Zusammenfassung des Urteils VB.2017.00460: Verwaltungsgericht
Die Stadt Uster vergab einen Lieferauftrag für Holzpaletten an die BAG. Die AAG beschwerte sich beim Verwaltungsgericht und forderte eine Neuausschreibung des Auftrags. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Vergabebehörde nur den Preis als Kriterium berücksichtigt habe. Das Gericht entschied, dass die Beschwerde zu spät kam und wies sie ab. Die Vergabe nach dem niedrigsten Preis war zulässig, da die Leistung standardisiert war. Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 2'000.- wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.
| Kanton: | ZH |
| Fallnummer: | VB.2017.00460 |
| Instanz: | Verwaltungsgericht |
| Abteilung: | 1. Abteilung/1. Kammer |
| Datum: | 21.09.2017 |
| Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
| Leitsatz/Stichwort: | Rechtzeitigkeit der Rüge von Mängeln in der Ausschreibung; standardisierte Leistungen |
| Schlagwörter: | Vergabe; Preis; Ausschreibung; Vergabeentscheid; Vergabeverfahren; Submission; Chance; Angebot; Verwaltungsgericht; Anbietende; Wiederholung; Verfahrens; Zuschlag; Ausschreibungsunterlagen; Leistung; Kammer; Stadt; Uster; Auftrag; Beschaffungswesen; IVöB; Obliegenheit; Mängel; Vergabestelle; Kanton; Kantons |
| Rechtsnorm: | - |
| Referenz BGE: | 141 II 14; |
| Kommentar: | - |
| Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 1. Abteilung |
VB.2017.00460
Urteil
der 1. Kammer
vom 21.September2017
Mitwirkend: Abteilungspräsident Lukas Widmer (Vorsitz), Verwaltungsrichter Peter Sprenger, Verwaltungsrichterin Sandra Wintsch, Gerichtsschreiberin Regina Meier.
In Sachen
gegen
und
betreffend Submission,
hat sich ergeben:
I.
Mit Beschluss vom 4.Juli 2017 vergab die Stadt Uster einen Lieferauftrag betreffend naturbelassene Holzpaletten im Einladungsverfahren zum Preis von Fr.184'464.- an die BAG, nachdem vier von fünf eingeladenen Unternehmen innert Frist eine Offerte eingereicht hatten. Dieses Ergebnis wurde der AAG mit Verfügung vom 5.Juli 2017 mitgeteilt.
II.
Mit Beschwerde vom 13.Juli 2017 gelangte die AAG an das Verwaltungsgericht und beantragte, den Vergabeentscheid aufzuheben und die Stadt Uster zu verpflichten, den Auftrag neu auszuschreiben. Innert mit Präsidialverfügung vom 17.Juli 2017 angesetzter Frist reichte sie dem Verwaltungsgericht am 19.Juli 2017 (Datum des Poststempels) eine rechtsgültig unterzeichnete Beschwerdeschrift nach.
Die BAG reichte am 25.Juli 2017 (Datum des Poststempels) eine Stellungnahme zur Beschwerde ein, worin sie darauf verzichtete, einen Antrag zu stellen. Die Stadt Uster beantragte am 31.Juli 2017, die Beschwerde abzuweisen und den Vergabeentscheid vom 4.Juli 2017 zu bestätigen, unter Kostenfolgen zulasten der AAG. Diese liess sich in der Folge nicht mehr vernehmen.
Die Kammer erwägt:
1.
Vergabeentscheide kantonaler und kommunaler Auftraggebender können unmittelbar mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden (RB1999 Nr.27 = BEZ1999 Nr.13 = ZBl100/1999, S.372). Auf das Beschwerdeverfahren gelangen die Art.15ff. der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15.März 2001 (IVöB) sowie die §§2ff. des Gesetzes über den Beitritt des Kantons Zürich zur revidierten Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15.September 2003 (IVöB-BeitrittsG) zur Anwendung.
