Ein Motorradfahrer hatte im März 1999 in Z die auf einem Strassenabschnitt signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 38 km/h überschritten. Gestützt auf diesen Vorfall verwarnte das zuständige Strassenverkehrsamt den fehlbaren Verkehrsteilnehmer. Nachdem das Strassenverkehrsamt seinen Fehler bemerkt hatte, hob es die Verwarnung auf und eröffnete ein Verfahren auf Entzug des Führerausweises. Der Motorradfahrer gelangte an das Verwaltungsgericht und machte geltend, das Amt hätte die Verwarnung nicht aufheben dürfen, weil diese in Rechtskraft erwachsen und damit unabänderlich geworden sei. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde u.a. mit folgenden Erwägungen ab:
4. - c) Aus der angefochtenen Verfügung ergibt sich, dass die Aufhebung der Verwarnungsverfügung vom 13. April 1999 in Anwendung von § 116 VRG ergangen ist. Gemäss § 116 Abs. 1 VRG kann die Verwaltungsbehörde aus wichtigen Gründen ihre Entscheide ausserhalb eines Revisionsverfahrens von Amtes wegen oder auf Gesuch hin ändern oder aufheben, soweit nicht besondere Vorschriften, der Grundsatz von Treu und Glauben oder andere allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze dies ausschliessen oder einschränken. Um zu entscheiden, ob eine formell rechtskräftige Verfügung widerrufen werden kann, ist somit eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei ist zwischen dem Interesse an der richtigen Anwendung des objektiven Rechts einerseits und dem Interesse an der Rechtssicherheit bzw. dem Vertrauensschutz andererseits abzuwägen. Das Interesse an der richtigen Anwendung des objektiven Rechts spricht für einen Widerruf; demgegenüber sprechen die Rechtssicherheit und der Vertrauensschutz, die beide den Interessen des Betroffenen dienen, gegen einen Widerruf.
Die vom Beschwerdeführer begangene Verkehrsregelverletzung (Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, ausserorts, um 38 km/h) stellt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ungeachtet der konkreten Umstände eine schwere Verkehrsgefährdung gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG dar (BGE 124 II 476f. Erw. 2a; 123 II 111f. Erw. 2c). Ohne der durch die Vorinstanz allenfalls zu treffenden Verfügung vorgreifen zu wollen, ist diesfalls dem fehlbaren Lenker der Führerausweis von Gesetzes wegen zwingend zu entziehen. Indem die Administrativbehörde lediglich eine Verwarnung und damit eine zu milde Massnahme verfügt hat, hat sie sich über die höchstrichterliche Rechtsprechung hinweggesetzt, mithin objektives Recht unrichtig angewendet. Die Vorinstanz stellte denn auch sehr schnell selbst fest, dass ihre Verfügung mit einem Rechtsfehler behaftet war. Ob Anstoss zu dieser Erkenntnis, wie vom Beschwerdeführer behauptet wird, dessen kurz nach Verfügungserlass erfolgtes Telefonat bildete, kann keine Rolle spielen. Unter dem Aspekt der rechtsgleichen Behandlung ist gerade bei Geschwindigkeitsüberschreitungen im Strassenverkehr dem Interesse an der richtigen Rechtsanwendung ein hohes Gewicht beizumessen. Ein Blick in die neuere bundesgerichtliche Rechtsprechung zeigt denn auch sehr deutlich, dass insbesondere in diesem Gebiet durch Schaffung von verschiedenen Fallgruppen, wo die Grenzwerte für einen Ausweisentzug je nach Strassenkategorie unterschiedlich festgelegt worden sind, eine einheitliche Rechtsanwendung und damit eine Gleichbehandlung der fehlbaren Lenker gewährleistet werden soll (vgl. die Zusammenfassung der Rechtsprechung in: BGE 124 II 476f. Erw. 2a).
Demgegenüber steht vorliegend der Vertrauensschutz des Beschwerdeführers in die Rechtsbeständigkeit der gegen ihn verfügten, zu milden Massnahme. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts geht das Postulat der Rechtssicherheit in der Regel dem Interesse an der Durchsetzung des objektiven Rechts vor und ein Widerruf ist nicht zulässig, wenn durch die Verwaltungsverfügung ein subjektives Recht begründet worden oder die Verfügung in einem Verfahren ergangen ist, in dem die sich gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen waren, oder wenn der Private von einer ihm durch Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat. Diese Regel gilt allerdings nicht absolut; auch in diesen drei Fällen kann ein Widerruf in Frage kommen, wenn er durch ein besonders gewichtiges öffentliches Interesse geboten ist (BGE 119 Ia 309 f. Erw. 4c). Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt ist unter keine dieser Fallkonstellationen subsumierbar. So ist dem Beschwerdeführer durch die Verwarnungsverfügung weder ein subjektives Recht begründet noch eine Befugnis eingeräumt worden. Ebenso beruht die Verfügung nicht auf einem eingehenden Einspracheund Ermittlungsverfahren.
Der Beschwerdeführer bringt nun zu diesem Punkt einzig vor, er habe sich nach Rechtskraft der Verwarnungsverfügung darauf eingestellt, dass erst bei weiteren Verletzungen von Verkehrsvorschriften der zeitweilige Führerausweisentzug in Erwägung gezogen werde. Es steht hingegen aufgrund der Akten fest, dass das Vertrauen des Verfügungsadressaten in die Rechtsbeständigkeit der gegen ihn angeordneten Massnahme nur von kurzer Dauer gewesen sein konnte. Eigentlich musste ihm schon nach dem Telefonat mit dem Strassenverkehrsamt, das aktenkundig bereits drei Tage nach Erlass der Verfügung stattgefunden hat, klar sein, dass es zumindest fraglich war, ob die verfügte Verwarnung Bestand haben würde. Die Unsicherheit, was die Rechtsbeständigkeit der verfügten Massnahme anbelangt, wurde durch das gleichentags durch die Vorinstanz versandte Schreiben untermauert, worin ihm die Eröffnung eines Administrativverfahrens mitgeteilt wurde. (...) Das Vertrauen, welches der Beschwerdeführer in den Rechtsbestand der gegen ihn verfügten Massnahme hegen konnte, war somit von Beginn weg erschüttert. Vorliegend kann deshalb dem Vertrauensschutz im Rahmen der Interessenabwägung kein hohes Gewicht beigemessen werden. Weitere Gründe, welche die Aufhebung der Verwarnungsverfügung unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes als problematisch erscheinen lassen würden, werden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht und sind auch aus den Akten nicht ersichtlich.
Nach dem Gesagten geht aus der Abwägung zwischen dem Interesse an der richtigen Anwendung des objektiven Rechts einerseits und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes andererseits die Erkenntnis hervor, dass Ersteres überwiegt. Das Interesse an einer rechtsgleichen Behandlung von Verkehrsteilnehmern, welche die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten haben, ist im vorliegend zu beurteilenden Fall höher zu gewichten als der Schutz des Vertrauens des fehlbaren Lenkers in die Rechtsbeständigkeit der zu milden Massnahme.
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