Kanton: | BS |
Fallnummer: | ZV.2020.2 (SVG.2021.273) |
Instanz: | Sozialversicherungsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 13.04.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Krankentaggeld VVG |
Schlagwörter: | Kläger; Versicherung; Beklagte; Beklagten; Oktober; Arbeit; Anspruch; Leistung; Schaden; Partei; Arbeitsunfähigkeit; Gemäss; Versicherer; Klägers; Urteil; Anspruchs; Versicherte; Werden; Hinweis; Welche; Ansprüche; Gericht; Bundesgericht; November; Gelten; Stellt; Vertrag; Objektiv; Betrügerisch; Parteien |
Rechtsnorm: | Art. 292 StGB ; Art. 90 ZPO ; Art. 15 ZPO ; Art. 17 ZPO ; Art. 18 ZPO ; Art. 40 VVG ; Art. 39 VVG ; |
Referenz BGE: | 133 III 439; 124 III 44; 138 III 2; 142 III 671; 133 III 61; 124 III 155; 142 III 91; 142 V 402; 143 I 272; 145 III 133; 142 I 135; 78 II 278; 130 III 321; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: |
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
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URTEIL
vom 13. April 2021
Mitwirkende
Dr. A. Pfleiderer (Vorsitz), C. Müller, MLaw A. Zalad
und Gerichtsschreiberin MLaw N. Marbot
Parteien
A____
[...]
vertreten durch lic. iur. B____, Rechtsanwalt, [...]
Kläger
C____
Rechtsabteilung, [...]
Beklagte
Gegenstand
ZV.2020.2
Krankentaggeld VVG
Tatsachen
I.
a) Der im Jahr 1955 geborene Kläger und alleiniger Inhaber der D____ war zuletzt bei dieser als Geschäftsführer angestellt und in dieser Eigenschaft seit dem 1. Juli 2017 bei der Beklagten krankentaggeldversichert (Versicherungspolice AL208424 vom 28. Juli 2017, Klagebeilage [KB] 4).
b) Ab dem 1. Oktober 2017 war der Kläger zu 80% arbeitsunfähig (KB 12, KAB 8, 13, 20, 26, 30, 40, 42, 44, 49). Dies meldete er der Beklagten mit Krankheitsanzeige vom 9. November 2017 (KB 13). Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 23. November 2017 (Klagantwortbeilage [KAB] 6) den Erhalt der Krankheitsanzeige und teilte ferner mit, weitere Abklärungen zum Sachverhalt und zur Leistungspflicht zu treffen.
c) Nachdem der Kläger eine entsprechende Vollmacht und Entbindungserklärung unterzeichnet hatte, (KAB 9) veranlasste die Beklagte zunächst medizinische Abklärungen. So gab sie unter anderem eine vertrauensärztliche Untersuchung des Klägers bei Dr. med. E____, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, FMH, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Forensische Psychiatrie (D), zertifizierter Gutachter, SIM, in Auftrag. Mit Gutachten vom 22. März 2018 (KAB 33) kam der Experte zum Schluss, dass der Kläger in seiner angestammten Tätigkeit nach Anpassung der Medikation wieder zu 100% arbeitsfähig sei. Für eine Tätigkeit ohne Anforderungen an die Kooperationsbereitschaft bestehe ab sofort wieder eine 100% Arbeitsfähigkeit.
d) Zur Beurteilung des durch die Arbeitsunfähigkeit entstandenen Schadens verlangte die Beklagte vom Kläger seine Lohnabrechnungen sowie die Bankkontoauszüge der D____ ab Juli 2017 (KAB 14, 17). Aufgrund unvollständiger und sich teilweise widersprechender Angaben hinsichtlich der Lohnhöhe liess die Beklagte in der Folge eine forensische Buchprüfung zur Ermittlung des massgeblichen Einkommens des Klägers durchführen (vgl. Schreiben der Beklagten vom 26. Februar 2018, KAB 25; Erkenntnisbericht vom 5. Juli 2018, KAB 48).
