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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2017.00336)

Zusammenfassung des Urteils VB.2017.00336: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in einem Fall bezüglich einer Baubewilligung entschieden. Die Bausektion des Stadtrates der Stadt Zürich hatte einem Bauentscheid für ein Bundesverfahrenszentrum für Asylsuchende zugestimmt. Nachdem eine Beschwerde gegen diesen Entscheid abgelehnt wurde, gelangte eine Partei an das Verwaltungsgericht, um die Baubewilligung aufzuheben. Es wurde festgestellt, dass die Baubewilligung rechtmässig war, da das öffentliche Interesse an der Erstellung des Asylzentrums überwog. Die Beschwerdeführerin wurde als unterliegende Partei verpflichtet, die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 8'000.-- zu tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2017.00336

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2017.00336
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:1. Abteilung/1. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2017.00336 vom 26.10.2017 (ZH)
Datum:26.10.2017
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Errichtung eines Bundesasylzentrums in Zone einer für öffentliche Bauten mit ES IV.
Schlagwörter: Wohnnutzung; Interesse; Bewilligung; Baute; Bundes; Erstellung; Industriezone; Baurekursgericht; Bauten; Stadt; Bewohner; Aufenthalt; Zonen; Lärmschutz; Verhältnismässigkeit; Urteil; Baubewilligung; Angesichts; Baugrundstück; Bundesasylzentrum; Lärmimmissionen; Industriezonen; Interessen; Schutz; Unterkünfte; Verwaltungsgericht; Abteilung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:132 I 181; 138 II 346; 140 I 2;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2017.00336

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

1. Abteilung

VB.2017.00336

Urteil

der 1. Kammer

vom 26.Oktober2017

Mitwirkend: Abteilungspräsident Lukas Widmer (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Maja Schüpbach Schmid, Verwaltungsrichterin Sandra Wintsch, Gerichtsschreiberin Laura Diener.

In Sachen

gegen


betreffend Baubewilligung,

I.

Die Bausektion des Stadtrates der Stadt Zürich bewilligte dem Amt für Hochbauten mit Bauentscheid vom 4.Oktober 2016 die Erstellung eines Bundesverfahrenszentrums für Asylsuchende auf dem Grundstück Kat.-Nr.IQ7008 an der Duttweilerstrasse511 in Zürich.

II.

A und D rekurrierten gegen diesen Entscheid am 10.No­vember 2016 an das Baurekursgericht mit dem Antrag, die baurechtliche Bewilligung zu verweigern. Sie stellten sich auf den Standpunkt, die Erstellung des Neubauprojekts sei angesichts der zu erwartenden Lärmeinwirkungen auf die Bewohner des Zentrums nicht zulässig. Das Baurekursgericht wies den Rekurs am 21.April 2017 ab.

III.

Mit Beschwerde vom 26.Mai 2017 gelangte A an das Verwaltungsgericht; sie beantragte, das angefochtene Urteil und die erteilte Baubewilligung aufzuheben, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdegegnerschaft.

Das Baurekursgericht ersuchte am 6.Juni 2017 um Abweisung der Beschwerde. Denselben Antrag stellte die Bausektion des Stadtrates am 27.Juni 2017. Mit gleichem Datum beantragte das Hochbaudepartement für die Bauherrschaft, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

Zu den Beschwerdeantworten replizierte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 17.August 2017.

1.

Die Beschwerdeführerin ist Stockwerkeigentümerin in der Liegenschaft ( ). Angesichts der Distanz der von ihr bewohnten Räumlichkeiten bis zum Baugrundstück von mehr als 100m ist ihre Rechtsmittellegitimation fraglich (vgl. etwa BGr, 1.Februar 2012, 1C_346/2011, E.2.5). Da die Beschwerde indes ohnehin abzuweisen ist, kann die Legitimationsfrage offengelassen werden.

2.

Das streitbetroffene Baugrundstück Kat.-Nr.IQ7008 liegt in der Zone für öffentliche BautenOe6 mit Lärmempfindlichkeitsstufe (ES) IV. Es grenzt südlich an die Pfingstweidstrasse und westlich an die Duttweilerstrasse.

