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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2016.190
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2016.190 vom 05.10.2016 (SO)
Datum:05.10.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Erlöschen der Niederlassungsbewilligung und Gesuch um Erteilung eines Rückreisevisums
Schlagwörter: Beschwerde; Beschwerdeführer; Schweiz; Türkei; Reise; Niederlassung; Niederlassungsbewilligung; Rückreise; Lebensmittelpunkt; Polizei; Beschwerdeführers; Aufenthalt; Rückreisevisum; Ehefrau; Urteil; Verfügung; Ausländer; Wohnsitz; Aussage; Verschiedene; Wohne; Ergebe; Person; Vorinstanz; Ausland; Familie; Bundesgericht; Verwaltungsgericht; Kinder
Rechtsnorm: Art. 23 ZGB ; Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:120 Ib 369;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Thomas Geiser;
Entscheid
Urteil vom 5. Oktober 2016

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli

Gerichtsschreiber Schaad

In Sachen

A.___ vertreten durch Rechtsanwalt Arthur Haefliger,

Beschwerdeführer

gegen

Departement des Innern, Ambassadorenhof, 4500 Solothurn, vertreten durch Migrationsamt, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn

Beschwerdegegner

betreffend Erlöschen der Niederlassungsbewilligung und Gesuch um Erteilung eines Rückreisevisums


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. A.___, geb. 12. Januar 1956, aus der Türkei (in der Folge Beschwerdeführer), reiste am 10. September 1979 in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung. Am 26. Juli 1984 verheiratete er sich in der Türkei mit E.___, geb. 1. Januar 1958, welche sich bereits seit 1973 in der Schweiz aufhält und im Besitze einer Niederlassungsbewilligung ist. Der Ehe entsprossen drei Kinder; die Tochter F.___, geb. 2. November1984, ist heute eingebürgert. A.___ und E.___ trennten sich im Jahre 2009, sind aber nicht geschieden. Per 1. Mai 2010 zog der Beschwerdeführer von [...] nach [...] und meldete sich per 1. Juli 2012 bei G.___ an der [...]strasse 14 an. Mit G.___ stand der Beschwerdeführer in einer gemeinsamen Beziehung, aus der der uneheliche Sohn H.___, geb. 1989, entspross. Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahre 1990 im Besitze einer Niederlassungsbewilligung.

2. Im Rahmen der Verlängerung der Niederlassungsbewilligung und aufgrund verschiedener Aufenthalte in der Türkei nahm das Migrationsamt (MISA) im Sommer/Herbst 2015 verschiedene Abklärungen vor, und schliesslich verfügte das Departement des Innern (DdI) am 25. Mai 2016, es werde festgestellt, dass die Niederlassungsbewilligung von A.___ erloschen sei, und das Gesuch von A.___ um Erteilung eines Rückreisevisums werde abgewiesen. Zur Begründung führte das DdI zusammengefasst aus, es seien dem MISA von verschiedenen Behörden Hinweise zugetragen worden, dass der Beschwerdeführer im Ausland lebe. Die erfolglosen Bemühungen der Polizei zwischen März und Juni 2015, den Beschwerdeführer zu kontaktieren, hätten diesen Verdacht erhärtet. Auch die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn und die Einwohnergemeinde Trimbach hätten verschiedene Hinweise erhalten, der Beschwerdeführer halte sich mehrheitlich im Ausland auf und reise nur zwecks Verlängerung der Kontrollfrist seiner Niederlassungsbewilligung in die Schweiz ein. Die Auswertung der Stempel im Pass des Beschwerdeführers hätten ergeben, dass er sich mindestens zweimal länger als 4 ½ Monate im Heimatland aufgehalten habe. Es sei der Eindruck entstanden, der Beschwerdeführer reise nur in die Schweiz ein, um seine Arzttermine wahrzunehmen und kehre anschliessend wieder in die Türkei zurück. Gegen Ende des Jahres 2015 habe er sich verschiedene Male nach dem Verbleib seiner Verlängerung der Niederlassung erkundigt und um ein Rückreisevisum ersucht, welches ihm jeweils erteilt worden sei. Am 17. April 2016 sei er ohne das Einholen eines Rückreisevisums ausgereist. Dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz gar nicht in der Schweiz hätte, habe sich aber definitiv erst durch die Aussagen von G.___ ergeben, die im Polizeibericht vom 4. Januar 2016 und dann in ihrer Stellungnahme vom 22. April 2016 eindeutig bestätigt habe, dass Beschwerdeführer entgegen seinen Aussagen gar nie bei ihr gewohnt habe und sich sogar ohne ihr Wissen an ihrer Adresse angemeldet habe. Auch habe seine Ehefrau bestätigt, dass er nicht bei ihr in [...] wohne und ihr Umgang nur noch kollegial sei. Die Niederlassungsbewilligung sei deshalb nach Art. 61 Abs. 2 AuG i.V. mit Art. 79 VZAE erloschen, weil sich der Beschwerdeführer länger als sechs Monate im Ausland aufgehalten habe, ohne sich abzumelden.