e) Mit Schreiben vom 17. August 2018 (KAB 50) teilte die von der Beklagten beauftragte F____ dem Kläger mit, dass ihrer Ansicht nach unter Berücksichtigung des psychiatrischen Gutachtens vom 22. März 2018, des aufgrund der Buchprüfung erstellten Erkenntnisberichts vom 5. Juli 2018 und den mündlichen Angaben des Klägers die Tatbestandsmerkmale von Art. 40 Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908 (VVG, SR 221.229.1) «Betrügerische Begründung des Versicherungsanspruchs» erfüllt seien. Aus diesem Grund werde der Kläger rückwirkend auf das Schadensdatum vom 1. Oktober 2017 aus dem versicherten Personenkreis der Versicherungspolice AL208424 ausgeschlossen und es würden keine Taggeldzahlungen geleistet.
f) Mit Schreiben vom 27. August 2019 teilte der nun anwaltlich vertretene Kläger der Beklagten mit, mit dieser Entscheidung nicht einverstanden zu sein und verlangte unter Verweis auf den Bericht des behandelnden Psychiaters, Dr. med. G____, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, FMH, vom 8. August 2019 (KAB 63) die Ausrichtung eines (rückwirkenden) Taggeldes.
II.
a) Mit Teilklage vom 10. Januar 2021 beantragt der Kläger die Anerkennung der Gültigkeit des Krankentaggeldvertrages und die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von CHF 60'000.00 zuzüglich Zins zu 5% seit dem 1. Oktober 2017 für die Taggelder für die Monate Oktober bis Dezember 2017 und Januar bis Mai 2018. Die darüberhinausgehenden Taggeldleistungen, aber auch allfällige Genugtuungsforderungen aufgrund der Persönlichkeitsverletzungen blieben im Rahmen einer Nachklage ausdrücklich vorbehalten. In verfahrensrechtlicher Hinsicht verlangt der Kläger unter Auferlegung einer Unterlassungsstrafe im Sinne von Art. 292 StGB der Beklagten zuhanden der handelnden Organe zu untersagen, die Kündigungsgründe einer Drittperson zu nennen. Ebenfalls unter Auferlegung einer Unterlassungsstrafe nach Art. 292 StGB sei der Beklagten zuhanden der handelnden Organe zu untersagen, der F____, [...], Gesundheitsdaten, Diagnosen, Berichte über die Leistungsfähigkeit des behandelnden Psychiaters, Herrn Dr. med. G____, [...] und des Hausarztes, Herrn Dr. med. H____, [...] weiterzugeben. Jedenfalls sei die Persönlichkeitsverletzung des Beklagten festzustellen, begangen durch die Weitergabe von Gesundheitsdaten wie Arztberichte des behandelnden Psychiaters und des Hausarztes an die F____ und die I____. Ferner seien alle durch die F____ erstellten Dokumente aber auch der Erkenntnisbericht der I____ vom 7. März 2018 aus den Akten zu streichen. Schliesslich sei davon Vormerk zu nehmen, dass der Kläger lediglich die Taggelder für die Monate Oktober, November, Dezember 2017, Januar, Februar, März, April, Mai 2018 geltend macht. Die darüberhinausgehenden Taggeldleistungen aber auch allfällige Genugtuungsforderungen aufgrund der Persönlichkeitsverletzung würden einer Nachklage ausdrücklich vorbehalten bleiben. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
b) Mit Klagantwort vom 20. April 2020 schliesst die Beklagte auf Abweisung der Teilklage unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
c) Mit Replik vom 24. Juli 2020 und Duplik vom 5. November 2020 halten die Parteien an ihren Anträgen fest.
III.
Da innert der angesetzten Frist keine der Parteien die Durchführung einer mündlichen Parteiverhandlung beantragte, findet am 13. April 2021 die Beratung durch die Kammer des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt statt.
Entscheidungsgründe
1.
1.1. Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung unterstehen gemäss Art. 12 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) dem Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten im Bereich dieser Zusatzversicherungen sind privatrechtlicher Natur (BGE 133 III 439, 441 f. E. 2.1 und BGE 124 III 44, 46 E. 1a/aa), weshalb strittige Ansprüche darüber in einem zivilprozessualen Verfahren geltend zu machen sind.
