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Dossiernummer | Datum | Regeste | Schlagwort (gekürzt) |
129 I 85 | 13.11.2002 | Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 3 EMRK; verfassungsrechtliche Anforderungen an die gerichtliche Verwertung der Überwachung fremdsprachiger Telefongespräche. Weder das (hier noch nicht anwendbare) Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1) oder die Verordnung dazu (VÜPF; SR 780.11) noch die Aargauer Strafprozessordnung enthalten Vorschriften, in welcher Form die in einer fremden Sprache abgehörten Telefongespräche dem Gericht zugänglich zu machen sind (E. 3). Die aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör als Teilaspekt des Grundsatzes des fairen Verfahrens folgenden Verteidigungsrechte erheischen, dass aktenmässig belegt ist, wie Beweismittel produziert wurden (hier deutsche Protokolle von abgehörten fremdsprachigen Telefongesprächen; E. 4.1-4.3). Der Angeklagte kann sich darauf beschränken, die Verwertbarkeit von Beweismitteln zu bestreiten, ohne im Voraus die Verbesserung der geltend gemachten Mängel verlangt zu haben (hier namentlich die Bekanntgabe der Verfasser der Telefonabhörprotokolle; E. 4.4). | Obergericht; Gericht; Beweismittel; Protokolle; Angeklagte; Verfahren; Überwachung; Sprache; Akten; BÜPF; Person; Urteil; |
128 I 254 | 14.08.2002 | Art. 49 Abs. 1 BV; zuständige kantonale Behörde gemäss Art. 25 Abs. 2 RPG. Art. 25 Abs. 2 RPG verlangt im Interesse einer gesamtkantonal einheitlichen und rechtsgleichen Rechtsanwendung, dass sämtliche Gesuche für Bauvorhaben ausserhalb der Bauzone von einer kantonalen Behörde behandelt werden (E. 3). Art. 84 Abs. 1 des Berner Baugesetzes, der diese Kompetenz auf die (derzeit insgesamt 26) Regierungsstatthalter überträgt, erfüllt diese Anforderung nicht (E. 4). | Kanton; Regierung; Behörde; Bundes; Kantons; Regierungsstatthalter; Raumplanung; Kantone; Gemeinde; Zuständigkeit; Regierungsrat; Bauzone; |
128 I 288 | 23.08.2002 | Art. 30 Abs. 1 und 3 BV: Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens und Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung. Auch wenn Art. 30 Abs. 1 BV materiell einen weiteren Anwendungsbereich hat als Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 2.2), verleiht Art. 30 Abs. 3 BV dem Rechtsuchenden kein Recht auf eine öffentliche Verhandlung; er garantiert einzig, dass, wenn eine Verhandlung stattzufinden hat, diese öffentlich sein muss, abgesehen von den im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen (E. 2.3-2.6). Geht es bei einem Rechtsstreit um die Prüfungsergebnisse von Schul- oder Universitätsexamen oder um die Zulassung zu oder den Ausschluss aus einer öffentlichen Bildungseinrichtung, so gewährt Art. 30 Abs. 3 BV ebenso wenig wie Art. 6 Ziff. 1 EMRK einen Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung (E. 2.7). | éral; édéral; ébats; édure; étation; érale; être; édérale; Tribunal; était; Université; également; Conseil; Message; Autre; |
128 I 327 | 26.08.2002 | Verordnung des Grossen Rates über die Kantonspolizei; Befugnis zur Anordnung sicherheitspolizeilicher Massnahmen; Grundsatz der Gewaltenteilung; polizeiliche Generalklausel; Einschränkung von Grundrechten; Art. 36 BV; Art. 15 KV/GR. Zuständigkeit des Grossen Rates, mittels Verordnung im Rahmen der polizeilichen Generalklausel im Bereiche des Polizeiwesens zu legiferieren; keine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (E. 2). Grossrätliche Verordnung stellt formellgesetzliche Grundlage für Grundrechtseingriffe dar (E. 4.1). Legalitätsprinzip und hinreichende Bestimmtheit gesetzlicher Normen im Bereiche des Polizeiwesens (E. 4.2). Verhältnismässigkeit von sicherheitspolizeilichen Massnahmen (Fernhalteanordnungen, Errichtung von Sperrzonen und vorübergehende Sicherstellung von Gegenständen; E. 4.3). | Polizei; Kanton; Kantons; Massnahmen; Verordnung; Recht; KV/GR; Sicherheit; Gefahr; Gesetze; Kantonspolizei; Verfassung; Bereich; Bundes; |
