1. Die Beschwerdeführerin beteiligte sich am beschränkten Submissionsverfahren für die Ausführung von Gipserarbeiten. Gemäss der Eingabesumme lag sie mit ihrer Offerte an erster Stelle.
Zur Überprüfung der Einhaltung der Gesamtarbeitsverträge wurden sowohl der von der Beschwerdeführerin in ihrer Offerte angegebene Stukkateurund Gipsermeisterverband Waldstätte wie auch der Gipsermeisterverband Zentralschweiz angefragt. Am 7. März 1994 bestätigte der Stukkateurund Gipsermeisterverband Waldstätte die Einhaltung des Rahmenvertrages einerseits sowie die Einhaltung des regionalen Gesamtarbeitsvertrages (GAV) bis 31. März 1994 andererseits, nicht jedoch für die Zeit danach. Er fügte an, für die Beschwerdeführerin als Mitglied des Stukkateurund Gipsermeisterverbandes Waldstätte bestehe ab 1. April 1994 kein Vertrag mehr. Der Gipsermeisterverband Zentralschweiz teilte dem Hochbauamt sodann am 8. März 1994 mit, dass die Beschwerdeführerin den Gesamtarbeitsvertrag nicht unterschrieben habe. Sie sei Mitglied des Stukkateurund Gipsermeisterverbandes Waldstätte, der wiederum den GAV nicht unterschrieben habe und auch nicht dem Schweizerischen Gipsermeisterverband angehöre. Die paritätische Berufskommission des Gipsergewerbes Kanton Luzern/Unterwalden wies das Hochbauamt darauf hin, dass sie der Beschwerdeführerin mehrmals die Verträge zur Unterzeichnung zugesandt habe, die Firma sich jedoch jeweils geweigert habe, diese zu unterzeichnen; aufgrund des Submissionsgesetzes dürfe ihr daher kein Auftrag erteilt werden. Das Hochbauamt vergab die erwähnten Arbeiten am 15. März 1994 an die zweitrangierte Firma. Die Absagen an die anderen Bewerber erfolgten mit Schreiben vom 17. März 1994.
Gegen die Arbeitsvergebung reichte die Beschwerdeführerin am 19. April 1994 beim Regierungsrat des Kantons Luzern eine Aufsichtsbeschwerde ein.
2. Entsprechend der Natur des Aufsichtsbeschwerdeverfahrens schreitet der Regierungsrat nur bei klaren Verletzungen von Submissionsvorschriften oder sonstigen schwerwiegenden Mängeln, die zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung oder Bevorteilung eines Bewerbers oder einer Bewerberin führen, ein. Die Submissionsvorschriften lassen den vergebenden Instanzen einen grossen Ermessensspielraum. Fällt eine vergebende Instanz einen Entscheid, der innerhalb dieses Ermessensspielraums bleibt, besteht für den Regierungsrat kein Anlass, diesen aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die vergebende Instanz zurückzuweisen.
3. Nach § 18 der Verordnung zum Submissionsgesetz vom 9. Juli 1973 (SubmV) sind Arbeiten und Lieferungen nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit an denjenigen Bewerber zu vergeben, der das günstigste Angebot eingereicht hat. Als günstigstes Angebot gilt dasjenige, das unter Berücksichtigung insbesondere der fachgerechten und termingerechten Ausführung der Arbeit oder Lieferung den tiefsten Preis aufweist. Gemäss § 20 Unterabsatz f SubmV dürfen Angebote unter anderem dann nicht berücksichtigt werden, wenn "mangelnde Gewähr für die Einhaltung der Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz und über die Gesamtarbeitsverträge besteht".
4. Das Angebot der Beschwerdeführerin ist unbestrittenermassen dasjenige mit dem tiefsten Preis. Ebenso unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin den regionalen GAV für das Gipsergewerbe in der Zentralschweiz nicht unterzeichnet hat. Dieser Umstand führte dazu, dass das Hochbauamt die betreffenden Arbeiten an den Bewerber mit dem zweitgünstigsten Angebot vergeben hat. Streitig ist nun, ob § 20 Unterabsatz f SubmV so ausgelegt werden kann, dass nur Bewerber und Bewerberinnen berücksichtigt werden dürfen, die den GAV unterzeichnet haben.
a. Gemäss bisheriger Praxis (vgl. auch LGVE 1989 III Nr. 18) hat die Vorinstanz am Erfordernis der Unterzeichnung des GAV festgehalten. Ausgangspunkt sind dabei die folgenden Bestimmungen der SubmV über den Arbeitnehmerschutz:
§ 25
Grundsatz
1Wer eine Arbeit oder eine Lieferung übernimmt, hat die massgebenden gesetzlichen und arbeitsvertraglichen Bestimmungen sowie die ortsüblichen Arbeitsbedingungen einzuhalten.
