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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2019.00386)

Zusammenfassung des Urteils VB.2019.00386: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Aufenthaltsbewilligung nach dem Familiennachzug entschieden, dass keine Scheinehe vorliegt. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, hatte eine Schweizer Staatsbürgerin geheiratet. Obwohl es einige Indizien gab, die auf eine Scheinehe hindeuteten, wie beispielsweise der Altersunterschied der Eheleute und unterschiedliche Kenntnisse über den jeweils anderen, konnte das Gericht nicht eindeutig auf eine Scheinehe schliessen. Daher wurde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung erteilt, und die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschwerdegegner auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2019.00386

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2019.00386
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:2. Abteilung/2. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2019.00386 vom 19.02.2020 (ZH)
Datum:19.02.2020
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Familiennachzug: Das Migrationsamt hat das Gesuch aufgrund des Vorliegens einer Scheinehe abgewiesen. Zwischen den Eheleuten besteht ein Altersunterschied von 38 Jahren.
Schlagwörter: Indiz; Schweiz; Aufenthalt; Schein; Scheinehe; Indizien; Beschwerdeführenden; Beschwerdeführers; Aufenthaltsbewilligung; Deutschland; Indien; Heirat; Ausländer; Befragung; Familie; Alter; Schweizer; Ehegatten; Vorliegen; Umstand; Aussage; Vorinstanz; Person; Altersunterschied; Werdegang
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:122 II 289;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2019.00386

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

2. Abteilung

VB.2019.00386

Urteil

der 2. Kammer

vom 19.Februar2020

Mitwirkend: Abteilungspräsident Andreas Frei (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Elisabeth Trachsel, Ersatzrichter Daniel Schweikert, Gerichtsschreiberin Linda Rindlisbacher.

In Sachen

B,

beide vertreten durch RA C

gegen

betreffend Aufenthaltsbewilligung
(Familiennachzug),


hat sich ergeben:

I.

A. Der 1986 in Indien geborene und nach Ausbildungs- und Arbeitsaufenthalten in der Schweiz seit September 2014 in D, Deutschland, wohnhafte indische Staatsangehörige A heiratete 2017 in E die 1948 geborene, in E wohnende Schweizer Staatsbürgerin B.

Mit Gesuch vom 13.September 2018 liess A bzw. an seiner Stelle B, vertreten durch die Firma F LLC, die Erteilung einer Einreisebewilligung im Rahmen der Bestimmungen über den Familiennachzug zwecks erstmaligen Zusammenwohnens in E beantragen.

Die Kammer erwägt:

1.

Mit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht können Rechtsverletzungen einschliesslich Ermessensmissbrauch, Ermessensüberschreitung Ermessensunterschreitung und die unrichtige ungenügende Feststellung des Sachverhalts gerügt werden (§20 in Verbindung mit §50 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 [VRG]).

2.
2.1
Ausländische Familienangehörige von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie im Besitz einer dauerhaften Aufenthaltsbewilligung eines Staates sind, mit dem ein Freizügigkeitsabkommen abgeschlossen wurde (Art.42 Abs.2 des Bundesgesetzes vom 16.Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG]; seit 1.Januar 2019: Bundesgesetz vom 16.Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration [AIG]). Als Familienangehörige gelten namentlich Ehegatten (Art.42 Abs.2 lit.a AIG). Der Beschwerdeführer ist im Besitz einer "unbefristeten Niederlassungserlaubnis" der Bundesrepublik Deutschland und kann sich daher grundsätzlich und insoweit unstreitig auf Art.42 Abs.2 AIG berufen. Zu korrigieren ist die Auffassung der Vorinstanz insoweit, als Art.42 Abs.2 AIG nebst Art.42 Abs.1 AIG zusätzlich zur Anwendung gelange. Art.42 Abs.1 AIG bezieht sich ausschliesslich auf den Nachzug von Familienangehörigen von Schweizerinnen und Schweizern, die anders als der Beschwerdeführer nicht in einem EU-Staat wohnhaft sind. Art.42 Abs.1 und Abs.2 AIG schliessen sich, wie sich aus dem Kontext der Gesetzesbestimmung ergibt, gegenseitig aus (Marc Spescha in: Marc Spescha et al., Migrationsrecht, 5.A., Zürich 2019, Art.42 AIG N.1 und N.6).