2.
Nicht berücksichtigte Anbietende sind zur Beschwerde gegen einen Vergabeentscheid legitimiert, wenn sie bei deren Gutheissung eine realistische Chance haben, mit dem eigenen Angebot zum Zug zu kommen, wenn die Gutheissung der Beschwerde zu einer Wiederholung des Submissionsverfahrens führt, in welchem sie ein neues Angebot einreichen können; andernfalls fehlt ihnen das schutzwürdige Interesse an der Beschwerdeführung (RB 1999 Nr.18 = BEZ 1999 Nr.11; §21 Abs.1 in Verbindung mit §70 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 [VRG]). Ob eine solche reelle Chance besteht, ist aufgrund der gestellten Anträge und Parteivorbringen zu prüfen (vgl. BGE 141 II 14 E.4.9).
Die (zweitplatzierte) Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Anordnung und die Wiederholung des Vergabeverfahrens. Würde sie damit durchdringen, so hätte sie mit ihrem Angebot bei einer Wiederholung des Verfahrens eine realistische Chance auf den Zuschlag. Ihre Legitimation ist zu bejahen.
3.
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt einzig, dass die Vergabebehörde bei der Bewertung der Offerten nur auf das Preiskriterium abstellte. Sie bringt vor, sie habe zwar preislich bloss das zweitgünstigste, insgesamt jedoch das wirtschaftlich günstigste Angebot eingereicht.
Aus den Ausschreibungsunterlagen ist ersichtlich, dass der Preis das einzige Zuschlagskriterium der streitbetroffenen Ausschreibung darstellte. Es stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin bereits die Ausschreibungsunterlagen hätte beanstanden müssen ob sie den Ausgang des Vergabeverfahrens abwarten durfte.
3.2 Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergibt sich die Obliegenheit, gewisse Mängel auch ausserhalb eines formellen Beschwerdeverfahrens möglichst frühzeitig zu beanstanden, um einen unnötigen Verfahrensaufwand zu vermeiden (vgl.dazu BGE 130I241 E.4.3; VGr, 11.Juli 2012, VB.2011.00598, E.3.7; 23.Mai 2007, VB.2006.00425, E.5.2; 24.November 1999, VB.98.00327, E.4c = BEZ2000 Nr.10; Peter Galli/André Moser/Elisabeth Lang/Marc Steiner, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3.A., Zürich etc. 2013, N.667f.; Robert Wolf, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide Eine Übersicht über die Rechtsprechung zu den neuen Rechtsmitteln, ZBl 104/2003, S.10). Eine solche Obliegenheit anzunehmen, rechtfertigt sich nach der Praxis allerdings nur bei offensichtlichen Mängeln. Dies ist etwa der Fall, wenn gerügt wird, wegen Mängeln der Ausschreibungsunterlagen habe von vornherein kein regelkonformes Vergabeverfahren durchgeführt werden können (VGr, 2.März 2017, VB.2016.00778, E.3.2; 23.November 2001, VB.2001.00016, E.4b). Ein Anbieter kann nur dann vom Rechtsweg ausgeschlossen werden, wenn er den Mangel tatsächlich festgestellt hat bei gehöriger Vorsicht hätte feststellen können (VGr, 3.April 2017, VB.2013.00758, E.2.4.1). Angesichts des Zeitdrucks und der beschränkten Rechtskenntnisse der Anbietenden sowie aufgrund der möglichen Furcht vor der Verringerung der Chancen im Vergabeverfahren sind keine strengen Anforderungen an die Anbietenden zu stellen (BGE 130I241 E.4.3).
