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Urteil Verwaltungsgericht (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:S 92 261
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Sozialversicherungsrechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid S 92 261 vom 22.09.1992 (LU)
Datum:22.09.1992
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 59, Art. 60 AVIG; Art. 81 AVIV. Präventivmassnahmen bei Arbeitslosigkeit; Voraussetzungen; rechtzeitige Anmeldung. Ein Sprachkurs kann als Präventivmassnahme anerkannt werden. Wird ein Gesuch erst nach Kursbeginn eingereicht, wird die Leistung erst ab diesem Zeitpunkt ausgerichtet.
Schlagwörter: Arbeit; Stufe; Gesuch; Beschwerde; Verfügung; Arbeitsamt; Arbeitslosenversicherung; Beschwerdeführerin; Wochen; Vermittlung; Arbeitslosenkasse; Stufen; Kantonale; Arbeitsmarkt; Zustimmung; Zeitpunkt; Schule; Festgehalten; Kurskosten; Vermittlungsfähigkeit; Luzern; Begründung; Kurses; Einreichung; Leistungen; Kursbeginn; Gesuches; Amtsstelle; Besuchen; Worden
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
A. - Die 1966 geborene jugoslawische Staatsangehörige A, welche in der Schweiz niederlassungsberechtigt ist, arbeitete vom 1. März 1990 bis zu ihrer Entlassung per 31. August 1991 bei der Firma X. Sie stellte bei der Arbeitslosenkasse einen Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. Am 21. August 1991 reichte sie beim kantonalen Arbeitsamt ein Gesuch um Zustimmung zum Besuch eines Deutschkurses Stufe I an der Z-Schule vom 2. September bis 22. November 1991 ein. Dieses wurde mit Verfügung vom 4. Dezember 1991 (zugestellt am 6.12.1991) gutgeheissen. Am 10. März 1992 (eingegangen beim kantonalen Arbeitsamt am 22.4.1992) reichte sie ein weiteres Gesuch um Zustimmung zum Besuch weiterer 20 Wochen des Deutsch-Intensivsprachkurses ein.

Mit Verfügung vom 22. April 1992 (zugestellt am 24.4.1992) wies das kantonale Arbeitsamt Luzern dieses Gesuch ab. Es hielt in der Begründung fest: «Die Versicherte arbeitete als Mitarbeiterin in einer feinmechanischen Werkstatt. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgte ohne Sperrtage seitens der Arbeitslosenkasse. Am 14. August 1991 meldete sich die Versicherte zur Arbeitsvermittlung und Stempelkontrolle. - Es muss primär festgehalten werden, dass das Gesuch verspätet abgegeben wurde. Der Kurs hat bereits stattgefunden. Gemäss Art. 60 Abs. 2 AVIG muss, wer einen Kurs besuchen will, die Zustimmung der kantonalen Amtsstelle rechtzeitig vor Kursbeginn einholen. - Im übrigen verweisen wir auf die Verfügung vom 6. Dezember 1991, mit welcher der Versicherten bereits Deutschlektionen gutgeheissen wurden. In der Begründung wurde u.a. festgehalten: Vereinbart wurde allerdings, dass nur die erste Stufe des Unterrichts - das Kursprogramm umfasst drei Stufen und dauert bis 3. Juni 1992 - von der Arbeitslosenversicherung übernommen wird.»