2.2 Die Ansprüche aus Art.42 AIG erlöschen unter anderem, wenn sie rechtsmissbräuchlich geltend gemacht werden, namentlich um Vorschriften des AIG und dessen Ausführungsbestimmungen über die Zulassung und den Aufenthalt zu umgehen (Art.51 Abs.1 lit.a AIG). Rechtsmissbräuchlich ist insbesondere, wenn die Ehe nur zur Aufenthaltssicherung eingegangen aufrechterhalten wird.

2.3 Das Vorliegen einer Scheinehe einer nur aus ausländerrechtlichen Motiven aufrechterhaltenen Ehe entzieht sich in der Regel einem direkten Beweis, weil es sich dabei um innere Vorgänge handelt, die der Behörde nicht bekannt schwierig zu beweisen sind. Sie sind daher oft nur durch Indizien zu erstellen (vgl. BGE 122 II 289 E.2b; BGr, 15.August 2012, 2C_3/2012, E.4.1). Dabei liegt es in der Natur des Indizienbeweises, dass mehrere Indizien, welche für sich allein noch nicht den Schluss auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache erlauben, in ihrer Gesamtheit die erforderliche Überzeugung vermitteln können (VGr, 26.August 2015, VB.2015.00325, E.5.1).

2.4 Als Indizien für die Annahme einer Scheinehe gelten unter anderem folgende Umstände: die Tatsache, dass die nachzuziehende Person von einer Wegweisung bedroht ist ohne Heirat keine Aufenthaltsbewilligung erlangen kann; das Vorliegen eines erheblichen Altersunterschieds zwischen den Ehegatten; die Umstände des Kennenlernens und der Beziehung, so etwa eine kurze Bekanntschaft vor der Heirat geringe Kenntnisse eines Ehegatten über den anderen; das Führen einer Parallelbeziehung; die Vereinbarung einer Bezahlung für die Heirat (VGr, 17.April 2019, VB.2019.00180, E.2.4.2, und 12.Mai 2016, VB.2015.00407, E.2.3). Auch widersprüchliche Aussagen der Beteiligten können deren Glaubhaftigkeit herabsetzen und eine Ausländerrechtsehe nahelegen (BGr, 16.Juli 2010, 2C_205/2010, E.3.2; VGr, 26.August 2015, VB.2015.00325, E.5.1). Zur bevorzugten Zielgruppe zur Eingehung von Scheinehen gehören insbesondere finanziell schlecht gestellte verschuldete Personen.

Hatten die Ehegatten wie hier noch gar keine Gelegenheit, die Absicht der Begründung einer Lebensgemeinschaft durch Zusammenleben unter Beweis zu stellen, ist dies gebührend zu berücksichtigen. Der Umstand schliesst jedoch nicht aus, dass bei entsprechender Indizienlage bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Gesuchsbehandlung auf eine Umgehungsehe geschlossen werden kann und die Erteilung einer ausländerrechtlichen Nachzugsbewilligung von Anfang an verweigert werden darf. Indes ist diesfalls erforderlich, dass die Indizienlage einen klaren und unzweideutigen Schluss zulässt, ansonsten das Vorliegen einer Scheinehe nicht erstellt ist. In diesem Fall ist dem ausländischen Ehegatten praxisgemäss trotz allenfalls bestehender Zweifel die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, auf das Risiko hin, dass sich die Ehe aufgrund des späteren Verhaltens der Beteiligten (z.B. fehlendes eheliches Zusammenleben in der Schweiz) in Verbindung mit den bereits heute bekannten, in diese Richtung deutenden Indizien als Umgehungsehe erweist und die Aufenthaltsbewilligung gestützt auf die dannzumaligen Erkenntnisse widerrufen werden muss bzw. nicht mehr verlängert werden kann (BGr, 21.Januar 2019, 2C_782/2018, E.3.2.5f.).

