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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2016.00423)

Zusammenfassung des Urteils VB.2016.00423: Verwaltungsgericht

Die Gemeinde Hinwil vergab den Winterdienst für Route8 an C, was vom Beschwerdeführer angefochten wurde. Die Kammer prüfte die Zuschlagskriterien und entschied, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer unzulässigen Bewertung der Kriterien den Zuschlag hätte erhalten müssen. Da die Vergabebehörde den Beschwerdeführer nicht ausschloss, wurde der Zuschlag aufgehoben und an ihn vergeben. Die Beschwerdegegnerin muss die Gerichtskosten tragen und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.- zahlen. Der geschätzte Auftragswert liegt unter dem Schwellenwert für eine Verfassungsbeschwerde.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2016.00423

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2016.00423
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:1. Abteilung/1. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2016.00423 vom 06.10.2016 (ZH)
Datum:06.10.2016
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Zuschlagskriterien. Vorbehalt. Vertragsdauer. Bewertung.
Schlagwörter: Zuschlag; Punkte; Vertrag; Angebot; Winter; Winterdienst; Route; Vertragsdauer; Rabatt; Vergabe; Zuschlagskriterien; Rabatte; Ausschreibung; Gemeinde; Hinwil; Ausschreibungsunterlagen; Bewertung; Ausschluss; IVöB; Rabatte; Kriterium; Verwaltungsgericht; Beschaffungswesen; Punkten; Winterdienstkonzept; ASTAG-Tarif; Kammer; Angebote
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2016.00423

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

1. Abteilung

VB.2016.00423

Urteil

der 1. Kammer

vom 6.Oktober 2016

Mitwirkend: Abteilungspräsident Lukas Widmer (Vorsitz), Verwaltungsrichter Peter Sprenger, Verwaltungsrichterin Sandra Wintsch, Gerichtsschreiberin Daniela Kühne.

In Sachen

gegen



und

,


hat sich ergeben:

I.

Die Gemeinde Hinwil eröffnete mit Schreiben vom 20.Mai, 6. und 20.Juni 2016 ein Submissionsverfahren für den Winterdienst 2016/2017 hinsichtlich mehrerer Routen. Vorliegend streitrelevant ist die Route8. Innert Frist gingen hierfür insgesamt fünf Angebote ein. Am 12.Juli 2016 vergab die Gemeinde Hinwil die Leistungen für Route8 an C. Dieses Ergebnis teilte die Gemeinde Hinwil A mit Schreiben vom 14.Juli 2016 mit.

II.

Die Kammer erwägt:

1.

Vergabeentscheide kantonaler und kommunaler Auftraggebender können unmittelbar mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden (RB 1999 Nr.27 = BEZ 1999 Nr.13 = ZBl 100/1999, S.372). Auf das Beschwerdeverfahren gelangen die Art.15ff. der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15.März 2001 (IVöB) sowie die §§2ff. des Gesetzes über den Beitritt zur revidierten Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15.September 2003 (IVöB-BeitrittsG) zur Anwendung.

2.

2.1 Nicht berücksichtigte Anbietende sind zur Beschwerde gegen einen Vergabeentscheid legitimiert, wenn sie bei deren Gutheissung eine realistische Chance haben, mit dem eigenen Angebot zum Zug zu kommen bzw. eine Wiederholung des Submissionsverfahrens zu erreichen, in welchem sie ein neues Angebot vorlegen können; andernfalls fehlt ihnen das schutzwürdige Interesse an der Beschwerdeführung (RB 1999 Nr.18 = BEZ 1999 Nr.11; VGr, 19.Februar 2015, VB.2014.00562, E.2; BGr, 15.September 2014, 2C_380/2014, E.4.5.4.8; §21 Abs.1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 [VRG]).

2.2 Der Beschwerdeführer rügt eine unzulässige tiefe Bewertung der Zuschlagskriterien, insbesondere des Kriteriums "Rabatte ASTAG-Tarife". Würden die Zuschlagskriterien antragsgemäss höher beurteilt, so wäre dem Beschwerdeführer (trotz momentaner Drittplatzierung) der Zuschlag zu erteilen. Seine Legitimation ist demnach zu bejahen. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls gegeben.

3.

In den Ausschreibungsunterlagen hat die Beschwerdegegnerin vier Zuschlagskriterien unter Angabe deren Gewichtung festgelegt (Ausschreibungsunterlagen, act.9/1), nämlich:

Innert Angebotsfrist gingen fünf Angebote ein. Der Mitbeteiligte erhielt den Zuschlag für die Route8 mit hierfür 89,1125Punkten (act.9/17), während der Beschwerdeführer mit 70Punkten auf Platz3 rangiert (act.9/17).

4.