1.2. 1.2.1. Vereint die klagende Partei wie vorliegend mehrere Ansprüche (vertragliche Ansprüche und Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzung) gegen dieselbe Partei handelt es sich um einen Fall der objektiven Klagenhäufung.
1.2.2. Nach Massgaben von Art. 90 Abs. 2 ZPO setzt die Klagenhäufung voraus, dass für die Ansprüche das gleiche Gericht sachlich zuständig ist (lit. a) und die gleiche Verfahrensart anwendbar ist (lit. b).
1.2.3. Für die versicherungsrechtlichen Ansprüche ergibt sich die sachliche Zuständigkeit der angerufenen Instanz aus § 19 des Gesetzes vom 9. Mai 2001 über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und über das Schiedsgericht in Sozialversicherungssachen (Sozialversicherungsgerichtsgesetz, SVGG; SG 154.200). Gemäss § 19 SVGG ist das Sozialversicherungsgericht als einzige kantonale Instanz für die Beurteilung von Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung sachlich zuständig (vgl. Art. 7 der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 [ZPO; SG 272]; zur Subsumtion von Krankentaggeldversicherungen gemäss VVG unter den Begriff "Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung" vgl. BGE 138 III 2, 3 E. 1.1 und Bundesgerichtsurteile 4A_680_2014 vom 29. April 2015 E. 3.1, 4A_382/2014 vom 3. März 2015 E. 2 und 4A_47/2012 vom 12. März 2012 E. 2). Für die Beurteilung der Ansprüche aus einer allfälligen Persönlichkeitsverletzung ist demgegenüber nicht das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt (vgl. §§ 1 und 19 SVGG), sondern das Zivilgericht Basel-Stadt sachlich zuständig (vgl. § 70 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Organisation der Gerichte und der Staatsanwaltschaft [GOG, SG 154.100]). Mangels gleicher sachlicher Zuständigkeit für die Beurteilung der eingeklagten Ansprüche sind die Voraussetzungen der objektive Klagenhäufung somit nicht erfüllt. Auf die Begehren betreffend die geltend gemachte Persönlichkeitsverletzung wird nicht eingetreten. Daran vermag auch der vom Kläger angerufene Art. 15 Abs. 2 ZPO, wonach bei Bestand eines sachlichen Zusammenhangs mehrerer Ansprüche jedes Gericht zuständig ist, das für einen Anspruch zuständig ist, nichts zu ändern. Art. 15 ZPO regelt lediglich die örtliche Zuständigkeit bei objektiver Klagenhäufung und greift nur dann, wenn auch die besonderen Voraussetzungen einer objektiven Klagenhäufung nach Art. 90 ZPO erfüllt sind, (vgl. hierzu Sutter-Somm Thomas/Grieder Alain, in: Sutter-Somm Thomas/Hasenböhler Franz/Leuenberger Christoph (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 3. Aufl., Zürich - Basel - Genf 2016, Art. 15 Streitgenossenschaft und Klagenhäufung N 3 ff.) was vorliegend - wie dargestellt - nicht der Fall ist.
1.3. Die örtliche Zuständigkeit für die Beurteilung der versicherungsrechtlichen Ansprüche richtet sich ebenfalls nach der ZPO. Nach Art. 17 ZPO können die Parteien, soweit das Gesetz keinen zwingenden Gerichtsstand vorsieht, schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, eine Gerichtsstandsvereinbarung für einen bestehenden oder künftigen Rechtsstreit über Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsverhältnis abschliessen. Geht aus einer Gerichtsstandsvereinbarung nichts anderes hervor, kann die Klage vorbehältlich einer Einlassung nach Art. 18 ZPO, grundsätzlich nur am vereinbarten Gerichtsstand erhoben werden. (vgl. Martin Hedinger, Yannick Sean Hostettler, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Hrsg. Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 17 N 32). Vorliegend sieht die Gerichtsstandvereinbarung gemäss Art. 10.3 AVB als mögliche Gerichtsstände für Streitigkeiten aus dem Versicherungsvertrag der schweizerische Wohnort der klagenden Partei, der schweizerische Arbeitsort der klagenden Partei oder Basel-Stadt zur Verfügung. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die Beurteilung der versicherungsrechtlichen Ansprüche ist somit gegeben.