2.5 Die Verwaltungsbehörde trägt die Beweislast für das Vorliegen einer Scheinehe. Dabei darf nicht leichthin auf eine Ausländerrechtsehe geschlossen werden (BGr, 5.Oktober 2011, 2C_273/2011, E.3.3). Es sind konkrete und klare Hinweise erforderlich, dass die Führung einer Lebensgemeinschaft nicht beabsichtigt war bzw. ist. Spricht die Vermutung für eine vorhandene Täuschungsabsicht im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung bzw. haben sich die Hinweise für einen ausländerrechtlichen Tatbestand so verdichtet, dass von seinem Vorliegen ausgegangen werden kann, obliegt es der zur Mitwirkung verpflichteten Person, die Vermutung durch den Gegenbeweis bzw. durch das Erwecken erheblicher Zweifel an deren Richtigkeit umzustürzen (VGr, 17.April 2019, VB.2019.00180, E.2.4.3).

3.

Die Vorinstanz erblickte im vorliegenden Fall folgende Indizien, welche den Verdacht erhärteten, dass die Eheleute die Ehe 2017 in E nur zum Schein eingegangen seien:

Zwischen den Eheleuten bestehe ein Altersunterschied von 38 Jahren. Die Beschwerdeführerin sei seit 2012 Rentnerin. Man könne sich der Annahme nicht erwehren, dass es dem Beschwerdeführer vielmehr darum gehe, in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, als eine eheliche Beziehung zu pflegen. Dies deshalb, weil er mit Gesuch vom 8.August 2017 die Einreise als Masterstudent an der Universität P für die Dauer von zwei Jahren beantragt und im Gesuchsverfahren wiederholt ausdrücklich festgehalten habe, dass er die Schweiz nach seinem Studium wieder in Richtung Indien zu verlassen plane. Im Jahr 2018 habe er sich sodann bei einer Firma in H beworben; die Arbeitsstelle habe er aber offenbar nach erfolgter Stellenzusage wegen fehlender Aufenthaltsbewilligung nicht antreten können. Der Beschwerdeführer habe mehrere Beschwerden (beim Ombudsmann des Kantons Zürich sowie beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten [EDA]) betreffend die lange Verfahrensdauer deponiert. Es habe ihm offenbar nicht schnell genug gehen können, eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu erhalten; dies angesichts des Umstands, dass sich das Paar nur einmal im Monat freiwillig treffe, jedoch offensichtlich nicht, um die Beschwerdeführerin öfters zu sehen. Indem der Beschwerdeführer in der Vergangenheit bereits mehrfach um einen Aufenthalt in der Schweiz zu Erwerbszwecken ersucht und damit ein Interesse an einer Übersiedlung hierher gezeigt habe, sei die Heirat mit einer Schweizer Bürgerin für ihn aufenthaltsrechtlich sehr bedeutsam.

Die Befragungen der Eheleute hätten zwar teils übereinstimmende Aussagen ergeben, etwa in Bezug auf den Ort und die Zeit des Kennenlernens sowie die gemeinsamen Unternehmungen (Ausflüge, Wanderungen); weiter hinsichtlich des Umstands, von wem der Heiratsantrag ausgegangen sei und bezüglich der Details der Trauung. Indes habe die Beschwerdeführerin keine genauen Angaben zum Werdegang des Beschwerdeführers machen und weder den Namen seiner Eltern noch jenen seines Bruders nennen können, da sie diese Personen nie gesehen habe. Sie habe auch nicht gewusst, ob sich der Beschwerdeführer vor 2011 bereits einmal in der Schweiz aufgehalten habe. Auch den Grund, weshalb eine Anstellung des Beschwerdeführers bei der Anstalt I im Kanton S im Jahr 2016 nicht zustande gekommen sei, habe sie nicht gekannt. Weiter habe die Beschwerdeführerin den Namen des anlässlich der Befragung aktuellen Arbeitgebers des Beschwerdeführers in D, Deutschland, nicht nennen können. Gemeinsame Ferien hätten die Beschwerdeführenden noch keine verbracht und gemeinsame Bekannte existierten nicht. Der Beschwerdeführer seinerseits habe keine Angaben zur schulischen Laufbahn und zum beruflichen Werdegang der Beschwerdeführerin machen können, weil ihn dies seinen Angaben zufolge nicht interessiere. Er habe seine Familie über die Heirat nicht informiert und wünsche auch nicht, dass die Beschwerdeführerin in Kontakt zu seinen Eltern trete. Für die Familienmitglieder der Beschwerdeführerin interessiere er sich nicht, wobei er indes gewusst habe, dass diese eine Schwester und einen Sohn habe. Die Frage, ob das Ehepaar intime Beziehungen unterhalte, hätten beide Beschwerdeführenden aus privaten Gründen nicht beantworten wollen.