4.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei aus den Ausschreibungsunterlagen nicht ersichtlich, dass die Vertragsdauer "offenbar" ein entscheidendes Vergabekriterium für die Beschwerdegegnerin darstelle. Die Bewertung der Zuschlagskriterien angesichts seines Vorbehalts der längeren Vertragsdauer sei in der Folge unrichtig erfolgt. Beim Kriterium "Rabatte" hätte ihm bei Route8 nicht 0Punkte, sondern die gleichePunktezahl wie für die Route10 (22,4Punkte) zugestanden. Es sei nicht zulässig, dem Beschwerdeführer beim Kriterium "Rabatte" Abzüge zu machen, weil er auf einer Vertragsdauer von fünf Jahren bestanden habe. Somit hätte er bezüglich Route8 die höchstePunktzahl aller Anbietender (nämlich 92,4Punkte) erreicht und hätte der Zuschlag zwingend an ihn erteilt werden müssen.

4.2 Zuschlagskriterien dienen zur Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses im Hinblick auf die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots (§33 der Submissionsverordnung vom 23.Juli 2003 [SubmV]). Wie die Eignungskriterien werden auch die Zuschlagskriterien von der Vergabebehörde entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Auftrags festgelegt. Bei den Zuschlagskriterien handelt es sich um Merkmale, die ein Angebot in mehr minder hohem Mass besitzt und die ein Abwägen des wirtschaftlichen Werts ermöglichen. Dabei ist zu beachten, dass der Behörde beim Urteil darüber, welches Angebot anhand der Zuschlagskriterien das wirtschaftlich günstigste sei, ein erheblicher Beur­teilungsspielraum zusteht (VGr, 7.Mai 2015, VB.2014.00521, E.5.3; 28.August 2014, VB.2014.00300, E.6.4). In dieses Ermessen greift das Verwaltungsgericht, dem keine Überprüfung der Angemessenheit des Entscheids zusteht (Art.16 Abs.2 IVöB; §50 Abs.2 VRG), nicht ein. Zu prüfen ist dagegen eine allfällige Überschreitung ein Missbrauch des Ermessens (Art.16 Abs.1 lit.a IVöB; §50 Abs.1 in Verbindung mit §20 Abs.1 lit.a VRG).

4.3 Gemäss §4a Abs.1 lit.b IVöB-BeitrittsG (bisher §28 lit.h SubmV) werden Anbietende von der Teilnahme unter anderem ausgeschlossen, wenn sie wesentliche Formerfordernisse missachtet haben, insbesondere durch Nichteinhaltung der Eingabefrist, Unvollständigkeit des Angebots Änderung der Ausschreibungsunterlagen. Die Rechtsfolge des Ausschlusses ist allerdings nur dann adäquat, wenn es sich um einen wesentlichen Mangel handelt; ein überspitzter Formalismus ist zu vermeiden (RB 1999 Nr.61 = BEZ 1999 Nr.25 E.6 = ZBl 101/2000, S.265; RB 2006 Nr.46 E.3.2; VGr, 12.September 2007, VB.2007.00123, E.3.1; Herbert Lang, Offertenbehandlung und Zuschlag im öffentlichen Beschaffungswesen, ZBl 101/2000, S.225ff., 235). Gegenüber Offerten mit Vorbehalten ist im Interesse der Vergleichbarkeit der Angebote und in Nachachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine strenge Haltung am Platz (Peter Galli/André Moser/
Elisabeth Lang/Marc Steiner, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3.A., Zürich etc. 2013, N.470). Solche Offerten können den Ausschluss eines Anbieters bewirken, sofern sie nicht unwesentlich sind. Die Praxis zeigt allerdings, dass Vorbehalte nicht immer zum Ausschluss führen (Galli et. al., N.473).

4.4 Mit Zustellung der Offertunterlagen wurden den eingeladenen Unternehmern auch der Entwurf des Winterdienstvertrages (act.9/3) und das genehmigte Winterdienstkonzept (act.8/3) der Gemeinde Hinwil vom 30.Juni 2016 beigelegt. Die massgebliche Vertragsdauer ergibt sich hierbei aus dem Winterdienstkonzept (act.9/3, Ziff.8.3: "Die Verträge werden für zwei Winterdiensteinsätze abgeschlossen. Er wird jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn er nicht bis am 30.April für den folgenden Winter gekündigt wird.").

Das Kriterium der zweijährigen Vertragsdauer wurde in den Ausschreibungsunterlagen nicht ausdrücklich als "wesentlich" bezeichnet. Es musste den eingeladenen Unternehmern jedoch bei Studium der eindeutigen Formulierung im Winterdienstkonzept klar sein, dass die Vertragsdauer grundsätzlich bei zwei Jahren bzw. dass das Beharren auf der Forderung von mindestens fünf Jahren Laufzeit ausserhalb der Ausschreibungsunterlagen liegt. Da der Beschwerdeführer bei nochmaliger Nachfrage an seiner Forderung festhielt (act.9/8), durfte die Beschwerdegegnerin damals berechtigterweise davon ausgehen, dass ein Vertrag mit dem Beschwerdeführer nur für mindestens fünf Jahre abgeschlossen werden könne, auch wenn der Beschwerdeführer nun im Beschwerdeverfahren vorbringt, dass der Vorbehalt der Vertragsdauer von fünf Jahren für ihn nicht zwingend gewesen sei (vgl. act.2, S.6 Ziff.21). Somit wäre ein Ausschluss des Beschwerdeführers aus dem Vergabeverfahren zumindest denkbar gewesen. Davon hat die Beschwerdegegnerin jedoch abgesehen und dies wird von ihr im vorliegenden Schriftenwechsel auch nicht vorgebracht.

