Bundesgerichtsentscheid

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Bundesgerichtsentscheid 95 I 253 vom 09.07.1969

Dossiernummer:95 I 253
Datum:09.07.1969
Schlagwörter (i):Recht; Beschwerde; Check; Rechtsvorschlag; Kantonalbank; Zahlung; Rohner; Entscheid; Staatsrechtliche; Forderung; Gläubiger; Nationalbank; Klage; Bewilligt; Betreibung; Checks; SchKG; Kassationsgericht; Wird; Forderungs; Zürcher; Bewilligung; Urteil; Beschwerdeführerin; Schrieb; Schuld; Obergericht; Anweisung

Rechtsnormen:

BGE: 90 I 201, 81 I 61, 83 I 166, 94 I 371

Artikel: Art. 86, 87 OG, Art. 18 SchKG , Art. 468 SchKG , Art. 4 BV, § 344 Ziff. 9 ZPO, Art. 182 SchKG , Art. 184 SchKG

Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Urteilskopf
95 I 253

36. Auszug aus dem Urteil vom 9. Juli 1969 i.S. Bank Rohner & Co. A.-G. gegen Architekturgemeinschaft Wildbolz & Huber und Kassationsgericht des Kantons Zürich

Regeste
Art. 86, 87 OG. Der Entscheid, mit dem in der Wechselrechtsbetreibung der Rechtsvorschlag bewilligt wird, stellt einen mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbaren Endentscheid dar (Erw. 1-3).
Bezahlung des Checks unter einer auflösenden Bedingung? Erw.4).

