1 BGE 110 II 396 - Bundesgerichtsentscheid vom 10.12.1984

Entscheid des Bundesgerichts: 110 II 396 vom 10.12.1984

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Sachverhalt des Entscheids 110 II 396

Ein Gläubiger kann die Wiedereintragung einer Aktiengesellschaft verlangen, wenn es nach Einstellung des Konkurses im Handelsregister noch Aktive vorhanden sind und seine Forderung glaubhaft machen kann. Wenn der Gesuchsteller jedoch bereits Ansprüche auf dem Konkursverfahren angemeldet hat, muss er diese abtreten lassen und sich nur auf einen Ersatzanspruch aus Art. 755 OR beschränken.

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Details zum Bundesgerichtsentscheid von 10.12.1984

Dossiernummer:110 II 396
Datum:10.12.1984
Schlagwörter (i):Gläubiger; Gesellschaft; Handelsregister; Forderung; Verantwortlichkeitsansprüche; Wiedereintragung; Registerbehörden; Urteil; Justizdirektion; Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Einstellung; Verfügung; Rechtsprechung; Konkursverfahren; Zivilabteilung; Kantons; Aktiengesellschaft; Aktiven; Sinne; Erwägungen; Verwaltungsratspräsident; Konkursverfahrens; Gesuch; Aktivum; Keramikmaschinen; Voraussetzungen; Ansprüche; Beschwerdeführers

Rechtsnormen:

BGE: 100 IB 37, 102 III 84

Artikel: Art. 755 OR , Art. 756 OR , Art. 57 HRegV , Art. 23 SchKG , Art. 26 SchKG

Kommentar:
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Entscheid des Bundesgerichts

Urteilskopf
110 II 396

76. Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Dezember 1984 i.S. X. gegen Z. und Justizdirektion des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste
Handelsregister.
Ist eine Aktiengesellschaft nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven im Handelsregister gelöscht worden, so kann ein Gläubiger, der neben seiner Forderung auch Verantwortlichkeitsansprüche im Sinne von Art. 755 ff. OR geltend machen will, die Wiedereintragung verlangen (Art. 57 und 58 HRegV).

Erwägungen ab Seite 396
BGE 110 II 396 S. 396
Erwägungen:
1. X. war Verwaltungsratspräsident mit Einzelunterschrift der M. AG, die im März 1984 nach Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven im Handelsregister gelöscht wurde. Er führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Verfügung der Justizdirektion des Kantons Zürich, die ihn am 25. Oktober 1984 aufgefordert hat, die Gesellschaft innert zehn Tagen zur Wiedereintragung im Handelsregister anzumelden.
Der Aufforderung lag ein Gesuch der Frau Z. zugrunde, die als Gesellschaftsgläubigerin behauptete, dass die M. AG zur Zeit der Konkurseinstellung noch über ein unverwertetes Aktivum, nämlich sechs Keramikmaschinen in Deutschland, verfügt habe. Die Gläubigerin beharrte auf ihrer Forderung, die sie beim Bezirksgericht Uster eingeklagt habe. Sie machte ferner gegen den Verwaltungsratspräsidenten der Gesellschaft Verantwortlichkeitsansprüche wegen mittelbarer Schädigung geltend.
Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Verfügung aufzuheben und das Gesuch der Frau Z. um Wiedereintragung der M. AG abzuweisen.
2. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Gläubiger, der die Wiedereintragung einer Aktiengesellschaft verlangt, die
BGE 110 II 396 S. 397
Voraussetzungen dafür und den Bestand seiner Forderung bloss glaubhaft zu machen, weil es nicht Sache der Registerbehörden, sondern des Richters ist, darüber endgültig zu entscheiden. Würde den Registerbehörden eine solche Befugnis eingeräumt, so könnten sie dem Gläubiger einen Prozess gegen die Gesellschaft verwehren; anders verhält es sich nur, wenn der Gläubiger seine Ansprüche auf einem anderen, ihm ebenfalls zumutbaren Wege durchsetzen kann. Dasselbe gilt für die Verteilung von Gesellschaftsaktiven. Auch hier dürfen die Registerbehörden bloss abklären, ob offensichtlich kein Vermögen mehr vorhanden ist (BGE 100 Ib 37 E. 1 mit Hinweisen).
Die angefochtene Verfügung geht von dieser Rechtsprechung aus, die entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keineswegs "auf ein nichtkonkursmässiges Liquidationsverfahren" zu beschränken ist. Warum dies der Fall sein sollte, ist nicht zu ersehen und versucht der Beschwerdeführer auch mit keinem Wort darzutun. An der Ausgangslage ändert auch nichts, dass die erwähnten Keramikmaschinen heute kein unverteiltes Aktivum der M. AG mehr darstellen, wie die Justizdirektion zugunsten des Beschwerdeführers angenommen hat. Die Gesuchstellerin machte neben ihrer Forderung auch Verantwortlichkeitsansprüche im Sinne von Art. 755 ff. OR geltend. Fragen kann sich daher nur, ob sie sich unbekümmert darum, dass das Konkursverfahren bereits eingestellt worden ist, noch auf Art. 756 Abs. 2 OR berufen kann.
Das ist zu bejahen. Art. 230 SchKG schweigt sich darüber zwar aus, und Art. 269 SchKG, der die Frage regelt, wie nach Abschluss des Konkursverfahrens entdeckte Vermögenswerte des Schuldners zu verteilen sind, beruht auf anderen Voraussetzungen und ist daher nicht unmittelbar anwendbar, auch sinngemäss nicht. Rechtsprechung und Lehre anerkennen indes, dass der Konkursrichter auf seinen Entscheid zurückkommen kann, wenn nach Einstellung des Verfahrens neues Vermögen des Schuldners entdeckt oder noch Ansprüche angemeldet werden (BGE 102 III 84 E. 5 und 87 III 78 mit Zitaten; ferner BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, S. 744). Darf die Gesuchstellerin aber auf einem Ersatzanspruch aus Art. 755 OR beharren und sich den Anspruch gemäss Art. 756 Abs. 2 OR von der Konkursverwaltung abtreten lassen, so kann der Beschwerdeführer im Ernst nicht behaupten, ihre Verantwortlichkeitsansprüche seien aus materiellrechtlichen Gründen offensichtlich nicht
BGE 110 II 396 S. 398
mehr durchsetzbar; jedenfalls ist es nicht Sache der Registerbehörden, darüber endgültig zu befinden (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. September 1984 i.S. Commerzbank AG c. Baumgartner E. 2c).

Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

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