Derart rudimentäre beziehungsweise teilweise gänzlich fehlende Kenntnisse sowie absolut fehlendes Interesse über wichtige Lebensumstände des Ehepartners seien so die Vorinstanz zusammenfassend wesentliche Indizien für eine nicht wirklich beabsichtigte Lebensgemeinschaft. Daran ändere die gemeinsame Leidenschaft zur Spiritualität nichts. Es wäre in dieser Situation an den Beschwerdeführenden gewesen, möglichst viele Unterlagen und Beweismittel einzureichen, um die durch verschiedene Indizien begründete Annahme zu widerlegen, dass es sich um eine Ausländerrechtsehe handle. Dies hätten die Beschwerdeführenden unterlassen, was angesichts der angeblich seit fast sechs Jahren geführten Beziehung und im Licht des bereits zweijährigen Ehelebens etwas befremdlich erscheine. Wenngleich nicht alle Indizien, die in der behördlichen Praxis einen Verdacht auf Scheinehe begründen könnten, erfüllt seien, habe das Migrationsamt darauf schliessen dürfen, dass die Beschwerdeführenden die Ehe bloss eingegangen seien, um dem Beschwerdeführer ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz zu verschaffen. Angesichts der verschiedenen Indizien habe das Migrationsamt auch davon absehen dürfen, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung "auf Probe" (gemeint: vor dem erstmaligen Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt; vgl. vorstehende Erwägung 2.4 am Ende) auszustellen.

4.
4.1
Die Indizien sind stets im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu würdigen und müssen wie vorstehend erwähnt gerade im Fall der Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung von Anfang an bevor die Eheleute überhaupt die Gelegenheit hatten, ihren Ehewillen mittels Begründens einer Lebensgemeinschaft bzw. mittels Zusammenlebens unter Tatbeweis zu stellen den klaren und unzweideutigen Schluss auf eine Ausländerrechtsehe zulassen.

4.2 Dieser Schluss lässt sich vorliegend nicht ziehen. Zwar ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass der Altersunterschied von 38 Jahren erheblich ist. Bei genauer Betrachtung der Aktenlage stützt sich die Annahme einer Scheinehe indes zu stark allein bzw. abstrakt auf diesen Altersunterschied in Verbindung mit dem ebenfalls unbestrittenen Umstand, dass der über die indische Staatsbürgerschaft verfügende Beschwerdeführer Drittstaatsangehöriger ist. Angesichts der zahlreichen, im Rekursentscheid nicht erwähnten zumindest ungenügend gewichteten gegenteiligen Indizien vermag dies allein jedoch nicht zu überzeugen. Im Einzelnen:

4.3 Bezüglich des auf ersten Blick grossen Altersunterschieds lässt sich den Befragungen der Beschwerdeführenden übereinstimmend entnehmen, dass sie als stark spirituell orientierte und dergestalt eng verbundene Personen, welche sich auch insoweit sind die Angaben im Detail deckungsgleich im Sommer 2013 in der Kurstätte J der -Gemeinschaft Schweiz an der K-Strasse in E kennengelernt haben, auf das rein jahresmässige Alter ihres Partners offenbar keinen allzu grossen Wert legen. Die starke spirituelle Orientierung jenseits einer körperlich-materiellen Ebene respektive das Leben der Werte der erwähnten Glaubensgemeinschaft durch beide Beschwerdeführenden bestätigt sich in mehreren Antworten beider Beschwerdeführenden, beispielsweise bezüglich ihrer Ernährung (vegetarisch; alkoholabstinent) gemeinsamer Hobbys wie Meditation/Qi-Gong sowie dem Besuch von Pilgerorten in Indien, wenngleich bislang nicht gemeinsam. Damit im Einklang stehen auch die Angaben der Beschwerdeführerin, seit dem Jahr 1997 regelmässig und zahlreiche Male nach Indien gereist zu sein, etwa zum Pilgerort L, welcher für Anhänger des Gottes M als heilige Stadt gilt. Die in diesem Sinn stark spirituelle Lebensweise beider Beschwerdeführenden wird durch ein bei den Akten liegendes Schreiben einer Religionswissenschaftlerin ebenso bekräftigt wie durch ein Schreiben des Sohnes der Beschwerdeführerin, wonach deren Werdegang bzw. Neuorientierung nach ihrer Scheidung im Jahr 2006 folgerichtig in eine Partnerschaft mit einem ihr seelenverwandten indischen Staatsangehörigen gemündet habe. Im Licht dieser Besonderheiten entschärft sich der auf ersten Blick ungewöhnliche Altersunterschied als häufiges Indiz für eine Scheinehe deutlich.

4.4 Nicht zu überzeugen vermag der Vorwurf, dem Beschwerdeführer gehe es vielmehr darum, in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, als eine eheliche Beziehung zu pflegen. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer als bereits in Indien erstklassig ausgebildeter Akademiker erstmals 2008 als Masterstudent an der Hochschule N in der Schweiz aufenthaltsberechtigt war und in den Folgejahren weitere Aufenthalte im Zusammenhang mit einem Postdiplomandenstudium respektive einer Anstellung als Doktorand bzw. wissenschaftlicher Assistent an der Hochschule N erfolgten. Ebenso wurde dem Beschwerdeführer bereits mit Verfügung des Departements für Bildung und Sicherheit des Kantons S vom 28.Juli 2016 die Einreise zwecks Erwerbstätigkeit als bei der Anstalt O bewilligt, welche Stelle er in der Folge jedoch aus verschiedenen Gründen nicht antrat. Insbesondere sticht sodann ins Auge, dass sich der Beschwerdeführer im Rahmen eines erneuten Einreisegesuchs vom 8.August 2017 für eine (weitere) Masterausbildung im Bereich und zu welcher er von der Universität P zugelassen wurde nicht auf seine 2017 geschlossene Ehe mit der Beschwerdeführerin berief, sondern allein auf seine intellektuell-akademische Motivation für diese Ausbildung; ein Umstand, der klar dafür spricht, dass die Ehe nicht zu Aufenthaltszwecken geschlossen wurde.

4.5 Aufgrund seines beruflichen Werdegangs und seiner akademischen Qualifikationen ist der in der Bundesrepublik Deutschland unbefristet niederlassungsberechtigte, schulden- und vorstrafenfreie sowie derzeit in einem -büro in D, Deutschland, tätige Beschwerdeführer ebenso wenig ein typischer Kandidat für das Eingehen einer Scheinehe wie die in nämlich geordneten Verhältnissen lebende und seit 2012 pensionierte Beschwerdeführerin, welche in ihrem Leben bis anhin einmal von 1972 bis 2006 mit einem Staatsangehörigen verheiratet war. Auch die Heirat zwischen den Beschwerdeführenden erst dreieinhalb Jahre nach dem ersten Kennenlernen im Sommer 2013 spricht gegen das Vorliegen einer Scheinehe.