1.4. Da auch die übrigen formellen Klagevoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Klage einzutreten.
3.3.2. Ausgangspunkt der Auslegung eines Rechtssatzes bildet der Wortlaut der Bestimmung (sog. grammatikalische Auslegung; BGE 142 V 402 E. 4.1 S. 404 f.; BGE 143 I 272 E. 2.2.3 S. 278). Ist der Wortlaut klar, d.h. eindeutig und unmissverständlich, darf davon nur abgewichen werden, wenn ein triftiger Grund für die Annahme besteht, der Wortlaut ziele am "wahren Sinn" der Regelung vorbei. Anlass für eine solche Annahme können die Entstehungsgeschichte der Bestimmung (sog. historische Auslegung), ihr Sinn und Zweck (sog. teleologische Auslegung) oder der Zusammenhang mit anderen Gesetzesvorschriften geben (sog. systematische Auslegung), wobei im Sinn des pragmatischen Methodenpluralismus alle anerkannten Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (BGE 145 III 133, 136, E. 6 mit Hinweis auf BGE 142 I 135 E. 1.1.1 S. 138). 3.3.3. Der Wortlaut der AVB lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass eine als Schadenversicherung ausgestaltete Erwerbsausfallversicherung vorliegt. Art. 1.1. AVB hält zunächst fest, dass die Lohnausfallversicherung eine Schadenversicherung ist und die wirtschaftlichen Folgen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der in der Versicherungspolice vereinbarten Leistungen deckt. Art. 1.7 AVB präzisiert, dass die Schadenversicherung für die Leistungspflicht einen Schaden voraussetzt, der als Folge des versicherten Ereignisses eingetreten ist, wobei sich die Leistungspflicht der Beklagten auf den tatsächlich entstandenen Schaden bis maximal zu der in der Police aufgeführten festen Lohnsumme erstreckt. Art. 6.5 AVB ist schliesslich zu entnehmen, dass der Schaden (entstandener Lohnausfall) auf Verlangen der C____ von der versicherten Person nachzuweisen ist. Lediglich in Fällen, in welchen Inhaber von Einzelfirmen oder Gesellschafter von Personengesellschaften namentlich und mit fester Lohnsumme in der Versicherungspolice aufgeführt sind - was hier nicht der Fall ist -, ist gemäss Art. 3.2 und 9.1 AVB von einer Summenversicherung auszugehen.
Insoweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend macht, in der Police vom 28. Juli 2017 sei im Sinne einer Summenversicherung eine provisorische Jahreslohnsumme von CHF 100'000.00 festgelegt, wobei der Kläger bei Krankheit Anspruch auf 90% hiervon habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Die AVB (Art. 3.2) verlangen bei Personen mit fester Jahreslohnsumme eine explizite namentliche Nennung in der Police. Eine solche Nennung ist hier nicht erfolgt. Schliesslich lässt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch der Umstand, dass es sich bei der D____ um ein Startup-Unternehmen handelt, für sich allein genommen nicht den Rückschluss auf eine Summenversicherung zu.