Die Beschwerdegegnerschaft nahm zur Begründung der Bewilligungserteilung Bezug auf die für das Baugrundstück geltende Zone für öffentliche Bauten mit der ESIV. Da es sich beim Bundesasylzentrum um eine öffentliche Baute handle und weil für das Gebäude mit Lärmimmissionen unterhalb des Immissionsgrenzwerts für die ESIV zu rechnen sei, sei die Baute zu bewilligen. Das Baurekursgericht schützte die Bewilligung, unter anderem mit dem ergänzenden Hinweis auf den nur vorübergehenden Aufenthalt der Bewohner im Asylzentrum; dazu führte das Gericht aus, die individuelle Höchstdauer des Aufenthalts eines Asylsuchenden betrage 140Tage.

3.

3.1 Gemäss Art.43 der Lärmschutz-Verordnung vom 15.Dezember 1986 (LSV) gelten für die Nutzungszonen nach Artikel14ff. des Raumplanungsgesetzes vom 22.Juni 1979 vier Empfindlichkeitsstufen. Die ESIV gilt in Zonen, in denen stark störende Betriebe zugelassen sind, namentlich in Industriezonen (lit.d). Die für die ESIV gültigen Immissionsgrenzwerte für Strassenverkehrslärm einschliesslich Bahnlärm (vgl. Anhang3 Ziff.2 LSV) sind gemäss Lärmgutachten vom 10.Mai 2016 eingehalten.

Die Beschwerdeführerin macht nichts Gegenteiliges geltend. Indes ist sie der Auffassung, in der gegebenen Zone der ESIV sei die vorgesehene Wohnnutzung wohnähnliche Nutzung der Liegenschaft nicht zulässig. Aus der Systematik der verschiedenen Empfindlichkeitsstufen schliesst die Beschwerdeführerin, dass eine Wohnnutzung in einem Gebiet, für welches die ESIV festgesetzt wurde abgesehen von den im Gesetz geregelten Ausnahmen verboten sei; wenn für die Zone für öffentliche Bauten die ESIV gelte, so sei sie wie eine Industriezone zu behandeln. Die Wohnnutzung und eine wohnungsähnliche Nutzung sei in der vorliegenden Zone grundsätzlich unzulässig, da die erlaubte Lärmbelastung für den dauernden Aufenthalt von Menschen als lästig gar schädlich qualifiziert werden müsse.

3.2 Der Beschwerdeführerin ist insofern zuzustimmen, als sie aus der in der fraglichen Zone festgesetzten ESIV folgert, dass hier für eine Wohnnutzung angesichts der hohen Lärmbelastung ähnliche Grundsätze gelten müssen wie in einer Industriezone. Indes, auch wenn sowohl eine Industriezone als auch eine Zone für öffentliche Bauten mit der ESIV für eine Wohnnutzung nur schlecht geeignet sind, ist eine Wohnnutzung doch nicht von vornherein untersagt. So ist etwa die vom Baurekursgericht angesprochene Regelung in §56 Abs.4 des kantonalen Bau- und Planungsgesetzes vom 7.September 1975 (PBG), die eine standortgebundene Wohnnutzung in Industriezonen zulässt, sachlich begründet und somit nicht als bundesrechtswidrig zu werten. Aus dem Verbot, in Wohnzonen stark störende Betriebe zu errichten, kann sodann nicht der Umkehrschluss auf ein Verbot jeglicher Wohnnutzung in Industriezonen in Zonen für öffentliche Bauten mit der ESIV gezogen werden. Auch die Systematik der bundesrechtlichen Lärmempfindlichkeitsstufen gemäss Lärmschutzverordnung schliesst Wohnnutzungen in Zonen mit ESIV nicht prinzipiell aus.

Die Bewilligung von Wohnnutzung in Zonen mit der ESIV muss aber um den Lärmschutz nicht seines Sinns zu entleeren ein Ausnahmetatbestand bleiben. Bei der Bewilligungsprüfung für eine Wohnnutzung in der Zone ESIV muss es deshalb darum gehen, öffentliche (oder allenfalls private) Interessen an der geplanten Wohnnutzung den Interessen der Bewohner am Schutz vor Lärmimmissionen gegenüber zu stellen und gegeneinander abzuwägen. Ist kein überwiegendes relevantes Interesse an einer Wohnnutzung vorhanden, so ist die Bewilligung für Wohnnutzung wohnähnliche Nutzung im Interesse eines wirksamen Lärmschutzes zu verweigern. Mit anderen Worten, es hat eine Verhältnismässigkeitsprüfung stattzufinden.

