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Urteil Justiz- und Sicherheitsdepartement (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:JSD 2018 2
Instanz:Justiz- und Sicherheitsdepartement
Abteilung:-
Justiz- und Sicherheitsdepartement Entscheid JSD 2018 2 vom 25.09.2017 (LU)
Datum:25.09.2017
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Die Befreiung von der Verkehrssteuer bedingt nebst bescheidenen finanziellen Verhältnissen eine Gehbehinderung. Die Behinderung muss derart sein, dass sie sich auf die Fortbewegungsfähigkeit auswirkt.
Schlagwörter: Fortbewegung; Beschwerdeführer; Verkehr; Behinderung; Strassenverkehr; Person; Strassenverkehrs; Angewiesen; Benützung; Gehbehinderung; Fahrzeugs; Verkehrssteuer; Beeinträchtigung; Fortbewegungsfähigkeit; Personen; Behindert; Eidgenössischen; Verordnung; Verkehrsabgaben; Vollzug; Gesetzes; Strassenverkehrsrechtes; Verunmöglicht; Vorliegen; Beschwerdeführers; Befreiung; Kanton; Bedeutet; Ermässigung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:141 V 206;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Aus den Erwägungen:

3. Gemäss § 6 Abs. 1a des Gesetzes über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes (SRL Nr. 776) wird die Verkehrssteuer für Fahrzeuge von Behinderten, die zur Fortbewegung auf die Benützung eines Fahrzeugs angewiesen sind und nicht in guten finanziellen Verhältnissen leben, auf Gesuch hin erlassen oder ermässigt. Anspruch auf Erlass oder Ermässigung der Verkehrssteuer nach § 6 Abs. 1a des Gesetzes haben Personen, deren steuerbares Einkommen 60'000 Franken nicht übersteigt (§ 5 Absatz 1 Verordnung zum Gesetz über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes [Strassenverkehrsverordnung], SRL Nr. 777).

3.1 ( )

3.2 Ein Steuererlass oder eine Steuerermässigung bedingt weiter, dass der Beschwerdeführer behindert und zur Fortbewegung auf die Benützung eines Fahrzeugs angewiesen ist. Für die Vorinstanz bedeutet dies, dass eine Gehbehinderung vorliegen muss, welche die Fortbewegung einschränkt. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Ansicht, dass es ihm aufgrund seiner schwerwiegenden Verdauungsprobleme nicht zumutbar sei, mit dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit zu fahren.

3.2.1 Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung (Urteil des Bundesgerichts 2C_233/2016 vom 17.11.2016 E. 5, BGE 141 V 206 E. 3.2). Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente nach seiner wahren Tragweite gesucht werden. Abzustellen ist namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (Urteil des Bundesgerichts 2C_469/2015 vom 22.2.2016 E. 3.2 mit Hinweisen).

3.2.2 Im Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG; SR 151.3) bedeutet Mensch mit Behinderung (Behinderte, Behinderter) eine Person, der es eine voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung erschwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen, sich fortzubewegen, sich ausund weiterzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Diese Definition lässt sich auch auf den vorliegenden Fall anwenden, geht doch das kantonale Gesetz über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes ebenfalls von einer Beeinträchtigung aus, die es der betroffenen Person erschwert oder verunmöglicht, sich fortzubewegen (vgl. § 6 Abs. 1a). Die Behinderung muss also derart sein, dass sie sich auf die Fortbewegungsfähigkeit auswirkt. Die kantonale Gesetzgebung spricht im Zusammenhang mit Behindertenparkplätzen oder mit der Abgabe von Parkkarten für behinderte Personen jeweils von einer Gehbehinderung (vgl. § 7 Strassenverordnung [StrV]; SRL Nr. 756, und § 26 Abs. 1 lit. k Verordnung über den Gebührenbezug des Strassenverkehrsamtes; SRL Nr. 778). Wenn die Vorinstanz im Zusammenhang mit dem Erlass oder der Ermässigung der Verkehrssteuer deshalb ebenfalls von einer Gehbehinderung ausgeht, so ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein Blick auf die Gesetzgebung anderer Kantone zeigt, dass eine Befreiung von der Verkehrssteuer jeweils ebenfalls nur gewährt wird, wenn die gesuchstellende Person aufgrund ihrer Behinderung auf die Benützung eines Fahrzeugs angewiesen ist (vgl. u.a. AG, BE, BS, NW, OW, UR, TG, VS, ZH). Im Kanton Bern ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn eine Behinderung der Fortbewegungsfähigkeit in dem Sinne vorliegt, dass die normale Fortbewegung ohne Hilfsmittel oder Hilfsperson praktisch verunmöglicht ist oder die Person aufgrund der Art ihrer Behinderung zur Teilnahme am täglichen gesellschaftlichen Leben und zur Pflege regelmässiger sozialer Kontakte auf die Verwendung eines Motorfahrzeugs zwingend angewiesen ist (Art. 15 Abs. 1 Verordnung über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge und den Bezug von Forderungen durch das Strassenverkehrsund Schifffahrtsamt [BSFV]; BSG-Nr. 761.611.1). Im Kanton Thurgau ist eine Steuerbefreiung oder -ermässigung ausdrücklich möglich für gehbehinderte Personen, die zur Fortbewegung auf die Benützung eines Fahrzeuges angewiesen sind (vgl. § 22 Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über die Strassenverkehrsabgaben; RB 741.11). Diese Ausführungen zeigen, dass im Bereich des Strassenverkehrsrechts unter einer Behinderung jeweils eine Mobilitätseinschränkung verstanden wird. Mit § 6 Abs. 1a des Gesetzes über die Verkehrsabgaben und den Vollzug des eidgenössischen Strassenverkehrsrechtes wollte der luzernische Gesetzgeber Personen unterstützen, die im Hinblick auf ihre Mobilität durch eine gesundheitliche Beeinträchtigung besonders herausgefordert sind. Es ist deshalb - wie bereits erwähnt - nicht zu beanstanden, dass die Befreiung von der Verkehrssteuer eine Gehbehinderung bedingt. Beeinträchtigt in seiner Fortbewegungsfähigkeit im Strassenverkehr und damit gehbehindert ist, wer aufgrund einer Einschränkung des Gehvermögens oder durch innere Leiden nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten Wegstrecken zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuss zurückgelegt werden. Eine Gehbehinderung liegt demnach vor, wenn eine Funktionsstörung der unteren Gliedmassen oder der Lendenwirbelsäule besteht, welche sich auf die Gehfähigkeit auswirkt (z.B. Lähmung, Versteifung des Hüft-, Knieoder Fussgelenks). Denkbar ist auch eine Beeinträchtigung der Fortbewegungsfähigkeit aufgrund innerer Leiden. Entscheidend ist aber auch da die Einschränkung des Gehvermögens. So ist beispielsweise eine Beeinträchtigung der Fortbewegungsfähigkeit anzunehmen bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung oder bei Atembehinderungen mit Einschränkung der Lungenfunktion. Zu prüfen ist damit im Folgenden, ob die Behinderung des Beschwerdeführers einer Gehbehinderung entspricht.

