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Entscheid des Bundesstrafgerichts: RR.2009.345 vom 10.12.2009

Hier finden Sie das Urteil RR.2009.345 vom 10.12.2009 - Beschwerdekammer: Rechtshilfe

Sachverhalt des Entscheids RR.2009.345

Der Bundesstrafgericht entscheidet in einem Fall der internationale Rechtshilfe an Polen wegen Verdachts der Korruption und ungetreuen Amtsführung. Die polnischen Behörden haben ein Rechtshilfeersuchen vom 30. März 2009 und vom 17. September 2009 erhalten, das Bundesamt für Justiz hat das Rechtshilfeersuchen der Bundesanwaltschaft übermittelt. Die Beschwerdeführerinnen sind vertreten durch den Rechtsanwalt Michel Czitron. Der Fall wird aufschiebende Wirkung gemäss Art 80l Abs 3 IRSG erlangt, aber die Beschwerde richtet sich gegen eine Zwischenverfügung der II Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 17. November 2009. Die Beschwerdeführerinnen haben keine unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteile in Bezug auf den Fall, da die Gesetze von Art 65a Abs 3 IRSG und Art 80e Abs 2 lit b IRSG keinen Anlass zur Verletzung des Geheimbereichs des Betroffenen geben.

Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Beschwerdekammer: Rechtshilfe

Fallnummer:

RR.2009.345

Datum:

10.12.2009

Leitsatz/Stichwort:

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Polen. Anwesenheit ausländischer Prozessbeteiligter (Art. 65a,
Art. 80e Abs. 2 lit. b IRSG). Aufschiebende Wirkung (Art. 80l Abs. 3 IRSG)

Schlagwörter

Recht; Rechtshilfe; Bundesstrafgericht; Behörde; Beschwerdeführerin; Beschwerdekammer; Sachen; Zwischenverfügung; Beschwerdeführerinnen; Entscheid; Bundesanwaltschaft; Behörden; Rechtsvertreter; Verfahren; Anwesenheit; Bundesamt; Bundesstrafgerichts; Bundesgesetz; Bundesgericht; Verwendung; Garantieerklärung; Gerichtsgebühr; Tribunal; Personen; Rechtshilfeersuchen; Bundesgesetzes; Übereinkommen; Urteil; Schlussverfügung

Rechtskraft:

Kein Rechtsmittel gegeben

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 63 VwVG ;Art. 93 BGG ;

Referenz BGE:

123 II 595; 128 II 211; 129 II 462; 131 II 132; ;

Kommentar:

-

Entscheid des Bundesstrafgerichts

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: RR.2009.343 -345

Entscheid vom 10. Dezember 2009
II. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Cornelia Cova, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Patrick Robert-Nicoud ,

Gerichtsschreiberin Santina Pizzonia

Parteien

1. A. AG,

Beschwerdeführerin 1

2. B. AG ,

Beschwerdeführerin 2

3. C.,

Beschwerdeführerin 3

alle vertreten durch Rechtsanwalt Michel Czitron,

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Polen

Anwesenheit ausländischer Prozessbeteiligter (Art. 65a , Art. 80e Abs. 2 lit. b IRSG );
aufschiebende Wirkung (Art. 80l Abs. 3 IRSG )


Sachverhalt:

- die polnischen Behörden gegen D., E. und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Korruption und der ungetreuen Amtsführung führen;

- die polnischen Behörden mit einem Rechtshilfeersuchen vom 30. März 2009 sowie dessen Ergänzung vom 17. September 2009 an die Schweiz gelangt sind (act. 1.2); sie u.a. um Bewilligung der Teilnahme des verfahrensleitenden Staatsanwaltes und weiterer Personen an den ersuchten Ermittlungshandlungen gebeten haben;

- das Bundesamt für Justiz (nachfolgend "Bundesamt") das Rechtshilfeersuchen der Bundesanwaltschaft übermittelt hat;

- die Bundesanwaltschaft mit Eintretensverfügung vom 7. August 2009 auf das Rechtshilfeersuchen eingetreten ist (act. 1.1);

- mit Zwischenverfügung vom 17. November 2009 die Bundesanwaltschaft die Anwesenheit von Behörden der Berufungsstaatsanwaltschaft Katowice, namentlich Staatsanwalt F., Polizeibeamter G. und Übersetzer H., für die beantragten Rechtshilfemassnahmen und Akteinsicht bewilligt hat (act. 1.2);