2Die Auszahlung der Löhne hat nach den gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Normen zu erfolgen. Bei unpünktlicher Auszahlung oder bei Lohngefährdung ist die vergebende Stelle berechtigt, die Löhne direkt oder durch Dritte auszubezahlen. Die vergebende Instanz kann sich vom Unternehmer Garantien für die Erfüllung dieser Pflichten geben lassen.
3Der Unternehmer hat die Arbeitnehmer in angemessener Weise gegen Betriebsunfälle und Berufskrankheit zu versichern. Er hat zudem über eine genügende Haftpflichtversicherung für Personenund Sachschaden Dritter zu verfügen.
4Die Versicherungen müssen mit einer in der Schweiz konzessionierten Versicherungsgesellschaft abgeschlossen sein. Vorbehalten bleiben die eidgenössischen Vorschriften über die Versicherungspflicht.
§ 26
Kontrollbefugnis
Die vergebende Instanz ist berechtigt, Kontrollen über die Einhaltung der Bestimmungen über den Arbeitnehmerschutz und über das Vorliegen der vorgeschriebenen Versicherungen vorzunehmen. Sie kann zu diesem Zweck die in den Gesamtarbeitsverträgen verankerten paritätischen Berufskommissionen zuziehen.
Wie erwähnt, dürfen gemäss § 20 Unterabsatz f SubmV Angebote nicht berücksichtigt werden, wenn die Einhaltung der Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz und die Gesamtarbeitsverträge nicht gewährleistet ist. Im Kreisschreiben des Baudepartementes des Kantons Luzern über die Anwendung des Submissionsgesetzes und der Verordnung zum Submissionsgesetz vom 18. Januar 1977 ist dazu folgendes ausgeführt:
"Diese Garantie (der Einhaltung der Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz und der Gesamtarbeitsverträge) ist unter den heutigen Verhältnissen nur dann gegeben, wenn der Unternehmer, Zulieferant oder Unterakkordant den Gesamtarbeitsvertrag unterzeichnet hat. Laut Art. 356ff. OR kann ein Arbeitgeber, der keinem Verband angehört, den sogenannten Anschlussvertrag unterzeichnen, womit er als beteiligter Arbeitgeber gilt. Bei Nichtanerkennung der zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern getroffenen Abmachungen besteht die in § 20 lit. f SubmV verankerte Sicherheit nicht, denn wenn ein solcher Arbeitgeber gesamtarbeitsvertragliche Verpflichtungen nicht erfüllt, können diese vom Arbeitnehmer nicht durchgesetzt werden, weil in diesem Falle die Art. 319ff. OR über den Einzelarbeitsvertrag und nicht die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages zur Anwendung gelangen, d.h. der Arbeitnehmer ist damit schlechter gestellt. Dieses Risiko muss selbstverständlich auf jeden Fall ausgeschaltet werden. Daraus ergibt sich, dass der Unternehmer, Zulieferant oder Unterakkordant den Gesamtarbeitsvertrag in dieser oder jener Form unterzeichnet haben muss, um Aufträge der öffentlichen Hand zu erhalten. Ist dies nicht der Fall, so ist das Angebot nach § 20 lit. f SubmV nicht zu berücksichtigen."
Im Kreisschreiben des Baudepartementes über die Einhaltung der Gesamtarbeitsverträge vom 22. Januar 1992, das das Kreisschreiben vom 18. Januar 1977 ergänzt, wird die diesbezügliche Gültigkeit des vorerwähnten Kreisschreibens bestätigt. Um grössere Klarheit zu erhalten, werden zudem die vergebenden Instanzen ersucht, in den Wettbewerbsunterlagen folgende Fragen zu stellen, die von den Bewerbern/Bewerberinnen unterschriftlich beantwortet werden müssen:
"Haben Sie den Gesamtarbeitsvertrag unterzeichnet?
Wenn ja, halten Sie die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages in allen Teilen ein?"
