vereinigt mit S 09 144
Aus den Erwägungen:
4.- d) Der Beschwerdeführer zieht das Gutachten des ABI unter Berufung auf eine nachträglich eingereichte Expertise in Zweifel, die Prof. Dr. J. P. Müller, zusammen mit Dr. J. Reich, am 11. Februar 2010 zu Handen von Rechtsanwalt P. Stolkin erstattet hat. Darin unterstellen die Autoren den MEDAS generell fehlende Unabhängigkeit gegenüber der Verwaltung, und sie halten Art. 6 EMRK für verletzt, insbesondere die darin gewährleistete "Waffengleichheit" und den Anspruch auf ein faires Verfahren.
Die im Rechtsgutachten angesprochene Thematik und die ihm zugrunde liegenden Fragen sind seit längerem bekannt. Sie werden in verschiedensten Foren diskutiert (vgl. etwa das gemeinsame Positionspapier von Procap und anderen Verbänden vom 8.2.2010 oder das Streitgespräch zwischen R. Kocher und M. Aliotta in: Plädoyer 3/2009 S. 6 ff.; Fankhauser, Sachverhaltsabklärung in der IV - ein Gleichbehandlungsproblem, Zürich 2010, S. 116 ff. mit weiteren Hinweisen) und haben ihren Niederschlag selbst im Geschäftsbericht 2009 des Bundesgerichts gefunden (S. 16). Die nunmehr rechtlich zusätzlich unterlegten Einwände zielen auf die Grundfesten der invalidenversicherungsrechtlichen Tatsachenerhebung ab und rufen nach einer raschen und landesweit einheitlichen Klärung der Rechtslage. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts sei dazu Folgendes erwogen:
aa) Den MEDAS (vgl. Art. 72bis IVV) und ihren Gutachten kommt bei der Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes im Bereich der IV eine wichtige Bedeutung zu. Aufgrund ihrer institutionalisierten Ausrichtung auf die Erstattung von Expertisen erweisen sie sich als effizientes und vergleichsweise einfach zu initiierendes Mittel für die Klärung komplexerer Fälle, in denen eine interdisziplinäre Abklärung unerlässlich ist. Ein alternatives Angebot, das die bestehende grosse Nachfrage, zumal nach Gutachten unter Einbezug verschiedener Fachrichtungen zeitgerecht befriedigen würde, ist gegenwärtig nicht verfügbar.
Die Ergebnisse dieser gutachterlichen Abklärungen werden im Rahmen des kantonalen Beschwerdeverfahrens mit Blick auf die dem Gericht obliegende Feststellung des Sachverhalts (Art. 61 lit. c ATSG) nicht nur auf formelle Aspekte hin, sondern ebenso inhaltlich überprüft, dies nach Massgabe der von der Rechtsprechung definierten Qualitätskriterien (vgl. BGE 125 V 351). Dem Luzerner Verwaltungsgericht dient dabei, dass es zumindest fallweise auf die Mitwirkung von Fachrichtern zurückgreifen kann. Diese leisten mit ihrer fachärztlichen Kompetenz einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätskontrolle und vermitteln der für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG) zusätzliche Legitimation.
bb) Die dabei gemachten Erfahrungen zeigen, dass auf die Gutachten der hiesigen MEDAS Zentralschweiz in aller Regel abgestellt werden kann. Ein Unbehagen, das gar Zweifel an der Rechtskonformität der so getroffenen Abklärungen aufkommen liesse, denen auf der institutionellen Ebene zu begegnen wäre, ist hier nicht auszumachen. Hingegen sei nicht verhehlt, dass erhebliche Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Abklärungsstellen bestehen, die sich nicht nur einzelfallweise offenbaren. Insofern fragt sich tatsächlich, ob es über das Vorhandene hinaus zusätzlicher Vorkehren bedarf, um einen einheitlichen und genügenden Standard zu gewährleisten. Dies gilt umso mehr, als ausreichende Qualität auch dort gewährleistet sein muss, wo die Versicherten - aus welchen Gründen auch immer - von der Beschreitung des Rechtsweges absehen. Zu denken wäre etwa an eine zentrale Zuweiserstelle (vgl. etwa Jeger, Gute Frage - schlechte Frage: Der Einfluss der Fragestellung auf das Gutachten, Sozialversicherungsrechtstagung 2009, im Druck), eine Verstärkung der Aufsicht mit inspektorischen Qualitätskontrollen oder auch an eine andere Regelung der Abgeltung (vgl. die weiteren Vorschläge bei Fankhauser, a.a.O., S. 118 sowie im Geschäftsbericht des Bundesgerichts, a.a.O., S. 16).