4.5 Die Verrechnung der verschiedenen Arbeiten und Zuschläge erfolgte im vorliegenden Fall nach dem jeweils gültigen ASTAG-Tarif (act.9/20, S.20f.). Für diese Ansätze (Pfadfahrten, Pfadfahrten mit Salzstreuer, Fahrschlag für Früh- und Nachtschichten, Zuschlag für Samstage und Sonntage) konnten die Unternehmer entsprechende Rabatte im Offertformular angeben (acht Positionen). Für die Berechnung derPunktzahl "Rabatte ASTAG-Tarif" (maximal 30Punkte) wurde das Mittel der acht Rabatte ermittelt. Bei einem Mittel von 0% Rabatt beträgt dies gemäss Angaben der Beschwerdegegnerin 20Punkte, bei
einem Mittel von 33,3% Rabatt ergibt dies 30Punkte.

,,,

4.6 Es ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass oben genannte kurze Begründung der Beschwerdegegnerin ohne weitere Ausführungen nicht zu überzeugen vermag. Wie bereits dargestellt, wäre es angesichts des Vorbehalts der fünfjährigen Vertragsdauer zumindest möglich gewesen, den Ausschluss des Beschwerdeführers vom Vergabeverfahren zu thematisieren, da die Vergabe für zwei Jahre ausgeschrieben war. Die Vergabebehörde hat jedoch keinen Ausschluss vorgenommen, sondern den Beschwerdeführer in das Bewertungsverfahren miteinbezogen und seine Kriterien, insbesondere auch das Kriterium "Rabatte ASTAG-Tarife" ausgerechnet und mit theoretisch 22,4Punkten bewertet, nur um diese Bewertung dann aufgrund der geforderten längeren Vertragsdauer auf 0Punkte zu setzen. Dies erscheint widersprüchlich und nicht nachvollziehbar, da aus den Akten kein Sachzusammenhang zwischen einer Bewertung von Rabatten bei 0Punkten und einer längeren Vertragsdauer ersichtlich ist.

5.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Prüfung der weiteren Rüge der Verletzung des Abgebotsrundenverbots gemäss und ist der angefochtene Zuschlag in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben. Da das Angebot des Beschwerdeführers nun an erster Stelle steht und keine weiteren Abklärungen erforderlich sind, hat die Vergabe an ihn zu erfolgen. Praxisgemäss erteilt das Verwaltungsgericht den Zuschlag jedoch nicht selber; die Sache ist vielmehr mit einer entsprechenden Anordnung an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. VGr, 13.Februar 2002, VB.2001.00035, E.3c = BEZ 2002 Nr.33).

Hierbei ist festzuhalten, dass entsprechend der Ausschreibungsunterlagen der Vertrag selbstverständlich nur auf zwei Jahre abgeschlossen werden kann. Somit ist dem Beschwerdeführer der Zuschlag für die Route8 für die in der Ausschreibung vorgesehenen zwei Winterdiensteinsätze zu erteilen (act.9/3, Ziff.8.3).

6.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdegegnerin kostenpflichtig (§65a Abs.2 in Verbindung mit §13 Abs.2 Satz1 VRG) und ist sie zur Bezahlung einer Parteientschädigung an den Beschwerdeführer zu verpflichten (§17 Abs.2 VRG); angemessen sind Fr.1'500.-.

7.

Der geschätzte Auftragswert übersteigt den im Staatsvertragsbereich massgeblichen Schwellenwert nicht (Art.1 lit.b der Verordnung des WBF vom 23.November 2015 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für die Jahre 2016 und 2017 SR 172.056.12]). Gegen diesen Entscheid steht daher nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art.113ff. des Bundesgerichtsgesetzes vom 17.Juni 2005 (BGG) offen.

Demgemäss erkennt die Kammer:

In Gutheissung der Beschwerde wird der Vergabeentscheid der Gemeinde Hinwil vom 12.Juli 2016 bezüglich des Winterdienstes der Route8 aufgehoben. Die Sache wird an die Gemeinde Hinwil zurückgewiesen, um den Zuschlag bezüglich Route8 für zwei Winterdiensteinsätze gemäss Ziff.8.3 des Winterdienstkonzeptes der Gemeinde Hinwil vom 30.Juni 2016 an den Beschwerdeführer zu erteilen.

Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 190.-- Zustellkosten,
Fr. 2'190.-- Total der Kosten.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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