3.3.4. Nach dem Gesagten ist somit in vorliegender Angelegenheit nicht bereits der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit durch die Versicherungsleistungen gedeckt, sondern vielmehr erst der damit verbundene «Verdienstausfall». Eine derartige vertragliche Regelung, die die vermögensrechtliche Einbusse zur selbständigen Bedingung des Anspruchs auf Leistung macht, spricht nach der Praxis für eine Schadenversicherung (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5C.21/2017 vom 20. April 2007 E. 3.1 mit weiteren Hinweisen). Der Kläger hat somit nicht einen bereits im Voraus festgelegten Taggeldanspruch. Vielmehr ist dieser anhand des vor dem Versicherungsfall erzielten Verdienstes zu bestimmen.5.2.2. Es bedurfte einer erneuten Aufforderung der Beklagten vom 3. Januar 2018 (KAB 15) bis der Kläger schliesslich mit Schreiben vom 8. Januar 2018 (KAB 16) die Lohnabrechnungen für die Monate Juli 2017 und September 2017 (KAB 17) einreichte. Gemäss den Abrechnungen für die Monate Juli und August hatte der Kläger einen monatlichen Bruttolohn von CHF 6'500.00 (netto CHF 5'000.00) und für September 2017 von CHF 7'000.00 (netto CHF 5'500.00) erhalten. Die dazugehörigen Buchungen ergeben sich aus dem Kontoauszug der D____. 5.2.3. Die Rückbehaltung der Lohnabrechnungen Juli bis September 2017 und die Lohndeklaration auf dem Formular unter Einreichung der Abrechnungen Oktober und November 2017 war geeignet bei der Beklagten den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 1. Oktober 2017 einen monatlichen Bruttolohn von CHF 12'000.00 erzielt. Mit Blick auf die AVB, wonach für die Berechnung des Taggeldes der vor der Arbeitsunfähigkeit bezogene Lohn, einschliesslich noch nicht bezahlter Lohnbestandteile auf welche ein Rechtsanspruch besteht, massgeblich ist, sind somit leistungsrelevante Fakten seitens des Klägers unrichtig oder zumindest unvollständig mitgeteilt worden (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichts 4A_680/2014 vom 29. April 2015 E. 4.3 mit Hinweisen). Ins Gewicht fällt hierbei besonders, dass der Kläger die Lohnabrechnungen Juli bis August 2017 erst nach zweifacher Aufforderung durch die Beklagte vorlegte und die getätigten Angaben im Verlauf nochmals abändert (vgl. E. 5.2.6. hiernach). Die nachträgliche Einreichung der korrekten Abrechnung ändert an dieser Beurteilung nichts. Art. 40 VVG ist in objektiver Hinsicht auch dann erfüllt, wenn der Versicherte zunächst eine falsche Schadendeklaration einreicht, die er im Verlaufe des Schadenermittlungsverfahrens berichtigt (BGE 78 II 278 E. 4). Es genügt ein Verhalten, welches wie vorliegend objektiv eine Irreführung des Versicherers bewirken kann (Urteil des Bundesgerichts 4A_382/2014 vom 3. März 2015 E. 5.1).
5.2.4. Insoweit der Kläger geltend macht, er habe keine tatsachenwidrigen Angaben hinsichtlich des vertraglich geschuldeten Lohnes gemacht kann ihm nicht gefolgt werden. Der vom Kläger initial geltend gemachte Lohn von CHF 12'000.00 wurde faktisch nie ausbezahlt. Der Beklagten dies mitzuteilen unterliess der Kläger. Erst als die Beklagte den Kläger auf Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die Lohnangaben aufmerksam machte, gab er an aufgrund des Status der D____ als Startup-Unternehmen die effektiven Lohnzahlungen tiefer als vereinbart angesetzt zu haben (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichts 4A_491/2014 vom 30. März 2015 E. 4.2). In den Akten finden sich jedoch keine Anhaltspunkte, welche für einen vertraglich vereinbarten Monatslohn von CHF 12'000.00 sprechen würden - im Gegenteil. Aus der Lohndeklaration für das Jahr 2017 an die zuständige Ausgleichskasse ergibt sich, dass der Kläger einen Lohn für das Jahr 2017 in Höhe von CHF 56'000.00 gemeldet (KAB 24) hatte. Dies entspricht nicht einem monatlichen Bruttolohn von CHF 12'000.00. Auch die Angabe des Klägers, dass der ursprünglich vereinbarte Lohn in Anbetracht der besseren Auftragslage ab Oktober 2017 ausgerichtet werden konnte ist nicht stichhaltig. Die D____ bilanzierten im Jahr 2017 einen Verlust von CHF 25'755.65 (KB 9). Demgemäss war die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Ausrichtung eines