B. - Gegen diese Verfügung beschwerte sich A rechtzeitig beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und beantragte, die Verfügung der Arbeitslosenversicherung vom 22. April 1992 sei aufzuheben und ihr die Kurskosten der Z-Schule Luzern vom 25. November 1991 bis 21. Februar 1992 (Stufe II) sowie vom 9. März 1992 bis 3. Juni 1992 (Stufe III) vollumfänglich zu begleichen. Zur Begründung führte sie aus: Es treffe nicht zu, dass, wie in der Verfügung vom 6. Dezember 1991 der Arbeitslosenversicherung stehe, vereinbart worden sei, dass ihr die Kurskosten nur für die erste Stufe beglichen würden. Vielmehr habe man sich auf den Intensiv-Grundkurs für Fremdsprachige bei der Z-Schule Luzern geeinigt. Es handle sich hiebei um einen Grundkurs der deutschen Sprache, der 30 Wochen daure. Die erste Stufe (10 Wochen) beinhalte die ersten drei Fälle des Präsens sowie eine kurze Einführung ins Präteritum. Die zweite Stufe (20 Wochen) befasse sich mit dem Perfekt, dem Plusquamperfekt sowie der Adjektivdeklination. Die dritte Stufe (30 Wochen) gebe einen Einblick in die Konjunktive I und II und in die Nebensätze. Es sei ihr klar gewesen, dass sie nur mit der Versicherungsleistung einer Halbtagesstelle habe rechnen können, da sie ja vormittags die Schule besucht habe. Die zuständige Sachbearbeiterin habe ihr aber mitgeteilt, dass die Arbeitslosenkasse für die erste Stufe des Kurses aufkomme. Weiter sei ihr leider nur mündlich mitgeteilt worden, dass die Arbeitslosenkasse auch für die zweite und dritte Stufe des Kurses aufkomme, sofern sie zu diesem Zeitpunkt immer noch arbeitslos sei. Aus diesem Gespräch habe sie gefolgert, dass ihr Kurskosten für die zweite und dritte Stufe ohne ein neuerliches Gesuch ihrerseits ausbezahlt würden. Erst als die Frist zur Einreichung des Gesuches bereits abgelaufen sei, sei sie vom Arbeitsamt darauf aufmerksam gemacht worden, dass dieses keine Kosten für die zweite und dritte Stufe übernehme.

In der Vernehmlassung beantragt das kantonale Arbeitsamt Luzern die Abweisung der Beschwerde. Es habe mit Verfügung vom 4. Dezember 1991 ein Gesuch betreffend Kursbesuch für Deutschunterricht gutgeheissen. In der Begründung sei darauf hingewiesen worden, dass nur die erste Stufe des Unterrichtes - das Kursprogramm umfasse drei Stufen und daure bis 3. Juni 1992 - von der Arbeitslosenversicherung übernommen werden könne. Dieser Vermerk sei angebracht worden, da sich die Versicherte bereits anlässlich der Gesuchseingabe - welche Grundlage für den Entscheid vom 4. Dezember 1991 gebildet habe - dahingehend geäussert habe, auch die folgenden Stufen II und III absolvieren zu wollen. Damit werde entkräftet, dass eine entsprechende Zusicherung erfolgt sei. In der Arbeitslosenversicherung gehe es nicht darum, einen Grundkurs absolvieren zu können, sondern das Ziel eines Deutschunterrichtes sei vielmehr, die Vermittlungsfähigkeit zu erhöhen. Die Deutschkenntnisse der Versicherten seien heute so gut, dass sich eine arbeitsmarktlich indizierte Begründung nicht mehr rechtfertigen lasse. Am 1. Juni 1992 habe die Versicherte denn auch eine Stelle angetreten. Damit sei erstellt, dass die vorhandenen Deutschkenntnisse ausreichten, um in den Arbeitsmarkt wieder integriert werden zu können. Eine arbeitsmarktliche Indikation für die Bewilligung der Kursstufen II und III sei somit nicht mehr gegeben. ...

Erwägungen:

1. - a) Nach dem in Art. 59 AVIG festgehaltenen Grundsatz fördert die Versicherung durch finanzielle Leistungen die Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung von Versicherten, deren Vermittlung aus Gründen des Arbeitsmarktes unmöglich oder stark erschwert ist (Abs. 1). Die Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung muss die Vermittlungsfähigkeit verbessern (Abs. 3). Arbeitnehmer, die einen Kurs zur Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung besuchen, können Leistungen der Versicherung beanspruchen, wenn sie:

a. arbeitslos oder unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht sind und ihnen keine zumutbare Arbeit zugewiesen werden kann;

b. innerhalb der Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3 AVIG) eine Beitragszeit von mindestens sechs Monaten nachweisen oder von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind (Art. 14 AVIG) und

c. den Kurs auf Weisung oder mit Zustimmung der kantonalen Amtsstelle besuchen (Art. 60 Abs. 1 AVIG).