3.3 Staatliches Handeln muss gemäss Art.5 Abs.2 der Bundesverfassung vom 18.April 1999 verhältnismässig sein. Dieser Grundsatz der Verhältnismässigkeit verlangt, dass eine Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen privaten Interesse liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Einschränkung zumutbar erweist. Es muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegen. Eine Massnahme ist unverhältnismässig, wenn das angestrebte Ziel mit einem weniger schweren Eingriff erreicht werden kann (BGE 140 I 2, E.9.2.2, S.24 mit Hinweisen). Ausserdem gebietet das Verhältnismässigkeitsprinzip eine Abwägung der einander entgegen gesetzten Interessen (BGE 132 I 181, E.4.2, S.191; s. auch BGE 138 II 346, E.9.3, S.363; Ulrich Häfelin/Walter Haller/Helen Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8.Auflage, S.105).

3.4

3.4.1 Prozessgegenstand ist die baurechtliche Bewilligung für die Erstellung eines Bun­desasylzentrums. Es besteht fraglos ein eminentes Interesse an der Erstellung solcher Zentren, welche die Grundlage bilden für die raschere Durchführung der Asylverfahren als eine öffentliche Aufgabe. Sodann ist es notorisch, dass die Bereithaltung von Unterkünften für Asylbewerbende in Zürich eine beträchtliche logistische Herausforderung darstellt. Die zur Verfügung stehenden Unterkünfte sind teilweise befristet, weshalb bestehende Unterkünfte ersetzt werden müssen. Der ausgetrocknete Wohnungsmarkt bereitet der Stadt bei der Beschaffung von anderweitigem Wohnraum grosse Schwierigkeiten. Ausbaustandard und Mietzinse der gehandelten Wohnungen verunmöglichten die Beschaffung von angemessenem Wohnraum auf dem Wohnungsmarkt (vgl. BGr, 17.September 2014, 1C_704/2013, 1C_742/2013, E.6.4.2). Auch im soeben genannten bundesgerichtlichen Urteil war lediglich eine befristete baurechtliche Bewilligung für die Dauer von zehn Jahren erteilt worden. Angesichts dieser Umstände ist ein grosses öffentliches Interesse an der Erstellung des Bundesasylzentrums zu bejahen. Dies bestätigte denn auch das Ergebnis der am 24.September 2017 erfolgten Volksabstimmung über den Objektkredit für das hier infrage stehende Bundesasylzentrum, der mit der deutlichen Mehrheit von 70,4% angenommen wurde.

3.4.2 Anderseits besteht auch ein grosses, durch das Gemeinwesen wahrzunehmende Interesse daran, die Nutzer von Wohnliegenschaften vor starken Lärmimmissionen zu schützen, wie sie die ESIV zulässt und mit welchen vorliegend auch tatsächlich zu rechnen sein wird. Dieses allgemein grosse Schutzinteresse wird vorliegend jedoch dadurch etwas relativiert, dass der Aufenthalt der Asylbewerbenden im streitbetroffenen Zentrum nicht auf Dauer angelegt ist. Zwar liegt dennoch eine Wohnnutzung vor, für den einzelnen Bewohner indessen eine zeitlich beschränkte. Angesichts der damit verbundenen gewissen Relativierung des Schutzinteresses überwiegt das grosse öffentliche Interesse an der Erstellung eines Asylzentrums des Bundes.

3.5 Die Erteilung der Baubewilligung erweist sich damit auch wenn die Vorinstanzen von einer expliziten Verhältnismässigkeitsprüfung abgesehen haben im Ergebnis als rechtmässig. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde, soweit darauf überhaupt einzutreten ist.

4.

Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei kostenpflichtig (vgl. §13 Abs.2 in Verbindung mit §65a Abs.2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 [VRG]) und steht ihr dementsprechend keine Parteientschädigung zu (vgl. §17 Abs.2 VRG).

Fr. 8'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 110.-- Zustellkosten,
Fr. 8'110.-- Total der Kosten.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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