4.6 Schliesslich lässt sich aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Befragung durch das Schweizerische Generalkonsulat in D, Deutschland, an die Helpline des EDA und im Zusammenhang mit seinem Verfahren vor dem Migrationsamt an den Ombudsmann des Kantons Zürich wandte, in Bezug auf den Vorwurf einer Scheinehe schlechterdings nichts ableiten.

5.

5.1 Entgegen der vorinstanzlichen Erwägungen haben auch die Befragungen der Ehegatten höchstens schwache Indizien für eine Scheinehe hervorgebracht. Wie die Vorinstanz selbst festhält, liegen viele übereinstimmende Aussagen vor. Teilweise bereits vorstehend erwähnt wurden die Aussagen betreffend die von den Beschwerdeführenden geteilten Hobbys, wobei etwa beim Hobby Wandern/Ausflüge sogar identische Kantons- und Ortsangaben erfolgten ( / ). Übereinstimmende und zuweilen detaillierte Angaben erfolgten wie erwähnt auch in Bezug auf den Zeitpunkt und Ort des Kennenlernens sowie bezüglich des Heiratsantrags (ausgehend von der Beschwerdeführerin; im Sommer 2016; in E), des bewusst im kleinen Rahmen gehaltenen Ablaufs der Hochzeit ohne Austausch von Ringen sowie bezüglich der beiden Trauzeugen. Das Nichterinnern an deren Nachnamen vermag nur ein schwaches Indiz für eine Scheinehe zu begründen, nachdem es sich scheinbar einfach um diejenigen Studienkollegen des Beschwerdeführers handelte, die am Tag der Trauung, dessen Datum für die Beschwerdeführenden offenbar vor allem aus spirituellen Gründen sehr wichtig war, zeitlich verfügbar waren. Die Beschwerdeführenden wussten auch je die Adresse des anderen ( ), was mit der Aussage in Einklang steht, sich gegenseitig schon einige Male in der Wohnung des jeweils anderen besucht zu haben, und im Weiteren mit den im Beschwerdeverfahren nachgereichten zahlreichen Buchungsbestätigungen über einen mehrjährigen Zeitraum für Flixbus-Tickets betreffend die Strecke D, Deutschland,E und umgekehrt korreliert. Entsprechend detailliert fiel in diesem Zusammenhang auch die Beschreibung der Wohnung des Beschwerdeführers in D, Deutschland, durch die Beschwerdeführerin aus. Diese vermochte auch die Tätigkeit und den Arbeitgeber des Beschwerdeführers in D, Deutschland, durchaus zu benennen, wenngleich mit laientypischer und gerade deshalb durchaus glaubhafter mangelnder Präzision ("[ ] Als in D, Deutschland, Q und irgendein Name "). Dasselbe gilt bezüglich der Beschreibung des ungefähren Werdegangs des Beschwerdeführers durch die Beschwerdeführerin (Abschluss eines Bachelor in an der technischen Universität in Delhi; Masterabschluss an der Hochschule N im Jahr 2011); die Ausführungen der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe diesbezüglich keine genauen Angaben machen können, überzeugen nicht. Zutreffend ist hingegen, dass die Beschwerdeführerin erklärte, sie wisse nicht, ob sich der Beschwerdeführerschon vor 2011 einmal in der Schweiz aufgehalten habe; die Frage wurde der Beschwerdeführerin entgegen den Angaben in der Beschwerdeschrift anlässlich der Befragung gestellt. Hieraus ergibt sich aber ohnehin höchstens ein geringfügiges Indiz für eine Scheinehe. Dass der Beschwerdeführer über die schulische Laufbahn und Ausbildung der im Zeitpunkt der Befragung 70 Jahre alten und seit 2012 im Ruhestand befindlichen Beschwerdeführerin keine Aussagen machen konnte, ist nachvollziehbar und kein Indiz für eine Scheinehe. Immerhin wusste er zu berichten, dass die Beschwerdeführerin vor der Pensionierung zuletzt bei der gearbeitet hatte.