b) Durch eine solche Massnahme muss die Vermittlungsfähigkeit verbessert werden. Damit will die Gesetzesvorschrift besagen, dass, nachdem der Bedarf des Arbeitsmarktes feststeht, die Anpassung des Berufsund Qualifikationsprofils des Versicherten dem Bedarf eines konkreten Arbeitsmarktes entsprechen müsse, so dass dieser auch bereit sei, den Versicherten nach Abschluss der Förderungsmassnahmen aufzunehmen (Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. II, S. 620). Hinsichtlich der Sprachkurse hielt das Eidgenössische Versicherungsgericht fest: «Auch wenn die Vertiefung der Fremdsprachenkenntnisse unter Umständen beruflich vorteilhaft sein könnte, so vermag ein bloss theoretisch möglicher, aber im konkreten Fall unwahrscheinlicher Vorteil hinsichtlich der Vermittlungsfähigkeit den Anforderungen von Art. 59 Abs. 3 AVIG nicht zu genügen. Vielmehr muss die Wahrscheinlichkeit dargetan sein, dass die Vermittlungsfähigkeit durch einen im Hinblick auf ein konkretes berufliches Ziel absolvierten Kursbesuch im konkreten Fall tatsächlich und in erheblichem Masse gefördert wird» (ARV 1985 Nr. 23). Andernorts hielt es zur Übernahme eines Französischkurses fest: «Es ist nicht ausschlaggebend, ob vertiefte Kenntnisse der französischen Sprache möglicherweise die Vermittlung zusätzlich zu erleichtern vermögen und ob es auch glaubhaft erscheint, dass der Kursbesuch für die neue Stelle erforderlich ist. Entscheidend ist vielmehr, dass dem Versicherten in Anbetracht seiner vielseitigen Ausbildung und seiner Erfahrung in verschiedenen Berufen auf dem Arbeitsmarkt andere Arbeitsmöglichkeiten offenstehen, bei welchen umfassende Französischkenntnisse nicht notwendig sind» (ARV 1985 Nr. 21).

c) Entgegen der Darstellung des Arbeitsamtes steht fest, dass die Beschwerdeführerin ihre neue Arbeitsstelle erst per 1. Juni 1992 erhalten hat, also auf den Zeitpunkt hin, in welchem sie den ganzen Sprachkurs mit allen drei Stufen (insgesamt 30 Wochen) absolviert hatte. Aus dem Sprachkursprogramm ist ausserdem ersichtlich, dass der ganze Kurs besucht werden muss, um eine sprachliche Verbesserung zu erzielen. Beide Umstände sprechen klar dafür, dass der Besuch des ganzen Kurses durchaus sinnvoll war und die Chancen der Beschwerdeführerin auf dem hiesigen Arbeitsmarkt erheblich verbesserten, zumal sie in Jugoslawien eine Zulassung zur Universität hatte. Hat das kantonale Arbeitsamt sodann den Sprachkurs grundsätzlich als zu übernehmende Präventivmassnahme anerkannt, so ist nicht ganz einsichtig, dass sie nur für die erste Stufe aufkommen wollte. Allerdings hat die Arbeitslosenversicherung diese Absicht in der ersten Verfügung vom 4. Dezember 1991 klar festgehalten.

2. - a) Wer einen Kurs von sich aus besuchen will, muss die Zustimmung der kantonalen Amtsstelle rechtzeitig vor Kursbeginn mit einem begründeten Gesuch und den erforderlichen Unterlagen einholen (Art. 60 Abs. 2 AVIG). Laut Art. 81 Abs. 3 AVIV muss ein Kursteilnehmer das Gesuch um Zustimmung spätestens zehn Tage vor Kursbeginn dem Arbeitsamt einreichen; dieses leitet es an die kantonale Amtsstelle weiter. Reicht der Kursteilnehmer das Gesuch ohne entschuldbaren Grund nach Kursbeginn ein, so werden die Leistungen erst von diesem Zeitpunkt an ausgerichtet.

b) Gemäss Kursprogramm der Z-Schule besteht der Deutschkurs aus drei Stufen. Stufe I dauerte vom 2. September bis 22. November 1991, Stufe II vom 25. November 1991 bis 21. Februar 1992 und Stufe III vom 9. März bis 3. Juni 1992. Für Stufe I übernahm das kantonale Arbeitsamt gemäss Verfügung vom 4. Dezember 1991 die Kursbeiträge.