3. Mit Eingabe vom 31. Mai 2016 erhob Rechtsanwalt Haefliger namens und im Auftrag des Beschwerdeführers Beschwerde und stellte folgende Anträge:

1.   Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben.

2.   Es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen und im Rahmen der aufschiebenden Wirkung sei die Vorinstanz anzuweisen, dem Beschwerdeführer ein Rückreisevisum zu erteilen.

3.   Es sei dem Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in die Schweiz Gelegenheit zu geben, die vorliegende Beschwerde zu ergänzen und neue Beweismittel einzureichen.

Unter Kosten und Entschädigungsfolgen.

Zur Begründung führte er aus, der Beschwerdeführer sei am 17. April 2016 in die Türkei gereist, um dort medizinische Untersuchungen zu absolvieren. Als er Ende Mai zurückkehren wollte, habe ihm das MISA ein Rückreisevisum verweigert. Der angefochtene Entscheid habe ihm noch nicht zugestellt werden und eine Instruktion nicht stattfinden können. Der Beschwerdeführer lebe seit 1979 in der Schweiz, habe drei Kinder, sei immer noch verheiratet und habe einen 27-jährigen Sohn mit G.___. Sein Lebensmittelpunkt befinde sich ganz klar in der Schweiz, wo sich seine engste Familie und die Kinder aufhielten. Aus der Aufstellung des MISA ergebe sich, dass er sich nie sechs Monate lang in der Türkei aufgehalten habe. Der Sachverhalt, wie ihn die Vorinstanz darstelle, werde bestritten; er beruhe auf Angaben, die nicht nachgewiesen seien. Er sei aus gesundheitlichen Gründen mehrere Male in der Türkei gewesen, wo er auch operiert worden sei. Dies habe vor allem Kostengründe. Aus gesundheitlichen Gründen (Herzprobleme, Diabetes, etc.) könne er auch keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, er lebe aber nicht auf Kosten des Staates, sondern unterhalte sich selbst. Die Aussage von G.___ werde bestritten, allerdings sei richtig, dass er sich in letzter Zeit wieder vermehrt bei seiner Frau und Tochter in [...] aufhalte.

4. Mit Verfügung vom 2. Juni 2016 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt und die Vorinstanz ersucht, dem Beschwerdeführer ein Rückreisevisum auszustellen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, die Beschwerde ergänzend zu begründen.

