Bundesgerichtsentscheid

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Bundesgerichtsentscheid 116 III 56 vom 05.09.1990

Dossiernummer:116 III 56
Datum:05.09.1990
Schlagwörter (i):Schuld; Betreibung; Lohnpfändung; Betreibungsamt; SchKG; Gläubiger; Schuldner; Zahlung; Schuldbetreibung; Lohnquoten; Forderung; Schuldners; Zeitpunkt; Schuldbetreibungs; Gläubigerin; Bremgarten; Verteilung; Rekurrentin; Verwertung; Auffassung; Pfändung; Auflage; Zinsen; Verzinsung; Zinsberechnung; Entscheid; Lipo-Möbelposten; Betreibungskosten; Lohnpfändung

Rechtsnormen:

Artikel: Art. 12 SchKG , Art. 68 SchKG , Art. 10 SchKG , Art. 20 SchKG , Art. 144 SchKG , Art. 157 SchKG , Art. 144 SchKG , Art. 1 SchKG

Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Urteilskopf
116 III 56

12. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 5. September 1990 i.S. Lipo-Möbelposten AG (Rekurs)

Regeste
Verzinsung der Schuld bei der Lohnpfändung (Art. 12 Abs. 2 SchKG).
Bei der Lohnpfändung hört die Pflicht des Schuldners zur Verzinsung seiner Schuld in dem Umfang und von dem Zeitpunkt an auf, da beim Betreibungsamt Lohnquoten des Schuldners eingehen.

Sachverhalt ab Seite 56
BGE 116 III 56 S. 56
A.- In einer Lohnpfändung verlangte die Gläubigerin Lipo-Möbelposten AG vom Betreibungsamt Bremgarten, es habe die Zinsberechnung auf die Forderung bis zur Auszahlung des Erlöses an die Gläubigerin vorzunehmen. Demgegenüber berechnete das Betreibungsamt den Zins nur bis zum Zeitpunkt, wo der Arbeitgeber den gepfändeten Lohnanteil dem Betreibungsamt zahlte.
Die Lipo-Möbelposten AG beschwerte sich beim Gerichtspräsidium Bremgarten, indem sie im wesentlichen (mit dem Rechtsbegehren Ziff. 1) beantragte, es sei ihr eine Zinsdifferenz von Fr. 25.90, evtl. Fr. 24.80 zu vergüten, und weiter (mit dem Rechtsbegehren Ziff. 2) verlangte, es sei ihr eine Zinsdifferenz von Fr. 42.50, evtl. Fr. 39.30 zu vergüten.
Die untere kantonale Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde insofern gut, als sie das Betreibungsamt Bremgarten anwies, von
BGE 116 III 56 S. 57
der ersten Lohnpfändungsrate vorab die Betreibungskosten von Fr. 97.50 an die Forderung anzurechnen (Art. 68 Abs. 2 SchKG). Die Auffassung der Gläubigerin hinsichtlich der Zinsberechnung wurde vom Gerichtspräsidium Bremgarten indessen mit der Begründung verworfen, dass nach Art. 12 Abs. 2 SchKG die Schuld durch Zahlung an das Betreibungsamt getilgt werde. Dies treffe auch für eine bestrittene Lohnpfändung zu, da die Zahlung an das Betreibungsamt als Hinterlegung zu betrachten sei. Die Hauptforderung sei daher jeweils in der Höhe der eingegangenen Lohnpfändungen vermindert worden, so dass die Zinspflicht vom Eingang der Lohnpfändung an nur noch für die verminderte Forderung weitergelaufen sei.
B.- Die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Aargau wies in ihrer Sitzung vom 6. Juni 1990 die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Entscheid ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
Ebenso wies die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts den von der Gläubigerin erhobenen Rekurs ab aus folgenden