3.2.3 Zum Beweis seiner (Geh-)Behinderung legt der Beschwerdeführer ein ärztliches Attest vor. Aus dem undatierten Attest geht lediglich hervor, dass es aus psychiatrischen Gründen sinnvoll ist, dass der Beschwerdeführer mit seinem privaten Auto zur Arbeit fährt und nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Daraus ergibt sich weder die Art seiner Behinderung noch dass er zur Fortbewegung auf die Benützung eines Fahrzeugs angewiesen ist. Dies wird lediglich als sinnvoll bezeichnet. Angewiesen sein auf die Benützung eines Fahrzeugs bedeutet jedoch, dass man zur Fortbewegung davon abhängig ist und dieses nicht entbehren kann. Aus dem undatierten Attest kann der Beschwerdeführer somit nichts zu seinen Gunsten ableiten.

Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er leide an schwerwiegenden Verdauungsproblemen (Morbus Crohn). Die Erkrankung habe ein solches Mass erreicht, dass auch Invaliditätsabklärungen im Gang seien. Bei Bedarf könne er weitere medizinische Akten nachreichen. Abklärungen bei der IV Luzern haben ergeben, dass sich der Beschwerdeführer ursprünglich geweigert hat, die zur Klärung der Leistungsansprüche verlangte umfassende medizinische Untersuchung vornehmen zu lassen. Inzwischen habe man die Untersuchung jedoch vornehmen können. Es kann darauf verzichtet werden, vom Beschwerdeführer zum Nachweis seiner Erkrankung ein aktuelles ärztliches Zeugnis zu verlangen. Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Krankheitsspezifische Symptome (z.B. Durchfälle) können zwar stark in den Alltag der betroffenen Personen eingreifen. Häufig entwickeln sich zudem Ängste und Depressionen. Morbus Crohn hat jedoch keinen Einfluss auf die Gehfähigkeit des Beschwerdeführers. Dieser ist nicht gehunfähig, was er im Übrigen selber zugibt. Weder ist dem Beschwerdeführer die normale Fortbewegung ohne Hilfsmittel oder Hilfsperson praktisch verunmöglicht, noch ist er aufgrund seiner Behinderung zur Teilnahme am täglichen gesellschaftlichen Leben und zur Pflege regelmässiger Kontakte auf die Verwendung eines Motorfahrzeugs zwingend angewiesen. Weitere Sachverhaltsabklärungen sind deshalb nicht notwendig. Damit erübrigt sich auch die beantragte Einvernahme des Beschwerdeführers.

( )

4. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer weder gehbehindert noch zur Fortbewegung auf die Benützung eines Fahrzeugs angewiesen ist. Die Ablehnung des Gesuchs um Befreiung beziehungsweise Ermässigung der Verkehrssteuer ist daher im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Die dagegen erhobene Verwaltungsbeschwerde ist abzuweisen.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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