5. Mit Eingabe vom 1. Juli 2016 ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde und machte geltend, die Aussage von G.___, der Beschwerdeführer habe nie bei ihr gewohnt, sei falsch. Sie sei seit Jahren seine Freundin und zwischen 2012 und Frühjahr 2016 sei er auch bei ihr angemeldet gewesen. Wie sich aus beiliegendem Flugticket ergebe, hätten sie noch im Jahre 2015 zusammen Ferien in der Türkei machen wollen. Offenbar habe sie nun aber einen neuen Freund und wolle nichts mehr von ihm wissen. Dass die Polizei ihn zwischen dem 2. März und dem 18. Juni 2015 nicht habe kontaktieren können, sei eine Behauptung, die nicht belegt sei. Es sei auch bei einer in der Schweiz wohnhaften Person durchaus möglich, dass sie nicht kontaktiert werden könne. Auch die behaupteten «Auskünfte» der Einwohnergemeinde [...] seien nicht belegt. Der Beschwerdeführer habe sich nun wieder bei seiner Familie, resp. bei seiner Ehefrau in [...] angemeldet. Sein Lebensmittelpunkt sei unzweifelhaft in der Schweiz und es wäre völlig unverhältnismässig, dem Beschwerdeführer, der seit Jahrzehnten in der Schweiz lebe, hier seine Frau und seine Kinder habe und sich noch nichts habe zuschulden kommen lassen, die Niederlassungsbewilligung aufgrund irgendwelcher Annahmen zu entziehen, die nicht belegt seien.

6. Das DdI verfügte am 17. August 2016 neu Folgendes:

1.   Die vorliegende Verfügung des Migrationsamtes ersetzt die Verfügung vom 25. Mai 2016 im Sinne von § 69 Abs. 1bis VRG i.V. mit § 34bis VRG.

2.   Es wird festgestellt, dass die Niederlassungsbewilligung von A.___ erloschen ist.

3.   A.___ wird weggewiesen und hat die Schweiz unter Androhung von Zwangsmassnahmen im Unterlassungsfall innert 60 Tagen nach Rechtskraft des Wegweisungsentscheides zu verlassen.

4.   A.___ hat sich bei der Einwohnergemeinde [...] ordnungsgemäss abzumelden und sich die Ausreise mittels Abgabe der beiliegenden Ausreisemeldekarte an der Schweizer Grenze bestätigen zu lassen.

An der Begründung wurde festgehalten und diese ergänzt durch Präzisierungen und Ausführungen zur angeordneten Wegweisung.

7. Ebenfalls mit Datum vom 17. August 2016 reichte das Migrationsamt namens des DdI seine Vernehmlassung ein und stellte folgende Anträge:

1.   Die Behandlung der Beschwerde sei mit der abgeänderten Verfügung vom 17. August 2016 fortzuführen.

2.   Die Beschwerde sei in Bezug auf die Ausstellung eines Rückreisevisums (Ziff. 2 der Beschwerde) als gegenstandslos abzuschreiben.