Am 22. April 1992 reichte die Beschwerdeführerin ein weiteres Gesuch ein, mit welchem sie geltend machte, der Grundkurs daure 30 Wochen. Da sie sich wenigstens Grundkenntnisse in der deutschen Sprache aneignen wolle, daure dies weitere 20 Wochen. Diese Anmeldung erfolgte, als die Beschwerdeführerin bereits Stufe III des Deutschkurses besuchte, bzw. rund drei Monate vor Beendigung des gesamten Kurses. Die erste Verfügung wurde ihr am 6. Dezember 1991 zugestellt, also in einem Zeitpunkt, als sie bereits Stufe II absolvierte. Nachdem das kantonale Arbeitsamt darin festhielt, dass die Arbeitslosenversicherung nur für die erste Stufe aufkommen werde, ist nicht verständlich, weshalb die Beschwerdeführerin diese Verfügung nicht angefochten hat, widersprach sie doch der ihr angeblich mündlich gemachten Zusicherung, die Arbeitslosenversicherung werde für alle drei Stufen aufkommen. Es steht somit fest, dass sich die Beschwerdeführerin für die zweite Stufe erst nach deren Abschluss und somit zu spät angemeldet hat.

Für die dritte Stufe erfolgte die Anmeldung am 22. April 1992, als dieser Kurs bereits begonnen hatte. Dass die Versicherte dieses Gesuch mit dem 10. März 1992 datierte, ist unbeachtlich, ist doch das Datum der Postaufgabe für die Einreichung des Gesuches massgebend. Nach der oben wiedergegebenen Verordnungsbestimmung von Art. 81 Abs. 3 AVIV können Leistungen noch ab Einreichung des Gesuches erbracht werden, wenn das Gesuch ohne entschuldbaren Grund verspätet eingereicht wurde. Dies ist hier der Fall. Da davon auszugehen ist, dass die Absolvierung des Gesamtkurses die Verrnittlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin erheblich verbessern konnte (vgl. Erw. 1), hat die Arbeitslosenversicherung die Kurskosten für die dritte Stufe ab Einreichung des Gesuches, d.h. ab 22. April bis 3. Juni 1992, zu übernehmen.

3. - Eine weitergehende Nachzahlung könnte nur erfolgen, wenn der Vertrauensschutz verletzt wäre. Die Darstellung der Beschwerdeführerin zielt in diese Richtung. Darnach habe ihr die zuständige Sachbearbeiterin zugesichert, dass die Arbeitslosenkasse auch die zweite und dritte Stufe des Kurses bezahle, sofern sie zu diesem Zeitpunkt noch immer arbeitslos sei. Diese Darstellung wird von der Arbeitslosenkasse bestritten. Damit steht der Behauptung der Beschwerdeführerin eine Gegenbehauptung des Beschwerdegegners entgegen. Lässt sich eine Tatsache trotz den kraft des Untersuchungs-grundsatzes vorzunehmenden Abklärungen nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit eruieren, so dass der Zustand der Beweislosigkeit vorliegt, hat derjenige die Folgen zu tragen, der sich auf Treu und Glauben beruft und daraus Rechte ableitet (ZAK 1989 S. 160 Erw. 6b). Für die behauptete Auskunft des Arbeitsamtes liegt kein hinreichender Nachweis vor. Da von weiteren Abklärungen keine zusätzlichen Erkenntnisse erwartet werden können, kann das Gericht nicht feststellen, welche der beiden Versionen zutrifft oder doch wahrscheinlicher ist; es liegt Beweislosigkeit vor. Der Beschwerdeführerin vermag folglich eine Berufung auf den Vertrauensschutz nicht zu helfen (ZAK 1989 S. 161; LGVE 1984 II Nr. 21). Im übrigen wurde in der Verfügung vom 4. Dezember 1991 festgehalten, dass nur die Kursbeiträge für die erste Stufe übernommen würden.

4. - Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Beschwerde insofern teilweise gutzuheissen ist, als die Arbeitslosenkasse die Kurskosten der Stufe III anteilsmässig, d.h. ab 22. April bis 3. Juni 1992, zu übernehmen hat. Im übrigen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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