Sachverhalt ab Seite 253
BGE 95 I 253 S. 253
A.- Die Kollektivgesellschaft Wildbolz und Huber stellte an die Ordre der Fontanella SA einen durch die Zürcher Kantonalbank zahlbaren Check aus über Fr. 29'000.--. Die Fontanella übertrug diesen durch Indossament an die Bank Rohner & Co. AG, welche ihn mit Brief vom 24. Mai 1968 der Zürcher Kantonalbank zum Inkasso übergab. Diese schrieb der Bank Rohner "Eingang vorbehalten" die Checksumme gut und teilte ihr mit, sie vergüte ihr weisungsgemäss Fr. 29'000.-- auf deren Girokonto bei der Schweizerischen Nationalbank. Von dieser wurde der Check der Beschwerdeführerin am 28. Mai 1968 gutgeschrieben. Da die Checksumme nicht einging, forderte die Zürcher Kantonalbank dieselbe von der Bank Rohner und klagte in der Folge auf Bezahlung von Fr. 29'105.65. Daraufhin schrieb die Bank Rohner der Kantonalbank die verlangte Summe gut und leitete gegen die Ausstellerin des Checks die Wechselbetreibung ein. Die Betriebene erhob Rechtsvorschlag. Einzelrichter und Obergericht des Kantons Zürich verweigerten dessen Bewilligung. Auf Nichtigkeitsbeschwerde hin hat das Kassationsgericht den obergerichtlichen Entscheid aufgehoben und den Rechtsvorschlag bewilligt, mit der Begründung: Die "Eingang vorbehalten" von der Kantonalbank erteilte Gutschrift bedeute, dass sich die Kantonalbank
BGE 95 I 253 S. 254
zur Auszahlung nur für den Fall des Einganges des Gegenwertes verpflichtet habe. Dessen ungeachtet habe sie die Nationalbank beauftragt, der Bank Rohner Gutschrift zu erteilen. Diese Gutschrift sei nicht mit einem Vorbehalt versehen gewesen. Die Nationalbank sei durch sie gegenüber der Anweisungsempfängerin zur Zahlung verpflichtet worden. Sie habe deshalb der Bank Rohner gegenüber nicht diejenigen Einwendungen erheben können, welche der Kantonalbank gegenüber der Bank Rohner zustanden (Art. 468 OR). Von einer bedingten Zahlung könne deshalb nicht gesprochen werden. Vielmehr sei der Check eingelöst und damit im Sinne von Art. 182 SchKG bezahlt worden. Möglich wäre unter diesen Umständen nur eine Rückforderung des der Bank Rohner auf Veranlassung der Kantonalbank Bezahlten.
Die angefochtene Entscheidung des Obergerichtes verletze klares Recht.
B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die Bank Rohner & Co., den Beschluss des Kassationsgerichtes aufzuheben und den Wechselrechtsvorschlag zu verweigern. Sie rügt eine Verletzung von Art. 4 BV und macht zur Begründung geltend: Klares Recht wäre nur verletzt, wenn der Entscheid des Obergerichtes einer klaren gesetzlichen Vorschrift widersprechen würde. Das sei nicht der Fall, wenn eine gesetzliche Vorschrift auszulegen sei oder wenn das Gesetz auf das richterliche Ermessen verweise. Das Kassationsgericht habe nicht die Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift angenommen, sondern eine Rechtshandlung der Zürcher Kantonalbank ausgelegt, indem es die Anweisung an die Nationalbank als bedingungslose Zahlung bezeichne. Damit habe das Kassationsgericht § 344 Ziff. 9 ZPO und gleichzeitig die Rechtsgleichheit verletzt. Überdies sei die Annahme willkürlich, der Check sei bedingungslos eingelöst worden.
C.- Das Kassationsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Die Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Das Gericht bewilligt in der Wechselbetreibung den Rechtsvorschlag, wenn durch Urkunden bewiesen wird, dass die Schuld an den Inhaber des Wechsels oder Checks bezahlt
BGE 95 I 253 S. 255
oder durch denselben nachgelassen oder gestundet ist (Art. 182 Ziff. 1 SchKG). Ist der Rechtsvorschlag bewilligt, so wird die Betreibung eingestellt. Der Gläubiger hat zur Geltendmachung seines Anspruchs den ordentlichen Prozessweg zu betreten (Art. 186 SchKG). Für den Fall der Anwendung von Art. 184 Abs. 2 SchKG, d.h. bei Bewilligung des Rechtsvorschlages erst nach Hinterlegung des streitigen Betrages, wo der Gläubiger ebenfalls auf die Anhebung der Klage auf Zahlung verwiesen wird, wird in BGE 90 I 201 davon ausgegangen, der kantonale Instanzenzug sei vor der Durchführung dieser Klage nicht erschöpft, die staatsrechtliche Beschwerde gegen die Bewilligung des Rechtsvorschlages in der Wechselbetreibung daher unzulässig (Art. 86, 87 OG). Es stellt sich deshalb die Frage der Anfechtbarkeit mit staatsrechtlicher Beschwerde auch im Falle von Art. 182 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 186 SchKG. Denn die Gleichartigkeit der Sachlage ist trotz der verschiedenen Voraussetzungen für die Bewilligung des Rechtsvorschlages nicht zu verkennen. In beiden Fällen ist zu entscheiden, ob die dem Gläubiger offenstehende Klage zur Geltendmachung seines Anspruchs ein Rechtsmittel ist, das die Letztinstanzlichkeit des Entscheides ausschliesst.