3.   Im Übrigen sei die Beschwerde unter Kostenfolge abzuweisen.

Aus den Akten ergebe sich, dass der Beschwerdeführer seit mehreren Jahren keinen festen Wohnsitz (mehr) in der Schweiz habe. Wie dem Polizeibericht vom 4. Januar 2016 entnommen werden könne, sei der Beschwerdeführer bei seiner ehemaligen Lebenspartnerin gar nie eingezogen und habe sich ohne deren Wissen dort angemeldet. Konfrontiert mit diesen Aussagen habe er bloss gesagt, sie lüge, seinen angeblichen Aufenthalt habe er aber in keiner Art und Weise substantiiert. Es seien aber keine Gründe ersichtlich, wieso seine ehemalige Lebenspartnerin lügen sollte. Im Gegenteil: ihre Angaben würden durch verschiedene Hinweise von Behörden und Auskunftspersonen gestützt. Die Ehefrau habe dem MISA im Mai 2016 unmissverständlich mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer nicht bei ihr wohnhaft sei, nur noch teils veraltete Effekten bei ihr habe und das Verhältnis zwischen ihnen bloss ein kollegiales sei. Es stehe deshalb fest, dass der Beschwerdeführer in den letzten Jahren weder bei seiner Ehefrau noch bei seiner ehemaligen Lebenspartnerin wohnhaft gewesen sei und er diesbezüglich dem MISA gegenüber wahrheitswidrige Angaben gemacht habe. Mit seiner nachträglichen Anmeldung per 1. Juli 2016 bei seiner von ihm seit 7 Jahren getrennt lebenden Ehefrau vermöge er seinen bisherigen Lebensmittelpunkt in der Schweiz nicht nachzuweisen. Die vereinzelten Aufenthalte des Beschwerdeführers in der Schweiz, bei welchen er jeweils einen Arztbesuch gemacht hat und dann wieder ausgereist ist, seien lediglich als Besuchsaufenthalte zu würdigen. Ebenfalls gehe der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit in der Schweiz nach, habe hier angeblich kein Mobiltelefon-Abonnement abgeschlossen und besitze auch kein Bankkonto. All diese Indizien liessen einzig den Schluss zu, dass sich der Beschwerdeführer hauptsächlich in seinem Heimatland aufhalte, wo er auch seinen Lebensmittelpunkt habe. Dass er sich in der Schweiz nichts habe zuschulden kommen lasse, sei nicht richtig. Wie sich aus den letzten 11 Verlustscheinen vom November 2015 bis März 2016 ergebe, geniesse der Beschwerdeführer hier medizinische Dienstleistungen ohne seine Krankenkassenprämien zu bezahlen. Auch andere Behauptungen in seiner Beschwerdeschrift erwiesen sich bei näherem Hinsehen als reine Schutzbehauptungen. Es sei bezüglich seiner Eingaben besonders auffällig, dass er mit seinen Ausführungen aus unerklärlichen Gründen Aussagen von anderen Personen oder Behörden bestreite, ohne jedoch anschliessend substantiiert vorzubringen, wie es denn wirklich war oder zu erläutern, weshalb die anderen Personen oder Behörden wahrheitswidrige Angaben machen sollten.

8. Mit Eingabe vom 23. August 2016 bestätigte der Beschwerdeführer sein Rechtsbegehren, auch die Verfügung vom 17. August 2016 sei unter Kostenund Entschädigungsfolgen aufzuheben. Er sei damit einverstanden, dass das vorliegende Verfahren weitergeführt werde. Bezüglich Rückreisevisums sei die Beschwerde gutzuheissen, bzw. das Verfahren abzuschreiben, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A.___ ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2. Das Verwaltungsgericht erteilte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung und ersuchte das MISA, dem Beschwerdeführer ein Rückreisevisum zu erteilen. Dies erfolgte am 6. Juni 2016 auf Vorsprache des Beschwerdeführers hin durch das Schweizerische Generalkonsulat in der Türkei. Das entsprechende Rechtsbegehren in der Beschwerde vom 31. Mai 2016 ist deshalb gegenstandslos geworden. Hingegen musste, bedingt durch die Rückreise des Beschwerdeführers in die Schweiz, die Wegweisung, Abmeldung und Ausreise neu geregelt werden. Dies hat die verfügende Behörde am 17. August 2016 in Ziffer 2 und 3 getan und der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 23. August 2016 ausdrücklich verlangt, diese Verfügung sei aufzuheben und er sei damit einverstanden, dass das Verfahren weiter geführt werde.