- nach Darstellung des Rechtsvertreters der nachfolgenden Gesellschaften, A. AG, B. AG und C., die Zwischenverfügung vom 17. November 2009 am 19. November 2009 ausgehändigt worden sei (act. 1 S. 2);

- die Gesellschaften A. AG, B. AG und C. durch ihren gemeinsamen Rechtsvertreter gegen die Zwischenverfügung vom 17. November 2009 mit Beschwerde vom 25. November 2009 an die II. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts gelangt sind (act. 1);

- mit Entscheid der Präsidentin der II. Beschwerdekammer bzw. des Referenten vom 26. November 2009 der Beschwerde superprovisorisch aufschiebende Wirkung erteilt wurde (act. 2); gleichzeitig die Beschwerdegegnerin sowie das Bundesamt über die Beschwerde in Kenntnis gesetzt wurden (act. 2); auf die Durchführung eines formellen Schriftenwechsel hingegen in Anwendung von Art. 57 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) in Verbindung mit Art. 30 lit. b des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 2002 über das Bundesstrafgericht (SGG; SR 173.71) verzichtet wurde;

- f ür die Rechtshilfe zwischen Polen und der Schweiz in erster Linie das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EUeR, SR 0.351.1), dem beide Staaten beigetreten sind, sowie die Bestimmungen der Art. 48 ff. des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Schengener Durchführungsübereinkommen, SDÜ; ABl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19 - 62) zwecks Ergänzung und Erleichterung der Anwendung des EUeR massgebend sind;

- das schweizerische Landesrecht, namentlich das Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG, SR 351.1) und die Verordnung über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 24. Februar 1982 (IRSV, SR 351.11) anwendbar ist, soweit die einleitend genannten Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln oder das innerstaatliche Recht geringere Anforderungen an die Rechtshilfe stellt (BGE 129 II 462 E. 1.1); die Wahrung der Menschenrechte vorbehalten ist (BGE 123 II 595 E. 7c; Urteil des Bundesgericht 1B_217/2009 vom 17. September 2009, E. 2.3);

- die Verfügung der ausführenden kantonalen Behörde oder der ausführenden Bundesbehörde, mit der das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird, zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen der Beschwerde an die II. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts unterliegt
(Art. 80 e Abs. 1 IRSG; Art. 28 Abs. 1 lit. e des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 2002 über das Bundesstrafgericht, SGG, SR 173.71; Art. 9 Abs. 3 des Reglements vom 20. Juni 2006 für das Bundesstrafgericht, SR 173.710);

- der Schlussverfügung vorangehende Zwischenverfügungen nur ausnahmsweise selbständig angefochten werden können, sofern sie u.a. durch die Anwesenheit von Personen, die am ausländischen Prozess beteiligt sind, einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken (Art. 80 e Abs. 2 lit. b IRSG); sich die vorliegende Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung gemäss Art. 80 e Abs. 2 lit. b IRSG richtet;

- gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts die blosse Anwesenheit ausländischer Prozessbeteiligter an einer Rechtshilfehandlung für den Betroffenen in der Regel noch keinen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil i.S.v. Art. 80 e Abs. 2 IRSG zur Folge hat;

- ein solcher Nachteil hingegen zu bejahen ist, wenn die Gefahr besteht, dass den ausländischen Behörden durch die Teilnahme ihrer Beamten an den Vollzugshandlungen Tatsachen aus dem Geheimbereich zugänglich gemacht werden, bevor über die Gewährung oder den Umfang der Rechtshilfe entschieden worden ist (vgl. Art. 65 a Abs. 3 IRSG; BGE 128 II 211 E. 2.1, je m.w.H.; Urteile des Bundesgerichts 1A.225/2006 vom 6. März 2007, E. 1.5.1; 1A.215/2006 vom 7. November 2006, E. 1.3; 1A.35/2001 vom 21. Mai 2001, E. 1a; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2007.6 vom 22. Februar 2007, E. 2.4);