2. Die Rechtsprechung hat bisher staatsrechtliche Beschwerden gegen Entscheide kantonaler Verwaltungsbehörden als unzulässig erklärt, wenn zur Erreichung des Zieles, auf das sie gerichtet waren, die Zivilklage zur Verfügung stand (BGE 78 I 250, BGE 81 I 61, BGE 83 I 166). Dieser Grundsatz wurde in BGE 79 I 44, 153 erstmals auch auf Entscheide über die Gewährung oder Verweigerung provisorischer Rechtsöffung angewendet. Es wurde davon ausgegangen, die staatsrechtliche Beschwerde gegen derartige Entscheidungen sei nicht zulässig im Hinblick auf die Möglichkeit, durch Forderungs- bzw. Aberkennungsklage den materiellen Bestand der in Betreibung gesetzten Forderung abklären zu lassen.
Ob an der Rechtsprechung, wonach die offenstehende Zivilklage die staatsrechtliche Beschwerde ausschliesse, festzuhalten ist, wurde später wieder offen gelassen (BGE 94 I 371 Erw. Ziff. 4). Die Anwendung auf Entscheidungen, welche die Gewährung oder Verweigerung provisorischer Rechtsöffunng betreffen, wurde dagegen im gleichen Urteil aufgegeben, weil das Rechtsöffnungsverfahren ein Zwischenverfahren der Schuldbetreibung rein vollstreckungsrechtlicher Natur ist, während
BGE 95 I 253 S. 256
Forderungs- und Aberkennungsklage sich in keiner wesentlichen Beziehung von einem mit einem Betreibungsverfahren überhaupt nicht mehr zusammenhängenden Forderungsstreit unterscheiden, Rechtsöffnungs- und Zivilprozessverfahren ihrem Gegenstand nach also derart verschieden sind, dass es nicht angeht, sie als Einheit aufzufassen und die Klage vor dem Richter als Rechtsmittel im Sinne von Art. 86, 87 OG zu betrachten.
3. Bei der Geltendmachung des Anspruchs des Gläubigers im ordentlichen Zivilprozess (Art. 186 SchKG) verhält es sich nicht anders. Sie ist keine Fortsetzung des Betreibungs- und Rechtsvorschlagsverfahrens. Die Betreibung ist bereits mit der Bewilligung des Rechtsvorschlages eingestellt. Der durchzuführende Prozess unterscheidet sich nicht von einem mit einem Betreibungsverfahren nicht mehr zusammenhängenden Forderungsstreit. Damit wird der ordentliche Prozessweg betreten. Es besteht aber auch kein in Betracht fallender Unterschied, wenn der Rechtsvorschlag nur nach Hinterlegung des streitigen Betrages bewilligt und der Gläubiger aufgefordert wird, die Klage auf Bezahlung anzuheben. Dabei handelt es sich um die gleiche zivilrechtliche Forderungsklage, wie sie der Gläubiger zur Realisierung seines Anspruches dann anzustellen hat, wenn der Rechtsvorschlag schlechthin bewilligt wurde, bloss mit dem Unterschied, dass die Forderung durch die Hinterlage des Schuldners sichergestellt ist, wenn die Klage binnen der Frist von 10 Tagen angehoben wird (BLUMENSTEIN, Schuldbetreibungsrecht S. 590 Ziff. 5). Bei dieser Sachlage ist nicht zu umgehen, dass auch auf das Urteil in BGE 90 I 201 zurückzukommen sein wird.
Der Entscheid, mit dem der Rechtsvorschlag bewilligt wird, stellt somit einen Endentscheid dar, der, wenn er wie hier von der letzten kantonalen Instanz ausgeht, mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar ist.
4. Indem die Zürcher Kantonalbank die Schweizerische Nationalbank ohne Vorbehalt zur Zahlung des Checkbetrages anwies, hat sie den Check bezahlt. Vom Zeitpunkt an, da die Nationalbank der Beschwerdeführerin die Checksumme von Fr. 29'000.-- gutschrieb, konnte dieser Auftrag von der Kantonalbank nicht mehr zurückgenommen werden. Denn der Angewiesene, der dem Anweisungsempfänger die Annahme ohne Vorbehalt erklärt, wird ihm zur Zahlung verpflichtet und
BGE 95 I 253 S. 257
kann ihm nur solche Einreden entgegensetzen, die sich aus ihrem persönlichen Verhältnis oder aus dem Inhalt der Anweisung selbst ergeben, nicht aber solche aus seinem Verhältnis zum Anweisenden (Art. 468 OR).
Die Annahme des Obergerichts, die Zahlung sei unter einer auflösenden Bedingung erfolgt, ist nicht haltbar. Die Zahlung ist ein Akt der Verfügung, d.h. ein Rechtsgeschäft, dessen Rechtswirkung auf einen Gegenstand unmittelbar gerichtet ist, dessen Rechtslage unmittelbar ändert. Durch die Zahlung geht das Geleistete in das Vermögen des Gläubigers über. Daran würde ein einseitiger Vorbehalt des Leistenden nichts ändern. Ein solcher ist übrigens bei der Zahlung gerade nicht angebracht worden. Das Verhalten der Kantonalbank entspricht durchaus dieser Rechtslage. Als sie feststellte, dass der Check nicht gedeckt sei, hat sie nicht versucht, den der Nationalbank erteilten definitiven und ausgeführten Auftrag zu widerrufen. Sie verlangte von der Beschwerdeführerin Rückerstattung, d.h. eine neue Zahlung. Darauf ging denn auch die gegen die Beschwerdeführerin angehobene Klage.
Mit der Bezahlung durch die Kantonalbank ist die Forderung des Inhabers erloschen, so dass diesem aus dem Check keinerlei Rechte mehr zustehen. Der Rechtsvorschlag war deshalb zu bewilligen.

Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.

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