3. Gemäss Art. 61 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Ausländer und Ausländerinnen (AuG; SR 142.20) erlischt die Niederlassungsbewilligung nach sechs Monaten, wenn der Ausländer oder die Ausländerin, ohne sich abzumelden, die Schweiz verlässt. Auf Gesuch hin kann die Niederlassungsbewilligung während vier Jahren aufrechterhalten werden (vgl. Art. 79 Abs. 2 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit, VZAE; SR 142.201). Nach der Rechtsprechung ist dieser Tatbestand auch erfüllt, wenn der Ausländer während eines grösseren Zeitraums landesabwesend ist, jeweils vor Ablauf von sechs Monaten für beschränkte Zeit in die Schweiz zurückkehrt, dies aber bloss zu Geschäftsoder Besuchszwecken tut. Bei solchen Verhältnissen (wiederholte längere Aufenthalte im Heimatland über mehrere Jahre hinweg, unterbrochen durch mehr oder weniger lange Anwesenheiten in der Schweiz) wird - anders als üblicherweise - die Frage nach dem Lebensmittelpunkt zum ausschlaggebenden Kriterium (Urteil des Bundesgerichts vom 31. Mai 2016, 2C_400/2015; BGE 120 Ib 369 E. 2c und d S. 372 f.; vgl. zum Ganzen auch Urteil 2C_831/2010 vom 27. Mai 2010 E. 5.1 mit Hinweisen). Wenn der Lebensmittelpunkt ins Ausland verschoben wird, so unterbrechen vorübergehende Besuchs-, Tourismusoder Geschäftsaufenthalte in der Schweiz die Frist nicht (Urteil 2C_81/2011 des Bundesgerichts vom 1. September 2011, E. 3.2 mit Hinweis auf Silvia Hunziker, in: Martina Caroni et al. [Hrsg.]: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Kommentar, Bern 2010, N. 19 f. zu Art. 61; Zünd/Arquint Hill, in: Peter Uebersax et al. [Hrsg.]: Ausländerrecht, Basel 2009, Rz. 8.9; vgl. auch Art. 79 Abs. 1 VZAE).

4. Die zentrale Frage ist demnach, ob der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers sich in der Türkei oder der Schweiz befindet. Gemäss der Rechtsprechung zum zivilrechtlichen Wohnsitz befindet sich der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen bei verheirateten Personen üblicherweise am Wohnort der Familie, nicht am Arbeitsort. Dies gilt auch für diejenigen Personen, welche am Arbeitsort übernachten und lediglich am Wochenende nach Hause fahren sowie für den Geschäftsmann, welche die grössere Zeit des Jahres im Ausland verbringt. Der Wochenaufenthaltsund Arbeitsort wird zum Wohnsitz, wenn die Familie bloss noch in grossen und unregelmässigen Abständen besucht wird. Lässt die Arbeitszeit häufigere Besuche nicht zu, so genügt eine Rückkehr pro Monat zur Beibehaltung des Wohnsitzes am Wohnort der Familie (Daniel Staehelin in: Heinrich Honsell, Nedim Peter Vogt, Thomas Geiser [Hrsg.]: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel 2014 N. 11 zu Art. 23 ZGB).

5.1 Der Beschwerdeführer ist zwar immer noch verheiratet, jedoch seit 2009 gerichtlich getrennt. Seine Familie lebt mehrheitlich in [...]. Von dort hat er sich allerdings im Jahr 2010 nach [...] abgemeldet, wo er seitdem wohnhaft gewesen sein will. Wie sich aus den Akten ohne Zweifel ergibt, sind seine diesbezüglichen Angaben falsch. Wie aus dem Polizeibericht der Kantonspolizei vom 4. Januar 2016 (Aktenseite [AS] 504), der sich auf verschiedene Auskunftspersonen aus dem Umfeld von G.___ und Angaben ihres Sohnes stützt, hervor geht, ist der Beschwerdeführer weder an der [...]strasse 3, noch an der [...]strasse 14 je eingezogen. Er soll sich dort sogar ohne Wissen von G.___ angemeldet haben. Post für ihn sei ihm anfänglich nachgeschickt worden, später habe dann G.___ sie einfach in den Milchkasten gelegt, wo sie vom Beschwerdeführer abgeholt werden konnte. Der Beschwerdeführer sei in der Wohnung nicht erwünscht und Treffen mit seinem Sohn fänden bei Bedarf ausserhalb der Wohnung statt. Eine Kontrolle der Wohnung durch die Polizei am 14. Dezember 2015 habe keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer sich dort aufhalte, geschweige denn wohnhaft sei. Es sei mit grösster Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Angaben der Informanten stimmten. Erwähnenswert ist zudem, dass der Beschwerdeführer offenbar gemäss Polizeibericht versucht hat, die Informanten einzuschüchtern, sich also der Problematik des Wohnsitzes bewusst war.