monatlichen Bruttolohnes von CHF 12'000.00 auch im Oktober 2017 (noch) nicht ausreichend. Hinzu kommt, dass eine Erhöhung der monatlichen Zahlungen zeitlich mit einer 80%igen Arbeitsunfähigkeit ebenfalls nicht nachvollziehbar erscheinen. Insgesamt ist die Erhöhung der monatlichen Lohnzahlungen per 1. Oktober 2017 somit nicht plausibel und wohl eher im Hinblick auf die mit der Arbeitsunfähigkeit verbundenen Versicherungsleistungen zu sehen. Der vom Kläger geltend gemachte Auftrag mit der Firma J____, welcher sich im Zeitpunkt der Lohnerhöhung realisiert haben soll, wird im Übrigen nicht belegt. Schliesslich kann der Kläger aus dem Umstand, dass ein Geschäftsführer im Kanton Zürich einen Durchschnittslohn von CHF 11'339.00 erwirtschaftetet, nichts zu seinen Gunsten ableiten. 5.2.5. Die klägerischen Ausführungen hinsichtlich des angeblich initial vereinbarten Monatslohnes von CHF 12'000.00 erscheinen unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 26. Februar 2018 (KAB 26) neuerlich angepasste Lohnabrechnungen für die Monate Juli 2017 bis und mit Dezember 2017, allesamt datiert vom 6. Januar 2018, zukommen liess, umso unglaubwürdiger. Gemäss den Lohnabrechnungen vom 6. Januar 2018 für die Monate Oktober 2017 bis und mit Dezember 2017 belief sich der monatliche Bruttolohn des Klägers auf CHF 10'000.00 (netto CHF 8'468.40) statt der ursprünglich angegebenen CHF 12'000.00. Da angesichts der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der D____ und unter Berücksichtigung des ausgewiesenen Jahresverlustes auch eine Erhöhung der monatlichen Lohnsumme auf CHF 10'000.00 per 1. Oktober 2017 pekuniär nicht erklärbar ist, erscheint diese Begründung wenig überzeugend. Auch bei einer Erhöhung des Monatslohnes auf CHF 10'000.00 statt der ursprünglich angegebenen CHF 12'000.00 erscheint der zeitliche Zusammenhang zwischen der Krankmeldung und der höheren Lohnzahlung auffallend. Dass die Neudeklaration des Lohnes durch den Kläger zudem just mit dem Moment zusammenfällt, mit welchem die Beklagte zur Klärung des massgeblichen Lohnes eine forensische Buchprüfung (KAB 25) anordnete, ist ebenfalls speziell, zumal sich aus dem im Rahmen der forensischen Buchprüfung erstellten Erkenntnisbericht vom 5. Juli 2018 der I____, welche durch die von der Beklagten beauftragten F____ hinzugezogen wurde, ergibt, dass der vom Kläger ursprünglich angegebene Lohn von CHF 12'000.00 zu keinem Zeitpunkt ausbezahlt worden war. 5.3. Ob der Kläger - wie von der Beklagten angenommen - zu mehr als 20% arbeitsfähig war kann gemäss obigen Erwägungen offengelassen werden. Festzuhalten ist immerhin, dass eine Umsatzsteigerung von CHF 516'312.00 (2. Semester 2017) auf CHF 1'163'587.00 (1. Quartal 2018) unter Berücksichtigung der 80%igen Abwesenheit des Klägers im Betrieb tatsächlich fraglich erscheint. 5.4. In objektiver Hinsicht steht zusammenfassend mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger nach Massgabe von Art. 40 VVG Tatsachen die geeignet sind, die Leistungspflicht der Beklagten auszuschliessen oder zu mindern, verschwiegen hat. Aufgrund der Akten ergibt sich sogar, dass leistungsrelevante Fakten unrichtig mitgeteilt wurden. Auch die subjektiv erforderliche Täuschungsabsicht ist zu bejahen. Insgesamt kann aus den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers auf das Vorhandensein einer Täuschungsabsicht geschlossen werden. Die Beklagte hat somit zu Recht per 1. Oktober 2017 von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Ein Rücktritt vom Versicherungsvertrag gegenüber dem Kläger ist hingegen vorliegend nicht möglich (siehe E. 4.3. hiervor).
://: Die Klage wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Das Verfahren ist kostenlos.
Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT
Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin
Dr. A. Pfleiderer MLaw N. Marbot
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes [BGG] innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden.
Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
Geht an:
- Kläger
- Beklagte
Versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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