5.2 Nachdem die Beschwerdeführerin erklärte, die in Indien lebenden Eltern des Beschwerdeführers noch nicht persönlich getroffen zu haben, erstaunt es auch nicht, dass sie deren Namen nicht nennen konnte. Damit im Einklang steht der Umstand, dass das Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinen Eltern in Indien welches Land der Beschwerdeführer im Alter von 22 Jahren verliess offenbar schwierig ist, zumal die Eltern seinen Angaben zufolge seinerzeit versuchten, für ihn in Indien eine traditionelle Ehe zu arrangieren. Dies erklärt auch, weshalb der nach Europa übersiedelte und keinen in seinem Geburtsland kulturtypischen Werdegang aufweisende Beschwerdeführer nicht wünscht, dass die Beschwerdeführerinzu seinen Eltern in Kontakt trete (nachdem er diese über die Heirat offenbar bis anhin noch nicht einmal informiert hat) respektive die Beschwerdeführerin erklärte, eine allfällig zukünftige, gemeinsame Reise nach Indien zur Familie des Beschwerdeführers dürfte nicht einfach werden. Ein nur geringfügiges Indiz für eine Scheinehe liegt allenfalls in den Angaben über den Wohnort des Bruders des Beschwerdeführers und der Nichtkenntnis von dessen Namen durch die Beschwerdeführerin, ebenso in der Aussage des Beschwerdeführers, die Beschwerdeführerin sei schon zweimal verheiratet gewesen. Andererseits kannte der Beschwerdeführer den Namen des Sohnes der Beschwerdeführerin und wusste von der Existenz einer Schwester, wenngleich diese Personen an der aus spirituellen Gründen bewusst privat gehaltenen Trauung nicht anwesend waren. Auch wusste der Beschwerdeführer, dass seine Schwiegereltern nicht mehr leben.

5.3 Insgesamt ergibt sich das Bild von zwei eigenständigen und weltgewandten, aus ihren jeweiligen kulturellen und familiären Herkünften bzw. Hintergründen stark herausgelösten und namentlich durch ihre glaubwürdig dargelegte spezifisch-spirituelle Verbundenheit geprägten Ehegatten, bei denen allenfalls geringfügige Indizien für eine Scheinehe vorliegen. Angesichts mehrerer klar gegenteiliger Indizien vermag dies den bundesgerichtlich definierten Anforderungen an einen klaren und unzweideutigen Schluss für die bereits von Beginn an geltende Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung nicht zu genügen. Sollten sich in Zukunft neue Indizien für eine Scheinehe ergeben, schliesst dies eine erneute Überprüfung des Aufenthaltsrechts des Beschwerdeführers durch das Migrationsamt selbstredend nicht aus (VGr, 17.April 2019, VB.2018.00789, E.3.2 am Ende).

5.4 Ungeachtet der geltend gemachten Verletzung des Gehörsanspruchs (VGr, 31.Oktober 2019, VB.2019.00328, E.4.4) sowie unter Verzicht auf die Durchführung einer persönlichen Befragung (VGr, 2.Oktober 2019, VB.2019.00429, E.3.5) ist die Beschwerde gutzuheissen und das Migrationsamt anzuweisen, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des Rekurs- und Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdegegner aufzuerlegen (§13 Abs.2 in Verbindung mit §65a VRG) und hat dieser den Beschwerdeführenden für das Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (§17 Abs.2 VRG), welche mit je Fr.1'500.- für das Rekurs- und das Beschwerdeverfahren festzusetzen ist.

Demgemäss erkennt die Kammer:

Das Migrationsamt wird angewiesen, dem Beschwerdeführer im Sinn der Erwägungen eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

2. Die Kosten des Rekursverfahrens werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 70.--; Zustellkosten,
Fr. 2'070.-- Total der Kosten.

Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, den Beschwerdeführenden für das Rekurs- und das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von je Fr.1'500.- (Mehrwertsteuer inklusive), insgesamt Fr.3'000.-, zu bezahlen.

Gegen dieses Urteil kann Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art.82ff. des Bundesgerichtsgesetzes erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30Tagen, von der Zustellung an gerechnet, beim Bundesgericht, 1000Lausanne14, einzureichen.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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