- diese Gefahr der Verletzung des Geheimbereichs des Betroffenen zu verneinen ist, wenn die schweizerischen Behörden die nach den Umständen geeigneten Vorkehrungen treffen, um eine vorzeitige Verwendung von Informationen im ausländischen Strafverfahren zu verhindern (vgl. Robert Zimmermann , La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Bern 2009, N. 409; BGE 128 II 211 E. 2.1; 127 II 198 E. 2b); geeignete Vorkehrungen die Vollzugsbehörde u.a. dann trifft, wenn sie den ausländischen Beamten anlässlich der Rechtshilfehandlung untersagt, Notizen zu machen und Kopien zu erstellen, und sie verpflichtet, allfällige Erkenntnisse bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Schlussverfügung im ausländischen Verfahren nicht zu verwenden (vgl. BGE 131 II 132 E. 2.2; Urteile des Bundesgerichts 1A.225/2006 vom 6. März 2007, E. 1.5.1; 1A.215/2006 vom 7. November 2006, E. 2.3);

- der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen aus dem Umstand, dass eine Garantieerklärung eingeholt wurde, schliesst, dass ein Zugang der ausländischen Beamten zu Tatsachen aus dem Geheimbereich als durchaus möglich erachtet bzw. sogar in Kauf genommen würde; nach Darstellung des Rechtsvertreters damit klar sei, dass die gesetzliche Vorschrift von Art. 65 a Abs. 3 IRSG wohl kaum eingehalten" würde (act. 1 S. 10); der Rechtsvertreter schliesslich vorbringt, dass es als gerichtsnotorisch gelten dürfe, dass unter einem Verwendungsverbot stehendes Wissen seinen Weg zur Verwendung finde, wenn auch indirekt und über Umwegen (act. 1 S. 11); nach seiner Auffassung ein solcher Nachteil nicht mehr wieder gut zu machen sei (a.a.O.);

- vorliegend unbestritten ist, dass die ersuchende Behörde eine Garantieerklärung unterzeichnet hat, in welche sie sich verpflichtet, allfällige Erkenntnisse aus der Beweiserhebung bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Schlussverfügung oder einer vereinfachten Ausführung gemäss Art. 80 c IRSG nicht zu verwenden (act. 1.2 S. 2);

- die Vollzugsbehörde durch die Einholung einer solchen Garantieerklärung geeignete Vorkehrungen im Sinne der Rechtsprechung getroffen hat, um eine vorzeitige Verwendung von Informationen im ausländischen Strafverfahren zu verhindern;

- konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich die ersuchende Behörde über die Bedingungen der Garantieerklärungen hinwegsetzen wird, weder geltend gemacht wurden noch ersichtlich sind; vielmehr aufgrund des völkerrechtlichen Vertrauensprinzipes davon ausgegangen werden kann, dass die ersuchende Behörde sich an sie halten wird;

- der von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Umstand demnach keinen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne der Rechtsprechung begründet;

- die Beschwerdeführerinnen auch darüber hinaus keinen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil i.S.v. Art. 80 e Abs. 2 IRSG dargetan haben; nach dem Gesagten bereits aus diesem Grunde auf ihre Beschwerde nicht einzutreten ist; die Prüfung der weiteren Eintretensvoraussetzungen bei dieser Sachlage unterbleiben kann;

- d as Gesuch der Beschwerdeführerinnen um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde mit dem vorliegenden Entscheid hinfällig wird und als gegenstandslos geworden abzuschreiben ist;

- bei diesem Ausgang des Verfahrens die Beschwerdeführerinnen kostenpflichtig werden (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 30 lit. b SGG), wobei für die Berechnung der Gerichtsgebühren das Reglement vom 11. Februar 2004 über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht ( SR 173.711.32) zur Anwendung gelangt (Art. 63 Abs. 5 VwVG i.V.m. Art. 30 lit. b SGG); die Gerichtsgebühr vorliegend auf CHF 3'000.-- anzusetzen ist, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.


Demnach erkennt die II. Beschwerdekammer:

1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. Das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird als gegen-standslos geworden abgeschrieben.

3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführerinnen solidarisch auferlegt, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

Bellinzona, den 11. Dezember 2009

Im Namen der II. Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Michel Citron

- Bundesanwaltschaft

- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben (vgl. Art. 93 Abs. 2 BGG ).

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