Die ehemalige Lebenspartnerin und Mutter des gemeinsamen 27-jährigen Sohnes hat auf ihr vom MISA gestellte Fragen mit Schreiben vom 22. April 2016 die Angaben im Polizeibericht vom 4. Januar 2016 ausdrücklich bestätigt und unterschriftlich festgehalten: «Ich erwähne ausdrücklich, dass Herr [...] nie bei mir wohnte.» Bezeichnend ist denn auch, dass der Beschwerdeführer dazu bloss erwähnt, die Aussagen von G.___ seien falsch und bestritten. Sie sei seit Jahren seine Freundin und wolle nun, weil sie einen neuen Freund habe, nichts mehr von ihm wissen. Das eingereichte elektronische Flugticket von G.___ für einen Flug von Basel nach Istanbul für den Oktober 2015 ist auch nicht sehr aussagekräftig, erwähnt doch der Beschwerdeführer selbst, sie hätten nur gemeinsam Ferien machen wollen. Ob sie dies auch getan haben oder ob G.___ überhaupt in die Türkei gereist ist, bleibt offen. Andere Belege, die beim Zusammenwohnen wohl zwangsläufig entstehen würden (gemeinsamer Mietvertrag mit Anzahl Personen, Quittungen, etc.) liegen keine vor. Auf der andern Seite ist, wie die Vorinstanz richtig bemerkt, kein Grund ersichtlich, wieso G.___ nicht die Wahrheit sagen sollte. Somit ist klar, dass der Beschwerdeführer in [...] nie einen gesetzlichen Wohnsitz und damit einen schweizerischen Lebensmittelpunkt begründet hat.

5.2 Die Ehefrau und Tochter des Beschwerdeführers leben in [...]. Gemäss Polizeibericht vom 4. Januar 2016 soll sich der Beschwerdeführer während seinen Aufenthalten in der Schweiz vor allem dort aufgehalten haben. Per 1. Juli 2016 hat er sich auch dort wieder angemeldet. Aber auch dort konnte er zwischen dem 2. März und dem 18. Juni 2015 durch die Kantonspolizei Solothurn, die ihn beim Betreibungsamt [...] vorführen sollte, nicht betroffen werden. Seine J.___ erschien am 27. März 2015 auf dem Polizeiposten [...] und teilte mit, ihr Vater sei in der Türkei und komme erst in zwei bis drei Monaten wieder in die Schweiz zurück. Dies widerspricht der Behauptung des Beschwerdeführers, er sei im Jahre 2015 aus gesundheitlichen Gründen insgesamt vier Mal für kürzere Zeit in der Türkei gewesen (Beweissatz [BS] 5, S. 3 der Beschwerde vom 31. Mai 2016). Ganz klar ist wiederum die schriftliche Auskunft seiner Ehefrau E.___. Sie hielt in einem Schreiben (AS 544), das anfangs Mai 2016 beim MISA einging, fest, sie würden nach wie vor in einem getrennten Verhältnis leben, der Beschwerdeführer wohne nicht an der [...]gasse 1, besuche aber die Kinder und die Enkelin und es seien nur noch teils veraltete persönliche Effekten bei ihr. Unmissverständlich hielt sie auf die Frage, ob sich der Beschwerdeführer regelmässig bei ihr aufhalte, resp. wieder bei ihr wohne, fest: «A.___ wohnt nicht an der [...]gasse 1 in [...] und weiteres ist mir nicht bekannt.» Auch bezüglich seines angeblichen faktischen Wohnsitzes in [...]unterlässt es der Beschwerdeführer seine Behauptungen mit Belegen oder Indizien zu untermauern. Es steht demnach auch zweifellos fest, dass er seinen Lebensmittelpunkt nicht bei seiner Ehefrau, resp. Tochter in [...] hat.