Erwägungen:
2. Zu beantworten ist im vorliegenden Fall die Frage der Zinsberechnung bei der Lohnpfändung. Sie hat sich - wie der angefochtene Entscheid festhält - in der vorliegenden Lohnpfändung nicht nur gestellt, weil mit der Auszahlung der Lohnquoten an die Gläubigerin bis nach Ablauf des Lohnpfändungsjahres zugewartet wurde, sondern auch, weil nach Beginn der Lohnpfändung (am 1. April 1989) ein Widerspruchsverfahren gemäss Art. 107 SchKG eingeleitet wurde und sich dadurch die Verteilung an die Gläubiger verzögerte.
a) Während Art. 209 SchKG klar bestimmt, dass mit der Eröffnung des Konkurses gegenüber dem Gemeinschuldner der Zinsenlauf für alle Forderungen, mit Ausnahme der pfandversicherten, aufhöre, fehlt eine analoge Vorschrift für die Betreibung auf Pfändung und auf Pfandverwertung. Art. 144 Abs. 4 SchKG, worauf sich die Rekurrentin beruft, hält im Hinblick auf die Verteilung lediglich fest, dass der Reinerlös den beteiligten Gläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des laufenden Zinses und der Betreibungskosten, ausgerichtet werden; dasselbe schreibt Art. 157 Abs. 2 SchKG für die Betreibung auf Pfandverwertung
BGE 116 III 56 S. 58
vor. Auf die Frage, wie lange die Zinsen laufen, geben die beiden letzteren Gesetzesbestimmungen keine Antwort.
b) Die Rekurrentin beruft sich auf den Kommentar JAEGER (3. Auflage Zürich 1911; N. 6 zu Art. 144 SchKG), wo wörtlich gesagt wird: "Als Endtermin des Zinsenlaufs ist der Tag der Auflegung des Verteilungsplanes anzunehmen." Auch sieht sie ihre Auffassung an anderer Stelle desselben Kommentars (N. 17 zu Art. 67 SchKG) bestätigt. Sie könnte sich überdies bei JOOS (Handbuch für die Betreibungsbeamten der Schweiz, Wädenswil 1964, S. 266) bestätigt sehen, der - bezüglich der Betreibung auf Pfändung - ausführt, es sei in den Kollokationsplan der Zins, ausgerechnet auf den Tag der Auflegung des Kollokationsplanes, einzutragen.
Die Meinung der Rekurrentin verträgt sich in der Tat mühelos mit der Betreibung auf Pfändung, die zur Verwertung von Vermögensgegenständen des Schuldners führt. Vorliegend geht es indessen um eine Lohnpfändung. Sie rechtfertigt die Betrachtungsweise des Betreibungsamtes und der kantonalen Aufsichtsbehörden, dass die Pflicht des Schuldners zur Verzinsung seiner Schuld in dem Umfang und von dem Zeitpunkt an aufhöre, da beim Betreibungsamt Lohnquoten des Schuldners eingehen. Wie im kantonalen Verfahren zutreffend erkannt worden ist, lässt sich diese Auffassung auf Art. 12 Abs. 2 SchKG stützen, wonach die Schuld durch die Zahlung an das Betreibungsamt erlischt. In diesem Sinne führt denn auch der Kommentar JAEGER (N. 5 zu Art. 12 SchKG) aus, die Schuld erlösche mit dem Tag der Zahlung an das Betreibungsamt ohne Rücksicht darauf, ob überhaupt und wann das Geld von diesem dem Gläubiger abgeliefert werde (ebenso, schon von der Vorinstanz zitiert, BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, Bern 1911, S. 47; FRITZSCHE/ WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Band I, Zürich 1984, § 12 Rz. 2; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. Auflage Bern 1988, § 4 N. 18). Mögen wohl die zitierten Autoren nur oder in erster Linie den Fall vor Augen haben, wo der Schuldner aus eigenem Antrieb seine Schuld durch vollständige Zahlung an das Betreibungsamt begleicht, so ist doch nicht einzusehen, weshalb nicht durch die Zahlung von Lohnquoten in der Lohnpfändung die Schuld als teilgetilgt betrachtet werden sollte (vgl. zur teilweisen Befreiung durch Teilzahlung GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. Auflage Lausanne 1988, S. 48 oben).
BGE 116 III 56 S. 59
Zu beachten ist nun aber vor allem, dass es bei einer Lohnpfändung nicht zu einer Versteigerung der gepfändeten Vermögenswerte kommt. Der Einzug der fälligen Beträge erübrigt die Verwertung (AMONN, a.a.O., §§ 65 f.). Charakteristischer Zeitpunkt ist somit nicht der Zeitpunkt, wo zur Verwertung und Verteilung geschritten wird, sondern der Augenblick, wo die Lohnquoten beim Betreibungsamt eingehen. Es ist daher auch aus dieser Sicht folgerichtig, wenn der Schuldner entsprechend der Zahlung von Lohnquoten von der Schuld und der damit verbundenen Zinspflicht befreit wird.

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