Da offenbar verschiedentlich wahrheitswidrige Antworten eingereicht wurden, werden die dem Submissionsgesetz unterstellten Instanzen zudem angewiesen, vor der Arbeitsvergebung bei der im jeweiligen Gesamtarbeitsvertrag vorgesehenen paritätischen Kontrollinstanz abzuklären, ob die Angaben des Bewerbers oder der Bewerberin zutreffen.
b. Die bisherige Praxis, die sich auf die Submissionsverordnung und auf die beiden erwähnten Kreisschreiben des Baudepartementes stützt, wird im wesentlichen damit begründet, dass einerseits nur Unternehmen, die den GAV, der wiederum den allgemein verbindlich erklärten Rahmenvertrag ergänzt, unterzeichnet haben, dessen Bestimmungen zwingend unterstehen, und dass andererseits auch nur so die Kontrolle durch die Paritätische Berufskommission gewährleistet ist. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf diese Überlegungen und entspricht der bisherigen Praxis.
c. Die dargelegten Ausführungen des Baudepartementes sind nachvollziehbar. Der Kontrollaufwand wäre ohne Abstützen auf das Erfordernis der Unterzeichnung des regionalen GAV beträchtlich grösser und die Kontrolle ohne Mitwirkung der Paritätischen Berufskommission viel schwieriger, so dass dank dem erwähnten Erfordernis der Arbeitnehmerschutz besser gewährleistet ist. Entscheidend ist somit nicht das formelle Kriterium der Unterschrift, sondern deren Auswirkungen. Die Auslegung von 20 Unterabsatz f SubmV durch das Baudepartement verstösst daher nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von Artikel 4 BV und ist vertretbar.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die Praxis des Bundesgerichts, wonach kantonale Submissionsordnungen, die Vergebungen nur an Unternehmungen vorsehen, die dem GAV auf dem betreffenden Sektor angehören, verfassungsrechtlich zulässig sind (vgl. BGE 102 Ia 533). Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Beschwerdeführerin den GAV nicht unterzeichnet hat, obwohl es ihr möglich gewesen wäre.
d. Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass die Beschwerdeführerin bei der Offerteinreichung in keiner Weise dargelegt hat, inwiefern sie die Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz und des Gesamtarbeitsvertrages einhalte. Im Gegenteil - durch ihre Mitteilung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belegt sie, dass sie eben in diversen Punkten - teilweise zuungunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom GAV abweicht. Die Frage, ob der regionale GAV eingehalten werde, beantwortete der von der Beschwerdeführerin als Auskunftsstelle angegebene SGW sodann mit "Ja" bis 31. März 1994, mit "Nein" für die Zeit danach, verbunden mit dem Hinweis, als SGW-Mitglied bestehe für die Beschwerdeführerin ab 1. April 1994 kein Vertrag mehr. Daraus, dass die Beschwerdeführerin den regionalen GAV zur Zeit der Offerteinreichung noch unterzeichnet hatte, kann sie nichts ableiten. Entscheidend für die Unterzeichnung und somit Gültigkeit des GAV ist nicht nur der Zeitpunkt der Arbeitsvergebung, sondern auch derjenige der Arbeitsausführung. Diese fällt zweifellos in die Zeit nach dem 1. April 1994.
Unter diesen Umständen kann weder eine klare Verletzung von Submissionsvorschriften noch ein anderer schwerwiegender Mangel bejaht werden. In Anbetracht der beschränkten Kognition des Regierungsrates im Aufsichtsbeschwerdeverfahren besteht somit kein Anlass, den vorinstanzlichen Entscheid aufzuheben. Die Aufsichtsbeschwerde ist abzuweisen.
5. Wesentliche Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffen die Problematik, dass dem SGW die Teilnahme an den Verhandlungen über den GAV für die Zentralschweiz verwehrt und dass die Unterzeichnung des GAV durch den SGW als Verband nicht akzeptiert worden sei. Dieser Problemkreis kann jedoch weder Gegenstand des Submissionsnoch des Aufsichtsbeschwerdeverfahrens sein. Vielmehr muss die Auseinandersetzung auf dem Zivilrechtsweg ausgefochten werden. Vorliegend relevant ist lediglich, dass dem einzelnen Mitglied des SGW die Unterzeichnung des GAV unbestrittenermassen offenstand, so dass von einem Boykott der Beschwerdeführerin nicht gesprochen werden kann.
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