5.3 Bezüglich der Dauer seiner Aufenthalte in der Türkei ist dem Beschwerdeführer insoweit zuzustimmen, als die Einträge in seinem Pass nicht einen lückenlosen Nachweis des jeweiligen Aufenthaltsortes zulassen. Immerhin zeigt die Aufstellung in der angefochtenen Verfügung (S. 3), dass die Behauptung des Beschwerdeführers, er halte sich jeweils nur für kurze medizinisch begründete Behandlungen in der Türkei auf, falsch ist. Auch in den Jahren 2012 bis 2014 hat er sich jeweils für längere Zeit in seinem Heimatland aufgehalten. Es mag zwar richtig sein, dass die medizinischen Behandlungen in der Türkei günstiger sind, hingegen ist dem MISA zuzustimmen, dass es sich nach der im Jahre 2012 erfolgten Operation (By-Pass) lediglich um Routinekontrollen handelt, die gemäss Arztbericht des privaten S.__ Medical Park Krankenhauses vom 14. Oktober 2015 (AS 485) alle drei Monate stattfinden sollten. Auch die Überwachung der Diabetes-Erkrankung erfordert nicht längere Aufenthalte in der Türkei und könnte durchaus, wie die übrigen Kontrollen auch, in der Schweiz erfolgen. Sicherlich erfordern sie nicht längere Auslandsaufenthalte. Es scheint das Gegenteil der Fall zu sein: Der Beschwerdeführer hält sich nur für kurze Arztbesuche (vgl. Bestätigung von Dr. X.___ vom 11. September 2015, AS 459) in der Schweiz auf.

5.4 Der Beschwerdeführer geht in der Schweiz (und nach seinen Angaben auch in der Türkei) keiner Erwerbstätigkeit nach. Angeblich werde er von seinen drei Söhnen finanziell unterstützt. Wie er seinen Lebensunterhalt, insbesondere auch die Reisen in die Türkei, resp. in die Schweiz finanziert, ist im Dunkeln. Er verfügt über keine eigene Wohnung, hat nach seinen Angaben kein Bankkonto und verfügt nur über ein Prepaid-Handy (die Nummer hat er aber nicht bekannt gegeben), hat kein Fahrzeug eingelöst und macht auch sonst keine Verbindungen zur Schweiz (beispielsweise Mitgliedschaft in einem Verein) geltend. Die einzige Verbindung, die ersichtlich ist, ist die Krankenversicherung, deren Prämien er offenbar nicht bezahlt, denn gemäss Betreibungsregisterauszug des Betreibungsamtes [...]vom 12. Mai 2016 (AS 552) stammen die letzten 11 Verlustscheine (zwischen November 2015 und März 2016) im Gesamtbetrag von CHF 7066.90 von der [...]Krankenkasse. Es ist offensichtlich, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt nicht in der Schweiz hat.

6. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, erlischt die Niederlassungsbewilligung von Gesetzes wegen (Art. 61 AuG; Urteil 2C_831/2010 des Bundesgerichts vom 27. Mai 2011 E. 5.4). Ein Ermessensspielraum, innerhalb dessen eine Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmen wäre (Art. 96 Abs. 1 AuG), besteht nicht (Urteil 2C_327/2013 des Bundesgerichts vom 23. Oktober 2013 E. 2.3). Eine solche wäre erforderlich bei der Beurteilung eines Gesuchs gemäss Art. 61 Abs. 2 Satz 2 AuG (Urteil 2C_461/2012 vom 7. November 2012 E. 2.4), doch liegt ein solches nicht vor.

Schliesslich ist auch der Schluss der Vorinstanz, es liege kein Verstoss gegen Art. 8 EMRK vor, nicht zu beanstanden: Der Beschwerdeführer lebt seit 2009 von seiner Ehefrau getrennt, sämtliche Kinder sind volljährig. Weitere Beziehungen, die ein Abhängigkeitsverhältnis begründen würden, sind weder ersichtlich noch dargetan. Nachdem er seinen Lebensmittelpunkt offensichtlich bereits in der Türkei hat und dort auch die medizinische Versorgung gewährleistet ist, ist das Vorgehen der Vorinstanz zu schützen.

7. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat A.___ die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1500.00 festzusetzen sind. Bei diesem Ergebnis kann ihm keine Entschädigung zugesprochen werden.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1500.00 zu bezahlen.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

Scherrer Reber Schaad



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