cc) Endlich sei daran erinnert, dass die für die Beurteilung sozialversicherungsrechtsrechtlicher Leistungsansprüche erforderliche Abklärung des Sachverhaltes, nötigenfalls mithilfe medizinischer Experten, gemäss gesetzlicher Vorgabe (Art. 43 Abs. 1 ATSG) in erster Linie eine Verwaltungsaufgabe darstellt. Auf dieser Ebene wird naturgemäss hoheitlich agiert und - aus Rücksicht auf die besonderen Bedarfslagen der Sozialversicherung - eine "Judikalisierung" des Verfahrens vermieden (vgl. BGE 132 V 109). Der in Art. 61 lit. c ATSG verankerte Auftrag zur richterlichen Tatsachenfeststellung kann nicht losgelöst von den im Administrativverfahren getroffenen Abklärungen verstanden werden. Mit anderen Worten findet im Zuge des auf die Verfügung folgenden Gerichtsverfahrens vorab eine Überprüfung der bereits vorhandenen Feststellungen statt. Diese werden nur im Bedarfsfall durch eigene Beweiserhebungen des Gerichts ergänzt. Eine Verlagerung der Sachverhaltsabklärung, namentlich der Vergabe der Gutachtensaufträge in das kontradiktorische Gerichtsverfahren, stellte einen folgenschweren Einbruch in das herkömmliche System der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege dar, wie es auch Art. 61 ATSG zugrunde liegt.
dd) Die im Rechtsgutachten erörterte Thematik wird nach dem Gesagten aller Voraussicht nach nicht dazu führen, dass - ungeachtet der inhaltlichen Qualität der tangierten MEDAS-Gutachten - nunmehr flächendeckend Gerichtsgutachten einzuholen wären. Der Hinweis im zitierten Geschäftsbericht des Bundesgerichts (a.a.O., S. 16), wonach die darin benannten Defizite nicht von der Rechtsprechung zu beheben, sondern im Rahmen der bundesamtlichen Aufsicht (Art. 64a IVG) anzugehen seien, weist ebenfalls in diese Richtung. Auch im vorliegenden Fall besteht für Weiterungen im Beweis keine Notwendigkeit, nachdem eine materielle Befassung im Lichte der Rechtsprechung (vgl. BGE 125 V 351) ergeben hat, dass auf das beanstandete Gutachten abgestellt werden kann. Vor diesem Hintergrund sieht das Verwaltungsgericht keinen Anlass, von sich aus auf die nach wie vor geltende Rechtsprechung zurück zu kommen, wonach das Bundesgericht die von Art. 6 Ziff. 1 EMRK verlangte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der MEDAS für gewährleistet hält (BGE 123 V 175; EVG-Urteil I 711/03 vom 9.11.2004 E. 3.3). Dass ein Sozialversicherungsgericht auf die vom Versicherungsträger korrekt erhobenen Beweise abstellt und auf ein eigenes Beweisverfahren verzichtet, lässt die Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der "Waffengleichheit" ausdrücklich zu (BG-Urteil 8C_216/2009 vom 28.10.2009 E. 4.3.2). Ferner hat das Bundesgericht mehrfach bestätigt, dass die ausgedehnte Gutachtertätigkeit für einen Sozialversicherungsträger keine Befangenheit des betreffenden Gutachters begründet, selbst dann nicht, wenn er sein Einkommen vollständig durch entsprechende Aufträge des betreffenden Trägers erzielen sollte (BG-Urteil 9C_67/2007 vom 28.8.2007 E. 2.4; vgl. ferner BG-Urteile 9C_468/2009 vom 9.9.2009 E. 3.4 und I 876/06 vom 28.9.2007 E. 5.5, je mit Hinweisen). Was endlich die Gutachten des hier im Brennpunkt stehenden ABI im Besonderen anbelangt, stützt sich auch das Bundesgericht ohne weiteres darauf ab, sofern sie sich als schlüssig erweisen (vgl. BG-Urteil 9C_364/2008 vom 15.9.2008 und 9C_81/2009 vom 10.11.2009).
(...)
Das Bundesgericht hat die dagegen eingereichte Beschwerde mit Urteil 9C_400/2010 am 9. September 2010 abgewiesen.
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