128 I 280 | 06.09.2002 | Wohnsitzpflicht für Urkundspersonen (Art. 24 BV). Urkundspersonen können sich mit Bezug auf die hoheitliche Tätigkeit weder auf die Wirtschaftsfreiheit noch auf das Binnenmarktgesetz noch auf das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten anderseits berufen (E. 3). Die Regelung des Kantons Appenzell I.Rh., wonach die hoheitliche Beurkundungsbefugnis Personen mit Wohnsitz im Kanton vorbehalten wird, ist mit der Bundesverfassung und namentlich mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar (E. 4). | Kanton; Wohnsitz; Appenzell; Niederlassung; Niederlassungsfreiheit; Wohnsitzpflicht; Recht; Beurkundung; Urteil; Schweiz; Bundesgericht; |
128 I 273 | 17.09.2002 | Gerichtsstandsvereinbarung. Verfahrenssprache; Aktenübersetzung (Art. 9 und 30 Abs. 2 BV; Art. 9 ZPO/GE). Die Pflicht der Parteien, sich beim Prozessieren vor Genfer Gerichten der französischen Amtssprache zu bedienen, schliesst auch diejenige ein, eine Übersetzung der ins Recht gelegten und in einer anderen Sprache abgefassten Dokumente einzureichen. Tragweite der letzteren Pflicht, namentlich soweit sie eine Gerichtsstandsvereinbarung betrifft (E. 2). | été; Emprunteur; énérale; énérales; être; çais; èces; écision; était; Espèce; également; Tribunal; étence; édure; Arbitraire; |
129 I 1 | 06.11.2002 | Willkür in der Rechtssetzung (Art. 9 BV), Rechtsgleichheit in der Rechtssetzung (Art. 8 Abs. 1 BV), inzidente Normenkontrolle; Alimentenbevorschussung (Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Konkubinatspartners). Die kantonale Bestimmung, wonach das Einkommen des Konkubinatspartners des obhutsberechtigten Elternteils anrechenbar ist, Alimentenbevorschussung also nur gewährt wird, wenn die Einkommen beider Partner zusammen die Bevorschussungsgrenze nicht übersteigen, hält vor dem Willkürverbot stand (E. 3.1). Die dargestellte Regelung kann, soweit die Zulässigkeit der Gleichbehandlung von Stiefelternteil und Konkubinatspartner in Frage steht, verfassungskonform ausgelegt werden. Damit steht auch Art. 8 Abs. 1 BV der Anwendung der beanstandeten Norm nicht entgegen (E. 3.2). | Konkubinat; Konkubinats; Konkubinatspartner; Einkommen; Recht; Partner; Unterhalt; Stiefelternteil; Konkubinatspartners; Kanton; Kantons; |
129 I 151 | 06.11.2002 | Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK; Art. 32 Abs. 2 BV; § 107 Abs. 2 StPO/AG; Anspruch auf Befragung des minderjährigen Opferzeugen. Der Anspruch, dem Belastungszeugen Fragen stellen zu können, ist dann absoluter Natur, wenn dem Zeugnis ausschlaggebende Bedeutung zukommt (E. 3.1). Dieser Anspruch kann mit Rücksicht auf den Schutz des Opfers allenfalls auch ohne Konfrontation mit dem Angeklagten oder direkte Befragung des Opfers durch den Verteidiger gewährleistet werden (E. 3.2). Die Beantwortung von Fragen der Verteidigung an den ausschlaggebenden Belastungszeugen darf nicht mittels antizipierter Beweiswürdigung für nicht notwendig erklärt werden. Schliessen es die berechtigten Interessen namentlich des minderjährigen Opfers aus, dass ihm der Angeklagte Fragen stellen lässt, darf auf die entsprechende Zeugenaussage grundsätzlich nicht abgestellt werden (E. 4). Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Ersatzmassnahmen für die direkte Konfrontation in Frage kommen, um die Verteidigungsrechte des Angeschuldigten so weit als möglich zu gewährleisten und gleichzeitig den Interessen des Opfers gerecht zu werden (E. 5). | Opfer; Urteil; Angeklagte; Fragen; Opfers; Verteidigung; Einvernahme; Obergericht; Anspruch; Angeklagten; Beweis; Aussage; |
129 I 12 | 07.11.2002 | Art. 19, 36 und 62 BV; Art. 29 Abs. 2 KV/BE; soziale Grundrechte; disziplinarischer Schulausschluss. Aus Art. 19 BV ergibt sich der Anspruch auf eine den individuellen Fähigkeiten des Kindes und seiner Persönlichkeitsentwicklung entsprechende unentgeltliche Grundschulausbildung an öffentlichen Schulen während der obligatorischen Schulzeit von mindestens neun Jahren (E. 4). Art. 29 Abs. 2 KV/BE dehnt nicht nur den Anspruch auf alle Schulen innerhalb der obligatorischen Schulpflicht aus, sondern begründet gleichzeitig einen weitergehenden Anspruch des Kindes auf Schutz, Fürsorge und Betreuung (E. 5). Bei einschränkenden Konkretisierungen von sozialen Grundrechtsansprüchen ist in sinngemässer Anwendung von Art. 36 BV zu prüfen, ob die Voraussetzungen der gesetzlichen Grundlage, des überwiegenden öffentlichen oder privaten Interesses sowie der Verhältnismässigkeit erfüllt sind (E. 6-9). Das Gemeinwesen hat in der Regel eine Weiterbetreuung ausgeschlossener Schüler - bis zum Ende der obligatorischen Schulpflicht - durch geeignete Personen oder öffentliche Institutionen zu gewährleisten (E. 9.5). Das in Art. 28 VSG/BE geregelte Stufenmodell, das als letzte und schärfste Massnahme (ultima ratio) einen vorübergehenden (teilweisen oder vollständigen) Ausschluss vom Unterricht während höchstens zwölf Schulwochen pro Schuljahr vorsieht, lässt sich verfassungskonform auslegen (E. 10). | Schüler; Ausschluss; Schule; VSG/BE; Recht; Grundrecht; Anspruch; Massnahme; Eltern; Kanton; Grundrechte; Bildung; KV/BE; Regel; Kindes; |
129 I 35 | 07.11.2002 | Art. 19, 36 und 62 BV; disziplinarischer Schulausschluss. Nach Art. 48 VSG/SG dauert die Schulpflicht - und damit auch der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Volksschulunterricht im Sinne von Art. 19 BV - grundsätzlich bis zum Abschluss der dritten Oberstufenklasse (E. 7). Voraussetzungen für die Einschränkung dieses sozialen Grundrechtsanspruches (E. 8-10). Das Gemeinwesen hat in der Regel eine Weiterbetreuung ausgeschlossener Grundschüler durch geeignete Personen oder öffentliche Institutionen zu gewährleisten (E. 11.2). Besucht der ausgeschlossene Schüler, dem ersatzweise ein Schulunterricht in einem öffentlichen Erziehungs- oder Schulheim angeboten worden ist, dennoch eine Privatschule, kann der Kanton die Übernahme der Kosten ablehnen (E. 11.4 und 11.5). | Schüler; Schule; Ausschluss; Anspruch; VSG/SG; Erziehungs; Kanton; Schulpflicht; Oberstufe; Massnahme; Grundrecht; Interesse; Schulrat; |
129 I 49 | 07.11.2002 | Art. 9 und 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Abs. 2 EMRK; Strafverfahren, Willkürverbot, Unschuldsvermutung. Methodische Anforderungen an die psychologische Glaubhaftigkeitsbegutachtung von Zeugenaussagen (E. 5 und 6). | Aussage; Gutachten; Aussagen; Gutachter; Gutachterin; Kantons; Kantonsgericht; Glaubhaftigkeit; Zeugen; Vergewaltigung; Erlebnis; Hotel; |