Masses ist zu berücksichtigen, dass die von ihm erlittenen Nachteile nicht in Zwangsmassnahmen, sondern in einem Reputationsschaden lagen, dass der besonnene Durchschnittsbürger um die Vorläufigkeit eines behördlich bestätigten Anfangsverdachts weiss und dass die Kritik in der Sensationspresse einen beschränkten Erinnerungswert hat. Unter diesen Umständen erscheint der verlangte Betrag von 10'000 Fr. übersetzt und ist eine Summe von 1'500 Fr. angemessen.
Der Einzelrichter erkennt:
1. Auf die Anklage wird nicht eingetreten.
2. Die Akten werden zur allfälligen weiteren Amtshandlung dem Staatssekretariat für Wirtschaft übermittelt.
3. Die Kosten des Verfahrens verbleiben beim Bund.
4. Die Eidgenossenschaft richtet A. für das Bundesstrafverfahren eine Entschädigung von Fr. 50'364.60 (inkl. MWST) und eine Genugtuung von Fr. 1'500.- aus. Die weiteren Begehren werden abgewiesen.
5. Auf den Antrag zur Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wird nicht eingetreten.
6. Dieser Entscheid wird der Bundesanwaltschaft und Rechtsanwältin Yvona Griesser eröffnet.
Im Namen der Strafkammer
des Bundesstrafgerichts
Der Einzelrichter Der Gerichtsschreiber
Nach Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen an:
- Bundesanwaltschaft als Vollzugsbehörde
- Staatssekretariat für Wirtschaft (mitsamt Akten)
Rechtsmittelbelehrung
Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Urteilsausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG).
Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG ). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG ).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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