3.3 Vorliegend war der von der Beschwerdeführerin behauptete Mangel aus der Ausschreibung ohne Weiteres ersichtlich und sie macht sinngemäss geltend, dass von vornherein kein regelkonformes Vergabeverfahren habe durchgeführt werden können, da bei blossem Abstellen auf das Preiskriterium das Wirtschaftlichkeitsgebot verletzt werde. Gemäss den vorstehenden Ausführungen traf sie daher die Obliegenheit, das alleinige Abstellen auf den Preis frühzeitig bei der Vergabestelle zu reklamieren. Sie durfte nicht abwarten, ob der Vergabeentscheid für sie positiv ausfällt, und andernfalls mit Beschwerde die Wiederholung des Verfahrens verlangen dies würde einen unnötigen Verfahrensaufwand bedeuten und gegen Treu und Glauben verstossen. Es ist zudem nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin ihre Chancen im Submissionsverfahren kompromittiert hätte, wenn sie mit der Frage an die Vergabestelle gelangt wäre, ob neben dem Preis auch noch andere Kriterien in die Bewertung miteinbezogen werden sollten. Die Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich mithin als verspätet, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.
3.4 Im Übrigen erschiene die Beschwerde auch in materieller Hinsicht als unbegründet.
Gemäss §33 Abs.2 der Submissionsverordnung vom 23.Juli 2003 (SubmV) kann der Zuschlag für weitgehend standardisierte Güter nach dem ausschliesslichen Kriterium des niedrigsten Preises erfolgen. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens beurteilt sich nach der Möglichkeit der Standardisierung der nachgefragten Leistung. Die Standardisierung muss nicht vollständig sein, aber so weit gehen, dass die Vergabestelle auch ohne Verwendung der in §33 Abs.1 SubmV genannten weiteren Zuschlagskriterien mit einer ihren Bedürfnissen genügenden Leistung rechnen kann; erreicht werden kann dies unter anderem durch eine genaue Umschreibung der qualitativen Anforderungen der nachgefragten Leistung in der Ausschreibung (VGr, 7.Mai 2015, VB.2014.00701, E.3; 11.September 2003; VB.2003.00116, E.3d). Dies ist vorliegend der Fall: Den Ausschreibungsunterlagen sind sämtliche relevanten Spezifikationen wie die Grösse und die Holzsorte der Paletten zu entnehmen. Nennenswerte Unterschiede zwischen den Angeboten waren mithin, abgesehen vom Preis, nicht zu erwarten. Die Vergabe nach dem ausschliesslichen Kriterium dies niedrigsten Preises war mithin zulässig.
Zudem läuft auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin ins Leere, die Submissionsbehörde solle die ausgeschriebene Leistung an einen im Kanton Zürich ansässigen Betrieb vergeben, statt nur auf den Preis abzustellen. Es ist der Behörde mit Blick auf das submissionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot nicht gestattet, ortsfremde Anbietende im Vergabeverfahren zu benachteiligen (Art.1 Abs.3 lit.b und Art.11 lit.a IVöB).
4.
Die Verteilung der Gerichtskosten richtet sich gemäss §65a Abs.2 in Verbindung mit §13 Abs.2 Satz1 VRG grundsätzlich nach dem Unterliegen. Dementsprechend sind der Beschwerdeführerin die Kosten aufzuerlegen. Parteientschädigungen wurden keine beantragt und wären unter den vorliegenden Umständen mangels besonderen Aufwands ohnehin nicht zuzusprechen (§17 Abs.2 lit.a VRG).
5.
Der geschätzte Auftragswert erreicht den im Staatsvertragsbereich massgeblichen Schwellenwert für Lieferaufträge nicht (Art.1 lit.a der Verordnung des WBF vom 23.November 2015 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für die Jahre 2016 und 2017 [SR 172.056.12]). Gegen dieses Urteil steht daher nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art.113ff. des Bundesgerichtsgesetzes vom 17.Juni 2005 (BGG) offen (Art.83 lit.f BGG).
Demgemäss erkennt die Kammer:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 150.-- Zustellkosten,
Fr. 2'150.-- Total der Kosten.
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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