Bundesgerichtsentscheid

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Bundesgerichtsentscheid 144 IV 49 vom 16.03.2018

Dossiernummer:144 IV 49
Datum:16.03.2018
Schlagwörter (i):Antrag; Urteil; Sachbeschädigung; Fahrzeugs; Beschwerde; Antrag; Gebrauch; Antragsrecht; Person; Vorinstanz; Verantwortung; Verletzung; Bundesgericht; Beeinträchtigt; Schuldig; Verkehrsregeln; Stellen; Entlehner; Erhaltung; Berechtigt; Unmittelbar; Miete; Obergericht; Gelenkten; Täter; Antragsberechtigung; Bestrafte; Höchstpersönliche; Kantons; Insassen

Rechtsnormen:

BGE: 118 IV 209, 121 IV 258

Artikel: Art. 30 StGB , Art. 306 OR , Art. 14 StGB , Art. 43 SVG , Art. 36 VRV , Art. 44 SVG , Art. 34 VRV , Art. 31 StGB

Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Urteilskopf
144 IV 49

7. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen)
6B_428/2017 vom 16. März 2018

Regeste
Art. 30 Abs. 1 StGB, Art. 144 StGB, Art. 306 Abs. 3 OR; Strafantragsrecht des Entlehners wegen Sachbeschädigung.
Bei nicht höchstpersönlichen Rechtsgütern ist neben dem Träger des angegriffenen Rechtsguts auch derjenige strafantragsberechtigt, in dessen Rechtskreis die Tat unmittelbar eingreift oder dem eine besondere Verantwortung für die Erhaltung des Gegenstandes obliegt (E. 1.2). Der Entlehner eines Fahrzeugs ist bei bestimmungsgemässem Gebrauch nur dann zum Strafantrag berechtigt, wenn er durch die Beschädigung in der Benutzung des ihm geliehenen Fahrzeugs beeinträchtigt wurde (E. 1.3).

Sachverhalt ab Seite 50
BGE 144 IV 49 S. 50
A. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl erhob am 13. Oktober 2014 Anklage gegen X. wegen Sachbeschädigung und mehrfacher Verletzung der Verkehrsregeln. X. wird im Wesentlichen vorgeworfen, er habe am 9. März 2014 auf einer Autobahn seinen Personenwagen verlassen, um mit den Insassen des von A. gelenkten Fahrzeugs zu diskutieren. Diese hätten sich auf ein Gespräch nicht eingelassen, worauf X. zunächst wieder in sein Auto gestiegen und weitergefahren sei. Kurz danach habe er erneut versucht, die Insassen des von A. gelenkten Fahrzeugs zur Rede zu stellen. Als diese wiederum nicht mit ihm hätten diskutieren wollen, habe er mit der rechten Hand oder Faust auf die Motorhaube des Fahrzeugs geschlagen, wodurch eine Delle entstanden sei.
B. Das Bezirksgericht Zürich erklärte X. am 6. Januar 2015 der Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 43 Abs. 3 SVG und Art. 36 Abs. 3 VRV) schuldig und bestrafte ihn dafür mit einer Busse von Fr. 200.-. Von den Vorwürfen der Sachbeschädigung und der Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 44 Abs. 1 SVG und Art. 34 Abs. 3 VRV) sprach es ihn frei. Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft Berufung und beantragte, X. sei zusätzlich der Sachbeschädigung schuldig zu erklären.
C. Das Obergericht fällte am 25. August 2015 ein Urteil, welches X. am 27. Oktober 2015 in begründeter Form zugestellt worden ist. Das Bundesgericht hob dieses Urteil am 31. Mai 2016 wegen der fehlenden Unterschrift des Vorsitzenden auf und wies die Sache zu neuer Eröffnung an die Vorinstanz zurück (Urteil 6B_1231/2015).
D. Am 31. Januar 2017 stellte das Obergericht fest, dass das erstinstanzliche Urteil bezüglich der Verkehrsregelverletzungen in Rechtskraft erwachsen war und erklärte X. zusätzlich der Sachbeschädigung schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 140.- und einer Busse von Fr. 200.-.
E. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Strafverfahren sei in Bezug auf den Vorwurf der Sachbeschädigung einzustellen. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
F. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
BGE 144 IV 49 S. 51

Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1 Der Beschwerdeführer rügt, es liege kein gültiger Strafantrag vor, zumal dieser nicht von der Eigentümerin (B.), sondern von der Lenkerin des Fahrzeugs (A.) gestellt worden sei. Die Vorinstanz erwägt hierzu, das Strafantragsrecht stehe auch der Person zu, der eine Sache nur zur Miete oder Gebrauchsleihe überlassen worden sei. Innerhalb der gesetzlichen Frist habe nur A. einen Strafantrag gestellt.
1.2 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen (Art. 30 Abs. 1 StGB). Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird (Art. 31 StGB).
Die Antragsberechtigung gemäss Art. 30 Abs. 1 StGB richtet sich nach dem Träger des angegriffenen Rechtsgutes. Handelt es sich nicht um höchstpersönliche Rechtsgüter, kann auch derjenige im Sinne von Art. 30 Abs. 1 StGB verletzt sein, in dessen Rechtskreis die Tat unmittelbar eingreift, sowie derjenige, dem eine besondere Verantwortung für die Erhaltung des Gegenstandes obliegt. Hinsichtlich der Sachbeschädigung hat das Bundesgericht die Antragsberechtigung in diesem Sinne auch auf den Mieter bzw. jeden Berechtigten, der die Sache nicht mehr gebrauchen kann, ausgedehnt. Ebenso hat es angenommen, das Strafantragsrecht stehe bei einem Aneignungsdelikt, sofern dieses nur auf Antrag verfolgt wird, auch anderen Berechtigten zu, deren Interessen am Gebrauch der Sache durch die Wegnahme derselben unmittelbar beeinträchtigt wurden (BGE 118 IV 209 E. 3b; BGE 121 IV 258 E. 2b; je mit Hinweisen; zum Strafantragsrecht des Mieters eines Autos TRECHSEL/JEAN-RICHARD, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Trechsel/Pieth [Hrsg.], 3. Aufl. 2018, N. 2 zu Art. 30 StGB mit Hinweis auf SJZ 57/1961 S. 176).
1.3 Die angeblich durch den Beschwerdeführer verursachte Delle hinderte A. nicht daran, ihre Fahrt fortzusetzen. Sie war in der Benutzung des ihr geliehenen Fahrzeugs in keiner Weise beeinträchtigt. Für den Zufall haftet A. als Entlehnerin nur bei nicht bestimmungsgemässen Gebrauch (Art. 306 Abs. 3 OR), weshalb ihr auch keine besondere Verantwortung für die Erhaltung der Sache zukommt. Sie ist demnach nicht berechtigt, Strafantrag zu stellen.
1.4 Die Vorinstanz liess die Frage offen, ob A. den Strafantrag als bevollmächtigte Vertreterin ihrer Mutter stellte. Dies ist zu verneinen.
BGE 144 IV 49 S. 52
Selbst wenn eine gültige Vollmacht vorliegen sollte, handelte A. ausschliesslich in ihrem eigenen Namen; von der im ihr vorgelegten Formular vorgesehenen Möglichkeit, auf ein allfälliges Stellvertretungsverhältnis hinzuweisen, machte sie keinen Gebrauch.

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